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Abschlussbericht Förderprogramm "Forschung für die Umwelt" im Bereich "Integrierter Umweltschutz in der Kunststoff- und Kautschukindustrie" Forschungs- Reaktive Kunststoffaufbereitung und vorhaben: -formgebung als Einstufenverfahren Kennwort: "Spritzgießcompounder" TV I: Institut für Kunststofftechnologie (IKT) der Universität Stuttgart - vertreten durch Prof.Dr.-Ing. H.G. Fritz - Förderkennzeichen: 0RC0028 TV II: Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH, München (KM) - vertreten durch Geschäftsführer Dr.-Ing. J. Märtl - Förderkennzeichen: 0RC0029 Laufzeit: 01.02.2001 – 31.01.2004

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Abschlussbericht

Förderprogramm "Forschung für die Umwelt"

im Bereich "Integrierter Umweltschutz in der

Kunststoff- und Kautschukindustrie" Forschungs- Reaktive Kunststoffaufbereitung und vorhaben: -formgebung als Einstufenverfahren Kennwort: "Spritzgießcompounder" TV I: Institut für Kunststofftechnologie (IKT) der Universität Stuttgart - vertreten durch Prof.Dr.-Ing. H.G. Fritz - Förderkennzeichen: 0RC0028 TV II: Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH, München (KM) - vertreten durch Geschäftsführer Dr.-Ing. J. Märtl - Förderkennzeichen: 0RC0029 Laufzeit: 01.02.2001 – 31.01.2004

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Berichtsblatt 1. ISBN oder ISSN

2. Berichtsart

Abschlussbericht

3a. Titel des Berichts

„Reaktive Kunststoffaufbereitung und –formgebung als Einstufenverfahren“ Kennwort: Spritzgießcom-pounder (IMC) 3b. Titel der Publikation

Vgl. Anlagen.

4a. Autoren des Berichts (Name, Vorname(n))

Päivi Lehtonen, Ralf Kaiser, Hans-Gerhard Fritz, Rainer Zimmet

4b. Autoren der Publikation (Name, Vorname(n))

Fritz, Hans-Gerhard; Heinemann, Maren; Kaiser, Ralf; Lehtonen Päivi; Ruch, Joa-chim; Sommer, Maria-Kristin; Widmayer, Stephan

5. Abschlussdatum des Vorhabens

01.02.20046. Veröffentlichungsdatum

04.11.20047. Form der Publikation

----------------------------8. Durchführende Institution(en) (Name, Adresse)

Institut für Kunststofftechnologie der Universität Stuttgart Böblingerstr. 70 D-70199 Stuttgart

Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH Krauss-Maffei-Str. 2 80997 München

13. Fördernde Institution (Name, Adresse)

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

53170 Bonn

9. Ber. Nr. Durchführende Institution

10. Förderkennzeichen: 0RC0028

11a. Seitenzahl Bericht

------------------------------------

11b. Seitenzahl Publikation

nn

12. Literaturangaben

nn

14. Tabellen

nn

15. Abbildungen

nn

16. Zusätzliche Angaben

--

17. Vorgelegt bei (Titel, Ort, Datum)

Hartmann, DLR; 04.11.2004

18. Kurzfassung

Entwickelt und erprobt wurde ein sog. Spritzgießcompounder (IMC), welcher eine Kopplung von reakti-vem Werkstoffaufbereitungs- und Formgebungsprozess zu einem Einstufenverfahren ermöglicht. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten wurden exemplarisch aufgezeigt am Beispiel innovativer Prozess-techniken zur Generierung von Naturfasercomposites, hochgefüllten leitfähigen LCP-Rezepturen, PP/PA-Blends mit cokontinuierlicher Phasenstruktur sowie von Polylactidhomo- und copolymeren.

19. Schlagwörter

Einstufenverfahren, Spritzgießcompunder, Nachwachsende Rohstoffe, Naturfaser-Compounds, Bi-polarplatten für Brennstoffzellen, Hochleitfähige Compounds, PA/PP-Blends.20. Verlag

-------------------------------------

21. Preis

-----------------------------------

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I. Aufgabenstellung des Gesamtvorhabens Die Firma Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH, München, hat unter zeitweiser Mit-wirkung des IKT Stuttgart einen sog. Spritzgießcompounder konzipiert, gebaut und funktionell erprobt. Hierbei handelt es sich um eine Spritzgießmaschine, bei der das herkömmliche Schneckenkolben-Plastifizieraggregat durch einen gleichsinnig dre-henden, dichtkämmenden Zweischneckenextruder in Verbindung mit einem Doppel-speichersystem substituiert ist. Ein derartiges innovatives Maschinen- und Verfah-renskonzept erlaubt eine ökonomisch wie ökologisch sinnvolle Verknüpfung von Kunststoffaufbereitungs- und Formgebungsschritt zu einem Einstufenverfahren. Ein zukünftig danach arbeitendes Unternehmen fungiert somit simultan als Kunststoff-compoundeur und -verarbeiter, wobei ihm allerdings auch die Verantwortung für die Werkstoffqualität zufällt. Bei der Entwicklung innovativer, häufig reaktiver Aufbereitungsverfahren, bei der werkstoff- und verfahrensspezifischen Anlagen- und Prozessoptimierung sowie bei Auswahl und Implementierung adäquater Sensorsysteme sind sowohl das klassische Maschinenbauunternehmen als auch der traditionelle Spritzgießbetrieb auf eine enge Zusammenarbeit mit einem auf dem Gebiet der Polymeraufbereitung ausgewiesenen Hochschulinstitut angewiesen. Deshalb sollen im Rahmen des zu beantragenden Verbundvorhabens im Zusammenspiel von KM und IKT vier exemplarisch ausge-wählte und auf den Spritzgießcompounder zugeschnittene Einstufenverfahren grund-lagenbasiert konzipiert, prozess- und anlagenbezogen analysiert und experimentell im Pilotmassstab verifiziert werden. Sie lassen sich stichwortartig wie folgt umreißen: i) Generierung von Langfasercomposites durch Direkteinzug ( DIF-Technolo-

gie) und Inkorporierung von Glas-, Flachs- und Hanflangfasern in Polyolefine und technische Kunststoffe sowie deren Ausformung zu großflächigen techni-schen Bauteilen.

iv) Leitfähigmachung von Hochleistungskunststoffen (PPS, LCP) durch Direktin-korporierung von Hochleitfähigkeitsruß, Graphitpulver und Kohlenstoffkurz-schnittfasern sowie Spritzgießen von Bipolarplatten (Anoden-/Kathoden-struktur) für Direktmethanolbrennstoffzellen (DMFC) aus derartigen Formu-lierungen als Einstufenprozess.

ii) Erzeugung von PP/PA 6.6-Blends mit cokontinuierlicher Phasenstruktur und deren Ausformung zu technischen Formteilen mit angehobenen mecha-nisch/thermischen Eigenschaftsprofilen.

iii) Generierung von Polylactidhomo- und -blockcopolymeren aus dem Dimer der Milchsäure ( Lactid) mittels einer speziell katalysierten Ringöffnungspoly-merisation in einem Zweischneckenextruder sowie deren Ausformung zu dünnwandigen, biologisch abbaubaren Verpackungskomponenten.

Innerhalb dieser Teilprojekte muss jeweils eine verfahrens- und werkstoffspezifische Sensorik entwickelt und auf ihre Effizienz hin überprüft werden.

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Abschlussbericht

des im Rahmen des BMBF geförderten Projektes

„Reaktive Kunststoffaufbereitung und –formgebung als

Einstufenverfahren“ Teilvorhaben 1

Kennwort: Spritzgießcompounder (IMC) Förderkennzeichen: 0RC0028 Ausführende Stelle: Institut für Kunststofftechnologie (IKT) Böblinger Straße 70 D-70199 Stuttgart Universität Stuttgart Projektpartner: Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH

Krauss-Maffei-Str. 2 80997 München

Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. H.-G. Fritz Sachbearbeiter: Dipl.-Ing. R. Kaiser Dipl.-Ing. P. Lehtonen

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 2

Vorwort Die in den Absätzen I und II des BMBF-Musters „Schlussbericht zu Nr. 3.2“ aufgeführten Punkte sind im Wesentlichen in den Berichten zu den vier Teilprojekten A-D des Teilvorhabens 1 abgehandelt. Sehr detailliert und separat ausgearbeitet wurde hingegen der Erfolgskontrollbericht für die vier genannten Teilprojekte.

I. Ergebnisbericht zum Teilprojekt A “Generierung und Formgebung von Langfasercomposites unter Einbeziehung von Naturfasern“

1. Einleitung und Zielsetzung Naturfasern als Verstärkungsmedien in Kunststoffformteilen wecken aus verschiedenen Gründen zu-nehmendes Interesse. Ihre Inkorporierung erfolgt heute nach unterschiedlichen Verfahrenskonzepten. In der Großserienproduktion durchgesetzt haben sich bislang primär Formpressverfahren auf Basis von Faservlies-Halbzeugen (Bild 1). Als formfixierende Matrizes wurden hierbei ursprünglich vernetzende Systeme wie Polyurethane favorisiert, welche sich im Niederdrucksprühverfahren (→ NDS-Verfahren) auf die Fasermatten applizieren lassen.

Herstellungsverfahrenvon

Naturfaserverbundbauteilen

Plastifizier/Press-Verfahren

NMT-Verfahren

NDS-Verfahren SMC-Verfahren

ThermoplastischeMatrizes

DuroplastischeMatrizes

Faservlies-Verfahren

Spritzgieß-verfahren

Extrusions-verfahren

Injektions-/Kompressionsform-

Verfahren

Pultrusions-verfahren

Herstellungsverfahrenvon

Naturfaserverbundbauteilen

Plastifizier/Press-Verfahren

Plastifizier/Press-Verfahren

NMT-Verfahren

NDS-Verfahren SMC-Verfahren

ThermoplastischeMatrizes

DuroplastischeMatrizes

Faservlies-Verfahren

Spritzgieß-verfahren

Extrusions-verfahren

Injektions-/Kompressionsform-

Verfahren

Injektions-/Kompressionsform-

Verfahren

Pultrusions-verfahren

Bild 1: Unterschiedliche Verfahrenskonzepte zur Herstellung von Naturfaserverbundbauteilen

Aus Materialkosten-, Rezyklier- und Handhabbarkeitsgründen zeigt sich mittlerweile allerdings ein Trend zu thermoplastischen Matrixwerkstoffen wie z.B. Polypropylen (PP). Naturfaserverstärkte PP-Formteile lassen sich alternativ durch Verpressen sog. Hybridvliese (→ NMT-Verfahren), die aus variab-len Anteilen an Natur- und Synthesefasern bestehen, oder mit Hilfe des einstufigen Plastifizier-/Pressverfahrens [1] generieren. Die klassischen Kunststoffurformverfahren des Spritzgießens und Extrudierens spielen bei der Fertigung von Naturfaserverbundbauteilen und –halbzeugen derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Mit ihnen lassen sich die an solche Werkstoffe und Formteile zu stellenden Anforderungen in summa bislang nicht erfüllen. Bis heute wird noch kein einziges spritzgießtechnisch hergestelltes Naturfaserverbundbauteil in Automobil eingesetzt.

Da man aber gemeinsam mit dem Projektpartner Krauss-Maffei das größte Marktpotential für Naturfa-serverbundbauteile in der Automobilindustrie sieht, orientieren sich die Zielsetzungen des Teilprojektes A an den strengen Qualitätskriterien der Automobilindustrie für Innenraumverkleidungsmodule. Folgen-de Teilziele müssen daher material- und verfahrenstechnisch erreicht werden:

Herausragende mechanische Composite-Bauteileigenschaften durch • intensive Faser/Matrix-Wechselwirkungen, • einen prozentual hohen Anteil an „langen“ Fasern und eine

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 3

• optimale Faserclusterauflösung und Faserfilamentisierung; Isotropes Werkstoff- und Bauteilverhalten; Minimale Geruchsemissionen durch

• kurze Materialverweilzeiten im Aufbereitungsaggregat in Verbindung mit • einem engen Verweilzeitspektrum und • niedrigen Plastifikattemperaturen.

2. Entwicklungsschritte auf dem Weg zum innovativen IMC-Direktverarbeitungsverfahren

Unter Verwendung der Basismaterialien Flachs und Polypropylen wurden am IKT in den vergangenen Jahren in systematischer Abfolge Entwicklungsarbeiten zu Optimierung der Materialformulierung, der Compositeaufbereitung sowie des Formgebungsschrittes von naturfaserverstärkten Verbundwerkstoffen durchgeführt (Bild 2).

Aufbereitung PP/MAH-Pfropfcopolymere

ZSK 30, 4 kg/h

Aufbereitung PP/NF-Composites

ZSK 30, max. 5 kg/h

Pressen vonMusterplatten

20 min aufheizen bei 180 °C und 15 min abkühlen von 180 - 25 °C

GranulatBand-

extrudat

t > 1 d

Pressen vonMusterplatten

2 min bei 80 °C abkühlen

Band-extrudat

t < 15 sZSK 40, 20 kg/h

MAH-Pfropfungauf PP NF-Eincompoundierung

Compoundier/Press-Verfahren: Einstufenprozess

Compoundier/Press-Verfahren: Mehrstufenprozess

Compoundier/Spritzgieß-Verfahren (IMC): Einstufenprozess

ZE 40, 20 kg/h

MAH-Pfropfungauf PP NF-Eincompoundierung Spritzgießen von

Musterplatten

25 s bei 20 °C abkühlen

Aufbereitung PP/MAH-Pfropfcopolymere

ZSK 30, 4 kg/h

Aufbereitung PP/NF-Composites

ZSK 30, max. 5 kg/h

Pressen vonMusterplatten

20 min aufheizen bei 180 °C und 15 min abkühlen von 180 - 25 °C

GranulatBand-

extrudat

t > 1 d

Pressen vonMusterplatten

2 min bei 80 °C abkühlen

Band-extrudat

t < 15 sZSK 40, 20 kg/h

MAH-Pfropfungauf PP NF-Eincompoundierung Pressen von

Musterplatten

2 min bei 80 °C abkühlen

Band-extrudat

t < 15 sZSK 40, 20 kg/h

MAH-Pfropfungauf PP NF-Eincompoundierung

Compoundier/Press-Verfahren: Einstufenprozess

Compoundier/Press-Verfahren: Mehrstufenprozess

Compoundier/Spritzgieß-Verfahren (IMC): Einstufenprozess

ZE 40, 20 kg/h

MAH-Pfropfungauf PP NF-Eincompoundierung Spritzgießen von

Musterplatten

25 s bei 20 °C abkühlenZE 40, 20 kg/h

MAH-Pfropfungauf PP NF-Eincompoundierung Spritzgießen von

Musterplatten

25 s bei 20 °C abkühlen

Bild 2: Entwicklungsschritte des IKT zur Generierung von naturfaserverstärkten Verbundformteilen mittels eines Direktverarbeitungsverfahrens

Erste Grundlagenuntersuchungen erfolgten unter Praktizierung eines mehrstufigen Compoundier/ Press-Verfahrens (MCP). Sowohl die Funktionalisierung der PP-Matrix mit dem Haftvermittlermolekül Maleinsäureanhydrid (MAH) als auch die anschließende Flachsfaserinkorporierung wurden mittels ei-nes mit einer Breitschlitzdüse gekoppelten Laborzweischneckenextruders, Typ ZSK 30 – L/D = 38 ( Hersteller: Coperion Werner & Pfleiderer, Stuttgart) vorgenommen. Daraus resultierende Bandextrudate werden zeitversetzt auf einer Heiz-/Kühlpresse, Typ P 300P der Firma Dr. Collin, Ebersberg, zu Mus-terplatten verpresst. Durch die Separierung der einzelnen Prozessteilschritte lassen sich Kausalzu-sammenhänge einfach aufklären und Optimierungsschritte gezielt einleiten.

In der zweiten Entwicklungsphase wurden die Teilschritte der Matrixfunktionalisierung und der Naturfa-serinkorporierung zu einem Einstufenprozess (ECP) verknüpft, verbunden mit dem Upscaling des Ge-samtprozesses auf ein größeres Aufbereitungsaggregat (→ ZSK 40 mit L/D = 56). Aufgrund der damit verbundenen Durchsatzerhöhung konnten thermisch homogene Bandextrudate in erster Wärme unter

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 4

Einsatz eines Tauchkantenwerkzeugs vakuolenfrei zu Testplatten verpresst werden. Dieses Herstel-lungsverfahren entspricht der klassischen Strangablegetechnik.

Während der dritten Entwicklungsphase wurde nun im vergangenen Jahr intensiv und in enger Zusam-menarbeit mit unserem Projektpartner, der Firma Krauss-Maffei Kunststofftechnik (KM) daran gearbei-tet, die gewonnen Erkenntnisse und erfolgreichen Entwicklungen auf Basis des einstufigen Compoun-dier/Press-Verfahrens auf die innovativere und wesentlich vielseitigere Spritzgießcompoundiertechnik zu übertragen. Zur Verfügung stand dazu ein Spritzgießcompounder von Typ KM 420-IMC, welcher bis auf das Schmelze-Zwischenspeichersystem dem Schema in Bild 3 entspricht.

Anfahrventil

Schmelze-Zwischenspeicher

Vakuum

Zugabe (Seiteneinspeisung)

Entlüftung

Zweischnecken-ExtruderMaterialzuführung

Einspritzzylinder

Ventil Einspritzzylinder

Feste Aufspannplatte, Schließeinheit

Antrieb Einspritzaggregat

Einspritzaggregat

Extruderantrieb

3a Anfahrventil

Schmelze-Zwischenspeicher

Vakuum

Zugabe (Seiteneinspeisung)

Entlüftung

Zweischnecken-ExtruderMaterialzuführung

Einspritzzylinder

Ventil Einspritzzylinder

Feste Aufspannplatte, Schließeinheit

Antrieb Einspritzaggregat

Einspritzaggregat

Extruderantrieb

Anfahrventil

Schmelze-Zwischenspeicher

Vakuum

Zugabe (Seiteneinspeisung)

Entlüftung

Zweischnecken-ExtruderMaterialzuführung

Einspritzzylinder

Ventil Einspritzzylinder

Feste Aufspannplatte, Schließeinheit

Antrieb Einspritzaggregat

Einspritzaggregat

Extruderantrieb

3a3a

Bild 3: IMC-Spritzgießcompounder (Werkbild Krauss-Maffei Kunststofftechnik, München) [2]

3. Ausgangswerkstoffe und Additive

3.1. Matrix- und Fasertypen Bei der Generierung von PP-Langfasercomposites finden bevorzugt niederviskose PP-Homopolymere und PP-Randomtypen im MFI-Bereich 2 ≤ MFI230°/2,16 ≤ 100 g/min Verwendung. Sie ermöglichen eine problemlose Faserbenetzung und eine schonende Faserclusterauflösung ohne gravierende Faserlän-genreduktion. Für die Hauptuntersuchungen wurden die in Tabelle 1 aufgeführten marktgängigen PP-Typen ausgewählt. Die komplexe Viskosität η* sowie der Speicher- (G´) und Verlustmodul (G“) dieser Matrizes sind in Bild 4 als Funktion der Frequenz ω dargestellt. Während das leichtfließende Novolen 1100 VC ein weitgehend newtonsches Fließverhalten zeigt, ist der Novolentyp 1106 H, dessen Nullvis-kosität um rund zwei Zehnerpotenzen höher liegt, durch eine ausgeprägte Strukturviskosität gekenn-zeichnet.

Tabelle 1: Eigenschaften der Polypropylen-Matrixwerkstoffe

Eigenschaften

Prüfmethode Novolen 1106 H (Fa. Targor)

Novolen 1100 VC(Fa. Targor)

MFI230/2,16 [cm³/10 min] ISO 1133 2,1 100

Zug-E-Modul [N/mm²] DIN 53455 1450 1550

Zugfestigkeit [N/mm²] DIN 53455 33 35

Biegefestigkeit [N/mm²] ISO 178 56 -

Charpy-Schlagz. (aK, 23°C) ISO 179/1eA 5 2,0

Alternativ wurden noch PPU 1780 der Fa. Targor und RJ 370 MO der Fa. Borealis eingesetzt. Ersteres ist ebenfalls ein PP-Homopolymer, dessen Fließeigenschaften mit einem MFI230/2,16 von 25 g/10 min zwischen Novolen 1106 H und 1100 VC liegen. Bei zweitgenanntem Produkt handelt es sich um ein

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leichfließendes PP/PE-Copolymer mit einem MFI230/2,16 von 45 g/10 min, welches mit 136 – 140°C einen gegenüber PP-Homopolymer deutlich reduzierten Schmelzpunkt aufweist. Mit diesem Produkt sollten bei möglichst niedrigen Verarbeitungstemperaturen weitgehend geruchsarme Faserverbundbauteile generiert werden.

Novolen 1106 H, T = 200 °CNovolen 1100 VC, T = 200 °CNovolen 1106 H, T = 200 °CNovolen 1100 VC, T = 200 °C

Bild 4: Rheologische Stoffwertfunktionen G’(ω), G’’(ω) und η*(ω) der eingesetzten PP-Matrix-materialien (TP = 200 °C)

Zur Faserverstärkung wurden sowohl Flachsfasern als auch Hanffasern eingesetzt. Beide Produkte la-gen in gerösteter Form als Kardenbänder mit einer Feinheit von 3000 tex vor. Der Röstflachs stammte von der Füssener Textil AG und die Hanffasern von der HempAge AG, Adelsdorf.

3.2. Haftvermittlungskonzepte Zur Intensivierung der Faser/Matrix-Wechselwirkungen wird ein Haftvermittler benötigt. Als Kopp-lungsmolekül hat sich Maleinsäureanhydrid (MAH) bewährt. Das MAH kann in Form eines Haftvermitt-lerkonzentrats (HVK) oder durch Pfropfen der gesamten PP-Matrix in das Stoffsystem eingebracht wer-den. Die PP/MAH-Pfropfpolymere können mit den Hydroxylgruppen der Cellulosefasern Wasserstoff-brückenbindungen ausbilden oder nach einer Veresterungsreaktion mit den OH-Gruppen kovalent ver-knüpft werden (Bild 5). Als HVK kam der Produkttyp Exxelor PO 1020 der Fa. Exxon Chemicals zum Einsatz. Eine akzeptable Faser/Matrix-Wechselwirkung kann durch die Zugabe von 2 bis 4 Masse-% dieses Haftvermittlerkonzentrats bei einem optimierten Flachs/HVK-Verhältnis von 10 erzielt werden.

Eine weitere Verbesserung der Faser/Matrix-Haftung lässt sich durch eine Direktpfropfung der gesam-ten PP-Matrix mit MAH erreichen. Als Initiator für die radikalisch initiierte Pfropfungsreaktion dient das Peroxid DHBP (2,5-Dimethylhexan-2,5-di-t-butylperoxid). Monomeres Styrol wird zugegeben, um als Charge-Transfer-Komplexe bildende Substanz die Initiatorwirksamkeit zu steigern und damit die MAH-Pfropfrate zu erhöhen. Wird auf das Styrol verzichtet, so sinkt der MAH-Pfropfungsgrad und gleichzeitig wird die PP-Makroradikalbildung mit anschließendem Kettenbruch (→ ß-Scission) reduziert, ohne dass letztere aber vollständig unterbunden werden könnte [3]. Die MAH- und Styrolanteile erfordern eine a-däquate mengenmäßige Abstimmung, weil es sonst durch Homopolymerisation zur Ausbildung alternie-render MAH/Styrol-Copolymere kommt, die als Seitenketten auf die PP-Kettenradikale aufgepfropft werden, aber keinen Beitrag zur Haftungsverbesserung leisten. Mit den in Tab. 2 zusammengestellten Formulierungsparametern wurden deshalb unter Verwendung des Polypropylens Novolen 1106H Pfropfungs- und Compoundierstudien auf Basis ZSK30-Mehrstufenverfahrens durchgeführt.

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 6

O C CH

O C CH Y

2

O

O

O C CH

O O C CH Y

H H

2

Y=PP-Kette

- H O2

O

O

Nat

urfa

ser

Nat

urfa

ser

O

O

OH C CH+ O

OH C CH Y

2

OH C CH+ O

OH C CH Y

2

O

O

O C CH

O C CH Y

2

O

O

O C CH

O O C CH Y

H H

2

Y=PP-Kette

- H O2

O

O

Nat

urfa

ser

Nat

urfa

ser

O

O

OH C CH+ O

OH C CH Y

2

OH C CH+ O

OH C CH Y

2

O

O

Bild 5: Chemische Kopplung von PP/MAH-Pfropfcopolymeren an Cellulosefasern

Bild 6 zeigt für die resultierenden (unverstärkten) PP-Pfropfpolymere die im Oszillationsversuch ermittel-ten zugehörigen Viskositätsfunktionen η*(ω). Man erkennt, dass mit steigenden MAH- und DHBP-Zugabemengen die Nullviskosität signifikant abfällt, was aus einer radikalinitiierten Reduktion der mittle-ren Molmasse wM unter gleichzeitiger Einengung der Molmassenverteilung

nw MM / resultiert. Selbst bei der Zugabe von 2 % MAH liegt die Nullviskosität dieser Probe aber immer noch deutlich über der des nichtfunktionalisierten PP-Typs Novolen 1100 VC.

Tabelle 2: Formulierungsparameter für die

Direktpfropfung von PP mit MAH

15=DHBP

MAH

wwRezeptur MAH

[phr]1 0,52 1,03 1,54 2,0

nStyrol = nMAH

15=DHBP

MAH

wwRezeptur MAH

[phr]1 0,52 1,03 1,54 2,0

nStyrol = nMAH

Wie sich die mechanischen Compositeeigenschaften (Matrix: Novolen 1106H) in Abhängigkeit von den gewählten MAH-Pfropfrezepturen verändern und wie groß der Unterschied zu einem konventionell mit-tels Exxelor PO 1020 kompatibilisierten PP/Flachsfaser-Composites ist, lässt sich anhand der nach ISO 178 und 180 gemessenen Biegefestigkeits- und IZOD-Schlagzähigkeitswerte dokumentieren (Bild 7,8). Bei allen drei Fasergehalten zwischen 20 und 40 Gew.-% zeigt sich, dass durch die PP-Direktpfropfung mit 1 phr MAH die Biegefestigkeitswerte im Vergleich zum HVK-kompatibilisierten Referenzmaterial um ca. 10 bis 12% angehoben werden. Ab diesem MAH-Anteil wird für die Biegefestigkeit ein Eigen-schaftsplateau erreicht. Die Schlagzähigkeitswerte zeigen tendenziell einen geringfügigen Abfall, der mit einem durch erhöhte Peroxidanteile zunehmenden PP-Abbau erklärt werden kann (vgl. Bild 7).

Novolen 1106 HNovolen 1100 VCNov. 1106 H + 0,5 phr MAHNov. 1106 H + 1,0 phr MAHNov. 1106 H + 1,5 phr MAHNov. 1106 H + 2,0 phr MAH

T = 200 °C Novolen 1106 HNovolen 1100 VCNov. 1106 H + 0,5 phr MAHNov. 1106 H + 1,0 phr MAHNov. 1106 H + 1,5 phr MAHNov. 1106 H + 2,0 phr MAH

T = 200 °C

Bild 6: Viskositätsfunktion η*(ω) von unterschiedlich funktionalisierten PP-Typen

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 7

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

2/3/4 Gew.-%Exxelor

0,5 phr MAH 1,0 phr MAH 1,5 phr MAH 2,0 phr MAH

Haftvermittlersystem

Bie

gefe

stig

keit

[N/m

m²]

20 Gew.-% Flachs30 Gew.-% Flachs40 Gew.-% Flachs

0

5

10

15

20

25

30

2/3/4 Gew.-%Exxelor

0,5 phr MAH 1,0 phr MAH 1,5 phr MAH 2,0 phr MAH

Haftvermittlersystem

IZO

D-S

chla

gzäh

igke

it [N

/mm

²]

20 Gew.-% Flachs30 Gew.-% Flachs40 Gew.-% Flachs

Bild 7: Biegefestigkeiten IZOD-Schlagzähigkeit von PP/Flachs-Composites in Abhängigkeit vom Haftvermittlersystem (Mittelwerte von Proben quer und längs zur Extrusionsrichtung)

REM-Aufnahmen, welche von Biegeproben-Bruchflächen gemacht wurden (Bild 8), unterstreichen die exzellente Wirkung des Haftvermittlermoleküls MAH. Charakteristisch für die intensiven Faser/Matrix-Wechselwirkungen sind die kurzen Faser-Pull-Out-Längen, die Matrixreste auf den herausstehenden Fasern sowie das Aufspleißen der querliegenden Fasern. Insbesondere bei den mit 1 phr MAH direkt-gepfropften Materialien ist der Faser-Pull-Out minimal, das Versagen der Fasern tritt vielmehr direkt an der Matrixbruchkante ein. Die Schwachstelle bei diesem Faserverbundwerkstoff ist nicht mehr die Grenzfläche zwischen Matrix und Faser, sondern die Faser selbst.

ExxelorExxelor

1 phr MAH1 phr MAH

Bild 8: REM-Aufnahmen von Bruchflächen unterschiedlicher PP/Flachs-Biegeproben, links: Kompatibilisierung mittels HVK, rechts: Kompatibilisierung durch PP-Funktionalisierung

4. Versuchsdurchführung

4.1. Compoundierung Zur Faserinkorporierung wurden anfänglich sowohl bei KM als auch am IKT ausschließlich konventio-nelle Schneckenelemente, wie Knetblöcke, Zahn- und Igelmischelemente in unterschiedlichen Schne-ckenkonfigurationen getestet. Da mit diesen Schneckenvarianten aber nur unbefriedigende Ergebnisse in Bezug auf Faserclusterauflösung und Restfaserlängenspektrum erzielbar waren, wurden am IKT neue, speziell auf die Naturfasereinarbeitung zugeschnittene, unterschiedliche Schneckenelemente konzipiert. Die besten Resultate werden mit sogenannten Multikämmelementen erzielt (Bild 9).

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 8

Bild 9: Multikämmelemente (Patentantrag eingereicht) [4]

Die Multikämmelemente (MK) zeichnen sich durch die folgenden Merkmale aus:

• geringer mechanischer Scherenergieeintrag,

• nadelförmige Oberflächenstrukturelemente (OSE),

• große flächenbezogene Anzahl an OSE und

• keine Schneidwirkung der OSE.

Das erste Merkmal, der geringe mechanische Scherenergieeintrag, ist aufgrund der Thermosensibilität der Naturfasern sehr wichtig. Durch diese Elementgeometrie wird vermieden, die Fasern durch zu enge Scherspalte dissipativ zu überhitzen.

Oberflächenstrukturelemente mit nadelförmiger Kontur ermöglichen Verhakungen von Faserclustern und den Eingriff in feinste Faserbündel, wodurch eine effektive formschlüssige Auflösung der Strukturen hin zu Elementarfaserfilamenten erzielt wird. Diese Geometrie resultiert aus dem Sachverhalt, dass Na-turfasern wesentlich biegeweicher bzw. flexibler im Vergleich zu anderen Fasern, wie z.B. Kohlenstoff- oder Glasfasern sind. Lassen sich steife Faserstücke in einem Scherfeld leicht auseinanderstreichen, so neigen lange flexible Fasereinheiten dazu miteinander zu verknäulen.

Je größer die flächenbezogene Anzahl an Oberflächenstrukturelementen ist, desto mehr Verhakungs-möglichkeiten ergeben sich für die Naturfasern.

Die letzte Eigenschaft bzw. Anforderung, dass die OSE keine Schneidwirkung ausüben, ist zum einen trivial, um möglichst lange Faserstrukturen zu erhalten. Auf der anderen Seite entsteht bei allen klassi-schen Mischelementen eine Schneidbewegung durch deren entgegensetzte Rotationsbewegung im Eingriffsbereich der dichtkämmenden Oberflächenkonturen. Da die MK demgegenüber nicht ineinan-dergreifen, sondern auf dem Außenradius aufeinander abrollen, entsteht im Zwickelbereich kein Schneid- sondern ein Auskämmeffekt. Aufgrund dieses Sachverhaltes in Kombination mit der großen OSE-Anzahl erhielten die Multikämmelemente (MK) ihre Bezeichnung.

Im folgenden Bild 10 sind das ZSK40-Schneckenkonzept des ECP-Prozesses, welches für Referenz-versuche herangezogen wurde, sowie das ZE40-Schneckenkonzept des IMC-Prozesses dargestellt. In den ersten Gehäusezonen bis zur ersten Vakuumentgasungsstelle erfolgt die reaktive Modifikation der Matrix auf Basis der MAH-Pfropfrezepturen. Der Anschluss einer Vakuumpumpe soll eine möglichst vollständig Extraktion von niedermolekularen Chemikalienrückstände aus dem Compound gewährleis-ten. Über das nachfolgende offene Gehäuse werden die ungetrockneten Röstflachsfasern in Form von Kardenbänder der Schmelze zugeführt und mittels Schneckenrotation schlupffrei eingezogen. Der Fa-sermassenanteil konnte somit über eine Drehzahlvariation sowie über die Anzahl der Kardenbänder de-finiert und langzeitkonstant eingestellt werden. In den nachfolgenden Kämmelementzonen (KEZ) auf Basis der zuvor gezeigten Multikämmelemente werden die Fasern homogen in der Schmelze verteilt und filamentisiert. Über die zweite Vakuumentgasungsstelle wird die Faserrestfeuchte sowie thermisch bedingte, niedermolekulare Faserabbauprodukte herausgezogen.

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 9

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem

Vakuumentgasung VakuumentgasungNaturfaser-Kardenbänder

ZSK 40

KEZ KEZ

a

IMC- ZE 40

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem Vakuumentgasung Naturfaser-Kardenbänder

Vakuumentgasung

b

KEZ

KEZ KEZ

KEZ KEZ

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem

Vakuumentgasung VakuumentgasungNaturfaser-Kardenbänder

ZSK 40ZSK 40

KEZ KEZ

aa

IMC- ZE 40IMC- ZE 40

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem

Matrixpolymer+

Haftvermittlersystem Vakuumentgasung Naturfaser-Kardenbänder

Vakuumentgasung

bb

KEZ

KEZ KEZ

KEZ KEZ

Bild 10: ZSK 40- und ZE 40-Schneckenkonzepte für die Aufbereitung langfaserhaltiger PP/Flachs-Composites

Wie aus den Schneckenzeichnungen zu entnehmen ist, weichen der Schneckenaufbau der ZSK 40 und der ZE 40 nur geringfügig voneinander ab. Dies resultiert im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Verfahrenslängen. Während bei der ZSK 40 ein L/D-Verhältnis von 56 zur Verfügung steht, um die Teil-prozesse „Reaktive Matrixmodifikation“ und „Faserinkorporierung“ in serieller Abfolge durchzuführen, müssen auf der ZE 40 des IMC die Teilprozesse bei einem L/D-Verhältnis von 46 realisiert werden.

Sowohl beim ECP- als auch beim IMC-Prozess wurde ein Gesamtdurchsatz von 20 kg/h gefahren. Bei beiden Prozesses betrug das Zylindertemperaturprofil in den ersten Zonen bis zur ersten Vakuument-gasungsstelle einheitlich 200°C, da dies das optimalen Temperaturspektrum bezüglich des thermisch initiierten Peroxidzerfalls darstellt. In den nachfolgenden Zonen wurden zur thermisch schonenden Na-turfasereinarbeitung die Zylindertemperaturen in einem Bereich von 160 bis 200 °C variiert. Die Dreh-zahl im Falle der Flachsfaserkardenbänder betrug auf der ZSK 40 112 1/min und auf der ZE 40 auf-grund des geringfügig größeren Schneckendurchmessers von 43 mm 100 1/min.

Zur Herstellung von Probekörpern, war in die Schließeinheit des IMC ein Kreisplattenwerkzeug einge-baut, mit welchem Kreisplatten mit eine Höhe von ca. 3 mm und einem Durchmesser von 30 mm abge-spritzt werden konnten. Das Werkzeug wurde auf 20°C temperiert. Für den Spritzgießvorgang haben sich eine Kolbenvorschubgeschwindigkeit von 50 mm/s, ein Spritzdruck von 800 bar und ein Nachdruck von 350 bar als die besten Prozessparameter herauskristallisiert.

5. Struktur Im Rahmen breit angelegter Schneckenkonzeptstudien basierend auf dem MCP-Prozess in Kombinati-on mit den Multikämmelementen hat sich herausgestellt, dass eine absolut clusterfreie Verteilung der Naturfasern bis auf Elementarfaserebene die Voraussetzung für herausragende mechanische Kennwer-te im statischen und vor allem im dynamischen Belastungsfall darstellen (Bild 11).

Z 2 Z 3 Z 4 Z 5 Z 6

Z 7 Z 8 Z 9

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 10

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

2,0

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Langfaseranteil > 1 mm [Gew. - %]

Bie

gefe

stig

keit,

IZO

D-S

chla

gzäh

igke

it [n

orm

iert

]

Biegefestigkeit (Referenz: 74,0 N/mm²)

IZOD-Schlagzähigkeit (Referenz: 14,2 kJ/m²)

Elementarfasern,homogene Faserverteilung

Faserbündel,teilweise Fasercluster

Bild 11: Normierte Biegefestigkeits- und IZOD-Schlagzähigkeitswerte als Funktion des Langfaser-anteils (lF > 1 mm) von PP/Flachs-Composites (Flachsgehalt: 20 Masse-%, MCP-Schneckenkonzeptstudie)

Sowohl mit Hilfe des Schneckenkonzepts der ZSK 40 als auch der ZE 40 gelingt es nun die gewünsch-ten Faserstrukturen nachzustellen. Nach der Heißextraktion verbleiben die charakteristischen Langfa-sermatten bzw. Langfaserfilze im Überstand und nicht nur Faserstaub (Bild 12). Sowohl bei den Kurz- als auch bei den Langfasern handelt es sich im Wesentlichen um Elementarfasern. Die Durchlichtauf-nahmen zeigen keine Fasercluster und der Langfaseranteil > 1 mm liegt entsprechend den optimierten Faserverbundstrukturen in einem Bereich von 15 – 30 Gew.-%.

m (lF > 1 mm) = 15 - 30 Gew.-%

Bild 12: Fasermatte, Durchlichtaufnahme und Langfaseranteil > 1 mm einer IMC-Probe (Flachsgehalt: 30 Gew.-%, Matrix: 1100 VC mit 3 Gew.-% Exxelor)

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Elementarfaser

Grünflachsfaser

Röstflachsfaser

= 50 - 100 µm

= 20 - 70 µm

= 5 - 20 µm

Bastfaserbündel

Flachsstengel= 2 - 3 mm

Bild 13: Flachsfaserstrukturen und ihre Verarbei-tungstechniken

Grundsätzlich kann, im Gegensatz zur Ver-stärkung mit hochfesten Glas- und Kohlen-stofffasern, festgestellt werden, dass die Ab-solutlänge der Flachsfasern eine weniger dominante Rolle in Bezug auf die mechani-schen Eigenschaften des Faserverbundwerk-stoffes spielt. Bedingt durch die extru-sionstechnische Aufbereitung und die mit Hil-fe innovativer Kämmelemente realisierte Durchmesserreduktion, ausgehend von Röst-flachs-Faserbündeln hin zu höherfesten Ele-mentarfasern (vgl. Schema in Bild 14), zeigt sich vielmehr, dass das bei der Bestimmung der kritischen Faserlänge entscheidende L/D-Verhältnis die mechanischen Eigenschaften prägt. Es können daher auch mit einem brei-ten Faserlängenspektrum herausragende mechanische Eigenschaften für Flachsfaser-composites erzielt werden.

6. Mechanische Eigenschaften

6.1. Prüfverfahren An den Naturfaserverbundwerkstoffen werden die mechanischen Eigenschaften bei quasi-statischer Beanspruchung mittels Drei-Punkt-Biegeprüfung sowie bei dynamischer Beanspruchung mittels IZOD-Schlagbiegeprüfung ermittelt. In Anlehnung an die jeweiligen Prüfnormen werden die Proben nach den in Tabelle 3 zusammengefassten Prüfparametern getestet.

Tabelle 3: Mechanische Prüfverfahren

Drei-Punkt-Biegeversuch IZOD-Schlagbiegeversuch

20

60

h ≈ 3 mm

12,7 63,5

b ≈ 3 mm

Prüfnorm: DIN 53452 Prüfnorm: IS0 180/4

Konditionierung: 3 d bei 23°C und 50% Luftfeuchte

Konditionierung: 3 d bei 23°C und 50% Luftfeuchte

Vorkraft: 5 N Pendel: 2 J

Stützweite: 48 mm Probenanzahl: ≥ 7

Prüfgeschwindigkeit: 20 mm/min

Messbereich E-Modul: 0,05 – 0,25%

Prüfgeschw. E-Modul: 1 mm/min

Probenanzahl: ≥ 5

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Die Herstellung der Probengeometrien aus den Press- und Spritzgussplatten erfolgte über eine Kopier-fräsmaschine (Fräsboy, Fa. Göttfert). Die Prüfkörper werden dabei im Falle der Pressplatten sowohl längs als auch quer zur Extrusionsrichtung entnommen. Im Falle der spritzgegossenen Kreisplatten er-folgt die Probenentnahme in Radial- und Umfangsrichtung, den Hauptfaserorientierungsrichtungen in Folge von Scher- und Dehnströmungseffekten (vgl. Bild 16).

Bei den Ergebnisdiagrammen wird im allgemeinen auf die Darstellung der Quer- und Längskennwerte verzichtet und stattdessen der quasi-isotrope Kennwert angeben, um Funktionalzusammenhänge zwi-schen Werkstoffrezepturen und Prozessparametern klarer herausstellen zu können.

6.2. Einfluss des Matrixmaterials und Haftvermittlersystems Im Rahmen der IMC-Versuchsreihe wurden insgesamt vier unterschiedliche Matrix-/Haftvermittlersysteme getestet. Auf die im Vergleich zu den beiden anderen Matrixmaterialien hochvis-kosen PP-Homopolymere Novolen 1106 H und PPU 1780 wurde Maleinsäureanhydrid auf Basis einer 1 phr MAH-Rezeptur peroxidisch initiiert aufgepfropft. Das Peroxid/MAH-Verhältnis betrug dabei 1 zu 15. Auf Styrol als Charge-Transfer-Komplex bildende Substanz, wie sie im Rahmen der MCP- und ECP-Versuche eingesetzt wurde, verzichtete man. Aufgrund einer unzureichenden Vakuumentgasungsleis-tung mit Drücken von 600 mbar hätte das ungebundene Styrol nicht vollständig entgast werden können und somit in jedem Fall die Emissionsmessungen stark negativ beeinflusst. Des weiteren wurden Ver-suche mit Exxelor PO 1020 als Compatibilizer realisiert, dessen Anteil am Gesamtcompound jeweils 3 Gew.-% betrug und somit dem zuvor als optimal ermittelten Naturfaser/Compatibilizer-Verhältnis von 10 entsprach. Als Matrixmaterialien dienten in diesem Fall das sehr niedrigviskose Novolen 1100 VC, ein PP-Homopolymer mit einem MFI230/2,16 von 100, sowie das ebenfalls ausgesprochen niedrigviskose PP/PE-Copolymer RJ 370 MO mit einem MFI230/2,16 von 45. Diese Materialien fanden vor allem deshalb Anwendung, da somit das Zylindertemperaturprofil um 20°C von 200°C auf 180°C gesenkt werden konnte, ohne dass es zum Abschalten des Extruders wegen Drehmomentüberlastung kam. Im Falle des PP/PE-Copolymers mit einem Kristallitschmelzpunkt von 140°C konnten die Naturfasern sogar bei Zy-lindertemperaturen von 160°C inkorporiert werden, was sich in deutlich reduzierten GVOC-Werten nie-derschlägt (vgl. Kap. 7.3).

Die in den folgenden beiden Diagrammen zusammengefassten Eigenschaften bezüglich Biegefestigkeit und Schlagzähigkeit wurden alle an Materialmustern ermittelt, welche bei nahezu identischen Aufberei-tungsbedingungen generiert wurden (Bild 14).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1106H +1MAH

PPU1780 +1MAH

1100VC + 3EX

RJ370MO +3EX

Matrix + Haftvermittlersystem

Bie

gefe

stig

keit

[MPa

]

0

5

10

15

20

25

30

1106H +1MAH

PPU1780 +1MAH

1100VC + 3EX

RJ370MO +3EX

Matrix + Haftvermittlersystem

IZO

D-S

chla

gzäh

igke

it [M

Pa]

Drehzahl: 100 1/min Durchsatz: 20 kg/h Temp. Z2-Z5: 200°C T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 190–180 °C

Matrix: s. o. Haftverm.: s. o. Fasertyp: Flachs Fasergehalt: 30 Gew.-%

Bild 14: Einfluss des Matrix-/Haftvermittlersystems auf die mechanischen Composite-Eigenschaften

Entgegen den MCP- oder ECP-Versuchen werden mit den direkt mittels MAH modifizierten Matrixsys-temen nicht die besten Biegefestigkeits- und Schlagzähigkeitsergebnisse erzielt. Dies liegt zum einen an dem Verzicht auf das Charge-Transfer-Komplexe ausbildende Styrol und zum anderen an dem Ver-

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kürzen der Pfropfstrecke um insgesamt 10 D. Beide Verfahrensänderungen wirken sich bekannterma-ßen negativ auf die MAH-Pfropfrate aus. Eine Sonderrolle nimmt die RJ370MO-Probe ein. Deren Biege-festigkeitsabfall wird allein durch die geringe Festigkeit der Co- gegenüber der Homopolymere verur-sacht.

Die Schlagzähigkeit der Composites verhält sich äquivalent zur Matrixschlagzähigkeit. Beziehungswei-se fällt verbunden mit der Reduktion der Matrixmolmasse kontinuierlich das Energieabsorptionsvermö-gen der Verbundwerkstoffe ab. Allein die RJ 370 MO-Probe lässt sich nicht in diesen Trend einordnen, da deren PE-Copolymeranteil flexibilitätserhöhend wirkt.

6.3. Einfluss der Aufbereitungsdrehzahl Die Standardschneckendrehzahl bei den IMC-Versuchen betrug 100 min-1. Ein Ergänzungsversuch wurde mit einer höheren Drehzahl von 145 min-1 durchgeführt, da man durch die damit verbundene Steigerung der Antriebsleistung, die prozentuale Auslastung des Drehmoments reduzieren wollte. Dies ist zwar gelungen, jedoch fallen bei der erhöhten Drehzahl die mechanischen Eigenschaften der Com-posites geringfügig ab (Bild 15).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 145

Drehzahl [1/min]

Bie

gefe

stig

keit

[MPa

]

0

5

10

15

20

25

30

100 145

Drehzahl [1/min]

IZO

D-S

chla

gzäh

igke

it [M

Pa]

Drehzahl: s. o. Durchsatz: 20 kg/h Temp. Z2-Z5: 200°C T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 190°C

Matrix: 1106 H Haftverm.: 1 phr MAH Fasertyp: Flachs Fasergehalt: 30 Gew.-%

Bild 15: Einfluss der Aufbereitungsdrehzahl auf die mechanischen Composite-Eigenschaften

Wäre der Festigkeitsabfall aufgrund einer fortgeschrittenen Faserlängenreduktion zu tolerieren, stellt die ausgeprägte dissipative Überhitzung der Naturfasern letztendlich das Ausscheidekriterium für die höhe-re Drehzahleinstellung dar. Die Scheibenmuster sind nicht mehr braun, sondern fallen dunkelbraun bis schwarz aus und weisen einen strengen, brenzligen Geruch auf. Derartige Produkte würden in keinem Fall die Emissions- und Geruchsrichtlinien der Automobilindustrie nach VDA 277 und VDA 270 einhal-ten.

6.4. Einfluss der Probenentnahmerichtung Aus den Kreisscheiben wurden Prüfkörper in Umfangs- und Radialrichtung entnommen (Bild 16). Die Eigenschaftsunter-schiede, welche sich nun in Abhängigkeit vom Matrix-/Haftvermittlersystem sowie der Probenentnahmerichtung einstellen, sind in den folgenden beiden Diagrammen zu-sammengefasst (Bild 17).

Insgesamt halten sich Kennwertunterschied in Grenzen. Sie liegen maximal bei 9%. Dass orientierungsbedingte Eigen-schaftsabweichungen vor allem bei der Biegefestigkeit auftre-ten und zudem noch eine einheitliche Tendenz aufweisen kann leicht erklärt werden. Durch die dominanten Scherströ-

Umfangsrichtung

Radialrichtung

Kreisplatte

Umfangsrichtung

Radialrichtung

Kreisplatte

Bild 16: Probenentnahmerichtungen

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mungseffekte in den Randschichten der Kreisplatte richten sich die Fasern vor allem in Radialrichtung aus. Bei den Biegeversuchen sind dies die hauptbelasteten Zonen. Aufgrund der Probeneinspannung bei den IZOD-Untersuchungen ist dagegen egal, ob die Fasern im Kern oder an der Plattenoberflächen stärker orientiert sind.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1106H +1MAH

PPU1780 +1MAH

1100VC + 3EX

RJ370MO +3EX

Matrix + Haftvermittlersystem

Bie

gefe

stig

keit

[MPa

]

UmfangsrichtungRadialrichtung

0

5

10

15

20

25

30

1106H +1MAH

PPU1780 +1MAH

1100VC + 3EX

RJ370MO +3EX

Matrix + HaftvermittlersystemIZ

OD

-Sch

lagz

ähig

keit

[MPa

]

UmfangsrichtungRadialrichtung

Drehzahl: 100 1/min Durchsatz: 20 kg/h Temp. Z2-Z5: 200°C T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 190–180 °C

Matrix: s. o. Haftverm.: s. o. Fasertyp: Flachs Fasergehalt: 30 Gew.-%

Bild 17: Einfluss der Probenentnahmerichtung auf die mechanischen Composite-Eigenschaften

6.5. Einfluss des Fasertyps Alternativ zu den Röstflachsfasern führte man, wie bereits erwähnt, auch Versuche mit Rösthanf durch. Es zeigt sich dabei, dass die mechanischen Eigenschaften der Hanffaser-Verbundwerkstoffe unabhän-gig vom Matrix-/Haftvermittlersystem schlechter ausfallen (Bild 18). Dies ist nicht verwunderlich, da in der Literatur [5] höhere Festigkeitswerte für Flachsfasern im Vergleich zu Hanffasern angegeben wer-den. Halten sich die Biegefestigkeitsunterschiede noch in Grenzen, so sind die Schlagzähigkeitsunter-schiede gravierender und liegen in einem Bereich von 12 - 20%.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

PPU1780 + 1MAH 1100VC + 3EX RJ370MO + 3EX

Matrix + Haftvermittlersystem

Bie

gefe

stig

keit

[MPa

]

RöstflachsRösthanf

0

5

10

15

20

25

30

PPU1780 + 1MAH 1100VC + 3EX RJ370MO + 3EX

Matrix + Haftvermittlersystem

IZO

D-S

chla

gzäh

igke

it [M

Pa]

RöstflachsRösthanf

Drehzahl: 100 1/min Durchsatz: 20 kg/h Temp. Z2-Z5: 200°C T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 190–180 °C

Matrix: s. o. Haftverm.: s. o. Fasertyp: Flachs Fasergehalt: 30 Gew.-%

Bild 18: Einfluss des Naturfasertyps auf die mechanischen Composite-Eigenschaften

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6.6. Einfluss der Adsorbentien Die Geruchsadsorbentien sind Produkte bestehend aus Aktivkohle und Silicagel. Weitere Angaben sind vom Hersteller der Fa. Schrader, Darmstadt nicht erhältlich. Letztendlich handelt es sich somit um Füll-stoffe, welche in Anteilen von 3 Gew.-% bezogen auf das Gesamtcompound zuaddiert wurden. Ihre Auswirkungen auf die Biegefestigkeit und Schlagzähigkeit fallen unterschiedlich aus (Bild 19).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

ohne ADS ADS IR 20 ADS IR NEU

Adsorbentientyp

Bie

gefe

stig

keit

[MPa

]

0

5

10

15

20

25

30

ohne ADS ADS IR 20 ADS IR NEU

Adsorbentientyp

IZO

D-S

chla

gzäh

igke

it [M

Pa]

Drehzahl: 100 1/min Durchsatz: 20 kg/h Temp. Z2-Z5: 200°C T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 160°C

Matrix: RJ 370 MO Haftverm.: 3 G.-% Ex. Fasertyp: Flachs Fasergehalt: 30 Gew.-%

Bild 19: Einfluss von Adsorbentien auf die mechanischen Composite-Eigenschaften

Die Kennwerte bei Biegebeanspruchung bleiben von der Adsorbentienzugabe praktisch unbeeinflusst. Dagegen bewirkt bereits die Zugabe von 3 Gew.-% den bekannten mit Füllstoffen im Allgemeinen ein-hergehenden Versprödungseffekt. Am schlechtesten schneidet die IR NEU-Probe ab.

6.7. Einfluss der Prozesstechnik Die Optimierung der PP/Flachsfaser-Composites hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften orien-tierte sich in allen Entwicklungsphasen konsequent an dem Anforderungsprofil für naturfaserverstärkte Türinnenverkleidungen. In der Liefervorschrift DBL 5768.07 der DaimlerChrysler AG sind für derartige Materialien und Anwendungsfälle folgende Grenzwerte angegeben: Biegefestigkeit 65 ± 15 N/mm², E-Modul ≥ 3000 N/mm² und Charpy-Schlagzähigkeit ≥ 12 kJ/m².

Wie die in Bild 21 dargestellten Ergebnisse belegen, werden die mechanischen Richtwerte unabhängig vom Compositeherstellungs- und Verarbeitungsverfahren bei einem Fasergehalt von 30 Gew.-% er-reicht bzw. deutlich überschritten. Zudem kann festgestellt werden, dass die mittels Direktverarbeitung erzielbaren Biegefestigkeits- und Schlagzähigkeitswerte zum Teil signifikant über den Kennwerten eines aus einem Hybridvlies hergestellten PP/Flachs-Composites (NMT) [1] liegen. Im direkten Verfahrens-vergleich ergeben sich die größten Kennwertunterschiede für den im Mehrstufenverfahren generierten Faserverbundwerkstoff (PP-Matrix: 1106 H, Haftvermittler: 1 phr MAH). Für die Biegefestigkeit ergibt sich eine Steigerung um 18% von 79 auf 93 N/mm² und für die Schlagzähigkeit um 62% von 13 auf 21 N/mm². Dabei ist anzumerken, dass die am IKT nach der IZOD-Prüfmethode ermittelten Schlagzähig-keitswerte bei Anwendung der Charpy-Prüfmethode um weitere 10 bis 15% höher liegen.

Die mechanischen Eigenschaftsunterschiede beim Anwenden des Ein- und Mehrstufenverfahrens re-sultieren in erster Linie aus den unterschiedlichen Pressvorgängen. Durch die längere Pressdauer und die höhere Presstemperatur (20 min bei 180 °C, vgl. Bild 2) beim Mehrstufenverfahren werden die Fa-ser/Matrix-Wechselwirkungen intensiviert.

Sehr interessant ist der Vergleich zwischen den mechanischen Eigenschaften des mit Hilfe der einstufi-gen Compoundier-/Presstechnik und des unter Anwendung der IMC-Technik generierten Werkstoffs bzw. Formteils. Was bereits die gute Faserdispergierung und das ähnliche Faserlängenspektrum erwar-ten lässt, spiegelt sich in den gleichwertigen mechanischen Kennwerten der 1100VC-Proben wider. Die

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im Labormaßstab entwickelte Verfahrenstechnik und Materialrezeptierung kann somit bei Verzicht auf die reaktive Matrixmodifikation in idealer Weise auf die IMC-Technologie übertragen werden.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Biegefestigkeit Biege-E-Modul Schlagzähigkeit(Charpy , IZOD )

Bie

gefe

stig

keit

[MPa

]B

iege

-E-M

odul

[x 1

0 M

Pa]

Schl

agzä

higk

eit [

kJ/m

²]

Anforderungen für TürinnenverkleidungenNMT: PP + HaftvermittlerZSK 30: 1106 H + 1 phr MAHZSK 40: 1106 H + 1 phr MAHZSK 40: 1100 VC + 3 Gew.-% Exxelor PO 1020IMC: 1100 VC + 3 Gew.-% Exxelor PO 1020

1)

2)

1) 1)

2)2) 2)

2)

Bild 21: Einfluss der Prozesstechnik auf die mechanischen Composite-Eigenschaften (30 Gew.-% Flachs)

7. Emission und Geruch

7.1. Prüfverfahren

7.1.1. Geruchsprüfung nach VDA 270 Bei der Geruchsprüfung nach VDA 270 handelt sich um einen einfachen Test, wie er von allen deut-schen Automobilherstellern zur geruchlichen Endkontrolle von Serienbauteilen praktiziert wird. Als Prüf-gefäße dienen 1 l-Glasbehälter, wie z.B. Einweckgläser der Fa. Leifheit. Im Falle von Türinnenverklei-dungen oder ähnlich großen Innenraumbauteilen beträgt die Probenmenge 20 ± 2 cm³. Die gängigste Prüfbedingung (Kürzel B3), welche auch in unserem Fall angewandt wurden, beruht auf einer Lager-dauer der Proben von 2 h ± 10 min bei 80 ± 2 °C in einer Wärmekammer. Nach der Entnahme aus der Prüfkammer lässt man das Prüfgefäß auf 60 ± 5 °C abkühlen bevor die Bewertung der über der Probe stehenden Luft nach der folgenden Skala erfolgt:

Note 1 nicht wahrnehmbar

Note 2 wahrnehmbar, nicht störend

Note 3 deutlich wahrnehmbar, nicht störend

Note 4 störend

Note 5 stark störend

Note 6 unerträglich

Halbe Zwischenschritte bei der Bewertung sind möglich. Die Bewertung ist von mindestens drei Prüfern durchzuführen. Liegen bei den Einzelbewertungen die Benotungen um mehr als zwei Punkte auseinan-der, so ist eine Wiederholungsmessung von mindestens 5 Prüfern durchzuführen.

Ein grundsätzliches Problem bei der Geruchsanalyse ist das subjektive Testorgan, die Nase des Men-schen. Auf einer Fachtagung in Kassel wurde beispielsweise deutlich, dass es daher durchaus zu grö-ßeren Bewertungsdifferenzen zwischen Testteams von Automobilherstellern, Rohstoffherstellern oder Automobilzulieferfirmen kommen kann [6].

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7.1.2. Emissionsmessungen nach VDA 277 Um eine objektive, quantitative Messgröße hinsichtlich des thermischen Abbaus der Fasern und der damit verbundenen Ge-ruchsproblematik zu erhalten, wurden sys-tematische Emissionsmessungen mittels Gaschromatographie nach VDA 277 durch-geführt. Bei diesem auch als Head-Space-Technik bezeichneten Verfahren wird die Gesamtemission an „volatile organic com-ponents“ (GVOC) eines Werkstoffes be-stimmt. Messparameter und Geräteaufbau sind in der Norm exakt spezifiziert. Ein we-sentlicher Punkt der Versuchsdurchführung ist die Temperung der Proben über 5 h bei 120 °C zur Anreicherung der niedermoleku-laren Substanzen in der Luft des Head-Space-Gläschens. Anschließend wird mit-tels einer Mikroliterspritze eine Luftprobe (5 µl) entnommen und in den Injektor mit Ka-pillartrennsäule eingespritzt. Ein Messzyklus dauert insgesamt 19,5 Minuten, wobei das in Bild 22 auf-gezeigte Ofentemperaturprogramm durchlaufen wird.

Auf der Grundlage von Aceton-Referenzmessungen kann für jede Probe ein GVOC-Wert in µgC/g (Mik-rogramm Kohlenstoff je Gramm Probeneinwaage) errechnet werden. Letztendlich handelt es sich um eine integrale Messgröße, welche eine Maß für die Fläche unterhalb des Chromatogramms repräsen-tiert. Für Materialien im Innenraum werden von der Automobilindustrie GVOC-Werte < 50 µgC/g gefor-dert.

7.2. Einfluss des Fasertyps Emissionsmessungen wurden ausschließlich an Compositeproben auf Basis des PP/PE-Copolymers RJ 370 MO, 3 Gew.-% Exxelor und 30 Gew.-% Naturfaseranteil durchgeführt. Ausschließlich Exxelor-Proben und nicht MAH-modifizierte Matrizes zu nehmen, hat sich bereits bei den ECP-Versuchsreihen bewährt. Es können somit repräsentative Vergleiche angestellt werden, ohne dass es zu „Verfälschun-gen“ des GVOC-Wertes aufgrund nicht entgaster bzw. abreagierter MAH-Rückstände im Composite kommt.

Fielen bereits die mechanischen Eigenschaften der Hanf-Proben gegenüber den Flachs-Proben schlechter aus, so setzt sich dies bei den Emissionseigenschaften fort (Bild 23).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

Röstflachs Rösthanf

Fasertyp

GVO

C [µ

gC/g

]

Bild 23: Einfluss des Fasertyps auf die GVOC-Emission

Drehzahl: 100/96 1/min

Durchsatz: 20 kg/h

Temperaturprofil Z2-Z5: 200°C

T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 160°C

Matrix: RJ 370 MO

Haftvermittler: 3 Gew.-% Ex.

Fasertyp: siehe links

Fasergehalt: 30 Gew.-%

0

50

100

150

200

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19Zeit [min]

GC

-Ofe

ntem

pera

tur [

°C]

Bild 22: GC-Ofentemperaturverlauf

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Trotzdem der Flachs-GVOC-Wert besser ausfällt, liegt er deutlich über der VDA277-Grenzwertvorgabe von 50 µgC/g.

7.3. Einfluss der Prozesstemperaturen Durch die Reduktion der ZE40-Zylindertemperatur in den Zonen 6 - 9 sowie der Schmelze-Zwischenspeichertemperaturen von 180°C auf 160°C erfolgt ein signifikanter Abfall des GVOC-Wertes (Bild 24). Dieser liegt nun knapp unter den angestrebten 50 µgC/g.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

180 160

Zylinder- und Schm.-Speicher-Temperatur [°C]

GVO

C [µ

gC/g

]

Bild 24: Einfluss der Prozesstemperatur auf die GVOC-Emission

7.4. Einfluss der Adsorbentien In Bild 24 sind die GVOC-Ergebnisse in Abhängigkeit von der Prozesstechnik sowie den Adsorbentien-typen zusammengefasst.

0102030405060708090

100110

ohne ADS ADS IR 20 ADS IR NEU ADS IR NEU/ Bypass

Adsorbentientyp

GVO

C [µ

gC/g

]

IMC-VersucheECP-Versuche

VDA

270

: 4,7

5

VDA

270

: 3,0

Bild 24: Einfluss der Prozesstemperatur auf die GVOC-Emission

Leider konnten die niedrigen Emissionswerte, wie sie bei den ECP-Versuchen erzielt wurden, im Rah-men der IMC-Versuche bei nahezu identischen Materialzusammensetzungen und Aufbereitungsbedin-gungen bisher nicht nachgestellt werden. Die großen Unterschiede bezüglich der GVOC-Absolutwerte zwischen ECP- und IMC-Proben lassen daher auch den Rückschluss zu, dass bisher keines der IMC-

Drehzahl: 100 1/min

Durchsatz: 20 kg/h

Temperaturprofil Z2-Z5: 200°C

T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: s. links

Matrix: RJ 370 MO

Haftvermittler: 3 Gew.-% Ex.

Fasertyp: Flachs

Fasergehalt: 30 Gew.-%

Drehzahl: 100 1/min

Durchsatz: 20 kg/h

Temperaturprofil Z2-Z5: 200°C

T. Z6-Z9 + Schm.-Sp.: 160°C

Matrix: RJ 370 MO

Haftvermittler: 3 Gew.-% Ex.

Fasertyp: Flachs

Fasergehalt: 30 Gew.-%

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Composites die erwünschte Geruchsnote 3 erhalten würde, wie dies bei der ECP-IR20-Probe der Fall ist.

Die Ursache für das bis dato schlechte Emissionsverhalten liegt vor allem in der technisch veralteten Version des IMC-Zwischenspeichersystems begründet, welches aus einem Y-Verteilerkanalsystem und zwei abwechselnd befüllten Speicherkolben besteht. Es entstehen somit lange Verweilzeiten (> 2 min) im Speichersystem selbst. Zudem stellen sich große Rückstaulängen vor dem Extruderkopf ein, da ho-he Drücke (> 100 bar) notwendig sind, um die Verteilerkanäle zu durchströmen. Es existieren daher im Vergleich um ECP-Verfahren lange Verweilzeiten im Extruder selbst, verbunden mit intensiveren Schervorgängen in der Druckaufbauzone. Welche Auswirkungen dies auf den GVOC-Wert hat, zeigt der direkt Vergleich mit einer IMC-Probe, welche praktisch drucklos über einen Bypass im Extruderkopf ins Freie extrudiert wurde. Der GVOC-Wert dieser Probe liegt im Bereich der ECP-Ergebnisse. Der brenzlige Geruch ist nahezu vollständig verschwunden, diese Probe würde vermutlich nach VDA 270 im Bereich der Note 3 liegen.

8. Zusammenfassung Hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften sind die Ergebnisse der auf dem Spritzgießcompounder generierten Naturfasercomposites zufriedenstellend. Die speziellen zur Naturfasereinarbeitung entwi-ckelten Multikämmelemente beweisen auch hier ihre Funktionalität.

Als nicht abgeschlossen werden die Naturfaserversuche in Bezug auf die Geruchsoptimierung betrach-tet. Der Geruch der Musterplatten ist noch zu intensiv. Verbesserungspotential wird insbesondere durch das von der Fa. Krauss-Maffei neu entwickelte Zwischenspeicherkolbensystem erwartet (vgl. Bild 3). Dieses besteht gegenüber dem Prototypen (vgl. Kap. 7.4) aus lediglich einem Speicherkolben, der zu-dem nahezu drucklos befüllt werden kann.

9. Literatur [1] T. Reußmann, K.-P. Mieck, R. Brüssel: Verfahren zur Direktverarbeitung von Naturlangfasern im

Plastifizier-Pressprozess. Vortrag, 3. Symposium „Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“ (Tagungshandbuch), Erfurt 2001

[2] R. Jensen: Synergien intelligent genutzt – IMC-Spritzgießcompounder erhöht Wertschöpfung. Kunststoffe 91 (2001) 9, S. 40-45

[3] H. G. Fritz, Q. Cai, U. Bölz: Polypropylen-Modifikation durch reaktive Kunststoffaufbereitung. Ple-narvortrag, 13. Stuttgarter Kunststoffkolloquium (Tagungshandbuch), Stuttgart 1993

[4] Deutsche Pat. Anm. 101 49 765.2: J. Ruch, H. G. Fritz, A. Abendschein, Anmeldetag 2.10.2001 [5] M. Flemming, G. Ziegmann, S. Roth: Faserverbundbauweisen – Fasern und Matrices. Springer-

Verlag, Berlin, Heidelberg, 1995. [6] H. Lüssmann-Geiger: Geruch im Automobilinnenraum – ein Überblick. In: Tagungshandbuch, 3.

Workshop Geruchsbewertung und –minderung von Kunststoffen, Kassel, 2001.

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II. Ergebnisbericht zum Teilprojekt B “Leitfähigmachung von Hochleistungskunststoffen und de-ren Verarbeitung mittels Spritzgießen“

1. Projektziele im Teilprojekt B) im Rahmen des BMBF–geförderten IMC-Projektes

Das Oberziel im Teilprojekt B) des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Reaktive Kunststoffaufbe-reitung und –Formgebung als Einstufenverfahren“ im Rahmen des Forschungsprogramms „Forschung für die Umwelt“ ist in der Erprobung des IMC – Konzeptes zur Anwendbarkeit in Schlüsseltechnologie-bereichen wie z.B. der Brennstoffzellentechnik zu sehen. Zum Erreichen dieses Oberziels und zur schnellen industriellen Umsetzung der Entwicklung sind ein Reihe von Teilaufgaben zu bearbeiten, die sich mit den folgenden Stichworten umreißen lassen:

Formulierung eines Anforderungsprofiles,

Polymer- und Füllstoffauswahl auf dessen Basis,

Entwicklung und Verifizierung optimierter Compoundier-Strategien (DOE) zur Herstellung leitfähi-ger Materialien,

Herstellung von Bipolarplatten (Bpp) aus den generierten Materialien zum Test am Brennstoffzellen (BZ)-Teststand (Charakterisierung von Standards und eigenen Produkten),

Analyse des Fließverhaltens dieser hochgefüllten Systeme,

Verfahrenserprobung des IMC und Vorteilsanalyse (Vergleich von Standardverfahren mit dem in-novativen IMC-Verfahrenskonzept),

Im folgenden werden die zu diesen Themen bisher durchgeführten Studien und die daraus resultieren-den Ergebnisse vorgestellt.

2. Zusammenfassung Im Berichtszeitraum entstand ein Anforderungskatalog. auf dessen Basis sowohl für DM- als auch für H2-PEMBZ geeignete Matrix- und Additiv-Materialien zur Generierung von bis 200°C temperaturbestän-digen Bipolarplatten identifiziert und nach detaillierten Aufbereitungsstudien (DOE) mittels optimierter Verfahrensparameter compoundiert wurden. Die Matrixmaterialien als auch die Compounds wurden physikalisch (Thermo-Mechanik, Mechanik, Dichte), elektrisch und rheologisch charakterisiert. Spezifi-sche Leitfähigkeiten bis > 200 S cm-1 (R//< 0,005 Ωcm) waren durch innovative Additivkombinationen (Synergieeffekt), bei gleichzeitiger Gesamtfüllgradreduktion erreichbar. Diese Compounds sind in Kom-pressionsform- und Spritzgießprozessen verarbeitbar. Die Dichtereduktion (→ Füllgradreduktion) der binären und ternären Compounds erlaubt die Herstellung von vergleichsweise leichten Bipolarplatten mit reduzierten Gaspermeations-Koeffzienten bei gleichen elektrischen, aber verbesserten mechani-schen und rheologischen Eigenschaftsparametern.

Ferner wurden Einflüsse relevanter Herstellverfahren, Prozess- und Umgebungsparameter, auf die e-lektrische Leitfähigkeit untersucht und die rheologischen Eigenschaften der Matrixpolymer als auch der hochgefüllten Systeme analysiert.

Es wurden Musterplatten am BZ-Stand vermessen und Konstruktionsvarianten zur fertigungsgerechten Werkzeugauslegung erarbeitet. Erste Versuche wurden am Prototyp IMC 420, der Firma Krauss Maffei Kunststofftechnik auf der Basis von PP- und LCP-Compounds durchgeführt. Der Prototyp IMC 420 wur-de in Zusammenarbeit mit KM optimiert und ein neues Anlagenkonzept realisiert (IMC 200). Verglei-chende Versuche im Einstufen- und im konventionellen Zweistufen-Verfahren konnten aufgrund von konstruktiven Anlagenschwächen am IMC 200 bis Juli 2004 nicht mehr durchgeführt werden. Die mit unterschiedlicher Herstellmethodik gewonnenen Bpp wurden elektrisch und in-situ im Bz-Betrieb cha-rakterisiert.

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3. Anforderungskatalog Aus den Betriebsparametern, den genutzten Gasen und Flüssigkeiten und dem Vergleich mit anderen bisher erprobten Werkstoffen, ergeben sich eine Reihe von technologischen Faktoren, die bei der Ent-wicklung von Bipolarplattenmaterialien auf Polymerbasis Berücksichtigung finden müssen [4, 7]:

Der Stack sollte möglichst leicht sein (>1 kW/kg) und klein bauen; je leichter die Bipolarplatten um-so leichter der Stack (50-90% des Stackgewichtes resultieren aus den Bpp).

Der elektrische Durchgangswiderstand der Bipolarplatte sollte zumindest in der Größenordnung der Gasdiffusionselektrode (GDE) liegen (RD≤ 0,4 Ωcm). Im Zuge des technologischen Fortschritts ist ein spez. Durchgangswiderstandwert von RD≤ 0,01Ωcm anzustreben. Einen besseren Richtwert liefert die Elektroimpedanzspektroskopie: bei 2,5A im galvanostatischen Betrieb sollte sich ein Rϕ=0° < 20 mΩ einstellen.

Die Wärmeleitfähigkeit der Bipolarplatte sollte hoch sein, um die wirkungsgradsenkende Wärme der elektrochemischen Reaktion aus dem Stack ableiten zu können (im Schnitt liegt der Stackwir-kungsgrad bei ~50%, d.h. bei 100Wel sind 100Wth abzuführen). Pro Zelle sind 100-150 Wth abzulei-ten, entweder durch interne Kühlstrukturen oder durch seitlich ausgebildete Wärmetauscherflä-chen.

Eine H2- bzw. CH3OH- Permeabilität von K*H2 < 0,998x10-10 mol (cm s bar)-1 entsprechend 4,94x10-

4 mol (cm2 Tag)-1 gegeben sein.

Eine ausreichende Korrosionsbeständigkeit gegenüber H2 und CH3OH sowie hohe mechanische (Druck-) Festigkeitswerte (>10 MPa) bei Betriebstemperaturen von 80-150°C sind zwingend not-wendig.

Die verwendeten Rohstoffe sollten unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit möglichst umwelt- und ge-sundheitsverträglich sein, sich möglichst schadstoffarm energetisch oder werkstofflich recyceln und ressourcenschonend produzieren lassen.

Die zur Anwendung kommenden Matrix-Polymere müssen niederviskos, temperatur- (-20°C< T < 140 °C) und wärmeformbeständig (>140°C), chemikalienresistent (VE-Wasser, Glykol, CH3OH, H+), verzugsarm (Wärmeausdehnungskoeffizient klein) und recyclingfähig (unfluorierte Polymere) sein, sowie eine möglichst geringe Wasseraufnahme aufweisen. Der Werkstoff muss eine ausrei-chende Festigkeit (ca. 25 MPa) besitzen, um den Verformungsspannungen und Druckunterschie-den (0-8 bar) zu widerstehen.

Die Oberfläche der Platte sollte möglichst glatt und variabel mit „Flow Field“-Strukturen unter-schiedlicher Geometrie herstellbar sein.

Der Herstellprozess muss massenproduktionstauglich (tZyklus klein) sein, und die eingesetzten Aus-gangsmaterialien sollten durch ein möglichst niederes Materialpreisniveau gekennzeichnet sein.

Angestrebt werden dünne (b < 3mm) und flächige (aktive Fläche > 50 cm2, ideal 100cm2) Platten.

4. Stand der Technik Um die gewünschten Preisziele für Bipolarplatten (Bpp) erreichen zu können muss, neben einem mög-lichst kostengünstigem Montagekonzept, eine massenproduktionstaugliche, hochintegrierten Ferti-gungsmethodik erarbeitet werden. Hierbei kommt bereits der Materialauswahl und dem Designs der Bi-polarplatte (Bpp) eine Schlüsselstellung zu. Sowohl das Material als auch das Design spielen für die Funktion der Brennstoffzelle bzw. des Brennstoffzellenstapels eine wesentliche Rolle und sind oftmals sehr eng mit den Fertigungsmöglichkeiten verknüpft. Ergo ist für eine, dem Anforderungsprofil entspre-chende, stoff- und beanspruchungsgerechte Bpp-Entwicklung einerseits eine Material-Entwicklung, in-klusive der damit verbundenen, intensiven Materialcharakterisierung unabdingbar, und andererseits muss bereits mit der Materialentwicklung eng verzahnt Fachwissen zur Elektrochemie der Brennstoff-zelle, zur Brennstoffzellentechnologie und der damit verbundenen Verfahrentechnik, zum Stackdesign, zu Montage- und Produktionstechnik und der applizierbaren Messtechnik einfließen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden zur Bipolarplatten-Herstellung entweder hochwertige und damit kostenintensive V2A- oder V4A-Qualitätsstähle [2,3] (ρ~7,7-8,7 gcm-3; λ~20-30 Wm-1K-1), Aluminium- (ρ=2,7 gcm-3, λ=204 Wm-1K-1) oder aber Graphitplatten (ρ=2,24 gcm-3, λ=167 Wm-1K-1) genutzt, die in aufwendiger Einzelbearbeitung mit allen notwendigen Stoffzufuhrbohrungen, Gewinden, Gasverteiler- und Kühlstrukturen versehen werden müssen. Dabei sind hochlegierte Stähle, neben ihrer außerordent-

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lich hohen Dichte und schlechten Bearbeitbarkeit, nicht in dem Maße korrosionsbeständig, wie es eine normale 5.000 h- Nutzung im automobilen Einsatz erfordert (2.5000 h im stationären Betrieb). Alumini-um ist energieintensiv, teuer und hat ein höheres spez. Gewicht als Graphit. Zudem bildet es Oxid-schichten, die zur Erhöhung der Oberflächenwiderstände führen und neigt stark zur Lochfraßkorrosion. Graphit zeigt von Natur aus ein sehr sprödes Materialverhalten (hexagonales Schichtgitter) und es ist aus Festigkeitsgründen nicht ohne weiteres möglich, die Dicke von Graphit-Bipolarplatten soweit zu re-duzieren, dass kompakte und damit platzsparende Stackbauweisen möglich werden. Probleme bei der Verwendung von Graphitplatten entstehen u. U. durch Gaspermeation in die Schichtgitterstruktur des Ausgangsmaterials. Dem entgegnet man durch einen Imprägnierschritt, der teuer ist und zusätzlichen Aufwand bedeutet. Die Dichte solcher Platten liegt in der Größenordnung der Rohdichte des Graphites bei 2,24 gcm-3. Graphit/Polymer-Composite-Platten auf Duromerharzbasis [4] oder mit PVDF und ande-ren fluorierten und/oder teilfluorierten Polymeren als Binder, sind bekannt [5], haben aber eine geringe Wärmeformbeständigkeit und die Ausgangspolymere sind verhältnismäßig hochviskos. Bauteile aus Duroplastverbindungen kranken an hohen Zykluszeiten und schlechter Recyclierbarkeit. Letzteres gilt im Besonderen für fluorbasierende Compounds.

Im Bereich der polymerbasierten Bpp lassen sich die momentanen Forschungsarbeiten in derb Industrie aufteilen in die Entwicklung von duroplastischen und thermoplastischen Materialsystemen. Die in Deutschland wesentlichen Firmen, die sich mit duroplastbasierender Bpp-Entwicklung befassen sind die Schunk Kohlenstofftechnik, die SGL Carbon Group, Entegris und NedStack Fuel Cell Components BV. Zur Urformung dieser Platten werden i. d. R. Pulverheißpresstechniken genutzt. In den USA befasst sich mittlerweile Bulk Molding Compounds Inc. und Imperial Custom Molding Inc. mit der Spritzgießver-arbeitung von solchen Reaktivmassen

Im Bereich der thermoplastbasierenden Bpp-Herstellung findet sich ebenso SGL, die Fa.Weidmann, das FhG-ICT, das ZBT Duisburg und Imperial Custom Molding. Alle befassen sich bis dato schwer-punktmäßig mit polypropylenbasierender Bpp-Herstellung. Mittlerweile sind jedoch, nicht zuletzt durch die stetige Kommunikation der Thematik durch das IKT und die Fa Ticona, Bestrebungen im Gange „hochtemperatur“-taugliche Bpp-Systeme (Tmax=200°C) für PEM-Bz zur Serienreife weiter zu entwickeln (SGL, Weidmann) und es werden Versuche mit Hochtemperatur-Thermoplasten durchgeführt.

Ein Kurzüberblick über die Stackhersteller zeigt wie heterogen die Materialnutzung im Bpp-Bereich ver-teilt ist, und dass letztendlich sich noch kein Materialsystem durchgesetzt hat.

Einige Bz-System-Hersteller verwenden vollmetallische Bpp (z.B.:Intelligent Energy Inc., General Mo-tors, Siemens AG, DeNora), da diese hervorragende Leitfähigkeiten aufweisen und einen geringen Platzbedarf mit sich bringen; da diese Materialien auch recht dünn ausgeführt immer noch ausreichen-de Festigkeiten aufweisen. Allerdings gibt es auch erhebliche Korrosionsprobleme bei der Verwendung metallischer Materialien, insbesondere in Bereichen der Bpp, die umgeformt wurden. Die existierenden Forschungsschwerpunkte, die sich mit Legierungs- und Beschichtungstechnik (z.B.: Polymet von Pla-tingtech) solcher metallischen Bpp befassen, konnten die angestrebten Kostenziele bisher nicht er-reicht.

Vollgraphitische und imprägnierte Platten werden von Proton Motor Fuel Cell GmbH, dem Paul Scherrer Institut (PSI), Ballard Power System Inc., Plug Power Inc. eingesetzt, wobei hier eine spanende Bear-beitung notwendig wird, es aber keinerlei Korrosions- bzw. Standzeitprobleme an den Bpp gibt.

Andere Forschergruppen, wie z.B. die vom NRCC in Kanada [23], beleuchten alternative Methoden, bei denen metallische Kerne z.B. aus Aluminium mit Thermoplasten, vorzugsweise mit PP und PPS, um-spritzt werden. Neue Ansätze, nutzen metallische 3D-Strukturen, erzeugt durch Stanzen und Umfor-men, die Anoden- und Kathodenseite kontaktieren. Mittels Spritzgießen wird im Folgenden die Struktur thermoplastisch gasdicht eingebettet und so eine Trennung der Gasräume realisiert. Dies spart Gewicht und es können nahezu beliebige Fließkanal-Geometrien dargestellt werden.

Die Patentsituation im Bz-Umfeld ändert sich nahezu wöchentlich, da gerade hier in den letzten Jahren sehr viel Anmeldungen zustande kamen. In den U.S.-Patenten 3.801.374, 4.214.969 und 4.988.583 werden ausschließlich fluorierte und teilfluorierte Thermoplaste zur Herstellung von Bpp behandelt. In EP 0355615A2 (Bayer AG, 11.08.89) wird darauf verwiesen, dass erstens eine geeignete Mischung von Polyraylensulfiden (z.B.: PPS) und Acrylatpfropfcopolymeren (z.B.: Acrylkautschuk Paraloid KM 330) zu einer Reduzierung der Viskosität der Mischung führen und zweitens bei Einarbeitung von Rußen oder Graphiten in diese Mischung durch ein verbessertes Dispergierverhalten bessere Leitfähigkeiten erziel-bar sind. Auf die Möglichkeit der gezielt Leitfähigkeitsreduktion durch die Verwendung von binären oder ternären Füllstoffsystemen wird nicht verwiesen. Ebenso bleibt die Möglichkeit außer Acht, dass eine

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reduzierte Viskosität zu einer geringeren Partikelschädigung führt und somit auch dadurch bessere Leit-fähigkeiten realisierbar sind. In EP 0953606A1 (Nishiki Research Laboratories, 03.11.1997) wird die Verwendung von Mischungen aus Polyarylsulfiden, epoxygruppenhaltigen Olefin-Copolymeren, Rußen und Graphiten zur besonders vorteilhaften Herstellung von antistatischen Bauteilen und Kabelummante-lungen patentiert. Ein synergistischer Effekt wird nicht angesprochen. Im PCT WO 00/44005 (DuPont de Nemours, 27.06.2000) werden erstmals LCP-basierende Pulver genannt, die mit 2 cm langen Nickel beschichtete Graphitfasern gemischt und zu Bpp „geformt“ werden. In den US-Patenten 6.180.275 B1 (Energy Partners 30.01.2001) und in WO 00/30202 (Energy Partners 25.05.2001) werden ebenso Hochtemperaturthermoplaste wie LCP, PPS oder PPO zur Herstellung von Bpp erwähnt, wobei hier zwar eine Reihe von C-basierenden Füllstoffen zur Anwendung kommen, aber keine gezielte Kombina-tion von Füllstoffen genutzt wird, um die Leitfähigkeit zu steigern, bzw. die Füllstoffanteile gezielt zu re-duzieren. Darüber hinaus werden „Trockenmischungen“ aus Pulvern zur Herstellung der Bpp-Strukturen genutzt. Es existieren eine Reihe von Patenten zu leitfähig ausgestatteten Polymeren für eine Vielzahl von Verwendungszwecken, zum Aufbau der Bpp an sich, zur der Stackfunktionsweise und –konstruktion etc., auf die hier nicht näher eingegangen werden kann und es sei hier sei auf die Patentli-teratur verwiesen.

5. Materialauswahl

5.1. Polymere Neben Polypropylen (Basell 1100 UC, MFI=75g/10min) wurden eine ganze Reihe technisch aussichts-reicherer Polymere betrachtet, wie z.B. PVDF, ETFE, LCP, PPS und PPSU. Es zeigte sich im Laufe des Materialscreenings, dass die fluorierten oder teilfluorierten Thermoplaste (PVDF „Solef“ 1010, ETFE 6060) nicht in jeder Hinsicht zufrieden stellten. Insbesondere die Lösungsmittel-Empfindlichkeit von PVDF gegen N-Methyl-Pyrrolidon (NMP) und die geringe Dauerbeständigkeit von ETFE 6060 gegen Methanol, die geringe Wärmeformbeständigkeit beider Materialien (71°C von ETFE 6060 und 113 °C von PVDF 1010 - beides gemessen nach Verfahren A bei 1,82 MPa) - und dem hohen Korrosionspo-tential dieser teilfluorierten Thermoplaste führten zum Ausscheiden aus der Gruppe geeigneter Matrix-materialien. Ausgewählt wurden aus dem Bereich der Hochtemperaturthermoplaste ein flüssigkristalli-nes Polymer (LCP, Vectra A 950), ein Polyphenylensulfid (PPS, Fortron P4/P6) - beide von der Fa. Ti-cona - und ein Polyphenylsulfon (PPSU, Radel R5700) von Amoco. Diese Hochleistungskunststoffe zeichnen sich u. a. durch ihre hervorragende chemisch/thermische Beständigkeit, gute Wärmeformbe-ständigkeit (zum Teil bis über 200 °C), geringere Korrosivität an Metalloberflächen und eine höhere physiologische Verträglichkeit aus. Die niedere Grundviskosität insbesondere von LCP und PPS, resul-tierend aus ihrer Kettenaufbau, ermöglicht eine herausragendes Aufbereitungsverhalten. Das Preisni-veau liegt sowohl bei den teilfluorierten als auch bei den genannten Hochtemperatur-Thermoplasten bei ca.14-35 €/kg.

Eine Materialgegenüberstellung in Form einschlägiger Stoffparametern zeigt Bild 1. Je besser ein Mate-rialkennwert eines Polymers die Anwendung als Matrix-Material zur Generierung von BPP unterstützt, desto weiter außen liegt es im Polarkoordinatendiagramm (z.B.: Korrosivität gering bei LCP oder Recyc-lierbarkeit/ Umweltverträglichkeit schlecht bei PVDF und ETFE).

Es wurde bewusst je ein Vertreter der teilkristallinen (PPS), amorphen (PPSU) und nematisch meso-morphen (LCP) Thermoplaste ausgewählt, um u. U. unterschiedliche Mechanismen der Perkolations-netzwerkbildung, die in der Literatur zum Teil schon beschrieben wurden, separieren und z.B. Einflüsse durch Orientierung von Partikeln an Korngrenzen oder übergeordneten Strukturen entlang zur Leitfähig-keitssteigerung nutzen zu können.

Insbesondere die Verwendung von LCP als Matrixmaterial verspricht eine deformationsfreie Bauteilaus-formung bei kurzen Zykluszeiten (t < 20 s, PP-Zykluszeit im Variotherm-Verfahren: 2 min) durch die sehr steife verzugsarme Materialcharakteristik. Vergleichend wurden PP/Füllstoffsysteme untersucht und den neuen Materialsystemen gegenübergestellt. BZ-Komponenten bestehend aus PP-Materialsystemen sind allerdings nur bei niedrigen Zell/Stack-Temperaturen (70-90°C) anwendbar. Wei-terhin reduziert die Sauerstoffempfindlichkeit des PP, insbesondere bei erhöhten Temperaturen, die Standzeit des Gesamtsystems und die hohen Zykluszeiten, bedingt durch die hohe Kühlzeit, um defor-mationsfrei auszuformen, sprechen gegen dessen Anwendung, ebenso wie die hohe H2-Permetion der PP-Matrix (Compound-Permeation dürfte geringer sein). Allerdings ist PP ein preisgünstiger Massen-kunststoff und einfach zu verarbeitendes Material.

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Bild 1: Gegenüberstellung einiger wichtiger Materialkennwerte potentieller Matrixmaterialien.

5.2. Füllstoffe Zur Erzielung elektrischer Leitfähigkeit in einem an sich nichtleitenden Polymer, ist es notwendig, durch geeignete Additive und Prozessschritte ein leitfähiges Netzwerk (Perkolationsnetzwerk) zu erzeugen.

Die elektrische Leitfähigkeit des Polymers spielt eine untergeordnete Rolle, da allen Thermoplasten ein spezifischer Durchgangswiderstand RD von 1014 - 1016 Ωcm (Isolator) zu Eigen ist. Ausschlaggebend sind jedoch das rheologische Verhalten bei der Verarbeitung, das Benetzungsverhalten des Polymers, seine Kristallinität und molekulare Parameter wie MW, Kettenaufbau, Taktizität und ggf. Mehrphasigkeit.

5.2.1. Hochleitfähigkeitsruße Die wesentlichen Parameter, die das elektroleitfähige Verhalten von Rußen direkt beeinflussen, sind die Struktur, die Oberflächen-Chemie und das Benetzungsverhalten (Grenzflächenenergien). Hinzu kommt die technologische Forderung der Dosierbarkeit.

Die spez. Oberfläche der hier verwendeten feinteiligen, teilmikrokristallinen Kohlenstoffe (Ruße: EC-600JD, EC-300J und PXE2) beträgt 800-1450 m2g-1, gemessen mittels Stickstoffadsorption. Vergleich-bare Jodadsorptionswerte liegen bei 760 mg Jod/(g Carbon Black) bis 1060 mg Jod/(g Carbon Black). Der Aggregations-Zustand (Struktur) eines solchen feinteiligen Feststoffes wird mit der DBP-Zahl (Di-Butyl-Phthalt) erfasst. Ein hoher DBP-Wert weist auf ein großes Porenvolumen und deshalb auf eine hohe Strukturierung (Porosität) hin. Die DBP-Zahlen der verwendeten Ruße weisen Werte von 320 bis 510 ml DBP/(100g CB) auf. Sie bilden aufgrund ihrer hochporösen Feinstruktur - bei entsprechender Verarbeitung - bereits bei geringen Additiv-Zuschlagmengen ein leitfähiges Perkolationsnetzwerk.

Auf deren Anwendbarkeit wurden zwei Hochleitfähigkeitsruße untersucht: Printex XE2 der Firma De-gussa, und der Hochleitfähigkeitsruß Ketjen Black 600 JD (KB 600 JD) aus dem Hause Akzo Nobel. Po-rosimetrische Untersuchungen mittels eines „Nova 2000“ Stickstoffadsorption-Meßgeräts der Firma Quantachrom zur Bestimmung spezifischer Oberflächen und Adsorptions-/Desorptions-Isothermen ha-ben für KB 600 JD deutlich höhere spezifische Oberflächen (Printex XE 2: ca. 980 m2/g; Ketjen Black

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600 JD: ca. 1300m2/g) bei gleicher Porengrößenvertei-lung ergeben (Bild 2 und Bild 3). Mit der ebenfalls deut-lich höheren DBP-Zahl des Akzo-Rußes, die als ein Maß für die Rußstruktur zu inter-pretieren ist, erscheint der Rußtyp KB 600 JD als leis-tungsfähiger. Somit stellt er eine sinnvolle Ergänzung bzw. Alternative zum PXE 2 dar.

Insgesamt führt die komplexe-re Partikelstruktur des KB 600 JD dazu, daß im Zuge des Aufbereitungsprozesses we-niger KB 600 JD inkorporiert werden muss, um gleiche Leitfähigkeitswerte der Com-pounds wie mit Printex XE 2 zu erzielen. Dies ist aus den Volumen-Durchgangswider-standsmessungen klar er-sichtlich. Insbesondere resul-tiert aus der geringeren Ruß-beladung des Polymers eine wesentlich bessere Verarbeit-barkeit, die allen nachfolgen-den Prozessschritten zugute kommt.

5.2.2. Graphit Graphit ist eine wasserunlösli-che, grauschwarze, metallisch glänzende Modifikation des Kohlenstoffes mit hexagona-lem Kristallgitter. Aufgrund seiner Schichtgitterstruktur und den relativ schwach aus-geprägten van-der-Waals-Kräfte der einzelnen Schichten untereinander, lassen sich die Schichtebenen leicht gegen-einander verschieben. Darauf beruht die Schmierwirkung dieses Materials und die Ver-wendbarkeit als äußeres Gleitmittel. Graphit weist kei-

nen Schmelzpunkt auf und sublimiert bei Temperaturen über 3750°C. Graphit ist sehr weich und besitzt auf der Mohs’schen Härteskala den kleinsten Wert (Wert 1). Zur Anwendung kommen unporöse Graphi-te hoher Reinheit und mittleren Teilchendurchmessern von 200 µm bei einer Partikelgrößenverteilung, die sich über 3 Dekaden (10–1000 µm) erstreckt.

Dieser Graphittyp hat sich gegenüber mikronisierten Graphiten gleichen Typs (mittlere Partikelgröße: 10 µm) als verarbeitungstechnisch und leitfähigkeitsseitig überlegen gezeigt (Bild 10 und [13]).

0 2 4 6 8 10 12 140

200

400

600

800

1000

1200

Non-Porous Standard

cm3*g-1

Angström

Printex XE2 Ketjen Black 600 JD

Tota

l Vol

ume

VTA

bs a

bsor

bed

Statistical Thickness t

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Relative Pressure P/Po

Bild 2: V-t-Plot von PXE2 und KB600JD.

0 20 40 60 80 100 120 1400,000

0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

0,030

0,035

0,040

Α

Αcm3g-1 -1

Αm2g-1 -1

pore

are

a

Pore Volume and Pore Area Distribution vs Pore Diameter (BJH method)

po re volume distribution of Ketjen Black 6 00 JD po re volume distribution of Printe x XE 2

pore

vol

ume

pore diameter

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

pore area distribution of Ketj en Black 6 00 JD pore area distribution of Printe x XE 2

Bild 3: Porenvolumen- und Porenoberflächen-Verteilung von PXE2 und KB600JD.

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6. Messtechnik

6.1. Parallele Durchgangswiderstandsmessung R// (In-Plane-Messung) Der elektrische Widerstand ist ein Zweipol, der im allgemeinen auch nur zweipolig gemessen wird. Ein Mess-strom I wird durch den Prüfling geleitet und der entstehende Spannungsabfall U wird gemessen. Der Quotient aus Spannung U und Strom I ergibt den ohmschen Widerstand. Entscheidend für das Messergebnis sind die beiden Potentialpunkte zwischen denen die Spannung gemessen wird. Jeder Wi-derstand zwischen diesen Punkten trägt zum gemessenen Gesamtwider-stand bei. Hierzu zählen Übergangs- und Oberflächenwiderstände ebenso wie Widerstände in den Zuleitungen. Da ein Spannungsabfall durch einen

Widerstand nur dort entsteht wo Strom fließt, muss dafür gesorgt werden, dass die Messstromeinspei-sung und der Spannungsabgriff an unterschiedlichen Stellen stattfindet.

Dies wird in der von Thomson und Kelvin entwickelten Vierpolmesstechnik realisiert und basiert auf der Ermittlung von, in zwei getrennten Stromkreisen, getrennt voneinander gemessenen Werten der Span-nung U und des Stromes I. Damit wird sichergestellt, dass die Stromdichte konstant gehalten werden kann, und der Spannungsabfall durch den Prüfling verursacht wird, und nicht durch etwaige Kontaktwi-derstände an den Klemmen. Der Einfluss von Kontaktwiderstände auf das Messergebnis also ausge-schlossen und Thermospannungen verhindert, die durch elektrischen Kontakt unterschiedlicher Materi-alpaarungen hervorgerufen werden (Peltier- bzw. Seebeck-Effekt).

Gemessen wird mit einem Keithley 2010 Mikro-Multimeter in 4-Leiter-Kelvin Messtechnik gemäß ISO 3915-1981. Der Volumendurchgangswiderstand R// von Press- oder Spritzgussplatten wird mittels eines modifizierten Verfahrens nach DIN 53 482/VDE0303 gemessen. Bei dieser Methode werden in vier, mit definiertem Abstand zueinander, eingebrachten Gewindebohrungen, Messschrauben zur Messstrom-einleitung (äußere Schrauben) und zum des Spannungsabgriff (innere Schrauben) eingesetzt. Die Plat-tenbreite betrug 22mm. Der parallele spezifische Durchgangswiderstand ergibt sich somit aus den Messdaten und der in Bild 4 rot angedeuteten Geometrie. Dieses Messverfahren ermöglicht eine sehr gute Reproduzierbarkeit, bei mäßigem Probenpräparationsaufwand und erlaubt Messungen unabhän-gig von Oberflächeneinflüssen. Für nichtmetallische Werkstoffe sollte jedoch beachtet werden, dass aufgrund der Messquerschnittesdefinition der Messwert kleiner erfasst wird als der tatsächliche Stoff-wert.

6.2. Senkrechte Durchgangswiderstand R⊥ (Through-Plane-Messung) Dieser Messaufbau besteht aus zwei zylindrischen Messing-Messelektroden (∅ 10 mm), die als Zweipol mit einem Labornetzgerät zur Messstromeinleitung (Messstrom: 1A) und einem Spannungsmessgerät verbunden sind. Diese Elektroden werden kolinear auf einem Prüfling positioniert und unter definiertem Druck mittels Laborpresse oder Normgewichten vermessen.

Das Verfahren an sich ist stark abhängig von der Planparallelität der Prüflinge, der Probenoberfläche und der Ausbildung von Kontaktwiderständen, wobei es sich um keine echte 4-Pol-Messtechnik han-delt. Um möglichst anwendungsnah zu messen, wird eine Gasdiffusionslage (GDL oder Backing) oben und unten zwischen Prüfling und Messelektroden eingebracht. Somit ergibt einen Messaufbau, der dem eines BZ-Stapels entspricht. Als GDL wir hier ein 0,12mm starkes Toray Carbon Paper genutzt (TGHP-120 wetproofed).

Der senkrechte Durchgangswiderstand R.⊥ errechnet sich dann aus dem Quotienten von Spannung und Strom multipliziert mit der dickebezogenen Kreisfläche der Elektroden. Die zur Auswertung notwendige Prüflingsdicke wird nach der Messung am charakterisierten Sandwich (GDL/Prüfling/GDL) erfasst.

6 8 25 8

53

1122

alle Gewinde M3

Bild 2: Messgeometrie für Leitfähigkeitsmessung.

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6.3. Mess- und Vergleichsstandards der elektrischen Widerstandsmessungen Da es sich bei den beiden Messmethoden um vergleichende Messverfahren handelt, ergeben sich dar-aus nicht zwingend echte Stoffwerte. Somit ist es empfehlenswert hierzu vergleichend Messstandards zu vermessen, die eine relative Zuordnung zu echten Stoffwerten ermöglicht. In Tabelle 1 sind dies Messwerte für R.⊥ und R.// für Kupfer und Hasco-Elektrodengraphit (Hasco A3514) und R⊥ für V4A-Stahl angegeben.

Tabelle 1: Messstandards für R⊥ und R//.

Through-Plane-Messung; R.⊥ [Ωcm]

mit GDL ohne GDL

(In-Plane-Messung); R//

[mΩcm]

Vollmaterial pschliess ≈ 7 bar1 13 bar1 pschliess ≈ 7 bar1 13 bar1 --

Kupfer E2-CU 58 0,04158 0,01024 0,00299 0,00195 0,0131

Hasco Graphit A3514 0,02581 0,00866 0,02214 0,00591 0,2946

Bipolarplatte mit FF pschliess ≈ 7 bar1 13 bar1 pschliess ≈ 7 bar1 13 bar1 --

Kupfer E2-CU 58 0,04241 0,00278 0,00337 0,00234 XX

Hasco Graphit A3514 0,0425 0,0138 0,0639 0,0423 XX

V4A-Stahl 0,2199 0,0361 0,0729 0,0582 XX

V4A-Stahl, vergoldet 0,0618 0,0137 0,0188 0,0113 XX 1 Lehrmessung: 0,0006 - 0,000973 V; mit GDL: TGHP-90 wetproofed': 0,01113 V.

6.4. Partikelmessung mit dem Laserbeugungsverfahren (Laser Diffraction, LD) Die Partikelgröße des zur physikalischen Modifikation der Matrixmaterialien genutzten Graphites hat ei-nen erheblichen Einfluss auf die generierte Compoundleitfähigkeit. Somit ist es von Interesse die Parti-kelgrößencharakteristik des Füllstoffes nach dessen Inkorporation in die polymere Matrix zu untersu-chen. Gelingt dies, hat man ein Werkzeug an der Hand, das es erlaubt Rückschlüsse auf die Partikel-schädigung während der Aufbereitung und Formgebung zu ziehen und Prozessparameter und Verfah-renskonzepte mit Hinblick auf bestmögliche elektrische Leitfähigkeit optimieren zu können [13, 22].

Die Messung der Partikelgrößenverteilung erfolgte nach dem Prinzip der Laserbeugung. Beim Laser-beugungsverfahren handelt es sich um eine unmittelbare Messmethode. Im Gegensatz zu den mittelba-ren, d.h. abbildenden Messverfahren, die sich eines Lichtmikroskops oder eines Elektronenmikroskops bedienen, und bei denen die Auswertung mit Hilfe (automatisierter) Bildanalysentechnik anhand von Photos erfolgt, lösen hier die Teilchen selber die Messung aus. Die Teilchen werden durch ein Messvo-lumen bewegt, in welchem sie den Ruhezustand eines dort herrschenden Feldes stören. Durch Mes-sung der Änderung von elektrischen Feldgrößen, der Extinktion, der Streuung oder der Beugung von Lichtwellen beim Passieren einer Messzone kann auf die Partikelgröße geschlossen werden. Im vorlie-genden Fall handelte es sich dabei um die Beugung von Laserlicht. Das Funktionsprinzip und der schematische Aufbau eines Laserbeugungsmessgerätes werden in Bild 3 gezeigt. Ein Laserstrahl wird durch ein Linsensystem auf einen Durchmesser von bis zu 10 mm aufgeweitet. Befinden sich ein oder mehrere Partikel oder Tropfen in dem aufgeweiteten Laserstrahl oder durchqueren ihn, so wird das Licht daran gebeugt. Diese gebeugten Lichtstrahlen werden mit einer Linse auf einen Detektor abgebil-det. Mit Hilfe eines Rechners kann die im Detektor gemessene Intensitätsverteilung in eine Partikelver-teilung umgerechnet werden.

Zur Messung von Größe und Verteilung der Graphitpartikel mussten diese zunächst aus den zu analy-sierenden LCP-Compounds herausgelöst werden. Dazu wurden kleine Stückchen der gepressten Plat-ten in einen Rundkolben mit ca. 50 ml 70 %-iger Schwefelsäure gegeben und mehrere Stunden in ei-nem etwa 240°C heißen Ölbad unter Rühren gekocht. Die abgekühlte Lösung wurde mit Natriumhydro-xid-Lösung neutralisiert und anschließend filtriert. Mit einer Spritzflasche wurden die abfiltrierten Gra-phitpartikel mit VE-Wasser von dem Filterpapier abgewaschen und aufgefangen. Da die folgende Mes-sung im Nassdispergierverfahren durchgeführt wurde, mussten die Proben nicht mehr weiter aufbereitet werden.

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Für PP-Compounds wurden Veraschungsrückstände in VE-Wasser dispergiert und wie oben beschrie-ben vermessen (DIN 13320).

Bild 3: Prinzipschema einer LD-Messeinrichtung zur Partikelgrößenbestimmung.

6.5. In situ Bpp-Charakterisierung im Brennstoffzellenbetrieb Um die hergestellten Materialien zu charakterisieren und deren Qualität zu bewerten, sind eine Reihe von Messverfahren notwendig. Hier sollen die beiden wesentlichen Messmethoden besprochen werden: die Polarisationskurve und die Elektroimpedanzspektroskopie.

6.5.1. Der Brennstoffzellen Messstand

Bild 4: links ICVT-PEM-Bz-Messtand; rechts Zelleinbau mit Endplatten (4), Bpp (5), MEA (6) und Dichtungssystem (7)

Um eine Brennstoffzelle oder einen Bz-Stack unter kontrollierten und reproduzierbaren Bedingungen betreiben zu können, sind eine Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen. Der Messtand sollte grundsätz-lich PC-gesteuert sein und geeignete Sicherheitsprozeduren gegen Überdruck, Übertemperatur und Le-ckage aufweisen. Er sollte eine kontinuierliche Messung vollautomatisch aufnehmen können, aber auch manuelle Eingriffe ermöglichen. Im wesentlichen bestehen die genutzten Messstände aus temperatur-geregelten Gasbefeuchter-Systemen (1) und Gaszuleitung (2), sowie Drucksensoren und Temperatur-sensoren (3). Es sind zwei Betriebsweisen auf Anoden und Kathodenseite möglich: Dead-end-Betrieb oder kontinuierliche Durchströmung. Zu diesem Zweck werden elektronische Massendurchflussregler genutzt. Um definierte Druckzustände im System zu ermöglichen, werden Druckhalteventile und Druckminderer verwand. Der Messstand ermöglicht es die Betriebsparameter zu beobachten, zu regeln und kontinuierlich aufzuzeichnen, sodass eine lückenlose Protokollierung der Versuche gewährleistet ist und zur Auswertung zu Verfügung steht.

1

1

2

3

6

5

4

7

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6.5.2. Die Polarisationskurve (U/i-Kennlinie) Belastet man eine Brennstoffzelle mit einem Strom I, so steigen deren Verlustspannungen. Wird die Be-lastung variiert, i.d.R. von Leerlauf bis zum Kurzschluss, ergibt sich eine fortlaufende Strom-Spannungscharakteristik. Diese Strom-Spannungs-Kennlinie (U/i-Kennlinie (U=f(i)), Polarisationskennli-nie) charakterisiert üblicherweise ein elektro-chemisches System im realen Betrieb. Für einen primitiven Messaufbau wird zur Aufnahme dieser Polarisationskurven lediglich ein Amperemeter, eine Voltmeter und ein variabler Lastwiderstand (Potentiometer) benötigt. Greift man die Spannung bei konstantem Strom für die jeweilige Belastung, eingestellt durch das Potentiometer, ab, erhält man den Arbeitspunkt des Systems für diese Belastungskonfiguration. In der Regel wird der Spannungsbereich einer Einzel-Zelle oder eines Stacks mit Hilfe einer elektronischen Last variiert und automatisiert durchfahren, wobei der von der Bz erzeugte Strom durch einen Mess-PC aufgezeichnet wird. Um die Messergebnisse zu-einander vergleichbar zu machen müssen möglichst gleiche Mess- (gleiche Haltezeiten bei gleicher Be-lastung) und Prozessparameter eingehalten werden. Aber auch die Angabe zur MEA wie der aktive Zellfläche, Membrantyp samt Konditionierungsmethode, Zusammensetzung und Typ der Elektrode (Ka-talysatortyp, Katalysator- und Elektrolytbeladung, Herstellverfahren), die Art des Verteilers (Material, Zusammensetzung, Gasverteilerstruktur), die genutzte Gasdiffusionsschicht (Hersteller etc.) und das Anzugsdrehmoment der Zugankerverschraubung bzw. der Anpressdruck (resp. Anpresskraft), das Kompressionsverhältnis der Gasdiffusionsschicht (Angabe des verwendeten Dichtungssystem, -geometrie und -material). Als wesentliche Prozessparameter einzustufen sind das Betriebsdruckniveau der Prozessgase, die Prozessgase selbst, sowie deren Stöchiometrie (insbesondere im Luftbetrieb), die Zelltemperatur, die Befeuchtertemperatur und falls möglich die Befeuchtung selbst sowie der Druckab-fall über die Gasverteilerstruktur.

Bei der Messdurchführung sollte darauf geachtet werden, insbesondere in Richtung hoher Stromdich-ten, die Vorschubgeschwindigkeit von Messpunkt zu Messpunkt nicht zu kurz zu wählen, da Befeuch-tungs- resp. Austrocknungseffekte mitunter recht lange Zeitkonstanten aufweisen. Der auftretende Hystereseverlauf der Polarisationskurve ist ein Maß für den Grad des instationäre Verhaltens, das mög-lichst unterdrückt werden sollte.

0,00 0,25 0,50 0,75 1,00 1,25 1,50 1,75 2,00 2,25 2,500,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

0,00

0,25

0,50

0,75

1,00

1,25

1,50

Anodenpolarisation

Irrev. Kathoden-reaktion

Lesi

stun

gsdi

chte

[W

cm-2]

Arbeitspunkt

igrenz

∆UR

∆UDiff

∆UΩ

∆UD

∆Urev

=-T∆S

Ladungstransport StofftransportLadungs-durchtritt

Zells

pann

ung

U

[V]

Stromdichte i [Acm-2]

rev. Abwärme

irrev. Abwärme

Pel=U I

Kathodenpolarisation

U0

U0, rev=1,23 V

Uth=1,48 V

Bild 5: Polarisationskurve (U/i-Kennlinie) und Velustmechanismen-Zuordnung.

Nachteilig bei dieser Charakterisierungsmethode ist, dass keine Aussagen darüber gemacht werden kann, aus welchem Grund sich ein bestimmter Verlauf der Polarisationskurve ergibt. Insbesondere nicht erkennbar ist ob eine Änderung der Geradensteigung im linearen Bereich der Kennlinie durch ohmsche

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Effekte (Kontaktwiderstände, Durchgangswiderstände) oder durch Diffusionshemmung und unzurei-chenden Wasserhaushalt der Zelle verursacht wird. Hier hilft die Elektroimpedanzspektroskopie weiter.

6.5.3. Elektroimpedanzspektroskopie Zur Untersuchung von Grenz-flächen- und Volumeneigen-schaften ist die Widerstands-messung komplexer Widerstän-de mit Wechselstrom-Methoden sehr verbreitet. Auch die Bpp/MEA/Bpp der PEM-BZ ist ein komplexes elektrochemi-sches System, in dem eine Rei-he von Parametern auf das Systemverhalten Einfluss ha-ben. Dreidimensionalen Struktu-ren wie eine Bz, lassen sich mit Hilfe der Elektroimpedanzspekt-roskopie (EIS) bezüglich Diffu-sionsverhalten und Leitfähigkeit von Elektronen in der GDL/GDE, sowie Ionenleitfä-higkeit in der MEA/Membran analysieren. Die Impedanz-spektroskopie ist ein instationä-res elektrisches Messverfahren zur Analyse von Elektrodenpro-zessen z.B. bei der Katalysa-torentwicklung oder zur Charakterisierung elektrochemischen Systeme. Hierbei wird das zu analysie-rende elektrochemische System zwischen Messelektroden mittels einer frequenzvarianten Wechsel-spannung angeregt und die Systemantwort in Form der Phasenverschiebung und des resultierenden Wechselstromes aufgezeichnet. Als Ergebnisplot ergibt sich ein Nyquist- (Cole-Cole-Plot, Ortskurve) oder Bodediagramm. Aus diesem Graph lassen sich mittels elektrischer Wechselstromtechnik-Ersatzschaubilder gleichen Frequenzverhaltens (Reihen- und/oder Parallelschaltung von induktiven, kapazitiven und ohmschen Widerständen) Verlustanteile (Anoden- und Kathodenüberspannung und

Reaktionskinetik, ohm-sche Widerstände) zur Charakterisierung der PEM-BZ bestimmen. Im Grenzfall unendlich hoher Frequenz f dient der Wechselstrom le-diglich zu Umladen der Kapazität, die Impe-danz hat somit keine imaginären Anteile (Strom und Spannung sind phasengleich). Bei unendlich niederer Frequenz f (Gleich-stromfall) wird die Ka-pazität C durch den Widerstand R kurzge-schlossen und der ge-samte Strom fließt über R, und die Impedanz hat wiederum keinen Imaginärteil. Für mittle-re Frequenzen f ergibt sich zwischen Span-

10 20 30 40 50 60

20

10

0

-10

-20

8f

0f

Rϕ=0= 7,9 mΩ

MEA: PEM: Nafion 1135, DS-Kat.: 0,2 mg Ptcm-2, GDL: Etek Elat doublesided no metal.Flowfield(FF): H2: V4A-Geradeverteiler O2/Luft: V4-ADead-End-VerteilerBetriebsbedingungen: 70°C Zelle/80°C Befeuchter/1 barü/2,5 Nm

H2 unbef./O2-Betrieb bef. Dead-end H2 unbef.dead end/Luft-Betrieb bef. (λ=2)

Im (z

) m

Ω

Re (z) mΩ

Bild 7: Reales Elektroimpedanzspektrum einer V4A-Standardzelle galvanostatisch bei 2,5 A gemessen Uo << UΩ.

0,0 5,0x102 1,0x103 1,5x103 2,0x103 2,5x103 3,0x103 3,5x1034,0x102

2,0x102

0,0

-2,0x102

-4,0x102

-6,0x102

-8,0x102

-1,0x103

-1,2x103

Imag

inär

teil

der I

mpe

danz

Im(z

) [m

Ω] R

ϕ=0=11,02-11,8 mΩ∆p=85 mbar

Membran: Nafion 1135Elektrode: Etek DS 0,5 mg Pt cm-2 1,5 mg cm-2 5-% Nafion-LösungVerteiler:V4A-Geradeverteiler (1x1mm-Kanalquerschnitt)Betriebsbedingungen:TZelle=70°C, 2Nm AnzugsmomentTBefeuchter=80°CTZuleitungen=100°Ckathodische Befeuchtung (Bubbler)pH

2/O

2/Luft = 2 barabs

Sauerstoffbetrieb Dead-end 0,1 A 2,5 A

Luftbetrieb VLuft=1,0 l h-1, λ=2,11

0,1 A 2,5 A

Realteil der Impedanz Re(z) [mΩ]

Bild 6: Reales Elektro-Impedanzspektrum (EIS), galvanostatisch bei I → 0 A (Überspannungen dominieren) und I=2,5A gemessen.

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nung und Strom eine Phasenverschiebung ϕ, die negativ (kapazitiv) oder positiv (induktiv) sein kann.

Zur Beurteilung der verschiedenen Überspannungseinflüsse auf die Bz (→Bild 5) nimmt man i.d.R. je ein Spektrum der charakteristischen Bereiche der Polarisationskurve, also eines für geringe, eines für mittlere und eines für hohe (falls Gerätetechnisch möglich) Überspannung, auf.

Zur Quantifizierung des ohmschen Gesamtwiderstandes der Zelle (Membran + Katalysatorschicht +GDL + Bpp-Flowfield) wurde hier ein Zahner IM6 Impedanzmessgerät genutzt. Als Arbeitselektrode diente die kathodenseitige Endplatte und als Test- und Sense-Elektrode die Anodenendplatte des PEM-BZ-Aufbaus. Das Spektrometer wurde im galvanostatischen Betrieb mit den für diese Gerät maximalen 2,5 A Messstromstärke und 5mV Wechselspannungsamplitude betrieben, um in den Bereich mittlerer Überspannungen zu kommen. Der abgedeckte Messbereich lag bei jeweils 0,1 bis 10.000 Hz. Als cha-rakteristischer Wert zur Analyse der polymeren Gasverteilerstruktur (im einzelligen Versuchsaufbau ei-ne Mono-Polarplatte, statt einer Bipolarplatte) wird der hochfrequente Widerstand (annähernd ohmsche Widerstand) des Impedanzspektrums genutzt, der sich wie in Bild 8 für ϕ = 0 ° als Schnitt des Ny-quistgraphen mit der realen Achse ergibt.

7. Basischarakterisierung der Matrixpolymere Zur Produktchargen-überwachung, zur Grundcharakterisierung und zur Bestimmung des Verarbeitungsfensters wurden mit allen drei Ma-terialien DSC-, TGA- (un-ter N2- und O2-Atmosphäre) und rheo-logische Untersuchun-gen durchgeführt. Sinn-voll verarbeiten lassen sich die drei Matrixpoly-mere LCP, PPS und PPSU zwischen 290 bis 350° C. Sie sind, wie die TGA zeigt, sehr unemp-findlich gegenüber einer thermischen und/oder o-xidativen Degradation (die Kurvenverläufe der TGA-Messungen in O2- und N2-Atmosphäre de-cken sich weitgehend).

Die Matrixviskosität von PPSU liegt 1 bis 2 Größenordnungen über der von PPS und LCP. Dies er-schwert die homogene Einmischung von leitfähigkeitssteigernden Zuschlagstoffen und begrenzt die Verarbeitbarkeit durch hohe Motordrehmomente schon bei verhältnismäßig geringer Beladung.

8. Aufbereitung elektrisch leitfähiger Materialsysteme (Compoundierung) Bei der elektrisch leitfähigen Modifikation von Polymeren durch Ruß und oder Graphit-Zugabe im Zuge eines Compoundierprozesses handelt es sich um ein Optimierungsproblem. Die granuläre Sekundär-struktur des Rußes muss aufgebrochen (zerteilt) und eine gute Dispersion der fein strukturierten Pri-märpartikel in der Matrix muss gewährleistet werden. Dabei darf der Scherenergieeintrag einerseits nicht so groß sein, dass die Primärstruktur des Rußes (ausgeprägte Struktur, Oberfläche und Porosität der Primärteilchen des Rußes) zerstört und der Abstand von Leitfähigkeitspartikel zu Leitfähigkeitsparti-kel zu groß wird. Andererseits sollte die Gesamtscherdeformation aber auch nicht zu klein ausfallen, da sonst kein ausreichendes distributives Mischen stattfindet, Agglomerate nicht aufgelöst, und kein ge-schlossenes Perkolationsnetzwerk (Leiterbahnstrukturen) in der Matrix generiert werden. Die erforderli-che Dispergierarbeit hängt insbesondere ab von der Teilchengröße und der Struktur des Rußes, von Grenzflächenenergien (Adhäsion: Polymer/Ruß; Kohäsion: Ruß/Ruß) und „Volumenenergien“ (Oberflä-chenspannungen). Die Dispergiergüte ist direkt korrelierbar mit dem Schneckenkonzept (Scherenergie-

10 100 1000 10000

10

100

1000

S

O

O

O O

n

Phenylsulfonether

S

n

Phenylensulfid

OC

O

Hydroxybenzolsäure (PHBA)

X=73 %

O

C

O

Y=27 %

Hydroxynaphtalsäure (PHNA)

Matrix-Viskositäten

Pa*s

s-1

γ

η

LCP: 360 °C, m=2,3 345 °C, m=2,2 330 °C, m=2,16 315 °C, m=2,06 300 °C, m=1,9

PPS: 315 °C 330 °C 345 °C

PPSU: 360 °C 345 °C 330 °C 315 °C

Bild 8: Matrixviskositäten von PPSU, PPS und LCP.

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eintrag und Verweilzeit) und den Prozessparametern des Aufbereitungsaggregates, also von der Dreh-zahl (Scherenergieeintrag und Verweilzeit), dem Temperaturprofil von Zylinder und Schnecke und dem Massedurchsatz (Füllgrad und Verweilzeit).In der Regel müssen die optimalen Betriebsparameter expe-rimentell für jedes Matrixpolymer und jede Rezeptur (Füllgrad) neu ermittelt werden.

8.1. Optimierung der Verfahrensparameter mittels DOE (Design of Experiments) Zur Generierung hochleitfähiger Compounds durch Optimierung der Aufbereitungsparameter wurden DOE Methoden (Statistische Versuchsplanung) angewandt. Hierbei werden Versuchspläne systema-tisch durchgeführt, um die für den Prozess maßgeblichen Haupteinflüsse zu ermitteln und in gewünsch-ter Weise anzupassen. Die Signifikanz der Ergebnisse wird mittels statistischer Methoden (t- oder F-Test) verifiziert.

Wie in Bild 6 zu erkennen ist ergibt sich exemplarisch für die Aufbereitung eines binär (Leitfähigkeitsruß und Graphit) hochgefüllten LCP-Materialsystems der optimierte Parametersatz defensives („mildes“) Schneckenkonzept (SD: -1), hoher Gesamtmassendurchsatz (m = M = 6 kgh-1) und niedere Schne-ckendrehzahl (n=150 min-1). Wie aus dem Pareto-Chart (Bild 5) hervorgeht, sind neben diesen Hauptef-fekten (-parametern) Interaktionseffekte irrelevant (Überlappung der Standardabweichungen bei –1 und +1 Einstellungen der Parameter SDM, SDn, Mn und SDMn).

3,5x10-3

4,0x10-3

4,5x10-3

5,0x10-3

0,79

0,528

0,619

0,70,698

0,621

Shear energy e [kWhkg-1]-1

-1

-1

-1

-1

-1

+1

+1

+1

+1

+1

+1

+1

-1

1 three-way interaction

3 two-way interactions

3 main parameters

SDMnMnSDnSDMnMSD

Ωcm

screw design SD M [kg/h-1] n [min-1] SDG SDn Gn SDGn

spec

. RVo

l

Bild 9: Einfluß der Prozessparameter auf den spez. Durchgangswiderstand binärer LCP-Compounds.

Experimentell wurde ebenso nachgewiesen, dass zur Verfahrensoptimierung der hier aufgeworfenen Fragestellungen die teilfaktorielle Versuchmethodik identische Parametersätze liefert. Damit erlaubt dieser Methode eine starke Versuchszeit- und damit Kostenreduktion [12].

9. Ergebnisse der elektrischen Charakterisierung In den Bildern 13-16 zeigt sich, zunächst ein synergistischer Effekt bei der Verwendung von binären Füllstoffsystemen. Ein fein verteilter Hochleitfähigkeitsruß wird hier mit einem synthetischen Graphit breiter Partikelgrößenverteilung (10-1000µm) und einer mittlerer Ausgangs-Partikelgröße von ~200µm kombiniert. Diese Kombination führt zu einer besseren elektrischen Leitfähigkeit des Compounds, als es die beiden Füllstoffe bei identischem massenbezogenen Füllgrad Φm alleine für sich gestellt erlauben würden. Weiterhin wird in Bild 12 und Bild 13 deutlich, dass die gepressten Platten wesentlich bessere Leitfähigkeiten als die spritzgegossenen Platten aufweisen. Dies zeigt sich insbesondere an den senk-recht vermessenen spritzgegossenen Proben. Je größer die Partikel, umso leichter kommt es zu Orien-tierungen und Separierungseffekte. Da aber gerade die Leitfähigkeit senkrecht zur Plattenfläche wichtig

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ist, muss konstruktiv dafür gesorgt werden, dass Orientierungen unterdrückt (Spritzprägen), oder kon-struktiv gesteuert und ausgenutzt werden (Werkzeugdesign). In Bild 10 und Bild 14 ist erkennbar, dass die Verwendung von Füllstoffen mit größeren Aspektenverhältnissen bessere Leitfähigkeiten im Com-pound generiert. Hinzu kommt dass durch eine reduzierte Schmelzeimmobilisierung verhältnismäßig größerer Partikel die Viskosität weniger ansteigt [13]. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass die Messer-gebnisse der beiden Messverfahren (senkrecht und Parallel) betragsmäßig Unterschiede aufweisen. Dies liegt an der Messverfahrensabhängigen Kontaktierung und an der jeweiligen Auswertemethodik. Systematisch ergeben sich allerdings keine Unterschiede.

Senkrechte Durchgangswiderstand Rvol.⊥ (Through-Plane-Messung):

50 55 60 65 70 75 800,1

1

Ωcm

%

R vol.s

enkr

echt

Heissgepresste PlattenMicronisierter Graphit (Grmic)

LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Standard Graphit (Grst) LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Φm

50 55 60 65 70 75 80

1

Ωcm

%

R vol.s

enkr

echt

Spritzgegossene PlattenMicronisierter Graphit (Grmic)

LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Standard Graphit (Grst) LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Φm

Bild 10: R⊥, von Presslingen. Bild 11: R⊥ von Spritzlingen.

Parallele Durchgangswiderstandsmessung Rvol.// (In-Plane-Messung):

50 55 60 65 70 75 80

0,01

0,1

Ωcm

%

R vol./

/

Heissgepresste PlattenMicronisierter Graphit (Grmic)

LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; Φ

Gr=Φ

m-Φ

R LCP@ 7,5; Φ

Gr=Φ

m-Φ

RStandard Graphit (Grst)

LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Φm

50 55 60 65 70 75 800,01

0,1

Ωcm

%

R vol./

/

Spritzgegossene Platten Micronisierter Graphit (Grmic)

LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Standard Graphit (Grst) LCP@ 0; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 5; ΦGr=Φm-ΦR LCP@ 7,5; ΦGr=Φm-ΦR

Φm

Bild 12: R// von Presslingen. Bild 13: R// von Spritzlingen.

In den Tabelle 2 und Tabelle 3 werde spritzgegossene und heißgepresste Platten, bestehend aus sin-gulären und binären PP-, Vectra A 950- und Vectra D 950-Compounds, bezüglich ihres senkrechten e-lektrischen Durchgangswiderstandes (R⊥ [Ωcm]) und ihres mechanischen Eigenschaftsprofiles für dy-namische (aI [kJm-2]) und quasistatische Belastung (σBmax [Nmm-2]) verglichen. Der Synergieeffekt binär gefüllter Compounds bezüglich der elektrischen Eigenschaften ist klar ausgeprägt (Tabelle 2). Ebenso ergeben sich fallende R⊥ -Werte der Platten in der Reihenfolge gespritzt/ungefräst, gespritzt/gefräst und heißverpresst. Die PP-Compounds erreichen, trotz deutlich höherer massen- und volumenbezogener Füllgrade, die höchsten Durchgangswiderstände (senkrecht als auch parallel vermessen). Die PP-

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Compounds bilden bei gleichen Spritzgießparametern (Temperaturniveau an Material angepasst) of-fenbar die dicksten, Vectra D 950 die dünnsten Randschichten aus (R⊥.-Verhältnis von ungefräst zu ge-fräst). Zudem sind mittels spritzgegossener Vectra D 950 Compounds R⊥-Werte erzielbar, die mit ande-ren Compounds mittels Heißpressen, das i.d.R. zu den besten elektrischen Eigenschaften führt, nicht erzielt werden können. Beide Vectra-Typen weisen eine ähnliche Konstitution und Konfiguration auf. Unterschiede der elektri-schen Eigenschaften sind also nicht durch besseres Benetzungsverhalten o.ä erklärbar, sondern im wesentlichen durch die niedrigere Viskosität des Vectra-TypesD 950 (Bild 16). Diese niedrigere Viskosi-tät erklärt sich aus der geringen mittlere Molmassen, respektive den kurze Ketten des Vectra D 950. Aufgrund dieser geringeren Grundviskosität werden leitfähigkeitsbildende Füllstoffe einer geringeren Scherbeanspruchung ausgesetzt. Die wiederum führt zu einer reduzierten Partikelschädigung und auf-grund der Zusammenhänge zwischen mittlerer Partikelgröße (PS), Partikelgrößenverteilung (PSD) und Leitfähigkeit zu besseren elektrischen Eigenschaften.

Tabelle 2: Elektrische und mechanische Eigenschaften von Probeplatten.

Compoundtyp

R⊥ [Ωcm] (Stab [mΩcm])

σBmax [Nmm-2] (Stab [Nmm-2])

aI [kJm-2] (Stab [kJm-

2])

spritzgegossene Platte

ungefräst gefräst (0,5mm)

Gepresste Platte spritzgegossene Platte

PP @0 φm = 85%, φvol = 70,3%

1,140 (31,8) 0,515 (13,0)

0,155(9,55) 39,9 (3,66) 3,20 (0,83)

PP@5 φm = 85% 0,332 (7,88) 0,176 (8,31)

0,103(3,35) 43,7 (1,76) 3,19 (0,77)

A950 @0 φm = 75%φvol = 65,1 %

0,376 (18,1) 0,189 (8,23)

0,113(3,61) 52,8 (2,7)1 2,69 (0,72)

A950 @5 φm = 75% 0,239 (29,4) 0,166 (7,69)

0,101(7,86) 56,3 (2,29) 2,82 (0,87)

D950 @0 φm = 75% 0,238 (14,3) 0,176 (10,5)

0,172(6,18) 40,32 (2,81) 1,89 (0,79)

D950 @5 φm = 75% 0,141 (9,03) 0,120 (6,35)

0,131(11,6) 44,62 (1,83) 1,86 (0,61)

D950 @0 φm = 85% 0,153 (8,67) 0,112 (6,41) 0,159(6,26) 27,06 (4,78) 1,87 (0,85)

D950 @5 φm = 85% 0,139 (11,7) 0,091 (6,57)

0,125(12,9) 29,78 (3,28) 2,12 (0,75)

: Vectra D 950 musste vor Heißverpressen in einem separaten Ofen auf 340°C aufgeheizt werden, da Tmax der Presse bei 300°C liegt.

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Wie aus Tabelle 3 hervor-geht, spielt offensichtlich die Orientierung der leitfähiger Füllstoffe in der jeweiligen Polymermatrix eine wichtige Rolle. Bei Standardkunst-stoffen ist das Relaxations-zeitspektrum, die sogenann-te Materialzeit, eine Funktion der Kettenlänge. Ist die Pro-zesszeit kleiner als die Mate-rialzeit werden eingebrachte Orientierungen im Bauteil eingefroren. Flüssigkristalli-ne Kunststoffe (LCP) verhal-ten sich grundsätzlich an-ders. Da LCPs aus steifen Kettensegmenten (Mesoge-nen) aufgebaut sind, muss das Relaxationszeitspektrum differenzierter betrachtet werden. Es wird dazu in die Spannungsrelaxationszeit (SRZ) und die Orientierungs-relaxationszeit (ORZ) aufge-

teilt. Die SRZ ist für LCPs sehr kurz, wohingegen die ORZ sehr viel größer als die Prozesszeit ist. Je länger die LCP-Kette, desto größer ist die Orientierungsrelaxationszeit und desto kleiner die Mobilität der Moleküle. Im Umkehrschluss ist die Orientierungsausbildung somit für langkettiges Vectra A 950 schwieriger zu erzielen als mit dem kurzkettigen Vectra D 950. Dies spiegelt sich tendenziell in dem in Tabelle 3 angegebenen elektrischen Anisotropiefaktor wieder. Zusammenfassend bewirkt also eine ge-ringer Viskosität bei LCPs eine höhere Orientierung aber auch eine geringere Partikelschädigung und somit ein niedrigeres Widerstandsniveau.

Tabelle 3: Paralleler (in-plane) elektrischer Durchgangswiderstand und daraus errechneter elektri-scher Anisotropiefaktor.

Material R// [Ωcm]

Stab [Ωcm]

R⊥ [Ωcm] ge-fräst (0,5mm)

Anisotropiefaktor I-An= R⊥/ R//

PP @0 φm = 85%, φvol = 70,3% 0,01399 0,0014 0,515 (13,0) 37

PP@5 φm = 85% 0,0063 0,0002 0,176 (8,31) 28

A950 @0 φm = 75%φvol = 65,1 % 0,0177 0,0016 0,189 (8,23) 11

A950 @5 φm = 75% 0,0097 0,0003 0,166 (7,69) 17

D950 @0 φm = 75% 0,0066 0,0002 0,176 (10,5) 27

D950 @5 φm = 75% 0,0045 0,0003 0,120 (6,35) 26

D950 @0 φm = 85% 0,0054 0,0011 0,112 (6,41) 21

D950 @5 φm = 85% 0,0057 0,0001 0,091 (6,57) 16

Für das mechanische Eigenschaftsprofil bedeutet die Molemassenreduktion des Vectra D950 jedoch einen signifikanten Abfall. Hierbei wird insbesondere die für die Anwendung als Bpp-Material wesentli-che Biegefestigkeit reduziert. Dennoch ergibt sich mit einer maximalen Biegespannung σBmax von

101 102 103 104 105

100

101

102

Visk

ositä

t η

s-1

Pas Vectra A 950 285 300 315 330 345 360

Vectra D 950 340 350 360

Basell1100UC) 200 220 240 260

Schergeschwindigkeit γ

Bild 14: Viskositätsfunktionen Von LCP Vectra A 950, D950 und PP.

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27-44 Nmm-2 auch für Vectra D 950 ein als Eigenschaftsniveau, welches einen Einsatz dieses Materials als Konstruktionswerkstoff zulässt.

10. Rheologische Untersuchungen der Compounds Rheologische Untersuchungen sind unabdingbar zur adäquaten Auslegung und Konstruktion von Werkzeugsystemen. Aus diesem Grunde wurden Ruß-, Graphit und Ruß/Graphit-Compounds kapil-larrheo- und rotationrheometrisch untersucht. Bild 7 zeigt exemplarisch Compoundviskositäten von 10 gew-%ig rußgefüllten PPS- und LCP-Compounds. Es zeigt sich eine sehr geringe Abhängigkeit der Vis-kosität von der Temperatur und ein sehr steifes Fließverhalten mit sehr ausgeprägtem Fliessexponen-ten m zwischen 5 und 6 (vgl. hierzu: 1.8 ≤ m ≤ 2.1 für die Matrixpolymere).

0,1 1 10 100

102

103

104

105

106

107

Pa

Gammapunkt für ZSK 25 nach: 2-Platten-Modell Ansahl, J n LCP (PPS)100 41,9 43,7(43,8) 200 83,9 87,4(87,6) Gammapunkt für Buss-Co-Kneter nach: 2-Platten-Modell Ansahl, J n LCP (PPS)100 41,9 35,9 (34,3)200 83,9 69,1 (68,7)300 125,9 108,9 (108,5)

Viskositäten von Rußcompounds mit 10-Gew% KB 600JD

Pa*s

s-1

η ,

η*

γ

LCP VP1VPPD (10 Gew-% KB 600JD) 350 °C, m=6,3 330 °C, m=6,3 300 °C, m=6,3 330 °C Platte\Platte:

PPS VP2VPPD(10 Gew-% KB 600JD) 350 °C, m=5,3 330 °C, m=5,3 300 °C, m=5,3

105

G' G"

Spei

cher

mod

ul G

'

Ver

lust

mod

ul G

"

Bild 17: 10-Gew% Ruß/LCP und Ruß/PPS Compoundviskositäten.

1 10 100 1000102

103

104

shear rate γ

visc

osity

η

s-1

Pa s

LCP@5 G-295 300°C (m=2,73; Φ=0,248*10-13) 330°C (m=2,29; Φ=0,138*10-10) 350°C (m=1,74; Φ=0,172*10-7)

LCP@0 G-300 300°C (m=2,34; Φ=0,523*10-11) 330°C (m=2,18; Φ=0,119*10-9) 350°C (m=2,49; Φ=0,825*10-11)

Bild 15: Viskositätsfunktion: HKV-Düse (b=12 mm, s=0,855 mm) ΦM ~ 76 Gew.-%.

0,01 0,1 1 10 100

104

105

106

Pas

s-1

Shear Rate γ

apparent viscosity, die gap width h1=0,855 Y =4,99606-0,64259 X apparent viscosity, die gap width h2=1,2 Y =5,07291-0,61148 X true viscosity (mod. Mooney, Rabinowitsch);

die gap width h1=0,855

Y =5,21189-0,76878 X true viscosity (mod. Mooney, Rabinowitsch),

die gap width h2=1,2

Y =5,33799-0,78406 X

Vis

cosi

ty η

Bild 16: Viskositätsfunktion (scheinbare und korrigiert) für LCP@5 G-320 bei T=300°C.

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Eine Rußbeladung jenseits von 7,5 gew-% ist sicherlich aus Gründen der Fließfähigkeit der Materialien nicht empfehlenswert ist. Dennoch haben die Analyse der Leitfähigkeit gezeigt, dass es möglich ist, bei reduzierter Gesamtbeladung mit binären zusammengesetzter Füllstoffsystemen bestimmter Partikelcha-rakteristik und vergleichbarer Fließfähigkeit, bessere elektrische und mechanische Eigenschaften zu er-zielen als mit singulären Ruß- oder Graphit-Füllstoffsystemen. Bild 8 zeigt vergleichend Viskositätsfunk-tionen von singulären und binären LCP-Compounds. Deren spez. Durchgangswiderstand beträgt für LCP @ 0G-300: 0,0044 cm und für LCP @ 5 G-295: 0,0027 cm.

Um Wandgleiteffekte, die bei solchen hochgefüllten Systemen häufig auftreten, zu untersuchen, wurde ein modifiziertes Mooneykorrekturverfahren durchgeführt. Ergebnis der Untersuchung war die Erkennt-nis, dass mit steigenden Schergeschwindigkeiten abnehmende Wandgleitgeschwindigkeiten ermittelt wurden. Wie die korrigierte Viskositätsfunktion in Bild 9 zeigt, spielt dieses Wandgleiten im Bereich ho-her Schergeschwindigkeiten (> 10 s-1) keine wesentliche Rolle mehr, d.h. für eine rheologische Ausle-gung der zu konstruierenden Kavität genügt es vollständig mit einem zweiparametrigen Fließgesetz (z.B.: Ostwald de Waele) zu rechnen [13]. Auswertemethodik und detaillierte Messergebnisse sind hier-zu in [13] zu finden

11. Einfluss der Fertigungsverfahren auf die Compoundleitfähigkeit

50 55 60 65 70 75 80 851E-3

0,01

0,1

%

Ω cm

ΦM

Rvo

l. //

FeedstockIPressen:

ΦR=0; Φg= ΦM - ΦR ΦR=5; Φg= ΦM - ΦR ΦR=7.5; Φg= ΦM - ΦR ΦR=10; Φg= ΦM - ΦR ΦR=12.5; Φg= ΦM - ΦR

Spritzguß: ΦR=0; Φg= ΦM - ΦR ΦR=5; Φg= ΦM - ΦR ΦR=7.5; Φg= ΦM - ΦR Φ

R=10; Φ

g= Φ

M - Φ

R ΦR=10; Φg= ΦM - ΦR

Feedstock II"StrangablegenII":

ΦR=7.5; Φg= ΦM - ΦR ΦR=10; Φg= ΦM - ΦR

Spritzguß Ticona 420erKreisscheibe KM

ΦR=7.5; Φg= ΦM - ΦR ΦR=10; Φg= ΦM - ΦR

Gemahlen, gesiebt (800er)und verpresst:

ΦR=7.5; Φg= ΦM - ΦR ΦR=10; Φg= ΦM - ΦR

Füllgrad

Bild 18: Vergleich zwischen heißgepressten, strangabgelegten und spritzgegossenen Bipolarplatten aus LCP, Füllstoffe: Hochleitfähigkeitsruß KB 600 JD und Graphit Thermocarb CF-300.

Wesentlich zur Generierung einer guten elektrische Leitfähigkeit im Material/Bauteil ist die Verwendung von leitfähigen Füllstoffen mit verhältnismäßig großen mittleren Ausgangs-Partikelgrößen (50 < Ps < ~200µm) und großen Aspektesverhältnis in Kombination mit Hochleitfähigkeitsrußen. Ziel ist es somit während der gesamten Materialverarbeitungskette bis hin zum fertigen Bauteil weder die Struktur des Rußes anzugreifen noch eine dramatische Reduktion der Aspektesverhältnisse anderer leitfähiger Addi-tive wie Graphit oder Kohlefasern o.ä. in Kauf zu nehmen. In ähnlicher Weise ist auch zu verstehen, wa-rum z.B. strangabgelegte Platten bessere elektrische Eigenschaften aufweisen, als spritzgegossene Platten (Bild 18) und warum ein Einstufenverfahren bessere Werte erwarten lässt als ein Zweistufenver-fahren mit den Prozessschritten Aufbereitung, Granulierung, Wiederaufschmelzen und Formgebung: Je größer der über alle Prozessschritte betrachtete Gesamtscherenergieeintrag ist, desto stärker werden insbesondere die Füllstoffpartikel die verhältnismäßig groß sind oder ein hohes Aspektenverhältnis auf-weisen. Je höher in einem solchen Material der Gesamtscherenergieeintrag, desto höher die Partikel-

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größenreduktion und desto geringer wird das Aspektenverhältnis. Es kommt somit zu Leitfähigkeitsein-bußen. Dieser Sachverhalt soll im weiteren mittels Laserbeugungs-Partikelmesstechnik und anhand von Vergleichsversuchen (konv. Spritzgießen gegenüber IMC Einstufenverfahren) nachgewiesen werden [11-16].

11.1. Einfluss des Formgebungsprozesses auf die Partikelgröße Unter Verwendung des optimierten Aufbereitungs-Parametersatzes aus Kapitel 8 wurden Compounds generiert, die zu gepressten und spritzgegossenen Platten urgeformt wurden. Anhand dieser Platten (teilweise Preforms) konnte im weiteren der Einfluss der Verarbeitung auf die Partikelgrößencharakteris-tika des Graphites untersucht werden.

In Bild 19 deutlich zu erkennen ist, dass mit fortschreitendem Verarbeitungsgrad – von der Aufbereitung bis hin zum Pressen oder Spritzgießen - die Partikelgrößenverteilung (PSD) eine breitere Basis be-kommt, dass sich der Wert des zweiten Maximums verringert und dass sich seine Lage zu geringeren Partikelgrößen (PS) hin verschiebt. Im Verlauf der Kette vom Rohstoff über das Extrudat hin zum spritz-gegossenen Teil werden die eingearbeitete Graphitpartikel also zunehmend geschädigt. Als direkte Folge kommt es zu einem Abfall der Leitfähigkeit.

Die Partikelverteilung in den gepressten Platten dürfte mit der Verteilung im Extrudat weitgehend iden-tisch sein. Da beim Pressvorgang nur sehr kurze Fließwege auftreten, kann insgesamt von einer gerin-gen mechanischen Einwirkung durch Strömung und Kompression und demnach von einem geringen Schädigungsgrad der Partikel ausgegangen werden. Wie die Abbildungen zeigen, werden die Graphit-partikel im Laufe des Spritzgießens zunehmend geschädigt. Insbesondere die hohen Drücke und Ein-spritzgeschwindigkeiten, mit denen die Polymerschmelze in die Kavität injiziert wird, erweisen sich da-bei als maßgeblich. Hinzu kommt, dass beim Füllen der Kavität durch den Fließvorgang zusätzlich

Scherenergie in die Schmelze eingetragen [14].

Bild 19: Einfluss der Verarbeitung auf die Partikelgrößenverteilungen (PSD) Oben: PSD desRohstoffpartikelgröße des Graphites Thermocarb CF-300; Unten: PSD nach der Aufbereitung, e = 0,38 kWh/kg, Strang-Extrudat; ( ) PSD nach der Aufbereitung, Mahlen und Heißpressen, e > 0,38 kWh/kg , R// = 0,0063 cm (Pressling); ( ) PSD einer spritzgegossenen Platte, e >> 0,38 kWh/kg , R// = 0,0177 cm. ( )

Particle Size Distribution

0.01 0.1 1 10 100 1000 3000 Particle Size (µm)

0 1 2 3 4 5 6 7 8

Vol

ume

(%)

Thermocarb CF-300, 07 Mar 2001 16:27:53

Particle Size Distribution

0,01 0,1 1 10 100 1000 3000 Particle Size (µm)

0

1

2

3

4

5

Vol

ume

(%)

LCP@0 G-300(standard) Extrudat Vollstrang ZSK-25, Dienstag, 8. Oktober 2002 10:12:11LCP@0 G-300(standard) gemahlen und gepresst; 2. Reproduction, Dienstag, 8. Oktober 2002 10:39:39LCP@0 G-300(standard) Spritzguß (Arburg), Dienstag, 8. Oktober 2002 11:00:13

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12. Das Einstufenverfahren (IMC) Wie in den vorangegangenen Kapitel dieser Arbeit aufgezeigt spielt die Partikelcharakteristik (PS, PSD) und damit auch das Aspektenverhältnis ein wichtige Rolle, um bestmögliche Leitfähigkeiten in einem Polymer zu erlangen. Jede Reduktion der PS bzw. des Aspekten-Verhältnisses insbesondere durch mechanische aber auch thermische Überbeanspruchung bedeutet eine Verschlechterung der elektri-schen Eigenschaften. Aus diesem Grunde bietet sich hier die Nutzung eines Einstufenverfahrens, wie es das Spritzgießcompounderkonzept z.B. der Firma Krauss Maffei Kunststofftechnik, München, verfah-renstechnisch realisiert an, um eine kostengünstige prozesssichere Produktion von Bipolarplatten zu realisieren.

Anfahrventil

Schmelze-Zwischenspeicher

Vakuum

Zugabe (Seiteneinspeisung)

Entlüftung

Einspritzzylinder

Ventil Einspritzzylinder

Feste Aufspannplatte, Schließeinheit

Antrieb Einspritzaggregat

Extruderantrieb

Anfahrventil

Schmelze-Zwischenspeicher

Vakuum

Zugabe (Seiteneinspeisung)

Entlüftung

Einspritzzylinder

Ventil Einspritzzylinder

Feste Aufspannplatte, Schließeinheit

Antrieb Einspritzaggregat

Extruderantrieb

Bild 20: KM-IMC 200, neues Konzept mit Schmelze-Zwischenspeicher.

12.1. Untersuchungen am Prototyp-IMC 420 Bei dem hier genutzten Spritzgießcompounder (KM IMC 420) handelt es sich um ein innovatives Spritz-gießmaschinenkonzept, bei dem das herkömmliche Schneckenkolben-Plastinfizieraggregat durch einen kontinuierlich arbeitenden, gleichsinnig drehenden, dichtkämmenden Zweischneckenextruder ZE40, in Verbindung mit zwei kombinierten wechselseitig arbeitenden Schmelzespei-cher/Einspritzkolbensystemen substituiert ist. Ein derartiges Anlagen- und Verfahrenskonzept ermög-licht eine ökologisch sowie ökonomisch sinnvolle Verknüpfung von Kunststoffaufbereitungs- und Form-gebungsschritt zu einem kontinuierlich arbeitenden Einstufenverfahren, mit dem sich energie- und res-sourcenschonend produzieren lässt. Darüber hinaus ermöglicht dieses Verfahrenkonzept, die Bauteile-qualität bereits während des Aufbereitungsprozesses direkt zu beeinflussen.

In [13] wurde gezeigt, dass der Aufbereitungs- und Formgebungsprozess Einfluss auf die mittlere Parti-kelgröße (PS) und die Partikelgrößenverteilung (PSD) der eingesetzten Füllstoffe hat. Ebenso wurde gezeigt, dass diese Partikelcharakteristika (PS und PSD) einen erheblichen Einfluss auf die elektrischen Eigenschaften der Materialien haben (Bild 10 und Bild 12). Daraus folgt konsequenterweise, dass scho-nende Formgebungsverfahren zu besseren elektrischer Leitfähigkeiten führen (Bild 18).

Die PS und PSD kann mittels Laserbeugung (LD) ermittelt werden (Bild 3). Die erhaltenen Spektren ermöglichen, in verschiedenen Stadien der Aufbereitung bzw. der Formgebung, Rückschlüsse auf eine Partikelschädigung zu ziehen (Bild 19) und geeignete Verbesserungsmaßnahmen treffen zu können (z.B. die Angussform, die Geometrie der Kavität an sich oder aber die geeignete Wahl und Optimierung von Prozessgrößen oder der Verfahrenstechnik allgemein). Bild 18 zeigt sehr anschaulich die starke Abhängigkeit der Leitfähigkeit vom jeweiligen Formgebungsverfahren, wobei das Spritzgießen der

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Formmasse aufgrund der Replastifizierung, der aggres-siven Verarbeitungsbedingungen (Einspritzdruck pE und Einspritzgeschwindigkeit vE) und der Strömungsbeson-derheiten (Entmischung- und Orientierungseffekte) an-deren Verfahren wie z. B. dem Heißpressen, dem Strangablege- oder dem Injektions-Kompressionsformverfahren (ICM) unterlegen ist. Da es sich aber beim Spritzgießen um das wirtschaftlichste Verfahren handelt und die verarbeiteten Materialien mit-tels des IMC in erster Wärme aufbereitet und formge-geben werden können und es der IMC zudem ermögli-chen sollte, durch den materialschonenden Spritzprä-gemodus gegebenenfalls abträgliche Entmischungs- und Orientierungseffekte zu reduzieren, wird die IMC-Technologie im weiteren im Hinblick auf diese Verfah-rensvorteile detaillierter untersucht.

In Zusammenarbeit mit den Firmen Krauss Maffei, München und SGL Carbon, Meitingen, die für diese Versuche dankenswerterweise eine Show-and-Tell-Kavität (Bild 23) zur Verfügung gestellt hatten, wur-den zu diesem Zweck Versuche auf einem IMC 420 durchgeführt. Schwerpunktmäßig wurden PP-Compounds untersucht, aber auch einige LCP-Rezepturen verarbeitet. Die Proben wurden elektrisch und mittels LD charakterisiert. Die Verarbeitungsparameter sind detailliert in Tabelle 4 zusammenge-stellt und durch die ermittelten elektrischen Eigenschaftsparameter ergänzt.

Aus Tabelle4 wird deutlich, dass erstens binäre Füllstoffsysteme singulären überlegen sind (IIIA bis VII-IA verglichen mit XIIIA und B) und zweitens, dass mit LCP-Compounds bei deutlich geringeren mas-senbezogenen Füllgraden (volumenbezogen gilt das gleiche), bessere elektrische Eigenschaften erzielt werden. Zudem ergibt sich aus den Versuchen der Versuchsnummern IIIA bis VIIIA anschaulich, dass eine Optimierung der Einspritzbedingungen (Reduktion von: vE 3

, Sd/Nd/Ndz 4) im Spritzprägemodus zu einer Verminderung der R// - und R⊥- Werte führt. Wie in exemplarisch gezeigt, ergibt sich daraus in erster Linie eine Reduktion der Partikelschädigung, aber auch eine geringere Orientierung und ein re-duziertes Entmischungsverhalten bzw. eine geringere Randschichtbildung.

Bild 21: Show-and-Tell-Kavität von SGL.

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Tabelle 4: IMC-Versuche am IMC420 mit PP und LCP.

Vers.-Nr. Polymer

Füllgrad Φm [Gew.-

%]

Modus (SG1/SP2

)

vE ; vp

[mm/s] 3 Sd/Nd/Ndz 4 R// [Ωcm]

(Stab [mΩcm])

R⊥ [Ωcm] 5

(Stab [mΩcm])

IA PP@0 75 SG 25/0 1300/700/4,1 0,088 [0,011] 15,51 [0,15]

IIIA PP@0 80 SG 50/0 1670/1000/2,1 0,041 [0,004] 13,22 [0,01]

VA PP@0 80 SP=420 t 150/30 1650/1100/3,1 0,076 [0,034] 21,14 [0,21]

VIA PP@0 80 SP=200 t 150/30 1650/1100/3,1 0,029 [0,009] 8,72 [0,09]

VIIIA PP@0 80 SP=420 t 50/30 1300/1100/3,1 0,028 [0,005] 4,89 [0,05]

XIIIA PP@5 80 SG 50/0 1706/1100/3,1 0,019 [0,007] 6,18 [0,06]

XIIIB PP@5 80 SP=420 t 50/30 1355/0/0 0,014 [0,003] 2,92 [0,03]

XIIIA+B eingemahlen auf Arburg mittels Plattenwerkzeug verarbeitet (Sd: 2000 bar, Nd:1200 bar, vE : 50 mm/s) und bei SGL4 vermessen 4,83 [--]

XIVA LCP@0 70 SG 300/0 1858/0/0,1 0,040 [0,009] 4,47 [0,05]

XIVB LCP@0 70 SP=420 t 300/30 1800/0/0,1 0,038 [0,005] 4,049 [0,04]

XIVA+ B eingemahlen auf Arburg mittels Plattenwerkzeug verarbeitet (Sd: 2000 bar, Nd:1200 bar, vE : 50 mm/s) und bei SGL4 vermessen 3,48

XVIA LCP@5 62,5 SG 300/0 1858/1000/2 0,048 [0,005] 6,28 [0,06]

XVIB LCP@5 62,5 SP=420 t 300/30 1800/0/0 0,048 [0,006] 5,59 [0,05]

XVIA+ B eingemahlen auf Arburg mittels Plattenwerkzeug verarbeitet (Sd: 2000 bar, Nd:1200 bar, vE : 50 mm/s) und bei SGL4 vermessen 3,92 [--]

1 SG: Spritzgießen; 2 SP: Spritzprägen; 3 vE / vp: Einspritz- und Prägegeschwindigkeit; 4 SD/ND/NDZ: Spritzdruck/Nachdruck/Nachdruckzeit; 5 Proben (Anguss) unangeschliffen bei 10 bar und ohne TGHP mit SGL-Messappartaur vermessen. Sonstige Verfahrensparameter: Extruderdrehzahl n=195 min-1, Plasthub 40-45mm, Wandstärke 3mm, Staudruck 70 bar (LCP: 90 bar), Werkzeugtemperatur 40°C (LCP: 70°C), Kühlzeit 30s (LCP: 10s), Zyk-luszeit 80 (LCP:60s), Durchsatz 10 kgh-1 (LCP: 15 kgh-1), Extrudertemp. 220-240°C (LCP:300-320), Temperatur Spritzkolben 220°C (LCP: 330 °C). Werkzeuge: filmangegossne SGL-Show and Tell-Kavität, zentralangespritze Platte.

Bild 23 zeigt die Partikelschädigung nach dem IMC-Compoundierschritt und der sich anschließenden Formgebungsphase. Durch die hohen Deformationsgeschwindigkeiten beim Spritzgießen ergibt sich bei der Füllung der Kavität über den Filmanguss, also längs des Fliessweges eine erhebliche PS-Reduktion und einer Verschiebung der PSD zu kleineren Werten hin. Vergleichend hierzu zeigt Bild 22, dass sich diese schädigenden und orientierungsinduzierenden Strömungsanteile, aufgrund der beim Spritzprägen verminderten Deformationsgeschwindigkeiten reduzieren lassen. Es ergibt sich eine geringe Abhängig-keit der PS und PSD von der Fließweglänge. Dass das Wiederaufschmelzen der Compounds bei Ver-wendung einer Standardspritzgießanlage (Arburg 220 M) zu einer starken Reduktion der PS und einer erheblichen Verschiebung der PSD führt, wird aus Bild 25 ersichtlich. Die Verarbeitung in erster Wärme ist also nicht nur aus Gründen der Degradationsreduktion des Matrixpolymers anzuraten.

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Par ticle Size D istr ib u tio n

0,01 0,1 1 10 100 1000 3000 Partic le S ize (µm)

0 1 2 3 4 5 6 7

Vol

ume

(%)

PP@5 No.8 , XIIIA3, Diens tag, 3. Dezember 2002 11:16:11PP@5 No.9 , XIIIB1, Diens tag, 3. Dezember 2002 11:25:12

Bild 22: Vergleich zwischen Spritzguss (SG: No. 8) und Spritzprägen (SP:No. 9) von PP-Compounds.

Particle Size Distribution

0,01 0,1 1 10 100 1000 3000 Particle Size (µm)

0

1

2

3

4

5

Vol

ume

(%)

LCP@0 Phi=70; XIV A+B auf IMC compoundiert , Mittwoch, 9. Oktober 2002 15:51:35LCP@0 Phi=70; XIV A (=SG) 17 Anguß spitze (SGL-Kavität auf KM IMC 420), Mittwoch, 9. Oktober 2002 10:5LCP@0 Phi=70; XIV A (=SG) 17 anguß fern (SGL-Kavität auf KM IMC 420), Mittwoch, 9. Oktober 2002 11:38:

Bild 23: Vergleich von LCP-Compounds vor und nach SG-Verarbeitung (angussnah und –fern).

Par ticle Size D istr ib u tio n

0,01 0,1 1 10 100 1000 3000 Partic le S ize (µm)

0

1

2

3

4

5

Vol

ume

(%)

LCP@0 Phi=70; XIV A+B auf IMC compoundiert , M ittwoch, 9. Oktober 2002 15:51:35LCP@0 Phi=70; XIV B (=SP) 17 Anguß spitze (SGL-Kavität auf KM IMC 420), M ittwoch, 9. Oktober 2002 14:2LCP@0 Phi=70; XIV B (=SP) 17 anguß fern (SGL-Kavität auf KM IMC 420), M ittwoch, 9. Oktober 2002 13:41:

Bild 24: Vergleich von LCP-Compounds vor und nach SP-Verarbeitung (angussnah und –fern).

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Particle Size D istr ibution

0,01 0,1 1 10 100 1000 3000 Partic le Size (µm)

0

1

2

3

4

5

Vol

ume

(%)

XIV A&B LCP @ 0 Phi=70, IMC-Compound eingemahlen (800 müh Sieb), Dienstag, 8. Oktober 2002 15:31:19XIV A&B LCP @ 0 Phi=70, IMC-Compound eingemahlen (800 müh Sieb); nachplastifiz iert (Arburg), Dienstag,XIV A&B LCP @ 0 Phi=70, IMC-Compound eingemahlen (800 müh Sieb); Spritzguß (Arburg), Dienstag, 8. Ok

Bild 25: Vergleich von LCP-Compounds bei SG-Verarbeitung am IMC und nach Replastifizierung in zweiter Wärme auf einer Arburg Allrounder.

Erstaunlicherweise liegen dennoch die elektrischen Widerstandswerte der Arburg-Sprizlinge auf einem ähnlichem Niveau, wie die IMC-Platten. Dies ist im wesentlichen darauf zurückführbar, dass das Arburg-Plattenwerkzeug (50x70x4) im Gegensatz zur filmangegossene Show-and-Tell-Kavität (200x70x3), zentral angespritzte wird. Durch den Show-and-Tell-Filmanguss werden ausgeprägte Orientierungen induziert, d.h. Angussart und -design sind wesentliche Aspekte für die Erzielung einer Vollfüllung sowie für die Generierung einer guten Leitfähigkeit. Zudem ist an der Arburg-Anlage ein Spritzdruck von 2500 bar realisierbar, wohingegen am IMC maximal 1858 bar möglich waren. Dies führt zu einer besseren Kompaktierung des Materials im Formnest, d.h. zu reduzierten Partikelübergangswiderständen im Bauteil, und aufgrund der sehr viel kürzeren Fliesswege der Arburgkavität ergibt sich zudem eine geringere Partikelschädigung. Wesentlich ist die Erkenntnis, dass für die hier untersuchtnen Materialien eigentlich keine Nachdruckphase notwendig ist, da aufgrund der hohen Füllgrade die Schwindung keine Rolle spielt. LCP-Compounds bieten aber gegenüber PP-Systemen den Vorteil, dass nur sehr kurze Kühlzeiten erforderlich sind, und somit das Bauteil schon auf hohem Temperaturniveau ohne Verzugneigung entformbar ist. Generell sind die LCP-Materialsysteme maßhaltiger (insbes. Planparallelität), verzugsärmer und unanfälliger für Deformationen bei der Herstellung von unsymmetrischen Bauteilen (Vorder- und Rückseite der Bpp unterschiedlich).

12.2. Untersuchungen am institutseigenen IMC 200 Der prinzipielle Verfahrensvorteil der Einstufenverarbeitung ließ sich, wie im vorigen Kapitel gezeigt mit-tels des IMC 420 nachweisen [13]. Es konnte aber aufgrund des verwendeten Twin-Shot-Pot-Konzeptes, der unzulänglichen Drehschieberventil-Konstruktion, der optimierungsbedürftigen Schmel-zeführung und des zu leistungsschwachen Aufbereitungsaggregates (Berstorff ZE40) prozesssicher nur Maximal-Füllgrade von 70 Gew.-% (LCP) bis 80 Gew.-% (PP) realisiert werden. Diese Füllgrade gene-rieren noch nicht, die für ein nutzbares Bpp-System erforderliche Leitfähigkeit.

Um diese Nachteile auszuräumen wurde für den IMC 200 des IKT, das Doppelspeicher/Spritzkolben-Prinzip aufgegeben und ein echter Materialspeicherkolben mit Druckregelung in Kombination mit einem einzelnen Spritzkolben realisiert. Der Antriebsleistung der hier genutzten ZE 25 wurde deutlich erhöht, die Schmelzeführung optimiert (Totozonenvermeidung) und das Drehschieberverschluss-Prinzip in ein einfaches Hochdruckschieberventil abgeändert.

Bei den am IKT durchgeführten Versuchen am IMC 200 zeigten sich jedoch nach wie vor konstruktive Schwächen im Bereich der Systemregelung, der Schmelzeführung (First in Last out) und der Ventilkon-struktion, die die Niederdruck- (Extruder- und Schmelzespeicherseite) von der Hochdruckseite (Spritz-kolben) trennt. Hier traten insbesondere bei der Verarbeitung von Hochtemperatur-Compounds mit im-mer noch moderatem Füllgrad (~70 Gew.-%; ~ 59 Vol-%), aber auch bei relativ einfachen PP/Naturfaser-Compounds (~40 Gew.-%) „Fresser“ auf, die das Ventil lahm legten. Somit war leider bis dato nur eine Gesamtversuchszeit von 10 Tagen mit kontinuierlichen Versuchsbetrieb möglich.

Verfahrenstechnisch gilt es hier in Zukunft eine Reihe von Verbesserungen anzubringen, die einerseits einen „First in - First out“-Betrieb erlauben (keine Strömungsumkehr an Kolbenstirnflächen, bessere Selbstreinigung) nötig machen und ggf. eine aktive Ventilsteuerung zwischen Hoch- und Niederdruck-seite unnötig machen. Hier könnte ein altbewährtes und in der Spritzgießtechnik absolut gebräuchliches Funktionsprinzip helfen: Die Rückstromsperre. Eingebaut zwischen Materialspeicher und Spritzkolben

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erlaubt diese Sperre ein zuverlässiges Abtrennung der Hochdruckseite während der Einspritz- und Nachdruckphase, sowie eine Durchströmung beim aktiven, schmelzedruckgeregeltem Umfüllen. Die Aufbereitung mit konstanter Qualität (gleiche Rückstaulänge, gleicher Schneckenfüllgrad über die Zeit) kann nach wie vor über dieses (druckregelte) Pufferspeichersystem mit Umfüll-Kolben erfolgen.

Insgesamt erscheint der Druckverbrauch im schmelzeführenden Bereich an dieser Anlage (IMC200) re-duziert. Dennoch sind insbesondere Compoundieraufgaben mit Füllgraden > 60 Vol-% (Hochviskos-technik) nicht unbedingt die Stärke dieses Anlagentyps, da die Axiallager des aufgesetzten Zweiwelle-nextruder durch den zu überwindenden Fließwiderstand in den Schmelzetransferleitungen sehr viel stärker belastet werden, als bei konventionellen Zweiwellen-Aufbereitungsanlagen. Systembedingten Abschaltungen der Anlage treten sehr viel früher auf als bei Standardanlagen. Insgesamt ist die An-triebsleistung hervorragend dimensioniert und es treten auch bei hohen Füllgraden (Extruder anlagen-technisch getrennt von der Spritzenseite betrieben) keine Drehmomentüberschreitungen mehr auf (↔IMC 420).

Das hier genutzte Material ist sicherlich sehr anspruchsvoll zu verarbeiten, da es sich um ein äußerst hochviskoses, wandgleitendes Bingham-Medium (strukturviskoses Medium mit Wandgleiten) handelt. Kommt es im Prozess zu Stagnation, durch zu geringe Durchsätze oder Prozessunterbrechungen, steht in der Regel bei Wiederanfahren der Anlage nicht mehr der vollständige Strömungsquerschnitt zur Ver-fügung und der Gesamtdruckverbrauch steigt sukzessive an. Dieser Effekt der „zuwachsenden“ Quer-schnitte wurde bereits am IMC420 beobachtet und führte an dieser Anlage zu einem Maschinenstill-stand nach 5 Versuchtagen. Generell ist auf dem IMC ein Farb-/Materialwechsel sehr zeitraubend, was im Produktionsbetrieb wenig stört, aber an einer Versuchsanlage, die zur Material-, Bauteil und Pro-zessentwicklung dient sehr zeitraubend und personalintensiv.

Für die im Rahmen diese Teilprojektes untersuchten Polymer-Werkstoffe und Bauteil bleibt das Fazit zu ziehen, dass hervorragende Ergebnisse mit konventioneller 2 Stufen-Technologie erzielbar waren, da diese Anlagen verfahrenstechnisch einfacher aufgebaut und wenig störanfällig sind. Eine Anlagenreini-gung ist problemlos und es konnten Bauteile mit bis zu 85-Gew.% Füllgrad hergestellt werde, deren Funktion im Brennstoffzellenbetrieb nachgewiesen wurde. Der wirtschaftliche und technologische Nut-zen der IMC-Technologie muss aber materialabhängig für jede neue Anwendung neu geprüft werden. Hier leistet der IMC am IKT sicherlich seine Dienste.

13. Polarisationskurven zur Charakterisierung der hergestellten Bpp-Materialien

In Bild 26 ist der Vergleich im H2/O2- und im H2/Luft-Bz-Betrieb von IKT-Compound-Platten (Monopolar) zu einer Edelstahlreferenzplatte (Monopolar) gezeigt. Es handelt sich um Messungen an einem einzelli-gen Bz-Aufbau gemäß Bild 4 mit einer Nafion 1135-Membran mit einer aktiven Fläche von 25 cm2 und beidseitig darauf applizierter Dünnschichtkatalysatortinte mit einer Flächenbeladung von 0,2 mg Pt cm-2, beidseitig aufgelegter Standard Gasdiffusionslage (GDL: E-Tek Elat, no metal, double sided).Der Mess-stand wurde beidseitig mit einem Überdruck von 1 bar betrieben, die Zelltemperatur betrug 70°C, die Rohrleitungen waren auf 100°C temperiert und die Befeuchter auf 90°C. Es wurde anodisch befeuchtet und nur im Luftbetrieb kathodisch kontinuierlich mit λ=2 (~1,0 l min-1) überströmt und befeuchtet. Im Dead-end-Betrieb betrug die Spülzeit H2-seitig 600s, O2-seitig 40 s. Der Messaufbau wurde 24h einge-fahren und einem Temperaturzyklus unterworfen. Anschließend erfolgte die Kennlinienaufnahme mit ei-ner Wiederholung nach 24h.

Es zeigt sich für die heißgepresste LCP-Compound-Bpp, ein nur noch geringfügiger Unterschied zur Referenz. Das angestrebte Ziel (0,6V bei 0,6 Acm2) wurde erreicht. Vermisst man den senkrechten e-lektrischen Durchgangswiderstand der Referenz und des Compounds vergleichend, zeigt sich, dass die Compoundplatte einen um den Faktor 3 schlechteren Wert aufweist. Dies spielt offensichtlich nur noch untergeordnete Rolle, da C-basierenden Materialien eine deutlich kleinere Übergangsspannung zur e-benfalls C-basierenden GDL entsteht lassen als dies beim Übergang Metall/Carbon der Fall ist. Der Membranleitfähigkeit der verwendeten Nafion 1135 Membran wird bei einem λ von 2-22 und Tempera-turen von 25-100°C mit ~ 8,5-15 S m-1 angegeben, dies entspricht bei einer Dicke von ~75 µm und ei-ner aktiven Fläche von 25 cm2 einen Gesamtmembranwiderstand von 2 - 3,53 mΩ [24], und trägt somit erheblich zum Gesamt-Bpp/MEA/Bpp-Widerstand bei. Berücksichtigt man nun noch Übergangswider-stände an der Membrangrenze zur jeweiligen GDL mit 2-5 mΩ, wird deutlich dass der Ohmsche Anteil der Bpp nur zu einem recht geringen Anteil vom Bpp-Material bestimmt wird.

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Bild 27 zeigt einerseits die Abhängigkeit der Polarisationskurve von der jeweiligen Herstelltechnik. Aber auch den Einfluß von Oberflächenmodifikatoren (PTFE) auf den Wasserhaushalt der Zelle. Die Polari-sationskurve für heißgepresste Bpp liegt, aufgrund der PTFE-Additivierung hier noch etwas besser als die in Bild 26 angegebene. Nutzt man das selbe Ausgangsmaterial zur Profilextrusion bzw. zum Ver-pressen nach Strangaustrag aus dem Aufbereitungsaggregat ergibt sich eine signifikant schlechtere Kennlinie. Dies lässt sich einerseits auf die Tatsache zurückführen, dass das Material vor dem Heiß-pressen gemahlen und fraktioniert wurde. Beim erneuten Verpressen können somit an Bruchflächen blanke, unbenetzte Füllstoffpartikel miteinander in Kontakt kommen, was zu einer Reduktion der inne-ren Übergangswiderstände führt. Andererseits kommt es bei der Profilextrusion zu einer deutlichen Ori-entierung parallel zur Extrusionsrichtung und somit zu einer Verschlechterung der senkrechten Leitfä-higkeit (Graphit: Anisotrope Leitfähigkeit) und die Notwendigkeit der Replastifizierung im Druckgenera-tor Einwellenextruder führt selbstredend zu einer weiteren Reduktion der mittleren Partikelgröße und des Aspektenverhältnisses. Ein Orientierungseffekt liegt beim Strangablegeverfahren aufgrund der Vollstrangextrusion am Aufbereitungsaggregat in abgeschwächter Form sicherlich auch vor. Gravieren-der erscheint jedoch, dass nach dem formgebenden Prägeprozess eine relativ raue Oberfläche auf der zu vermessenden Platte verbleibt. Dies führt insbesondere im Bereich hoher Stromdichten offensichtlich zu einem erschwerten Produkt-Wasseraustrag und somit kathodisch zu einer Stofftransportlimitierung. Die Strukturierung einer glatten Preformplatte mit Hilfe eines heißen Prägestempels führt zu einer sehr minderen Oberflächenqualität und somit auch zu einer Verminderten Zellleistung. Sowohl die Stran-gablege- als auch die Strukturprägetechnik bedarf sicherlich der werkzeug- und prozessparameterseiti-gen Optimierung, durch die ggf. zufriedenstellende Ergebnisse möglich sind. Die im Standardspritzguss hergestellte Platte weist hier die vergleichsweise schlechteste Polarisationskurve auf, was sicherlich an sehr ausgeprägten Orientierungs-, Separierungs- und Partikelschädigungseffekten festzumachen ist. Verursacht wir d die Partikelschädigung einerseits durch die notwendige Replastifizierung. Aber insbe-sondere die aggressiven Spritzbedingungen (Drücke bis 2200 bar, hohe Einspritzgeschwindigkeit), das ausgeprägte Schergeschwindigkeitsprofil im Werkzeugspalt und das unkonventionelle Formfüllverhalten führen zu starker Orientierung in Fließrichtung, mit der Ausbildung gradierter Schichten durch Separati-on von Polymer und Füllstoff (Polymer tendiert zur Wand, Füllstoff sammelt sich im Strömungsquer-schnitt mittig).

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,80,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

Elektrische Messwerte V4A-unvergoldet (IKT):R

ϕ=0=8,2 mΩ, R

|= 0,0361 Ωcm

V4A-vergoldet (ICVT):R

ϕ=0=6,4 mΩ, R

|= 0,06 - 0,0137 Ωcm

A950@10/A230 ΦΜ=79% (ΦGr=75%):

Rϕ=0

=13,7 mΩ, R|= 0,127167 Ωcm

H2/O2-Betrieb: V4A A950@10/A230 Φ

Μ=79% (ΦGr=75%)

H2/Luft-Betrieb (konti): V4A A950@10/A230 Φ

Μ=79% (ΦGr=75%)

Spa

nnun

g U

[V

]

Stromdichte i [Acm-2]

Bild 26: Materialvergleich von Monopolar-FF: Referenz Edelstahl und einem ternär gefüllten IKT Compound aus LCP/Ruß/Graphit/C-Faser.

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0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,80,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

Stromdichte i [Acm-2]

Spa

nnun

g U

[V

]A950@10/A230 5% PTFE ΦM=76,6% (ΦGr=75%)H2/O2-Betrieb

gepresst: R

ϕ=0=13,1 mΩ, R

//=0,0038 Ωcm, R

|= 0,049 Ωcm

profilextrudiert: Rϕ=0

=19,4 mΩ, R|= 0,128 Ωcm

strangabgelegt: Rϕ=0

= 22,7 mΩ, R|= 0,157 Ωcm

geprägt: Rϕ=0

=27,8 mΩ, R|=0,216 Ωcm

spritzgegossen: Rϕ=0

= 38,2 mΩ, R|=0,252 Ω

H2/Luft-Betrieb (R// und R

| s.o.)

gepresst: Rϕ=0

= 12,4 mΩ profilextrudiert: R

ϕ=0= 18,7 mΩ

strangabgelegt: Rϕ=0

= 21,1 mΩ gepräg: R

ϕ=0= 25,5 mΩ

spritzgegossen: Rϕ=0

= 39,4 mΩ

Bild 27: Einfluß unterschiedlicher kunststofftechnologischer Herstellverfahren auf die ausgebildete Leitfähigkeit und damit auf die Polarisationskurvenlage.

14. Anschlussarbeiten In Zusammenarbeit mit der Gebr. Krallmann GmbH & Co Kg sowie mit der Galvaswiss AG wurde eine Spritzprägekavität entwickelt, mit der es ermöglicht wird eine fertigungs- und materialgerecht konstruier-te Bipolarplatten (Bpp) für Kleinstacks unterschiedlicher Aufbauprinzipien (Innengekühlt, ungekühlt, Ü-berdruck sowie atmosphärisch Luftatmend) herzustellen und deren Eigenschaften im Bz-Betrieb zu tes-ten. Somit war es möglich insbesondere die Rezeptierung signifikant zu verbessern (Ternäres Füllstoff-konzept, Funktionsadditivierung). Dieses F&E-Vorhaben wird derzeit abgeschlossen und Ergebnisse hierzu werden in Kürze veröffentlicht.

Es zeigt sich aber bereits jetzt, dass auf den Erfahrungen dieser Werkzeugauslegung aufbauend, die Entwicklung und Optimierung von Variotherm-Spritzprägeprozessen sinnvoll und notwendig ist um dün-nere (~2mm) und flächigere Bpp-Platten für bestehende Stackkonstruktionen des ZSW oder auch des PSI kostengünstig verfügbar zu machen.

15. Literatur [1] R. L. Borup, N. E. Vanderborgh: Materials Research Society Proceedings Series, 393, April 1995,

S 151-155. [2] K. B. Prater: J. Power Sources, 61(1/2), July/August 1996, S 105-109. [3] R. Hornung, G. Kappelt: J. Power Sources, 72(1), March 1998, S. 20-21. [4] D. N. Busick, M. S. Mahlon, Los Alamos National Laboratory USA: Fuel Cells Bulletin No. 5, Feb.

1999, S 6-8. [5] E. N. Balko, R., J. Lawrence: US Patent 4339322, 13. July 1982 [6] Byung-Woo Choi, Su-Jin Chung, Dong-Ryul Shin: Int. J. Hydrogen Energy, Vol. 21, No. 7 (1996),

S.541-546. [7] R. C. Emanuelson, W.L. Luoma and W. A. Taylor: US Patent 4301222, 17. Nov. 1981. [8] Weßling, B.: Elektrisch leitfähige Polymere. Kunststoffe 75 (1985), S. 375/378. [9] Technical Bulletin, Akzo Nobel: Elektrisch leitfähige Ausrüstung von Polymeren. [10] Schriftenreihe Pigmente, Degussa: Teil 1 (Heft 40), Teil 7 (Heft 69), Teil 2 (Heft 59) Teile 4 und 6

(Heft 66).

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[11] R. Kaiser and H.-G. Fritz: Hochleitfähige Polymer-Compounds für Brennstoffzellen-Anwendungen, 2/V2, Tagungsband zum 17. Stuttgarter Kunststoffkolloquium, ISBN 3-00-007297-7.

[12] R. Kaiser and H.-G. Fritz: Highly Conductive Polymer Compounds for Fuel Cell Applications, Pro-ceed0ings of the 17th annually meeting of the Polymer Processing Society (PPS 17).

[13] R. Kaiser and H.-G. Fritz: Parameters Influencing the Electrical Performance of Highly Conduc-tive Polymer Compounds for Fuel Cell Applications, Proceedings of the 18th annually meeting of the Polymer Processing Society (PPS 18).

[14] M. Sauer, Diplomarbeit Nr.01/03, IKT. [15] P. Maris, Studienarbeitarbeit Nr.03/01, IKT [16] M. L. Clingermann, E. H. Weber, J. A. King und K. H. Schulz: Synergistic Effects of Carbon Fillers

in Electrically Conductive Nylon 6.6 and Polyacrbonate Based Resins. S. 911, Polymer Compos-ites, October 2002, Vol. 23, No. 5.

[17] C. L. Tucker III, Y.-E Yoo, H. J. Blunk: Optimized Fiber Orientation for Electrical Conductivity in Fuel Cell Separator Plates, Proceedings of the 18th annually meeting of the Polymer Processing Society (PPS 18).

[18] D. Ende und K. M. Mangold: Impedanzspektroskopie, Chemie in unserer Zeit, S. 134-140, 27(3) 1993.

[19] K. Schulte: Carbon Nanotube Reinforced Polymers – A State of the Art, Proceedings of the 18th annually meeting of the Polymer Processing Society (PPS 18).

[20] M.S. Wilson, S. Gottesfeld: Thin-film layers for PEM-FC electrodes, J. of applied Electrochemis-try.

[21] Karl Schnezinger, Pressemitteilung von Advanced Polymer Compounds, Leoben, 28.11.2002. [22] R. Kaiser and H.-G. Fritz: Elektrisch leitfähige Compounds für Brennstoffzellen-Komponenten,

3/V4, Tagungsband zum 18. Stuttgarter Kunststoffkolloquium, ISBN 3-00-010663-4. [23] M. A. Huneault, F Mighri and M. F. Champagne: Conductive Polymer Blends for Injection-Molded

Bipolar Plates, SPE Antec 2003, 1330. [24] Frank Meier, Stofftransport in Polymerelektrolyt-Membranen für Brennstoffzellen – experimentelle

Untersuchung, Modellierung und Simulation, Dissertation Universität Stuttgart 2004. Danksagung Besonderen Dank gilt unseren Studenten Patricia Maris, Matthias Sauer, Matthias Messerschmitt, Phi-lipp Kopf und Alexander Ramm für deren Engagement und Motivation. Herzlicher Dank gilt weiterhin dem BMBF für die finanzielle Förderung, sowie den Instituten ICVT und IMVT der Universität Stuttgart, dem ZSW Ulm und den Firmen Ticona GmbH, Conoco Inc. und SGL Carbon.

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III. Ergebnisbericht zum Teilprojekt C “Technische Formteile aus PP/PA 6.6-Blends mit cokonti-nuierlicher Phasenstruktur“

1. Einleitung Neue Anwendungen stellen vielfach besondere Herausforderungen an die eingesetzten Materialien. Po-lymerwerkstoffe, aus denen technische Formteile hergestellt werden, müssen häufig komplexe Eigen-schaftsprofile aufweisen, was mit den existierenden Materialien insbesondere unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit nicht immer problemlos realisierbar ist. Die Entwicklung neuer Kunststoffe auf Ba-sis neuer Monomere ist sehr zeit- und kostenintensiv und führt i.a. kaum zu einem Werksstoff, der für eine spezielle Anwendung maßgeschneidert ist. Das Blenden von bereits bekannten Materialien bietet demgegenüber eine schnelle, effektive und durchaus interessante Methode für die Generierung von Werksstoffen mit anwendungsoptimierten Eigenschaften[1]. Aus diesem Grund wächst der Anwen-dungsbereich von Polymerwerkstoffen kontinuierlich.

Polymerblends werden aus unterschiedlichen Gründen entwickelt. Durch das Blenden können bestimm-te Eigenschaften (z.B. Schlagzähigkeit, Festigkeit, Barriereeigenschaften) gezielt verbessert, oder kom-plett neue Eigenschaftskombinationen kreiert werden. Darüber hinaus kann der Einsatzbereich der Ma-terialien erweitert und unter bestimmten Voraussetzungen die Verarbeitbarkeit verbessert werden [2]. Die resultierenden Eigenschaften der Blends können auf der Grundlage der Eigenschaften der Aus-gangskomponenten prognostiziert werden. Dennoch stellt die Optimierung der Blendeigenschaften, welche von der Morphologie, der Partikelgrößenverteilung und der Verträglichkeit der Materialien fest-gelegt werden, eine besondere Herausforderung dar. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die endgültige Morphologie und damit die Endprodukteigenschaften erst beim Formgebungsprozess festgelegt wer-den.

Vor diesem Hintergrund bringt die neue IMC-Technologie, die den kontinuierlichen Materialaufberei-tungsschritt mittels Zweischneckenextruder mit dem zyklischen Spritzgießprozess zu einem Einstufen-verfahren verknüpft, erhebliche Vorteile. Der Spritzgießcompounder der Firma Krauss Maffei ermöglicht somit die komplette Blendgenerierung und Formgebung in einem Zyklus. Auf diese Weise können an-gestrebte Blendstrukturen und die daraus resultierenden maßgeschneiderten Eigenschaften gezielt in den Bauteilen fixiert werden.

Die Optimierung der Materialrezeptur kann direkt an der Maschine erfolgen. Dies ermöglicht die Anpas-sung des Faser- bzw. Füllstoffgehalts und der Werkstoffrezeptur in der Entwicklungsphase von Bauteil zu Bauteil. Außerdem können temperaturempfindliche Werkstoffe eingesetzt werden, da die thermische Werkstoffbeanspruchung durch den kombinierten Aufbereitungs- und Formgebungsprozess minimiert wird. Auf diese Weise können Verbundwerkstoffe schonend und wirtschaftlich verarbeitet und die Quali-tät der Endprodukte langfristig konstant gehalten werden.

2. Blendgenerierung Polypropylen (PP) und Polyamid (PA) werden oft zur Herstellung technischer Teile eingesetzt. Das kos-tengünstige PP besitzt einen breiten Anwendungsbereich aufgrund seiner guten Resistenz gegen Che-mikalien und Ozon. Es weist zudem keine feuchtigkeitsabhängigen Eigenschaften auf. Die geringe Fes-tigkeit und Wärmeformbeständigkeit von PP wird oft durch die Zugabe unterschiedlicher Füll- und Ver-stärkungsstoffe kompensiert und der Einsatzbereich dadurch erweitert. Für manche Anwendungen, wie z.B. im Motorraum, reichen diese verbesserten Eigenschaften von PP trotzdem nicht aus. Der teurere technische Thermoplast PA eignet sich gut für Anwendungen, bei denen eine hohe Steifigkeit und Temperaturbeständigkeit verlangt werden. Der Nachteil des PA ist seine beträchtliche Feuchtigkeitsauf-nahme, die einen signifikanten Einfluss auf die PA-Eigenschaften hat. Die einander ergänzenden positi-ven Merkmale machen das Blenden dieser an sich unverträglichen Materialien besonders interessant.

Durch die Zugabe von Glasfasern können die mechanischen Eigenschaften PP/PA- Blends weiter ver-bessert werden. Besonderes die Möglichkeit, lange Fasern in die Polymermatrix einzuarbeiten, öffnet neue Wege um das Einsatzgebiet von PP/PA -Blends zu erweitern. Bauteile aus langfaserverstärkten PP/PA -Blends besitzen eine hervorragende Steifigkeit bei geringem Gewicht, einen hohen E-Modul sowie eine sehr gute Schlag- und Kerbschlagzähigkeit. Bei Anwendungen im Fahrzeugbau können sol-che Bauteile bei einem Unfall durch ihr hohes Energieaufnahmevermögen zur passiven Sicherheit bei-tragen.

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Polypropylen (PP) und Polyamid 6.6 (PA 6.6) sind im physikalischen Sinn unverträglich und können durch einfaches Blenden keine homogene, eigenschaftsverbessernde Struktur bilden. Bild 1 zeigt die Bruchfläche von einem PP/PA 6.6 –Blend, bei dem die Komponenten ohne Haftvermittler miteinander gemischt wurden. Die Komponenten zeigen keine Wechselwirkungen, was zu einem schnellen Versa-gen des Bauteils unter Belastung führen kann, da der Bruch entlang der Phasengrenzen ungestört ver-laufen kann. Des weiteren können bei der Verarbeitung von derartigen Blends zusätzliche Probleme auftreten: Die unterschiedlichen Viskositäten der Materialien sowie die beim Spritzgießen auftretenden hohen Schergeschwindigkeiten können sogar zur Phasentrennung führen (Bild 2).

Bild 1: Bruchfläche eines PP/PA –Blends ohne Zugabe eines Haftvermittlers

Bild 2: Spritzgegossene Zugstäbe aus PP/PA 6.6–Blends; oben: ohne und unten mit Zugabe eines Haftvermittlers

Die Verbesserung der Verträglichkeit der Blendkomponenten gelingt entweder durch die Zugabe eines Haftvermittlers als ternäre Komponente oder durch das Aufpfropfen polarer Molekülgruppen auf die Po-lymerketten einer der Blendkomponenten. Die erstgenannte Alternative stellt die herkömmliche und meist praktizierte Methode dar. Die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten werden durch die Zugabe eines Haftvermittlers so stark erhöht, dass ein stabiler Zweiphasenwerkstoff entsteht. Die Men-ge des kommerziellen Haftvermittlers, die gebraucht wird um eine gute Haftung zwischen den Polymer-komponenten herzustellen und darüber hinaus die Wechselwirkungen zwischen Polymermatrix und Fa-sern zu verstärken, ist erheblich. Auf Grund des hohen Preises der kommerziellen Haftvermittlern leidet die Wirtschaftlichkeit der Blendgenerierung beachtlich.

Der zweite Alternative, das Funktionalisieren einer der Blendkomponenten, stellt eine effektivere und kostengünstigere Methode dar. Durch die Funktionalisierung entstehende kovalente Bindungen sowie Wasserstoffbrücken erhöhen die molekularen Wechselwirkungen und verhindern wirksam die Ausbrei-tung des Bruches entlang der Phasengrenzen (Bild 3). Auf diese Weise werden die mechanischen Ei-genschaften der Blends signifikant verbessert.

Bild 3: Bruchfläche eines PP/PA –Blends, in dem die komplette PP-Matrix mit MAH gepfropft wurde

Als Kopplungsmolekül wurde bei den durchgeführten Untersuchungen wegen seiner hohen Reaktivität Maleinsäureanhydrid (MAH) ausgewählt. MAH wird weitverbreitet verwendet, um die Kompatibilität von

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Polyolefinen mit polaren Polymeren zu verbessern. Außerdem wird die Adhäsion zu anorganischen Verstärkungsstoffen durch die Einbindung von MAH erhöht. Dies kann besonders bei der Generierung von glasfaserverstärkten PP/PA –Blends ausgenützt werden.

Die MAH-Pfropfreaktion lässt sich mittels reaktiver Extrusion realisieren. Diese wurde durch eine geeig-nete Gestaltung der gleichsinnig drehenden Schnecken des Doppelschneckenextruders in das Aufbe-reitungsprozess integriert. Durch das Baukastenprinzip des Doppelschneckenextruders wurde die Zu-sammenstellung von unterschiedlichen Funktionselementen derart ermöglicht, dass die Funktionalisie-rung der PP-Ketten, Blendgenerierung und Einarbeitung von Glasfasern in einem Verfahrensschritt praktiziert werden konnte. Dieses Gelingen war entscheidend um den Prozess später auf einen Spritz-gießcompounder übertragen zu können.

2.1. Aufbereitung der Blends Im Vergleich zu einem konventionellen Prozess, bei dem die Blendgenerierung und Formgebung in zwei Schritten erfolgt, hat die IMC-Technologie deutliche logistische und wirtschaftliche Vorteile. Das Abkühlen der Materialsträngen in Wasserbad und dessen Granulierung, die im konventionellen Prozess erforderlich sind (Bild 4), entfallen bei der Direktverarbeitung. Des weiteren kann auf die Vortrocknung von Materialien verzichtet werden, da die Formgebung unmittelbar nach der Aufbereitung erfolgt. Bei der Compoundierung können wiederum die Vorteile des Zweischneckenextruders ausgenützt und die Restfeuchte zusammen mit noch nicht reagierten Chemikalien durch eine Entgasungsstelle aus der Schmelze entfernt werden.

Bei dem Aufbereitungsprozess der Blends erfolgt die Zugabe des Polypropylens und der Haftvermittler-Chemikalien in den Zweischneckenextruder über den Einfülltrichter in die erste Zone des Compoundie-raggregats. Die Haftvermittlerchemikalien werden aus einem Scheidetrichter mittels einer Membran-pumpe dem Prozess über eine Dosierlanze zugefügt. Nach dem die Pfropfreaktion abgeschlossen ist, werden die verbliebenen flüchtigen Bestanteile der unreagierten Chemikalien mittels Entgasung extra-hiert. Durch die Entgasung kann zum einen ein weiterer unerwünschter Polymerabbau vermieden wer-den, zum anderen aber auch die Konzentration physiologisch bedenklicher Chemikalien im Hinblick auf die Anwendung des Blends verringert werden.

Bild 4: Konventionelles Aufbereitungsprozess in schematischer Darstellung [3]

Ein seitlich offenes Zylinderelement gestattet den Anschluss eines Seitenstromdosieres, welcher die zweite Blendkomponente, das Polyamid 6.6, der PP-Schmelze zuführt. Nach einem Abschnitt intensi-ven Aufschmelzens und Mischens der beiden Blendkomponeten werden die Endlosglasfasern durch einfache Speiseöffnungen in den Extruderzylinder eingeführt. Nachfolgende Schneckenelemente län-

ZSK40

Vakuum- entgasung

Glasfasern

PP + Chemikalien

PA-Seitenstromdosierer

Wasserbad und Granulierer

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gen die Faser ab und verteilen in die Polymermatrix homogen. Durch den Schneckenaufbau kann die mittlere Faserlänge beeinflusst werden [3]. Der Durchsatz der Komponenten wird allein über die gravi-metrischen Dosierer festgelegt. Dadurch können die Rezeptur in der gewünschter Zusammensetzung konstant gehalten und Qualitätsschwankungen vermieden werden.

Der Aufbereitungsprozess kann, wie erwähnt, beim Spritzgießcompounder mit dem Formgebungsschritt kombiniert werden (Bild 5). Ein Schmelzezwischenspeicher sorgt dafür, dass der kontinuierliche Aufbe-reitungsprozess von dem zyklischen Spritzgießprozess unbeeinflusst bleibt. Durch einen integrierten, den Schmelzespeicher und Einspritzzylinder einbeziehenden Regelkreis, kann der Druck an den Schneckenspitzen konstant gehalten werden. Auf diese Weise können bei der Materialaufbereitung un-veränderte Bedingungen, die für eine hohe Schmelzequalität erforderlich sind, gewährleistet werden.

Anfahrven tilS chm elze-Zw ischenspe icher

V akuum S eitendosie rung

Zw eischnecken-E xtruder

M ateria lzu führung

E inspritzzy linder

V entil E inspritzzylinder

Feste A ufspannp la tte , Sch ließe inhe it

A ntrieb E inspritzaggregat

E inspritzaggrega t

Anfahrven tilS chm elze-Zw ischenspe icher

V akuum S eitendosie rung

Zw eischnecken-E xtruder

M ateria lzu führung

E inspritzzy linder

V entil E inspritzzylinder

Feste A ufspannp la tte , Sch ließe inhe it

A ntrieb E inspritzaggregat

E inspritzaggrega t

Bild 5: IMC-Aggregat in schematischer Darstellung (Werkbild: Krauss-Maffei Kunststofftechnik)

3. Eigenschaften von PP/PA 6.6 –Blends

3.1. Morphologie Die Eigenschaften von Polymerblends werden entscheidend durch deren Morphologie festgelegt. Die Morphologieausbildung wird von den Rezeptierungs- und Aufbereitungsparametern bestimmt. Werden zusätzlich noch Glasfasern eingebracht, so kommt ein weiterer, die Morphologie beinflussenden Para-meter hinzu. Sind die Auswirkungen der einzelnen Parameter auf den Morphologiebildungsprozess be-kannt, so lässt sich diese gezielt steuern und optimieren.

In konventionellen Blends, in denen eine Komponente die Matrix und die andere die disperse Phase bildet, spielt für die meisten Blendeigenschaften die Matrixkomponente die entscheidende Rolle. Um die positiven Charakteristika beider Blendkomponenten in einem Material zu vereinen, müssen beide Pha-sen interpenetrierende Netzwerkstrukturen ausbilden. Diese sogenannte co-kontinuierliche Phasen-struktur stellt keinen stabilen Zustand dar. Sie tritt nur dann auf, wenn mehrere Randbedingungen gleichzeitig erfüllt sind. Diese Randbedingungen resultieren aus der Kombination von Kompatibilisie-rungsgrad sowie von Volumenkonzentrations- und Viskositätsverhältnis der Ausgangskomponenten.

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Die Viskosität der Komponenten bei der Blendaufbereitung und -verarbeitung ist aufgrund ihrer Struk-turviskosität wiederum abhängig von dem Anlagenkonzept und den Betriebsparametern. Verallgemei-nert kann aber gesagt werden, dass sich co-kontinuierliche Phasenstrukturen bilden, wenn die Bedin-gung (ηm /ηd)(φd/φm) ≈1, verwirklicht ist, wobei ηd und ηm für die Viskositäten der dispersen Phase und der Matrix, und φd und φm für deren Volumenkonzentrationen stehen [4,5].

3.2. Faserlänge Die Faserlänge hat einen erheblichen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften von fasernverstärkten Materialien. Um den Einfluss der einzelnen Prozessschritte auf die Faserlänge genauer zu untersuchen, wurden Proben für die Analysen sowohl direkt nach der Extrusion als auch nach dem Spritzgießen gezogen. Bei den Untersuchungen wurden zwei Endlos- Glasrovings mit unterschiedlichen Filament-Durchmessern (14µm und 17µm) des selben Glastyps eingesetzt. Wie aus Bild 6 deutlich zu erkennen ist, hat die Viskosität der Schmelze einen großen Einfluss auf die Faserlänge. Das kann bei den Proben, die direkt nach der Aufbereitung gezogen und analysiert wurden, festgestellt werden. Die gewichtsmittlere Faserlänge von 17µm Fasern bei dem Blend der 70 Gew-% PP ist um 50% größer als bei dem Blend mit 30 Gew-% PP. Außerdem beobachtet man, dass die Erhöhung der Schneckendrehzahl bei den dünneren Fasern, die benötigt wurde, um das Glasfaserge-halt konstant zu halten, zu einer Verringerung der mittleren Faserlänge führt.

Weiterhin beobachtet man, dass der Formgebungsschritt eine weitere ausgeprägte Faserlängereduktion bewirkt. Die mittlere Faserlänge weist bei den analysierten spritzgegossenen Proben keine signifikante Abhängigkeit von dem Volumenkonzentrations-verhältnis der Komponenten auf. Die Fasern werden unabhängig von der Anfangslänge im Zuge des Spritzgießprozesses auf eine kritische Faserlänge eingekürzt. Dies bedeutet, dass die größte Faserschädigung beim Aufschmelzen der Granulate in der Spritzgießmaschine auftritt. Diese Faserlängenreduktion kann vermieden werden wenn die Formgebung in erster Wärme direkt nach der Aufbereitung erfolgt.

Weiterhin bestimmt der Filamentdurchmesser wie wiederstandsfähig die Fasern gegen mechanische Beanspruchung sind. Er beeinflusst somit die sich einstellende mittlere Faserlänge. Dieser Sachverhalt wird durch die Graphen im Bild 9 belegt. Die Kurven der dünneren Fasern verlaufen jeweils unterhalb der Kurven der 17 µm Fasern.

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1,6

20 30 40 50 60 70 80PA - Anteil [%] im Blend

gew

icht

smitt

lere

Fas

erlä

nge

l w [m

m] 0,8 C 14µm Extrusion

0,8 C 17µm Extrusion

0,8 C 14µm Spritzgießen

0,8 C 17µm Spritzgießen

Bild 6: Einfluss der Blendzusammensetzung und des Filamentdurchmessers der Fasernauf die gewichtsmittlere Faserlänge nach der Aufbereitung und Verarbeitung

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3.3. Mechanische Eigenschaften Im Falle einer ausreichenden Faser/Matrix-Haftung können durch die Zugabe von Glasfasern die mechanischen Eigenschaften von PP/PA 6.6 -Blends deutlich verbessert werden. In Bild 7 ist die Zugfestigkeit von den mit 15 Gew-% glasfasernverstärkten Blends als Funktion der PP-Konzentration aufgetragen. Daraus ist ersichtlich, dass der Filamentdurchmesser der Glasrovings einen nennenswerten Einfluss auf die mechanischen Blendeigenschaften hat.

70

75

80

85

90

95

100

105

110

20 30 40 50 60 70 80

Antei von PP [Gew-%]

Zugf

estig

keit

[MPa

]

GF14µmGF17µm

Bild 7: Zugfestigkeit von glasfaserverstärkten PP/PA 6.6 –Blends in Abhängigkeit vom PP-Anteil; Scharparameter ist der Glasfaserdurchmesser

Die Blends, welche die 14 µm dicken Glasfasern enthalten, weisen höhere Festigkeitswerte auf, als die Blends mit den 17 µm dicken Glasfasern (Bild 7). Die Ursache dafür ist, dass der Betrag die Fa-ser/Matrix Grenzfläche bei cGlas = konst. mit abnehmendem Faserdurchmesser anwächst. Dadurch wer-den das Energieabsorptionsvermögen bei dynamischer Beanspruchung erhöht und die mechanischen Eigenschaften verbessert.

Weiterhin ist zu erkennen, dass die Blendmorphologie einen bedeutenden Einfluss auf die Festigkeit hat. Bei den Blends, in denen PP die Matrix und PA die disperse Phase bilden (Blends mit PP-Anteilen ≥ 50 Gew-%), werden die mechanischen Eigenschaften durch das PP bestimmt. Eine signifikante Fes-tigkeitssteigerung wird erst erreicht, wenn die co-kontinuierliche Phasenstruktur realisiert ist (Blend mit 40 Gew-% PP).

Bei der Schlagzähigkeit spielt die Faser/Matrix –Haftung eine wichtige Rolle. Dies wird deutlich, wenn man die Schlagzähigkeitswerte von Blends mit unterschiedlich gecoateten Glasfasern betrachtet (Bild 8). Die Fasern, welche eine PP-adaptierte Schlichte aufweisen, bieten eine herausragende Verstärkung für jene Blends, in denen PP die Matrix bildet. Die Werte verschlechtern sich mit zunehmendem PA-Anteil signifikant. Eine gegenläufige Tendenz ist bei den Fasern, welche mit einer PA-adaptierten Schlichte gecoatet sind, zu detektieren.

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25

35

45

55

65

15 25 35 45 55 65 75

PA - Anteil in Blend

Schl

agzä

higk

eit [

kJ/m

2 ]

0,8 GF 17µm fürs PA

0,8 GF 17µm fürs PP

Bild 8: Einfluss von Glasfasertyps auf die Schlagzähigkeit der PP/PA 6.6 -Blends

3.4. Thermische Eigenschaften Die Wärmeformbeständigkeit der Blends wird durch das Matrixmaterial bestimmt. Sie wird so lange durch das PP geprägt, bis die PA-Phase von der Tröpfchenstruktur in die co-kontinuierliche Phasen-struktur übergeht. Erst beim Erreichen der co-kontinuierlichen Phasenstruktur werden also die thermi-schen Eigenschaften deutlich verbessert. Das PA-Netzwerk stabilisiert dann den gesamten Polymer-verbund. Dies ist daran erkennbar, dass das thermo-mechanische Verhalten des Blends mit einem PP-Anteil von 50 Gew.-% ein Verhalten ähnlich dem des PP-Matrixmaterials aufweist. Das Blend mit einem PP-Anteil von 40 Gew.-% (Kurve 40_60 in Bild 9) besitzt auch oberhalb der Kristallitschmelztemperatur von PP noch eine bemerkenswerte mechanische Festigkeit und Formstabilität. Diese gewünschte Ver-besserung der Wärmestabilität wird in Form einer ausgeprägten Schulterausbildung bei dem Graphen G´(T) sichtbar, sobald eine co-kontinuierliche Phasenstruktur ausgebildet wird.

1,00E+05

1,00E+06

1,00E+07

1,00E+08

1,00E+09

0 50 100 150 200 250 300Temperatur [°C ]

G´[P

a]

PA08-30/7008-40/6008-50/50PP

Bild 9: Speichermodul unterschiedlicher PP/PA -Blends als Funktion der Temperatur

PP + GF

PA + GF

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4. Qualitätsüberwachung Durch die interessanten Eigenschaftskombinationen können PP/PA -Blends vielseitig in mehreren An-wendungen eingesetzt werden. Die kommerziellen PP/PA-Blends haben jedoch bis jetzt keinen großen Durchbruch geschafft. Ein Hauptgrund dafür ist der Preis, der für das Material verlangt wird. Nur in eini-gen Anwendungen, in denen eine spezielle Eigenschaftskombination verlang wird, ist der erhöhte Preis im Vergleich zu PA 6.6 gerechtfertigt. Das Einstufenverfahren bietet den Verarbeitern eine Möglichkeit Blends mit gewünschter Morphologie selber zu generieren und gleichzeitig die Materialkosten zu redu-zieren. Dadurch wird der Einsatz der Blends in mehreren bereichen lukrativ. Dieses führt andererseits dazu, dass die Verarbeiter zusätzlich zu Produkthaftung auch die Haftung für das Material übernehmen müssen. Ohne eine lückenlose Prozess- und Qualitätsüberwachung und Dokumentation kann dieses nicht gewährleistet werden.

Die ersten Untersuchungen zeigen, dass die Qualität der Schmelze mit konventionellen Druckaufneh-mern und Temperatursensoren überwacht werden kann. Die Sensoren können sowohl in die Düse als auch ins Werkzeug eingebracht werden. Wie aus Bild 10 ersichtlich ist, sind sogar die leichten Variatio-nen in der Blendzusammensetzung aus den Werkzeuginnendruck-Kurven erkennbar.

5000

5500

6000

6500

7000

7500

8000

8500

9000

9500

10000

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Schussnummer

Inte

gr. p

Wz

Bild 10: Einfluss der Blendzusammensetzung auf das Integral des Werkzeuginnendrucks bei der PP/PA 6.6 -Blends

5. Zusammenfassung und Ausblick Die Untersuchungen zeigen, dass PP und PA 6.6 höchst effizient geblendet werden können. Entschei-dend für die resultierenden Blendeigenschaften ist die generierte Blendmorphologie. Anzustreben ist ei-ne co-kontinuierliche Phasenstruktur, damit sich eine vorteilhafte Eigenschaftskombination unter gleich-zeitiger Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit ergibt. Da eine Vielzahl von Parametern die Ausbildung der ausgestrebte Morphologie beeinflusst, ist es sinnvoll, die Anzahl der Prozessteilschritte zu reduzie-ren und die Aufbereitung und Formgebung zu einem Einstufenverfahren zu verknüpfen. Der Spritzgieß-compounder der Firma Krauss Maffei bietet hierzu eine Lösung, die diese Verknüpfung ermöglicht und deutliche Vorteile bei der Herstellung von Bauteilen mit differenzierten Blendmorphologien bringt. Mit dieser neuen Technologie ist es möglich, Blends aus unverträglichen Komponenten herzustellen und mittels reaktiven Extrusion die Haftung zwischen den Komponenten so stark zu erhöhen, dass ein stabi-ler, mehrphasiger Werkstoff entsteht. Diese ermöglicht dementsprechend, die unterschiedlichsten Po-lymere miteinander sowie mit Füll- und Verstärkungsstoffen nahezu beliebig zu kombinieren. Auf diese Weise können maßgeschneiderte Materialien für unterschiedliche Anwendungsfälle schnell und wirt-schaftlich hergestellt werden.

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6. Literaturverzeichnis [1] Lehtonen, P. und Fritz, H.-G., Einfluss der Formulierung- und Prozessparameter auf Struktur und

Eigenschaften von Glasfaserverstärkten PP/PA 6.6-Blends, 18. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquium 2003.

[2] Bastian, M., Plastifizierung und Morphologie von inkompatiblen Polymerblends bei der Herstel-lung mit Gleichdrall-Doppelschneckenextrudern, Paderborn, (2000)

[3] Becht, I., Untersuchungen der Eigenschaften von glasfaserverstärkten Polypropylen-Polyamid 6.6 –Blends, IKT, Stuttgart, (2003)

[4] Fritz, H.-G., Cai, Q. and Bölz, U.:Kautschuk, Gummi, Kunststoffe2, (1998), 88 [5] Jannerfeldt, G., Boogh, L. und Manson, J.-A.: Polymer 41 (2000), 7627

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IV. Ergebnisbericht zum Teilprojekt D “Generierung von Polylactiden mittels Ringöffnungspoly-merisation im Zweischneckenextruder und ihre Verarbei-tung durch Spritzgießen“

1. Aufgabenstellung Ziel des Vorhabens war die Erarbeitung anwendungs-, verfahrens-, werkstoff- und anlagentechnischer Grundlagen für die Herstellung von homo- und copolymeren Polylactiden. Nach der Etablierung der Reaktivextrusion für die Erzeugung derartiger Polymere sollte ein innovativer Einstufenprozess für die Herstellung und Formgebung von Polylactid entwickelt werden, der sich auf einem Spritzgießcompoun-der (IMC) betriebssicher praktizieren lässt.

2. Voraussetzungen zur Vorhabensdurchführung Die für die Vorhabensdurchführung notwendigen Extrusionsaggregate und weiteren Einrichtungen wa-ren am Institut vorhanden. Preisgünstigeres, nicht aus der Medizintechnik stammendes Lactid wurde zu Beginn des Projektes verfügbar. Der Preis dieses Edukts ist zwar gegenüber dem zuvor verwendeten Lactid medizinischer Qualität deutlich verringert, aber die weiterhin sehr hohen Kosten begrenzten die Anzahl der durchführbaren Extrusionsversuche. Ferner konnten die bisher erzielten Ergebnisse durch die Eduktumstellung nicht direkt reproduziert werden (siehe Abschnitt 2.2).

3. Planung und Ablauf des Vorhabens Der Ablauf des Vorhabens wurde bei der Beantragung in zwei Teile gegliedert. Die Arbeitsschritte im ersten Teil umfassten die Erarbeitung der Grundlagen der Reaktivextrusion von PLA in einem Zweiwel-lenextruder. Dieser erste Meilenstein wurde zum Teil erreicht. Aufgrund der Umstellung des Edukts er-gaben sich in diesem Teil des Projektes gravierende Verzögerungen, die bei der Beantragung des Pro-jektes nicht voraussehbar waren und dazu führten, dass die weiteren Arbeitsschritte nicht bearbeitet werden konnten (siehe Abschnitt 2.2).

4. Stand der Technik Zum Zeitpunkt der Beantragung des Projektes wurden Polylactide fast ausschließlich in der Medizin-technik eingesetzt. In diesem Sektor kommt den Herstellungs- und Reinigungskosten eine untergeord-nete Rolle zu, so dass ein Einsatz dieser Polylactide im Bereich der Commodities aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen war.

Ansätze zur Entwicklung preisgünstiger Herstellungsverfahren für Polylactide wurden u.a. von den Fir-men Dow Cargill und Mitsui Chemicals verfolgt.

Am IKT wurde in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Instituten und Firmen im Rahmen eines EU-Projektes ein Verfahren zur Herstellung von Polylactid (PLA) mittels Reaktivextrusion entwickelt. Die Verwendung eines Extruders zur Ringöffnungspolymerisation (ROP) von Lactid zu PLA wurde durch die Entwicklung eines neuartigen, beschleunigenden Katalysatorsystems bestehend aus Zinn(II)octoat und Triphenylphosphin möglich [1-5]. Diese Entwicklungen mündeten in einem Patent [6].

Die Verwendung eines Zweiwellenextruders zur Polymerherstellung war u.a. bereits von der Synthese von Poly(-caprolacton) bekannt [7-8].

5. Zusammenarbeit mit anderen Stellen Die im Rahmen des oben genannten EU-Projektes entstandenen Kontakte zu europäischen Instituten und Firmen wurden weiterhin genutzt. Die Bearbeitung weitergehender, grundlegender Fragestellung wurde innerhalb eines DFG-Projektes in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Materialforschung in Berlin (BAM) durchgeführt.

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6. Erzielte Ergebnisse

6.1. Verwendetes Prozesskonzept Die Verwendung eines Extruders ermöglicht die Generierung von PLA in einem Schritt. Ferner ist auf-grund der Vielzahl der Einstellparameter (Durchsatz, Drehzahl, Schneckenkonfiguration, Temperatur-profil) eine sehr variable Prozessführung möglich.

Bild 1: Prozesskonzept für die Ringöffnungspolymerisation von Polylactid mittels Reaktivextrusion

6.2. Einfluss des Säuregehaltes auf die Reaktivextrusion Vor Projektbeginn war für die Entwicklung der Reaktivextrusion lediglich hochreines Lactid aus der Me-dizintechnik verfügbar. Im Verlauf des Projektes erfolgte die aus Gründen der Wirtschaftlichkeit notwen-dige Umstellung auf ein preisgünstigeres Lactid, welches für technische Anwendungen produziert wird. Beide Edukte unterscheiden sich in der Art des verwendeten Aufreinigungsprozesses und daraus resul-tierend in der Menge der im Lactid verbliebenen Säuregruppen.

0 10 20 30 40 50 600

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Reaktion in Masse im Labormaßstab Reaktionstemperatur = 180°CBestimmung des Umsatzes per TGARKat = 3000 Mol Lactid/Mol Katalysator

Säuregehalt = 6,5 meq/kg; RCOOH = 1060 MolLA/MolCOOH Säuregehalt = 4,5 meq/kg; RCOOH = 1530 MolLA/MolCOOH Säuregehalt = 2,4 meq/kg; RCOOH = 2910 MolLA/MolCOOH Säuregehalt = 0,4 meq/kg; RCOOH = 17.360 MolLA/MolCOOH

Um

satz

[Gew

.-%]

Reaktionszeit [min]

Bild 2: Reaktionsverlauf der Ringöffnungspolymerisation von Polylactid in Abhängigkeit vom Säuregehalt des Lactids

Bei der Verwendung dieses abweichenden Edukts war eine Reproduktion der zuvor erzielten Ergebnis-se nur durch Korrekturen an der Prozessführung möglich, denn die Reaktion wird durch den erhöhten Gehalt an Säuregruppen im Lactid signifikant verlangsamt (siehe Bild 2). Entsprechend muss der Durchsatz bei der Reaktivextrusion deutlich von 1 kg/h auf 0,6 kg/h gesenkt werden, um einen ausrei-chenden Polymerisationsgrad zu gewährleisten.

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Neben der Verlangsamung der Reaktion zeigt Bild 3, dass ein höherer Säuregehalt des Ausgangsmate-rials Lactid auch eine annähernd exponentielle Verringerung der bei der Reaktivextrusion erzielten Molmasse bewirkt.

1 10 1000

20000

40000

60000

80000

100000

120000

140000

160000

180000

Synthese durch Reaktivextrusion bei 180°CMolmassenbestimmung per GPC in Chloroform mit PolystyrolkalibrierungR

Kat = 3000 Mol Lactid/Mol Katalysator

massenmittlere Molmasse zahlenmittlere Molmasse

Mol

mas

se [g

/Mol

]

Säuregehalt [meq/kg]

Bild 3: Auswirkungen des Säuregehalts des verwendeten Lactids auf die bei der Reaktivextrusion erzielte Molmasse

Bild 4 verdeutlicht die Auswirkungen eines erhöhten Säuregehalts auf den Verlauf der Reaktivextrusion von PLA. Durch die Verlangsamung der Reaktion wird eine geringere Molmasse erreicht, die das Vis-kositätsniveau des Produktes signifikant verringert. Im Prozessverlauf äußert sich dies in einer Abnah-me des Druckabfalls vor der Düse, einer verringerten Leistungsaufnahme und in einer Verringerung der Schmelzetemperatur aufgrund geringerer Dissipation. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Auswirkun-gen des erhöhten Säuregehalts durch eine Erhöhung der Reaktionstemperatur nicht kompensiert wer-den können.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

7:40 8:38 9:36 10:33 11:31 12:28Zeit [hh:mm]

180

182

184

186

188

190

192

194

196

198

200

Schm

elze

tem

pera

tur (

vor d

er D

üse)

[°C

]

Druck (vor der Düse)StromaufnahmeUmsatzSchmelzetemperaturD

ruck

(vor

der

Düs

e) [b

ar];

Stro

mau

f-na

hme

[10*

A];

Um

satz

[Gew

..-%

]

Niedriger Säuregehalt(3,2 meq/kg)

Hoher Säuregehalt(10,4 meq/kg)

Erhöhung der Reaktions- temperatur auf 190°C

Bild 4: Auswirkungen eines erhöhten Säuregehalts auf den Verlauf der Prozessgrößen bei der Reaktivextrusion von Polylactid

6.3. Generierung von PLA-PEG-Blockcopolymeren Laut Literatur stellt die Inkorporierung von OH-Gruppen eine Möglichkeit zur Beschleunigung der Reak-tion dar [9]. Dies führt jedoch gleichzeitig zu einer Verringerung der Molmasse, da sich die Konzentrati-on der initiierenden Verbindungen, die sich aus dem Katalysator Zinn(II)ethylhexanoat und hydro-

100

1000

10000

0,1 1 10 100Frequenz [rad/s]

kom

plex

e Vi

skos

ität [

Pas]

Hoher Säuregehalt (10,4 meq/kg)

Geringer Säuregehalt (3,2 meq/kg)

Platte-Platte GeometrieDurchmesser = 25 mm180°Cτ = 500 Pa

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xygruppenhaltiger Verbindungen bilden, erhöht. Eine Möglichkeit dieser Abnahme der Molmasse ent-gegenzuwirken, ist der Einsatz hydroxyterminierter Prepolymere. Verwendet wurden dazu Polyethylen-glykole (PEG) unterschiedlicher Molmasse. Die ausgewählten Ergebnisse in Bild 5 zeigen jedoch, dass auch bei dem Einsatz von PEG die Erzielung hoher Molmassen nur durch eine Verringerung des Durchsatzes auf 0,6 kg/h möglich ist. Eine hinreichende Beschleunigung der Reaktion ist somit durch den Einsatz von PEG nicht möglich.

0

20.000

40.000

60.000

80.000

100.000

120.000

140.000

Material 1 Material 2 Material 3

Mol

mss

e [g

/mol

]

Zahlenmittlere MolmasseMassenmittlere Molmasse

0,6 kg/h; 60 1/min0,6 kg/h

100 1/min1,0 kg/h

100 1/min

5 Gew.-% PEG (Mn = 20.000)Rkat = 3000; ROH = 1320Säuregehalt ca. 10 meq/kg; 180°CMolmassenbestimmung durch GPC (Chloroform, RT, PS-Kalibrierung)Katalysator: Sn(Oct)2 und P(φ)3 äquimolar in getrocknetem Toluol

Bild 5: Abhängigkeit der Molmasse von per Reaktivextrusion synthetisierten PLA-PEG-Blockcopolymeren von den Prozessparametern Durchsatz und Schneckendrehzahl

Die Auswirkungen des Säuregehaltes auf die Reaktivextrusion von PLA können somit nicht durch einfa-che Maßnahmen wie eine Temperaturerhöhung oder die Zugabe hydroxygruppenhaltiger Verbindungen kompensiert werden. Auch der komplexe Reaktionsmechanismus der ROP von Lactid zu PLA [10] deu-tet auf eine weitreichende Beeinflussung durch Säuregruppen hin. Die notwendigen Untersuchungen übersteigen den Rahmen dieses Projektes und werden deshalb innerhalb eines DFG-Projektes bearbei-tet.

0

2

4

6

E [N

/mm

2 ]

εbe

i σm

ax[%

]

0 1 2 3 4 50

1000

2000

3000

4000

0

10

20

30

40

50

60

Anteil PEG [Gew.%]

(PEG) = 6000 g/molTestgeschwindigkeit: 5 mm/min

n M

σ max

[N/m

m2 ]

Bild 6: Mechanische Kennwerte von PLA-PEG-Blockcopolymeren in Abhängigkeit vom PEG-Anteil (E = Elastizitätsmodul; max = Zugfestigkeit; ε bei σmax = Streckdehnung)

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Um das Eigenschaftspotential der PLA-PEG-Blockcopolymere zu verdeutlichen wurden einige Materia-lien aus Lactid medizinischer Qualität hergestellt. Bild 6 zeigt, dass sich die mechanischen Eigenschaf-ten dieser Blockcopolymere bereits mit geringen PEG-Anteilen signifikant verändern. Gleichzeitig wird der hydrolytische Abbau der Polymere durch die erhöhte Hydrophilie der PEG-Anteile beschleunigt.

Durch die Synthese von PLA-PEG-Blockcopolymeren können die Eigenschaften von Polylactiden somit über einen weiten Bereich variiert werden.

6.4. Schlussfolgerungen Der geringe erzielbare Durchsatz bei der Synthese von PLA mittels Reaktivextrusion stellt zur Zeit ein Ausschlusskriterium für die Verwendung des IMC dar, da bei den geringen verwendeten Durchsätzen eine sehr hohe Verweilzeit des Materials in den Verrohrungen auftritt. Dies führt zum thermischen Ab-bau des Polyesters (siehe Bild 7) und zu einer signifikanten Reduktion der Wirtschaftlichkeit des Verfah-rens.

1000

10000

0 5 10 15 20 25 30Zeit [min]

Kom

plex

e V

isko

sitä

t [P

as]

Platte-Platte GeometrieDurchmesser = 25 mm180°Ct = 500 PaFrequenz = 1/s

Bild 7: Veranschaulichung des Abbauverhaltens von Polylactide anhand des rheologischen Verhaltens

Entsprechend konnten die Arbeiten zu diesem Teilprojekt nicht abgeschlossen werden. Stattdessen wurden verstärkt die anderen drei Teilprojekte bearbeitet. Kann bei der Reaktivextrusion eine Be-schleunigung erreicht werden, ist die gleichzeitige Herstellung und Verarbeitung von PLA auf dem IMC realisierbar. Dazu muss die Inkorporierung einer Restmonomerentgasung erfolgen, da die Ringöff-nungspolymerisation von Lactid zu Polylactid aufgrund ihres Gleichgewichtscharakters nicht zu einem vollständigen Umsatz geführt werden kann.

6.5. Voraussichtlicher Nutzen Der Säuregehalt des Edukts Lactid konnte als der entscheidende Einflussfaktor auf die Reaktivextrusion von PLA identifiziert werden. Dadurch ist die Wirtschaftlichkeit dieses Prozesses aufgrund der geringen Raum-Zeit-Ausbeute bisher noch begrenzt. Die Reaktivextrusion von PLA bleibt jedoch weiterhin ein in-teressantes Verfahren, da bei einer Inkorporierung der Monomereliminierung jegliche weiteren Zwi-schenschritte entfallen.

Der hauptsächliche Anwendungsbereich für Polylactide liegt bisher im Faser- und Folienbereich. Spritz-gussanwendungen scheitern bisher insbesondere am hohen Preis des Polylactids, da in Form von Stärkecompounds preisgünstige Alternativen in diesem Sektor vorhanden sind. Bei einer weiteren Re-duktion des Preises sind jedoch insbesondere Anwendungen denkbar, bei denen die Eigenschaften von Stärkecompounds nicht ausreichend sind.

Der IMC ist besonders für die Compoundierung und Formgebung von PLA mit anderen Füllstoffen ge-eignet, da jeder Verarbeitungsschritt bei PLA aufgrund der Esterstruktur zu einem Abbau und damit zu einem Qualitätsverlust führt.

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6.6. Fortschritte bei anderen Stellen Im Projektverlauf wurde zu Beginn des Jahres 2002 eine großtonnagige Produktionsanlage für die Pro-duktion von PLA von der Firma Cargill Dow in den USA fertiggestellt [11]. Die dort generierten Polymere werden insbesondere im Faser- und im Folienbereich vermarktet. Bisher stehen diese Materialien je-doch nur ausgewählten Firmen zur Verfügung [11,12] und sind insbesondere für Forschungsinstitute nur in sehr begrenztem Umfang erhältlich.

PLA-PEG-Blockcopolymere werden im Bereich der Medizintechnik umfassend untersucht, da sie in wässriger Lösung in Abhängigkeit von der Temperatur Gele bilden, die sich für den schonenden Trans-port von Wirkstoffen in den menschlichen Körper eignen [z.B. 13].

6.7. Veröffentlichungen „Reaktivextrusion von Poly(L,L-Lactid) - Generierung von Blockcopolymeren und Scale-up“ Heinemann, M.; Weinmann, S.; Chen, Z.; Fritz, H.G.; 18. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquium, 19 - 20. März 2003 in Stuttgart

6.8. Literatur [1] „Continuous Reactive Extrusion Polymerisation of L-Lactide - An Engineering View“ Jacobsen, S.;

Fritz, H.-G.; Degée, P.; Dubois, P.; Jérôme, R.; Macromolecular Symposia; Vol. 153; 2000; 261-273

[2] „Single-step extrusion of PLLA in a corotating twin-screw extruder promoted by 2-ethylhexanoic acid tin(II) salt and tripenylphosphine“ Jacobsen, S.; Fritz, H.-G.; Degée, P.; Dubois, P.; Jérôme, R.; Polymer; Vol. 41; 2000; 3395-3403

[3] „New developments on the ring opening polymerisation of polylactide“ Jacobsen, S.; Fritz, H.-G.; Degée, P.; Dubois, P.; Jérôme, R.; Industrial Crops and Products; Vol. 11; 2000; 265-275

[4] „Beneficial Effect of Triphenylphosphine on the Bulk Polymerization of L,L-Lactide Promoted by 2-Ethylhexanoic Acid Tin(II) Salt“ Degée, P.; Dubois, P.; Jacobsen, S.; Fritz, H.-G.; Jérôme, R.; Journal of Polymer Science. Part A: Polymer Chemistry; Vol. 37; 1999; 2413-2420

[5] „Polylactide - a new way of production“ Jacobsen, S.; Degée, P.; Fritz, H.-G.; Dubois, P.; Jérôme, R.; Polymer Engineering and Science; Vol. 39; Nr. 7; 1999; 1311-1319

[6] DE 196 28 472 „Aliphatischer Polyester und/oder Copolyester und Vefahren zu seiner Herstel-lung“ Fritz, H.-G.; Jacobsen, S.; Jérôme, R.; Degée, P.; Dubois, P. 1998

[7] „Continuous Polymerization of Caprolactam in a Modular Intermeshing Corotating Twin Screw Extruder Integrated with Continuous Melt Spinning of Polyamide 6 Fiber: Influence of Screw De-sign and Process Conditions“ Kye, H.; White, J.L.; Journal of Applied Polymer Science; Vol. 52; 1994; 1249-1262

[8] „Polymerisation auf einem gleichlaufenden Doppelschneckenextruder am Beispiel des Poly-caprolactams“ Bartilla, T.; Dissertation; RWTH Aachen; 1987

[9] „Mechanism of Lactide Polymerization in the Presence of Stannous Octoate: The Effect of Hy-droxy and Carboxylic Acid Substances“ Zhang, X.; MacDonald, D.A.; Goosen, M.F.A.; McAuley, K.B.; Journal of Polymer Science: Part A: Polymer Chemistry; Vol. 32; 1994; 2965-2970

[10] „Kinetics and mechanism of cyclic esters polymerization initiated with tin(II) octoate 3. Polymeri-zation of L,L-Dilactide“ Kowalski, A. Duda, A.; Penczek, S.; Macromolecules; Vol. 33; 2000; 7359-7370

[11] http://www.cargilldow.com [12] „Thermogeformte Verpackungen aus PLA“ Bosiers, L.; Engelmann, S.; Kunststoffe; 2003; Nr. 12;

48-51 [13] „Rheological studies of PLLA-PEO-PLLA triblock copolymer hydrogels“ Aamer, K.A.; Sardinha,

H.; Bhatia, S.R.; Tew, G.N.; Biomaterials; Vol. 25; 2004; 1087-1093

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V. Erfolgskontrollbericht 6.9. Ergebnisbeitrag zu den förderpolitischen Zielen des Förderprogramms „For-

schung für die Umwelt“

Teilprojekt A

Die Generierung und Formgebung von Langfasercomposites als Einstufenverfahren mit Hilfe des Spritzgießcompounders (IMC) ermöglicht die weitgehend geruchsfreie Inkorporierung von Naturfasern (Flachs, Hanf, Jute, Abaca, Sisal) in thermoplastische Polymermatrizes. Unter Umweltaspekten erge-ben sich daraus folgenden Vorteile: Dichte- bzw. Massereduktion, problemloses energetisches Recyc-ling, Schließen von Stoffkreisläufen durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe (-> CO2-Problema-tik), sowie eine Reduktion des spezifischen Energieverbrauchs.

Teilprojekt B

Die Generierung hochleitfähiger Polymerwerkstoffe sowie deren Ausformung zu Bipolarplatten für Po-lymerbrennstoffzellen (PMFC) als Einstufenprozess tragen in hohem Maße zur Reduzierung der Um-weltbelastung bei: Die Verfahrens- und Produktentwicklung ermöglicht die Herstellung leichtgewichtiger, kostengünstiger Brennstoffzellen-Stacks mit einem hohen Wirkungsgrad, das Einstufenverfahren weist energetische Vorteile auf und ermöglicht zudem eine gesteigerte Produktqualität.

Teilprojekt C

Mittels reaktiven Compoundierens wurden preisgünstige Polymerblends erzeugt und in „erster Wärme“ energiesparend zu Bauteilen ausgeformt, die sich durch eine angehobene Temperaturformbeständig-keit und verbesserte Barriereeigenschaften gegen O2- und H2O-Permeation auszeichnen. Herstellen lassen sich damit unter Gewichtseinsparung z.B. Spritzgießbauteile für den Motorraum von Kraftfahr-zeugen.

Teilprojekt D

Die Reaktivextrusion von Polylactid trägt sowohl im Hinblick auf die produzierten Materialien als auch bezüglich der Prozesstechnik wesentlich zu den förderpolitischen Zielen des Förderprogramms bei. Als biologisch abbaubares Polymer, welches aus nachwachsenden Rohstoffen synthetisiert wird, fällt es in einen der vorgegebenen Förderschwerpunkte. Durch den Einsatz der Reaktivextrusion, welcher die Po-lymerherstellung im Einstufenverfahren ermöglicht, wird ein Beitrag zum produktionsintegrierten Um-weltschutz geleistet.

6.10. Auflistung der wissenschaftlich-technischen Ergebnisse, Nebenergebnisse und wesentliche Erfahrungen

Teilprojekt A

Temperaturempfindliche pflanzliche Fasern lassen sich mit der entwickelten Anlagen- und Prozess-technik ohne thermische Schädigung in Thermoplastmatrizes inkorporieren und zu technischen Bautei-len ausformen (verbesserte mechanische Eigenschaften, keine Geruchsemissionen).

Für die Herstellung großflächiger, dünnwandiger Formteile mit und ohne In-line-Dekorierung hat sich das „Injection/Compression Moulding“-Verfahren (ICM) als vorteilhaft und dem reinen Spritzgießen als überlegen erwiesen.

Die mechanischen Eigenschaften von Naturfasercomposites hängen in hohem Maße von der Faser-clusterauflösung und der Faserfibrillierung ab. Um diese Teilprozesse optimal gestalten zu können, wur-den innovative Multikämmelemente entwickelt, mit denen sich eine exzellente Faserverteilung realisie-ren lässt, ohne dass eine signifikante Faserlängeneinkürzung auftritt.

Teilprojekt B

Durch die Einarbeitung von bis zu 80 Gew.-% Füllstoffen (Hochleitfähigkeitsruße, Kohlenstofffasern, Mi-schungen von Graphitpulver) in LCP-Matrizes konnten außerordentlich hohe Leitfähigkeits- und sehr niedrige Durchgangswiderstandsbeiwerte erreicht werden, was eine Verbesserung des PMFC-Wirkungsgrades bewirkt.

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 64

Die Verwendung von LCP als Polymermatrix anstelle der herkömmlichen PP-Matrizes gestattet höhere Arbeitstemperaturen der Brennstoffzellen.

Die LCP-bedingten, verbesserten mechanischen Compositeeigenschaften ermöglichen eine problemlo-se Verbindung der Einzelzellen zu Stacks.

Die Anwendung der neuentwickelten IMC-Technologie bei der Herstellung von Bipolarplatten ermöglicht die Fertigung von Bauteilen, die sich durch eine nahezu konstante elektrische Leitfähigkeit über ihrer gesamten (Gasverteiler-)Fläche auszeichnen (mit deutlichen Vorteilen gegenüber spritzgegossenen Bi-polarplatten).

Teilprojekt C

Die vom Volumen- und Viskositätsverhältnis der Blendkomponenten abhängige Ausbildung einer co-kontinuierlichen Phasenstruktur erwies sich als äußerst vorteilhaft hinsichtlich der thermischen, mecha-nischen und permeatorischen Eigenschaften.

Da cokontinuierliche Phasenstrukturen Nichtgleichgewichtskonfigurationen darstellen, besteht die laten-te Gefahr einer Phaseninversion. Durch die Verbindung des Blendgenerierungs- und Formgebungs-schrittes zu einem Einstufenverfahren gelang es, die im Extruder erzeugte Morphologie auch im Bauteil zu erhalten und zu fixieren.

Durch die zusätzliche Inkorporierung von Glasfasern mittels eines Rovingdirekteinzugsverfahrens konn-ten die mechanischen Werkstoffeigenschaften signifikant angehoben werden, ohne dass die cokontinu-ierliche Phasenstruktur Schaden nahm.

Teilprojekt D

Der Gehalt an Säuregruppen im Edukt Lactid konnte als wesentlicher, prozessbestimmender Faktor bei der Reaktivextrusion von Polylactid identifiziert werden.

PLA-PEG-Blockcopolymere weisen ein für viele Anwendungen interessantes Eigenschaftsprofil auf, welches durch Variation des PEG-Gehaltes sehr einfach eingestellt werden kann.

Die Anwendungsmöglichkeiten des IMC beschränken sich zur Zeit auf die Compoundierung und an-schließende Formgebung Polylactid-haltiger Compounds, wobei sich ein erheblicher Vorteil durch einen verringerten Abbau des Polylactids ergibt. Nach einer Beschleunigung der Ringöffnungspolymerisation von Polylactid kann der IMC als Einstufenaggregat für die Herstellung und Formgebung eingesetzt wer-den.

6.11. Fortschreibung des Verwertungsplanes Schutzrechtsanmeldungen

Teilprojekt A

In der Vorbereitungsphase des Verbundprojektes wurde ein Patent für die Multikämmelemente bean-tragt, das mittlerweile von Krauss-Maffei (KM) übernommen wurde.

Teilprojekt B

Patentanmeldung mit dem Titel „Leitfähige Kunststoffformmassen, ihre Verwendung und daraus herge-stellte Formkörper“, mittlerweile von TICONA übernommen.

Teilprojekt C

Keine Patentanmeldung.

Teilprojekt D

Der vom IKT in den Jahren 1998-1999 entwickelte PLA-Ringöffnungspolymerisationsprozess wurde für das IKT patentiert. Das Patent wurde an ein Industrieunternehmen transferiert.

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 65

Wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Erfolgsaussichten

Teilprojekt A

Die entwickelte Verfahrenstechnik stellt eine echte Alternative zur Hybridvliestechnik bei der Generie-rung von Naturfaserverbundwerkstoffen dar. Die kombinierte Spritzgieß-Kompressionsformtechnik er-laubt vor allem eine größere Freiheit bei der Formteilgestaltung. Es existiert daher ein hohes wirtschaft-liches Potential, welches sich derzeit bereits in der Umsetzungsphase befindet. Mindestens zwei Unter-nehmen (Systemlieferanten der Automobilindustrie) setzen die entwickelte Technologie bereits um.

Teilprojekt B

Hohes wirtschaftliches Potential für Polymerhersteller, Compoundierunternehmen, Anlagenbauer und Kunststoffverarbeiter. Zeitskala der Umsetzung bis zu einem gewissen Grad von der Markdurchdrin-gung der Brennstoffzellen-Technologie abhängig. Es existieren Kooperationen mit den o.a. Industrie-partnern.

Teilprojekt C

PP/PA 6.6-Blends mit cokontinuierlicher Phasenstruktur stellen eine werkstofftechnisch wie ökonomisch interessante Alternative zu einigen Technischen Kunststoffen dar, die sich durch hohe HDT-Werte aus-zeichnen (→ Bauteile für den Motorraum). Es bestehen Kooperationen mit einem Autozulieferer und ei-nem Unternehmen der Verpackungsbranche.

Teilprojekt D

Es herrscht weiter reges Interesse an der PLA-Entwicklung des IKT. Allerdings wird die Wirtschaftlich-keit der Polymergenerierung noch durch den hohen Preis des L-Lactids limitiert, da dieses bei unserem Kooperationspartner derzeit noch auf einer Pilotanlage hergestellt wird.

Die Reaktivextrusion zur Erzeugung von PLLA zeichnet sich im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren durch eine hohe Flexibilität (→ Copolymere) sowie durch seine Eignung für die Kleinmengenfertigung aus.

Wissenschaftliche und wirtschaftliche Anschlussfähigkeit

Teilprojekt A

Weiterführende Entwicklungsvorhaben sind angelaufen mit einem Automobilhersteller sowie mit einem Automobilzulieferer. Ziele dieser Studien sind die Erprobung alternativer Naturfasern (Jute, Abaca) so-wie nassgesponnener Regeneratcellulosefasern. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt setzt sich mit der In-line-Qualitätsüberwachung auseinander.

Teilprojekt B

Folgeprojekte haben die fertigungs- und funktionsgerechte Auslegung von Bipolarplatten für PMFC so-wie die Erprobung und Anwendung neuartiger Füllstoffe (z.B. Carbon-Nanotubes) zum Ziel. Vorgese-hen sind auch Wirtschaftlichkeitsanalysen sowie eine ganzheitliche Bilanzierung für die entwickelten in-novativen Composites und Formteile.

Teilprojekt C

Fortsetzungsvorhaben sind angelaufen mit einem Automobilhersteller (Bauteile für den PKW-Motorraum) sowie mit einem weltweit agierenden Verpackungsmittelhersteller, welcher die besonderen Barriereeigenschaften der PP/PA-Blends mit cokontinuierlicher Phasenstruktur nutzen möchte.

Teilprojekt D

Zu den geplanten weiterführenden Projekten zählen

- der Einsatz eines Vielwellenextruders (→ Ringextruder) zur Optimierung des Ringöffungspoly-merisationsschrittes,

- die Entwicklung weiterer PLA-Copolymertypen mit auf den jeweiligen Einsatzfall exakt zuge-schnittenen Eigenschaftsprofilen, sowie

- die Verbesserung der Mono-/Dimer-Entgasung.

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben I Seite 66

6.12. Arbeiten, die zu keiner Lösung geführt haben

Teilprojekt A

Keine

Teilprojekt B

Keine

Teilprojekt C

Keine

Teilprojekt D

Bedingt durch die limitierte Verfügbarkeit des (teueren) Lactids konnten die mit dem Zweiwellenextruder off-line gewonnenen Arbeitsergebnisse noch nicht auf dem "großvolumigen"Spritzgießcompounder" ü-bertragen werden.

6.13. Präsentationsmöglichkeiten für mögliche Nutzer Kooperationen mit potentiellen Nutzern der Arbeitsergebnisse sind erwünscht auf den Gebieten der Verfahrens-, Prozess-, Werkstoff- und Produktentwicklung.

Die beschriebenen Labor- bzw. Pilotanlagen stehen am IKT für Vorführungen zur Verfügung.

6.14. Einhaltung der Ausgaben- und Zeitplanung Die veranschlagte Ausgaben- und Zeitplanung wurde im Wesentlichen eingehalten.

Lediglich die für das Teilprojekt D veranschlagten Ausgaben wurden geringfügig zugunsten der Teilpro-jekte A – C verlagert.

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Abschlussbericht

des im Rahmen des BMBF

geförderten Projektes

„Reaktive Kunststoffaufbereitung und –formgebung als

Einstufenverfahren“

Teilvorhaben 2

Kennwort: Spritzgießcompounder (IMC)

Förderkennzeichen: RC0029

Ausführende Stelle: Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH (KM)

Krauss-Maffei-Str. 2

80997 München

Projektpartner: Institut für Kunststofftechnologie (IKT)

Böblinger Straße 70

D-70199 Stuttgart

Universität Stuttgart

Projektleiter: Rainer Zimmet

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben II Seite 2

I. Kurze Darstellung der Arbeitsergebnisse

1. Aufgabenstellung Ziel war es innerhalb des Förderprogramms “Forschung für die Umwelt“ für das eine BMBF-Förderung beantragt wurde, ein neuartiges, marktgerechtes Maschinensystem für die Kunststoffaufbereitung und die Formgebung in einem sogenannten Einstufenverfahren zu entwickeln, mit dem die bisher ge-trennt durchgeführten Prozessschritte, Compoundieren und Formgeben in “einer Wärme“, d.h. in ei-nem Maschinensystem durchgeführt werden können.

Unternehmen, die dieses Konzept einsetzen sind dann sowohl Kunststoffcompoundeur und Kunst-stoffverarbeiter mit hoher Flexibilität und gesteigerter Fertigungstiefe, aber auch verantwortlich für die Rezeptur.

2. Voraussetzungen, unter denen das Projekt durchge führt wurde Bei KM gab es schon den Prototyp eines solchen Maschinensystems mit dem Kennwort “Spritzgieß-compounder“ oder IMC aus dem Englischen (Injection Moulding Compounder) bei dem das herkömm-liche Einschneckenplastifizieraggregat durch einen gleichsinnig drehenden, dicht kämmenden Zweischneckenextruder in Verbindung mit einem Doppelkolbenspeichersystem ersetzt wurde. Mit die-sem System konnten die prinzipiellen Möglichkeiten eines solchen Maschinenkonzeptes dargestellt werden. Es entsprach aber von der Bedienung und der Reproduzierbarkeit der Versuchsparameter in keiner Weise einer für die Produktion von Serienteilen geeigneten Anlage.

3. Planung und Ablauf des Vorhabens Zum Zeitpunkt des Antrags auf Fördermittel im Juli 2000 war man davon ausgegangen, eine neue 80 t Laboranlage für die Versuchsdurchführung am IKT zu bauen und in dem Spritzgießtechnikum bei KM in München ca. Mitte bis Ende 2002 eine Labormaschine im Produktionsmaßstab mit einer Schließ-kraft von 3200 t und einem Doppelspritzkolben zu installieren.

Aus Kostengründen wurde jedoch auf die Konstruktion und den Bau der 80 t Maschine verzichtet. Statt dessen wurde die vorhandene 420 t – Anlage für die sich abzeichnenden Anforderungen im Langglasfaserbereich umkonstruiert und entsprechend umgebaut. Hierzu waren umfangreiche Ände-rungen in den Schmelze führenden Leitungen, in den Absperrsystemen und in der Verbindungszone vom Getriebe des Doppelschneckenextruders zum Verfahrensteil notwendig.

In Verbindungen mit diesen Änderungen wurde der Doppelspritzkolben bei der großen Labormaschi-ne, der bis zu diesem Zeitpunkt als einzige Möglichkeit gesehen wurde, eine kontinuierliche Arbeits-weise des Doppelschneckenextruders zu realisieren, durch einen Speicherkolben ersetzt. Durch diese Maßnahme konnte der Einspritzkolben wieder in der Plattenmitte angeordnet werden. Der Heißkanal konnte somit entfallen und das Volumen des Speicherkolben wurde auf ca. 40 % des Einspritzkolbens reduziert. Außerdem wurde der maximale Druck des Speicherkolbens auf maximal 200 bar begrenzt. Diese Maschinenausführung reduzierte die Gesamtkosten erheblich, ohne dass ein erkennbarer Nachteil entstanden wäre. Dieses Konzept wurde dann auch für alle weiteren Maschinen beibehalten.

Das Maschinenkonzept, unterstützt durch positive Ergebnisse auf der 420 t – Anlage, fand jedoch re-ges Interesse bei unseren Kunden, so dass bis zum 2. Quartal 2001 4 Maschinen KM 1000 IMC ver-kauft wurden. Die erste dieser Maschinen wurde bei der Fa. Faurecia installiert und produziert seit November 2001 Frontend carrier für den Peugeot 307 in Serie. Die 2. Anlage wurde mit großem Erfolg auf der K 01 vorgestellt und wurde dann ebenfalls bei der Fa. Faurecia installiert und produziert seit Februar 2002 ebenfalls Frontend carrier für den Citroen C3. In beiden Fällen wird PP mit 30 – 40 % LGF verarbeitet.

Für die Untersuchungen hoch beanspruchter Maschinenbauteile, wie Einspritzkolben, Anfahrventil und Verschlussbolzen und für die Entwicklung neuer Verfahren für große Bauteile wurde dann be-schlossen eine 2700 t IMC - Versuchsanlage im Technikum bei KM aufzustellen. Mit dieser Maschi-nengröße konnten sämtliche zu diesem Zeitpunkt in Erwägung gezogene Teile, Frontend carrier, In-strumententrägertafeln und Stoßfänger hergestellt werden. Diese Maschine steht seit März 2002 für Versuche zur Verfügung.

Das große Interesse der Kunden an dieser neuen Technologie führte sofort zu einer Wartezeit von über 5 Monaten für eine Versuchsdurchführung. Darauf hatte sich KM entschlossen, eine weitere La-

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boranlage mit einer Schließkraft von 1300 t im Technikum zu installieren und für weitere Entwicklun-gen zur Verfügung zu stellen. Die Herstellkosten dieser Maschine liegen über 1,5 Mio. €. Abschrei-bungskosten für diese Maschine wurden bisher im Rahmen dieser Entwicklung nicht geltend. Diese Maschine wird ebenfalls seit Juli 2002 für Versuche genutzt.

4. Wissenschaftlicher und technischer Stand

Bei den ersten Gesprächen über die Entwicklung eines Maschinensystems zur Produktaufbereitung und Formgebung im Jahr 1997 wurden weder Schutzrechte gefunden, die sich auf diese Thematik bezogen, noch konnte ein vergleichbares Maschinensystem eines Wettbewerbers ausfindig gemacht werden.

Am 22.12.1998 wurde dann seitens KM ein Verfahren zum Patent angemeldet, in dem ein Maschi-nensystem mit zwei alternierend arbeitenden Einspritzkolben beschrieben wird.

Im Laufe des Jahres 2001, nachdem KM das Verfahren in Vorträgen und Veröffentlichungen mehrfach vorgestellt hatte, wurde KM wegen einer angeblichen Patentverletzung durch die Firma Husky abge-mahnt. Angeführt wurden dabei das Europäische Patent EP-B-0 538 286, zusammen mit dem U.S. Patent 6,071,462 und dem Deutschen Patent DE 40 21 92. Obwohl hier grundsätzliche Meinungsver-schiedenheiten bestanden, wollten letztendlich beide Parteien einen Rechtsstreit vermeiden. Eine Auseinandersetzung in den USA hätte für beide Parteien erhebliche Kosten nach sich gezogen, bei einem ungewissen Ausgang auf Grund des Amerikanischen Rechtssystems. KM hat daher ab dem 1.12.2001 eine uneingeschränkte, weltweite Linz über die gesamte Laufzeit der Patente erworben.

Alle Recherchen bezogen sich dabei auf die Verknüpfung der hinlänglich bekannten Technologien “Compoundieren“ und “Spritzgießen“. Dabei wurde dann auch eine Veröffentlichung der Firma Toshi-ba vom Oktober 1993 in der Zeitschrift „Modern Plastics International“ gefunden, die exakt das Verfah-ren mit gravimetrischen Dosierungen, Doppelschneckenextruder, Schmelzespeicher und Einspritzkol-ben beschreibt. Wie unsere Nachforschen jedoch zeigten, ist dieses Maschinenkonzept nie auf dem Markt angeboten worden.

In der beigefügten Tabelle sind alle Schutzrechtsanmeldungen aufgelistet, die KM im Zusammenhang mit dem Spritzgießcompounder getätigt hat.

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Unser Zeichen VgArt Lnd Stat Name Stichwort Amt-Az -1- Amt-Az -2- Familienschlüssel 74313-01/DE PT DE F. KMK Verfahren zum Herstellen von schlagzähmodifi-

zierten Thermoplast-Kuns DE 10201291.1-16 DE 10201291 74313

74313-EP PT EP F. KMK Verfahren zum Herstellen von schlagzähmodifi-zierten Thermoplast-Kuns

EP 03000230.7 1327512 74313

74313-US PT US F. KMK Direktherstellung von Bauteilen aus schlagzäh-modifizierten Thermopla

10/345,087 2003-0164579-A1 74313

74491-01/DE PT DE F. KMK Spritzgießcompounder DE 10156522.4-16 DE 10156522 74491 74491-WOCA PT CA F. KMK Spritzgießcompounder 2,467,256 74491 74491-WOEP PT EP F. KMK Spritzgießcompounder EP 02802993.2 1456001 74491 74491-WOUS PT US F. KMK Spritzgießcompounder 10/847,203 74491 74493-01/DE PT DE F. KMK Compounder-Spritzgießmaschine DE 10152244.4-16 DE 10152244 74493 74493-02/US PT US F. KMK Compounder-Type injection molding machine 10/278,212 US-2003-0075821-

A1 74493

74493-03/CA PT CA F. KMK Compounder-Spritzgießmaschine 2,408,871 74493 74493-04/EP PT EP F. KMK Compounder-Spritzgießmaschine EP 02020364.2 1306187 74493 74496-01/DE PT DE F. KMK Kunststoffverarbeitende Maschine zum Herstel-

len von faserbeladenen, DE 10152246.0 DE 10152246 74496

74496-WOEP PT EP F. KMK Kunststoffverarbeitende Maschine zum Herstel-len von faserbeladenen,

EP 02782991.0 1439943 74496

74496-WOUS PT US F. KMK Kunststoffverarbeitende Maschine zum Herstel-len von faserbeladenen,

10/828,830 74496

74583-01/DE PT DE F. KMK Spritzgießvorrichtung mit Zwischenspeicher DE 10216754.0-16 DE 10216754 74583 74583-CA PT CA F. KMK Spritzgießvorrichtung mit Zwischenspeicher 2,425,454 74583 74583-EP PT EP F. KMK Spritzgießvorrichtung mit Zwischenspeicher EP 03008626.8 1354688 74583 74583-US PT US F. KMK Spritzgießvorrichtung mit Zwischenspeicher 10/413,461 74583 74598-01/DE PT DE F. KMK Regelung für einen Spritzgieß-Compounder DE 10163409.9-51 DE 10163409 74598 74598-CA PT CA F. KMK Regelung für einen Spritzgieß-Compounder 2,414,437 74598 74598-EP PT EP F. KMK Regelung für einen Spritzgiess-Compounder EP 02027335.5 1321273 74598 74598-US PT US F. KMK Regelung für einen Spritzgieß-Compounder 10/320,275 20030116876 74598 74650-01/DE PT DE G. KMK Vorrichtung und Verfahren zum Herstellen von

geschäumten Kunststoffa DE 10230331.2-09 74650

74989-DE PT DE G. KMK Schneckenelement DE 10149765.2-09 DE 10149765 74989 74989-WOCA PT CA F. KMK Kämmelement mit von der Evolventenfläche zu-

rückspringender Oberfläch 2,462,480 74989

74989-WOCN PT CN F. KMK Kämmelement mit von der Evolventenfläche zu-rückspringender Oberfläch

02819373.3 74989

74989-WOEP PT EP F. KMK Kämmelement mit von der Evolventenfläche zu-rückspringender Oberfläch

EP 02800571.8-2307

1451002 74989

74989-WOUS PT US F. KMK Kämmelement mit von der Evolventenfläche zu-rückspringender Oberfläch

10/801,485 74989

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5. Zusammenarbeit mit dem IKT

KM übernahm in dieser Zusammenarbeit die konstruktiven Lösungen, die Umsetzung in die Praxis, die Erprobung und die Entwicklung einer geeigneten Steuerung für die Übertragung in eine produktions-taugliche Maschinenbaureihe.

Das IKT sollte die verfahrenstechnischen und stofforientierten Teilziele entwickeln, d.h. Erprobung und Umsetzung reaktiver Kunststoffaufbereitungsprozesse, sowie die Charakterisierung der dabei generier-ten Polymerwerkstoffe und der daraus erzeugten Kunststoff-Formteilen. Folgende Problemkreise wur-den dabei untersucht:

• Generierung von Langfasercomposites durch Direkteinzug und Inkorporierung von Naturfasern (Flachs, Hanf, Kenaf) in Polyolefine und technische Kunststoffe, sowie deren Ausformung zu groß-flächigen, technischen Bauteilen.

• Leitfähigmachen von Hochleistungskunststoffen durch Direktinkorporierung von Hochleitfähigkeits-ruß, Graphitpulver und Kohlenstoffkurzschnittfasern sowie Spritzgießen von Bipolarplatten für Di-rektmethanolbrennstoffzellen aus derartigen Formulierungen als Einstufenprozess.

• Erzeugen von PP/PA 6.6-Blends mit cokontinuierlicher Phasenstruktur und deren Ausformung zu technischen Formteilen mit verbesserten mechanisch/thermischen Eigenschaftsprofielen.

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II. Eingehende Darstellung der Arbeitsergebnisse

1. Erzielte Ergebnisse - Maschinentechnik

1.1. Doppelkolbensystem

Bei der Entwicklung eines preisgünstigen Maschinensystems für die Serienfertigung wurde zunächst auf dem vorhandenen Maschinenkonzept des Prototypen aufgebaut. Diese Maschine sollte zunächst für die Herstellung von Teilen im Bereich Gartenmöbel eingesetzt werden. Rezepturen für diese An-wendungen sahen im Jahr 1998 wie folgt aus:

• PP 1 57 % • PP 2 25 % • Kreide 15 % • Farb MB 3 %

Da bei dieser Anwendung von häufigen Farbwechseln ausgegangen wurde, hat man ein Maschinen-konzept nach dem Prinzip "first in – first out" entwickelt Mit diesem System sollten schnelle Farbwechsel durchgeführt werden können.

Bei der Erprobung zeigten sich jedoch diverse Mängel. Vor allen Dingen in den Rückstromsperren, den Rückschlagventilen und in den Verteilelementen bei der Schmelzezuführung in die Einspritzkolben blieb bei einem Farbwechsel Material haften und konnte erst nach 60 bis 80 Spritzzyklen herausgespült wer-den. Wegen der engen Spalte und der langen Fließwege ergab sich ein Druckverlust von 80 bis 120 bar, der von der gleichsinnig drehenden Doppelschnecke aufgebracht werden musste. Systembedingt führte das zu einer erhöhten Produktbelastung durch Scherung. Im nachstehenden Bild ist die ur-sprüngliche Ausführungsform dieser Maschine zu ersehen.

Zu diesen negativen Merkmalen kam noch der Umstand, dass die neu entwickelten PP – Typen für den Gartenmöbelmarkt eine ausreichende Eigensteifigkeit besaßen, so das auf das Einarbeiten von Kreide verzichtet werden konnte. Der Einsatz eines Spritzgießcompounders für diese Anwendung war somit überflüssig.

Ursprüngliches Konzept

Vom Markt kamen jedoch Impulse in Richtung "Langglasfaser verstärkte Produkte". Wegen des hohen Druckverlustes in den Schmelzekanälen musste die Maschine für diese Anwendung umkonstruiert und umgebaut werden. Zur Reduzierung der Druckverluste in der Schmelzeleitung wurde die Schmelzezu-führung an die Spitze des Einspritzkolbens gelegt und gleichzeitig im Durchmesser vergrößert. Die Um-lenkungen wurden "kunststoffgerecht" mit großen Radien ausgeführt. Durch die Zugabe "von vorne" wurde zwar das Prinzip "first in – first out" aufgegeben, jedoch konnten jetzt die Rückstromsperren ent-fallen. Außerdem wurden die Kugelrückschlagventile durch aktiv betätigte Drehbolzenverschlüsse er-setzt. Letztendlich wurde durch diese Maßnahmen die Spülwirkung wesentlich verbessert bei einem deutlich reduziertem Druckverlust in der Schmelzeleitung. In den beiden folgenden Skizzen ist der Um-bau dargestellt.

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben II Seite 7

Alt

Neu

In diese geänderte Ausführung wird diese Maschine für die Entwicklung neuer Materialien und für Grundsatzversuche bis heute betrieben.

Einige negative Punkte blieben aber nach wie vor bestehen. Durch die beiden parallel angeordneten Einspritzkolben, über die abwechselnd eingespritzt wurde, ergaben sich große Schwierigkeiten auf Grund von Fertigungstolleranzen das Schussgewicht konstant zu halten. Eine weitere Problemstelle hinsichtlich kurzer Reinigungszeiten war der Heißkanal, über den die beiden Kolben zentral in der Plat-tenmitte einspritzen. Dazu kamen noch die höheren Kosten für diese Variante.

1.2. Einspritzkolben + Speicherkolben

Bei der Suche nach besseren, einfacheren Lösungen wurde dann ein System entwickelt, bei dem nur die Materialmenge zwischengespeichert werden musste, die von dem kontinuierlich arbeitendem Sys-tem während des Einspritzvorgangs und während der Nachdrückphase produziert wurde. Die kontinu-ierliche Arbeitsweise mit gravimetrischen Dosiersystemen war wegen der Rezepturkonstanz und der gleichbleibenden Materialqualität zu keiner Zeit in Frage gestellt.

Bei diesem Maschinenkonzept wird vor dem Einspritzvorgang über einen Schiebebolzen der Dop-pelschneckenextruder und der Schmelzespeicher von dem Hochdruckbereich abgekoppelt. Der Extru-der fördert in den Zwischenspeiche. Der Druck am Austritt des Extruders wird vorgewählt, abhängig vom Produkt und vom Verfahren und wird über eine aktive Regelung der Hydraulik des Speicherkol-bens konstant gehalten. Bei "Nachdruck Ende" wird der Schiebebolzen wieder betätigt und das Material aus dem Zwischenspeicher und dem Extruder wird gemeinsam in den Einspritzkolben gefördert. Der Speicherkolben fährt dabei immer in die unterste Endlage und wird somit in jedem Zyklus komplett ent-leert. Damit ist sichergestellt, dass kein Material unkontrolliert lange im Speicherkolben verbleibt. Das

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System ermittelt selbstständig anhand der Zykluszeiten in welcher Zeit entleert werden muß. Während des Entleervorgangs sorgt die Hydraulik des Einspritzkolbens für einen konstanten Schmelzedruck und somit für eine gleichbleibende Produktqualität und eine konstante Schmelzetemperatur. Die Arbeitswei-se ist aus der nachstehenden Darstellung ersichtlich.

Alle weiteren Maschinen wurden nach diesem Konzept ausgeführt.

1.3. Steuerung

Bei der Entwicklung der Steuerung wurde allergrößten Wert auf ein einfaches Bedienkonzept gelegt. Grundlage ist die Krauss-Maffei MC4 -, bzw. C4 – Steuerung. Lediglich zwei neue "Bedienseiten" wur-den eingeführt, für die Temperaturregelung des Extruders und für die Einstellung der Dosierung. Aus Gründen des Komforts wurden 2 Displays gewählt. Damit können auf dem einen die Funktionen der Schließe eingegeben werden, während auf dem anderen Extruder und Dosierung angezeigt werden können (siehe Bild).

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Abschlussbericht „Spritzgießcompounder“ Teilvorhaben II Seite 9

Die Eingabe für die einzelnen Komponenten erfolgt in %. Die Dosiergeräte arbeiten nach dem soge-nannten "master – slave" Prinzip. Ein Dosiergerät, in den meisten Fällen die Dosierung für die Haupt-komponente wird als "Master" festgelegt und alle anderen Komponenten folgen bei Durchsatzänderun-gen dieser Wage in dem vorgegebenen Verhältnis. Die Regelung der Gesamtmenge erfolgt automa-tisch durch die Abfrage der Position des Einspritzkolbens, sobald die Schließe bereit für den Einspritz-vorgang ist. Sollte der Kolben noch nicht in Einspritstellung sein, wird um einen festgelegten Betrag der Durchsatz nach und nach gesteigert, bis letztendlich der Einspritzkolben ca. 1,5 Sekunden vorher in Einspritzstellung ist. Für den Bediener bedeutet das letztendlich, bei Änderungen der Zykluszeit durch Optimierung der Kühlung oder der Roboterentnahme, passt sich das System automatisch der neuen Si-tuation an, ohne dass der Bediener zusätzliche Einstellungen vornehmen muss.

Für die Schulung des Bedienpersonals war es notwendig, eine einheitliche Bedienmaske zu erstellen. Andererseits sollten auch problemlos Dosieranlagen unterschiedlicher Lieferanten eingesetzt werden können, um hier problemlos auf Kundenwünsche eingehen zu können. Über eine Schnittstelle wurden daher die Steuerungen der einzelnen Lieferanten eingebunden und arbeiten sozusagen im Hintergrund.

Durch die permanente Erfassung aller qualitätsrelevanten Parameter, wie Dosiermenge der Einzelkom-ponenten, Extrudertemperatur, Schneckendrehzahl, Schmelzedruck usw., die Parameter der "norma-len" Spritzbedingungen werden selbstverständlich ebenfalls erfasst, kann für jedes gefertigten Teil ein Qualitätsnachweis geführt werden. Dies gibt dem Betreiber einer solchen Anlage die Möglichkeit, bei einem einmal abgenommenen Prozess, den Nachweis über Rezepturkonstanz und über die Einhaltung aller qualitätsrelevanten Parameter zu führen und sich somit gegenüber dem Endabnehmer abzusi-chern.

1.4. Dosierung von Endlosfasern

Die Herstellung von Langglasfaser verstärkten Bauteilen zählt momentan zu den wichtigsten Einsatz-gebieten. Auch hier besteht die Forderung die geforderten Rezepturbestandteile exakt einzuhalten und zu dokumentieren. Zusammen mit den Dosiergeräteherstellern wurde dazu ein System entwickelt, bei dem beispielsweise eine komplette Palette mit Glasrovings auf eine Plattformwaage gestellt wird und der Gewichtsverlust pro Zeiteinheit gemessen wird. Dieses Verfahren war schon zu Beginn der 70er Jahre bekannt, ohne dass hierfür eine automatische Regelung entwickelt wurde. Dies ist so zu erklären, dass zunehmend anstelle der Endlosfasern Schnittglas verarbeitet wurde, dass dosiertechnisch wie ein Füllstoff behandelt wird und keinerlei Probleme bereitet.

Im vorliegenden Fall musste also eine Methode entwickelt werden, dass bei Zykluszeitänderungen au-tomatisch die entsprechenden Durchsatzänderungen eingeleitet werden. Da die Einzugsgeschwindig-keit der Stränge im wesentlichen von der Schneckendrehzahl abhängig ist, wurde die Plattformwaage als "Master" definiert und die Schneckendrehzahl des Extruders mit der Dosierung gekoppelt. Auf diese Weise bleibt die einfache Bedienbarkeit der Anlage erhalten. Im Vorfeld wurde das Einzugsverhalten von Glasfaserrovings untersucht. Es konnte keine Linearität beispielsweise bei z.b. 6 oder 12 Rovings festgestellt werden. Auch bei halber und doppelter Schneckendrehzahl zeigte keine Linearität beim Glasfasereinzug. Viskositätsschwankungen durch die Verarbeitung eines anderen Polymers oder durch andere Schmelzetemperaturen ergaben genau so ein anderes Einzugsverhalten wie eine andere Glas-type. Die einzige Möglichkeit einen konstanten Glasgehalt garantieren zu können, war die permanente Erfassung der verarbeiteten Glasmenge. Der Verarbeiter ist jetzt problemlos in der Lage einen Glasan-teil von maximal +/- 2 % im Bauteil zu garantieren. Für den ununterbrochenen 4 – Schicht Betrieb wer-den die Anlagen mit zwei Plattformwagen ausgestattet. Beide Waagen werden zunächst mit je einer Pa-lette bestückt und die Enden der einen Palette mit den Faserenden der anderen Palette verknotet. Die Anzahl der gleichzeitig benutzten Fasern kann bei der Glasbestellung angegeben werden, so dass die Rovings auf der Palette schon entsprechend verbunden sind. Beide Waagen werden jetzt eingeschaltet. Ist nach mehreren Stunden die erste Palette komplett entleert, wird diese Waage außer Funktion ge-setzt, die Palette gewechselt und die Stränge wieder mit den Faserenden der alten Palette verbunden. Ein Stopp für einen Palettenwechsel ist somit nicht notwendig.

Darüber hinaus werden noch alle Stränge einzeln über jeweils einen Sensor überwacht. Dieser Sensor spricht an, sobald einer der Stränge nicht mehr im Sensor vorhanden ist, bzw. sich nicht mehr bewegt. In einem solchen Fall, beispielsweise bei einem Strangabriss, wird sofort der Polymeranteil um den ent-sprechenden Betrag reduziert, bei 6 Rovings um ein Sechstel, bei 12 Rovings um ein Zwölftel. Die Ma-schine fährt nach ein paar Zyklen dann wieder auf den über die Zykluszeit geforderten Durchsatz, aller-dings mit erhöhter Schneckendrehzahl. Die Störung bleibt für den Bediener jedoch in seinem Display angezeigt. Sollte die gleiche Störung wiederholt auftreten, so läuft der gleiche Vorgang erneut ab, bis

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die zuvor definierte, maximal zulässige Schneckendrehzahl erreicht ist. Die Maschine produziert dann weiter, allerdings mit entsprechend längerer Zykluszeit.

In der Zwischenzeit ist eine komplette Baureihe entwickelt worden und für den allgemeinen Verkauf freigegeben. Die verschiedenen Schließengrößen können jeweils mit einem sogenannten A -, B – oder C – Kolben kombiniert werden. Dies ist in ähnlicher Form auch bei den Standardmaschinen mit den so-genannten A -, B – oder C – Schnecken möglich, um sich hinsichtlich Spritzvolumen und Spritzdruck an die jeweiligen Anforderungen anpassen zu können. Aus nachstehender Tabelle sind die zur Zeit mögli-chen Maschinenausführungen aufgelistet.

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Über die gesamte Baureihe gibt es eine mehrseitige, gedruckte Broschüre und ein mehrseitiges Pros-pekt mit den wichtigsten technischen Daten und Abmessungen.

2. Erzielte Ergebnisse – Verfahrenstechnik Von Beginn an bestanden große Vorbehalte, sich als Spritzgießer mit der Produktaufbereitung zu be-schäftigen. Zum einen ist dafür sicherlich das fehlende Wissen über die Rezepturbestandteile, wie auch die Scheu, Produktverantwortung und damit irgendwelche Garantien übernehmen zu müssen, verant-wortlich. Lediglich Kunden, die über eigene Compoundiererfahrung verfügen, machen hier eine Aus-nahme. Hier sind insbesondere die Kunden zu nennen, die ähnliche Bauteile aus PP mit 20 – 40 % Langglasfasern verstärkt, mittels Pressen herstellen. Die Aufbereitung der Massen, mit denen die Pres-sen beschickt werden, erfolgt üblicherweise auf gleichsinnig drehenden Doppelschneckenextrudern, ausgehend von den einzelnen Rezepturbestandteilen. Für diese Kunden besteht der Unterschied in den beiden Maschinensystemen lediglich in der Formgebung, somit im Spritzgießen. So ist auch zu erklä-ren, dass die ersten Kunden, die diese neue Technologie für die Herstellung von Serienteilen einsetzen, bisher, zumindest teilweise, mit Pressen produziert haben.

2.1. PP – Langglasfaser verstärkt

Ein großes Problem bestand zunächst darin, dass keine Materialkennwerte von Bauteilen vorhanden waren, die in dieser Technik hergestellt waren. Zunächst war man davon ausgegangen, nach einer ge-wissen Anzahl von Versuchen soviel an Erfahrung gesammelt zu haben, um so zumindest eine Rang-folge der verwendeten Produkte aufbauen zu können.

Es zeigte sich jedoch, dass eine Vielzahl von Einflussgrößen die mechanischen Kennwerte erheblich beeinflussen. Hier können genannt werden:

• PP – Lieferfirma, • Homo – oder Copolymer, • Durchsatz, • GF – Gehalt, • MFI, • Schmelzetemperatur, • Werkzeug, • GF – Lieferfirma, • Tex – Zahl • Schnittglas, verschiedene Längen • Schneckendrehzahl, • Schneckenkonfiguration, • Einspritzbedingungen, • Natur – oder eingefärbt, • Mit oder ohne Hitzestabilisator, • Typ und Menge des Haftvermittlers

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Das deprimierende Resultat war eine Flut von Daten und Ergebnissen, aber keine Möglichkeit aus die-sen Informationen gesicherte Rückschlüsse auf Rohstoffe oder Verfahrensparameter zu ziehen.

Die Firma DOW erklärte sich bereit, das notwendige Material für die Versuche zu stellen und – was noch wichtiger war – die Ausprüfung der hergestellten Proben vorzunehmen. Alle Proben wurden mit dem gleichen Werkzeug hergestellt, immer an der gleichen Stelle des Probeteils (Frontend carrier für den VW Touareg) entnommen. Es wurde auch sichergestellt, dass jeweils nur ein Parameter geändert wurde. Insgesamt wurden mehrere hundert Probekörper hergestellt und ausgewertet. Die Ergebnisse sind in einer separat beigefügten PowerPoint – Präsentation und als PDF – Datei beigefügt.

Die ermittelten Resultate konnten jetzt verwendet werden um Empfehlungen hinsichtlich Rezepturen und Produktauswahl an unsere Kunden weiter zu geben.

Ähnliche Versuche, wenn auch nicht mehr in dieser Breite, wurden auch mit der Firma Borealis, Herstel-ler von PP und mit den Lieferfirmen für Glasfaser, Owens Corning, Vetrotex und PPG durchgeführt.

Inzwischen hat KM soviel Erfahrungen auf dem Sektor "glasfaserverstärktes PP" gesammelt, dass kon-krete Hilfestellung bei der Auswahl von PP, GF und Additiven gegeben werden kann. Unterstützt wird diese Situation noch dadurch, dass die viele PP – Hersteller in erster Linie PP und nicht unbedingt ein fertiges Compound verkaufen wollen und daher bereit sind, Know how und gegebenenfalls Garantien für ihr PP bei einer Verarbeitung auf einem KM – Spritzgießcompounder zu übernehmen.

2.2. PA – Langglasfaser verstärkt

Auch mit diesem Material wurde untersucht, welche Eigenschaften ein Langglasfaser verstärktes Bau-teil gegenüber einem aus normalen Kurzfasercompound hergestelltem aufweist. Diese Untersuchungen wurden zunächst mit der BASF und Owens Corning durchgeführt. Die Problematik bestand zunächst darin, für PA geeignete Endlosfasern zu bekommen. Diese Fasern sind nicht oder nicht mehr als Ro-vings auf dem Markt, bzw. mit den angebotenen Fasern konnten aufgrund ihrer Produkteigenschaften keine nennenswerten Verbesserungen erzielt werden. Zunächst wurden von OCF entsprechende Fa-sern hergestellt und auf dem IMC ebenfalls zu Bauteilen (ebenfalls Frontend carrier für VW Touareg) verarbeitet. Die ersten Vorversuche wurden dabei allerdings, wie übrigens bei fast allen Materialien, auf dem KM 420 IMC, unserem ersten Prototypen durchgeführt.

Die Ergebnisse sind durchweg positiv. Das wurde auch inzwischen durch weitere Versuche mit PA der Firmen Bayer, Rhodia und DSM bestätigt. Darüber hinaus wurde dies auch mit speziell für PA geeigne-te Rovings von Vetrotex und PPG bestätigt. Das Inline - Compoundierverfahren wird von den Glasfa-serherstellern als so interessant angesehen, daß von allen Zusagen vorliegen, bei Bedarf die Produkti-on dieser Rovings wieder auf zu nehmen.

2.3. ABS -, ABS/PBT -, PBT/PC – und ABS/PC – Blends , langglasfaserverstärkt

Es gibt im Automobilbereich noch eine große Gruppe von Bauteilen, die noch immer aus Metall herge-stellt und lackiert werden, sichtbare Außenteile. Eine Variante zur Lösung des Problems ist es, einge-färbte Hartfolien zu verwenden, die eine Lackierung überflüssig machen. Wegen der erforderlichen, erstklassigen Oberflächeneigenschaften (Optik, Kratzfestigkeit) kommen dafür z.z. nur Mehrschichtfo-lien auf Basis PC in Frage. Diese Folien müssen zur Erzielung der notwendigen mechanischen Festig-keit mit diesen Blends hinterspritzt werden. Andere, preiswertere Materialien gehen zumindest momen-tan noch keine Verbindung mit der Folie ein und können daher nicht eingesetzt werden.

Da bei einem Unfall sichergestellt werden muß, dass der Kunststoff nicht splittert und sogenannte "Spieße" entstehen, vergleichbar mit den Bruchstücken einer zersplitterten Fensterscheibe, muß dieser Polymerblend zwingend mit Langglasfasen verstärkt werden. Mit Kurzfasern ist dieses Problem nicht zu beherrschen. Zur Zeit gibt es kein langglasfaserverstärktes "Stäbchengranulat" auf Basis einer dieser Polymerblends. Versuche mit diesen Produkten, bzw. mit dieser Aufgabenstellung können daher mo-mentan ausschließlich bei KM im Technikum durchgeführt werden. Bisher wurden im Technikum Ver-suche für VW, Montaplast, Decoma und BASF durchgeführt. Auf der K 01 hatte KM dieses Verfahren, hinterspritzen einer vorgeformten Hartfolie für einen Kofferraumdeckel mit Langglasfaser verstärktem ABS mit allen dazu notwendigen Einrichtungen (Reinraumbedingungen, Produktzuführung der Hartfolie über Magazine, Einlegen der Hartfolie, Reinigung der Folien und des Werkzeuges mit ionisierter Luft und Entnahme des fertigen Teiles durch den Roboter) gezeigt.

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2.4. PP + Füllstoff

Auch für diese Produktgruppe wurden Versuche auf dem Spritzgießcompounder durchgeführt. Für KM ist dabei die Herstellung von Stoßfängern von besonderem Interesse, die Stückzahlen sind hoch und das Schussgewicht liegt je nach Marke und Fahrzeugtyp bei durchschnittlich 5 – 7 kg. Diese Anwen-

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dung wurde auf dem "Compounderforum" bei KM am 20. und 21.6.2002 gezeigt. Das Werkzeug, Stoß-fänger für einen 3er BMW, wurde uns freundlicherweise von BMW zur Verfügung gestellt. BOREALIS stellte die Ausgangsmaterialien zur Verfügung und übernahm selbstverständlich auch die Auswertung der Versuchsproben. Die Ergebnisse sind in dem beigefügten, wegen der Rezeptur vertraulichem Me-mo (nicht für die Veröffentlichung freigegeben!) zusammengefasst. In allen Punkten entsprachen die auf dem Spritzgießcompounder hergestellten Bauteile den Bauteilen, die auf Standardmaschinen aus dem Originalcompound der Fa. BOREALIS hergestellt wurden.

Für die Vermarktung ergibt sich jedoch ein Problem. Keiner der Rohstoffhersteller, die diese Com-pounds anbieten ist momentan bereit, die entsprechenden Rezepturen zur Verfügung zu stellen. Aller-dings gibt es einige Automobilzulieferfirmen, die Stoßfänger aus eigenem Compound fertigen. Zusam-men mit der Firma REHAU wurden ebenfalls Stoßfänger für BMW hergestellt. Die Auswertung dieser Bauteile bestätigten die Resultate der Fa. BOREALIS. Es konnte kein Unterschied zu den Stoßfängern festgestellt werden, die aus vorcompoundiertem Material gefertigt wurden. Der große Vorteil, außer der immer gegebenen Einsparung eines Plastifiziervorgangs und den damit verbundenen Anlagen -, Perso-nal – und Energiekosten, besteht darin, daß der Hersteller dieser Teile durch geringfügige Modifikation, beispielsweise des Füllstoffgehaltes, unvermeidbare Schwankungen in den Polymeren sofort ausglei-chen kann. In der Praxis führen diese Schwankungen dazu, dass ganze Partien fertigen Compounds nicht verarbeitet werden können. Der Verzug oder eine andere Produkteigenschaft entspricht nicht den geforderten Werten. Diese Materialpartien müssen dann mit erheblichem Aufwand "nachgestellt" wer-den.

Außer dieser Anwendung wurden auf Basis PP großflächige, flexible Teile für den PKW – Innenraum zur Geräuschdämmung hergestellt. Dazu wird PP und EPDM oder EPR in der Doppelschnecke unter Zugabe von Weichmacherölen gemischt. Der Füllstoff, Bariumsulfat, wird über eine Seitendosierung in die Schmelze dosiert. Der Füllstoffanteil beträgt ca. 75 – 80 %.

2.5. PP + Holz

Bei diesen Anwendungen zeigt sich besonders, wie wenig die Betreiber von Spritzgießbetrieben bereit sind in die Rezepturentwicklung einzusteigen. Es scheint ein großer Markt im Bereich Paletten und Mö-belindustrie vorhanden zu sein. Auch in den USA gibt es einen Markt für "wood like" - Pfosten; - Bretter, - Verkleidungen für Veranden und dergleichen. Das Problem ist bei dem bisher erforderlichen 2-Stufen Prozess die thermische Beanspruchung des Holzes beim erneuten Plastifizieren des Holzcompounds. Bei dem Einstufenverfahren ist diese Belastung deutlich geringer, die Prozessführung ist einfacher. Da hier jedoch nicht auf vorhandene Rezepturen zurückgegriffen werden kann, sind Entwicklungsversuche notwendig.

Hintergrund für diese Versuche ist der wachsende Markt an Kunststoffpaletten. Zur Zeit sind in Europa ca. 100 Mio. Paletten im Umlauf. Davon sind lediglich 4 % aus Kunststoff. Das Gewicht dieser Paletten beträgt je nach Ausführung ca. 12 – 42 kg. Das führt zu einer benötigten Plastifizierleistung von bis zu 2000 kg/h. Gelingt es beispielsweise lediglich 25 % des Kunststoffs durch Holz zu ersetzen ergibt sich ein Kostenvorteil von 0,6 – 0,8 €/kg. Die ersten Grundsatzversuche wurden dann im Rahmen einer Dip-lomarbeit durchgeführt. Es wurde immer mit Holz der Fa. Rettenmaier, LIGNOCEL P Super, gefahren. Damit wurde ausgeschlossen, dass schwankende Festigkeitswerte nicht möglicherweise durch unter-schiedliche Holzqualitäten hervorgerufen werden. Das Holz wurde nicht vorgetrocknet, um spätere Kos-ten einer solchen Anlage nicht zu erhöhen. Es wurde PP mit MFI von 4 – 25 verarbeitet und Holzgehal-te von 10 – 50 %. Die ermittelten Werte sind zumindest bei der Schlagzähigkeit noch deutlich zu gering. Schon bei einem Holgehalt von 10 % fällt dieser Wert um 50 – 70 % ab. Die Detailergebnisse können der beigefügten Diplomarbeit, FH Darmstadt, von Herrn Mike Seybel entnommen werden.

Diese Arbeit ist vertraulich und nicht für eine Veröffentlichung freigegeben!

2.6. PP + Eisenoxid

Es sollte eine Rezeptur entwickelt werden mit einer Dichte von mindestens 3 kg/l. Aus diesem Material sollen Gegengewichte für Waschmaschinen gefertigt werden. Zur Zeit werden diese Gewichte bei teu-ren Maschinen aus Guss, bei preiswerteren Maschinen aus Zement gefertigt. Diese Zementgewichte sind für Schleuderdrehzahlen oberhalb 1400 1/min wegen fehlender Festigkeit nicht geeignet. Es wur-den verschiedene Füllstoffe getestet, bis schließlich ein Eisenoxid der Firma MINELCO mit der Be-

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zeichnung "Magnetit" eingesetzt wurde. Bei einem Anteil von >83 % wurde die geforderte Dichte von 3 erreicht, bei einer noch ausreichenden mechanischen Festigkeit des Bauteils. Dieses Bauteil kann nur in diesem Einstufenverfahren hergestellt werden. Die Herstellung von Granulat und ein erneutes Auf-schmelzen dieser hochgefüllten Mischung scheidet aus Verschleißgründen aus.

2.7. PP + Naturfaser (IKT)

Siehe Abschlussbericht IKT

2.8. PP/PA Systeme (IKT)

Siehe Abschlussbericht IKT

2.9. PET - Rezyklat

Durch den zunehmenden Ersatz von Glasflaschen durch PET – Flaschen besteht ein wachsender Markt für den Einsatz dieser Materialien. Die Flaschen werden geschreddert, das Material gewaschen und getrocknet und kommt dann wieder als "Flakes" auf den Markt. Der Einsatz im Lebensmittelbereich ist aus Gründen der Hygiene nicht oder nur sehr begrenzt möglich. Auf einer Standardspritgießmaschi-ne mit einer Einschneckenplastifizierung kann das Material wegen des schlechten Produkteinzugs nicht verarbeitet werden. Daher wird das Material "umgranuliert", man macht wieder richtiges Granulat aus den Flakes. Dazu muß das Material ca. 6 – 8 Stunden vorgetrocknet werden, um einen hydrolytischen Abbau zu verhindern. Der Trockner muß gerührt sein, da diese Flakes bei der Kristallisation verkleben. Bei der Verarbeitung im Spritzgussbetrieb ist dann eine erneute Trocknung notwendig, da das Material durch die Wasseraufnahme beim Granuliervorgang und aus der Umgebungsluft erneut getrocknet wer-den muss. Der Trocknungsprozess ist energieintensiv und der notwendige Schritt das Produkt in eine handhabbare Granulatform überzuführen, verteuern das Rezyklat erheblich. Dazu kommt noch die ge-ringe Schlagzähigkeit, die den direkten Einsatz für Paletten, Flaschenkästen, Behälter oder dergleichen verhindert.

Es wurden daher Versuche durchgeführt mit dem Ziel die Schlagzähigkeitswerte soweit zu verbessern, dass ein Niveau erreicht wird, wie bei den sonst verwendeten HDPE – oder PP – Materialien. Wegen der nicht vorhandenen Vakuumeinrichtungen wurde daher zunächst mit vorgetrocknetem Material be-gonnen. Durch die Zugabe von einem anderen Polymer in Verbindung mit einem "Schlagzähmacher" konnten bei bis zu 85 % PET Schlagzähigkeitswerte erzielt werden, die einem reinen HDPE – Refe-renzmaterial entsprachen.

In weiteren Versuchsreihen wurde dann das PET ungetrocknet verarbeitet. Dazu wurde leihweise eine Vakuumpumpe beschafft mit der an den Entgasungsöffnungen des Extruders ein Vakuum von <5 mbar erzeugt werden konnte. Die Ergebnisse sind augenscheinlich gut, allerdings sind diese Versuche noch nicht ganz abgeschlossen und ausgewertet.

Zusätzlich zu der Modifikation der Schlagzähigkeit und der Verarbeitung von ungetrocknetem PET wur-de das PET noch mit 30 % Langglasfaser verstärkt. Auch hier fehlt noch die Auswertung der Proben. Bei positiven Ergebnissen könnten sich Einsatzmöglichkeiten im Automobilbereich ergeben. In erster Linie sind das Einsatzgebiete im Motorraum, für die Dauertemperaturen von bis zu 150 °C spezifiziert wurden und somit nicht mehr von PP, sondern nur noch von PA oder eben PET abgedeckt werden können.

Folgende Informationen sind aus patentrechtlichen vertraulich und nicht freigegeben!

2.10. Nahrungsmittelbereich

Auf Basis von Stärke und weiterer Flüssigkomponenten wurde sehr erfolgreich ein Produkt für den Tier-futterbereich hergestellt. Zumindest wurde inzwischen eine Anlage für dieses Einsatzgebiet verkauft mit der Option auf weitere Maschinen.

Bei der obigen Zusammenstellung der Aktivitäten und Möglichkeiten kann auf einige Details nicht ein-gegangen werden. Wettbewerber könnten diese Informationen nutzen, ohne selbst in diese Entwicklun-gen investiert zu haben.

Die verschiedenen Themen zeigen jedoch deutlich, welche vielfältigen Möglichkeiten das Maschinen-system bietet. In fast allen Fällen wird eine bessere Produktqualität erzielt, verglichen mit dem Zweistu-

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fenverfahren. Einige Produkte können auch nur mit diesem System hergestellt werden und in allen Fäl-len wird eine erhebliche Menge an Energie, bei Kunststoffen mindestens 0,17 – 0,23 KW/kg einspart.

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Vertraulich !

3. MEMO

To

Krauss-Maffei

Hrn. Zimmet, Hrn. Sieverding

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F.Zängerl, R.Wölfer

From Robert Gubo

Date 02.10.2002

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Subject Trial and Testing program BMW Bumper with Krauss-Maffei In-line Compounding tech-nology ILC

Purpose: Evaluation of Krauss-Maffei ILC technology for mineral filled PP Compounds. For this trial a typical bumper grade VB4411 has been selected. The goal was to compare MB concept combined with ILC technology with a ready compounded PP grade. To get a reference point we had to mould VB4411 under the same conditions, means with the ILC technology, which represents of course not the real-life situation.

1. Application: BMW bumper 3-series

2. Materials:

VB 4411 KM – black (413 000 1004

MB 1 / 413 000 1005

MB 2 / 413 000 1006

EE040AE

Talc A7 from Lucenac provided by KM

MB Black: Plasblack PE4103 - 9518

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3. Moulding trials

Trials made at Compounder Forum on 20.-21.June 02 at Krauss-Maffei in Munich.

Sample 1: VB4411 KM black

Sample 2: EE040AE + 10% MB1 + 8% Talc + 1,5% MB black

Sample 3: EE040AE + 20% MB2 (MB black has been forgotten to add)

4. Testing program:

4.1. Testbars taken from bumper part

cg..close to gating point fg…far from gating point

4.2. Tests carried out Flexural test , ISO 178 on testbar 80x10 mm Charpy V-notched at +23°C, ISO 179/1eA on testbar 80x10 mm Charpy V-notched at -20°C, ISO 179/1eA on testbar 80x10 mm Falling dart drop test v = 4,4 m/sec at –20°C on t estbar Ø60 mm

5 pieces taken cg and fg for each sample

Falling dart drop test fg

Flexural test fg

Charpy test fg

Falling dart drop test cg

Charpy test cg

Flexural test cg

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4.3. Test results:

Properties Standard Units Sample 1

VB4411KM

Sample 2

MB1

Sample 3

MB2

Flexural E-Modulus ISO 178 MPa 916 890 910

Flexural strength MPa 19 19 19

Elongation % 5,6 6 6

Charpy V-notched +23°C

ISO 179/1eA

KJ/m² 57 55 56

Falling dart test

Total energy –20°C

ISO 6603-2

v=4,4 m/s

J 60 58 59

testbar thickness of sample 1-3 have been between 2,80-3,3mm

Results:

- In general no changes in the product performance if PP compounded or In-line compounded with MB and separte talc and MB with talc included.

- Very little variation in the testing exept Charpy V-notched at –20°C. - Total energy in the falling dart drop test fg higher than cg. Different results due to the thickness of

testbars. Cg it was 2,8 mm and fg it was 3,3mm thickness.

With kind regards

Robert Gubo

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4. Aktivitäten anderer Unternehmen auf diesem Gebie t

Die Firma hatte auf der K 01 in Düsseldorf ein ähnliches Maschinensystem in Verbindung mit einem Coperion WP Doppelschneckenextruder. Die Steuerung dieser Anlage entsprach in etwa dem Stand unserer Maschine von der K 98. Schließe, Extruder und Dosierung waren nicht als Einheit in ein einheit-liches Bedientableau integriert. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass dies für den Verkauf solcher Maschinen ein erheblicher Nachteil bedeutet. Die Kunden erwarten zusehen, was sie bekommen. Diese Maschine arbeitete auch ohne Zwischenspeicher und musste somit im "Start/Stopp" – Betrieb gefahren werden. Eine gravimetrische Produktzuführung ist daher nicht möglich, bzw. die Dosiergenauigkeit kann wegen der kurzen Zykluszeiten von 20 – 60 Sekunden nicht befriedigend garantiert werden.

Wegen des offensichtlichen Misserfolges Anlagen dieser Art zu verkaufen hatte Husky die weitere Ent-wicklung dieser Maschine Ende 2002/Anfang 2003 gestoppt. Wie wir jedoch aus ganz sicherer Quelle erfahren haben, wird Husky vermutlich Anfang 2005 wieder mit einem ähnlichen Maschinensystem auf den Markt kommen. In wie weit diese Maschine modifiziert sein wird, ist nicht bekannt.

Die Firma Diefenbacher liefert Maschinen, die ebenfalls die Schritte Compoundieren und Formgeben aus einer Wärme beinhalten. Für die Compoundierung wird ebenfalls ein gleichsinnig drehender Dop-pelschneckenextruder verwendet. Die Formgebung wird aber auf einer vertikalen Presse durchgeführt. Dazu wird die im Extruder aufbereitete, zu einem Band vorverformte Masse mit einem Roboter mittels Nadelgreifer eingelegt. Wie unsere Recherchen ergeben haben, sind die Zykluszeiten der Presse ge-genüber der Spritzgussmaschine noch geringfügig kürzer. Allerdings sind die Investitionen für eine neue Anlage erheblich höher als für einen vergleichbaren Spritzgießcompounder. Ein ganz erheblicher Nach-teil liegt aber darin, die Werkzeuge müssen alle als "Tauchkantenwerkzeug" ausgeführt werden. Wegen der Werkzeugkosten entfallen somit allerdings alle komplexeren Teile. Normalerweise werden großflä-chige, mehr oder weniger "zweidimensionale" Bauteile, ohne Ausschnitte auf diesen Anlagen gefertigt. Teile mit Ausschnitten und Durchbrüchen erfordern darüber hinaus weitere Nacharbeit, die mit erhebli-chen Kosten verbunden ist. Alle Ausbrüche müssen ausgestanzt oder mittels Wasserstrahlschneider herausgeschnitten werden und das ausgeschnittene Material muss zur weiteren Verarbeitung wieder eingemahlen werden. Aufgrund der Tauchkante ist in der Regel auch immer ein Entgraten des Bauteils erforderlich.

In der Tendenz sind die erzielbaren Faserlängen in diesen Teilen höher und somit ergeben sich auch höhere mechanische Festigkeitswerte. Mit der Spritzgießmaschine ist KM jedoch in der Lage einen "Spritzpräge-Prozess zu realisieren. Hierzu wird die Masse bei niedrigem Gegendruch in das sich öff-nende Werkzeug eingebracht. Der Schließvorgang wird anschließend ausgeführt. Diese Verfahrens-weise entspricht in etwa dem Pressvorgang, ergibt nachweislich höhere Festigkeitswerte und ist mit al-len oben beschriebenen Nachteilen verbunden. KM sieht keine Probleme, sich in Zukunft gegen diese Technik behaupten zu können.

5. Veröffentlichungen

• Wobbe, H.; Zimmet, R., Plastverarbeiter 52. Jahrg. (2001) Nr. 2; "Die Einsparung liegt auf der Hand"

• Fritz, H.G:; Ruch, J.; Bürkle, E.; Zimmet, R.; Kunststoffe Jahrg. 92 (2002) 2 • Zimmet, R.; Vortrag Internationale AVK-TV Tagung Baden-Baden, September 2002 • Kühlborn, D.; Zimmet, R.;Vortrag Heilbronner Kunststoffsymposium 2000 "Inline Compoundierung

in Extrusion und Spritzguß als wirtschaftliche und qualitative Alternative" • Zimmet, R.; Vortrag nova-Fachkonferenz, 1. Oktober, 2002 Hürth; "Der Spritzgießcompounder, e-

nergiesparende und produktschonende Materialaufbereitung und Formgebung von naturfaserver-stärkten Produkten"

• Zimmet, R.; Vortrag SKZ - Fachtagung "Polypropylen Innovativ", am 5. – 6. Mai 2004, Würzburg; "Direktcompoundieren und –verstärken auf der Spritzgießmaschine"

• Zimmet, R.; Vortrag BPRI Conference, Brüssel, 17. September 2002; "A new machine concept of-fers economical and qualitative advantages"

• Zimmet, R.; Vortrag Krauss-Maffei Compounder Forum, München vom 20. – 21. 6. 2002; "Com-pounder und compoundieren"

• Zimmet, R.; Vortrag Eastec 2004 Conference, 25. – 27. May 2004, Springfield, Ma, USA; "A new machine concept offers economical and qualitative advantages"

• Zimmet, R.; Vortrag "Advances in Plastics Technology APT`03", 4. – 7.November 2003, Katowice, Polen; "A new machine concept offers economical and qualitative advantages"

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• Zimmet, R.; Vortrag SPE Blue Ribbon Award 16. und 21. October 2003, Troy, Mi, USA; "IMC – a revolution for the injektion molding

• Bürkle, E.; Vortrag IKV – Compoundierseminar vom 6. 7.5.2003, Aachen; "Maßgeschneiderte Ge-nerierung von Materialeigenschaften"

• Bürkle, E.; SKZ – Fachtagung vom 23. – 24.6.2004 in Würzburg; "Neue Wege durch In-Line Com-poundierung"

• Bürkle, E.; Materialica Forum, München am 1.10.2002; "Der Spritzgießcompounder, eine neue Di-mension der Spritzgießtechnik"

• Bürkle, E.; 6. Internationale AVK-TV Tagung vom 7.-8.10.2003 in Baden-Baden; "Langfaserverar-beitung beim Spritzgießen – Granulat und Einschnecke oder Direktcompound?"

• Bürkle, E.; VDI – Symposium am 25. – 26.5.2004 in Sao Paulo, Brasilien "Plasticos reforcados com fibra, desenvolvimento futuro na transformacao de materiais plasticos"

• Sieverding, M; ANTEC 2002 am 8.5.2002 in San Francisco, USA “Injection Molding Compounders: A Revolution In Injection Molding”

• Sieverding, M; Making the most of LFTs 2002 am 15.05.02 in Brüssel, Belgien “Injection Molding Compounders: A Revolution In Injection Molding”

• Sieverding, M; Vortrag Krauss-Maffei Compounder Forum, München vom 20. – 21. 6. 2002; "IMC : Eine Revolution in der Spritzgiesstechnik"

• Sieverding, M; 3. Schwarzheider Kunststoffkolloquium am 05.09.02 in Schwarzheide “Compoun-dieren auf der Spritzgießmaschine”

• Sieverding, M; Polypropylen 2002 am 16-18.09.02 in Zürich, Schweiz “Injection Molding Compoun-ders: A Revolution In Injection Molding”

• Sieverding, M; LFT Conference Plastic Technology 11-12.12.02 in Miami,USA “IMC A direct way for long fiber Molding”

• Sieverding, M; KM Sommer Forum am 29.-30.04.03 in München „IMC: Artikelspezifische Vorteile“ • Sieverding, M; Fh München am13.05.03 in München „Direktcompoundieren auf der Spritzgiessma-

schine Vorteile und Möglichkeiten“ • Sieverding, M; KMI am14.05.03 in Iserlohn “Direktcompoundieren auf der Spritzgiessmaschine

Vorteile und Möglichkeiten“ • Sieverding, M; Making the most of LFTs 2003 am 22.05.03 in Brüssel, Belgien “Injection Molding +

Direct Compounding Process Advantages” • Sieverding, M; NPE 2003 am 25.06.03 in Chicago,USA “ IMC A Revolution In Injection Molding” • Sieverding, M; KM Symposium am 17.07.03 in Mexico City, Mexico “Compounder de moldeo por

inyección: Ventajes específicas según artículo” • Sieverding, M; Synventive Symposium am 12.09.03 in Bensheim “„Herstellung von Langlasfaser

verstärkten Bauteilen im Direktver-fahren“ • Sieverding, M; Polypropylen 2003 am 15-17.09.03 in Zürich, Schweiz “Material Preparation and In-

jection Molding with the IMC” • Sieverding, M; FH Heilbronn am 27.11.03 in Heilbronn “Rasante Entwicklung in der Spritzgieß- und

Maschinentechnik“ • Sieverding, M; SKZ am 28.11.03 in Würzburg “Compoundieren auf der Spritzgießmaschine - Neue

Möglichkeiten der Materialaufbereitung“ • Sieverding, M; ANTEC 2004 am 19.5.2004 in Chicago, USA “IMC The direct way to thermoplastic

composites” • Sieverding, M; Jahrestagung Spritzgießen VDI am 11.–12.02.04 in Baden-Baden, „IMC Eine neue

Dimension des Spritzgießens“ • Sieverding, M; KMC Open House am 24.-24.07.04 in Florence KY,USA “IMC A Revolution for the

Injection Molding Industry”

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III. Erfolgskontrollbericht

6. Beitrag der Ergebnisse zu den förderpolitischen Zielen des Förderpro-gramms

Mit der Entwicklung dieser Maschinenbaureihe und der damit möglichen einstufigen Produktaufberei-tung und Formgebung wurde ein ganz entscheidender Beitrag zum Thema "Energieeinsparung" geleis-tet. Auch wenn es nicht möglich war, im Rahmen dieses Entwicklungsvorhabens eine vollständige Öko-bilanz aufzustellen, die alle Aspekte berücksichtigt, wie beispielsweise Einsparung von Transportwegen vom Compoundierer zum Spritzgießer, Einsparung der Verpackungsmaterialien für das fertige Com-pound etc., so ist doch für jeden Fachmann sofort ersichtlich, dass durch den einstufigen Prozess ein kompletter Aufschmelzvorgang entfällt.

Für diesen Schritt muß schon rein theoretisch ein Energieverbrauch von 0,15 – 0,23 KWh/kg, abhängig vom zu verarbeitendem Kunststoff; angesetzt werden. In Der Praxis liegt dieser Wert wesentlich höher, da neben der reinen Produktenthalpie, der Energieverbrauch für Heizung, Granuliersystem, Licht, Trocknungsanlage, Klassiersystem und dergleichen dazu addiert werden muß. Einige Produkte erfor-dern zusätzlich vor der Verarbeitung eine Vortrocknung, die bei der Verarbeitung auf der Doppelschne-cke u.u. komplett, in jedem Fall ein mal entfallen kann. Auch für die Wärmeabfuhr aus der Schmelze beim Kühlen und Granulieren ist Energie für Pumpen und Kühlanlagen notwendig, so dass die tatsäch-liche Energieersparnis ca. 0,25 – 0,35 KWh/kg beträgt.

Die entwickelte Maschinenbaureihe deckt praktisch alle Größen, von der Laboranlage bis zu Produkti-onseinheiten mit einer Schließkraft von 54 000 kN und einem Schussvolumen von 90 l ab.

Das Maschinensystem ist für alle Thermoplaste (Hart – PVC nur mit Einschränkungen) einsetzbar. Ein qualitativer oder verfahrenstechnischer Nachteil gegenüber dem Zweistufenverfahren ist nicht zu er-kennen.

7. Wissenschaftliche und technische Ergebnisse des Vorhabens und gesam-melte wesentliche Erfahrungen

Ein wesentlicher Punkt bei der Verschmelzung eines kontinuierlich und eines zyklisch ablaufenden Pro-zesses war die maschinen- und steuerungstechnische Problemlösung. Die gefundene Lösung mit ei-nem Einspritzkolben und einem Speicherkolben stellt aus momentaner Sicht ein Optimum hinsichtlich der Prozesstechnik dar. Gleichzeitig bedeutet diese Lösung auch eine deutliche Reduzierung der Her-stellkosten gegenüber dem Doppelkolbensystem dar.

Durch die Verlegung der Schmelzezufuhr an die Spitze des Einspritzkolbens konnte der Druckverlust in den Schmelzeleitungen und die Spülwirkung bei Produktwechsel wesentlich verbessert werden. Durch diese Maßnahme konnte auch auf den Einsatz einer Rückstromsperre verzichtet werden. Dies erhöhte ebenfalls die Spülwirkung und verbessert die Gewichtkonstanz der Teile von Schuss zu Schuss erheb-lich.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die aktive Regelung des Schmelzedruckes durch eine aktive Hydraulik des Speicher- und des Einspritzkolbens. Auf diese Weise kann der Schmelzedruck über den gesamten Zyklus konstant gehalten werden und eine absolut gleichbleibende Schmelzequalität sicher gestellt.

8. Verwertung der Ergebnisse, Verwertungsmöglichkei ten Von dieser neuen Baureihe IMC wurden insgesamt schon 16 Maschinen verkauft. Die Firma Faurecia hat 3 Anlagen für die Fertigung von Frontend carriern für Peugeot, Citroen, Audi in Betrieb.

Die Firma Aksys hat ebenfalls 3 Maschinen für die Herstellung von ebenfalls Frontend carriern für den VW – Konzern gekauft. Die erste dieser Maschinen läuft für die Serienproduktion des neuen Golf V seit Oktober des vergangenen Jahres in Peine, die zweite wurde jetzt im August in Mexiko in Betrieb ge-nommen und die dritte Maschine wird zur Zeit montiert und wird wieder nach Peine gehen.

Für die Herstellung von flexiblen Schwerfolien wurde ebenfalls eine Maschine von der Firma Pelzer ge-kauft. Es handelt sich dabei um die 2700 t – Laboranlage aus dem KM – Technikum. Diese Maschine wird voraussichtlich im November ausgeliefert.

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Für den Tiernahrungsbereich wurde eine Anlage in die USA verkauft.

Jeweils eine 200 t – Laboranlage wurde an die Fa. NMB, Bayreuth und das IKT in Stuttgart geliefert.

Das IWM, Fraunhofer, Halle hat von KM die 1300 t Maschine aus dem Technikum für die Entwicklung von mit Holz oder Naturfaser verstärkten Produkten gekauft.

Die anderen, nicht einzeln aufgeführten Maschinen sind für diverse andere Anwendungen und für Ent-wicklungen im Einsatz.

Mit dieser Aufstellung der aktuellen Situation kann schon eine erfolgreiche Markteinführung nachgewie-sen werden. Inzwischen wurden weitere interessante Anwendungen in Versuchen realisiert. Dazu zählt der Bereich Kunststoffpaletten und hier besonders das Füllen mit Holz und die Verarbeitung von unge-trocknetem PET – Rezyklat.

Auf der K04 wird KMK als größte Maschine wieder eine Maschine des Typs KM 950-14000 MX/IMC zeigen. Auf dieser Maschine wird eine LGF – verstärktes Teil für die Automobilindustrie hergestellt.

KM hat nach dem Verkauf der beiden Labormaschinen bereits wieder eine neue Maschine für das La-bor aufgegeben. Es handelt sich dabei um eine Maschine mit einer Schließkraft von 32 000 kN mit der Typenbezeichnung KM 3200-24500 MX-IMC. Diese Maschine steht ab Februar/März 2005 wieder für weitere Versuche zur Verfügung.

Aus all diesen Aktivitäten, Installation einer neuen, noch größeren Maschine im Technikum, erneute Präsentation einer großen IMC – Anlage auf der K2004, die Vielzahl der bisherigen Vorträge und Veröf-fentlichungen durch mehrere KM – Mitarbeiter und die Tatsache von 16 verkauften Maschinen zeigen deutlich, welches Potential gesehen wird. Darüber werden über die Maschinen bei der Fa. NMB, Bay-reuth, beim IKT und bei dem IWM Fraunhofer in Halle weiter Einsatzmöglichkeiten erschlossen. Die Er-gebnisse der dort durchgeführten Entwicklungen wird wiederum veröffentlicht oder sonst in irgendeiner Form publiziert, so dass hier für eine weitere Verbreitung dieser Technik gesorgt ist.