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A tavola! 4 / Juli 2009 La Dieta D ie Mittel meer-Diät hat i hren Ur- sprung in der Bodenständigkeit - wie eigent l ich jede regional geprägte Küche. Sie ist gesund, schmackhaft und darüber hinaus relativ günstig. So i st die Frage berechtigt, ob wir in der italienischen Gastronomie in Deutsch- land auch wirkl ich bekommen, wof ür das Land so berühmt ist. Eine Frage, die wir an Herrn Stefano Misischia r ichten, seines Zeichens seit Jahr- zehnten Verkaufsleiter f ür ital ienische Lebensmittelfirmen in Deutschland. Seine Einschätzung: „Die Mittel meer-Diät wird in Deutschland durchaus gelebt, aller- dings nur von einer kleinen Minder- heit von Pros vom Fach. Der große Rest weiß zwar, dass es sie gibt, aber versteht sie nicht und kann sie folgl ich auch nicht in der Küche umsetzen.“ Das klingt ernüchternd. Ist es um die italienische Küche wirklich so schlecht bestellt? Nicht besser oder schlechter als bisher! Die Profis sind jene, die aus ihrer Küche das Beste holen, um das Image Italiens jeden Tag aufs Neue von seiner besten Seite zu zeigen. Dieses Engagement kann man nicht hoch genug schätzen - aber wie gesagt: Es sind nicht viele. Vielleicht nur eini- ge Dutzend, und ihnen stehen tausende von Pseudo-Italienern gegenüber!Was meinen Sie mit „Pseudo- Italienern? Hinter dem Symbol der Mittel- meer-Diät - und überhaupt hinter dem Made in Italy - verstecken sich viele Trittbrettfahrer und Improvisierer, die dem Prinzip der hohen Qualität trotzen und zum Beispiel billige Produkte ein- setzen, um den größtmöglichen Profit zu erzielen. Dann gibt es Restaurants, an de- nen das einzig ital ienische der Name ist - und selbst dieser ist of t noch falsch geschrieben! Genauso falsch wird hier die Küche interpretiert, und da dies im großen Stil geschieht, haben im Lauf der Jahre so- gar die Gäs- te die falschen Zubereitungen als die echten akzeptiert, und somit ein völl ig verzerrtes Bild der italienischen Küche übernommen. Dies ist ein gefährlicher Boome- rang, denn die Wenigen, die die echte italienische Küche kennen, tendieren inzwischen zum heimischen Herd und bereiten zumindest die einfachen Ge- richte selbst zu und meiden die Gas- tronomie. Was kann man dagegen tun? Man müsste - kurz gesagt - die Glaubwürdigkeit wieder herstel- len, und dazu gehört Verschiedenes. Zunächst ist es bekannt, dass man den Wert der Önogastronomie ent- wickeln und auch der Mittelklasse die Mögl ichkeit geben muss, zwi- schen gutem Essen und schlechterem zu unterscheiden. THEORIE UND PRAXIS Die Mittelmeer-Diät in der Gastronomie Wird sie wirklich angeboten? Gespräch mit einem kritischen Experten Bilder: UFS, At Teoria e atic a Der 47-j ähri ge Stefano Misischia kommt aus Rom. Seine Familie arbeitet seit zwei Generati- onen im Bereich der italienischen Lebensmittel , so koordiniert er heute den Verkauf eini ger erlesener Hersteller auf dem deutschen Markt. Stefano hat die Wertigkeit italienischer Nah- rungsmittel schon als Kind vom Vater Mario vermittelt bekommen und gilt als Verfechter der i talienischen Qualität ohne Kompromisse. 30 AT_2009_04_v41.indd 30 A T 2 0 dd dd dd 3 30 0

A Tavola - Mittelmeer Diät

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A Tavola - Mittelmeer Diät

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30 A tavola! 4 / Juli 2009

La Diet

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Die Mittelmeer-Diät hat ihren Ur-sprung in der Bodenständigkeit -

wie eigentlich jede regional geprägte Küche. Sie ist gesund, schmackhaft und darüber hinaus relativ günstig. So ist die Frage berechtigt, ob wir in der italienischen Gastronomie in Deutsch-land auch wirklich bekommen, wofür das Land so berühmt ist. Eine Frage, die wir an Herrn Stefano Misischia richten, seines Zeichens seit Jahr-zehnten Verkaufsleiter für italienische Lebensmittelfirmen in Deutschland. Seine Einschätzung:

„Die Mittelmeer-Diät wird inDeutschland durchaus gelebt, aller-dings nur von einer kleinen Minder-heit von Profis vom Fach. Der große Rest weiß zwar, dass es sie gibt, aber versteht sie nicht und kann sie folglich auch nicht in der Küche umsetzen.“

Das klingt ernüchternd. Ist es um die italienische Küche wirklich so schlecht bestellt?

„Nicht besser oder schlechter als bisher! Die Profis sind jene, die aus ihrerKüche das Beste holen, um das ImageItaliens jeden Tag aufs Neue von seinerbesten Seite zu zeigen.

Dieses Engagement kann man nicht hoch genug schätzen - aber wie gesagt:Es sind nicht viele. Vielleicht nur eini-ge Dutzend, und ihnen stehen tausendevon Pseudo-Italienern gegenüber!“

Was meinen Sie mit „Pseudo-Italienern?

„Hinter dem Symbol der Mittel-meer-Diät - und überhaupt hinter demMade in Italy - verstecken sich vieleTrittbrettfahrer und Improvisierer, diedem Prinzip der hohen Qualität trotzenund zum Beispiel billige Produkte ein-setzen, um den größtmöglichen Profitzu erzielen.

Dann gibt es Restaurants, an de-nen das einzig italienische der Nameist - und selbst dieser ist oft noch falschgeschrieben! Genauso falsch wird hierdie Küche interpretiert, und da dies im

großen Stil geschieht, haben im Lauf der Jahre so-

gar die Gäs-te die falschen Zubereitungen als die echten akzeptiert, und somit ein völlig verzerrtes Bild der italienischen Küche übernommen.

Dies ist ein gefährlicher Boome-rang, denn die Wenigen, die die echte italienische Küche kennen, tendieren inzwischen zum heimischen Herd undbereiten zumindest die einfachen Ge-richte selbst zu und meiden die Gas-tronomie.“

Was kann man dagegen tun?„Man müsste - kurz gesagt -

die Glaubwürdigkeit wieder herstel-len, und dazu gehört Verschiedenes. Zunächst ist es bekannt, dass man den Wert der Önogastronomie ent-wickeln und auch der Mittelklasse die Möglichkeit geben muss, zwi-schen gutem Essen und schlechteremzu unterscheiden.

THEORIE UND PRAXIS

Die Mittelmeer-Diät in der GastronomieWird sie wirklich angeboten? Gespräch mit einem kritischen Experten

Bilder: UFS, At

Teoria e pratica

Der 47-jährige Stefano Misischia kommt ausRom. Seine Familie arbeitet seit zwei Generati-onen im Bereich der italienischen Lebensmittel,so koordiniert er heute den Verkauf einiger erlesener Hersteller auf dem deutschen Markt.Stefano hat die Wertigkeit italienischer Nah-rungsmittel schon als Kind vom Vater Mariovermittelt bekommen und gilt als Verfechter der italienischen Qualität ohne Kompromisse.

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Atavola!

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Der erste Schritt ist es also, gut ge-schultes Personal einzusetzen, damit so-wohl im Saal als auch in der Küche das Verständnis für Produkte und deren Kombination herrscht.

Dafür kann man auf die Absol-venten der vielen Hotelfachschulen Ita-liens zurückgreifen, anstatt ungelernte Hilfskräfte einzusetzen, die deutlich we-niger Kosten aber auch keine Garanten für Erfolg sein können.“

Und der zweite Schritt?„Der ergibt sich aus dem ersten: Mo-

tivierte und gut geschulte Mitarbeiter führen zu einer besseren Auswahl bei der Warenqualität und werden beim Ein-kauf im Sinne der Qualität entscheiden. Es ergibt sich eine Spirale der Qualität, die sich nach oben dreht. Diese wird sich auch auf den Handel auswirken, aber mehr noch auf die Empfindung des Gas-tes, der gern in ein gutes und bekömm-liches Abendessen investieren wird.“

Lässt sich das auch umsetzen?„Vom Wort zur Tat zu

schreiten war noch nie ein-fach - vor allem weil jene,die seit Jahrzehnten inder Gastronomietätig sind, von ih-ren Gewohnheitenkaum abzubringenund für gute Rat-schläge sehr verschlossen sind. Es wäretöricht zu glauben, dass man hier vieloder gar Entscheidendes ändern kann.Vielmehr sollte man an der jüngeren Ge-neration arbeiten, die sich gerade erstihre Erfahrung aufbaut, die eine Bereit-schaft zu Änderungen mitbringt und dienicht an das schnelle Geld auf Kostenbetrogener Gäste glaubt.

Schließlich haben viele Deutsche die italienischen Spezialitäten auchbei ihren Reisen in Italien probiert,und dabei merkt man doch die Unter-

schiede! Es wäre an der Zeit, das Eini-ge dies merken und ihre Haltung über-denken.“

Schon wieder recht harte Worte...„Aber ehrliche! Aber ich stelle mich

gern zur Verfügung, um dieses - zugege-ben - recht brisante Thema mit Ihren Le-sern zu diskutieren!“

Gerne doch! Senden Sie einfach eine E-Mail an [email protected] - wir leiten sie an Herrn Misis-chia weiter - er und wir freuen uns auf Ihre Kommentare!

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