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40. Ärztekongress Arosa März 2017
Adipositas, quo vadis?Adipositaschirurgie, mehr als Gewichtsreduktion?
Alessandro Wildisen
Viszeral - und Thoraxchirurgie LUKS Sursee
Co - Leiter Adipositaszentrum Zentralschweiz
Übersicht
➢Epidemiologie, Risikofaktoren
➢Konservative Therapie
➢Historisches
➢Adipositaschirurgie
➢Komplikationen
➢Resultate
➢Kosteneffizienz
➢Folgen
....das Problem !
➢Status Adipositas als Krankheit
➢Risiko der Stigmatisierung
➢Persönliche Verantwortung der Gesundheit
➢Verschiebung gesellschaftlicher Probleme durch chirurgische
Behandlung
Adipositas –Diskriminierung ?
➢ < 2 % der Patienten in USA erhält konserv. Therapie
➢ < 1 % der Patienten in USA erhält operat. Therapie
➢ AMA 2013: proclamation of Obesity = Disease
Finucane MM, Lancet 2011; 377
Adipositas – Diskriminierung ?
➢ Inakzeptable Wartezeit !
➢ Adequate Therapie muss erst verdient werden....!
Christou Nv, Can J Surg 2009 ; 52
Epidemiologie
(Friedrich Schiller, die Kraniche des Ibikus, 1797)
„..es steigt das
Riesenmass der
Leiber hoch über
Menschliches
hinaus..“
▪ Fettleibigen USA, Entwicklung. Studie zu Fettleibigen in USA der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC
Adipositas USA
2014BMI > 30 Kg/m2
Epidemiologie
➢ 1,5 Mia mit Übergewicht
➢ 503 Mio mit Adipositas
➢ 500‘000 Operationen / Jahr (0,1 %!)
➢ Adipositas I : Reduktion Lebenserwartung 7,1 Jahre
(Op) - Komplikationen mit metabolem Syndrom
➢ Kolonresektionen 40 vs 11 %
➢ Nierenkomplikationen 7 fach
➢ Lungenkomplikationen 2 fach
➢ Neurologische Komplikationen 2 fach
P Tzimas, Br J Anaesth, 2015, 115
Metaboles Syndrom 40 % in USA, 25 % in EU
Konservative Therapie
➢ 5 -10 % Gewichtsverlust : verzögert D.M.- Entwicklung
➢ Studien: 7 – 10 % Gewichtsverlust nur in Kombination mit
Lebensstilmassnahmen !
➢ Unter Alltagsbedingungen in der Praxis sieht es anders aus....
Yanovski SZ ,JAMA 2014 ; 311
Antiadipositas - Medikamente
➢ Wahrscheinlichkeit von 5 -10 % Gewichtsverlust
➢ Verbessern kardiovaskuläre Risikofaktoren
➢ Reduzieren aber nicht kardiovask. Morbidität und Mortalität
➢ Problem der Zulassung (off label!!)
➢ Problem der Langzeitbehandlung (NW!)
➢ Missbrauchpotential
Yanovski SZ, JAMA 2014 ; 311
Antiadipositas – Medikamente
➢ Noradrenerge (Phentermin) in den USA 4 , max. 12 Wo
Gewichtsverlust vs Placebo 3,6 kg
➢ Lipaseinhibitoren (Orlistat) max 12 Mt
Gewichtsverlust vs Placebo 3,4 kg
➢ Serotoninrez‘aktivator (Lorcaserin)
Gewichtsverlust vs Placebo 3,2 kg , pos.Effekt DM!
➢ GLP1 - Agonist (Victoza) = Inkretinmimetika 6-12 Mt
Gewichtsverlust vs Placebo 3,5 -5,8 kg, pos Effekt DM
Yanovski SZ, JAMA 2014 ; 311
„....the first duty of the internist /GP is to keep the
patient out of the hands of surgeons....“
R. Loeb, Prof of Medicine , 2005, Columbia University
Historisches
Victor Henrikson, Göteborg
Small bowel resection: iatrogener Kurzdarm(Nordisk Medizin 1952, 47:422)
.
Historisches
1967 Edward Mason 1. Magenbypass
1976 Nicola Scopinaro 1. BPD
1980 Edward Mason 1. VGB
1981 Lubomyr Kuzmak 1. Magenband
1992 Cadiere/ Favretti LAGB
1994 Wittgrove 1.Laparoskopischer Bypass
.
Banded Magenbypass (LRYGBBP)
Magenpouch
Aliment. Schenkel:1,5 – 2
m
Biliopankr. Schenkel: 0,6
m
Common Chanel: 2- 6 m
Behandlungszentren
Konservative Therapie
Ärztlich kontrolliert
Diätberatung
Physiotherapie
Psychotherapie
Interdisziplinäre Adipositassprechstunde (IASS)
(Internist, Chirurg, Psychiater, EB)
Erfolg
Abschluss
Adip‘chirurgie
Nachkontrollen
Hausarzt
Nein
Rückfall
Behandlungszentren Sursee - Luzern - Stans
Patient
ChirurgHausarzt Physiotherapiepsychologische /
psychiatrische
Begleitung
Ernährungs-
beratung
Adipositaszentrum Zentralschweiz
Internist
Komplikationen (früh postoperativ)
➢ Blutungen 1% (bis 4,4%)
➢Thrombosen, Lungenembolie < 1%
➢ Infektionen Bauchdecke < 1 %
➢ Anastomoseninsuffizienz 2 % (bis 5% )
Folgeroperationen
➢ Wenn Therapieziel nicht erreicht (< 10 BMI- E)
➢ Gewichtszunahme
➢ Lebensqualität schlecht
➢ Notfälle
➢ Komplexe Herausforderung
Hasenberg, Chirurg 85, 2014
Adipositaschirurgie
Sir Winston Churchill
„However beautiful the strategy, you
occasionally look at the results“
Fallvorstellung 1
45 J, Mann, Fahrlehrer
Z.n. lap Magenbypass 2013 bei BMI 44 kg/m2
Aktuell BMI 27 kg /m2
Problem: Patient mit Resultat sehr zufrieden, aber seine Ehefrau und Mutter
von 5 Kindern nicht....! Er sei ein anderer Mensch, kümmert sich nicht um
die Familie, schlägt die Kinder, sie streiten sich nur noch......
Wirft dem Adipositaszentrum vor ihre Ehe ruiniert zu haben , wir sollten
nun die gesamte Verantwortung dafür tragen, für alles was auf die Familie
zukommen wird. Man hätte ihren Ehemann operiert ohne ihre Zustimmung,
ohne ihn auf die Konsequenzen hinzuweisen.........
.
Fallvorstellung 2
61 J , Mann, Beamter
Z.n. lap. Magenbypass 2011 bei BMI 40 kg/m2
Aktueller BMI 28 kg / m2
Sehr zufrieden, konnte ACE-Hemmer und Statin stoppen
März 2016: Mehrere Episoden von Herzrasen, starkem Schwitzen,
drohendem Kollaps, mehrheitlich nach üppigem Essen
.
Langzeitresultate
➢ Verbesserung der Risikofaktoren
➢ Verbesserung der Lebensführung nach 5 Jahren
➢ Verbesserung der geistigen Gesundheit
➢ Verbesserung der Chance im Arbeitsmarkt
➢ Operierte treiben i.d.R. vermehrt Sport
➢ Reduktion psychischer Erkrankungen?
➢ Reduktion von Krebsrisiko!
Int. J Obes Relat Metab Disord 2003
Korrektur Co-Morbiditäten
Metaanalyse 136 Studien, 22094 Patienten
➢ BMI ~ 46,9
➢ Mittl. Gewichtsverlust 61%
➢ Mortalität perioperativ 0,1 - 1,1%
➢ Diabetes korrigiert 78%,
➢ Hyperlipidämie gebessert 70%
➢ Hypertonie korrigiert 61%
➢ SAPS korrigiert 85%
Buchwald H., JAMA 2004
Voraussetzung gute Langzeitresultate
➢ Operationstechnik (HSM!), Referenzzentren
➢ Genetik
➢ Hormonell?
➢ Patientencompliance
➢ Bewegungstherapie
➢ Nachsorge
Yanovski SZ, JAMA 2014 ; 311
Nachkontrolle, Betreuung Postoperativ
SMOB : Swiss Society for the Study of morbid Obesity ans metabolic disorders
Warum Nachsorge
➢ Adipositas chronische Erkrankung
➢ Spätkomplikationen
➢ Bessere Gewichtsabnahme
➢ Besprechung psychosozialer Probleme
Gould JC. Surg Obes Relat Dis 2007;2:627-630
Nachsorge ja, aber.....
➢ Keine vergleichende Studien
➢ Grosser personeller Aufwand
➢ Engmaschig (v.a im 1.Jahr)
➢ Lebenslang
➢ Nicht nur auf BMI, Laborwerte und Termine beschränken
AWMF -Leitlinien Chirurgie der Adipositas 2011
BMI?
„die Vorstellung , man könne Körpergrösse und
Gewicht ins Verhältnis setzen und daraus einem
Menschen seine gesundheitliche Zukunft
vorhersagen, ist so, wie wenn man Schädelumfang
und Körbchengrösse einer Ernährungsberaterin ins
Verhältnis setzt und daraus ihren IQ errechnet.“
Livingston E.H., JAMA, 2012;4:307
Spätkomplikationen
➢ Anastomosenstriktur 1-3 %
➢ Anastomosenulcus 1-3 %
➢ Pouch/Magenerweiterung 20 %
➢ Übelkeit, Erbrechen 8,5 %
➢ Dumping 14,6 %
➢ Vitaminmangel 11 %
➢ Innere Hernien 1 %
Vit D/Ca -Mangel
➢ Präop 60-70 %!!
➢ Postop ähnlich!
Ersatz präoperativ ?
(Ca 1000mg/ d)
Vit D 2000 IE/ d
Proteinmangel
➢ Sättigungsgefühl erniedrigt
➢ 30-60% ungenügende Aufnahme!!
➢ 13% nach dist. Magenbypass
➢ Kaum nach prox.Magenbypass
➢ Empfohlene Menge: 60-120 gr/d
➢ (Fleisch, Milch, Fisch, Soja, Eier...)
Alba A.,Obes Surg 2010; 20; 1509
Übelkeit, Schwäche
➢ Psychosoamtisch
➢ Micromalnutrition
➢ Dehydratation
➢ Hypoglykämie restriktiv
➢ Frühdumping 15-30 min
➢ Spätdumping 60-120 min
Spätdumping
➢ 8%
➢ Verlust der Restriktion
➢ Hypoglycäm.Hyperinsulinismus
➢ 60-120 min
➢ Müdigkeit
➢ Hunger, Snacker
➢ Gluc-Toleranz-Test 80 gr Glucose
➢ Kontinuierliche BZ-Bestimmung
Spätdumping Therapie
➢ Acarbose (Glucobay) 25mg bis 100mg
➢ Diazoxide
➢ Sandostatin
➢ Rebanding
➢ Pankreslinksresektion (Nesidioblastose)
➢ Diätmassnahmen, Essdisziplin
(kleine Mahlzeiten, low carb, langsam essen)
Medikamentenresorption
➢ Normal bei Magenband, Sleeve
➢ Reduziert? bei prox.MBP
➢ Reduziert bei BPD, dist.MBP
➢ Cave „Pille“!
➢ Gegebenfalls Dosisanpassung / Spiegelbestimmung!
Rubio G. Obes Surg 2012;22:253-258
Fertilität und Schwangerschaft nach Bypass +
➢ Fertilität verbessert
➢ Zyklus normalisiert
➢ Rate an SS-Komplikationen sinkt
➢ Geringere Sectiorate?
➢ Kinder gesünder ?
Maggard MA, JAMA 2008;300:2286-96
Fertilität und Schwangerschaft nach Bypass -
➢ Nutritiver Mangel?
➢ Neuralrohrdefekte
➢ Intracranielle Blutungen
➢ Wachstumsretardierung
➢ Innere Hernien
Fertilität und Schwangerschaft nach Bypass
Empfehlung:
➢Laborkontrolle alle 2 Mt
➢Erhöhte Supplementation!
➢Verhütung 1-2 J
➢OAK keine sichere Verhütung!
Schultes B, Schweiz Med Forum 2010, 10: 304-307
Empfohlene Supplementation nach Bypass während
SS
Fe 100-200 mg/d p.o.
Ca 1500g/d p.o.
Vit D3 1200-2000 IE/d p.o.
Zink 20-30 mg/d p.o.
Vit B-komplex 2x/Wo
Vit B12 1000ug alle 3 Mt
Folsäure 400 ug /d p.o.
Multivitamin 1x/d
Rezidivierende Bauchschmerzen
➢ Stenosen 5-20%
➢ Innere Hernien 3 %
➢ Gallensteine 3,2 % nach 3J
➢ Undiszipliniertes Essen,Overeating
„....exploration is an evidence of good surgical judgement...“
Worni M,Obes Surg 2012;22:220-229, Greenstein A., Am J Surg 2011
Neue Allergien.....
➢ Proteinverdauung im Magen
➢ IgE – Spiegel
➢ Zytokin IFN-y
Shakeri S, Obes Surg 2015 ; 25
Neue Psychiatrische Komplikationen......
Neue Süchte :
➢Alkohol
➢Suizid
➢Spielsucht
➢Sexsucht
➢Erhöhte Unfallrate
Adams T. NEJM 2007; 357
Bypass the Bypass......
➢ Emotional Eating, Erbrechen
➢ Loss of control eating
➢ 35 % nach 5 Jahren BMI > 35
Christou Can J Surg 2009
Verhaltenstherapie
➢eigene Stärken (wieder) entdecken
➢Selbstwert
➢Selbstmotivation
➢Selbstakzeptanz und Selbstmitgefühl
➢Gute Gefühle fördern , negative bewältigen
➢sich abgrenzen lernen
➢Konflikte hilfreich bewältigen
➢Ziele und Perspektiven erarbeiten
➢Verlangen/Craving nach Essen
➢Inneres Team
➢Umgang mit eigenen Verletzlichkeit – Widerstandskraft stärken
B
Diabetes II nach Bypass
832 operierte vs 786 kons. Therapierte
➢40 % Kostenreduktion
➢70 % bei zusätzlichem D.M.
Gesundheitskosten: 1. J - 12 % - 23 %
2. J - 28 % - 49 %
3. J - 37 % - 61 %
4. J - 35 % - 69 %
John Morton, Obesity Week, 2015, Stanford University
D
M
Ohne DM
Medikamente nach Bypass
➢ Kosteneffizienz ab 4 J + -
➢ Notfallkosten = =
➢ Physiotherapie = =
➢ Labor = =
➢ Medikamente ab 3 J + -
➢ Medikamente ab 6 J =!* =
( * ausser Antidiabetika, Antihypertensiva, Dyslipidämika)V.Myers,Southern Medical Ass 2012;105
951 Pat., 6 J Follow –up:
Operierte Kontrollgr.
The 1st Diabetes Surgery Summit (DSS –I) 2007
22. Oktober 2008, Neue Zürcher Zeitung
Mit dem Skalpell gegen Diabetes
Erste Erfahrungen mit der Magenbypass-Operation als
Therapie gegen die Zuckerkrankheit
Mit chirurgischen Veränderungen im Magen-Darm-Trakt kann offenbar ein Diabetes Typ 2 mit
Erfolg behandelt werden. Nun schlagen Experten vor, die entsprechenden Operationen nicht mehr
nur stark Übergewichtigen, sondern auch Diabetikern zu empfehlen. Doch eine
solche Massnahme findet nicht bei allen
Fachleuten Anklang……
The 2nd Diabetes Surgery Summit (DSS-II)
➢Genügend Evidenz für metabole Chirurgie zur Diabetes -Behandlung (inkl.
Adipositas)
➢Mehr Studien zum Langzeitverlauf sind gefordert
Rubino F Diabetes Care 2016 ; 3
Bypass und Diabetes
➢ Diabetesremission 56,7 – 95,1 % !
➢ Auch andere Komorbiditäten.......
Metabolische Chirurgie (bariatrische Chirurgie)
Buchwald H Am J Med 2009 ; 122
Diabetes II nach Bypass
Chirurgie besser als medikamentöse Therapie im 5 -J- Verlauf.......
➢50 % vs 0% Erfolg, (d.h. keine Antidiabetica mehr....)
➢80 % HbA1c < 7,0%
➢Bypass Op 1. Wahl
➢Sleeve-Resektion mit mehr Rezidive
➢Unabhängig vom Gewichtsverlust!
Konklusion: Kosteneffektiv!
B Mc Call, Lancet 2015; 386
Diabetes II nach Bypass :STAMPEDE
➢ HbA1c < 6 % : kons. 5 %
➢ oper. 29 %
➢ KG – 5 % bei kons.Therapie
➢ KG – 20% bei Operation
PR Schauer, N Engl J Med, 2017 ; 376
n = 150 P, randomisiert 5 Jahre Op vs intensive medikamentöse Therapie :
Diabetes II , BMI < 35 und Bypass ?
➢ Ther. Option bei schlechter Einstellung / Hb A1c > 7,5 %
➢ Bei Gewichtszunahme trotz Therapie und DM < 10 J
Dixon JB Diabet Med 2011 ; 28
International Diabetes Federation 2011:
Zusammenfassung
Ist die Chirurgie es wert ??
Künftige Studien fokussieren auf:
➢Gewichtsabnahme und Folgen !
➢Lebensqualität, langfristig !
➢Echter potentieller Benefit !