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Idealismus und Biologie Christian Spahn,
Keimyung University, Department of Philosophy and Ethics, Daegu, South-Korea
Draft/Entwurf: Finale Version erscheint in: Idealismus Heute, hg. v. Vittorio Hösle, Fernando Suarez-Müller, Darmstadt: WBG
2015
Abstract
Der Idealismus wird oftmals als dem evolutionären Weltbild widersprechend angesehen. Er stehe der Idee
einer Transmutation der Arten und einer entsprechenden Dynamisierung des Naturbildes skeptisch
gegenüber, sei teleologisch auf den Geist ausgerichtet und anti-reduktionistisch. Der vorliegende Aufsatz
will die These vertreten, dass entgegen jener Thesen Idealismus und Darwinismus nicht nur in Einklang
gebracht werden können, sondern dass vor dem Hintergrund bestehender alternativer Ansätze gerade der
objektive Idealismus den Rahmen zu einer philosophisch besonders überzeugenden Interpretation des
Evolutionismus bietet. Dazu wird zunächst eine äußerst knappe Skizze des Grundgedankens des
objektiven Idealismus gegeben. Sodann wird auf die Genese der antagonistischen Fronstellung zwischen
Darwinismus und Idealismus eingegangen, und es werden die wesentlichen Spannungen benannt. Im
Hauptteil werden im Überblick die zumeist gängigen philosophischen Reaktionen auf den Darwinismus –
optimistischer bzw. pessimistischer Naturalismus, Kulturalismus sowie geltungstheoretische Abwehr des
Biologismus – dargestellt und auf ihre Schwächen verwiesen, so dass abschließend die wesentliche
Vorteil einer objektiv-idealistischen Interpretation des Darwinismus deutlich werden.
1 Idealismus und Biologie: Ein Spannungsfeld? Von den vielen Gründen, einem idealistischen Ansatz skeptisch gegenüberzustehen,1 ist die vermutete Gegensätzlichkeit der darwinistisch-evolutionären Weltsicht zu einer idealistischen Philosophie oftmals Anlass genug, sich in biophilosophischen Debatten gar nicht erst mit dem Idealismus, und wenn, dann nur in abschätzig-polemischer
1 Zu den gängigen Vorbehalten siehe V. Hösle, Begründungsfragen des objektiven Idealismus, in: W. R. Köhler, W. Kuhlmann, P. Rohs (Hg.): Philosophie und Begründung. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1987, 215-232.
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Absicht zu beschäftigen.2 Hat nicht der Idealist Hegel die Idee der Evolution als abwegig bezeichnet?3 Postuliert nicht das idealistische aristotelisch-platonische Denken die Unwandelbarkeit der Arten? 4 Idealismus und – synonym verstanden – Essentialismus stehen anscheinend von Hause aus im Gegensatz zur umfassenden Betonung der Veränderung der darwinistischen Biologie. Zudem stehen Idealisten im Verdacht, eine ‚Sonderstellung‘ des Geistes zu betonen, ein Denkansatz, der durch den modernen reduktiven Naturalismus, der sich wiederum auf den Darwinismus stützt, obsolet geworden sei. Jüngere Versuche, umgekehrt systematisch eine Nähe zwischen idealistischer Naturphilosophie und Darwinismus oder historisch, wie beiläufig auch immer, gar eine Inspiration Darwins durch die idealistische naturphilosophische Tradition anzunehmen, werden entsprechend zumeist eifersüchtig zurückgewiesen.5
Welche Gründe sprechen für eine Ablehnung des Idealismus aufgrund seiner vermeintlichen Inkompatibilität mit der zeitgenössischen Biologie, und welche Argumente lassen sich finden, um jener Abgrenzung zum Trotz eine objektiv-idealistische Deutung des Darwinismus zu wagen?6 Der folgende Aufsatz will die These vertreten, dass Idealismus und Darwinismus nicht nur, oder etwa nur mit großer Mühe, in Einklang gebracht werden können, sondern dass umgekehrt vor dem Hintergrund bestehender alternativer Ansätze gerade der objektive Idealismus den Rahmen zu einer philosophisch besonders überzeugenden Interpretation des Darwinismus bietet.7
2 Allgemein versteht man heute unter Philosophie der Biologie oftmals eine zumeist wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung mit der Biologie. Verwiesen sei etwa auf die Thesen von D. Hull „What philosophy of biology is not“, Synthese 20 (1969) 157-184, der zurecht anti-evolutionistische und wissenschaftlich mangelnd informierte Philosophie der Biologie attackiert. Im Artikel „Philosophy of biology“ von Paul Griffiths der Stanford Encyclopedia of Philosophy (Zugriff 5. Juli 2014 http://plato.stanford.edu/entries/biology-philosophy/) taucht ebenso wenig das Wort Idealismus auf, als dass eine Philosophie der Biologie vor 1950 thematisiert würde. In der Einführung von A. Rosenberg und D. W. McShea, Philosophy of Biology, New York: Routledge 2008, werden ebenfalls dem Idealismus keine Seiten gewidmet. Bis auf das letzte Kapitel zur Ethik beziehen sich alle anderen Kapitel auf primär wissenschaftstheoretisch-epistemologische Überlegungen zur Biologie. 3 G. W. F. Hegel, Werke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1969, 9.31-33. 4 Aristoteles, De part. an. II.1 646 25ff. 5 Siehe unten Anm.18. Ebenso denke man an die polemische Auseinandersetzung um Thomas Nagels Buch, Mind and Cosmos: Why the Materialist Neo-Darwinian Conception of Nature Is Almost Certainly False, Oxford: UP 2012, der sich dort einleitend zum ‚objektiven Idealismus’ bekennt (S. 17), als Atheist Intelligent Design Theorien ablehnt (S. 12), aber nichtsdestoweniger den reduktionistischen Naturalismus angreift. 6 Einschlägig für die weiteren Ausführungen siehe V. Hösle, Platonismus und Darwinismus, Freiburg i. Br.: Wissenschaft & Öffentlichkeit 2001. Gegen ethische Reduktionismen siehe Ch. Illies, Philosophische Anthropologie im Biologischen Zeitalter, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2006. Zur objektiv-idealistischen Naturphilosophie siehe ferner die bedeutenden Arbeiten von D. Wandschneider, insbes. Ders. Naturphilosophie, Bamberg: C.C. Buchner, 2008. 7 Meine eigenen Überlegungen sind maßgeblich durch die in Anm. 6 genannten Ansätze beeinflusst.
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Im Folgenden soll zunächst äußerst knapp geklärt werden, was in diesem Aufsatz unter Idealismus verstanden wird (1.1). Sodann wird, ebenfalls äußerst knapp, auf die Genese der antagonistischen Fronstellung zwischen Darwinismus und Idealismus verwiesen und es werden die wesentlichen Spannungen benannt (1.2). Im Hauptteil werden im Überblick die zumeist gängigen philosophischen Reaktionen auf den Darwinismus – optimistischer bzw. pessimistischer Naturalismus, Kulturalismus sowie kantianisierende Ethik – dargestellt und auf ihre Schwächen verwiesen (2.1 und 2.2), so dass abschließend der wesentliche Vorteil einer objektiv-idealistischen Interpretation des Darwinismus8 benannt werden kann (3). 1.1 Idealismus: Natur als Erscheinung. Die beiden Grundthesen des objektiven Idealisten bestehen in der Annahme, dass eine Ontologie, die sich ausschließlich am Paradigma faktischer Realität (‚Natur‘ im physikalistischen Sinne) orientiert, nicht vollständig sein kann, und dass entsprechend eine Methodologie, die nur logisch-empirisch-deduktive Erkenntnisweisen anerkennt, sich nicht selbst einholen kann. Idealist ist somit, könnte man anknüpfend an Schlick sagen, nicht jemand, der die Existenz der Realität oder ihre Erkennbarkeit leugnet, sondern wer eine Abstufung des Realitätsbegriffs einführen will,9 und zwar dergestalt, dass letztlich der Bereich der sinnlich zugänglichen Natur als „Erscheinungswelt“ angesehen wird.10
Welche Intuition liegt einem so verstandenen Idealismus und einem entsprechenden Naturbild zugrunde? Anders gefragt: wieso schreckt der Idealist vor der scheinbaren Selbstverständlichkeit zurück, die Begriffe Wirklichkeit, Natur und Existenz gleichsam synonym zu verwenden? Da es hier nicht um eine argumentative
Bedeutende zusätzliche Anregungen stellen die Überlegungen von H. Jonas, Organismus und Freiheit, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1973, E. Thompson, Mind in Life, Cambridge Mass.: Harvard UP 2007, sowie für Fragen der Epistemologie T. Burge, Origins of Objectivity, Oxford: UP 2010, und die evolutionäre Philosophie von W. Welsch, Homo mundanus, Weilerswist: Velbrück 2012, dar. 8 Zu den wichtigsten Ansätzen siehe Anm. 6 sowie die Ausführungen zur Soziobiologie in V. Hösle, Moral und Politik, München: C.H. Beck 1997, Kapitel 4.1. Historisch zu Hegels Philosophie des Organischen siehe Ch. Spahn, Lebendiger Begriff, Begriffenes Leben, Würzburg: Königshausen & Neumann 2007. 9 Schlick definiert so den Metaphysiker, ich übernehme diese Definition für den objektiven Idealisten, vgl. M. Schlick: „Positivismus und Realismus“, in: Erkenntnis, 1932/1933, 3.1, 1-31, insbes. 1-5. Zur Unterscheidung zwischen subjektivem und objektivem Idealismus siehe die an Dilthey anknüpfenden Überlegungen in V. Hösle (1987). 10 Schlick, Positivismus, 2f. Hegel etwa spricht von der Natur als Idee in der Form des Andersseins (Werke, 9.24), betrachtet also die Natur als ‚Erscheinung an sich‘.
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Entfaltung jener Position gehen kann, sei lediglich ein für das weitere ausschlaggebender Ansatzpunkt idealistischer Argumentation genannt: die Einsicht in den fundamentalen Unterschied normativ-begrifflicher und empirisch-deskriptiver Erkenntnisweisen.11 Durchdenkt man das Phänomen der Normativität, so ergibt sich, dass objektiv verbindliche normative Aussagen nicht empirisch zu begründen sind, insofern genuine Normativität sich nicht in der Begrifflichkeit der Faktizität rekonstruieren lässt.12 Jene Einsicht in den Seins-Sollens-Dualismus alleine vermag jedoch noch nicht die Erarbeitung einer idealistischen Position zu motivieren. Sie bildet jedoch eine gemeinsame Hintergrundannahme, von der ausgehend sich idealistische und anti-idealistische Weltsichten scheiden. Akzeptiert man jenen Dualismus, so ergeben sich, vereinfacht gesprochen, zwei radikal entgegengesetzte Grundoptionen. Im Namen der Beibehaltung eines empirischen Realitätsbegriffs und strikt empiristischer Methodologie ließe sich die ‚Wahrheitsfähigkeit‘ oder ,Rationalität‘ normativer Aussagen bestreiten und ihr Geltungsanspruch relativieren.13 Umgekehrt mag man im Namen der Verbindlichkeit und Irreduzibilität normativer Rationalität den restriktiven empiristischen Methoden- und Realitätsbegriff als fragwürdig, ja als gespenstische Fiktion zurückzuweisen: Der Begriff der ‚Existenz‘ ließe sich dann nicht einfach auf das sinnlich Gegebene reduzieren, und der Begriff der Natur wäre nicht deckungsgleich mit dem Begriff des ‚Seins‘, so der Idealist.
Für jene Position soll und kann hier, wie gesagt, nicht argumentiert werden, pointiert sei jedoch festgehalten: In jenem Wunsch, genuine Normativität und Faktizität zu vereinen, ohne die Ansprüche und innere Logik der einen Seite zugunsten der anderen aufzugeben, besteht meines Erachtens die Grundintuition aller idealistischen Philosophie. Die Annahme also, dass jene Bereiche des Normativen, sozusagen der Kern der Platonischen Sphäre der Ideen des Wahren, Guten und Schönen (bei Hegel der Bereich der Logik), nicht von uns ‚fingiert‘ oder ‚gemacht‘ ist, 14 zugleich tatsächlich nicht empirisch ‚aufweisbar‘ oder sinnlich-dinglich ‚vorfindlich‘ ist, und 11 Zu den weiteren Argumentationslinien siehe ausführlicher V. Hösle (1987) und Ders. Die Krise der Gegenwart und die Verantwortung der Philosophie, München: C.H. Beck 1990. 12 So mag es kein Zufall sein, dass Platons Idealismus ausgeht von Sokrates‘ Fragen nach den Definitionen der Tugenden und des Guten. Ebenfalls bezieht sich der Deutsche Idealismus auf Kants Vorrang der praktischen Vernunft, der Kant selbst in der Kritik der Urteilskraft zu Überlegungen zum „übersinnlichen Substrat“ der Natur (KdU, AA, B. LVI) und zum ethikotheologischen Gottesargument (B 419-440) führt. 13 Kritisch gegen reduktive Naturalisierungen der Ethik, die weder Rechtfertigungen leisten, noch dem ‚genuinen‘ Charakter normativer Rationalität gerecht werden, siehe treffend jüngst J. McDowell, „Two Sorts of Naturalism“ in: Ders., Mind, Value, and Reality, Cambridge, Mass.: Harvard UP 1998, 167-197. 14 Aus der Tatsache, dass bestimmte Sachverhalte nur im Denken (entsprechend nur in den Sinnen) auftreten, folgt nicht ihre Irrealität, insofern begründetes Denken von Phantasie genauso zu unterscheiden ist, wie Wahrnehmung von Illusion.
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dennoch unsere Wirklichkeit normieren oder ihr ‚zugrunde liegen‘ soll, ist die den objektiven Idealismus kennzeichnende Ausgangsthese.
Es erhält sofort, dass ein so verstandener Idealismus nicht mit dem biologischen Darwinismus, verstanden als Theorie der Transmutation der biologischen Arten durch den Prozess der natürlichen Selektion, in irgendeinem nennenswerten logischen Widerspruch steht. Allerdings steht eine idealistische Theorie durchaus im Widerspruch zu dem, was landläufig reduktiver Naturalismus genannt wird.15 Aber impliziert nicht der Darwinismus seinem Wesen nach einen Naturalismus, gar einen reduktiven Naturalismus, und ist er nicht nur vor diesem Hintergrund sinnvoll interpretierbar? Ist der Erfolg des Darwinismus nicht vielleicht sogar eines der besten Argumente für den reduktiven Naturalismus, und damit gegen den Idealismus? Werfen wir einen kurzen Blick auf die Genese jener heute oft üblichen antagonistischen Auffassung, um tatsächlich bestehende Spannungen von historisch gewachsenen Fehlinterpretationen zu unterscheiden. 1.2 Eine kurze historische Anmerkung: Idealismus und Evolutionismus Sicherlich lässt sich schon vor Darwins Zeit in Europa eine Dynamisierung und Historisierung der Weltsicht konstatieren. Jene Dynamisierung bezieht sich sowohl auf Modelle des Kosmos als auch auf Modelle der Kulturentwicklung. In der deutschen Philosophie beginnt jene Tendenz mit Kants Überlegungen zur Genese des Himmelssystems, Herders und Lessings prominenten Überlegungen zur Kulturentwicklung, und sie kulminiert in den prozesshaften Philosophien von Schelling und Hegel, für die die These einer Entwicklung des Absoluten in sich, in der Natur und in der Kultur entscheidend wird.16 Es überrascht somit nicht, dass auch schon in der idealistischen Philosophie der Natur eine Dynamisierung vorherrscht, die durchaus einen evolutionären Anstrich hat. Schellings Von der Weltseele spricht etwa von einer vollumfänglichen Entwicklung und Verwandlung der Natur, 17 Goethe sucht nach biologischen Zwischenformen und ideenhaften Urformen und spekuliert im Anschluss an Herder über evolutionäre Transformationen. 18 Dass vor dem Hintergrund der
15 Entsprechend auch V. Hösle, Platonismus. 16 Ausführlicher siehe Ch. Spahn: „Evolution“, in: The Oxford Handbook of German Philosophy in the 19th Century, hg. v. M. N. Forster und K. Gjesdal, im Erscheinen. 17 Siehe F. W. J. Schelling, Von der Weltseele, in:, Schellings Werke, hg.v. M. Schröter, München: C.H. Beck 1927-1959, 1: 416-17. 18 Vgl. R. J. Richards, The Romantic Conception of Life, Chicago: Univ. of Chicago Press 2002, 369f. Dass, wie eingangs angedeutet, über den durch Goethe und die romantische Philosophie inspirierten Maler Carl Gustav Carus und die morphologischen Studien von Richard Owen und vermittelt über
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hegelschen Dynamisierung selbst noch der logischen Kategorien die Ablehnung einer Evolution in der Natur eher überraschend als zu erwarten ist, hat nicht nur schon Nietzsche gespürt, wenn er ausruft:„[O]hne Hegel kein Darwin!“ 19
Gleichwohl ist ebenso bekannt, dass sich Schelling und Hegel beide von einem biologischen Evolutionismus abgrenzen.20 Wie ist dieses Schwanken zwischen Dynamisierungen der generellen Weltsicht und dem doch eher konservativen, den Wissenschaften ihrer Zeit folgenden Zögern in der Annahme einer biologischen Evolution einzuschätzen? Deutsche romantisch-idealistische Naturphilosophie hat sicher ein Doppelgesicht: Sie ist einerseits klassisch essentialistisch auf der Suche nach Urbildern, ewigen Ideen in der Natur. Gleichzeitig betrachtet sie – ebenfalls just diesem idealistischen Naturverständnis folgend – nicht die Natur als solche in ihren ‚endlichen Erscheinungen‘ als ewig, sondern als ein transitorisches Spiel ewiger Formen und Gesetze, als sich wandelnden Ausdruck hinter der Natur liegender Ideen. Eine weitgehende Dynamisierung der Natur – und damit auch die Annahme einer biologischen Evolution – ist damit sicher dem Wesen nach just gerade nicht anti-idealistisch oder dem Idealismus fremd, trotz des Zögerns von Hegel und Schelling.
Es steht zu vermuten, dass der objektive Idealismus den Wissenschaften ohnehin weit näher steht als ein naiver Empirismus vermeint: Es sind just die angesprochene idealistische ‚Abstufung‘ des Realitätsbegriff und die Gegenüberstellung des Bereichs der sich wandelnden Erscheinung und des überzeitlichen Ideellen, die es erlauben, radikal ‚nicht–empirische‘ Entitäten, also logische und mathematische Gesetze, Prinzipien und Notwendigkeiten, in der Natur am Werk zu sehen, und diese dennoch für etwas Reales und Wirkendes, ja für realer als die transitorischen Dinge zu erachten.21 Dies erlaubt – zumindest im Prinzip – eine viel weitergehende Relativierung und Verendlichung der empirischen Natur, bei gleichzeitigem Vertrauen, eine dem
Humboldt das idealistisch-romantische Naturbild auch einen Einfluss auf Darwin gehabt haben könnte, wie Richards behauptet (ähnlich siehe Ph. R. Sloan, “The Making of a Philosophical Naturalist”, in: The Cambridge Companion to Darwin, eds. J. Hodge and G. Radick, Cambridge: UP 2009, 21-43), ist zumindest diskussionswürdig. Kritisch gegen jene Deutung und zugunsten einer ‚britischen‘, d.h. vor allem ‚empiristischen‘ Deutung Darwins siehe M. Ruse, “The Romantic conception of Robert J. Richards”, Journal of the History of Biology, Vol. 37, No. 1 (Spring, 2004), 3-23. 19 F. Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, Fünftes Buch, Aph. 357. Zu diesen Fragen siehe D. Wandschneider: „Hegel und die Evolution“, in: O. Breidbach, D. v. Engelhardt (Hg.), Hegel und die Lebenswissenschaften, Berlin: VWB 2002, 240-255, W. Welsch: „Absoluter Idealismus und Evolutionsdenken“, in: K. Vieweg, W. Welsch (Hg.), Hegels Phänomenologie des Geistes: ein kooperativer Kommentar, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2008, 655-688. 20 Siehe Anmerkung 3 und F. W. J. Schelling, Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie, Werke 2, 62-63. 21 Durchaus platonisch sind so auch die klugen Erwägungen von Roger Penrose, The Road to Reality, New York: A.A. Knopf 2005, 14f.
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Wandel zugrundeliegende stabile Ordnung zu finden.22 Dennoch, so sehr man für eine historisch bestehenden Nähe oder zumindest eine Kompatibilität zwischen Dynamisierung des Naturbildes und dem Idealismus argumentieren mag, so bleibt jedoch ein Gedanke jener idealistisch- romantischen Naturphilosophie der gängigen modernen Interpretation des Darwinismus fremd: Die Entthronung der Teleologie und ein reduktionistisches Verständnis von Geist, nicht die Einführung von Dynamik in das ‚endliche Naturgeschehen‘ ist es, was die spätere Auffassung der darwinistischen Natur prägt – und hier kann nun, auf den ersten Blick jedenfalls, in der Tat nicht mehr von einer Nähe beider Sichten gesprochen werden.23
Während jene Entwicklungsmodelle der Aufklärer und Idealisten allesamt zumeist teleologische Fortschrittsmodelle darstellen, wird vornehmlich erst nach dem ‚Deutschen Idealismus‘, von Schopenhauer über Nietzsche bis zu den Materialisten – und somit nach der Rezeption Darwins in Deutschland – das Modell einer freien, nicht prädeterminierten, rein zufälligen und ziellosen oder gar absteigenden Entwicklung dominant.24 Zeitgleich vollzieht sich eine allmähliche, durchaus polemische Abkehr von den Philosophien Hegels und Schellings, einhergehend mit einer Hinwendung zu materialistischen Konzeptionen.25 Die Rezeption Darwins in Deutschland verbindet sich daher mit anti-idealistischen Philosophie-Entwürfen; eine Grundhaltung, die auch den Neuanfang der ‚analytischen Philosophie‘ in Deutschland und England bestimmt. Es ist eher jener neue Zeitgeist, der allgemein dem Idealismus skeptisch gegenübersteht, als der Darwinismus selbst, der mit dem Idealismus im Widerspruch steht. Neben dem biologischen Darwinismus entsteht damit ein ‚philosophischer Darwinismus‘ oder ‚Evolutionismus‘, teilweise seriös, teilweise überschwänglich metaphysisch, d.h. eine materialistisch-reduktive dynamische Interpretation der gesamten Weltsicht,26 die sich
22 So schreibt Hegel zurecht: „Indem Denken als tätig in Beziehung auf Gegenstände genommen wird, das Nachdenken über etwas, so enthält das Allgemeine als solches Produkt seiner Tätigkeit den Wert der Sache, das Wesentliche, das Innere, das Wahre.“ Hegel, Enzyklopädie, Werke 8.76. Hierzu siehe instruktiv D. Wandschneider: „Die Möglichkeit von Wissenschaft. Ontologische Aspekte der Naturforschung“, in: Philosophia Naturalis 22 (1985), 200-213. 23 Die Kritik naiver teleologischer Denkweisen ist jedoch schon seit Kants Kritik des teleologischen Argumentierens en vogue. 24 Die philosophische Entwicklung folgt dabei dem Wechsel der Wortbedeutung von Evolution, eben als Begriff der ‚Entfaltung‘ vorgegebener Strukturen in der frühen Embryologie hin zum offenen, nicht prädeterministischen darwinistischen Verständnis, vgl. G. Töpfer, Historisches Wörterbuch Biologie, Stuttgart [u.a.]: J.B. Metzler 2011, Bd. 1, 481. 25 Man denke schon an Schopenhauers Überordnung des blinden Willens über den Intellekt. Die idealistische Idee, dass Vernunft oder Geist höher stünde als der blinde Trieb, wird von ihm als „Grundirrtum aller bisherigen Philosophen“ bezeichnet, vgl. A. Schopenhauer, Sämtliche Werke, hg. v. W. Frhr. von Löhneysen, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1986, Die Welt als Wille und Vorstellung, Bd II, Kapitel 19, 259-316. 26 Haeckels monistisch-materialistische „Natürliche Schöpfungsgeschichte“ mag modernen Darwinisten
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insbesondere in Deutschland mit einer antagonistischen Gegenüberstellung von Geist und Natur verbindet.27 Sie findet ihren prominenten Ausdruck in der Rede von den drei Kränkungen des Menschen durch die modernen Wissenschaften bei Freud.28 Der ehemals als frei erachtete Geist des Menschen muss sich als wesentlich abhängig vom als letztlich irrational angesehenen Naturgeschehen verstehen. Kurz, ein reduktiver oder pessimistischer Naturalismus hat sich, so mag es scheinen, fortan bis heute als eine innerhalb und außerhalb der Philosophie dominante Interpretationsweise des Darwinismus etabliert. Ihn gilt es nun in seiner Gegensätzlichkeit zum Idealismus zu betrachten. Dabei soll zuerst die deskriptive Anwendung des Evolutionismus auf die Kultur und den Menschen, also auf die Geisteswissenschaften und die philosophische Anthropologie (2.1) betrachtet werden, und sodann gesondert die Anwendung auf die normativen Disziplinen der Philosophie, d.h. auf Ethik, Epistemologie und Ästhetik (2.2). Dabei werden zunächst die skeptischen ‚anti-idealistischen‘ Momente im Vordergrund stehen, wobei im zweiten Teil sowohl ein skeptischer als auch ein ‚optimistischer Naturalismus‘ zu Wort kommen wird.
2.1. Deskriptiver reduktiv-naturalistischer Evolutionismus Es scheint offenkundig, dass die vernunftzentrierte teleologische Ausrichtung des Idealismus zur These einer zufälligen Evolution im Widerspruch steht. S. J. Gould und R. Lewontin zufolge ergäbe ein ‚Zurückspulen und Wiederholen der Evolution ganz andere Ergebnisse als die jetzigen: fast nichts wäre gleich. Ein Organismus mit einer segensbringenden Mutation mag sterben, bevor es seine besser angepassten Gene weitergeben kann, eine Mutation mag gar nicht erst eintreten, etc. Zudem müsse allgemein von einer ‚panglossischen‘ Interpretation der Natur gewarnt werden: Anpassung ist nicht der einzige Faktor in der Evolution. In der Morphologie einzelner Organismen finden wir (so schon Darwin mit Verweis auf die Atavismen)29 kein perfektes Design, sondern ebenfalls historische Zufälle, interne morphologische oder
nicht ‚materialistisch‘ genug erscheinen, zumal Haeckel sich auch panpsychistischer und naturphilosophischer Ideen bedient. Gegen Haeckel siehe P. J. Bowler, The Non-Darwinian Revolution: Reinterpreting a Historical Myth, Baltimore: Johns Hopkins UP 1988, in dem nicht strikt mechanistisch-selektionistische evolutionäre Ansätze zugespitzt als ‘Pseudo-Darwinismen’ bezeichnet werden. 27 Neben dem schon genannten Schopenhauer, taucht jenes Motiv in unterschiedlichen Schattierungen prominent auf bei Ludwig Klages und Max Scheler sowie in vielen Werken von Thomas Mann. 28 S. Freud: „Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse“, in: Imago, Bd. V (1917), 1–7. 29 Ch. Darwin, The Origin of Species, Repr., Harmondsworth: Penguin Books 1985, 227f.
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biochemische Zwänge, oder schlicht genetischer Drift usf.30 Sicher werden Organismen nach wie vor als ‚zweckhaft‘ angesehen, und in jüngster Zeit hat der Begriff der Teleonomie eine Renaissance erfahren: Die „proper function“ eines Organs ist jedoch nichts als seine innere Funktionalität zum Selbsterhalt und zur Replikation.31 Jener Begriff ist weder ethisch aufzuladen, noch ist das Evolutionsgeschehen jenen Ansätzen zufolge als auf ein Ziel hin angelegt zu verstehen. Dies berührt insbesondere auch die Selbstdeutung des Menschen, der sich jener Auffassung zufolge als einen (un-)glücklichen Zufall, ja gar als kuriose Ausnahme der Evolution, als ‚Zigeuner am Rande des Universums‘, anzusehen habe. 32 Ferner sei es biologisch betrachtet unsinnig, von ‚höherem‘ oder ‚tieferem‘ Leben zu sprechen.33 Zwar mag im Verlaufe der Evolution die Komplexität des Lebens zunehmen, doch bedeutet höhere Komplexität nicht notwendig bessere Anpassung oder Überlebenschancen, wie schon aus einem Blick auf Viren und Parasiten erhellt. Teleologisches und axiologisches Denken kann keine Fundierung in biologischer Theoriebildung finden.
Neben den komplexen proximaten Fragen, wie und auf welche Weise organische Prozesse ablaufen und gesteuert werden, verlangt die ultimate Frage, nach der evolutionären Genese, den möglichen Vorteilen, Selektionsbedingungen und Vorformen biologischer Phänomene zu forschen.34 Der Darwinismus zielt somit darauf ab, im Sinne einer kontinuierlichen Entwicklung jede neue Form anhand des Modells des ‚descent with modification‘ zu verstehen. Dies legt einen explanativen Reduktionismus (mindestens historischer Art) nahe: Komplexeres ist aus Einfachem hervorgegangen, und die Pointe des Darwinismus im Unterschied zu älteren Evolutionsmodellen ist, dass ein blinder kausaler Mechanismus angegeben werden kann, der, wenn gewisse allgemeine Naturgesetze und Anfangsbedingungen gegeben sind, Anpassung und Entwicklung des Organischen erklären hilft. Treffend sagt Hans
30 S.J. Gould, R. Lewontin "Spandrels of San-Marco and the Panglossian Paradigm - a Critique of the Adaptationist Program.", in: Proceedings of the Royal Society of London (1979), 205, 581-598. Gegen die Radikalisierung des Zufallsdenken siehe jüngst S. Conway Morris, Life’s Solution: Inevitable Humans in a Lonely Universe, Cambridge: UP 2003. 31 Einschlägig zur “proper function” siehe R. Millikan, Language, Thought and Other Biological Categories, Cambridge Mass [u.a.]: MIT Press, 1984. 32 So J. Monod, Zufall und Notwendigkeit, München: R. Piper 1971. Gar nicht genug kriegen von den vielen Kränkungen der einst so stolzen Vernunft kann G. Vollmer, der in Anknüpfung an Freud gleich zehn Kränkungen einführt, von denen immerhin sechs mit den Biowissenschaften zu tun haben, vgl. G. Vollmer: „Die vierte bis siebte Kränkung des Menschen. Gehirn, Evolution und Menschenbild“, in: Aufklärung und Kritik 1/1994, 81-92. 33 So ermahnt sich Darwin selbst daran, nie von „höher“ und „tiefer“ zu sprechen, denn selbst die Amöbe sei bereits gut an ihre Umwelt angepasst, siehe S. J. Gould, Ever since Darwin, New York: Norton 1977, 36f. 34 Siehe mit Rückgriff auf Tinbergen E. Mayr, This Is Biology, Cambridge, Mass.: Belknap 1997, 21f.
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Jonas, dass für die alte Metaphysik die Ursache immer größer sein musste als die Wirkung, ein Erklärungsansatz, der im Darwinismus im Sinne moderner Kausalwissenschaft umgedreht wird. Ein essentialistischer Idealist antiker Schule würde weit eher die Eigenschaften eines einzelnen Lebewesen aus seiner Gattungszugehörigkeit ableiten wollen, wohingegen nun umgekehrt im Evolutionismus diese als eine mehr oder weniger zeitlich stabile Funktion des Einzelnen verstanden werden muss.35 Jener historische Reduktionismus suggeriert ferner, dass auch das Bewusstsein per Fulguration 36 oder Emergenz aus einfacheren Phänomenen hervorgegangen ist und von diesen abhängt. Bewusstsein hat eine materielle Basis und ist zutiefst evolutionär geprägt, eventuell ist es gar nur als Epiphänomen zu betrachten Der evolutionäre Kontinuitätsgedanke steht im Widerspruch zu naiven dualistischen Annahmen.37
Eine so verstandene Auslegung der Evolutionstheorie mag dazu verleiten, schließlich die gesamten Geisteswissenschaften grundlegend naturalisieren zu wollen und auch menschliche Phänomene primär biologistisch zu verstehen, wie es etwa die Ethologie, die Soziobiologie und die Evolutionäre Psychologie fordern.38 Besonders wichtig ist hierbei, dass naturgemäß jene Einordnung oftmals nicht die gleichsam proximaten Fragestellungen der traditionellen Geisteswissenschaften in den Vordergrund rückt – welchen Sinn und welche Bewertung (um zwei Schlüsselkategorien der Geisteswissenschaften zu nennen) verbinden Individuen mit ihren Überzeugungen, Handlungen und Institutionen? – sondern: welche evolutionären Ursachen haben dazu geführt, dass Menschen dazu neigen, jene Handlungen, Institutionen und Überzeugungen auszubilden? Der zu bestimmende Überlebens- und Replikationsvorteil einer Strategie mag dabei als heute noch vorteilhaft (eher in den spieltheoretischen Überlegungen der Soziobiologie)39 oder vornehmlich als vergangene Anpassungsleistung (eher in der Evolutionären Psychologie)40 angesehen werden, der
35 H. Jonas, Organismus und Freiheit, 75-107, siehe auch Hösle, Platonismus und Darwinismus. 36 K. Lorenz, Die Rückseite des Spiegels, München: Piper 1973, 48ff. 37 Dagegen versucht Popper die Evolutionstheorie zugunsten eines Interaktionismus zu interpretieren: kausal Ohnmächtiges hätte in der Evolution nicht selektiert werden können, vgl. K. Popper, J. C. Eccles, The Self and Its Brain: An Argument for Interactionism, London: Springer 1977. Zur kausal-reduktiven Interpretation des Geistes siehe einschlägig D. C. Dennett, Consciousness Explained, Boston: Little, Brown and Co. 1991. 38 Im Überblick siehe Ch. Spahn: “Sociobiology: Nature and Nurture”, in H. J. Birx (ed.): 21st Century Anthropology, Los Angeles [u.a.]: Sage 2010, Vol. 2, 938 -949. 39 Die wichtigsten Bücher sind E. O Wilson, Sociobiology: The New Synthesis, Cambridge, Mass.: Belknap Press 1975, R. Dawkins, The Selfish Gene, Oxford: UP 1976, S. J. Blackmore, The Meme Machine, Oxford: UP 1999. Zum spieltheoretischen Ansatz vgl. R. M. Axelrod, The Evolution of Cooperation. New York: Basic Books 1984. 40 Zur Evolutionären Psychologie siehe J. Tooby, L. Cosmides: „The Psychological Foundations of
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Grundtenor ist der gleiche: Es ist das Überleben von Genen und Strategien in einer Konkurrenzsituation, das den eigentlich ‚ultimaten‘ Erklärungsrahmen menschlichen Verhaltens darstellt. Der reduktiv-naturalistische Evolutionismus kann so durchaus ein kritisch-entlarvendes Potential entfalten und stellt, mindestens in den deskriptiven Analysen der Soziobiologen, einen oft ernüchternden Blick auf die Phänomene der Kultur, insbesondere des Altruismus und der Kooperation, dar, die schlicht als ein Trick egoistischer Gene in ihrem Kampf um Replikation angesehen werden müssen. Hinter der Oberfläche nobler Sinnsuche und vernünftiger Argumentation verbirgt sich eine ‚tiefere‘ biologische Schicht. Der Mensch ist somit mit Nietzsche gesprochen „Mehr Affe als irgendein Affe“41, und auch noch in seinem höchsten Bemühen ist nur Organisches, All-zu-Organisches zu sehen.
Man kann vermuten, dass trotz aller Beteuerung, den kartesischen Dualismus überwunden zu haben, eine alte, letztlich christliche axiologische Kontravalenz unterschwellig nach wirkt: Just insofern der Geist in Wahrheit ‚nur Natur‘ ist, so scheint es, ist seinen Sonderstellungswünschen gegenüber Skepsis angebracht. Spiegelbildlich können anti-biologistische Annahmen im Kulturalismus, die Skepsis gegen die Annahme einer universalen menschlichen Natur, 42 die Annahme einer besonderen Mangelhaftigkeit oder Weltoffenheit des Menschen in der Philosophischen Anthropologie,43 die Ablehnung des Genzentrismus, die Betonung der kulturellen-biologischen Koevolution,44 die Annahme einer besonderen menschlichen sozialen Kognition45 usf. verstanden werden als Versuche, ein positives Menschenbild unter anderem just dadurch aufrecht zu erhalten, dass der Mensch aus der Reichweite der Gene und der Natur entrückt wird. Er ist besonders ausgezeichnet, just insofern er seine Natur hinter sich lässt und durch Kultur, also Geist und Vernunft, bestimmt wird. Somit Culture“, in: J. H. Barkow, L. Cosmides, J. Tooby (eds.): The Adapted Mind, New York: Oxford UP 1992, 19-136. Siehe ferner D. M. Buss, The Handbook of Evolutionary Psychology, Hoboken: John Wiley & Sons 2005. 41 F. Nietzsche, Also sprach Zarathustra, in: Werke in drei Bänden, hg. v. K. Schlechta, München 1954, Bd. 2, 279. Zum Zusammenhang zwischen evolutionistischer Metaphysik und Nietzsche siehe instruktiv V. Hösle, Ch. Illies: „Der Darwinismus als Metaphysik“, in: V. Hösle, Die Philosophie und die Wissenschaften, München: C.H. Beck 1999, 46-73. 42 A. L. Kroeber, The Nature of Culture, Chicago: Univ. of Chicago Press 1952, C. Geertz, The Interpretation of Cultures, New York: Basic Books 1973, M. D. Sahlins, The Use and Abuse of Biology, Ann Arbor: Univ. of Michigan Press 1976. Zur Wiederkehr der Idee einer universalistischen Menschennatur siehe das wichtige Buch von D. E. Brown, Human Universals, New York: McGraw-Hill 1991. 43 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, Berlin: de Gruyter 1928. A. Gehlen, Der Mensch, in: Gesamtausgabe 3, hg. v. K.-S. Rehberg, Frankfurt/M: Vittorio Klostermann 1993 [1940], M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, Darmstadt: Reichl 1928. 44 R. Boyd, P. J. Richerson, Culture and the Evolutionary Process, Chicago: Univ. of Chicago Press 1985, P. J. Richerson, R. Boyd. Not by Genes Alone, Chicago: Univ. of Chicago Press 2005. 45 M. Tomasello, The Cultural Origins of Human Cognition, Cambridge Mass.: Harvard UP 1999.
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liegt sowohl jenen reduktionistischen Entlarvungsthesen einerseits als auch den kulturalistischen Abwehrthesen anderseits gleichermaßen der eingangs thematisierte Dualismus von Sein und Sollen zugrunde, der hier jedoch mit dem Unterschied von Natur und Kultur identifiziert wird. Natur wird dabei implizit als Reich der Konkurrenz, des irrationalen Macht- und Überlebensstreben, und Kultur als Ort der ethischen Selbstdomestikation des Menschen verstanden. Jene dem Pessimismus und gewissen Anthropozentrismen zugrundeliegende unterschwellige Identifizierung des Seins-Sollens-Dualismus mit dem Natur-Geist-Dualismus spricht dafür, dass eher ein kartesisches als ein objektiv-idealistisches Naturbild und eine Verwechslung von Genese und Geltung am Werke sein könnten. Wir werden später darauf zurückkommen.
2.2 Evolution und Normativität Es überrascht nicht, dass nicht nur die Disziplinen, die es immerhin selbst mit einer Kausalanalyse real existierender sozialer Phänomene zu tun haben, in deren Rahmen also auch die biologische Erklärung ihren Platz finden muss, sondern auch die normativen Disziplinen der Philosophie sich immer wieder biologistischen Ansätzen geöffnet haben: So haben sich eine Evolutionäre Erkenntnistheorie, eine Evolutionäre Ethik und eine Evolutionäre Ästhetik etabliert. In all diesen drei Gebieten werden Urteile über das Wahre, Gute und Schöne vor dem Hintergrund der evolutionären Genese des Bewusstseins betrachtet. Hierbei ist es interessant, dass sich zumeist jeweils zwei gegensätzliche naturalistische Interpretationen finden lassen, wie nun knapp anzudeuten ist.
Alles Leben ist der Evolutionären Erkenntnistheorie zufolge Informationsgewinn.46 In der positiven Variante wird argumentiert, dass fehlerhafte Kognition in der Regel einen Überlebensnachteil darstelle, wir uns also zumindest auf unsere mesokosmische Kognition im Sinne eines hypothetischen Realismus verlassen können. In der skeptischen Variante wird der Unterschied zwischen Überleben, Viabilität und Wahrheit betont. Auch Verzerrungen in der Umweltwahrnehmung können einen Überlebensvorteil darstellen. Es gibt somit keinen Weg, aus dem Überleben des Beobachters einen Objektivitätsgehalt seiner Repräsentationen zu schlussfolgern, so H. Maturana und der radikale Konstruktivismus.47 Beide Ansätze berufen sich auf die Evolutionstheorie, auch wenn ihre Konsequenzen entgegengesetzt
46 Siehe etwa im Überblick G. Vollmer, Evolutionäre Erkenntnistheorie, Stuttgart: Hirzel, 1990. 47 Siehe etwa H. R. Maturana, F. J. Varela, Autopoiesis and Cognition, Dordrecht, Holland: D. Reidel Pub. 1980, S. J. Schmidt, Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1987.
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ausfallen. Für die Evolutionäre Ethik lassen sich ebenfalls zwei Varianten finden. Sie kann deskriptiv ‚entlarvend‘ verstanden werden und hinter vermeintlich gutem Verhalten bloß Überlebensinstinkte von Organismen oder Genen sehen48 und so der „Error-theory“ in die Hand spielen. Umgekehrt kann der Nachweis einer evolutionären Bewährung von Verhaltensstrategien neo-aristotelisch als eine Fundierung des Guten in der ‚menschlichen Natur‘ verstanden werden, indem man etwa darauf verweist, dass bewährte Handlungen nicht schon deswegen schlecht oder fragwürdig zu sein brauchen, weil sie im Überlebenskampf selektiert wurden und dem Organismus Vorteile bringen.49 In der Evolutionären Ästhetik schließlich wird nach dem adaptiven Vorteil des Schönheitsempfinden gefragt und Evolutionäre Kognitionsforschung, Psychologie und Kunstwissenschaft weden in einen Austausch gebracht.50 Auch hier kann eher reduktiv argumentiert werden, oder umgekehrt das Evolutionsgeschehen auch als offen für die Entwicklung des Sinnes für Schönheitsempfinden betrachtet werden.51
Das doppelte Gesicht evolutionärer normativer Ansätze legt somit nahe, dass es nicht die Anwendung evolutionärer Biologie auf den Menschen selbst ist, die den Ton für die philosophische Interpretation vorgibt. Es steht auch hier zu vermuten, dass es jenes schon angesprochene implizite Bild von ‚Natur und Geist‘, ‚Sein und Sollen‘ ist, welches die Auslegung der empirischen Ergebnisse bestimmt. Trotz aller Sympathien für die eher optimistischen Varianten, die zumal in jüngerer Zeit zahlreicher werden,52 scheint es dennoch, dass die pessimistische Seite mindestens in einem Punkt einen 48 Dies ist etwa der Grundtenor bei Dawkins, Selfish Gene, und in vielen Analysen bei E. Voland, Grundriss Der Soziobiologie, Heidelberg [u.a.]: Spektrum 2000, ähnlich G. Vollmer, Erkenntnistheorie, 189. 49 Zur Error-theory, also zur These, dass unser Glaube an die Wahrheit und Begründbarkeit von Werten illusorisch sei, siehe J. L Mackie, Ethics: Inventing Right and Wrong, Harmondsworth: Penguin 1977. In biologistischer Deutung wird aus dem ‚objektivistischen Schein‘ der Ethik ein Trick der Gene zur Verhaltenssteuerung der Organismen, siehe etwa M. Ruse, Taking Darwin Seriously, New York: Blackwell 1986, 216, 255ff., 277. Allerdings sagt Ruse dort auch, dass wir uns ja nicht das Auge ausreißen, wenn wir feststellen, dass es ‚nur‘ eine evolutionäre Anpassung sei. Vgl. kritisch Ch. Illies, Philosophische Anthropologie, 225-236. 50 Im Überblick siehe R. Thornhill, "Darwinian Aesthetics," Handbook of Evolutionary Psychology, eds. Ch. Crawford, D. L. Krebs, Mahwah: Erlbaum 1998, 543-572, D. Dutton, The Art Instinct, New York: Bloomsbury 2009, G. F. Miller, The Mating Mind, New York: Doubleday 2000. Schönheit kann zum Beispiel als in der Partnerselektion wichtiger Fitness-Indikator verstanden werden oder, bei der Bewertung der Umwelt, als Anzeichen guter Fruchtbarkeit, Sicherheit und Fülle. 51 So die kühne These, dass es Schönheit als solche ist, deren Erleben in der evolutionären Entwicklung möglich wird, in F. Turner, The Sociobiology of Beauty, in: J. B. Bedaux, B. Cooke, Sociobiology and the Arts, Amsterdam: Rodopi 1999, 63-81. Dies entspricht auch Darwins Auffassung zur Schönheit in The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex, Princeton: Princeton UP 1981. 52 Man denke an die Positive Psychologie, siehe M. Seligman, Authentic Happiness, New York: Free Press 2002, und die schon erwähnte Betonung sozialer Kognition bei Tomasello, Cultural Origin, an die Auführungen bei Elliott Sober, Unto Others, Cambridge Mass.: Harvard UP 1998, und an die Betonung von Sozialität und Altruismus schon im Tierreich bei F. B. M. de Waal, The Age of Empathy, London: Souvenir 2012.
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klaren Vorteil hat, der uns zur komplementären geltungstheoretischen Gegenposition überzuleiten hilft. (Auf den Vorteil der optimistischen Seite wird weiter unten abschließend einzugehen sein).
Es ist in der Tat so, dass Darwins durch allgegenwärtige Konkurrenz geprägtes Naturbild Kooperation zwar nicht unmöglich macht, ihr aber doch einen engen Rahmen setzt. Nur eine Kooperation, die sich evolutionär durchsetzen kann, ist in ihr möglich. Darwin selbst sieht, dass genuiner Universalismus über die Natur hinaus geht, da sich in ihr eher umgekehrt zumeist klare anti-universalistische Tendenzen etablieren werden, d.h. asymmetrische ‚Ethiken‘, die zumeist eine starke In-Outgroup-Differenz aufweisen.53 Darwin und Dawkins54 sind sich beide zurecht einig darin, dass man eine menschliche Ethik nicht im Darwinismus fundieren sollte, sondern dass der Mensch jene anti-universalistischen Grenzen hinter sich lassen sollte, selbst wenn dies über Naturdispositionen hinausgeht. Ebenso ist es klar, dass aus epistemologischer Perspektive der Begriff der Wahrheit unterschieden ist von dem Begriff des Überlebenserfolgs, auch hier ist spätestens die den Mesokosmos überschreitende Wissenschaft auf eine andere Fundierung angewiesen. 55 Es gibt kein prinzipiell zwingendes Argument, dies ist den Konstruktivisten zuzugeben, warum Überlebenserfolg kognitive Wahrheit verbürgen sollte – insbesondere, wenn man die oben genannte anti-adaptionistische Lesart der Evolution betont. Für den Begriff des Schönen oder Ästhetischen sei nur angedeutet, dass auch hier Kunsttheoretiker weiter skeptisch sein werden, ob eine evolutionäre Theorie über das doch sehr eigentümliche Paradigma der Schönheit als Fitness-Signal hinauskommt.56 Ferner lässt sich fragen, ob etwas tatsächlich als ästhetisch zu gelten hat, weil es evolutionäre Tendenzen gibt, es so zu betrachten. Die Frage von Sokrates an Euthyphron, die schon in der Antike den Übergang zum idealistischen Denken einleitet, bleibt auch heute die Gretchenfrage für alle normativen Begriffe: folgt Wahrheit aus Überlebenserfolg, Gutsein aus dem 53 Darwin, Descent of man, 72ff., 94-96, 100ff.,162ff. 54 Dawkins, Selfish Gene, 3. 55 Zur Kritik siehe V. Hösle, „Tragweite und Grenzen der evolutionären Erkenntnistheorie“, in: Ders., Die Philosophie und die Wissenschaften, 74-103. Zurecht schreibt T. Burge, dass die heute beliebte Reformulierung des ‚Wahrheitsbegriffs‘ (und man kann entsprechend ergänzen: des Begriffs des Guten) in rein biologischem Vokabular einen „root mismatch“ darstellt, vgl. T. Burge, Origins, 301. Auch Darwin verwehrt sich gegen sozialdarwinistische Anwendungen des Selektionsprinzips auf den Menschen, Descent of Man, 168f., und setzt damit voraus, dass, was der Selektion der Gattung dient, nicht identisch ist mit dem, was gut oder human ist. 56
Ausführlicher zur Evolutionären Ästhetik siehe W. Welsch, Animal Aesthetics, in: Contemporary Aesthetics (online-journal), Vol 2, 2004, http://hdl.handle.net/2027/spo.7523862.0002.015. Klärend zur Autonomie des Sinnes für Schönheit und zur Kontinuität und Differenz des Schöhnheitsempfinden bei Tier und Mensch siehe ferner Ch. Illies: „Die Selbstübersteigerung der Natur im Schönen. Zum Beitrag der Evolution für eine allgemeine Ästhetik“, in: Ch. Tewes, K. Vieweg (Hrsg.), Natur und Geist. Berlin: Akademie Verlag 2011, 227-260.
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Nützlich-Sein fürs Überleben, Schönheit aus dem Angenehmen, oder handelt es sich nicht vielmehr in allen drei Fällen um ein grundsätzliches naturalistisches Verfehlen normativer Konzepte, die in ihrem Geltungsanspruch über kontingente faktische kognitive Akte organischer Akteure hinaus gehen?
Der Verweis auf den Unterschied zwischen der Geltungsfrage und der Genesefrage mag jedoch auch einen Ansatzpunkt bieten, um sich gleich aller biologisch-evolutionären Erwägungen in der Philosophie zu enthalten. Somit – durchaus vergleichbar mit gewissen radikalen anthropozentrischen Kulturalismen – wäre jedoch von Vornherein ein Dialog mit evolutionär inspirierter Forschung abgeschnitten. Sosehr es wahr bleibt, dass normative Fragen einer anderen Logik angehören als deskriptive, so unzufriedenstellend wäre es doch, es gleichsam nur bei einer punktuellen Abwehr des Evolutionismus durch geltungstheoretische Argumente zu belassen. Philosophie, zumindest dem idealistischen Verständnis nach, hat es mit dem Ganzen des Seins zu tun und muss somit nicht nur Normatives und Deskriptives trennen, sondern beide Perspektiven, mindestens im Umriss, in eine nicht widersprüchliche Einheit bringen.
Halten wir das Bisherige fest: Ein reduktiver Naturalismus wird der genuinen Normativität ethischer, epistemischer und ästhetischer Argumentation nicht gerecht, zudem schwankt ein solcher Naturalismus, je nach Autor und Kontext, zwischen optimistischen Naturalismen und pessimistischen Entlarvungsphantasien. Dem ersten liegt ein naives Vertrauen in die Güte der Natur, dem zweiten ein dualistisches Misstrauen gegen eine nur auf Überlebenskampf angelegte Natur zugrunde. In beiden Fällen findet keine explizite philosophische Reflexion auf den Naturbegriff und auf die Fundierung von Geltungsansprüchen statt. Kulturalismus und geltungstheoretischer Transzendentalismus haben zwar gewichtige Argumente gegen einen Biozentrismus vorzubringen, doch erscheint es ebenso abwegig, die menschliche Vernunft als reines Kulturprodukt im luftleeren Raum der Geltung oder als weltfremde transzendentale Subjektivität zu konzipieren.57 Vor dem Hintergrund jener Ansätze können nun die Vorteile einer objektiv-idealistischen Auseinandersetzung mit dem Darwinismus abschließend benannt werden. 3. Die Fragestellung einer objektiv-idealistischen Philosophie der Biologie
57 Die Skepsis gegen eine Abkoppelung menschlicher Subjektivität von dem übrigen Natursein ist ein treibendes Motiv in Welsch, Homo mundanus.
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Der objektive Idealismus nimmt, wie eingangs skizziert, seinen Ausgang von der Erkenntnis der Differenz deskriptiver und normativer Fragestellungen. Dass das Erheben von normativen Wahrheitsansprüchen immer schon, auch im Versuch, die Möglichkeit verbindlicher Normativität zu leugnen, vorausgesetzt wird, ist eine Einsicht, die der objektive Idealismus mit den zuletzt genannten geltungstheoretischen Reflexionen teilt.58 In der Debatte um Wissenschaft und Lebenswelt wird jedoch jene geltungsreflexive hermeneutisch-normative Vernunft, wie angedeutet, mitunter so verstanden, dass, weil sie dem Diskurs wissenschaftlicher Erkenntnis prinzipiell vorausliegt, dadurch eine schlichte Zurückweisung naturalistischer Ansätze gelingen kann. 59 Dies ist nicht überzeugend, will man nicht den Objektivitäts- und Wahrheitsanspruch der Wissenschaften leugnen.60 Ebenso erweist es sich aus objektiv-idealistischer Perspektive als abwegig, ausgehend von einer deskriptiven Theorie der Natur die genuinen Geltungsansprüche menschlichen Denkens zurückzuweisen. Der objektiv-idealistische Naturbegriff bietet hier eine gangbare Alternative zum reduktiven Naturalismus und zum antiwissenschaftlichen konstruktivistischen Kulturalismus, und genau darin liegt seine Stärke auch und gerade in der Auseinandersetzung mit dem Evolutionismus. Normative Reflexionen finden in der tatsächlichen Welt statt, die auch von den Naturwissenschaften beschrieben wird, sie sind damit zwar kategorial unterschieden vom reinen Kausalgeschehen, aber ontologisch nicht ‚jenseits‘ der Natur. Ein Idealist muss damit, erstens, einen komplexen Natur- und Realitätsbegriff erarbeiten, der fundamentale kategoriale Unterschiede inmitten ontologischer Kontinuität auszuweisen erlaubt, eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Aufhebung und Integration des Naturalismus in einer normativen Theorie der Wirklichkeit. Somit ist die objektiv-idealistische Fragestellung der Philosophie der Biologie grundsätlich zu unterscheiden von den Ansätzen der Evolutionären Ethik, Epistemologie und Ästhetik. Die Frage des Idealisten kann nicht lauten, ob unter Voraussetzung der evolutionären Genese menschlicher Kognition etwa das Erheben von Wahrheitsansprüchen oder das 58 Vgl. Hösle, Begründungsfragen, und „Über die Unmöglichkeit einer naturalistischen Begründung der Ethik“, in: Ders.: Die Philosophie und die Wissenschaften, 104-124. Jeder Naturalismus setzt ferner natürlich die Geltung der Wissenschaften voraus, ja erhebt diese zum normativen Maßstab für das Wissen. 59 So etwa J. Habermas gegen den ‚Objektivismus‘ der Wissenschaften in „Erkenntnis und Interesse“, in: Ders.: Technik und Wissenschaft als Ideologie, Frankfurt/M. 1971, 146-168, insbes. 165-167. 60 So jüngst Habermas selbstkritisch zu seiner bisherigen Argumentation (vgl. Anm. 59). Der Wissenschaftler vermag zurecht darauf zu verweisen, dass all jene unterschiedlichen Vernunftformen Teile derselben, auch von ihm beschriebenen Wirklichkeit sind. Habermas argumentiert, dass zukünftige naturphilosophische Reflexionen erforderlich seien, um Einheit des Weltbildes und Pluralität der Vernunftformen zu verbinden, siehe Deutsche Gesellschaft für Philosophie (Hg), (E-Publikation): J. Habermas: „Von den Weltbildern zur Lebenswelt“, Vortrag gehalten in Essen am 19.09.2008, XXI. Deutscher Kongress für Philosophie, published 24.09.2008: http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DocumentServlet?id=18858&lang=en.
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Einsehen und Umsetzen des Guten möglich sei, sondern, da eine normative und wissenschaftliche Vernunft möglich und vorhanden ist, so ist umgekehrt zu fragen, wie ein Übergang vom kausalen Geschehen anorganischer Art über ein organisches Geschehen, das sich an Überleben und Reproduktion orientiert, hin zum normativen Denken kategorial zu skizzieren und zu entfalten ist. 61 Hierin besteht das relative Recht des oben erwähnten optimistischen Naturalismus. Wenn ein transzendentallogischer Nachweis gelingt, dass normatives Denken faktisch möglich ist,62 so liegt eine entsprechende optimistische Sicht auf die Natur nahe, ohne jedoch die Natur glorifizieren zu wollen oder gar im Sinne eines naturalistischen Fehlschlusses Normativität in der Faktizität als solcher zu verwurzeln. Evolution könnte dann, in einer Reinterpretation der Evolutionären Erkenntnistheorie, Evolutionären Ethik und Evolutionären Ästhetik, nicht als Fundierung, sondern als sukzessive Annäherung der Natur an die drei platonisch-idealistischen Transzendentalien des Guten, Wahren und Schönen verstanden werden.63 Neben der Erarbeitung eines differenzierten Naturbegriffs, der über eine kontravalent-dualistische Gegenüberstellung von Natur und Geist sowie von Sein und Sollen hinausweist, sind damit, wenig überraschend, zweitens, prinzipientheoretische Überlegungen auch zum Sein (in alter Terminologie „Wesen“) des Lebens, der Natur und des Geistes Voraussetzungen der objektiv-idealistischen Interpretation des Darwinismus. Hierin, nicht im Postulat unwandelbarer Arten, liegt das relative Recht des Essentialismus: Wer den Unterschied zwischen Genese und Geltung anerkennt, kann nicht nur für normative Handlungen des Menschen einen Geltungsanspruch ausweisen, sondern ebenso einsehen, dass insgesamt typologische oder kategoriale Fragen einer anderen Ebene angehören als empirisch-wissenschaftliche kausal-genetische Fragen. Dies bedeutet, dass die Frage, ob wir und wodurch wir einen Organismus strukturlogisch von anorganischen Systemen ‚nach unten‘, und von bewusst und frei handelnden Akteuren ‚nach oben‘ abgrenzen können, nicht nur eine rein empirische Frage nach vorfindlichen Strukturen darstellt. Die Frage, wie biochemisch oder evolutionär organische Aktivität zu verstehen ist, ist zu unterscheiden von der Frage, ob und wann wir etwa einen Organismus einen ‚Akteur‘, seine Reiz-
61 Vgl. auch V. Hösle, „Die Aufgaben der Naturphilosophie heute“, in: V. Hösle, P. Koslowski, R. Schenk (Hg.): Die Aufgaben der Philosophie heute, Wien: Passagen-Verlag 1999, 35-45. 62 Neben Hösle, Begründungsfragen, sei verwiesen auf Ch. Illies, The Grounds of Ethical Judgement, Oxford: UP 2003. 63 Dies ist die Hauptpointe von Hösles Deutung des Darwinismus in Ders.: Platonismus. Ch. Illies stellt seinem Buch Philosophische Anthropologie das Motto von Kant voran: „Man thut am besten anzunehmen, daß die Natur im Menschen nach demselben Ziel hinwirkt wohin die Moralität treibt“ Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum ewigen Friede, 192.
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Reaktionen als Verhalten, seine gespeicherte Information als Wissen usf. bezeichnen sollten.64 Knapp angedeutet verwirklicht Leben eine andere Art zu sein, ein anderes kategoriales Verhältnis von Dauer und Zeitlichkeit, von innerer Allgemeinheit und äußere Einzelheit, als dies zuvor im Anorganischen der Fall ist, und seine grundsätzliche Neuheit, seine Kontinuität und wesentlichen Eigenschaften wären auch aus dieser Sicht philosophisch zu betrachten und zu entfalten.65
Bis hierhin mögen vor dem Hintergrund alternativer Deutungen, mindestens dem benevolenten Leser, das Desiderat und die Vorteile einer idealistischen Interpretation des Darwinismus in Umrissen deutlich geworden sein. Gegen jene hier vorgebrachte Werbung soll jedoch abschließend die schon angeklungene und wohl prominenteste kritische Anfrage nicht verhehlt werden: Ist und bleibt eine solche idealistische Interpretation nicht teleologisch, und mindestens in diesem Sinne ‚anti-darwinistisch‘?
Gewiss bleibt es eine Herausforderung für einen heutigen Idealisten, sich der Frage zu stellen, ob und inwiefern das Auftretens genuin normativer Vernunft als ein kontingentes Faktum der Naturgeschichte betrachtet werden kann. Sollte der Mensch zum Fragen nach dem Guten und zum Handeln aus Einsicht in der Lage sein, zumindest in seinen besten Momenten, so verwirklicht Natur tatsächlich im Menschen etwas Werthaftes, vorausgesetzt der Begriff des Guten ist nicht eine menschliche Fiktion. Eine solche Auszeichnung kann, wie erwähnt, aus biologischer Perspektive selbstredend nicht in den Blick geraten, weil sie schlicht nicht die Anpassungs- und Überlebensfähigkeit des Menschen oder seine kausale Genese betrifft. Die aufgrund der Trennung von Genese und Geltung sicherlich nach wie vor plausibel zu verteidigende These einer Auszeichnung normativer Vernunft ist jedoch, so vermute ich, zu unterscheiden von der Frage, ob die kausale Entwicklung jener Fähigkeit auf unserem
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So ist es ein Kategorienfehler, etwa gegen den Begriff der Humanität einzuwenden, es gebe schlicht keine biologisch ewige Menschennatur. Der Begriff der Humanität, der hier verwendet wird, ist normativ, und die Frage, ob biotechnisch oder genetisch veränderte Menschen noch ‚genuin menschlich ‘ (im normativen Sinne) wären, ist – aus idealistischer Perspektive jedenfalls – legitim. Zu dieser Unterscheidung siehe jüngst McDowell, der gegen den ‚bald naturalism‘ betont, dass es genuin begriffliche Fragestellungen in der Philosophie gibt: Die Frage, wann und in welchen Begriffsrahmen wir von objektiver Repräsentation sprechen können, ist zu unterscheiden von der Frage ‚in engineering terms‘, wie ein Organismus gebaut sein muss, um objektive Repräsentationen zu haben (Mind and World, Cambridge Mass.: Harvard UP 1996, xxi). Ähnlich Tyler Burge, Origins, 8, der zurecht ‚constitutive questions‘ (was konstituiert ein Verhalten des Typs A) von kausalwissenschaftlichen Fragen unterscheidet. 65 Zusammenfassend zu den auffallend ähnlichen typologischen Erwägungen zum Organischen bei Hegel, Jonas und Thompson siehe Ch. Spahn, „Qualia und Moralia: Auf der Suche nach dem Vernünftigen im Organischen und dem Natürlichen in der Vernunft“, in: Ch. Tewes, K. Vieweg (Hg.): Natur und Geist. Berlin: Akademie-Verlag 2011, 31-44, sowie ausführlich zu Hegels idealistischen Aussagen Lebendiger Begriff, Kapitel II und III.
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Planeten selbst faktisch notwendig war. Ich neige – vielleicht im Unterschied zu anderen Idealisten – zu der Auffassung, dass man dies nicht anzunehmen braucht, denn auch etwas zufällig Werthaftes wird durch jene Kontingenz nicht weniger werthaft, so wie eine nur zufällig entdeckte Wahrheit deswegen nicht weniger wahr sein wird. Just sofern der Idealist Genese und Geltung trennt, ohne sie einander entgegenzusetzen, mag eine zukünftige idealistische Philosophie der Biologie auch ohne vorschnelle teleologische Vermutungen auskommen.66
Aus jener Einordnung des Idealismus in das Panorama gegenwärtiger Ansätze erhellt abschließend, so hoffe ich, dass es dem Idealisten nicht darum gehen kann, aus der Philosophie heraus empirische Ergebnisse zu leugnen oder apriori Entscheidungen über das nur faktisch zu erfassende Sosein des Organischen zu fällen. Der Idealismus zielt vielmehr darauf ab, die von den Biowissenschaften und ihren Interpreten gewonnenen Fakten und Konklusionen aus einer anderen, weder naturalistischen noch kulturalistischen Perspektive zu untersuchen, um so einen Interpretationsrahmen zu bieten, der über die genannten gängigen Alternativen eines naiv-optimistischen Naturalismus (bloßer Glaube an die Vernünftigkeit der Natur), eines pessimistischen Reduktionismus (‚Natur ohne Vernunft‘) und eines anti-evolutionären Kulturalismus (‚Vernunft ohne Natur‘) hinausgeht.
66 Zu diesen Fragen aus idealistischer Sicht siehe D. Wandschneider, Hegel und die Evolution, und stärker im Sinne teleologischer Argumentation V. Hösle, „Why Teleological Principles Are Inevitable for Reason: Natural Theology after Darwin“, in: Ders. God as Reason, Notre Dame: Univ. of Notre Dame Press 2013, 24-49. Dass ohnehin die Begriffe der Notwendigkeit und Zufälligkeit auf komplexe Art miteinander zu vermitteln sind, ist schon Hegels Grundthese, vgl. Logik, Werke 6.200-216.
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Kurzbiographie Christian Spahn: Studium der Philosophie, Germanistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität GH Essen, Master of Arts and Letters der University of Notre Dame (U.S.A.), Promotion in Philosophie an der RWTH Aachen zu Hegels Philosophie des Organischen. Anschließend Mitarbeiter im interdisziplinären Forschungsprojekt zur Integrativen Anthropologie (Leitung Professor Wolfgang Welsch) der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seit 2009 Assistant Professor for Philosophy an der Keimyung University (Daegu, Korea). Forschungsschwerpunkte: Klassische Deutsche Philosophie, Philosophie der Biologie, Epistemologie.