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4. Informationsbörse Schizophrenie am 10.11.2006 WiSo-Fakultät Lange Gasse 20 90403 Nürnberg Verein zur Förderung der Ziele im Kompetenznetz Schizophrenie gefördert vom 4. INFORMATIONSBÖRSE SCHIZOPHRENIE 4. INFORMATIONSBÖRSE SCHIZOPHRENIE Mit Medikamenten individuell behandeln Mit Medikamenten individuell behandeln Prof. Dr. Johannes Kornhuber Prof. Dr. Johannes Kornhuber Einführung Als Neuroleptikum bezeichnet man ein Medikament, das als psychotrope Substanz eine antipsychotische, sedierende und psycho- motorische Wirkung besitzt und vor allem zur Behandlung von Psychosen eingesetzt wird. Das erste Medikament aus der Gruppe der Neuroleptika war Chlorpromazin. Schon früh wurde dieses Medikament in Deutschland durch Flügel und Bente in Erlangen eingesetzt. 1953 veröffentlichte Flügel die erste deutsch Publikation zum Thema Neuroleptika Mit Einführung der Neuroleptika Anfang der fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts sank der Anteil an stationär behandelten Patienten mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis dramatisch. Die Schizophrenien Unter dem Oberbegriff „Schizophrenie“ wird eine Gruppe von Erkrankungen zusammengefasst, die in Abhängigkeit von Diagnosesystemen unterschiedlich eingeteilt werden. Die Erkrankungen verlaufen phasenhaft bis primär chronisch und sind gekennzeichnet durch Störungen von Denken, Wahrnehmung, Antrieb, Affekt, Motorik. Das Bewusstsein und die intellektuellen Fähigkeiten der Erkrankten sind in der Regel nicht beeinträchtig. Schätzungsweise 1% der Bevölkerung ist von schizophrenen Erkrankungen betroffen. Die Erkrankung beginnt typischerweise im frühen Erwachsenenalter. Pharmakotherapie bei Schizophrenie Die pharmakologische Therapie bei Schizophrenie wird überwiegend mit Neuroleptika durchgeführt. Aber auch Benzodiazepine, Antidepressiva, Lithium, Antiepileptika und Antiparkinsonsubstanzen werden eingesetzt. Die neuroleptische Wirkung geht häufig mit extrapyramidalmotorischer Begleitwirkung einher. Atypische Neuroleptika haben nur geringe oder keine extrapyramidalen Begleitwirkungen, ein Beispiel hierfür ist Clozapin. Bei der Wahl eines Neuroleptikums ist die individuelle Erfahrung des Patienten zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch etwaige frühere therapeutische Effekte eines Neuroleptikums und die individuelle Empfindlichkeit gegen Begleitwirkungen. Das Nebenwirkungsprofil eines Neuroleptikums ist ebenfalls von Bedeutung. So sind z.B. bei Angst, Unruhe und Schlafstörungen eher bzw. zusätzlich sedierende Neuroleptika indiziert. Zusammenfassung Zur akuten und prophylaktischen Therapie schizophrener Erkrankungen werden hauptsächlich Neuroleptika eingesetzt. Seit diese Medikamentengattung vor über 40 Jahren entdeckt wurde, hat sich das Schicksal der an Schizophrenie erkrankten Patienten wesentlich gebessert. Hierdurch ergaben sich nicht zuletzt auch bessere Möglichkeiten für die sozio- und psychotherapeutische Begleitung der Patienten. Patientenzahlen nach Einführung der Neuroleptika Fritz Flügel (Gründungsmitglied CINP 1957) Dieter Bente (Gründung AGNP 1958) Behandlungsdauer und Dosierung Günstige Behandlungseffekte können zumeist schon innerhalb der ersten 1–2 Tage nach Beginn der Neuroleptikatherapie erzielt werden der volle therapeutische Effekt tritt meist erst nach Wochen bis Monaten ein. Bei mangelnder Wirkung kann ein Umsetzen des Neuroleptikums bei nach 4–6 Wochen erfolgen. In kontrollierten Studien wurden keine zusätzlichen therapeutischen Effekte bei Dosen über 10–20 mg/Tag Haloperidol oder Fluphenazin gefunden. Bei höheren Dosen erhöht sich auch die Rate unerwünschter Begleitwirkungen. Erst nach stabiler Remission wird die Dosis langsam reduziert. Dies geschieht in kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum hinweg. Hogarty et al. Hogarty et al. 1974 1974 Vorgehen bei Therapieresistenz Falls sich nach jeweils etwa 6wöchiger Therapie mit Neuroleptika aus jeweils zwei verschiedenen Substanzklassen in Standarddosierung kein ausreichender Therapieerfolg einstellt, spricht man von Therapieresistenz. Diese tritt etwa bei 10–30% der Patienten auf, ist jedoch deutlich abhängig von der primären Symptomatik. Vorgehensweisen bei Therapieresistenz umfassen Maßnahmen wie Überprüfung der Compliance, Bestimmung des Serumspiegels, Überprüfung der Diagnose sowie eventuelle eine Dosisanpassung. Darüber hinaus ist die Gabe von Clozapin oder eine Kombinationsbehandlung (Benzodiazepine, Antidepressiva, Antiepileptika, Lithium) möglich. Rezidivprophylaxe Die Bedeutung der Neuroleptika zeigt sich deutlich im Bereich der Rezidivprophylaxe, also bei der Vorbeugung von Rückfällen. Eine wirksame psychosoziale Therapie ist erst in Kombination mit der Gabe von Neuroleptika möglich. Placebo Placebo + psychosoziale Therapie NL NL+ psychosoziale Therapie Rezidivprophylaxe: Wirksamkeit psychosozialer Therapie in Kombination mit Neuroleptikum (NL) Die Kombination von NL und psychosozialer Therapie führt langfristig zum deutlichsten Rückgang der kumulativen Rückfallrate.

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Page 1: 4. INFORMATIONSBÖRSE  SCHIZOPHRENIE   Mit Medikamenten individuell behandeln

4. Informationsbörse Schizophrenie

am 10.11.2006 WiSo-Fakultät

Lange Gasse 2090403 Nürnberg

Verein zur Förderung der Ziele im Kompetenznetz Schizophrenie

gefördert vom

4. INFORMATIONSBÖRSE SCHIZOPHRENIE4. INFORMATIONSBÖRSE SCHIZOPHRENIE

Mit Medikamenten individuell behandelnMit Medikamenten individuell behandeln

Prof. Dr. Johannes KornhuberProf. Dr. Johannes Kornhuber

EinführungAls Neuroleptikum bezeichnet man ein Medikament, das als psychotrope Substanz eine antipsychotische, sedierende und psycho-motorische Wirkung besitzt und vor allem zur Behandlung von Psychosen eingesetzt wird. Das erste Medikament aus der Gruppe der Neuroleptika war Chlorpromazin. Schon früh wurde dieses Medikament in Deutschland durch Flügel und Bente in Erlangen eingesetzt. 1953 veröffentlichte Flügel die erste deutsch Publikation zum Thema Neuroleptika

Mit Einführung der Neuroleptika Anfang der fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts sank der Anteil an stationär behandelten Patienten mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis dramatisch.

Die Schizophrenien

Unter dem Oberbegriff „Schizophrenie“ wird eine Gruppe von Erkrankungen zusammengefasst, die in Abhängigkeit von Diagnosesystemen unterschiedlich eingeteilt werden. Die Erkrankungen verlaufen phasenhaft bis primär chronisch und sind gekennzeichnet durch Störungen von Denken, Wahrnehmung, Antrieb, Affekt, Motorik. Das Bewusstsein und die intellektuellen Fähigkeiten der Erkrankten sind in der Regel nicht beeinträchtig. Schätzungsweise 1% der Bevölkerung ist von schizophrenen Erkrankungen betroffen. Die Erkrankung beginnt typischerweise im frühen Erwachsenenalter.

Pharmakotherapie bei Schizophrenie

Die pharmakologische Therapie bei Schizophrenie wird überwiegend mit Neuroleptika durchgeführt. Aber auch Benzodiazepine, Antidepressiva, Lithium, Antiepileptika und Antiparkinsonsubstanzen werden eingesetzt. Die neuroleptische Wirkung geht häufig mit extrapyramidalmotorischer Begleitwirkung einher. Atypische Neuroleptika haben nur geringe oder keine extrapyramidalen Begleitwirkungen, ein Beispiel hierfür ist Clozapin.

Bei der Wahl eines Neuroleptikums ist die individuelle Erfahrung des Patienten zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch etwaige frühere therapeutische Effekte eines Neuroleptikums und die individuelle Empfindlichkeit gegen Begleitwirkungen. Das Nebenwirkungsprofil eines Neuroleptikums ist ebenfalls von Bedeutung. So sind z.B. bei Angst, Unruhe und Schlafstörungen eher bzw. zusätzlich sedierende Neuroleptika indiziert.

ZusammenfassungZur akuten und prophylaktischen Therapie schizophrener Erkrankungen werden hauptsächlich Neuroleptika eingesetzt. Seit diese Medikamentengattung vor über 40 Jahren entdeckt wurde, hat sich das Schicksal der an Schizophrenie erkrankten Patienten wesentlich gebessert. Hierdurch ergaben sich nicht zuletzt auch bessere Möglichkeiten für die sozio- und psychotherapeutische Begleitung der Patienten.

Patientenzahlen nach Einführung der Neuroleptika

Fritz Flügel(Gründungsmitglied

CINP 1957)

Dieter Bente(Gründung AGNP

1958)

Behandlungsdauer und DosierungGünstige Behandlungseffekte können zumeist schon innerhalb der ersten 1–2 Tage nach Beginn der Neuroleptikatherapie erzielt werden der volle therapeutische Effekt tritt meist erst nach Wochen bis Monaten ein. Bei mangelnder Wirkung kann ein Umsetzen des Neuroleptikums bei nach 4–6 Wochen erfolgen.

In kontrollierten Studien wurden keine zusätzlichen therapeutischen Effekte bei Dosen über 10–20 mg/Tag Haloperidol oder Fluphenazin gefunden. Bei höheren Dosen erhöht sich auch die Rate unerwünschter Begleitwirkungen. Erst nach stabiler Remission wird die Dosis langsam reduziert. Dies geschieht in kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum hinweg.

Hogarty et al. 1974Hogarty et al. 1974

Vorgehen bei TherapieresistenzFalls sich nach jeweils etwa 6wöchiger Therapie mit Neuroleptika aus jeweils zwei verschiedenen Substanzklassen in Standarddosierung kein ausreichender Therapieerfolg einstellt, spricht man von Therapieresistenz. Diese tritt etwa bei 10–30% der Patienten auf, ist jedoch deutlich abhängig von der primären Symptomatik.

Vorgehensweisen bei Therapieresistenz umfassen Maßnahmen wie Überprüfung der Compliance, Bestimmung des Serumspiegels, Überprüfung der Diagnose sowie eventuelle eine Dosisanpassung. Darüber hinaus ist die Gabe von Clozapin oder eine Kombinationsbehandlung (Benzodiazepine, Antidepressiva, Antiepileptika, Lithium) möglich.

RezidivprophylaxeDie Bedeutung der Neuroleptika zeigt sich deutlich im Bereich der Rezidivprophylaxe, also bei der Vorbeugung von Rückfällen. Eine wirksame psychosoziale Therapie ist erst in Kombination mit der Gabe von Neuroleptika möglich.

Placebo

Placebo + psychosoziale Therapie

NL

NL+ psychosoziale Therapie

Rezidivprophylaxe: Wirksamkeit psychosozialer Therapie in Kombination mit Neuroleptikum (NL)

Die Kombination von NL und psychosozialer Therapie führt langfristig zum deutlichsten Rückgang der kumulativen Rückfallrate.