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Medienmitteilung Genf, Zürich, Lugano den 11.12.2014 WIRKUNGSANALYSE DER TSUNAMI-HILFE: HOHE ZUFRIEDENHEIT UND WICHTIGE ERKENNTNISSE Gemäss der umfangreichsten von der Glückskette in Auftrag gegebenen und von der renommierten und unabhängigen Beratungsfirma Channel Research durchgeführten Wirkungsanalyse können zehn Jahre nach dem verheerenden Tsunami vom 26. Dezember 2004 fast 90 % der Begünstigten heute ihre Grundbedürfnisse wieder gut abdecken. Etwas mehr als zehn Prozent bekunden hingegen noch erhebliche Schwierigkeiten. Der Bau von 23’000 Häusern beeinflusste die materielle, aber auch soziale und wirtschaftliche Besserstellung der betroffenen Familien massgeblich und positiv. Für die Ärmsten bleibt es aber trotz Unterstützung schwierig, langfristig wieder selbstständig für den Lebensunterhalt zu sorgen. Das Resultat der zwischen April und November 2014 in Indien, Indonesien und Sri Lanka durchgeführten Wirkungsanalyse, welche auf dem Studium von Projektunterlagen, bisherigen Evaluationen, einer quantitativen Umfrage bei 729 Begünstigten und einer qualitativen Analyse mit 374 Interviews basiert, ergab je nach Land und Region unterschiedliche Resultate. „Welchen Einfluss – positiv oder negativ – die von den Partnerorganisationen der Glückskette durchgeführten Hilfsprojekte dabei genau spielen, ist äusserst schwierig auszumachen, da eine Fülle von weiteren Faktoren wie neue wegweisende Entscheide der Regierungen, sich verändernde wirtschaftlichen Parameter oder sich wandelnde soziale Einflüsse in Betracht gezogen werden müssen“, erklärt Channel Research Projektleiter Adriaan Ferf die Herausforderungen der Untersuchung. Der Friedensprozess in Indonesien, welcher nach der Katastrophe einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg ablöste, oder in Sri Lanka, wo der Bürgerkrieg wieder aufflammte, haben ihre positiven wie negativen Spuren hinterlassen. „Dass aber gesamthaft 87 % der Menschen ihre Grundbedürfnisse wieder abdecken können und nur noch 13 % mit grossen Schwierigkeiten kämpfen, bestätigt klar eine Verbesserung ihrer Lebenssituation, was sich auch auf die Zufriedenheit der Begünstigten auswirkt“, ergänzt Ferf. In 3 der 29 analysierten Hilfsprojekte war keine positive Wirkung zu erkennen und dies aus ganz unterschiedlichen, von den Partnerhilfswerken nur bedingt beeinflussbaren Gründen: schlechte Bausubstanz, fehlende Schutzbauten an der Küste oder schlechterer Arbeitsmöglichkeiten im Hinterland. Haus als wichtigste Unterstützung Rund die Hälfte der Befragten sah im Wiederaufbau ihrer Häuser den wichtigsten Ausgangspunkt für die Verbesserung ihrer Lebenssituation. Die Familien hatten nicht nur wieder ein sicheres Dach über dem Kopf, sondern konnten ihre Zeit und Energie darauf verwenden, wieder selbständig ein Einkommen zu erwirtschaften, den Kindern den Schulunterricht zu sichern oder sich in der Gemeinschaft einzubringen. Die Mehrheit beurteilt die Qualität, den Komfort und die Sicherheit des Hauses besser als bei ihrem früheren Haus. Der Bau gemeinschaftlicher Infrastrukturprojekte wie Dorfplätze, Markthallen, Evakuierungszentren oder Kinderspielplätze hat sich in der Mehrheit der Fälle nicht als langfristig wirkungsvoll erwiesen. Auch wenn sie in den ersten Jahren nützlich waren, übernimmt in der Regel nach ein paar Jahren niemand mehr die Verantwortung für diese Bauten und Installationen. Verbesserung des Einkommens Die Glückskette hat rund 178 Millionen Franken in den Wiederaufbau und davon rund 15 % für Hilfsprojekte im Bereich der Einkommensförderung eingesetzt. Die Verteilung von Arbeitsmitteln zur Wiederaufnahme ursprünglicher Aktivitäten beispielsweise in der Landwirtschaft oder der Fischerei hatte kurzfristig eine Wirkung. Eine weitergehende

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Medienmitteilung Genf, Zürich, Lugano den 11.12.2014

WIRKUNGSANALYSE DER TSUNAMI-HILFE: HOHE ZUFRIEDENHEIT UND WICHTIGE ERKENNTNISSE

Gemäss der umfangreichsten von der Glückskette in Auftrag gegebenen und von der renommierten und unabhängigen Beratungsfirma Channel Research durchgeführten Wirkungsanalyse können zehn Jahre nach dem verheerenden Tsunami vom 26. Dezember 2004 fast 90 % der Begünstigten heute ihre Grundbedürfnisse wieder gut abdecken. Etwas mehr als zehn Prozent bekunden hingegen noch erhebliche Schwierigkeiten. Der Bau von 23’000 Häusern beeinflusste die materielle, aber auch soziale und wirtschaftliche Besserstellung der betroffenen Familien massgeblich und positiv. Für die Ärmsten bleibt es aber trotz Unterstützung schwierig, langfristig wieder selbstständig für den Lebensunterhalt zu sorgen.

Das Resultat der zwischen April und November 2014 in Indien, Indonesien und Sri Lanka durchgeführten Wirkungsanalyse, welche auf dem Studium von Projektunterlagen, bisherigen Evaluationen, einer quantitativen Umfrage bei 729 Begünstigten und einer qualitativen Analyse mit 374 Interviews basiert, ergab je nach Land und Region unterschiedliche Resultate. „Welchen Einfluss – positiv oder negativ – die von den Partnerorganisationen der Glückskette durchgeführten Hilfsprojekte dabei genau spielen, ist äusserst schwierig auszumachen, da eine Fülle von weiteren Faktoren wie neue wegweisende Entscheide der Regierungen, sich verändernde wirtschaftlichen Parameter oder sich wandelnde soziale Einflüsse in Betracht gezogen werden müssen“, erklärt Channel Research Projektleiter Adriaan Ferf die Herausforderungen der Untersuchung. Der Friedensprozess in Indonesien, welcher nach der Katastrophe einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg ablöste, oder in Sri Lanka, wo der Bürgerkrieg wieder aufflammte, haben ihre positiven wie negativen Spuren hinterlassen. „Dass aber gesamthaft 87 % der Menschen ihre Grundbedürfnisse wieder abdecken können und nur noch 13 % mit grossen Schwierigkeiten kämpfen, bestätigt klar eine Verbesserung ihrer Lebenssituation, was sich auch auf die Zufriedenheit der Begünstigten auswirkt“, ergänzt Ferf. In 3 der 29 analysierten Hilfsprojekte war keine positive Wirkung zu erkennen und dies aus ganz unterschiedlichen, von den Partnerhilfswerken nur bedingt beeinflussbaren Gründen: schlechte Bausubstanz, fehlende Schutzbauten an der Küste oder schlechterer Arbeitsmöglichkeiten im Hinterland.

Haus als wichtigste Unterstützung

Rund die Hälfte der Befragten sah im Wiederaufbau ihrer Häuser den wichtigsten Ausgangspunkt für die Verbesserung ihrer Lebenssituation. Die Familien hatten nicht nur wieder ein sicheres Dach über dem Kopf, sondern konnten ihre Zeit und Energie darauf verwenden, wieder selbständig ein Einkommen zu erwirtschaften, den Kindern den Schulunterricht zu sichern oder sich in der Gemeinschaft einzubringen. Die Mehrheit beurteilt die Qualität, den Komfort und die Sicherheit des Hauses besser als bei ihrem früheren Haus. Der Bau gemeinschaftlicher Infrastrukturprojekte wie Dorfplätze, Markthallen, Evakuierungszentren oder Kinderspielplätze hat sich in der Mehrheit der Fälle nicht als langfristig wirkungsvoll erwiesen. Auch wenn sie in den ersten Jahren nützlich waren, übernimmt in der Regel nach ein paar Jahren niemand mehr die Verantwortung für diese Bauten und Installationen.

Verbesserung des Einkommens Die Glückskette hat rund 178 Millionen Franken in den Wiederaufbau und davon rund 15 % für Hilfsprojekte im Bereich der Einkommensförderung eingesetzt. Die Verteilung von Arbeitsmitteln zur Wiederaufnahme ursprünglicher Aktivitäten beispielsweise in der Landwirtschaft oder der Fischerei hatte kurzfristig eine Wirkung. Eine weitergehende

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Unterstützung war aber nur dann erfolgreich, wenn auf bestehenden Strukturen, Fähigkeiten und Möglichkeiten aufgebaut werden konnte. Dort wo Geschäftsstrukturen für Handwerker und Kleinunternehmen bereits vor dem Tsunami bestanden, war die Hilfe erfolgreich und es konnten nicht nur Arbeitsplätze erhalten sondern auch neue geschaffen werden. Ein Drittel der Begünstigten stehen im Erwerbsleben wieder gleich und ein Drittel sogar besser da, als vor der Katastrophe. Neue Arbeitsfelder für Ungeschulte zu erschliessen, welche bisher keine Erfahrungen in diesen Bereichen hatten, hat weniger gut funktioniert.

Fazit der Glückskette Die Resultate der Wirkungsanalyse ergeben für die Glückskette wichtige Aufschlüsse. Die professionelle und unabhängig durchgeführte Studie zeigt unter anderem auf, dass die Spendengelder einiges bewirken und die Arbeit der Partnerhilfswerke in den Katastrophenregionen effizient, aber äusserst komplex sind und auch Fehleinschätzungen vorkommen können. Weitere wichtige Erkenntnisse, wie etwa der hohe Stellenwert des Häuserbaus weit über die baulichen Massnahmen hinaus, eine gezielte Unterstützung für bereits geschulte Arbeitskräfte sowie der langfristig mangelnde Unterhalt von öffentlichen Bauten, werden im kommenden Jahr mit den Partnerhilfswerken diskutiert und in einem neuen Strategiepapier der Glückskette Niederschlag finden. „Wir müssen uns nach dieser Analyse den neuen Gegebenheiten anpassen“, schlussfolgert Tony Burgener, Direktor de Glückskette.

Volle Transparenz Die Resultate der Wirkungsanalyse sind für alle Interessierten transparent und in der von den unabhängigen Experten von Channel Research verfassten Version öffentlich zugänglich. Die Spezialwebsite tsunami.glueckskette.ch informiert detailliert über die Sammlung, alle mitfinanzierten Hilfsprojekte, die Berichterstattung und die Resultate der Wirkungsanalyse im Detail. Mit dieser vollumfänglichen Transparenz will die Glückskette ein Zeichen setzen und aufzeigen, dass eine glaubwürdige und transparente Kommunikation im heutigen Spendenumfeld unerlässlich ist und zudem Vertrauen schafft.

Kontakt Priska Spörri, Verantwortliche Öffentlichkeitsarbeit und Partnerbeziehungen, 044 305 52 23, 079 706 68 05, [email protected]

Untersuchungsobjekt: Nach der grössten Sammlung in der Geschichte der Glückskette wurden in den vergangenen zehn Jahren 183 Hilfsprojekte in den am meisten betroffenen Ländern Indien, Indonesien, Sri Lanka, Thailand und Somalia in der Höhe von knapp 216 Millionen Franken mitfinanziert. Die Qualität und der Nutzen dieser Arbeit wurde in der Vergangenheit bereits evaluiert. Jetzt wollte man darüber hinaus erstmals untersuchen, welche Wirkung diese Hilfe längerfristig hatte. Von April bis November 2014 haben unabhängige Experten der renommierten belgischen Beratungsfirma Channel Research in Indien, Indonesien und Sri Lanka untersucht, in welcher Form die Unterstüzung der Hilfsorganisationen das Leben der Menschen nach der Katastrophe beeinflusst hat. Sie sind unter anderem den Fragen nachgegangen, welche langfristige Wirkung diese auf das Leben der Menschen hatte, ob sie die dringendsten Bedürfnisse abdeckte und bei den Schwächsten die Armut und soziale Ungleichheit verringern konnte.