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ARTGERECHTE PFERDEHALTUNG

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ARTGERECHTE PFERDEHALTUNG

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Inhaltsverzeichnis

1 Das Verhältnis von Mensch und Pferd imWandel der Zeit 1

2 Die Biologie und das Verhalten des Pferdes 2

3 Die Haltung von Pferden in Menschenobhut 5

3.1 Einzelhaltung 7

3.2 Gruppenhaltung 9

3.3 Tiergerechte Zwischenlösungen 12

4 Sonderfall Hengsthaltung? 13

5 Der Auslauf 14

5.1 Die Weide als Auslauf 14

5.2 Der Auslauf mit Sandaufschüttung 15

5.3 Die Einzäunung 16

6 Weitere Informationen rund um die Pferdehaltung 17

6.1 Der Liegebereich 17

6.2 Der Fressbereich 18

6.3 Die Wasserversorgung 18

7 Ernährung der Pferde 19

8 Einige Krankheiten und Verhaltens-störungen als mögliche Folgen von Haltungs- und Fütterungsfehler 21

8.1 Verhaltensstörungen 21

8.2 Häufige Pferdekrankheiten 22

9 Empfehlenswerte weiterführende Literatur 26

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1 Das Verhältnis von Mensch undPferd im Wandel der Zeit

Kein anderes Haustier ist mit der Entfaltungmenschlicher Kulturen so eng verflochten wie dasPferd. Seit Jahrtausenden dient das Pferd demMenschen als Reit-, Last- und Zugtier.

Auf seinem Rücken wurden Kontinente ent-deckt und Kriege geführt. Als trauriger Höhepunktdes Einsatzes von Pferden im Militär können diebeiden Weltkriege angesehen werden. Im Erstenund Zweiten Weltkrieg wurden allein auf deutscherSeite über vier Millionen Pferde eingesetzt, unge-fähr 2,5 Millionen davon fanden auf den Schlacht-feldern den Tod.

Auch die industrielle Entwicklung des 18. und19. Jahrhunderts wäre ohne den Einsatz von Pfer-den nicht möglich gewesen. Denken Sie nur an dieGrubenpferde, die untertage in den Steinkohleberg-werken eingesetzt und erst Anfang des 20. Jahr-hunderts durch Maschinen ersetzt wurden.

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Diese Bronzeplastik eines Grubenpferdes ist ein Werk der jungenKünstlerin Angelika Stiegler.

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In der Land- und Forstwirtschaft waren Pferdeüber Jahrtausende unverzichtbare Helfer. Erst mitder fortschreitenden Maschinisierung konnte im 20.Jahrhundert auf den Arbeitseinsatz von Pferdenverzichtet werden.

Vor ca. 35 Jahren gab es in der BundesrepublikDeutschland nur etwa 300.000 Pferde und Ponys.Ihre Zahl ist jedoch bis heute auf fast eine Millionangestiegen. Wachsender Wohlstand und kürzereArbeitszeiten haben die Haltung dieser Tiere wiederattraktiv gemacht. Für die Mehrheit der Menschensteht heute die Nutzung der Pferde zu Sport- undFreizeitzwecken im Vordergrund.

Durch die Jahrtausende hindurch haben sichdie Aufgaben des Pferdes gewandelt – die Ansprü-che dieser Tierart an Bewegung, Beschäftigung,Sozialkontakt zu Artgenossen, an eine verhaltens-gerechte Unterbringung, angemessene Pflege undeine artgerechte Ernährung sind dagegen gleichgeblieben.

2 Die Biologie und das Verhalten desPferdesUm Pferde artgerecht halten zu können, muss

man wissen, welche natürlichen Bedürfnisse dieseTierart hat. Dafür ist es unerlässlich das Verhaltenvon wildlebenden Pferden zu beobachten.

Ursprünglich ist das Pferd in der offenen Step-pe zu Hause. Pferde sind Pflanzenfresser, die täglichbis zu 18 Stunden mit Fressen verbringen. Während

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der Mittagstunden werden Fresspausen eingelegt,in denen die Tiere dösen oder einander freund-schaftlich das Fell beknabbern. Typisch für dasFressverhalten ist, dass sich Pferde beim Grasenlangsam, aber stetig vorwärts bewegen. Dieses Ver-halten tritt unabhängig davon auf, ob eine Weideeinen üppigen Graswuchs aufweist oder nur spär-lich bewachsen ist. In der Natur ziehen die Herdenlangsam weiter und legen täglich etwa 20 km zu-rück. Da das Nahrungsangebot in der Natur nichtimmer gleich ist, fressen sich Pferde im Sommer ei-ne Fettschicht an, von der sie in den kargen Winter-monaten zehren müssen.

Pferde sind Herdentiere und haben ein ausge-prägtes Bedürfnis, mit den Artgenossen ständigSicht-, Hör-, Geruchs- und Körperkontakt zu haben.Die Herde bedeutet für alle Mitglieder einen gutenSchutz vor Feinden. Im Schutz der Herde müssennicht alle Tiere gleichermaßen wachsam sein. EinTeil kann sich ausruhen, während ein anderer Teilder Herde die Umgebung beobachtet. Sobald ein Tiereine Gefahr erkennt oder zu erkennen glaubt, signa-lisiert es seinen Artgenossen durch Heben des Kop-fes, Ausrichten der Augen und Ohren in die Richtungder Gefahr und nervöses Schnauben, dass etwasnicht stimmt. Die anderen Pferde befinden sich nunauch in Alarmbereitschaft. Sobald ein Pferd der Her-de flieht, galoppieren die anderen Herdenmitgliedersofort hinterher. Dieses Herden- und Fluchtverhaltengehört zu den lebensnotwendigen Verhaltensweisenaller Pferde. Pferde brauchen ihre Artgenossen abernicht nur zum Schutz vor Feinden, sondern auchzum Erhalt ihres seelischen Gleichgewichts. Oft

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kraulen sich immer wieder die gleichen Pferde odersie dösen gemeinsam. Beim Kraulen beknabbert einPferd das andere am Mähnenkamm, das anderedrückt sein Wohlbefinden aus, indem es seine Ober-lippe vorstülpt und den Hals streckt. Das Kraulendient dem sozialen Kontakt und der Körperpflege.Ebenfalls der Körperpflege dient das Wälzen, dassich besonders häufig im Frühling und Herbst beob-achten lässt, wenn die Pferde im Fellwechsel sind.

Pferde bilden naturgemäß so genannteHengstfamilien. Diese bestehen aus dem Leithengst,mehreren Stuten sowie deren Fohlen und älterenJungtieren. Unter den Stuten besteht eine Rangord-nung. Während der Wanderungen treibt der Hengstdie Herde, derweil eine ältere Stute als ranghöchsteLeitstute die Herde anführt. In der Paarungszeit imFrühling umkreist der Hengst seine Stuten, um siezusammenzuhalten, zu schützen und sie gegen an-dere Hengste zu verteidigen. AusgewachseneHengste werden vom Leithengst nicht mehr in derHerde geduldet. Die vertriebenen Junghengste

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Pferde sind Herdentiere mit einem ausgeprägten Bedürfnis, ständigSicht-, Hör-, Geruchs- und Körperkontakt zu den Artgenossen zu haben.

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schließen sich zu Junggesellengruppen zusammen.Wenn sie stark genug sind, fangen die Junghengstean, Jungstuten, die sich aus ihren Familien gelösthaben, um sich zu scharen. Natürlich kommt es auchvor, dass Junghengste versuchen, Stuten aus ande-ren Herden wegzutreiben. In einer solchen Situationsowie zur Klärung der Rangordnung innerhalb derHerde, können Kämpfe auftreten. Wildes Aufstamp-fen mit den Vorderhufen, Zurücklegen der Ohren,aggressives Quietschen, Bisse in Hals und Schulterdes Kontrahenten und Auskeilen mit den Hinterhu-fen sind Elemente des Aggressionsverhaltens desPferdes. Ist jedoch die Rangordnung in einer Pferde-herde erst einmal geklärt, genügt ein Blick, das kur-ze Anlegen der Ohren oder ein forscher Schritt aufden Rangniedrigen zu, dass dieser zurückweicht.

3 Die Haltung von Pferdenin MenschenobhutHaltungssysteme sind nur dann tiergerecht,

wenn sie dem natürlichen Verhalten einer Tierartausreichend Rechnung tragen. Beim Pferd sind dies:Bewegung, Beschäftigung und Sozialkontakt zuArtgenossen.

Dem stehen die Bedürfnisse und oftmals leidervor allem die Bequemlichkeit des Pferdehalters undReiters entgegen. Ein Pferd, das in seiner Box steht,ist gewöhnlich sofort verfügbar. Hat das Pferd Aus-lauf auf der Weide, muss der Reiter sein Tier erstmal von dort holen. Und wenn es sich dann auchnoch gerade im Schlamm gewälzt hat, ist der Reiterdie nächste halbe Stunde erst einmal mit Putzen

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statt mit Reiten beschäftigt. Umgekehrt gibt es na-türlich auch viele Menschen (und erfreulicherweiseimmer mehr), die ihr Pferd nicht als Reitgerät anse-hen, sondern als Freund und Kamerad. Diesen Men-schen ist es ein großes Anliegen, dass ihre Pferdeein artgerechtes Leben in der Herde mit täglichemAuslauf führen dürfen.

Im Folgenden stellen wir Ihnen einige in derPraxis häufig anzutreffende Aufstallungsformen vor.

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Ein intensiver Kontakt zwischen Mensch und Tier bildet einen wichtigenBestandteil der artgerechten Pferdehaltung.

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3.1 Einzelhaltung

Boxenhaltung ohne Gewährung von Auslauf

Nicht nur die – mittlerweile in mehreren Bun-desländern verbotene – Ständerhaltung, sondernauch die Haltung von Pferden in Boxen wird denBedürfnissen der Pferde nach Bewegung, Beschäfti-gung und Sozialkontakt nicht gerecht. Eine durch-schnittlich große Box ist ca. 3x4m groß und meistnach allen Seiten hin vergittert. In vielen Reitställenreiht sich eine Box an die andere. Zwischen den Bo-xenreihen ist eine Stallgasse angelegt, in der diePferde geputzt und gesattelt werden. Nicht seltenschließt sich direkt an die Stallgasse die Halle an,ohne dass Reiter und Pferd einen Schritt ins Freiesetzen.

Ein Boxenpferd leidet unter enormem Bewe-gungsmangel. Die Pferde stehen den größten Teildes Tages in der Box und dürfen sich nur dann be-wegen, wenn sie geritten werden. Nicht selten ha-ben so gehaltene Pferde Verspannungen.

Der Kontakt zu Artgenossen ist auf ein Mini-mum reduziert. Gegenseitiges Beknabbern wird indieser Aufstallungsform unmöglich gemacht. Einrangniedriges Pferd ist zudem einer enormen psy-chischen Belastung ausgesetzt, da es dem Drohendes Nachbarpferdes nicht ausweichen kann.

Schlechte Luft in geschlossenen Boxenställenschädigt die Lungen der Pferde, die häufig an Heu-stauballergie und Dämpfigkeit (näheres dazu in Ka-pitel 8) leiden.

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Pferde, die so gehalten werden, sind einemenormen Stress ausgesetzt. Die Anpassungsfähig-keit der Tiere ist überfordert. Viele zeigen schwereVerhaltensstörungen wie zum Beispiel Weben oderKoppen (näheres dazu in Kapitel 8).

Ständerhaltung und ganztägige Boxenhal-tung sind keine tiergerechten Haltungsformen,da die Pferde ihre arttypischen Verhaltensweisennicht ausleben können.

Die Außenbox mit Paddock

Bei der Einzelhaltung werden die pferdespezifi-schen Bedürfnisse noch am ehesten in der Box mitPaddock befriedigt. Das Pferd hat immer frische Luftund kann von der Box in den Auslauf und umgekehrtwechseln. In der Regel besteht im einzeln abgetrenn-ten Auslauf die Möglichkeit, mit dem Nachbarpferdüber den Zaun hinweg Kontakt aufzunehmen.

Allerdings darf der kleine Einzelauslauf vor derBox nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier

Bei der Paddockhaltung kann das Pferd zwischen Box und Auslaufwechseln und Kontakt zu Artgenossen aufnehmen.

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die Möglichkeiten des Pferdes nach Bewegung undsozialem Kontakt eingeschränkt sind.

Deshalb sollte auch einem so gehaltenen Pferdnoch zusätzlich Weidegang angeboten werden.

3.2 Gruppenhaltung

Die Gruppenhaltung wird den Bedürfnissen derPferde nach sozialem Kontakt, Bewegung und Be-schäftigung gerecht. Zur Verwirklichung der positivzu bewertenden Gruppenhaltungssysteme für Pfer-de muss jedoch einiges beachtet werden:

– Es muss sichergestellt sein, dass alle Pferde –auch das rangniedrigste Tier der Gruppe – imInnenraum Schutz finden.

– Der Freiraum im Auslauf und im Stall muss sogroß sein, dass ein rangniedriges Tier einemranghöheren Tier ohne Probleme ausweichenkann.

– In den einzelnen Funktionsbereichen (Liegebe-reich/Fressbereich/Zugang zum Auslauf) dürfenkeine Sackgassen entstehen. Zwei Pferde müssenohne Probleme aneinander vorbeilaufen können.

– Die Gruppen dürfen nicht zu groß sein. Wirempfehlen nicht mehr als zehn Pferde zusam-menzuhalten. „Großherdenhaltung“ kann auchStress für die Pferde bedeuten, gerade für dierangniedrigen Pferde einer Gruppe. GrößereGruppen sollte man nur auf einem sehr weit-läufigen Areal (auf der Weide) zusammenhal-ten, so dass die Pferde die Möglichkeit haben,kleine Grüppchen zu bilden.

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– In einer Gruppenhaltung sollte die Zusammen-setzung der Gruppe stabil gehalten werden, dadie Eingliederung von neuen Pferden immerwieder zu Unruhe und Rangstreitigkeiten inder Gruppe führt.

– Auch unter Pferden gibt es Individuen, die sichgut verstehen und andere, die sich nicht verste-hen. Daher kann es manchmal nötig werden,ein Pferd aus einer Gruppe herauszunehmen.

– Grundsätzlich sollte man darauf achten, dassdie Altersunterschiede zwischen den Tierennicht zu groß sind, dass nicht unbedingt einsehr altes Pferd mit einem jungen Pferd zu-sammensteht. Während das alte Pferd viel-leicht lieber seine Ruhe haben möchte, fehltdem jungen Pferd der geeignete Partner zumSpielen und Rennen.

– In Gruppenhaltungssystemen ist es ganz be-sonders wichtig, die Pferde und ihr Verhaltengenau zu beobachten. Es kann vorkommen,dass man alte Pferde aus einem Gruppenhal-tungssystem herausnehmen muss, da sie län-gere Fresszeiten und Ausruhphasen haben, indenen sie gerne in Ruhe gelassen werden wol-len. Diese Pferde kann man nachts in Einzelbo-xen unterbringen, während sie tagsüber wei-terhin täglich Auslauf in der Gruppe erhalten.

Im Folgenden sind einige Gruppenhaltungssys-teme kurz beschrieben:

Außengruppenbox mit AuslaufDer Stall ist meist in zwei Funktionsbereiche

unterteilt. Im Inneren befindet sich der eingestreute

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Liegebereich, daran schließt sich der Gruppenaus-lauf an. Heu wird im Inneren oder im Auslauf ange-boten. Zur zusätzlichen Kraftfuttergabe werden diePferde meist kurzzeitig an verschiedenen Stellen imStall angebunden.

Mehrraum-GruppenauslaufhaltungBei einer Mehrraum-Gruppenauslaufhaltung

wird der gesamte Stall in verschiedene Funktions-bereiche aufgeteilt. In einem solchen Stall gibt eseinen Fressbereich, der räumlich vom Liegebereichund vom Auslauf getrennt ist. Damit den Pferdenzusätzlich Bewegungsanreize geboten werden, wirdin solchen Stallsystemen die Tränke oftmals im Aus-lauf – weit entfernt vom Fressbereich – angebracht.

Ganzjährige Weidehaltung mit SchutzhütteOhne Frage ist die Weidehaltung die natür-

lichste Form der Pferdehaltung. Die Pferde ernähren

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Die Weidehaltung mit einem Offenstall, in dem die Tiere Schutz vor derWitterung suchen können, ist die natürlichste Haltungsform für Pferde.

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sich in den Sommermonaten ausschließlich von derWeide, im Winter muss zugefüttert werden. DenPferden muss eine dreiseitig geschlossene Schutz-hütte zur Verfügung stehen, in die sich die Tiere zu-rückziehen können. Damit eine Weidehaltung tier-gerecht ist, müssen die Weiden regelmäßig gepflegtund abgemistet werden, da sonst die Gefahr großist, dass sich die Pferde mit Wurmeiern infizieren(näheres in Kapitel 5.1.).

3.3 Tiergerechte Zwischenlösungen

In älteren Ställen befinden sich häufig dieunter 3.1 beschriebenen Boxenhaltungssysteme.In den meisten Fällen ist es aber nicht möglich,einen bestehenden Stall so umzubauen, dass auseinem Boxenstall ein pferdegerechter Gruppen-laufstall wird.

Lässt man nun die Pferde täglich für mehrereStunden auf die Weide, wird aus der unter 3.1 be-schriebenen schlechten Haltungsform ein tierge-rechtes System. Es muss natürlich sichergestelltsein, dass alle Pferde tatsächlich täglich – sommerswie winters – einen mehrstündigen freien Auslaufin der Gruppe erhalten. Die zeitweise Boxenhaltungkann auch von Vorteil sein, wenn man sehr unter-schiedliche Pferderassen zusammenhält. Währendein Teil der Pferde einen ganztägigen Weidegangohne Probleme verträgt, würde so manches Ponybei ganztägiger Weidehaltung zu fett oder liefeGefahr, an Hufrehe (näheres in Kapitel 8) zu er-kranken.

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4 Sonderfall Hengsthaltung?

Der Einfachheit halber werden Hengste oft-mals ausschließlich in Einzelboxen gehalten ohneMöglichkeiten zum Koppelgang mit Artgenossen.

Tatsächlich ist es beim Hengst nicht so einfach,geeignete Sozialpartner unter den Artgenossen zufinden, da ja Stuten in der Regel von vornherein aus-scheiden. Die Gruppenhaltung mit einem anderenHengst ist nahezu ausgeschlossen, da es zwischenden beiden Hengsten früher oder später zu heftigenKämpfen kommt. Die Haltung eines Hengstes zusam-men mit einem Wallach ist dagegen häufig möglich,v.a. dann, wenn Hengste bereits während ihrer Auf-zucht an die Gruppenhaltung gewöhnt wurden. Vonelementarer Wichtigkeit ist natürlich, dass die Tierelangsam aneinander gewöhnt und in der Eingewöh-nungsphase sehr genau beobachtet werden.

Es gibt allerdings auch Hengste, die selbst in ei-nem Wallach einen Konkurrenten sehen und ihn heftigattackieren. Findet man keinen geeigneten Partner füreinen Hengst, sollte man ihm zumindest über den Zaunhinweg Kontakt zu den Artgenossen gewähren. In derEinzelhaltung empfiehlt sich die Aufstallung in einerAußenbox mit Paddock und anschließender Weide.

Bei besonders unverträglichen Hengsten hatsich bewährt, den jeweils benachbarten Paddockbzw. die angrenzende Weide frei zu halten.

Für Hengste, die nicht zur Zucht eingesetztwerden und nicht in eine artgerechte Haltung inte-

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griert werden können, sollte aus Tierschutzgründenauch die Kastration in Erwägung gezogen werden.

5 Der Auslauf

Zu jeder artgerechten Pferdehaltung gehörtein täglicher mehrstündiger Auslauf in der Gruppe!

5.1 Die Weide als Auslauf

Der ideale Auslauf ist die Weide. Sie sichert ei-nen Großteil des Nahrungsangebots. Außerdem wirktdie Grasnarbe dämmend auf die Gelenke und gibtden Tieren Halt.

Besonders geeignet sind höher gelegene, was-serdurchlässige Flächen wie sie u.a. auf Kalklößbödenoder Muschelkalkverwitterungslagen vorkommen.Auf staunassen Böden im periodischen Überflu-tungsbereich von Flussauen siedeln nährstoffarme,als Pferdenahrung weniger gut geeignete Pflanzen.Vermehrt wachsen hier auch Giftpflanzen wie derHahnenfuß oder der Schachtelhalm.

Ein ausgewachsenes Pferd von 500 kg benötigtwährend der Vegetationszeit je nach Qualität desPflanzenbewuchses eine Weidefläche zwischen0,25 ha und 0,50 ha: Ein gemischter Pflanzenbe-stand wird von den Pferden am intensivsten ge-nutzt. Hierbei werden vor allen Dingen die halmrei-chen Gräser bevorzugt.

Bei dauernder Nutzung tritt Überweidung desPflanzenbestandes ein. Als Nachfolgepflanzen tre-

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ten hierbei vermehrt der Löwenzahn, der Weißklee,das Gänseblümchen und der Wegerich auf. In die-sem Falle ist nach dem Umbrechen der Weide eineNeuansaat zu empfehlen.

Pflegemaßnahme für die Weide sind:— Abschleppen und Walzen der Weiden vor dem

Wachstum in Frühjahr— Wechsel von Schonung und Nutzung von Wei-

deflächen zur Pflege der Grasnarbe und ausGründen der Weidehygiene

— Nachmähen von nicht gefressenen Pflanzen— oftmaliges Absammeln des Pferdemists: Dies

verhindert die Durchwurmung der Weide mitMagen-Darmwürmern.

5.2 Der Auslauf mit Sandaufschüttung

Auch bei ausreichend großer Weidefläche wirdman diese zur Schonung der Grasnarbe zeitweise sper-ren müssen. Als Ausweichmöglichkeit bietet sich indiesem Falle der sandaufgeschüttete Auslauf an. Beizwei bis drei Pferden empfehlen wir eine Fläche von 20x 40 m. Die Bodenausführung des Auslaufs richtet sichnach der Qualität des gewachsenen Untergrundes:

– Bei durchlässigen Böden, unter anderem Sand-,Kies- oder Schotterböden, empfiehlt sich nachAbtragung des Mutterbodens eine 20 cm hoheSandaufschüttung als Tretschicht. Diese liegtauf einem wasserdurchlässigen Vlies aus Kunst-stoff-Fasern auf.

– Bei undurchlässigen Lehm- oder Tonbödenmüssen zur Ableitung der Niederschläge um-

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mantelte Drainagerohre verlegt werden. Diesebefinden sich unmittelbar unter dem wasser-durchlässigen Kunststoff-Vlies und der darü-ber liegenden Sandschicht.

– Auf eine gleichmäßig verteilte Sandauflage derTretschicht muss geachtet werden. Sonst be-steht die Gefahr, dass die trennende Vlies-Schicht durch die Hufe zerstört wird.

– Aus Hygienegründen muss der Pferdekot regel-mäßig abgesammelt werden.

5.3 Die Einzäunung

Zum Schutze der Pferde muss die Einzäunung derWeide oder des Auslaufs folgenden Kriterien genügen:– Verletzungssicherheit– Ausbruchsicherheit– Stabilität.

Bewährt hat sich der Holzzaun aus drei waage-recht liegenden stabilen Stangen. Der Holzzaun iststabil und für die Pferde gut sichtbar. Ratsam ist dieVerwendung von kesseldruckimprägnierten Hölzern,da nicht imprägnierte Hölzer sehr schnell faulen.

Eine preisgünstigere Lösung ist die Umzäunungder Weide mit Elekrobreitbändern. Die Verwendung vonblankem Elektrodraht – wie sie oft als Einzäunung vonRinderweiden dient – ist absolut ungeeignet, da diedünnen Drähte von Pferden übersehen werden können.

Die Weideecken müssen grundsätzlich abgerun-det sein; die Weidetore sollen niemals in die Eckengesetzt werden.

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Stacheldraht, blanker Elektrodraht undKnotengitter sind wegen erhöhter Verletzungs-gefahr grundsätzlich ungeeignet.

6 Weitere Informationen rund umdie Pferdehaltung

6.1 Der Liegebereich

Nur ein trockener Untergrund des Ruhebe-reichs garantiert Behaglichkeit für die Tiere. In derGruppenhaltung muss der Liegebereich gegenüberdem Fressbereich und dem Außenniveau um 10 bis20 cm erhöht liegen und je nach Bodenbeschaffen-heit und Jahreszeit mit Einstreu versehen sein. Die-se muss jedoch in kurzen Abständen erneuert wer-den, denn auf einer nassen Strohmatratze liegen diePferde weniger lang. Interessant ist, dass manselbst bei großzügiger Verwendung von Einstreu inGruppenhaltungssystemen deutlich weniger Ein-streu benötigt als bei Boxenhaltung.

Bei der Pferdegruppenhaltung treten innerhalbdes Liegebereichs vermehrt soziale Auseinanderset-zungen auf. Bauliche Maßnahmen können jedochdie Intensität der Auseinandersetzungen vermin-dern:– Der notwendige lndividualabstand zwischen

den Tieren muss garantiert sein. Bei Pferdenmittlerer Größe sind etwa 9 m2/ Liegefläche jePferd ausreichend.

– An der Öffnungsseite des Liegebereichs müssensich zwei Zu- bzw. Ausgänge befinden oder dieÖffnung muss so breit sein, dass mindestens

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zwei Pferde ohne Probleme den Eingang passie-ren können. Somit kann der Eingang zum Ruhe-bereich von keinem ranghöheren Pferd blockiertwerden. Zum anderen wird verhindert, dass beiAuseinandersetzungen innerhalb des Liegebe-reichs ein Pferd in die Ecken abgedrängt wird,da Fluchtraum zu einem Ausgang hin existiert.

6.2 Der Fressbereich

In der Gruppenhaltung kommt es beim ge-meinsamen Aufnehmen von Raufutter nur selten zusozialen Auseinandersetzungen. Wird jedoch Kraft-futter verabreicht, muss auf Futterneidreaktionengeachtet werden. Kraftfutter muss an jedes Tiereinzeln verabreicht werden.

6.3 Die Wasserversorgung

Den Tieren sollte ständig frisches Wasser zurVerfügung stehen. Ausreichendes Tränken des Pfer-des ist ebenso wichtig wie das Füttern. Der durch-schnittliche Wasserbedarf eines Pferdes beträgt 30-50 Liter pro Tag.

Gerade für die Weidehaltung eignen sich gro-ße Behältnisse, in denen das Wasser ein bis drei Ta-ge vorhält. Die Pferde können über die Bedienungeines Hebels selbst Wasser abrufen (Selbsttränken).

Problematisch ist die Versorgung im Winter, beiTemperaturen unter dem Gefrierpunkt, aufgrund derGefahr, dass die Tränken zufrieren. Sind keine frostsi-cheren Selbsttränken vorhanden, muss man auf Ei-

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mertränkung umstellen. Bei großen Behältnissen ver-hindert man durch täglich zwei- bis dreimaliges Zu-gießen von heißem Wasser, dass das Wasser einfriert.

7 Ernährung der Pferde

Pferde sind Dauerfresser. Eine kontinuierlicheVerabreichung von kleinen Futterrationen ent-spricht einer pferdegerechten Fütterung.

Grundsätzlich ist bei der Ernährung Folgendeszu beachten:– Die Futterration ist abhängig vom Körperge-

wicht, dem Ernährungszustand und der Rasse desPferdes sowie von den Leistungsanforderungen,die an das Tier gestellt werden. Die Futtermengedarf weder zu knapp noch zu üppig bemessensein. Die Ernährung muss ausgewogen sein.

– Die Verträglichkeit und Verdaulichkeit einerFutterration ist u.a. abhängig von einer starkenKautätigkeit und langen Kauzeit: Ein gleichzei-tiger Abrieb der Backenzähne, ein verstärkterSpeichelfluss und eine erhöhte Magensaftpro-duktion sind die Folge.

– Während der Fütterung muss dem Pferd Ruhegewährt werden.

– Der Pferdemagen muss geschützt werden: – vor zu großen Kraftfuttergaben pro Mahlzeit– vor stark verkeimtem Futter: verdorben,

verschimmelt, muffig riechend, blähend.

Die langen Fasern von Heu und Stroh regen dieKautätigkeit, den Speichelfluss und die Magensaft-produktion an.

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– Heu ist ein grundlegendes Futtermittel, besitztjedoch einen geringen Mineral- und Vitamin-gehalt.

– Stroh findet Verwendung im Austausch mit Heu;jedoch muss beim Austausch die Heugrundlagemindestens 3 kg/Tag betragen; auch bei Stroh istder Nährstoff- und Mineralgehalt gering.

Alle Getreidearten (Kraftfutter) weisen einenhohen Phosphorüberschuss auf, sie besitzen jedocheinen zu geringen Anteil an Calzium und Natrium;erforderlich ist deshalb die zusätzliche Verabrei-chung eines Mineralfutters oder eines entsprechendmineralisierten Ergänzungsfutters.

Saftfuttermittel (Weidegras, geschnittenesGrünfutter, Möhren, Rüben etc.)– Weide und Grünfutter: hoher Eiweißanteil in

früher Wachstumsphase der Gräser!– Klee und Luzerne: besitzen einen höheren Ei-

weißgehalt als Gras.– Rüben: bieten geschmackliche Abwechslung,

sind jedoch nährstoff- und ballaststoffarm.Deshalb sollten bei regelmäßiger Fütterungnicht mehr als 3 kg/Tag verfüttert werden.

– Möhren: zur Ergänzung des Provitamins Karo-tin.

Mischfutter (mineralische und sonstige Ergänzungsfutter sowie Alleinfutter)– Bei Verabreichung von Alleinfuttermitteln: un-

bedingt Ergänzung durch Raufuttermittel!– Bei Pelletfütterung: zusätzlich 2,5 kg Raufut-

ter je 500 kg Lebendgewicht.

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8 Einige Krankheiten und Verhaltens-störungen als mögliche Folgen vonHaltungs- und Fütterungsfehler

8.1 Verhaltensstörungen

Verhaltensstörungen sind immer Anzeichen ei-ner Überforderung der Anpassungsfähigkeit einesLebewesens an seine Umwelt. Bei Pferden entstehenVerhaltensstörungen meist als Folge einer nichtpferdegerechten Haltung (Boxenhaltung ohne Frei-lauf), nicht pferdegerechter Fütterung (zu wenigRohfaser) sowie eines nicht angemessenen Um-gangs des Menschen mit seinen Pferden (z.B. grobeBehandlung, fehlendes Vertrauen des Pferdes zu sei-nem Betreuer, Überforderung eines jungen Pferdes).

Einige Verhaltensstörungen, die beim Pferdauftreten können, sind:

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Verhaltens-auffällig-keit

Symptom

Koppen(Aufsetz-koppen/Luft-koppen)

Der Aufsetzkopper setzt seine oberenSchneidezähne auf einen festen Ge-genstand, der Luftkopper bewegt sei-nen Kopf zur Brust und von dort ausruckartig nach vorne. In beiden Fäl-len erfolgt das Zusammenziehen derunteren Halsmuskulatur. Durch dasEinziehen von Luft über den Schließ-muskel am Kehlkopf in die Speise-röhre entsteht der typische – anRülpsen erinnernde – Kopperton.

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8.2 Häufige Pferdekrankheiten

AtemwegsproblemeBei der akuten Bronchitis handelt es sich um

eine Entzündung der Bronchien. Ausgelöst wird sie

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Weben Beim Weben pendelt das Pferd mitKopf- und Halspartie rhythmischhin und her, wobei das Gewicht voneinem Vorderbein auf das andereverlagert wird.

Selbst-traumati-sierung

Die Pferde beißen sich selbst in dieFlanke oder in die Brust, bei Hengs-ten kommt dies häufiger vor.

Schlagenan dieWände

Die Pferde schlagen wiederholt undgleichförmig mit den Vorderglied-maßen oder den Sprunggelenken andie Boxenwände.

Koppendes Pferd

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häufig durch Staub. Einem sehr hohen Staubgehaltsind Pferde ausgesetzt, die den ganzen Tag in In-nenboxen gehalten werden. Bei einer akuten Bron-chitis zeigen die Pferde Nasenausfluss und Husten.Die akute Bronchitis muss unbedingt durch denTierarzt behandelt werden, da ansonsten die Gefahrsehr groß ist, dass die vorhandene Entzündung zueiner starken Schwellung der Bronchien führt undeine schwere Atemnot hervorruft. Werden die Ursa-chen der Erkrankung nicht abgestellt, ist der Über-gang zur chronischen Form (korrekt: chronisch ob-struktive Bronchitis, COB) vorprogrammiert. Bei derCOB werden die Lungenbläschen fortschreitend ge-schädigt, die Selbstreinigungsfähigkeit der Atem-wege ist beeinträchtigt. An COB leidende Pferdezeigen ständige Atemnot. Ihre Leistungsfähigkeitund ihr Allgemeinbefinden sind stark beeinträch-tigt. Aus der chronischen Form entwickelt sich nichtselten die Dämpfigkeit, bei der die Lungenbläschenirreversibel geschädigt sind. Die Pferde leiden angroßer Atemnot. Die Bauchmuskulatur muss stän-dig angespannt sein, um die Luft wieder aus derLunge herauszupumpen (Asthma), wodurch sichentlang des Rippenbogens eine sichtbare Vertiefungausbildet, die als Dampfrinne bezeichnet wird. Die-se Dampfrinne ist ein Zeichen einer unheilbarenDämpfigkeit.

ZahnproblemeEin sehr häufiges Zahnproblem sind Haken auf

den Backenzähnen. Das Pferdegebiss ist zum Mah-len von harten Steppengräsern entwickelt. Begüns-tigt durch die Verfütterung von viel Kraftfutter undzu wenig strukturiertem Heu werden die Zähne

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nicht richtig abgenutzt. Die Folge sind herausste-hende scharfe Kanten an der Oberkieferaußenseiteund an der Unterkieferinnenseite, die schmerzhafteVerletzungen an der Zunge und an der Maul-schleimhaut hervorrufen können. Anzeichen für Ha-ken sind eine gestörte Futteraufnahme, unverdauteNahrung im Kot. Beim Reiten werfen diese Pferdehäufig den Kopf in den Nacken. In einem solchenFall muss der Tierarzt gerufen werden, der die Ha-ken abraspelt.

Kolik Unter Kolik versteht man heftige, krampfarti-

ge Bauchschmerzen des Pferdes. Häufig wird eineKolik durch Fütterungsfehler (z.B. frisches Brot,blähende Futtermittel, zu viel Futter auf einmal)ausgelöst. Die wichtigsten Symptome sind: Schar-ren mit Vorderhufen, verstärkte Atmung, Fressun-lust, Kreisgehen, Schwitzen, unruhiges Hinlegenund Aufstehen, Wälzen, wiederholter Blick Rich-tung Flanke, Schlagen mit den Hinterhufen inRichtung Bauch.

Bei Verdacht auf Kolik muss umgehend derTierarzt gerufen werden. Wenn es geht, sollte dasPferd bis zum Eintreffen des Tierarztes langsam ge-führt werden. Auf keinen Fall darf dem Pferd Futter(das es in den meisten Fällen sowieso verweigernwürde) angeboten werden.

HufreheDie Hufrehe ist die Folge der Unterbrechung

des Blutflusses zur Huflederhaut. Hufrehe (Futter-rehe) tritt meist im Frühling nach einer Aufnahme

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von Weidegras in ungewohnten Mengen oder beiübermäßiger Aufnahme von Getreide auf. Auchplötzliche große Mengen von kaltem Wasser kön-nen einen Reheschub auslösen, genau wie die Auf-nahme von z.B. verschimmeltem Brot oder von Gift-pflanzen.

In der Veterinärmedizin geht man nicht mehrdavon aus, dass es sich um eine reine Eiweißver-giftung handelt. Vielmehr scheint die Aufnahmevon großen Mengen an Kohlenhydraten (Frukta-ne) bzw. rohfaserarmem Gras auf Weiden zu Hu-frehe zu führen. Da in vielen Weidegräsern nebendem hohen Eiweißgehalt auch ein hoher Kohlen-hydratgehalt vorliegt, ist nach wie vor die wich-tigste prophylaktische Maßnahme im Frühling ei-ne langsame Gewöhnung der Pferde an diesesFutter.

Von der – sehr schmerzhaften – Hufrehe sinddie Vorderbeine häufiger betroffen als die Hinter-beine. Das Pferd bewegt sich aufgrund der starkenSchmerzen nur zögerlich und zeigt eine schwereLahmheit. Die Gliedmaßen fühlen sich häufig heißan. Man kann beobachten, dass Pferde die unter ei-nem akuten Reheschub an den Vorderbeinen leiden,die Vorderbeine ausstrecken, um den Druck von denZehen zu nehmen. Die Hinterbeine sind gleichzeitignach außen gerichtet, um mehr Gewicht zu tragen.Tritt die Hufrehe in ein chronisches Stadium übererkennt man dies vor allem an den Ringen an derHufwand, die von der Wandfläche zum Hufknorpelbreiter werden.

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Bei einer akuten Hufrehe muss sofort derTierarzt konsultiert werden. Je früher die Behand-lung erfolgt, desto besser sind die Chancen aufHeilung. Bis der Tierarzt eintrifft, sollte der Halterdie Hufe des betreffenden Pferdes mit kaltemWasser kühlen.

9 Empfehlenswerte weiterführendeLiteratur

– Renate Ettl (1998), „Pferde naturgemäß und artge-recht halten – Nutzungsorientierte Pferdehaltung,Weidewirtschaft, Praxistipps“, BL Verlag, München,Wien, Zürich.

– Helmut Meyer (2002), „Pferdefütterung“, BlackwellWissenschafts-Verlag Berlin, Wien.

– Pat Parelli (1995), „Natural Horse-Man-Ship“, Kier-dorf-Verlag, Wipperfürth.

– Margit H. Zeitler-Feicht (2001), „Handbuch Pferde-verhalten – Ursache, Therapie und Prophylaxe vonProblemverhalten“, Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart(Hohenheim).

Fotoquellennachweis:alle Fotos: Deutscher Tierschutzbund

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Der Deutsche Tierschutzbund bietet eine große AnzahlInformationsbroschüren an, unter anderem:

• Seit 1881 Kampf für dieWehrlosen (Der DeutscheTierschutzbund)

• Akademie für Tierschutz

• Das Deutsche Haustier-register®

• Verbraucher haben dieMacht*

• Welches Tier passt zu mir?

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• Die Haltung von Katzen

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Kosmetik*• Forschung ohne

Tierversuche*• Stoppt Gentechnik

an Tieren• Die Haltung von

Legehennen*• Schweine –

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der Vögel• Pelztragen –

Gewissensfrage• Tierschutz im Ausland• Stierkampf• Die Jagd• Reisen, um zu töten.

Deutsche Jäger im Ausland

• Wie kann ich Tieren helfen? Ratgeber zurAbfassung einesTestamentes (kostenlos)

Wir schicken Ihnen einzelne Broschüren gerne kostenlos zu,wenn Sie pro Exemplar einen mit EUR 1,00 (mit * verseheneBroschüren EUR 1,44) frankierten und mit Ihrer Anschriftversehenen Rückumschlag (langes Format) an folgendeAdresse senden: Deutscher Tierschutzbund, Baumschulallee15, 53115 Bonn. Für umfangreichere Bestellungen könnenSie unsere Bestellliste anfordern. Ein Anruf genügt: Tel.:0228/60 49 60, Fax: 0228/60 49 640. Oder senden Sie eineE-Mail: [email protected]. Sie finden die Bestelllisteauch im Internet: www.tierschutzbund.de

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Der Deutsche Tierschutzbund e.V. dient demSchutz der gesamten Tierwelt. Er setzt sich für die Er-haltung der Natur und damit für den Artenschutz ein.Der Naturschutz ist vom Tierschutz nicht zu trennen.

Neben vielen anderen verfolgt der Deutsche Tier-schutzbund folgende Ziele und Aufgaben:1. Pflege und Förderung des Tier- und Naturschutzge-

dankens.2. Weiterentwicklung des deutschen und europäischen

Tier- und Naturschutzrechtes.3. Alle Tiere, Haustiere wie freilebende, vor Grausamkeit

zu schützen.4. Haustieren eine gute Pflege und Unterkunft zu er-

möglichen.5. Die kostenlose Registrierung Ihres Tieres im Deut-

schen Haustierregister®, um es vor Diebstahl zuschützen und zu Ihnen zurückzubringen, falls Ihr Tiergefunden wird.

6. Die tierquälerische Massentierhaltung der sogenann-ten Nutztiere zu verbieten (keine Käfighaltung vonHennen in Legebatterien, keine Kälbermast in Kisten-verschlägen, keine Anbindehaltung von Schweinen).

7. Abschaffung von Tierversuchen. Ersatz von Tierversu-chen durch Forschung an schmerzunempfindlicherMaterie.

8. Qualvolle Tiertransporte zu Lande, zu Wasser und inder Luft zu verhindern und den Transport vonSchlachttieren auf den kürzesten Weg vom Her-kunftsort zum Schlachthof zu beschränken.

9. Schlachtung aller Tiere ausnahmslos unter ausrei-chender Betäubung.

10. Keine Überforderung von Tieren bei Sport und Dressu-ren. Kein Missbrauch von Tieren bei Schaustellungen.

11. Kampf gegen Vogelmord und Artenvernichtung allerArt.

12. Kampf auch gegen Tiermisshandlungen in anderenLändern (Stierkampf, Robbenschlagen, Hahnenkämp-fe, Hundeschlächterei).

13. Erziehung in Schule, Elternhaus und Kirche zur Hu-manität allen Geschöpfen gegenüber.

14. Verbreitung des Tierschutzgedankens in Wort, Schriftund Bild.

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TIERSCHUTZ MIT HERZ UND VERSTAND

Bitte helfen Sie uns, den Tieren zu helfen!

Fachlich fundierter Tierschutz, wie der DeutscheTierschutzbund ihn betreibt, kostet viel Geld.

Um unsere Arbeit zum Wohl der Tiere fortführenzu können, sind wir und unsere Mitgliedsvereineauf die Unterstützung der Bevölkerung ange-wiesen.

Nur ein mitgliederstarker Verband findet in derPolitik Gehör.

Daher:

• Helfen Sie uns, aufzuklären. UnterstützenSie zum Beispiel unsere Kampagnen. Wirinformieren Sie gerne darüber, welche zurZeit aktuell sind.

• Werden Sie Mitglied des Deutschen Tier-schutzbundes.

• Helfen Sie uns bitte auch durch Spenden.

• Und: Gewinnen Sie weitere Mitstreiter fürden Tierschutz. Informationen und An-tragsformulare senden wir Ihnen gerne zu.

Rufen Sie uns an.

Unsere Anschrift, Telefon-, Faxnummer und dasSpendenkonto finden Sie auf der Rückseite die-ser Broschüre.

Übrigens: Spenden und Mitgliedsbeiträge kön-nen Sie von der Steuer absetzen.

Wir vermitteln Ihnen gerne auch den Kontaktzu einem Tierschutzverein in Ihrer Nähe.

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Der Deutsche Tierschutzbund e.V. unterhält zurErfüllung seiner Aufgaben und Zielsetzungen u.a.eine Akademie für Tierschutz.

Unterstützen Sie den Tierschutz, indem Sie Mitgliedim örtlichen Tierschutzverein und im DeutschenTierschutzbund werden!

Überreicht durch:

DEUTSCHER TIERSCHUTZBUND E.V.Baumschulallee 1553115 BonnTel.: 0228/60 496-0 · Fax: 0228/60 496-40

Deutsches Haustierregister®Service-Telefon: 01805/23 14 14 (Euro 0,12 pro Min.)

E-mail: [email protected]: www.tierschutzbund.de

Sparkasse BonnBLZ 380 500 00Konto Nr. 40 444

Spenden sind steuerlich absetzbar – Gemeinnützigkeit anerkannt

Verbreitung in vollständiger Originalfassung erwünscht. Nachdruck – auch auszugsweise – ohne Genehmigung des DeutschenTierschutzbundes nicht gestattet.