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SNES CLASSIC MINI 64 ALT! 196 SEITEN DAS MAGAZIN FÜR KLASSISCHE SPIELE ZU GEWINNEN! 1/2018 Dezember 2017, Januar, Februar 2018 Deutschland @ 12,90 Österreich @14,20 Schweiz sfr 25,80 Luxemburg @14,85 FINAL FANTASY Seit 1987 verzaubert uns die Serie: Interview mit Nobuo Uematsu STARCRAFT Vom Warcraft-2-Add-on zum Vorzeige-RTS SEGA SATURN Großer Plattform- Check zur 32-Bit- Konsole 35 JAHRE: AUFSTIEG UND FALL DES BELIEBTESTEN SPIELECOMPUTERS DIE WICHTIGSTEN FIRMEN, SPIELE, EREIGNISSE 188 Retro-Games vorgestellt

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SNESCLASSIC MINI

64

ALT! 196 SEITEN DAS MAGAZIN FÜR KLASSISCHE SPIELE ZU GEWINNEN!

1/2018 Dezember 2017, Januar, Februar 2018

Deutschland @12,90Österreich @ 14,20Schweiz sfr25,80Luxemburg @ 14,85

FINAL FANTASYSeit 1987 verzaubert uns die Serie:Interview mit Nobuo Uematsu

STARCRAFTVom Warcraft-2-Add-onzum Vorzeige-RTS

SEGA SATURNGroßer Plattform- Check zur 32-Bit- Konsole

35 JAHRE: AUFSTIEG UND FALL DES

BELIEBTESTEN SPIELECOMPUTERS

DIE WICHTIGSTEN FIRMEN,

SPIELE, EREIGNISSE

188Retro-Games

vorgestellt

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FREIHEIT IN RPGs NEU DEFINIERT

© 2017 by THQ Nordic & Piranha Bytes. Developed by Piranha Bytes. Produced, Published & Distributed by THQ Nordic GmbH. Piranha Bytes and related logos are registered trademarks or trademarks of Pluto 13 GmbH, Germany in the U.S. and/or other countries. All other brands, product names and logos are trademarks or registered trademarks of their respective owners. All rights reserved. © 2017 Valve Corporation. Steam and the Steam logo are trademarks and/or registered trademarks of Valve Corporation in the U.S. and/or other countries. “2”, “PlayStation” and “Ø” are trademarks or registered trademarks of Sony Computer Entertainment Inc. Microsoft, Xbox One and the Xbox logos are trademarks of The Microsoft Group of companies and are used under license from Microsoft.

JETZT ERHÄLTLICH

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Viele von euch werden dieses Editorial noch im November 2017 lesen, verzeiht uns also bitte die in die Zukunft gedachte Nummerierung der Ausgabe. Bei der Titelgeschichte bin ich sogar froh drum, denn genau genommen treffen die 35 Jahre Commodore 64 aus deutscher Sicht noch gar nicht zu – der 8-Bit-Homecomputer erschien hierzulande erst Anfang 1983. Halbwegs bezahlbar wurde er erst vor ziemlich genau 34 Jahren, also Richtung Weihnachten ’83, und für breite Käuferschichten erschwinglich dann 1984.

Mit dem C64 verbinden mich viele Erinnerungen: Keine andere Anschaffung (vielleicht von meiner ersten Brille abgesehen …) hat mein privates wie berufliches Leben so geprägt. In unse-rer Titelstory behandeln wir das Phänomen Commodore 64 und zeichnen über die Jahre hinweg den Auf- und Abstieg des Brotkastens nach. Und auch einige unserer Autoren haben dieses Mal explizit ein C64-Spiel für ihre Rück-blicke ausgewählt.

Ebenfalls in den 80ern startete ein anderes Phänomen der Spielegeschichte: die Final Fantasy-Serie. Wir widmen dem 30-jährigen Jubiläum der RPG-Reihe viele Seiten und runden sie durch ein ausführliches „Auf dem Sofa“-Interview mit dem berühmten Komponisten Nobuo Uematsu ab. Ebenfalls viele Seiten schenken wir dem Sega Saturn. Obwohl sich Segas letzte erfolgreiche Konsole über 10 Millionen Mal verkaufte, musste sie sich sowohl der PlayStation als auch dem N64 geschlagen geben.

In diesem Retro Gamer decken wir auch sonst ein breites Spek-trum ab, nicht zuletzt zeitlich: Während sicher für den einen oder anderen Leser der 2D-Seitwärtsscroller Scramble oder eine Firma wie Imagic zu alt sind, um damit persönliche Erfahrungen zu verknüpfen, mögen andere die Nase darüber rümpfen, dass wir einen „Jungspund“ wie StarCraft („nur“ 19 Jahre alt) vorstellen. Aber genau diese Bandbreite finden wir spannend: Von den 70ern bis in die 90er Jahre, von Automatenspielen über Konsolen- und Homecomputer-Titel bis zu PC-Games, von westlichen Ballerorgien bis zu fernöst-lichen Rollenspielen.

Etwas zu gewinnen gibt es auch in dieser Ausgabe: Eine der begehrten (und fast überall schon wieder ausverkauften) Classic Mini SNES-Konsolen wartet schon in der Redaktion darauf, Ende Januar an den glücklichen Gewinner unseres Preis-ausschreibens (siehe Retro-Feed) geschickt zu werden. Die 21 darauf enthaltenen SNES-Klassiker stellen wir euch in einem gesonderten Artikel vor.

Ich hoffe, euch macht der aktuelle Retro Gamer genauso viel Spaß, wie er uns bei der Erstellung bereitet hat!

Euer Jörg LangerProjektleitung Retro Gamer

ARCADE | ATARI | COMMODORE | MSX | NEO-GEO | NINTENDO | SCHNEIDER | SEGA | SINCLAIR | SONY

Jörg Langer

Knut Gollert

Mick Schnelle

Winnie Forster

Heinrich Lenhardt

Michael Hengst

Roland Austinat

Anatol Locker

Willkommen beim Retro Gamer 1/2018

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RETRO-REVIVAL014 Bomb Jack Simpel, spaßig, super spielbar074 Gothic Laut Mick Schnelle ein RPG-Meilenstein088 Galaga Winnie Forster über alte Volksfest-Freuden108 Falcon 4.0 Mick Schnelle ist erneut abgehoben146 Breath of Fire Michael Hengst lobt das JRPG164 Gateway Anatol Locker mag Bob Bates’ Adventure

FIRMEN-ARCHIVE & FULL SET016 Imagic In den frühen 80ern war Imagic einer der

besten Publisher. Dann kam der Crash114 Tronix Vor allem für C64 und Atari 8-Bit brachte

Tronix starke Titel wie Suicide Strike120 Full Set: SNES Big Box Die Big-Box-Spiele von Nintendo hatten

riesenhafte Schachteln und viel Inhalt

KLASSIKER-CHECK006 Fire Emblem: Monshou no Nazo Winnie Forster verrät, was Fire Emblem so

einzigartig und langfristig erfolgreich machte048 Super Castlevania IV Beim vierten Serienteil erinnerte vieles an

den ersten Teil, lobt Michael Hengst144 Warcraft 3 Mick Schnelle analysiert, wieso WC3 den

Titel „Bestes RTS aller Zeiten“ verdient

HARDWARE094 Sega Saturn Segas 32-Bit-Konsole hatte viele Stärken,

erschien aber zur falschen Zeit106 Double Dragon Der Arcade-Automat glänzte vor allem bei

der „Story“ und bot einige Überraschungen110 Super Game Boy Diese SNES-Peripherie brachte Game-Boy-

Module in Farbe auf den Fernseher152 PocketStation Am Tamagotchi-Hype wollte auch Sony teil-

haben und erdachte die PocketStation

TITELTHEMA: COMMODORE 64022 Das Brotkasten-Phänomen Jörg Langer über die Erfolgsgründe024 35 Jahre Commodore 64 Wir behandeln den Auf- und Abstieg des

Brotkastens: Spiele, Firmen, Ereignisse032 Blue Max Wieso die C64-Fassung so gut war034 The Dallas Quest Roland Austinat gegen J. R. Ewing036 Solomon’s Key Heinrich Lenhardt hat erneut gepuzzelt

HISTORIE & SCHWERPUNKT058 30 Jahre Final Fantasy Squares Serie hat einen weiten Weg zurück-

gelegt. Wir sind ihn neu gegangen080 Scramble Obwohl es nach Defender kam, war wohl

kein anderer Scroll-Shooter so prägend122 SNES Classic Mini Zur kürzlich erschienenen Minikonsole stel-

len wir alle 21 enthaltenen Spiele vor166 30 Jahre Dizzy Wieso der Briten beliebtester 8-Bit-Held

ausgerechnet ein Ei mit Füßen war

MAKING OF008 StarCraft Zunächst war es als Add-on zu Warcraft 2

geplant, dann wurde es zum Vollpreis-RTS044 Koronis Rift LucasArts’ Fraktal-Planetenerkundung war

komplexer als Rescue on Fractalus076 Obsidian Schneider-CPC-Freunde erinnern sich an

dieses Juwel – allen anderen helfen wir128 Virtua Fighter Die Eroberung der dritten Dimension war

für Prügelspiele eine Herausforderung140 Wild Guns Wildwest-Schießereien waren Natsume zu

wenig: Es mussten auch noch Robots rein!148 Bubsy 3D Die bizarre Entwicklung eines der schlech-

testen Videospiele aller Zeiten174 Chimera In typischer Isoblock-Optik schuf Shahid

Ahmad ein kniffliges SF-Action-Adventure

Für Liebhaber von klassischen SpielenAUSSENSEITER & CO.050 Außenseiter: Game Boy Advance Wir stellen euch tolle Titel wie Ninja Cop

vor, die damals auf dem GBA untergingen136 Unkonvertierte Automaten-Hits, die nie ins Wohnzimmer

fanden, etwa Spider-Man und Toy Fighter138 Lost in Translation Enduro Racer, Crash Bandicoot und andere

wurden beim Lokalisieren stark verändert190 Homebrew-Spiele Wir haben wieder zahlreiche Fan-Projekte

für diverse Retrosysteme gesammelt

EXPERTEN-WISSEN038 Zaxxon Der Spielhallen-Shooter war grafisch eine

Wucht und spielerisch bockschwer054 Licence to thrill: Platoon Wie Oliver Stones Antikriegsfilm für

Heimsysteme umgesetzt wurde090 Licence to thrill: Aliens Gleich zwei unterschiedliche

Portierungen für diverse Systeme brachte Activision

158 The Ninja Warriors Diese Action-Prügelei faszinierte

mit ihrem extrabreiten Drei-Bild-schirme-Setup

176 Puyo Puyo Wohl kein Puzzle-Spiel hielt in den

90er Jahren mehr Spielefans auf Trab

AUF DEM SOFA068 Nobuo Uematsu Der weltberühmte Final Fantasy-Kom-

ponist erlaubt uns Einblicke in seine Arbeitsweise

184 Simon Phipps Simon Phipps blickt auf eine Karriere

vom BBC Micro bis zu modernen VR-Titeln zurück

RUBRIKEN003 Editorial004 Inhalt192 Retro-Feed194 Vorschau

INHALT 1/2018Dezember, Januar, Februar

4 | RETRO GAMER 1/2018

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008

014 032

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048 080 108

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RETRO-HARDWAREERFOLGSPRODUKTE UND EXOTEN.

106094 110 152

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Von Heinrich Lenhardt

Module mit Grips, Story und Tief-gang, nicht simple Jump-and-runs oder Shooter, sind die beliebtes-ten Videospiele im 16-Bit-Japan.

Europäische Nintendo- und Sega-Fans erle-ben das anders und bekommen vom kuller-äugigen Strategie- und Rollenspielen zwei Jahrzehnte lang kaum etwas mit: Vor der IT-Globalisierung verstellen territoriale Vor-lieben und Markteigenheiten den Blick in andere Länder. So nimmt 1994 nur ein einzi-ges deutsches Game-Medium vom größten Nintendo-Modul Notiz, staunt über dessen Siegeszug durch die „Weekly Famitsu“-Ver-kaufs-Charts und huldigt dem RPG-Taktik-Mix Fire Emblem in einem doppelseitigen Import-Test – 87 % Spielspaß!

Als „Importspiele“, die nur auf einer umge-bauten PAL-Konsole oder mit Moduladapter laufen, sind japanische Action, Hüpf- und Ballertitel im Fachhandel der 1990er Jahre gang und gäbe – beliebt bei ungeduldigen deutschen Zockern, die den offiziellen Release nicht abwarten wollen. Und natürlich bei den Profis von der Presse, die Japan-Hits so schon „vorab“ testen können. Doch von Titeln mit viel Anleitung und Kanji-Bildschirmtex-ten, also insbesondere den Genres Adventure, Taktik-Simulation und RPG, lassen selbst ambitio-nierte 16-Bit-Zocker, Händler und Redaktionen die Finger: unverständlich und unspielbar!

Da solche Module dann meist auch dem Hersteller zu ROM-gierig und übersetzungsauf-wendig sind, er lieber Action ohne Lokalisierung und dicke Doku nach Europa bringt, spielen Ja-pan und der Westen in verschiedenen Fantasy- und SF-Welten, fast bis zur Jahrtausendwende.

Schon der kryptisch-verschlungene Name trennt Fire Emblem: Ankoku Ryu to Hikari no Tsurugi vom Weltmarkt, zudem bringt Nin-tendo das Strategiespiel 1990 nur im Famicom-Format, das nicht in unser NES passt. Selbst in Japan wird der Feldzug der Axtkämpfer, Zaube-rer und Lanzenreiter kein Sofort-Hit, sondern ein

„Schläfer-Erfolg“, der erst mit der Zeit kommt. Außerhalb ihrer Heimat bleibt die Sage vom

„Schattendrachen und der Klinge des Lichts“ un-bekannt, ebenso eine Gaiden-Sidestory (1992).

Beides sind Famicom-Fingerübungen der Nintendo-Abspaltung Intelligent Systems (IS), deren Europa-Abstinenz noch verschmerzbar ist, doch 1994 entgeht uns auch die 16-Bit-Rundum-renovierung – und damit die spielerische Reife: Fire Emblem: Monshou no Nazo ist mit 24 MBit das bis dahin mächtigste Super-Famicom-Modul und gilt bis heute plattformübergreifend als eines der feinsten Taktikspiele. Aus den Farb- und Ton-Töpfen der Super-Famicom-Konsole schöpfend und auf 12-facher ROM-Größe poliert IS die Ur-geschichte audiovisuell auf, erzählt weitere 20 Kapitel plus ein neues Finale und verbessert alles, was im ersten Anlauf noch ungehobelt wirkte.

Vor allem die überarbeitete Benutzerfüh-rung sorgt dafür, dass Monshou no Nazo nicht komplizierter als die 8-Bit-Vorgänger ist, son-dern reibungslos von der Hand geht: Die eigene Zugreichweite wie auch die Radien der Feinde (Bewegung und Angriff) werden bunt eingeblen-det, jeder Weg und jedes geografische Hinder-niss anschaulich gezeigt.

Rundentaktik mit RPG-Parametern und Fantasy-Helden: In Japan wird der Mix zweier Genres, die dort Joypad-bewährt sind, gefeiert

und ein Bestseller, hier in Deutschland aber le-diglich von Man!ac besprochen: Das monatliche Fachmagazin holt „Die No. 1 in Japan“ aufs Juni-Cover, feiert sie mit 87 %-Wertung und hofft,

„dass es Fire Emblem nach Deutschland schafft“. Das bleibt ein Wunschtraum – von Monshou no Nazo kommt in den folgenden Jahren weder eine US-Übersetzung noch eine Euro-Fassung.

Dabei tummeln sich nicht fernöstlich-exotische Fabelwesen auf dem fiktiven Kon-tinent Akaneia, sondern Gestalten aus Antike und Mittelalter. Die Story ist ein Potpourri aus Homer, Artus-Sage und Robin-Hood-Legende, mit einem guten Schuss Tolkien und einer Schicht Disney-Zuckerguss. Es geht um einen Prinzen im Exil, um den sich eine Bande treuer Kameraden schart. Die heißblütige Minerva, der Meisterschütze Gordon, der breite Kain und der zierliche, flinke Abel: Anfangs führt man kein halbes Dutzend, später bis zu 14 Kämpfer ins Gefecht, verschiebt sie auf einem scrollenden Schachbrett mit Bergen, Wäldern und Fes-tungsanlagen. Erst fechten die Rebellen gegen Straßenräuber und Piraten, dann nehmen sie es mit übermenschlichen Despoten auf. An Hand-lung oder Ästhetik liegt’s bestimmt nicht, dass Nintendo von einer westlichen SNES-Veröffent-lichung absieht.

Von Winnie Forster

» SPEEDBALL 2: BRUTAL DELUXEKLASSIKER-CHECK

6 | RETRO GAMER 1/2018

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Nintendos Feldzug in die Zukunft

Durchblick trotz Kanji und Kana

Wessen Wappen?

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Romantik auf dem Schlachtfeld

Beförderung und Aufstieg

Nintendos intelligente Macher

Die ersten FE-Teile mit englischer Übersetzung sind zwei GBA-Se-quels 2003 und 2005, dann pimpt Nintendo die Saga auf Gamecube und Wii grafisch. Auf DS besinnt sich IS der ursprünglichen Quali-täten und schafft 2012 für 3DS FE Awakening, eine geniale Fusion aus traditionellen Stärken und modernen Elementen. Die Schlach-ten sind so klar wie bei Monshou no Nazo, die Rahmenhandlung stark erweitert. In Dramen, Flirts und Romanzen verwickelt, ver-wandeln die Helden Gefühle in krachende Paar-Attacken.

22 Charakterklassen trifft und rekrutiert der Spieler in den beiden „Büchern“ seines Feldzugs und freut sich, wenn die Werte steigen. Neben „Level up“ motiviert die Aussicht auf Beförderung: vom Pe-gasusreiter zum Drachenritter, vom Fußsoldaten zum Paladin, vom Magier zum Hohepriester, vom Söldner zum Held. Fire Emblem ist Looten und Leveln wie im RPG: Neben Punkten und Erfahrungsstu-fen sammelt und hortet jeder Streiter drei Waffen sowie Heiltränke und magischen Schmuck, der seine oder ihre Statuswerte bufft.

Intelligent Systems (IS) spaltet sich 1986 von der Nintendo-Abteilung R&D1 ab, bleibt aber in Kyoto und bis heute als „2nd Party“ enger Partner. Game-Boy-Erfinder Gunpei Yokoi überwacht in den ersten Jahren die externe Entwicklung und produziert sowohl das IS-Debüt Famicom Wars als auch die zweite Taktik-Marke Fire Emblem. IS bleibt auf Software mit Denkanspruch spezialisiert: Tetris Attack, Pokémon Puzzle League, Card Hero, Paper Mario.

Von FE unterscheidet sich Intelligent Systems’ Debüt und Nin-tendos älteste Rundentaktik Famicom Wars deutlich: SF-Panzer statt Fantasy-Truppen, wobei alle Land-, Luft- und See-Vehikel austauschbar sind: Es geht um die Eroberung von Fabriken und Flughäfen, um Kriegkasse, Rüstung und Waffenbau. Statt mit RPG würzt IS die Taktik durch Ressourcen-Management und Aufbau-Elemente. Die Wars-Serie teilt das Schicksal der Fantasy-Kollegen und wird erst spät im Westen zum Erfolg.

Zwar kapiert man als Nicht-Japaner nie genau, wieso sich die rothaarige Amazone und der klerikale Graubart zoffen. Doch Geschichte und Gefechte sind bis ins letzte Detail animiert sowie mit deutlichen Soundeffekten unterlegt. So kapiert man ungefähr, was abgeht. Der zweiminütige Vorspann entrollt sich als Wandge-mälde, untermalt von Fanfaren und Flöten. Schaltet man die ani-mierten Duellszenen aus, um den Spielfluss zu steigern, sieht man die Kontrahenten als Oberwelt-Miniaturen kurz fechten – niedlich!

Drei Jahre vor dem Ur-Fire Emblem hat Nihon Computer Systems (NCS) einen Achtungserfolg mit Gaia no Monshou („Das Emblem von Gaia“) und übertrumpft 1991 mit Langrisser (Mega Drive) beide Famicom-Titel optisch und spielerisch, samt dreistufiger Helden-Karriere. 1994 schlägt Nintendo mit Monshou no Nazo („Geheimnis des Wappens“) zurück. Während Langrisser nach dem 16-Bit-Debüt immer schwächer wird, feiert FE den internationalen Durchbruch.

Was die Presse sagte …

Man!ac 6/1994: 87 (von 100) „ Ein dramatischer Feldzug durch ausgetüftelte Szenarien: Jeder Feind scheint an der richtigen Stelle zu ste-hen, jedes Tal und jede Burg hat eine taktische Bedeutung. [Fire Emblem ist] knifflig wie eine Partie Go ge- gen den Nintendo-Präsidenten und nichts für Anfänger und japanopho-bisch veranlagte Menschen (…) In der elitären Riege der Spitzen-Strate-giespiele platziert sich Fire Emblem über Segas Shining Force (…) Es hat die abwechslungsreichste Handlung – selbst wenn Ihr die japanischen Gesprächsfetzen nicht entziffert.“ (Winnie Forster)

» PLATTFORM: SUPER FAMICOM

» PUBLISHER: NINTENDO

» ENTWICKLER: INTELLIGENT SYSTEMS

» VERÖFFENTLICHT: JANUAR 1994

» GENRE: TAKTIK-RPG

FAKTEN

Blickt der Retro Gamer-Autor nach 22 Jahren auf seine einsti-gen Man!ac-Eindrücke zurück, findet er wenig hinzuzufügen. Le-diglich die Platzierung „unterhalb von Langrisser“ erscheint etwas streng: Ab Monshou no Nazo ist die Nintendo-Sage besser als die NCS-Konkurrenz.

Was wir denken

» SPEEDBALL 2: BRUTAL DELUXEDENKWÜRDIGE MOMENTE

RETRO GAMER 1/2018 | 7

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Für so manchen Spieler ist StarCraft der Inbegriff des RTS-Genres – erst kürzlich erhielt es von

Blizzard ein HD-Remake. Retro Gamer blickt auf die Entstehung des Ausnahmetitels zurück.

» [PC] Anfangs war StarCraft wenig mehr als ein grellbuntes „Warcraft: Orks im Weltall“.

Der Einfluss von StarCraft auf die Spielebranche ist kaum zu überschätzen. Ob ihr selbst einen Zerg Rush durchgeführt, den Titel ein paar Jahre später

angetestet oder gar nur ein paar Screen shots gesehen habt – mit Sicherheit kennt ihr das Spiel. StarCraft erschien zur Blütezeit der Echt-zeitstrategie (RTS, englisch „Real Time Stra-tegy“), schaffte es aber dennoch, dem von Command&Conquer und dem firmeneigenen Warcraft geprägten Genre noch einige neue Elemente hinzuzufügen.

Trotz vorheriger Erfolge war Blizzard eine noch relativ junge Firma, die keineswegs

über die enormen Mittel wie heute verfügte. Warcraft und Diablo waren zwar schon von den Spielern und den Kritikern gut aufgenommen worden, dennoch musste man den Fans wei-terhin regelmäßig etwas Neues bieten, um die Firma am Laufen halten zu können.

„Wir hatten gerade die Arbeiten an War-craft II abgeschlossen“, erinnert sich Patrick Wyatt, einer der Hauptentwickler von StarCraft. „Dieser Titel hatte sich verspätet. Gleich da-nach wollte man einen neuen Teil der War-craft-Serie entwickeln, um die Gehälter all der Leute bezahlen zu können.“ Patrick weist auf die riesigen Unterschiede hin, die es zwischen der Spielindustrie damals und heute gibt, und deutet an, dass die Verkaufszahlen damals oft viel geringer ausfielen, sodass die Hersteller auch weniger finanzielle Spielräume hatten.

„Der Plan war, einige Entwickler von Warcraft II zu den Entwicklungsleitern von Star-Craft zu machen. StarCraft war als eine Art Erweiterung gedacht, und so wurde es auch intern die ganze Zeit bezeichnet … Es sollte allerdings allein lauffähig sein. So hätten wir nicht alles neu erfinden müssen und wären schon nach zwölf Monaten fertig geworden.“

Die Veröffentlichung wurde also für 1996 eingeplant – ein Termin, der bekannt-

lich nicht gehalten werden konnte. Das Science-Fiction-Setting sei jedoch

schon von Anfang an vorgese-hen gewesen, so Pa-

M A K I N G O F

8 | RETRO GAMER 1/2018

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Zerg■ Diese insektenartigen Kre-aturen werden vom Streben nach genetischer Perfektion angetrieben – sie können fortgeschrittenere Spezies

assimilieren und ihrem eigenen genetischen Code hinzufügen, um sich fortzuentwickeln. Die Zerg sind furchtlose Jäger und – wie ihre Bezeichnung „Schwarm“ suggeriert – in der Lage, riesige Armeen hervorzubringen. Auch die Zerg wurden entscheidend von den Xel’Naga mitgestaltet.

Terraner■ Obwohl sie nie explizit als solche bezeichnet werden, sind die Terraner die typische Menschenrasse eines Echt-zeitstrategiespiels und brin-

gen somit auch deren kennzeichnende Eigen-schaften mit: fleißig, auf Expansion fokussiert und von ihrer Moral gehemmt. Doch sie legen auch viel Wert auf die persönliche Entwicklung und Freiheit eines jedes Einzelnen, was bei ande-ren Rassen in StarCraft gar keine Rolle spielt.

Protoss■ Die Protoss sind so ziem-lich das genaue Gegenteil der Terraner. Sie sind zwar ge-nauso kriegerisch, setzen ihre

Ziele aber mit eher Gleichmut und Unerschütter-lichkeit durch. Sie wurden Jahrhunderte zuvor von den Xel’Naga erschaffen (ein mysteriöses, uraltes und weises Volk), die eine Rasse vollendeter Form erschaffen wollten, weshalb die Protoss mächtige psionische Fähigkeiten aufweisen.

Die Fraktionen von StarCraft

IONISIERTES GEWEBE

CEREBELLUM

Die Hauptakteure im Krieg um die Galaxis.

PITUITÄR

GROSSHIRNRINDE

THALAMUS

BIO-NERUAL10.90

OKZIPITALLAPPEN

RETRO GAMER 1/2018 | 9

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Kenne deinen FeindDiesen Truppen werdet ihr auf dem Schlachtfeld begegnen.

Berserker■ Von den frühen Einhei-ten ist der Berserker mit Abstand die Bedrohlichste, sodass sich die Protoss oft anfangs auf ihn verlassen.

Dragoner■ Trotz ihrer Schwächen sind die Dragoner effektive Luftabwehreinheiten des späten Spiels, besonders gegen größere Fluggeräte.

Räuber■ Der Räuber ist die schwere Artillerie der Protoss-Armee und wird so relativ leicht mit feindlichen Gruppen und Ver-teidigungsanlagen fertig.

Archon■ Auch wenn diese Einheiten teuer sind, widerstehen sie einer Reihe von gegnerischen Fertigkeiten und sind schon deshalb nützlich.

Korsar■ Gegen gepanzerte Einhei-ten mag der Korsar weniger effektiv sein, doch das macht sein Disruptor-Netz wieder mehr als wett.

Hoher Templer■ Der Templer ist die einzige Art, Archons zu produzieren und kann Halluzinationen hervorrufen, die Verwirrung unter den Feinden schaffen.

Sanitäter■ In jeder terranischen Armee werdet ihr mittendrin einige Sanitäter finden, die umstehende Einheiten auto-matisch heilen können.

Belagerungspanzer■ Dieser Panzer wird im Belagerungsmodus gern als Defensivwaffe eingesetzt, kann aber – bei richtiger Benutzung – auch offensiv nützlich sein.

Schwerer Kreuzer■ Der Schwere Kreuzer der Behemoth-Klasse ist die stärkste Einheit im ganzen Spiel, zumindest was die Hitpoints betrifft.

Goliath■ Diese zweibeinigen Mechs werden hauptsächlich zur Luftabwehr eingesetzt, kön-nen aber mit anderen Boden-einheiten kombiniert werden.

Adler■ Diese Einheiten eignen sich zur Aufklärung genauso wie für überfallartige An-griffe und können in Gruppen zu einer Plage werden.

Larve■ Diese unscheinbaren Einheiten sind das Rückgrat der Zerg-Fraktion, da sie sich zu jeder anderen Einheit weiter entwickeln können.

Hydralisk■ Als einzige Zerg-Einheit, die vom Boden aus fliegende Feinde angreifen kann, ist der Hydralisk in jeder Partie gegen eine an-dere Fraktion unverzichtbar.

Königin■ Sie kann zwar nicht selbst angreifen, jedoch Sporen auf fremde Einheiten schleudern, um sie zu zerstören und zwei Brutlinge hervorzubringen.

Zergling■ Als kultigste Zerg-Einheit spielt der Zergling beim „Zerg Rush“ die wichtigste Rolle – eine Strategie im frühen Spiel, die schwer zu kontern ist.

Ultralisk■ Als stärkste der zer-gischen Bodentruppen werden sie trotz ihrer Lang-samkeit gern zur Angriffs-eröffnung genutzt.

Protoss Terraner Zerg

» [PC] Die Zerg sind

de facto ein Vorläufer

der Untoten-Fraktion von Warcraft III.

10 | RETRO GAMER 1/2018

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» Nur wegen einer fingierten Demo hatten wir StarCraft komplett neu entwickelt! « PATRICK WYATT

trick, da mit den beiden Warcraft-Titeln das Genre „Fantasy“ schon sehr gut abgedeckt war und mit Command & Conquer außerdem ein RTS mit modernem beziehungsweise leicht futuristischem Szenario auf dem Markt war.

Blizzard plante also eine Art „Orks im Weltall“, wie Patrick ausführt: „Wir stellten uns vor, wie es wäre, Warcraft in den Weltraum zu verlegen. Die Perspektive sollte dieselbe sein, nur der Grafikstil ein wenig anders.“ So be-wegte Blizzard sich weg von den Naturfarben und hin zu einer fragwürdigen Mischung aus grellen Pink-, Blau- und Grüntönen. Das sah zwar auffällig aus, aber nicht unbedingt sehr geschmackvoll. Vielleicht war es daher ganz gut, dass Blizzard auf der E3 1996 auf den Bo-den der Tatsachen zurückgeholt wurde, als sich nämlich so gut wie niemand auf der Messe für StarCraft interessierte und der erwartete An-sturm von Messebesuchern auf den Blizzard-Stand ausblieb.

Wie Patrick uns erklärt, gab es eine weitere Begebenheit, die sein Team Demut lehrte: Ein Wettbewerber namens Dominion Storm. „Deren Stand [auf der E3] war nicht

weit von unserem und sie hatten eine großar-tige isometrische Ansicht und eine Einheit, die wie ein AT-AT aus Star Wars aussah und he-rumlaufen konnte. Technologisch und grafisch war Dominion Storm so viel besser als unser Spiel, dass wir uns schämten, StarCraft über-haupt auszustellen.“ Patrick erzählt, dass das Team nach diesem Erlebnis noch einmal von vorn beginnen und sehr hart arbeiten musste, um StarCraft zu einem ebenso herausragenden Titel zu machen, den sie in Dominion Storm vermuteten. „Wir wollten nach der E3 nicht mehr, dass es nur eine Erweiterung wurde“, sagt er. „Es sollte in jeder Hinsicht monumental werden, genau wie Warcraft. Wir wollten, dass das Spiel glaubhaft war und wir darauf stolz sein konnten. Deshalb gab es auch keine offi-ziellen Designvorgaben mehr, sondern nur die Anweisung, alles komplett umzukrempeln.“

E twa einen Monat nach der Ver-öffentlichung von StarCraft er-schien schließlich auch Dominion Storm, das trotz der überzeugend

wirkenden Präsentation auf der E3 1996 noch länger in der Entwicklung gewesen war. Für Pa-trick und sein Team hielt der Titel von Ion Storm jedoch noch eine weitere Überraschung bereit. „Als Ion Storm finanzielle Probleme bekam“, erzählt er, „verließen viele Entwickler das Stu-dio und suchten nach anderen Brötchenge-bern. Blizzard schaffte es, Mark Skelton und Patrick Thomas aus dem Team von Ion Storm anzuwerben, das für die Zwischensequenzen

verantwortlich war. Irgendwann sprach ich mit den beiden über jene E3, und sie verrieten mir zu meiner Überraschung, dass ihre Demo nur ein vorgerenderter Film gewesen war und die Standmitarbeiter nur so getan hatten, als ob sie spielen würden! Da waren wir wirklich baff – nur wegen einer fingierten Demo von Ion Storm hatten wir StarCraft komplett neu entwickelt!“

Für StarCraft hatte die ganze Geschichte natürlich auch ihr Gutes: Der Titel, der anfangs als Lückenbüßer im Release-Kalender von Bliz-zard dienen sollte, wurde so zu einem voll aus-gereiften Produkt, wie wir sie auch heute

» [PC] Die Dialoge vor und nach den Missionen tragen ein Stück weit zur Charakterentwicklung der Figuren bei.

» [PC] Anfangs habt ihr bei der Ausgestaltung eurer Basis noch viel Spielraum.

» [PC] Wenn ein Schwarm von Zerglingen unerwartet gegen eure Basis anrennt, steigt der Puls in ungeahnte Höhen.

Die Geburt des E-SportsWie StarCraft ein neues Phänomen in Gang setzte.

Von den 9,5 Millionen Exemplaren, die von StarCraft verkauft wurden, gingen allein 4,5 Millionen in Süd­korea über die Ladentheke. Laut eines Insiders hatte Blizzards Prognose für die Region bei lediglich 4.000 Stück gelegen, doch einige vorher nicht absehbare Fak­toren spielten der Firma in die Hände: Das Land befand sich in einer Rezession, sodass viele Menschen in Inter­netcafés strömten, um dort Bewerbungen und E­Mails zu schreiben. Sie blieben dann meist gleich ein wenig länger dort, um Spiele zu spielen.

Das Battle.net machte es besonders einfach, online mit Freunden zu spielen, sodass sich ein selbst­verstärkender Effekt ergab und StarCraft bald von Millionen von Menschen gegeneinander gespielt wurde. Bald machten einige den Titel zu ihrem Lebensinhalt und Läden sowie Event­Organisatoren sprangen auf den Zug auf und hielten Turniere ab. Erste Ligen etablierten sich und StarCraft wurde endgültig zu einem Massenphä­nomen. Erst Jahre später konnte der Westen aufholen, was auch die gesamte Branche betraf, die sich in Süd­korea um das Thema E­Sports entwickelt hatte.

RETRO GAMER 1/2018 | 11

MAKING OF: STARCRAFT

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von dem Hersteller gewohnt sind. „Damals arbeiteten wir gerade mit Hochdruck an Dia-blo“, erklärt Patrick. „Viele Blizzard-Kollegen mussten dort aushelfen, bis im Dezember 1996 so gut wie niemand mehr an StarCraft arbeitete. Sogar ich selbst zog zeitweise zu Bliz-zard North um [dem Entwicklungsstudio von Diablo, Anm. d. Red.], hatte aber StarCraft im-mer im Hinterkopf. Nach der Veröffentlichung von Diablo fiel uns ein, dass da noch dieses andere Spiel war, dem wir uns jetzt wieder widmen sollten.“

Im Januar 1997 begann das Team also, sich StarCraft erneut anzunehmen und beinahe alles von vorn zu entwickeln. „Da wir aber jetzt unter enormem Zeitdruck waren, konnten wir ein paar wichtige Steine im Schuh nicht entfernen, die uns immer drückten. So hatten wir zum Beispiel keine echte Isometrie-Engine, sondern nur eine normale 2D-Karte mit iso-metrischen Kacheln darauf. Das machte das Zeichnen der Grafik schwerer und auch die Wegfindung, da diagonale Linien in diese Qua-drate zerlegt wurden und alles sich so ziemlich hakelig bewegte, besonders bei der Art und Weise, wie sich die Dragoner fortbewegten.“

A ls Patricks Team schließlich rich-tig in die Entwicklung einstieg, analysierte es zunächst die ei-genen Spiele der Vergangenheit

und die der Konkurrenz. „Eine Sache war uns klar: Warcraft II war deswegen so gut ausbalan-

Die besten Strategien Mit diesen Taktiken seid

ihr auf der Gewinnerseite.

Protoss – Der Reaver-Abwurf

Abholen■ Räuber sind mit die wich-tigsten Einheiten des Protoss-Arsenals, bewegen sich jedoch langsam und nehmen Schaden, bevor sie ihr Potenzial entfalten können. Baut also Shuttles und packt die Räuber hinein, um sie effektiver zu bewegen.

Absetzen■ Stopft vier bis sechs Räu-ber – je nach Fortschritt des Spiels – in Shuttles und stellt ein paar weitere Shuttles als Geleitschutz mit schwächeren Einheiten wie Berserkern bereit, um das Feuer von den Räubern abzulenken.

Abfackeln■ Wenn das erledigt ist, fliegt zur feindlichen Basis. Ladet alle Einheiten aus (die Räuber hinter den Berserkern) und zielt damit auf die wichtigsten feindlichen Gebäude und Ein-heiten, während die Berserker die Arbeiter eliminieren.

Terraner – Das Einmauern

Aufbauen■ Das Einmauern ist eine sinn-volle Strategie für Terraner auf einer Karte mit Rampen, da sie so einen frühen Andrang von Feinden abwehren können. Ihr müsst erst ein Depot und eine Kaserne bauen, je nachdem, wo sich die Rampe genau befindet.

Abschließen■ Gegen die Protoss baut ihr das Versorgungsdepot so, dass es an die Oberkante oder die rechte Seite der Kaserne angrenzt. Gegen die Zerg sollte es hingegen die Unter-kante beziehungsweise die linke Seite der Kaserne sein.

Absichern■ Wenn ihr noch nicht so weit seid und die ersten Zerglinge schon in Sicht kommen, ver-sucht, ein bis zwei WBFs in die Lücken eurer Mauern zu plat-zieren. Dies wird die Feinde immerhin ein wenig länger zurückhalten.

Zerg – Der Rush

Abbauen■ Der Zerg Rush ist die klas-sische StarCraft-Strategie, die jeder zumindest vom Namen her kennt. Baut eine fünfte und sechste Drohne zum Abbau von Mineralien. Sobald ihr 200 habt, mutiert die letzte Drohne in einen Brutschleim-Pool.

Ausspähen■ Während ihr auf die Res-sourcen wartet, sucht mit eurem Overlord nach der feindlichen Basis und beobach-tet danach, was euer Gegner treibt. Baut währenddessen einen weiteren Overlord und brütet drei Zergling-Paare aus.

Aussenden■ Sobald diese bereit sind, schickt sie zur feindlichen Basis und lasst sie alle gemeinsam den gleichen Arbeiter angreifen. Wenn ihr es schnell und effektiv genug anstellt, versetzt ihr der Wirtschaft des Gegners einen äußerst empfindlichen Schlag.

» [PC] Dank gelungener Grafik konnte man schon da-mals die winzigen Sprites gut auseinanderhalten.

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ciert, weil die Einheiten sich wie beim Schach gegenseitig ergänzten und unterstützten, sich dadurch jedoch auch auf beiden Seiten ziemlich ähnlich waren“, erklärt Patrick. Dies galt damals für die meisten Echtzeitstrategietitel, auch für den Pionier des Genres, Dune II von West-wood. Erst bei dessen Nachfolger Command & Conquer gab es einen kleinen Vorgeschmack auf zwei einigermaßen unterschiedliche spiel-bare Fraktionen, auch wenn die Differenzen noch minimal waren. „Wir wollten mit unseren Rassen und Einheiten mehr in die Richtung Stein-Schere-Papier gehen“, berichtet uns Pat-rick. „Einfach gedanklich aus dem Schachbrett ausbrechen. Die drei Rassen gefielen uns, und es passte so gut, dass wir keine Notwendigkeit für eine vierte sahen. Außerdem hätten wir da-für gar nicht genügend Ressourcen gehabt und nur unsere eigentliche Spielidee verwässert.“

Die Schlüsselelemente des Spiels stan-den nun also fest und die Entwicklung ging fast ein ganzes Jahr weiter, bevor der Titel im März 1998 veröffentlicht werden konnte. Zuvor hatte das ganze Team viele Überstunden gemacht, um das eigentlich für 1996 geplante Spiel zu-mindest zu diesem Termin auf den Markt zu bringen. Blizzard wollte bei der Entwicklung al-lerdings nie Kompromisse eingehen und Quali-tät zugunsten von Terminen opfern. Genau wie heute war die Prämisse des Publishers auch damals schon, lieber einen Titel zu verschieben, als ihn unfertig zu veröffentlichen. Besonders durch das Aufkommen von Rendersequenzen

wollte man auf diesem Feld von Anfang an eine Führungsrolle übernehmen, auch um überzeu-gende Geschichten erzählen zu können.

„Wir schauten sehr genau, was andere Firmen damals so taten, und ließen uns davon inspirieren“, gibt Patrick zu. „Für uns war im-mer die Frage, wie wir Dinge besser machen konnten als sie. Ich meine, bei Warcraft I hatten wir nur zwei Leute für die Zwischensequenzen, und das Ergebnis war großartig. Sie stellten alles in acht bis zwölf Wochen fertig. Später kamen immer mehr Grafiker hinzu, die sich darum kümmerten und den Spielen so einen echten Mehrwert hinzufügten. Sie erzählten Geschichten und schufen Anreize für Spieler, die wirklich in die Welt eintauchen und nicht nur ein Spiel spielen wollten. So entstand ein glaubhaftes Gesamtwerk.“

Heute kann man selbstverständlich auf StarCraft zurückblicken und es als typischen qualitativ hochwertigen Titel von Blizzard be-trachten. In der Tat ist die Firma heute so er-folgreich, dass sie viele Dinge ausprobieren kann und dabei weniger unter Druck steht als früher. Vor der Jahrtausendwende musste allerdings auch Blizzard jeden Dollar zweimal umdrehen. „Wir hatten nur ein sehr kleines Team für die

Rendersequenzen“, sagt Patrick. „Sie mussten die Sequenzen unter Zeitdruck mit unzureichen-den Tools und finanziellem Druck erstellen. Wir hatten auch keine Renderfarmen, sondern nutzten dafür die Desktop-PCs der Mitarbeiter, wenn diese nicht am Arbeitsplatz waren. Es war also alles noch ein wenig anders.“

Die Anstrengungen sollten sich schließ-lich auszahlen. StarCraft war schon zum Re-lease ein voller Erfolg und konnte im ersten Jahr 1,5 Millionen Stück verkaufen (insgesamt über 9,5 Millionen Stück). Auch die Kritiker rühmten den Titel und vermuteten zurecht einen neuen Maßstab im gesamten Genre. Heute ist etwa das Konzept des „Zerg Rush“ wohlbekannt und oft zitiert, während Design-elemente wie Menüs, Maussteuerung oder die Fraktionen bei Echtzeitstrategietiteln immer noch weit verbreitet sind. Im August dieses Jahres erschien mit StarCraft Remastered eine überarbeitete Version mit einer Auflösung von bis zu 4K und HD-Audio, die endlich auch voll im Battle.net integriert ist. Außerdem bietet Blizzard das Original für jedermann kostenlos an, sodass ihr den Flair von damals nachspüren könnt, ob ihr es nun schon in den Neunzigern gespielt habt oder nicht.

» [PC] Die aufgehübschte Grafik sorgt bei der Remastered-Edition

(oben) für bessere Spielbarkeit.

» [PC] Wer in den Story-Missionen die Karte erkundet, wird oft mit zusätzlichen Einheiten belohnt.

» Wir schauten sehr genau, was andere Firmen damals taten, und ließen uns davon inspirieren. « PATRICK WYATT

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MAKING OF: STARCRAFT

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AL Bomb Jack

BOMBENSTIMMUNG.

Simpel, spaßig, super spielbar: 1986 lässt eine Automatenumsetzung die High­score­Lust in der Redaktion von Happy Computer erblühen. Um beim Abräumen der Bildschirmbomben möglichst viele glimmende Lunten zu erwischen, scheuten engagierte Punktejäger nicht vor gewagten Sprungmanövern zurück. Um die ver­patzte C64­Version machten wir aber einen weiten Bogen – wer Spaß mit Bomb Jack haben wollte, zockte am Schneider CPC.

Wie Coverbands, die große Hits anderer Künstler mehr oder weniger gelungen wiedergeben, spuckten Englands Spielepublisher Mitte der 80er Jahre Arcade-Umset-zungen aus. Firmen wie Ocean, U.S. Gold oder Elite Systems veröffentlichten in der Regel Versionen für die großen Drei im 8-Bit-Europa: Commodore 64, Sinclair Spectrum und Schneider CPC.

Bei der Qualität dieser Umsetzungen gab es oft erstaunliche Unterschiede. Man wähnte eigentlich den C64 im Vorteil, der mit Hardware-Sprites und Scrolling-Talent für die Action-Spektakel aus den Spielhallen am ehesten geeignet zu sein schien. Aber die Umsetzungsarbeiten landen häufig bei verschiedenen Programmierern unterschiedlicher Talentstufen. Die Publisher waren eher an schnellen Veröffentlichungen als an rigoroser Qualitätssicherung interessiert. Und so kam Elite Systems’ Bomb Jack zu einem schizo-phrenen Ruf: auf dem C64 ein mies spielbarer Schandfleck, doch für CPC-Besitzer ein spaßiger Leckerbissen.

Bomb Jack ist einer dieser unscheinbaren Geschicklichkeitstests, die schnell und zuverlässig ihre Suchtwirkung entfalten. Sie erfasste nicht nur die Spieletester der Zeitschrift Happy Computer: In einem Sonderheft-Artikel verriet ich einst, dass der für Hardware zuständige Kollege Jürgen „Zumbi“ Zumbach den Redaktions-Highscore auf über eine Million Punkte geschraubt hatte. Und das natürlich bei der fantastischen CPC-Version, die wochenlang den Büro-Feierabend dominierte und mit einer raren „Neunziger“-Gesamtwertung geadelt wurde: 91 Punkte für ein so einfaches Spiel – aber es macht einfach irre Spaß!

Trotz grafischer Abstriche springt der Funke auch beim Spectrum über, doch auf dem Commodore 64 hat Bomb Jack überhaupt nicht gezündet. Boris Schneider bezeichnete diese Version als „eine kleine Katastrophe“ und ärgerte sich nicht nur über die schwache Grafik. Bei der Adaption des vertikalen Automatenbildschirms auf das horizontale Heimformat verbockten die Entwickler die Proportionen der Sprites. Sowohl unser Held als auch die Gegner sind zu groß, es gibt nicht genug Platz zum Manövrieren – und damit ist der Spielspaß weitgehend ruiniert. Auf CPC und Spectrum gelingt mun-tere Sprungakrobatik, der Schwierigkeitsgrad steigt sehr sanft an und beschert schnelle Erfolgserlebnisse. Doch auf dem C64 ist Bomb Jack eine hässliche Qual, die lediglich bei der Musik punktet.

Auslöser der ganzen Aufregung ist ein Männchen im Superhelden-Karnevals-kostüm, das alle Bomben auf dem Bildschirm durch Berührung entfernen muss. Dazu hüpft Jack von Plattform zu Plattform, durch schnelles wiederholtes Feuerknopfdrücken schwebt er kurzzeitig waagrecht durch die Luft. Die Kollision mit herumschwirrenden Gegnern ist dabei tunlichst zu vermeiden. Es sei denn, wir haben sie dank des „P“-Extrasymbols vorübergehend in gelbe Kugeln verwandelt, die zur Mehrung des Punkte-kontos abgeräumt werden.

Wichtiger Motivationstrick für Highscore-Jäger: Jeweils eine Bombe auf dem Bildschirm hat eine brennende Lunte und bringt doppelte Punkte ein. Sammelt man min-destens 20 der glimmenden Böller eines Levels auf, gibt’s heftige Boni – das Punktekonto explodiert. Die Planung der optimalen Route sorgt für etwas Anspruch und die schnell aggressiver werdenden Gegner garantieren, dass man sich dabei nicht übertrieben viel Zeit lässt. Das Endresultat ist ein spritziges Spielgefühl, das immer wieder für ein halbes Stünd-chen fesseln kann (vor allem, wenn es den Highscore eines Kollegen zu überbieten gibt).

Für die gebeutelten C64-Fans naht indes späte Genugtuung: Noch 2017 soll das Fanprojekt Bomb Jack DX erscheinen, eine weitaus authentischere Adaption des Automa-ten als Elite Systems’ offizielle Murksversion. Bomb Jack DX bietet viel schönere Grafik, die Originalmelodien des Automaten und vor allem vernünftig proportionierte Sprites. Dann bekommen Commodorianer mit über 30 Jahren Verspätung endlich zu spüren, wie toll das Spielgefühl von Bomb Jack sein kann.

» PUBLISHER: ELITE SYSTEMS» ERSCHIENEN: 1986» HARDWARE: ARCADE, SEGA SG-1000, CPC (GESPIELT), C64,

SPECTRUM, ATARI ST, AMIGA UND ANDEREVon Heinrich Lenhardt

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WING WAR

LASER GATES

RIDDLE OF THE SPHINX

ATLANTIS FATHOM NO ESCAPE

DRAGON FIRE DEMON ATTACK

Imagic lieferte einige der besten Spiele der frühen 80er Jahre – aber gegen den großen Videospiele-Crash halfen auch keine Zauberkräfte. Retro Gamer nimmt euch mit in die Zeit vor Nintendo und Co.

Ein entschlossener Bill Grubb schaut direkt in die Fernsehkamera: „Ich will, dass Imagic die beste ver-dammte Softwarefirma auf dem

Markt wird! Ich will, dass Menschen bei uns eine Herausforderung finden und sich entwickeln können. Und ich will einen Teil vom Kuchen, der dabei für uns alle heraus-springt!“

Wir schreiben das Jahr 1982 und Bill wird für die PBS-Sendung „Enterprise“ gefilmt. Der 38-Jährige fährt dafür in seinem Mercedes-Cabrio durch die Stadt und macht aus seinen großen monetären Ambitionen kein Hehl. Vor-gestellt wird er als Sohn eines NYPD-Polizisten

und – viel wichtiger – als ehemaliger Marketing- und Vertriebschef von Atari.

Bill hatte den Aufstieg der Videospiel-industrie aus nächster Nähe miterlebt und mitgestaltet. Zwischen den drei Marktführern Atari, Mattel und Activision herrschte harter Wettbewerb. Die Platzhirsche waren Atari mit dem VCS und Mattel mit dem Intellivision, aber es war Activision, die Bill so beeindruckte, dass er wieder in die Branche zurückkehrte. Dabei hatte er erst im selben Jahr, 1981, Atari verlas-sen und eine Werbefirma namens New West Marketing gegründet.

Mit der neuen Firma hatte er auch Auf-träge für Activision übernommen und war be-

» [Atari 2600] Demon Attack war Imagics absoluter Bestseller.

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ARCHIVEDIE FIRMEN-

RETRO GAMER GRÄBT DIE AKTEN BEKANNTER ALTER FIRMEN AUS.

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COSMIC ARK

» [Intellivision] In Tropical Trouble gilt es, als Schiffbrüchiger zu überleben.

geistert von dem jungen Spieleentwickler, vor allem von dessen Marktwert. Nur zwei Jahre nach der Gründung von Activision im Jahr 1979 wurde das Unternehmen bereits auf 66 Millio-nen Dollar taxiert.

Nicht nur Bill wollte sich von diesem gro-ßen Kuchen eine Scheibe abschneiden. Auch

Dennis Koble, 32-jähriger Gamedesigner bei Atari, wollte sich selbstständig machen. Die beiden kannten sich und begannen zu planen, wie sie sich einen eigenen Namen in der Video-spielindustrie machen konnten. Schließlich wur-den sie dann von zwei ehemaligen Mattel-Kon-kurrenten mit ähnlichen Plänen angesprochen: Brian Dougherty, damals 26, Game designer und Ingenieur, sowie Jim Goldberger, 28, Marke-tingspezialist. Zu viert bildete man eine schlag-kräftige Truppe, die ein Schwergewicht in der Videospielszene werden wollte.

Bill begann, seine Kontakte spielen zu lassen und Gelder zu akquirieren. Es dauerte nicht lange, und er hatte fünf weitere Grün-dungsmitglieder von Atari und Mattel abge-worben: Bob Smith, Mark Bradley, Rob Fulop, Dave Durran und Gary Kato. Mit einem Start-kapital von 2 Millionen Dollar wurde am 17. Juli 1981 die Imagic Corporation gegründet.

Sie bezog ihre Räume in Los Gatos, Ka-lifornien – unweit der ersten Büros von Atari – inmitten des aufkeimenden Silicon Valley.

■ Imagic wurde 1981 von Ex-Atari und Mattel-Mitarbeitern gegründet.

■ Ausgesprochen wird der Name „Im-agic“ (von „imagine“, sich vorstellen), nicht „Ei-magic“.

■ Als Rob Fulop zu Imagic wechselte, entfernte Atari seine Initialen aus Missile Command.

■ Demon Attack und Atlantis gehörten zu den Bestsellern. Diese beiden Spiele waren übri-gens die einzigen Dritthersteller-Titel für das Odyssey².

■ Atari verklagte Imagic wegen Demon Attack; es wurde ein Vergleich geschlossen.

■ Der Sieger des Wettbewerbs zu Riddle Of The Sphinx wurde in Hieroglyphen auf einem gro-ßen Papyrus verewigt.

■ Cosmic Ark gilt als erste Fortsetzung auf einer Videospielkonsole.

■ Atlantis wurde mit Außerirdischen beworben.■ Die Firma wollte an die Börse – ohne Erfolg.■ Entwickler erhielten 2 Prozent Tantiemen auf

ihre Spiele.■ Imagic beobachtete Kinder beim Spieletesten

durch einen Spiegel.■ Der Videospielcrash von 1983 beerdigte auch

Imagic.

EXPERTEN= WISSEN

» Auf der Hardware war es schwer, filmreife Spiele zu machen. « ROB FULOP

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DEMON ATTACK■ Dieser Titel war sichtlich von der Masse an

Weltraumshootern inspiriert, die die frühen 80er Jahre hervorbrachten. Trotz der Klage, die

Atari wegen Ähnlichkeiten zu Phoenix einreichte, wurden allein für das VCS mehr als zwei Millionen

Exemplare verkauft. Dank bunter Grafiken, abwechs-lungsreicher Gegner und zahlreicher Waffen war Rob Fulops Erstling für Imagic eine wichtige Starthilfe.

ATLANTIS■ Atlantis zementierte Imagics Ruf als talentierter Entwickler. Mit drei Geschützen galt es angreifende Wellen von „Gorgon“-Schiffen abzuwehren und die Stadt zu verteidigen. Ein forderndes Spiel mit im-mer schnelleren Gegnern, das ein wenig an Missile Command erinnert. Umsetzungen folgten für In-tellivision, Commodore VC-20, Odyssey² und Ataris 8-Bit-Rechner.

„Anfangs orientierten wir uns an Activision“, erzählt Rob. „Bill hatte die richtigen Kontakte zu Geldgebern und auch zu Mattel. Unsere Vision war eine Firma, die für mehrere Systeme ent-wickelt, der erste Cross-Plattform-Entwickler. Warum sollten wir uns wie Activision auf Atari beschränken?“

Die Entwicklung lief bei Imagic nach einem bestimmten Schema: „Wir haben in rund zwei Monaten einen Screen und einen Level eines Spiels

entwickelt“, erklärt Rob. „Wenn wir damit auf Interesse stießen, entwickelten wir es in rund sechs Monaten zu Ende. Zum Abschluss be-nötigten wir vielleicht nochmal einen Monat für das Feintuning, die PAL-Version und die Scanlines.“

beiden wichtigsten Konsolen. „Die Kollegen, die für Mattel entwickelt haben, arbeiteten eher als Team“, blickt Rob zurück. „Wir ha-ben die Spiele für Atari jeweils komplett allein entwickelt.“

Schnell zeigte sich, dass das Konzept von Imagic funktionierte und auch zu originel-len Spielideen führen konnte. Richard Levine schuf mit Microsurgeon (siehe Retro Gamer 4/2017), das wahrscheinlich innovativste Intelli-vision-Spiel überhaupt. Es spielte im mensch-lichen Körper, den man mittels einer Minisonde bereiste und zu heilen versuchte. Ein grafisch beeindruckendes Spiel war Dracula von Alan Smith und Wilfredo Aguilar.

Aber es gab auch vertraute Namen und Spielkonzepte. Wendell Brown brachte Die Schöne und das Biest auf das Intelli vision

» [Atari 2600] In Fathom spielte man einen Delfin und eine Möwe.

ARCHIVEDIE FIRMEN-

DIE BESTEN SPIELE

BILL GRUBB VERLÄSST ATARI. BILL UND ACHT WEITERE GRÜNDER STARTEN IMAGIC. IMAGIC BEAUFTRAGT DIE WERBEAGENTUR KEYE/DONNA/PEARLSTEIN.

1981

IMAGICS ERSTE SPIELE ERSCHEINEN, DARUNTER DEMON ATTACK. IMAGIC MÖCHTE 10 MILLIONEN DOLLAR IN WERBUNG INVESTIEREN. ATARI VER-KLAGT IMAGIC, WEIL DEMON ATTACK IHRE LIZENZ PHOENIX KOPIERE.

IMAGIC SCHLIESST OFFIZIELL UND ACTIVISION SICHERT SICH DIE RECHTE AN DEN SPIELEN.

1982 1986

DAS ATARI-GERICHTSVERFAHREN ENDET MIT EINEM VERGLEICH. IMAGIC BRINGT NOVA BLAST, FATHOM UND SAFECRACKER. IMAGIC HAT SPIELE IM WERT VON 75 MILLIONEN DOLLAR VERKAUFT. DER EINBRUCH DES VIDEOSPIELMARKTS BEGINNT. DIE FIRMA ENTLÄSST 40 VON 170 ANGESTELLTEN.

1983

FUNKSTILLE BEI IMAGIC.

1985

ETLICHE ENTWICKLER VERLASSEN IMAGIC, DAS NICHT MEHR FÜR INTELLI-VISION PRODUZIERT. IMAGIC BESUCHT DIE CES IN LAS VEGAS. IMAGICS LETZTE SPIELE ERSCHEINEN: CHOPPER HUNT, TOURNAMENT TENNIS UND WING WAR.

1984

ZEITSTRAHL

Sein erster Titel war Demon Attack für Atari, ein Shooter, der sich stark am damaligen Zeitgeist anlehnte. „Space Invaders war das erste Spiel dieser Art, wo Monster von oben kommen und abgeschossen werden sollen. Es gab aber sicher noch fünf weitere ähnliche Ar-cade-Titel, etwa Galaxian und Phoenix.“ Demon Attack erschien im Frühjahr 1982 als eines der ersten Spiele von Imagic.

Gleichzeitig wurden reihenweise neue Entwickler eingestellt, viele kamen von Atari. „Es war nicht schwer, die Leute für Imagic zu begeistern“, schwärmt Rob. „Bei Atari haben sie nur durchschnittlich verdient, bei uns gab es Tantiemen. Und wir druckten die Namen der Entwickler auf das Cover. Das war bei Atari und anderswo damals undenkbar.“ Es wurden zwei Abteilungen gegründet, passend zu den

» Unsere Spiele sahen besser aus als andere – glit-zernd und cool. « ROB FULOP

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DRAGONFIRE■ Jeder Level besteht aus denselben zwei Screens. Im ersten muss man jeweils Feuerbällen durch Ducken oder Springen auszuweichen, im zweiten Schätze sammeln und aufpassen, nicht vom Drachen erwischt zu werden. Das ist natürlich auf Dauer etwas eintönig, aber entwickelt dennoch einen Suchtfaktor. Probiert das Spiel zumindest aus, um den riesigen Drachen zu sehen – ein Meisterwerk des Designers!

COSMIC ARK■ Das Spiel wurde als Nachfolger von Atlantis beworben – die Überlebenden des ersten Teils saßen nun in einem Raumschiff. Nun galt es, sich im Stil von Space Zap einen Weg durch ein Meteoritenfeld zu bahnen. Gekrönt wurde das Spiel vom zweiten Teil, in dem man ein Schiff auf Planeten landen und Lebensformen sammeln sollte. Im Kampf gegen die Uhr und Lasergeschütze entwickelte die Highscore-Jagd eine ungeheure Spannung.

NO ESCAPE!■ Eine oftmals übersehene Perle. Anstatt direkt auf Gegner zu schießen, gilt es Ziegel vom Dach auf Geg-ner fallen zu lassen. Getroffene Feinde verschwinden aber nicht etwa, sondern teilen sich in zwei neue. Das Spiel hatte viel Tiefgang und wurde mit der Zeit immer schwerer – die Gegner wurden schlauer und schossen irgendwann auch zurück. In der Rückschau eines der besten Spiele, die 1983 für Atari VCS erschienen.

und verband dabei die Filmlizenz mit dem Spiel­prinzip von Donkey Kong. Man nahm aber von Filmlizenzen oder Umsetzungen bekannter Auto matentitel schnell wieder Abstand. „Die Lizenzen waren einfach zu teuer, und auf der damaligen Hardware war es schwer, einen Film zu transportieren“, führt Rob aus. Imagic hatte auch keine Lizenzen nötig, da die Spiele gute Kritiken erhielten und sich hervorragend verkauf­ten. Das Markenzeichen der Firma war stets die herausragende Grafik. „Anders als etwa Atari

haben wir Grafiker eingestellt, die das Optimum aus Farbkombinationen, Grafik und Hintergrün­den aus der limitierten Hardware herausholten.“

Verantwortlich für diesen Vorsprung war Michael Becker, ehemaliger Kreativdirektor bei einer Werbeagentur und ab 1982 Art Director von Imagic. Zusammen mit Wilfredo Aguilar entwarf er Grafiken auf einem Atari 800. Sie verfolgten bewusst unterschiedliche Ansätze für VCS und Intellivision. Aufgrund der schwa­chen Hardware beließen sie es bei Atari­

» [Atari 2600] Für Atlantis II wurde ein Highscore-Wettbewerb gestartet.

Für 3 Dollar konnte man Mitglied in Imagics „Numb Thumb Club“ („Tauber-Daumen-Club“) werden. Dafür gab es neben dem Mitgliedsaus-weis ein Poster und einen Newsletter („Numb Thumb News“), von dem aber nur zwei Ausgaben erschienen. Das Heft wurde vom fiktiven Imagic-Boss Armand Hans III. herausgegeben und infor-mierte über die anstehenden Spiele für Atari 2600, Atari 400/800, Intellivision und Odyssey². Daneben gab es Highscore-Listen und Spieletipps. In der zweiten Ausgabe wurde der „Experts Club“ vorgestellt, der den besten Spielern Aufkleber, T-Shirts und Jacken anbot. Imagic scheute also keine Kosten und Mühen, um sich die Loyalität der Spieler zu sichern. So konnten sich alle Käufer von No Escape! kostenlos einen Zircon-Joystick im Wert von 15,95 Dollar bestellen.

DIE FIRMEN-ARCHIVE: IMAGIC

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DER »NUMB THUMB CLUB«

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Spielen bei einem schwarzen Hintergrund. Für Mattels Intellivision, das deutlich besser in der Farbdarstellung war, entwarfen sie dynami-schere Bildwelten.

Dadurch wurden Imagics Spiele schnell beliebt. Um die Neuentwicklungen auf Herz und Nieren zu testen, betrieb man ein eigenes Testzentrum, wo Kinder um ihre ehrliche Mei-nung gebeten wurden. So blieb die Firma auch am Puls der Zeit.

Den Imagic-Oberen war klar, dass gute Spiele alleine nicht für den ge-wünschten Erfolg reichen würden. Sie scheuten keine Kosten, um dem

jungen Unternehmen einen eigenen Marken-kern zu erarbeiten. Nach wenigen Monaten investierte man daher über eine Million Dollar in einen Deal mit der Werbeagentur Keye/Donna/Pearlstein. Imagic-Kunden fanden ihre Spiele fortan schneller im Regal, da sie alle in silber-glänzenden Schachteln steckten.

Nach dem ersten Geschäftsjahr hatte Imagic bereits 86 Angestellte und konnte im Silicon Valley auf die Elite der Programmierer zugreifen. „Dass das Geschäftsfeld sehr lukra-tiv war, wussten wir alle“, schwärmt Rob. „Die Module kosteten in der Herstellung um die 4 Dollar, im Geschäft gingen sie für 30 Dollar und mehr über die Theke.“

Imagic erschloss neue Geschäftsfelder und portierte einige Titel auf Heimcomputer wie den Atari 400/800 oder den Odyssey². Bill plante mittelfristig einen Börsengang und war überzeugt, dass auch für Investoren viel Poten-zial im Unternehmen steckte. Vorerst blieb es aber bei der Entwicklung von Spielen.

Mit Cosmic Ark programmierte Rob die erste Fortsetzung der Videospielgeschichte, es wurde als Nachfolger zu Atlantis eingeführt. Da-bei flog man ein Raumschiff, zerstörte Meteore und konnte mit Landesonden fremde Planeten erkunden. Es verkaufte sich sehr gut, aber der Bestseller der Firma blieb Demon Attack. Es war eines der zehn meistverkauften Spiele in den

USA und erweckte damit nach einigen Monaten die Aufmerksamkeit von Ataris Rechtsabteilung.

Der Videospielriese besaß die Exklu-sivrechte zur Vermarktung von Phoenix auf Heimsystemen und sah durch Demon Attack seine Rechte verletzt. Zusätzlich klagte er wegen unlauteren Wettbewerbs. „Das war Konzernpolitik“, schimpft Rob, und besteht darauf, es wären durch das Imagic-Führungs-team und abgeworbene Programmierer auch keine Betriebsgeheimnisse von Atari zu Ima-gic gewandert. „Die Leute nahmen von Atari nichts mit, außer dem, was sie im Kopf hatten! Ich denke, bei Atari wuchs die Sorge über zu viel Wettbewerb und sinkende Profite.“ Das Verfahren wurde letztlich mit einem Vergleich geschlossen. Details dazu kamen nicht an die Öffentlichkeit, aber Imagic durfte Demon At-tack weiterhin verkaufen.

Um die Jahreswende 1982/1983 lief das Geschäft bei Imagic wie geschmiert: Es wurden Spiele im Wert von 50 Millionen Dollar verkauft, darunter Riddle Of The Sphinx von Bob Smith, Star Voyager, Trick Shot und Fire Fighter. Auch Atlantis verkaufte sich sehr gut. Während ein-zelne Konkurrenten auf dem Markt das Hand-tuch werfen mussten, schienen für Imagic alle Weichen auf Vorfahrt gestellt. Die junge Firma stand kurz davor, als erstes Unternehmen des Videospielebooms an die Börse zu gehen.

Das Wachstum brachte jedoch unlieb-same Veränderungen mit sich. „Alles wurde größer, die Teams wuchsen und waren in der Regel nicht mehr so erfahren“, analysiert Rob. „Es gab viel mehr Diskussionen, das Mana-gement wollte plötzlich bei der Entwicklung mitreden. Die Entwicklungszyklen wurden kür-

» Unsere Leute nahmen von Atari überhaupt nichts mit. « ROB FULOP

» [Atari 2600] In Riddle Of The Sphinx geht es in der Wüste auf Schatzsuche.

ROB FULOP■ Rob hat drei Spiele für das Philips CD-i entwickelt und mit seiner eigenen Firma PF Magic den ersten Haustiersimulator der Welt veröffentlicht: Dogz and Catz. Er verkaufte PF Magic im Jahr 2000 an Mattel und arbeitete anschließend für Playfirst, Video-brain und Zynga. Heute ist er bei Hands On Media und spielt als Keyboarder in der Indierock-Band „Bourbon Therapy“.

DENNIS KOBLE■ Dennis Koble wurde Software Director bei Elec-tronic Arts und ging anschließend zu den Universal Studios. Nach drei Jahren in leitender Funktion bei Mineshaft Entertainment gründete er Illogical Soft-ware und berät heute Videospielfirmen.

BRIAN DOUGHERTY■ Brian Dougherty gründete 1983 Berkeley Soft-ware, die er bis 1995 leitete. Dann entwickelte er mit Wink Communications eine interaktive TV-Software. Danach gründete er mit AirSet eine Softwarefirma. Heute ist er Privatier.

JIM GOLDBERGER■ Jim war stellvertretender Marketingchef von Imagic. Er verließ die Firma Anfang 1985. Anschließend war er in leitender Funktion bei verschiedenen Unternehmen tätig, darunter Geoworks, Canesta, Skytide und Immersion, einem Touchscreen-Hersteller. Heute arbeitet er für Citrix im Business Development.

BILL GRUBB■ Bill war von 1987 bis 1993 Chef von „The Com-plete PC“, danach bei der Interactive Cable Television Company (ICTV). Anschließend leitete er Millenia Soft für rund zwei Jahre. Heute ist er Miteigentümer von Grubb Enterprises, einer Immobilienfirma.

ARCHIVEDIE FIRMEN-

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WAS MACHT EIGENTLICH ...?