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„Arbeitsinstrumente zur Bilanzierung von formell und informell erworbenen Kompetenzen Älterer“ Praxis-Handreichung erstellt im Rahmen des Leitvorhabens „Zielgruppenorientiertes Übergangsmanagement“ durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) Roland Geldermann, Mario Gottwald September 2008

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„Arbeitsinstrumente zur Bilanzierung von formell

und informell erworbenen Kompetenzen Älterer“

Praxis-Handreichung

erstellt im Rahmen des

Leitvorhabens „Zielgruppenorientiertes Übergangsman agement“

durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung ( f-bb)

Roland Geldermann, Mario Gottwald

September 2008

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Arbeitsinstrumente zur Bilanzierung von formell und informell erworbenen Kompetenzen Älterer

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ...................................... ................................................................................3

1.1 Für wen ist diese Handreichung bestimmt? ....... ................................................3

1.2 Was heißt Kompetenzbilanzierung?............... .....................................................3

1.3 Kompetenzbilanzierung bei Älteren.............. .......................................................5

2. Kompetenzbilanzierung ........................... ....................................................................7

2.1 Allgemeines.................................... .......................................................................7

2.2 Eine Auswahl erprobter Instrumente............. ......................................................8

2.2.1 Anforderungsorientierte Instrumente.......... ......................................................10

a) Zukunftsgespräche............................ .................................................................10

b) Personalbeurteilung im Handwerk .............. ......................................................11

c) KODE® ........................................ ........................................................................13

d) Das Kasseler Kompetenz-Raster................ .......................................................14

e) Kompetenznachweis im Ehrenamt (verschiedene) . .........................................15

2.2.2 Entwicklungsorientierte Verfahren ............ ........................................................17

a) Der ProfilPASS............................... .....................................................................17

b) Die Kompetenzbilanz (KAB Süddeutschlands/Deut sches Jugendinstitut) ....19

c) KomPakt50.................................... ......................................................................20

2.2.3 Ausgewählte ausländische Verfahren........... ....................................................21

a) Frankreich: Bilan de compétences............. .......................................................21

b) Schweiz: Schweizerisches Qualifikationshandbu ch .......................................22

2.3 Resümee und Ausblick........................... ............................................................24

3. Literatur und Links ............................. ........................................................................25

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1. Einleitung 1.1 Für wen ist diese Handreichung bestimmt? Während in den letzten Jahren Ansätze zum Übergangsmana-gement für Jugendliche an der ersten und zweiten Schwelle entwickelt wurden, ist Übergangsmanagement für Ältere unter strukturellen, konzeptionellen und gestalterischen Aspekten entwicklungspolitisches Neuland. Es gibt dafür bisher keine institutionalisierten Strukturen. Bildungseinrichtungen, kommunale und andere Beratungsstel-len, Vereine verschiedenster Ausrichtung, aber auch Arbeitge-ber sind mit einer wachsenden Anzahl älterer Kunden, Mitglie-der, Bewerber usw. konfrontiert. Nach wie vor werden Ältere aber wenig differenziert betrachtet, sondern vorwiegend in die Schubladen „Beschäftigte mit Einschränkungen“ oder „passive Ruheständler“ einsortiert. Interessen und Ziele resümieren sich dann für erstere in der Reduktion von Belastungen, für letztere in der Freizeitgestaltung. Die Ansprüche wandeln sich jedoch. Viele Ältere wollen nicht mehr nur den Ruhestand genießen, sondern auch als aktive Mitglieder der Gesellschaft Anerken-nung finden, sei es in Erwerbstätigkeit oder im Bürgerschaftli-chen Engagement. Die Nutzung neuer Technologien wie Com-puter und Internet ist ein weiteres Anliegen von Senioren. An-dere erwarten professionelle Unterstützung bei familiären Betreuungsaufgaben, Krisen in der Partnerschaft oder auch der alltäglichen Lebensführung. Wieder andere würden gern ein anspruchsvolles Hobby aufnehmen und finden keine für sie geeigneten Angebote. Einrichtungen, die die Möglichkeit haben, mit ihren Kunden (Be-triebe mit ihren Mitarbeitern) eine individuelle Kompetenzbilanz zu erarbeiten, können der Vielfalt der Fähigkeiten und Motive besser gerecht werden. Die Wirksamkeit von Bildungs- und Beratungsangeboten, sowie Beschäftigungsformen für Ältere lässt sich verbessern, wenn zunächst eine Kompetenzbilanzie-rung durchgeführt wird. Dafür existieren zahlreiche Instrumente, die jedoch häufig ei-nem anderen Kontext entstammen bzw. für eine andere Ziel-gruppe konzipiert wurden. Diese Handreichung soll regionalen Akteuren - Beratungsstel-len, Bildungseinrichtungen, Initiativen, Vereinen, aber auch Be-trieben - die Ältere bei der Entwicklung neuer Perspektiven am Übergang in die nachberufliche oder eine weitere Erwerbspha-se unterstützen, beim Finden, Anpassen und Einsetzen geeig-neter Bilanzierungsinstrumenten helfen.

Arbeitshilfen für regionale Akteure, die mit Älteren befasst sind

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1.2 Was heißt Kompetenzbilanzierung? Im betrieblichen Kontext – bei der Personalauswahl und Perso-nalentwicklung – werden zahlreiche Verfahren der Kompetenz-analyse und -messung eingesetzt, die letztlich auf Konzepte amerikanischer Arbeitspsychologen der 1960er Jahre zurück-gehen. Damals ging es darum, der Verwendung von Intelligenz-tests bei der Beurteilung von Bewerbern ein wirksameres Kon-zept entgegenzusetzen. Heute werden eher die Zeugnisse als mangelhaft angesehen, die die Kandidaten mitbringen, weil sie nur Auskunft darüber geben, welche Bildungsgänge eine Per-son durchlaufen hat, aber nicht, was sie wirklich kann. Kompetenzen werden sowohl durch Lernen in Schule und Aus-bildung als auch in der praktischen Tätigkeit – sei es am Arbeit-platz, in der Familie oder in der Freizeit erworben. Schulzeug-nisse erfassen nicht die Kompetenzen informeller Herkunft, Arbeitszeugnisse wiederum sind nicht viel aussagekräftiger, weil sie mit Blick auf die Vermeidung arbeitsrechtlicher Konflikte ausgestellt werden. Arbeitgeber sind daher bei Personaleinsatz und –entwicklung auf eigene Instrumente bzw. solche, die von Beratern angeboten werden oder der Managementliteratur ent-nommen sind, angewiesen. Die Validität solcher betrieblicher Kompetenzmessungen ist aber meist nur auf den innerbetriebli-chen Kontext und eine ganz bestimmte Fragestellung be-schränkt, so dass diese für das Individuum nicht verwertbar für seine berufliche Mobilität sind. Kompetenzdefinitionen „Kompetenzen sind Dispositionen zur Selbstorganisation menschli-chen Handelns, … sie sind Selbstorganisationsdispositionen“ (Erpen-beck 2003).

„Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwor-tungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001).

“A competence is the ability to meet a complex demand successfully or carry out a complex activity or task” (OECD, Rychen, Salganik 2002). Als Arbeitsdefinition soll für diesen Text die Definition der OECD zug-runde gelegt werden, also: Kompetenz ist die Fähigkeit zur erfolg-reichen Bewältigung komplexer Aufgaben. Ein Beispiel (nach Gnahs 2007): Die Fremdsprachenkompetenz einer Person umfasst nicht nur die Kenntnis von Grammatikregeln und Be-herrschung der Aussprache, sondern auch den Mut, sich in einer fremden Sprache auszudrücken und die Beherrschung einer situati-onsgerechten Kommunikation in dieser Sprache. Gerade für Menschen, die sich in einer biografischen Über-gangssituation befinden, ist eine Kompetenzbilanzierung wich-tig. Sie kann helfen, den eigenen Standort zu bestimmen und

Kompetenz ist mehr als Qualifikation

Kompetenzbilanzierung zur Bewältigung eines biografischen Übergangs

„If you are hiring a ditch-digger, it doesn’t matter if his IQ is 90 or 110 – what matters is, if he can use a shovel.“ (McClelland 1973)

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Entwicklungsziele zu formulieren. Viele Menschen sind sich ihrer Stärken gar nicht richtig bewusst. So unterschätzen zum Beispiel Arbeitssuchende häufig die Kompetenzen, die sie in der Familientätigkeit, in der Freizeit oder in einem Verein er-worben haben und die sich durchaus auf die Arbeitswelt über-tragen ließen. Eine Kompetenzbilanzierung verhilft ihnen zu einem besseren Auftreten auf dem Arbeitsmarkt. 1.3 Kompetenzbilanzierung bei Älteren Zunächst stellt sich die Frage: Wer ist überhaupt „älter“? Das biografische Stadium „Alter“ hängt nur wenig mit einer bestimm-ten Anzahl von Lebensjahren zusammen. Vielmehr werden Phasen der Vergesellschaftung von Individuen (Bildung – Arbeit – Ruhestand) auf das Individuum projiziert. Menschen, die nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen oder vor dem Ausscheiden stehen, wird diese Statuspassage als individuelle Eigenschaft, (häufig konnotiert mit nachlassender Leistungsfähigkeit) zuge-schrieben. Dem schließt sich diese Schrift nicht an. Wenn im Folgenden von „Älteren“ die Rede ist, so sind damit nicht Per-sonen mit einer bestimmten psychischen oder physischen Ver-fassung gemeint, sondern solche, die vor dem Übergang in die Nacherwerbsphase stehen oder diesen bereits vollzogen ha-ben. Je nachdem, wie und mit welcher Zielsetzung der Übergang vollzogen oder nicht vollzogen wird, ergeben sich verschiedene Aufgaben einer Kompetenzbilanzierung. Eine Bestandsaufnahme individueller Kompetenzen am Über-gang in die Nacherwerbsphase liefert generell die Grundlage für eine aussichtsreiche Neuorientierung. Dabei kann es gehen um: Fortsetzung der Erwerbstätigkeit: Die wenigsten Menschen können oder wollen wie manche Professoren, Politiker oder Firmenchefs auch jenseits der 65 auf ihrem bisherigen Posten bleiben. Die meisten Unternehmen drängen nach wie vor auf ein – eher zeitiges – Ausscheiden der Älteren, um die Stellen mit jüngerem Nachwuchs besetzen zu können. Die Beschäftig-ten selbst fühlen sich oft den Belastungen nicht mehr gewach-sen, haben eventuell gesundheitliche Probleme oder möchten auch einfach mehr Zeit für die Familie und Hobbys haben. Wenn Geldverdienen (oder auch berufliche Anerkennung) je-doch noch ein Thema ist, stellt sich die Frage einer Weiterbe-schäftigung in der bisherigen Firma auf einem anderen Arbeits-platz und zu neuen Konditionen oder die Übernahme eines neuen Jobs im Rahmen von geringfügiger oder Teilzeitbeschäf-tigung. Auch Selbstständigkeit kann in Frage kommen, z. B. bei Berater- oder Vertriebstätigkeiten.

Altersgerechte Beschäfti-gung

„Älter“ ist eine gesell-schaftliche Zuschreibung, die auf natürliche Prozes-se anspielt

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Aus Arbeitgebersicht sind Ältere unter zwei Gesichtspunkten interessant: Zum einen kann die bisherige Firma des vor dem Ausscheiden stehenden Mitarbeiters daran interessiert sein, dessen Wissen und Erfahrung nicht ganz zu verlieren und ihn deshalb noch weiter an sich zu binden. Auf der anderen Seite gibt es viele Unternehmen, die Rentnerinnen und Rentner in geringfügigen oder Teilzeittätigkeiten beschäftigen, für die Jün-gere nicht zur Verfügung stehen. Im ersten Fall muss ein neuer Aufgabenzuschnitt für den Mitar-beiter gefunden werden. Sein Kompetenzspektrum wird aber durch die bisher ausgeübten Tätigkeiten nur unzureichend ab-gedeckt, so dass eine Bilanzierung, die auch informell erworbe-ne Kompetenzen erfasst, sinnvoll ist. Im zweiten Fall muss sich ein Arbeitgeber ein Bild von einem neuen Mitarbeiter machen, dessen bisherige Tätigkeit mit der nun angestrebten vielleicht nicht viel zu tun hat. Auch dafür ist die Kompetenzbilanz eine gute Grundlage. Gestaltung des Ausstiegs: Für das Individuum geht es darum, vor dem endgültigen Ausscheiden Beruf und Privatleben in eine neue Balance zu bringen. Viele verkraften einen Übergang von hundert auf Null schlecht, fühlen sich abgeschoben und leiden unter dem Statusverlust. Die Firmenpensionärsvereine sind voll von Ehemaligen, die noch etwas Prestige aus der vergangenen Zugehörigkeit zu einer renommierten Firma ziehen wollen. Ein allmählicher Rückzug und die Neuordnung der Prioritäten tra-gen viel zur psychischen Stabilität und physischen Gesundheit bei. Dafür müssen natürlich auch geeignete Rahmenbedingun-gen in den Unternehmen geschaffen werden, zu denen auch die Möglichkeit gehört, nach dem Ausscheiden noch Kontakt zu halten. Eine Kompetenzbilanzierung kann jedoch dem einzel-nen helfen, sich nach vielen Jahren erst einmal bewusst zu ma-chen, was es außerhalb von Büro und Fabrikhalle noch an inte-ressanten Aufgaben gibt: Sie kann als Instrument der weiteren Lebenslaufplanung dienen. Gestaltung der Nacherwerbsphase: Senioren können im Rahmen des Bürgerschaftlichen Engagements in kommunalen Einrichtungen, Vereinen oder bürgerschaftlichen Initiativen ge-sellschaftlich wichtige Arbeit leisten, die jedoch in der Regel Qualitäts- und Qualifikationsstandards unterliegt. Ob man als Touristenführer seine Stadt präsentiert und repräsentiert, beim Vorlesen im Kindergarten sprachlich und pädagogisch über-zeugt oder im Sportverein die Wirbelsäulengymnastik nach ak-tuellen Erkenntnissen leitet – stets geht es darum, diese an-spruchsvollen Aufgaben auch „professionell“ durchzuführen. Eine Kompetenzbilanzierung kann einen eventuellen Qualifizie-rungsbedarf für die angestrebte Tätigkeit aufdecken und die Motivation und das Durchhaltevermögen für die ehrenamtliche Tätigkeit überprüfen.

Neuorientierung

„Professionelles“ bürger-schaftliches Engagement

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2. Kompetenzbilanzierung 2.1 Allgemeines Instrumente zur Erfassung und Bewertung von Kompetenzen lassen sich zunächst nach verschiedenen Analyseebenen un-terscheiden. Diese Handreichung beschränkt sich auf Instru-mente, die sich auf die Ebene des Individuums beziehen (im Unterschied zu Gruppe, Organisation, Netzwerk). Auf der Ebene des Individuums werden verschiedene Kompe-tenzklassen unterschieden. Gängig ist dieses Modell:

Fachkompetenz Wissen, sensomotorische Fähigkeiten, fachliche Urteilsfähigkeit für die sach-kundige Bewältigung von Arbeits- und Lebensbereichen

Methodenkompetenz Beherrschung von Kulturtechniken (Fremdsprachen), Umgang mit Informa-tionstechnologien sowie kreative Prob-lemlösung neuer Aufgaben

Soziale und kommunikative Kompetenz

Teamfähigkeit, Ausdrucksfähigkeit, Empathie, Übernahme von Verantwor-tung

Personale Kompetenz Fähigkeit zur Einordnung eigenen Er-fahrungswissens, Selbstbewusstsein, Selbstmanagement, Reflexionsfähigkeit

Abbildung 1: Kompetenzmodell Für die einzelnen Kompetenzklassen werden jeweils eine Reihe von Indikatoren gebildet und validiert. Die Instrumente unter-scheiden sich danach, ob sie Kompetenzen „nur“ identifizieren oder diese auch bewerten. So erfassen manche Instrumente Kompetenzen rein deskriptiv, andere unterlegen ein Bewer-tungsraster.

Abbildung 2: Beispiel einer Kompetenzbilanz des Deutschen Jugend Instituts. Quelle: http://cgi.dji.de/bibs/33_633komp.pdf

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Unterschieden werden drei Stufen der Kompetenzbilanzierung: 1. Erfassen und identifizieren 2. Beurteilen 3. Zertifizieren oder Validieren Auf der ersten Stufe geht es darum, Kompetenzen überhaupt aufzudecken, auf der zweiten wird ihre Ausprägung bewertet. Die dritte Stufe verlangt einen institutionellen Rahmen, der für die Gültigkeit des Ergebnisses der Kompetenzbilanzierung steht, d. h. in der Regel die staatliche Anerkennung. So kann z. B. in Frankreich mittels einer Kompetenzbilanzierung prinzi-piell jeder Berufs- oder Hochschulabschluss unabhängig vom Besuch des entsprechenden Bildungsgangs erworben werden (validation des acquis de l’expérience, nicht zu verwechseln mit dem bilan de compétences). In Deutschland gibt es diese Mög-lichkeit bisher nicht. Der Begriff „Validieren“ wird gewählt, wenn zwar kein Rechtstitel mit dem Kompetenznachweis verbunden ist, aber doch eine höhere Gültigkeit (z. B. durch die Anerken-nung seitens renommierter Institutionen) als z. B. ein einzelbe-trieblicher Kompetenzcheck angestrebt ist. Für die Beurteilung werden meist zwischen drei und fünf Stufen herangezogen. Die Skala: Anfänger – Könner – Experte kann dabei noch weiter differenziert werden. Zum Beispiel so:

Abbildung 3: Beispiele für Quantifizierungen von Kompetenzen 2.2 Eine Auswahl erprobter Instrumente Die im Folgenden kurz dargestellten Instrumente wurden unter dem Gesichtspunkt zusammengestellt, dass sie für eine Hand-habung im Kontext eines regionalen Übergangsmanagements mindestens in Frage kommen, wenn auch mit Anpassungen. Das heißt, dass Large-Scale-Instrumente, die für internationale Vergleiche herangezogen werden (ALL, IALS usw.) ausge-nommen sind, ebenso wie kommerzielle Tests, die nach außen intransparent und überdies mit hohen Kosten verbunden sind.

Kenner

Könner

Experte

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Instrumente, die speziell für Ältere entwickelt wurden, gibt es nur selten. Immer steht die Verwertung für die berufliche Ent-wicklung im Vordergrund. Für die Zielsetzungen einer Verwer-tung von Kompetenzen im Ehrenamt oder einer Neuorientie-rung in der Nacherwerbsphase gibt es bisher unserer Kenntnis nach keine speziellen Instrumente, wenngleich einige auch da-für eingesetzt werden könnten. Kompetenzen werden auf unterschiedliche Weise ermit telt: Prüf- und Testverfahren beanspruchen, an einer exemplari-schen Aufgabenbewältigung eine zugrunde liegende allgemei-nere Kompetenz ablesen zu können. Persönlichkeitstests zielen demgegenüber auf überdauernde Eigenschaften oder Dispositionen und werden auch zur Diag-nose von Sozialkompetenzen eingesetzt. Biografische Verfahren zielen auf die Rekonstruktion der Kompetenzentwicklung, wobei häufig von ausgeübten Tätigkei-ten auf zugrunde liegende Kompetenzen geschlossen wird. Die Kompetenzbilanzierung kann auf einer Selbsteinschät-zung oder einer Fremdeinschätzung (oder beidem) beruhen. Bei Tests und Prüfungen dominiert die Fremdeinschätzung, die höhere Objektivität und Vergleichbarkeit von Personen an-strebt. Bei biografischen Verfahren wird meist der Selbstein-schätzung der Vorzug gegeben. Subjektive Färbungen werden in Kauf genommen, besonders wenn es mehr um einen Selbst-reflexionsprozess als um interindividuelle Vergleichbarkeit geht. Schließlich unterscheiden sich die Instrumente danach, ob sie ein Kategorienschema (und womöglich ein Bewertungsschema) vorgeben oder nicht. Manche Verfahren lassen Kompetenzen frei beschreiben, wobei die Anforderung an die Verbalisierungs-fähigkeit der Person hoch ist. Andere geben Items und evtl. Bewertungsstufen vor, die nur angekreuzt werden müssen. Einige Verfahren kombinieren verschiedene Methoden, wie Tests, Interviews, Aufgabensimulationen. Die im Folgenden dargestellten Instrumente werden beschrie-ben nach

• Hintergrund und Zielsetzung • Vorgehen und • Bewertung: In die Bewertung gehen die Kriterien „Über-

tragbarkeit auf die Zielgruppe der Älteren und die Ziel-setzung des aktiven Alterns“, „Handhabung/ Aufwand/ Kosten/ Notwendige Qualifikation des Personals“ und „Verfügbarkeit von Begleitmaterialien oder Schulungs-angebot“ ein.

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2.2.1 Anforderungsorientierte Instrumente Anforderungsorientierte Instrumente verfolgen die Zielsetzung, Kompetenzen im Hinblick auf aktuelle oder künftige Aufgaben abzuschätzen. Sie basieren explizit oder implizit auf einem Kompetenzmodell, das – zumeist betriebliche – Anforderungen widerspiegelt (Gillen 2003). a) Zukunftsgespräche Hintergrund und Zielsetzung Das Instrument entstammt einem Projekt der Demografie-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das vom Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) durchgeführt wurde. Es ist speziell für die Zielgruppe der Älte-ren konzipiert und wendet sich an Arbeitgeber bzw. das Perso-nalmanagement im Unternehmen. Es soll die Personalentwick-lung und den Personaleinsatz in der letzten Phase des Er-werbslebens unterstützen und den Ausstieg aus dem Erwerbs-leben vorbereiten. Zukunftsgespräche „schützen die Betriebe vor abrupten Abschieden und ältere Arbeitskräfte vor der inne-ren Emigration“. Vorgehen Zukunftsgespräche werden mit Mitarbeitern ab dem 55. Le-bensjahr geführt. Das Vorgehen umfasst vier Schritte: 1) Bewertung der Person Bei der individuellen Bewertung befinden die Verantwortli-chen (in der Regel der Vorgesetzte) über das jeweilige Leis-tungsvermögen der Person, sie wagen eine Prognose über die Passung des Leistungsvermögens auf zukünftige Anfor-derungen und sie formulieren ihre Wünsche an den fragli-chen Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin. (2) Klärungs- und Handlungsbedarf Danach listen die Verantwortlichen die Resultate ihrer Analysen auf. Es kristallisieren sich drei Personengruppen heraus:

1. Personen, die man um jeden Preis so lange wie möglich halten will,

2. Personen, die man gerne halten würde, 3. Personen, bei denen man an „weiche“ Formen des Aus-

stiegs (Vorruhestand, Altersteilzeit) denkt. Für jede Person wird ein Klärungs- und Handlungsbedarf fest-gelegt; z.B. Qualifizierung, anderer Arbeitsplatz, Aufstieg, Vor-bereitung der Nachfolgeregelung (falls Mitarbeiter bzw. Mitar-beiterin schon älter ist). (3) Anforderungsabgleich im Gespräch Nach dieser Positionsbestimmung durch das Management werden die Zukunftsgespräche mit dem Mitarbeiter bzw. der Mitarbeiterin durchgeführt. Sie werden sorgfältig vorbereitet und

Abbildung 4: Schritte bei Mitarbei-tergesprächen. Quelle: www.demowerkzeuge.de

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von Personen geführt, die das Vertrauen der Älteren genießen. In den Zukunftsgesprächen kommen die folgenden Themen zur Sprache:

• die beruflichen und privaten Pläne der Beschäftigten: Aufstieg, anderer Arbeitsplatz, Berufsaustritt u. ä.,

• die Zufriedenheit mit ihrer jetzigen Arbeitssituation, • der Wandel der Arbeit in den nächsten Jahren (z.B.

technologische Veränderungen, andere Arbeitsorgani-sation) und die Potenziale der Beschäftigten, mit diesen Veränderungen zurecht zu kommen,

• die betrieblichen Absichten. (4) Schriftliche Zusammenfassung Die Ergebnisse des Zukunftsgesprächs, also die einvernehm-lich erzielten Verabredungen zwischen Betrieb und älterem Ar-beitnehmer bzw. älterer Arbeitnehmerin, werden schriftlich fest-gehalten. Auf ihre Einhaltung können die älteren Beschäftigten in den sogenannten Routine-Gesprächen drängen. Bewertung Es handelt sich um ein gering standardisiertes, flexibles Verfah-ren, das einen Rahmen für eine Kompetenzbilanzierung nach betrieblichen Kriterien vorgibt. Es ist von qualifizierten Perso-nalentwicklern gut zu handhaben. Der Aufwand besteht „nur“ in der eingehenden Beschäftigung mit der in Frage stehenden Person. Die ausführliche Beschreibung ist zu finden unter www.demowerkzeuge.de (Unterstützung von Personalfunktio-nen – Weiterbildung und Personalentwicklung). Es müssen kei-ne Kosten veranschlagt werden, allerdings stehen auch keine weiteren Hilfsmittel oder Begleitmaterialien (abgesehen von einigen Firmenbeispielen) zur Verfügung. b) Personalbeurteilung im Handwerk Hintergrund und Zielsetzung Das Instrument entstammt ebenfalls einem Projekt der Demo-grafie-Initiative. Es wurde vom IAP Institut für Arbeitssystem-gestaltung & Personalmanagement entwickelt. „Es handelt sich um ein Instrument, das von Handwerksbetrieben als Grundlage für ein Gespräch zur individuellen Beratung und Förderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eingesetzt werden kann“ (www.demowerkzeuge.de). Es ist nicht ausschließlich für eine bestimmte Altersgruppe, aber unter dem Gesichtspunkt der alternden Belegschaften entwickelt worden und unterscheidet sich dadurch – zumindest der Absicht nach - von den in der Wirtschaft üblichen Entwicklungsgesprächen. „Ziel ist die Offenlegung von persönlichen Entwicklungsbedar-fen, um eine berufliche Weiterentwicklung von Beschäftigten aller Altersgruppen zu ermöglichen“ (ebd.). Es wurde für das Handwerk entwickelt, weist aber dafür keine offensichtlichen Spezifika auf.

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Vorgehen Es wird eine Reihe von Beurteilungskriterien vorgegeben, aus denen Betriebe die für sie relevanten auswählen oder weitere ergänzen können, z. B. Teamfähigkeit bzw. Fähigkeit zur Ko-operation, Arbeitsqualität, Umgang mit Arbeitsmaterial, Arbeits-systematik bzw. Genauigkeit, Leistungsbereitschaft, Fortbil-dungsinteresse, Kritikfähigkeit, Einsatzbereitschaft, Flexibilität, Unternehmerisches Denken, Selbstständigkeit, Belastbarkeit, Zuverlässigkeit, Innovationsfreudigkeit, Verantwortungsbereit-schaft, Loyalität, Verhandlungsgeschick. Die Bewertung erfolgt durch Punkte: von '6 Punkte' für 'sehr gut' bis zu '1 Punkt' für 'stark verbesserungswürdig'.

Abbildung 5: Auszug aus dem Bewertungsbogen. Quelle: Weber/ Herzog 2005 Führungskräfte und Beschäftigte füllen jeweils einen Bogen aus. Beide werden mittels der „Orientierungsspinne“ ausge-wertet. In einem abschließenden Zweiergespräch werden die Unterschiede in der Bewertung diskutiert und konkrete Schritte der weiteren Personalentwicklung vereinbart. Bewertung Das Instrument ähnelt den zahlreichen in Unternehmen häu-fig „handgestrickt“ eingesetzten Kompetenzbewertungsver-fahren, mit denen ein Abgleich zwischen betrieblichen An-forderungen und den Kompetenzen des Personals vorge-nommen wird. Es ist auch nicht speziell für Ältere, aber jeden-falls mit der Zielsetzung des Erhalts einer lebenslangen Be-schäftigungsfähigkeit entwickelt worden. Es ist eine Be-

Abbildung 6: Orientierungsspinne. Quelle: Weber/ Herzog 2005

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standsaufnahme nach betrieblichen Kriterien. Die ganze Last der Berücksichtigung der Stärken Älterer oder der Gesund-heitsaspekte fällt in das Abschlussgespräch, für das keine Ar-beitshilfen angeboten werden. Allerdings bietet das Institut auch eine Schulung an. Das Instrument erlaubt nicht nur eine Beschreibung, sondern auch eine Bewertung von Kompetenzen (eigentlich Verhalten) und damit auch einen Vergleich von Mitarbeitern. Die Gefahr von subjektiven Verzerrungen ist dabei in hohem Maß gege-ben. Anwender sollten sich darüber im Klaren sein und das Schwergewicht auf den Abgleich von Selbst- und Fremdbild und die Vereinbarung von Entwicklungsschritten legen, weniger den Beurteilungsbogen als „objektive“ Messung ansehen. Der Aufwand einer Umsetzung liegt im Wesentlichen bei der Anpassung für das eigene Unternehmen. Anwender sollten jedoch einschlägig qualifiziert sein oder werden. Die Empfeh-lung der Entwickler „Dieses Instrument kann von jedem Hand-werksbetrieb in Eigenregie eingesetzt werden“ sollte professio-nelle Unterstützung nicht ausschließen. Abrufbar unter www.demowerkzeuge.de (Unterstützung von Personalfunktionen – Weiterbildung und Personalentwicklung). c) KODE® Hintergrund und Zielsetzung Das Verfahren wurde auf der Basis eines selbstorganisations-theoretischen Modells von den Wissenschaftlern John Erpen-beck, Volker Heyse und Horst Max zur Messung der „Grund-kompetenzen einer Person“ (fachlich-methodische, sozial-kommunikative, personale und aktivitätsbezogene) entwickelt. Es wird als „objektivierendes Einschätzungsverfahren für den Vergleich von Kompetenzausprägungen“ beschrieben. Die Er-gebnisse werden quantifiziert und können in der zeitlichen Ent-wicklung verglichen werden. Es ist für einen betrieblichen Kon-text (Personal-auswahl, Poten-zialeinschät-zung etc.) kon-zipiert, jedoch nicht speziell für Ältere (Erpen-beck 2007). Vorgehen Kernstück ist ein standardisierter Fragebogen mit 120 Items, der von der Testperson in ca. 20 Minuten ausgefüllt wird. Dabei geht es nicht um eine Selbstein-schätzung von Kompetenzen, sondern um ihre Messung unab-hängig von einem geschönten oder auch zu bescheidenen Selbstbild. Die Items sind so konzipiert, dass sie nicht als An-

Abbildung 7: Ausschnitt aus dem standardisierten Fragebogen. Quelle: www.iep-bera-tung.de/leistungen_personalentwicklung-kode.html

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zeichen für diese oder jene Kompetenz „durchschaut“ werden können. Die quantitative Auswertung nach Formblatt oder com-putergestützt benötigt nur wenige Minuten. Anschließend kann ein mehr oder weniger ausführliches Auswertungsgespräch geführt werden. Dafür werden verschiedene Formate angebo-ten. KODE darf nur von lizenzierten Trainern, die in mehrtägigen Trainings geschult wurden, eingesetzt werden. Damit sollen die Qualität gesichert und die Persönlichkeitsrechte der Testperso-nen geschützt werden. Die Kosten des Lizenzerwerbs sind nicht veröffentlicht. Bewertung Das Instrument erfüllt höchste methodische Ansprüche, ist je-doch nur über den Erwerb einer Lizenz zugänglich. Es wurde nicht speziell für die Zielgruppe der Älteren entwickelt, ist aber auch für sie einsetzbar, sofern der Verwendungszusammen-hang der beruflichen Entwicklung gegeben ist. Altersspezifische Fragen einer Um- oder Neuorientierung in der letzten Phase des Berufslebens müssten vom Trainer eingebracht werden. d) Das Kasseler-Kompetenz-Raster Hintergrund und Zielsetzung Das Verfahren wurde von Simone Kauffeld, Sven Grote und Ekkehard Frieling am Institut für Arbeitswissenschaft der Uni-versität Kassel entwickelt. Es bietet die Möglichkeit, die berufli-che Handlungskompetenz von Mitarbeitern bei der Bewältigung von Optimierungsaufgaben in Gruppen zu messen, die sich in den Äußerungen der Teilnehmer zeigen. Es ist ein objektivie-rendes Verfahren, das auch unternehmensübergreifende Ver-gleiche ermöglichen soll.

Es wurde nicht speziell für Ältere konzipiert, ließe sich jedoch für die Beantwortung der Fragen die bei einer Gestaltung der letzten Erwerbsphase anstehen, nutzen. Die Ermittlung der be-ruflichen Handlungskompetenz für Optimierungsaufgaben gibt

Abbildung 8: Kasseler-Kompetenz-Raster. Quelle: Kauffeld, S.: Messung der beruflichen Hand-lungskompetenz, Präsentation (o. Jahr), www.exemplo.de/exemplo/resource.html

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zumindest teilweise Aufschluss über die Einsetzbarkeit des Mit-arbeiters in der letzten Erwerbsphase. Vorgehen Die Durchführung verlangt ein bestimmtes betriebliches Setting: Eine Gruppe von Personen, die in einem Arbeitszusammen-hang stehen, diskutieren in 60 bis 90 Minuten eine – simulierte – betriebliche Problemstellung. Die Gruppendiskussion wird auf Video aufgezeichnet, die verbalen Äußerungen der Teilnehmer werden anschließend von geschulten Beobachtern nach den ca. 50 Kriterien des Rasters kodiert und ausgewertet. Details siehe: Kauffeld, S./Grote, S./Frieling, E.: Das Kasseler Kompetenz-Raster (KKR) in: Erpenbeck, J./v. Rosenstiel, L. (Hrsg): Handbuch Kompetenzmessung, Stuttgart 2007 Bewertung Das Verfahren ist theoretisch fundiert und erfüllt methodische Qualitätsansprüche. Allerdings ist es aufwändig und auf die Anwendung im Betrieb beschränkt. Es setzt geschultes Perso-nal voraus, mit 30 Stunden Zeitaufwand für die Auswertung einer Gruppendiskussion ist zu rechnen. Noch offen ist nach Angabe der Autoren auch die Frage, ob die in einer speziellen Situation gewonnenen Erkenntnisse über die Mitarbeiterkompetenzen auf andere Situationen (Routineaufga-ben, Gespräche mit Kunden) übertragen werden können. Bisher wurde das Verfahren nur im Rahmen von Forschungs-projekten eingesetzt. An eine Lizenzierung und ein Schulungs-angebot ist gedacht. e) Kompetenznachweis im Ehrenamt (verschiedene) Hintergrund und Zielsetzung Der Kompetenznachweis für Ehrenamt und Freiwil-ligenarbeit basiert auf einer Initiative der Hessi-schen Landesregierung im Rahmen der Kampagne „Gemeinsam aktiv". Ziel ist es, die in ehrenamtli-cher Tätigkeit erworbenen Kompetenzen für die berufliche Entwicklung nutzbar zu machen. Das im Ehrenamt gezeigte Verhalten wird in die im betrieb-lichen Kontext übliche Sprache übersetzt. Von Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke, interkultu-reller Kompetenz ist die Rede. Das Instrument ist nicht für Ältere entwickelt, es richtet sich offiziell überhaupt nicht an eine bestimmte Zielgruppe. Es geht vielmehr darum, Personen mit einem (zusätz-lichen) Nachweis beruflich verwertbarer Kompeten-zen auszustatten. Vorgehen Der Kompetenznachweis wird online entweder von einem Individuum für sich selbst oder von einer Organisation für ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter Abbildung 9: Kompetenznachweis für Ehrenamt und Frei-

willigenarbeit. Quelle: www.kompetenznachweis.de

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ausgestellt. Dabei helfen vorgegebene Textbausteine. Nach-dem man das Formular als PDF erhalten hat, legt man es der Organisation zur Unterschrift vor. Details unter www.kompetenznachweis.de. Ähnlich auch der schweizerische Sozialzeitausweis: www.sozialzeitausweis.ch

Leistungsausweis für ehrenamtliche Jugendarbeit

Felix Muster, geboren am 01.04.1985, ist seit dem 10.08.1993 Mitglied der Pfadibewegung Schweiz und hat seit dem 01.01.2002 die Funktion als Stufenleiter. In dieser Funktion ist er verantwortlich für ca. 40 Kinder im Alter von 11 bis 15 Jahren. In der Erfüllung seiner Aufgaben steht er einem Team von 4 Leitern und Leiterinnen vor und ist zusätz-lich Mitglied des Leitungsteams der Pfadiabteilung. Zu seinen Aufgaben gehören im Wesentlichen: � Koordination und Betreuung der Leiter und Leiterinnen � Planung, Organisation und Durchführung von Aktivitä ten und zweiwöchigen Lagern � Planung und Umsetzung von Aus- und Weiterbildung für die unterstellten Leiter und Leite-

rinnen sowie den Jugendlichen � Pflege und Kontakte zu Eltern und Behörden � Finanzielle Verantwortung im Rahmen der Tätigkeit � Ansprechperson für persönliche Anliegen Die Fähigkeit für diese Aufgabe erlangte er im Pfadibetrieb sowie in den Ausbildungskursen der Pfadibewegung Schweiz. Wir schätzen Felix Muster als ein sehr zuverlässiger und selbständiger Leiter, der seine Aufga-be weitsichtig , zielgerichtet und mit einer hohen Leistungsbereitschaft anzugehen weis. Er zeichnet sich durch gute Ideen aus, welche er mit seinem Team erfolgreich umsetzen kann. Auf-grund seiner fachlichen und persönlichen Fähigkeiten sowie seiner offenen Art gewann er sowohl unser Vertrauen als auch das der Eltern und Jugendlichen. Auch in schwierigen Situationen be-hält er den Überblick und weis diese zu meistern. Mit seiner Gitarre vermag er seine Gruppe zu begeistern und stimmungsvolle Singabende zu gestalten. Seine fröhliche, ehrliche und freundschaftliche Art wird sehr geschätzt. Wir danken Felix Muster ganz herzlich für seinen enormen Einsatz in der Jugendarbeit, für wel-che er unentgeltlich einen beträchtlichen Anteil seiner Freizeit aufwendet. Wir hoffen, dass er noch möglichst lange in unserer Organisation mitwirken wird und wünschen ihm für ihre berufli-che Zukunft viel Glück und Erfolg. Pfadibewegung Schweiz, 01.05.2004 Angelo Jugend Rita Ehrenamt Abbildung 10: Muster eines Kompetenznachweises im Schweizerischen Sozialzeitausweis. Quelle: www.sozialzeitausweis.ch Bewertung Das Instrument reiht sich in die Vielzahl von Verfahren ein, Kompetenzen, die außerhalb der Arbeitswelt erworben wurden, für diese sichtbar und nutzbar zu machen. Es spiegelt eher das Wohlwollen der ausstellenden Organisation gegenüber dem Freiwilligen, gibt über die Kompetenzen einer Person nur sehr schlicht und allgemein Auskunft. Immerhin ist es keine bloße Auflistung der Tätigkeiten, die im Ehrenamt ausgeübt wurden,

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wie beispielsweise der Berliner Freiwilligenpass (www.berlin.de/freiwilligenpass/informationen). Für Ältere wäre eher die umgekehrte Richtung einer Diagnose von Kompetenzen nötig. Nämlich: Welche im Beruf gezeigten Kompetenzen lassen sich auf freiwilliges Engagement übertra-gen. Hierzu sind den Verfassern dieses Textes keine Verfahren oder Instrumente bekannt. 2.2.2 Entwicklungsorientierte Verfahren Charakteristisch für entwicklungsorientierte Verfahren ist, dass sie kein Kompetenzmodell bzw. keine Indikatoren für Kompe-tenzen vorgeben. Kompetenzen werden vielmehr offen ermittelt und beschrieben. Damit sind Vergleiche zwischen verschiede-nen Personen nicht möglich, andererseits besteht auch die Chance, dass individuelle Kompetenzen nicht „durchs Raster fallen“. Die Zielsetzung bei entwicklungsorientierten Verfahren ist daher auch nicht die einer möglichst exakten Messung, sondern ein Sensibilisierungsprozess bei den Nutzern. Diese sollen sich mit ihren (beruflichen oder anderen) Kompetenzen auseinander-setzen, sich ihre Stärken bewusst machen und dialogfähig ge-genüber potenziellen Arbeitgebern werden. Typischerweise wenden sie sich an Personen, die keine oder nicht ausreichen-de berufliche Kompetenznachweise haben. a) Der ProfilPASS Hintergrund und Zielsetzung Unter den zahlreichen Passinitiativen, die seit Mitte der 1990er Jahre in Deutschland aus dem Boden sprießen und die häufig nur eine Loseblattsammlung disparater Dokumente bieten, ist das ProfilPASS-System hervorzuheben, das mit ca. 15.000 ausgegebenen Pässen und ca. 1000 Beratern inzwischen in Deutschland eine stärkere Verbreitung als andere Instrumente gefunden hat. Es wurde von Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) und des Instituts für Ent-wicklungsplanung und Strukturforschung an der Universität Hannover (ies) im Rahmen eines BLK-Modellversuchs entwi-ckelt. Das ProfilPASS-System umfasst neben dem Instrument „ProfilPASS“ selbst ein darauf abgestimmtes Beratungskon-zept. Die ProfilPASS-Berater werden im Rahmen eines zweitä-gigen Seminars auf die Beratungstätigkeit vorbereitet. Im Mit-telpunkt stehen die Methoden der biografischen Kompetenzer-mittlung. Die Durchführung dieser Seminare obliegt speziell qualifizierten Multiplikatoren, die in der Regel an so genannten Dialogzentren zur Verbreitung des ProfilPASS-Systems ange-siedelt sind. Koordiniert werden die Aktivitäten durch eine bun-desweite ProfilPASS-Servicestelle.

Abbildung 11: Profilpass. Quelle: www.profilpass-online.de

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Ziel ist, „die systematische Ermittlung und Dokumentation eige-ner Fähigkeiten und Kompetenzen, unabhängig davon, wo sie erworben wurden“ (www.profilpass-online.de) zu unterstützen. Dadurch sollen die außerhalb von Schule und Berufsausbildung erworbenen Kompetenzen eine Aufwertung erfahren, „die unter anderem zu einer Erhöhung von Chancengleichheit, zu der Teilhabe an Bildung und Entwicklungsmöglichkeiten in unserer Gesellschaft beiträgt“ (ebd.). Vorgehen Das Verfahren ist das der Selbsteinschätzung, ggf. mit Anlei-tung. Als Arbeitshilfe wird ein Ringordner mit Vordrucken ange-boten, der für 27,90 € (Stand 2008) bestellt werden kann. Er ist in vier Stufen aufgebaut, und führt den Nutzer von der Be-standsaufnahme seiner Lebensstationen über ausgeübte Tätig-keiten zu der Ermittlung der dabei gezeigten Kompetenzen und schließlich zur Formulierung von Zielen und nächsten Schritten einer Laufbahnplanung. In einer fünften Abteilung können Zeugnisse und andere Dokumente abgeheftet werden. Da der Reflexionsprozess, der dabei vom Nutzer verlangt ist, nicht von jeder Zielgruppe problemlos bewältigt werden kann, werden Interessenten auf das Beratungs- und Kursangebot verwiesen. Details siehe www.profilpass-online.de. Derzeit (September 2008) gibt es 42 zertifizierte sog. Dialogzentren, die mit der bundesweiten ProfilPASS-Servicestelle beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in Bonn kooperieren. Sie bieten Informationen rund um den ProfilPASS an und führen Qualifi-zierungen für Beratende und Kursleitende durch. Bewertung Das – qualitativ durchaus hochwertige - Instrument dient vor-wiegend der Selbstreflexion und ist als solches auch von der Zielgruppe der Älteren zu verwenden. Eine Fallstudie zum Ein-satz bei Langzeitarbeitslosen über 50 ist in der Broschüre „Stand der Anerkennung non-formalen und informellen Lernens in Deutschland“ des BMBF dokumentiert (Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn, Berlin 2008, S. 121). Zu prüfen ist allerdings die Akzeptanz eines Verfahrens, das bei Älteren die Bereitschaft voraussetzen würde, ein langes Leben noch einmal komplett aufzurollen und minutiös nach verborge-nen Kompetenzen zu durchforsten. Ohne eine Beratungsstruk-tur, die die Älteren proaktiv anspricht, dürften die Aussichten dafür eher gering sein. Von einschlägig qualifizierten Personen ist das Instrument gut zu handhaben. Der Ordner ist über den Buchhandel zu bezie-hen, Trainings werden bundesweit angeboten. In manchen Re-gionen sind sie aufgrund einer Förderung kostenlos.

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b) Die Kompetenzbilanz (KAB Süddeutschlands/ Deutsc hes Jugendinstitut) Hintergrund und Zielsetzung Das Instrument wurde im Rahmen eines europäischen Koope-rationsprojekts entwickelt. Es fokussiert auf soziale Kompeten-zen, die in der Familientätigkeit erworben wurden und will diese für betriebliche Personalentwicklung sichtbar und verwertbar machen. Es basiert auf der Selbsteinschätzung der Person, die ihre Kompetenzen bilanzieren möchte und soll für den Dialog mit dem Arbeitgeber genutzt werden. Vorgehen Die Kompetenzbilanz ist eine Arbeitsmappe, die mit einer Anlei-tung zur Reflexion der eigenen Familienarbeit und einer Selbst-einschätzung erworbener Kompetenzen beginnt. Am Ende wird ein Kompetenzprofil erstellt, das mit vorgegebenen Kategorien arbeitet und eine Bewertung zwischen „sehr gut“ (1) und „nicht gut“ (5) verlangt. Zur Validierung wird angeregt, eine Fremdein-schätzung einzuholen. Ob dies auch geschieht, liegt beim An-wender. Das Verfahren ist theoretisch fundiert und an zahlreichen Bearbeiter/innen erprobt. Die Arbeitsmappe kann abgeru-fen werden unter http://cgi.dji.de/bibs/33_633komp.pdf. Inzwischen wurde eine Kompetenzbi-lanz aus dem Ehrenamt nach dem glei-chen Muster erarbeitet. Auch eine Kom-petenzbilanz für Migranten/-innen liegt vor. Bewertung Die Beschränkung auf Familienarbeit und die Zielrichtung auf eine berufliche Verwertung machen die Kompetenzbi-lanz für Ältere nur eingeschränkt tauglich. Sie eignet sich spe-ziell für jene die nach einer Familienphase wieder in den Beruf einsteigen wollen. Für die Umsetzung ist eine Begleitung und Beratung zu emp-fehlen. Dies betonen auch die Autoren, die aber auch die Mög-lichkeit sehen, das Instrument allein aufgrund des Arbeitsmate-rials zu verstehen und einzusetzen. Ein konkretes Beratungs- oder Schulungsangebot ist auf der Homepage der federführen-den Institute allerdings nicht zu finden.

Abbildung 12: Deckblatt der Arbeitsmappe zur Kompe-tenzbilanz. Quelle: http://cgi.dji.de/bibs/33_633komp.pdf

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c) KomPakt50 Hintergrund und Zielsetzung Das vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) im Rahmen eines Kooperationsprojekts zur Wiedereingliederung älterer Langzeitarbeitsloser entwickelte Instrument nimmt spe-ziell die Zielgruppe der älteren Arbeitslosen und deren über-fachliche Kompetenzen in den Blick. Es basiert auf dem Empo-werment-Ansatz und hat zum Ziel das Selbstbewusstsein und die Selbstvermarktungsfähigkeit der Zielgruppe zu stärken. „Empowerment ("Selbstbefähigung"; "Stärkung von Autonomie und Eigenmacht") - das ist heute eine Sammelkategorie für alle solchen Arbeitsansätze in der psychosozialen Praxis, die Menschen zur Ent-deckung eigener Stärken ermutigen und ihnen Hilfestellungen bei der Aneignung von Selbstbestimmung und Lebensautonomie vermitteln. Die Praxis des Empowerment ist eine mutmachende Praxis — sie unterstützt Menschen bei ihrer Suche nach Selbstbestimmung und autonomer Lebensregie und liefert ihnen Ressourcen, mit deren Hilfe sie die eigenen Lebenswege und Lebensräume eigenbestimmt gestal-ten können“ (Norbert Herriger (www.empowerment.de)). Vorgehen Das Instrument wird von den Betreu-ern/Trainern der Arbeitslosen im Dialog mit diesen eingesetzt. Es kombiniert Selbst- und Fremdeinschätzung und sieht eine Be-wertung von Kompetenzen nach vorgege-benen Items auf einer Viererskala vor. Die ausführliche Beschreibung findet sich in (Elsholz, U./Hammer, V. 2008) Bewertung Das Instrument wurde speziell für die Ziel-gruppe älterer Arbeitsuchender konzipiert. Bei der Auswahl der zu bewertenden Kom-petenzfacetten wurde darauf geachtet, dass die Stärken Älterer berücksichtigt werden, andererseits aber auch „Vermittlungs-hemmnisse“ wie Gesundheitsverhalten und äußeres Erscheinungsbild. Die Entwicklung des Instruments ist noch nicht abgeschlossen. Interessierte können jedoch Materialien und Beratung beim Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (www.f-bb.de) erhalten.

Abbildung 13: Strukturdia-gramm zum KomPakt50. Eigene Darstellung (f-bb)

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2.2.3 Ausgewählte ausländische Verfahren a) Frankreich: Bilan de compétences Hintergrund und Zielsetzung In Frankreich haben alle Erwerbspersonen (also auch Arbeitsu-chende, Selbstständige, Beamte) ein Recht auf eine Bilanzie-rung ihrer Kompetenzen im Rahmen eines speziell dafür ge-schaffenen Urlaubsanspruchs. Der bilan de compétences, dessen Durchführung und Finanzie-rung in einem Gesetz von 1991 geregelt ist, wird an akkreditier-ten Centres interinstitutionels de bilans de compétences durch-geführt. Er gilt als Ausgangspunkt für ein berufliches Vorhaben bzw. berufliche Weiterentwicklung. Jeder Berufstätige soll in Frankreich die Möglichkeit einer Kompetenzbilanzierung haben. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos. Ziele sind die Stärkung der Eigenverantwortung, die institutio-nelle Verankerung des lebenslangen Lernens und die Aufwer-tung der informell erworbenen Kompetenzen. Erwerbstätige und Arbeitsuchende sollen zu aktiven Gestaltern ihrer eigenen beruflichen Entwicklung werden. Die in Frankreich traditionell starke Unternehmensbindung soll gelockert und die Abhängig-keit des einzelnen vom Unternehmen verringert werden. Aber auch den Arbeitgebern sollen damit Personalabbauvorhaben erleichtert werden. Der Fokus liegt gemäß dieser Ausrichtung nicht darauf, eine Person in möglichst günstigem Licht erscheinen zu lassen und einen entsprechenden Ausweis gegenüber potenziellen Arbeit-gebern auszustellen. Allerdings erweist sich in der Praxis, dass viele Arbeitsuchende und auch von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen die Bilanzierung in diesem Sinne nutzen möchten. Vorgehen Das Vorgehen ähnelt dem von Assessment Centern. Es kom-biniert ein Inventar aus unter-schiedlichen Methoden und Instrumenten:

• Lebenslaufanalyse • Interviews • Fragebögen und psychometrische Tests • Simulationen, Arbeitsproben, Planspiele, Rollenspiele

Abbildung 13: Information des zuständigen französischen Ministeriums zum „bilan de compétence. Quelle: www.travail-solidarite.gouv.fr

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Die Durchführung sieht drei Phasen vor: Phase 1: Vorbereitung und Vertragsgestaltung

• Vereinbarung von Zielen und Inhalten • Individuelle Zusammenstellung des Methodenreper-

toires Phase 2: Durchführung

• Interviews zur Reflexion der Berufsbiografie • Tests • Persönlichkeitsinventare • Simulationsübungen • Beurteilung der Lern- und Entwicklungspotenziale

Phase 3: Abschluss

• Ergebnisbesprechung: Stärken-/ Schwächenprofil • Redaktionsgespräch für das schriftliche Gutachten • Schriftliche Skizzierung der nächsten beruflichen Schrit-

te • Vereinbarung eines Follow-up-Termins nach 6 Monaten

Der gesamte Prozess nimmt etwa 24 Stunden innerhalb von vier bis sechs Wochen in Anspruch. Bewertung Die institutionellen Voraussetzungen, die in Frankreich existie-ren, sind in Deutschland nicht gegeben. Es gibt allerdings hier-zulande kommerzielle Anbieter, die ähnlich arbeiten. Denkbar ist es, im Rahmen von regionalen Verbünden zwischen Kom-munen, Bildungsdienstleistern und Forschungseinrichtungen (evtl. der Arbeitsverwaltung) Kompetenzbilanzierungszentren einzurichten, die nach einheitlichen Standards vorgehen und für Neutralität und Qualität sorgen. Da der Aufwand pro Person relativ hoch ist, muss mit entsprechenden Kosten gerechnet werden. Die Eignung für die Zielgruppe der Älteren ist zunächst eher im Bereich der Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit zu sehen. Durch den Methodenmix, der zum Einsatz kommt und die dadurch generierte Vielfalt an Informationen, sollte eine Weiterentwick-lung auch für andere Ziele der Lebensplanung Älterer möglich sein. b) Schweiz: Schweizerisches Qualifikationshandbuch Hintergrund und Zielsetzung Dieses Handbuch wurde im Rahmen einer nationalen Bil-dungsoffensive in der Schweiz in Kooperation von fast 30 Insti-tutionen u. a. aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Verwal-tung und Forschung unter Federführung der Gesellschaft CH-Q (Schweizerisches Qualifikationsprogramm zur Berufslaufbahn) entwickelt. Es „befasst sich mit Fähigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen, über die Jugendliche und Erwachsene verfü-

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gen. Ziel ist es, das berufliche und persönliche Potenzial sicht-bar zu machen, nachzuweisen und so Anerkennungen in Bil-dung und Beruf zu erreichen. … CH-Q richtet sich an einen breiten Kreis von Anwendenden. Angesprochen sind Jugendli-che vor, während oder nach der Erstausbildung, Frauen und Männer mit mehrjähriger Berufserfahrung, Wiedereinsteigerin-nen und Wiedereinsteiger. CH-Q wird auch in Personalwesen und im Erwerbslosenbereich eingesetzt“ (CH-Q 1999, S. 3). Ein Schwerpunkt des Handbuches ist dabei die Sichtbarma-chung und Anerkennung von Leistungen, die nicht ausschließ-lich im Erwerbsleben erbracht wurden, sondern beispielsweise auch in der Familie, in der Freiwilligenarbeit oder in der Freizeit. Das Schweizerische Qualifikationshandbuch ist – ähnlich dem deutschen ProfilPASS – bezogen auf die Stärkung der Selbst-vermarktungskompetenzen des Individuums. Ziele sind die An-erkennung von Kompetenzen aus allen Lebensbereichen, die Förderung der beruflichen Entwicklung und die Unterstützung der betrieblichen Personalauswahl und -entwicklung. Vorgehen Das Handbuch gibt ein Raster vor, das die Erstellung eines persönlichen Kompetenzprofils nach Selbsteinschätzung er-laubt. Werdegang

Erfassen, Beurteilen Potenzial

Persönliches Profil

Lernerfahrungen

Überdenken, Umsetzen Weichenstellung

Perspektive und Maßnahmen

Bewerbungen

Nachweise Aus- und Weiterbildung

Nachweisen Nachweise Arbeitszeugnisse

Nachweise Nichterwerbstätigkeit Abbildung 14: Aufbau des Schweizerischen Qualifikationshandbuchs. Quelle: Schweizerisches Qualifikationshandbuch 1999; eigene Darstellung Das Handbuch kann von jeder Person individuell erarbeitet werden, aber auch Beratung in Bildungszentren ist vorgesehen. Kompetenzen werden nicht nur beschrieben, sondern auch in vier Stufen bewertet. Bewertung Ohne Beratung stellt das Handbuch hohe Anforderungen an Reflexionsfähigkeit und Ausdauer des einzelnen, sofern er da-mit nicht bereits kontinuierlich gearbeitet hat. Gerade bei Älte-ren, deren Lebenslauf viele Stationen beinhaltet, könnte es Ak-zeptanzprobleme geben, wenn sie mit Ende 50 ihre gesamte Biografie detailliert rekapitulieren sollen. Darüber hinaus be-steht die Gefahr, dass sich weniger ein klares Bild von Stärken

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und Schwächen, sondern eine disparate Sammlung von Erfah-rungen, Nachweisen und Kompetenzen ergibt. Das Schweizerische Qualifikationshandbuch ist für eine Ver-wertung im Beruf konzipiert. Sein Anwendungsbereich könnte zwar prinzipiell auf die ab Ende 50 zu bewältigenden Übergän-ge ausgedehnt werden. Dafür wären jedoch noch spezifischere Anleitungen und Arbeitshilfen nötig. 2.3 Resümee und Ausblick Analog zu der gelegentlich erhobenen Forderung nach einer „gendersensiblen Kompetenzerfassung“ (Hesberg 2007) ist eine alterssensible oder altersspezifische Kompetenzerfassung erst noch zu entwickeln. Ansätze dafür finden sich im Instru-ment KomPakt50, das seinerseits nur auf die berufliche Verwer-tung fokussiert ist. Anhaltspunkte könnten dabei sein:

• Die Dossiers und Portfolios (ProfilPASS, Schweizeri-sches Qualifikationshandbuch etc.) sind so angelegt, dass sie ein möglichst umfassendes und differenziertes Bild der Kompetenzen einer Person geben sollen. Bei Älteren besteht die Gefahr, dass ein solches Instrument zu aufwändig und nicht mehr lesbar wird, wenn der gan-ze Lebenslauf in allen Bereichen wieder aufgerollt wer-den soll. An Vieles erinnert man sich vielleicht auch nicht mehr, Anderes aus der Vergangenheit erscheint nicht mehr wichtig, so dass die Akzeptanz eines solchen Instruments leidet. Kompaktere Instrumente, die sich auf bestimmte Fragestellungen konzentrieren, wären hier vorzuziehen.

• Es dominiert – selbst bei den entwicklungsorientierten

Instrumenten – die Erwerbsarbeit als Bezugssystem, wenn auch teilweise implizit. Auch wenn Kompetenzen offen beschrieben werden sollen, ist der Blick meist auf die berufliche Verwertung gerichtet, so dass die Ein-schätzungen letztlich die Anforderungen der Arbeitswelt widerspiegeln („Teamfähigkeit“, „Organisationstalent“, „Kommunikationsstärke“, etc.). Welche Kompetenzen im Beruf nötig sind, darüber scheint weitgehend Einigkeit zu bestehen, aber welche Kompetenzen spielen eine Rolle beim (geglückten) Ausstieg aus dem Beruf? Wel-che sind im bürgerschaftlichen Engagement besonders gefordert?

Neben der Spezifizierung und Weiterentwicklung von Kompe-tenzbilanzierungsverfahren geht es aber auch um flankierende Strukturen, die für eine verlässliche und aussagekräftige An-wendung sorgen. Dabei ist an regionale Bilanzierungszentren ebenso zu denken, wie eine neutrale Bildungsberatung, die die individuelle Lebenslaufplanung unterstützt und dabei hilft, aus

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den Bilanzierungsergebnissen sinnvolle Ziele und Maßnahmen abzuleiten. 3. Literatur und Links Literatur

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2008): Stand der Anerkennung non-formalen und informellen Lernens in Deutschland. Bonn, Berlin

Elsholz, U.; Hammer, V. (2008): Kompetenzen bilanzieren: „KomPakt50“ als neues Verfahren einer zielgruppengerechten Kompetenzanalyse. In: Loebe, H.; Severing, E. (Hrsg.): Integration älterer Ar-beitsloser. Bielefeld

Erpenbeck, J. (2007): KODE® - Kompetenz-Diagnostik und –Entwicklung. In Erpenbeck, J.; v. Ro-senstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart

Erpenbeck, J.; v. Rosenstiel, L. (2007) (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart

Gillen J. (2008): Kompetenzanalyse und Kompetenzerhebung – eine Bestandsaufnahme aus arbeit-nehmerorientierter Perspektive. Hamburg

Hesberg, L. (2007): Empfehlungskatalog zu Instrumenten der Kompetenzerfassung aus der Gender-perspektive. Berlin

KAB Süddeutschlands; Deutsches Jugendinstitut (2000): Kompetenzbilanz. München (Präsentation)

Kauffeld, S.; Grote, S., Frieling, E. (2007): Das Kasseler Kompetenz-Raster (KKR). In: Erpenbeck, J.; v. Rosenstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart

McClelland, D. C. (1973): Testing for Competence rather than for Intelligence. In: American Psycho-logist 28/1973, S. 1-14

Weber, B.; Herzog, B. (2005): Zukunftsstrategien in Handwerksbetrieben - Vorgehensweise. Mön-chengladbach

Schweizerisches Qualifikationshandbuch CHQ, Zürich 1999

Links

Informationen zum ProfilPASS: www.profilpass-online.de

Informationen zu KODE: www.cekom-nrw.de www.iep-beratung.de/leistungen_personalentwicklung-kode.html

Informationen zu Kompetenzbilanz: http://cgi.dji.de/bibs/33_633komp.pdf

Informationen zu Zukunftsgesprächen und zur Personalbeurteilung im Handwerk: www.demowerkzeuge.de

Informationen zu Pässen im Ehrenamt: http://kompetenznachweis.de www.sozialzeitausweis.ch www.berlin.de/freiwilligenpass

Verschiedene Instrumente zur Kompetenzbilanzierung liefert: www.exemplo.de/exemplo/resource.html

Informationen zum Übergangsmanagement versammelt das Online-Handbuch zum Übergangsma-nagement: www.uebergangsmanagement.info