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Albrech~ v. Graefes Arch. klin. exp. OphthM. 168, 577--580 (1965) I. Innenmedizinische Abteilung (Chefarzt: Dr. K. Kowtow) des Hauptst/idtischen ,,Bajcsy Zsilinszky"-SpitMs und I. 0phthMmologische Klinik (Direktor: Prof. Dr. ~'IACDA RAD~6T) der Budapester l~ledizinischen Universit~t Anderung des Augendruckes nach intravenSser Gabe von Noradrenalin KXROLY KOMOR, ATTILA ~/[EDGYASZAYund ENDRE POLCXg (Eingegangen am 23. Mai 1965) Der Zusammenhang zwischen Katecholaminen und Morbus hyper- tonicus (,,essentielle Hypertonie") wird yon so manehml sich damit be- fassenden Ver6ffentlichtmgen er6rtert. Im allgemeinen folgern sic, datl in der Produktion und Ausscheidung der Pressoramine -- mit den Gesunden vergliehen -- keine J~nderung vor sich gehe (GOODALLund BO~DA~-OFF), die Sensibilit~t gegenfiber NoradrenMin jedoch erh6ht sei (M~NDLOWITZ U. Mitarb.). Eigene Untersuchungen zeigten, dab die in der neurogenen Phase der Hochdmekkrankheit sieh befindenden, normotensiven Patien- ten auf Grund der, nach geringer Menge yon NoradrenMin eintretenden gesteigerten Pressorreaktion, gut yon den gesunden Kontrollen differen- ziert werden k6nnen. Die Verabreichung yon 5 Gamma Noradrenalin ffihrte bei den Gesunden kaum zu einer Tensionsveranderung. I-Iingegen erfolgte eine bedeutende Blutdrucksteigerung bei jenen Patienten, deren Blutdruek nut zeitweise erh6ht war, falls sic die gleiehe Noradrenalin- menge in der normotensiven Phase erhielten. Die Auffassung fiber den Zusammenhang zwischen Augentension- sehwankung und Blutkreislauf bzw. Mlgemeinem Blutdruck ist nicht ein- heitlieh. Laut BAILLART und W~SSELY maeht die Augentension infolge des Autoregulationsmechanismus der intraoeularen Gef~Be die Sehwan- kung des Blutdruckes nieht mit. ASCHE~ und SCH~IIDT meinen, dab -- obwohl die intraoeularen Gefs fiber eine gewisse Selbsti~ndigkeit ver- ffigen -- die Blutdruekschwankung eine Labilits der Augentension naeh sieh ziehe. Mehrere Autoren (Sehrifttum bei WmNSTEI~) unterstfitzten die Auffassung, dab die Augentension infolge der erh6hten Ffillung der intraocul~ren Gef~l~e w/thrend der Systole ansteigt und ws der Diastole sinkt. Die Pulswelle bedingt fiber die Pr~eapillaren und Capilla- ten der Augen die gleichzeitige Zusammenziehung des Bulbus mit der Herzkontraktion. Die folgenden Untersuchungen befassen sieh mit der Aufkls des Zusammenhangs zwischen allgemeinem Blutdruck naeh intraven6s ver- abreichten kleinen Mengen yon Noradrenalin und Veranderung des Augendruekes. Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. Bd. 168 39

Änderung des Augendruckes nach intravenöser Gabe von Noradrenalin

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Page 1: Änderung des Augendruckes nach intravenöser Gabe von Noradrenalin

Albrech~ v. Graefes Arch. klin. exp. OphthM. 168, 577--580 (1965)

I. Innenmedizinische Abteilung (Chefarzt: Dr. K. Kowtow) des Hauptst/idtischen ,,Bajcsy Zsilinszky"-SpitMs

und I. 0phthMmologische Klinik (Direktor: Prof. Dr. ~'IACDA RAD~6T) der Budapester l~ledizinischen Universit~t

Anderung des Augendruckes nach intravenSser Gabe von Noradrenalin

KXROLY KOMOR, ATTILA ~/[EDGYASZAY und ENDRE POLCXg

(Eingegangen am 23. Mai 1965)

Der Zusammenhang zwischen Katecholaminen und Morbus hyper- tonicus (,,essentielle Hypertonie") wird yon so manehml sich damit be- fassenden Ver6ffentlichtmgen er6rtert. I m allgemeinen folgern sic, datl in der Produktion und Ausscheidung der Pressoramine - - mit den Gesunden vergliehen - - keine J~nderung vor sich gehe (GOODALL und BO~DA~-OFF), die Sensibilit~t gegenfiber NoradrenMin jedoch erh6ht sei (M~NDLOWITZ U. Mitarb.). Eigene Untersuchungen zeigten, dab die in der neurogenen Phase der Hochdmekkrankhei t sieh befindenden, normotensiven Patien- ten auf Grund der, nach geringer Menge yon NoradrenMin eintretenden gesteigerten Pressorreaktion, gut yon den gesunden Kontrollen differen- ziert werden k6nnen. Die Verabreichung yon 5 Gamma Noradrenalin ffihrte bei den Gesunden kaum zu einer Tensionsveranderung. I-Iingegen erfolgte eine bedeutende Blutdrucksteigerung bei jenen Patienten, deren Blutdruek nut zeitweise erh6ht war, falls sic die gleiehe Noradrenalin- menge in der normotensiven Phase erhielten.

Die Auffassung fiber den Zusammenhang zwischen Augentension- sehwankung und Blutkreislauf bzw. Mlgemeinem Blutdruck ist nicht ein- heitlieh. Laut BAILLART und W~SSELY maeht die Augentension infolge des Autoregulationsmechanismus der intraoeularen Gef~Be die Sehwan- kung des Blutdruckes nieht mit. ASCHE~ und SCH~IIDT meinen, dab - - obwohl die intraoeularen Gefs fiber eine gewisse Selbsti~ndigkeit ver- ffigen - - die Blutdruekschwankung eine Labilits der Augentension naeh sieh ziehe. Mehrere Autoren (Sehrifttum bei WmNSTEI~) unterstfitzten die Auffassung, dab die Augentension infolge der erh6hten Ffillung der intraocul~ren Gef~l~e w/thrend der Systole ansteigt und ws der Diastole sinkt. Die Pulswelle bedingt fiber die Pr~eapillaren und Capilla- ten der Augen die gleichzeitige Zusammenziehung des Bulbus mit der Herzkontraktion.

Die folgenden Untersuchungen befassen sieh mit der Aufkls des Zusammenhangs zwischen allgemeinem Blutdruck naeh intraven6s ver- abreichten kleinen Mengen yon Noradrenalin und Veranderung des Augendruekes.

Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. Bd. 168 39

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578 KXROLY KoMo~, ATTILA ~V[EDGYASZAY und E~DaE POLGs

Krankengut und Methodik

Beobachtet wurden 22 Patienten, teils normotensive gesunde Personen, teils yon Morbus hypertonicus leidenden Patienten in der nornaotensiven Phase. Vor der Untersuchung erhielten die Patienten kein antihypertensives Mittel. Jeder Patient wurde an zwei verschiedenen Tagen unter identischen Verh~ltnissen gleichzeitig geprfift. Bei der ersten Untersuchung bestimmten wir den Blutdruck und die Augen- tension. Bei der zweiten wurde der Blutdruck vor und nach und die Augentension nach intravenSser Gabe yon 5 Gananaa Noradrenalin genaessen. Wir beniitzten eine frische NoradrenalinlSsung (1000 ml phys. Kochsalz + 1 nag Noradrenalin, davon 5 cm 3 intraven6s).

Die Augentension wurde nait dem Schi6tzschen, nach ScLAI~ modifizierten Tono- meter genaessen. Auf Grund der yon HII~ES und BlcowN bei der Kaltwasserprobe ausgearbeiteten Kriterien betrachteten wit die Blutdrucki~nderung als positiv, wenn die Erh6hung mindestens 20 tuna Hg systolischen und 15 ram Hg diastolischen Unterschied nach Verabfolgen der Injektion erreiehte. Der Blutdruek wurcle l/u, 1, 3 und 5 min naeh dem Injizieren gemessen, die Augentension nach Eintreten des ]}r der allgemeinen Tensionerh6hung.

Resultate Die Resu l t a t e sind aus der Tabel le ersichtlieh. Das Durchschni t t s -

a l te r der 22 Pa t i en t en be t rug 30 J a h r e (zwischen 15 und 45 Jahren) , 13 waren weibl ichen und 9 mgnnl ichen Gesehlechtes. Bei der ers ten Unte r suchung l and sich der Durehschn i t t sb lu td ruck 115/70 m m I tg . Nach dem in t raven6sen Verabre ichen yon 5 G a m m a Noradrena l in rea- gier ten yon den 22 Pa t i en t en 10 pos i t iv u n d 12 negat iv . Durchsehn i t t e der Augen tens ionerh6hung waren nach Noradrena l in :

Bei den 10 pos i t iv reagierenden F/~llen: 3, 26 (1,0 bis 6,8), bei den 12 nega t iv reagierenden F/~llen: 1, 27 (0 bis 2,3).

Besprechung Unsere Un te r suehungen (Tabelle) zeigten, dal3 die Augen tens ion im

al lgemeinen der B lu td rucksehwankung nachhinkt . Die Augentens ion der in der normotens iven Phase sich bef indenden Pa t i en t en stieg bedeutend . Dies k6nn te durch die erhShte Noradrena l inempf ind l i chke i t der in der neurogenen Phase s tehenden hyper ton i sehen K r a n k e n ve ru r saeh t wer- den. Infolge der Noradrena l inwi rkung erfolgt eine gesteigerte K o n t r a k - t ion der ocul~ren Capil laren, Ar te r io len und Venen. Der Spasmus in t ra- ocnl~rer Gef/~fie, zu dem sich eine Venostase gesellt, h e m m t den Abflufi des Kammerwasse r s und I i ihr t dadurch zu einer E rh6hung der Augen- tension. Diese Erseheinungen erkl~ren die h/tufigen Beschwerden (Bren- nen, Druck in den Augen, SehstSrungen) der an vege ta t ive r Dys tonie le idenden und zu e inem Gef~tfispasmus neigenden Pa t i en ten . SCgAL~ASS u. Mitarb. e r6r te r ten die W i r k u n g des Adrenal ins und Noradrena l ins auf die Tensio in t raocular is . Sie fanden bei Tieren keinen Untersehied . Sowohl das auf die N ickhau t der K a t z e verabre ich te Adrena l in als aueh

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Anderung des Augendruckes nach Noradrenalin 579

Tabelle

Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Name Alter Ge- sehleeht

Augentension I I Blutdruck

Augen- tension Blut-

I i druek Grund- tension

lOO/7O 11o/7o lOO/65 145/90 135/75 120/70 11o/7o 120/80 120/70 11o/7o 11o/7o 110/70 120/70 lO5/65 120/70 130/60 150/85 105/75 115/70 120/70 90/60

110/70

18,5 17 18,5 18,5 18,5 23,8 18,5 21,9 20,1 18,5 21,9 15,6 17 17 15,6 21,9 18,5 18,5 17 18,5 23,8 17

naeh Nor-

ach'ena - Anfangs lin

l l l a X .

Weft NAT I stieg

1,6 6,8 ,0

1,5 1,1 2,3 0

3,8 4,3 2,6 1,9 3,5 1,5 1,0 3,6 1,8 0,5 2,1 1,0 2,6 2,3 3,1

das Noradrenalin verursachten eine ErhShung der Augentension. Auger- dem stellte sieh eine geringe ErhShnng des Blutdruekes ein. In unseren Untersuehungen verliefen diese Erseheinnngen nieht absolut parallel.

Unter den Patienten ohne BlutdruekerhOhung fanden sieh auch solehe, deren Angentension mehr gestiegen war als bei einigen/iberm/igig positiv reagierenden Patienten. Bei solehen Fgllen ist die Parallele yon Blutdruek und Erh6hung der Augentension nieht absolut. Sehlfisse auf die patho- physiologisehe Bedeutung dieser Beobaehtungen wgren im gegen- w~rtigen Stadium der Untersuehnngen noeh verfrfiht. Wit m6ehten nur erw~hnen, dab zahlreiehe Provokationsverfahren f/it die Frfihdiagnose des Glaukoms ausgearbeitet wurden. Unter anderen linden wir aueh die Anwendung der den Blutdruek steigernden Mit~el, wie z.B. Adrenalin. So untersuehte PAu die auf die Augentension ausgefibte Wirkung yon Nor-Ephedrin. Er verabreiehte 1 ml davon vasolabilen Personen and beobaehtete die parallele ErhShung der Augentension nnd des Blut- druekes. Bei Glaukoma~6sen verriet die Angentension eine eharakteri- stisehe Abweiehung naeh Nor-Ephedrin, weshalb PAU die Nor-Ephedrin- Probe znr Frfihdiagnose eines Glaukoms anriet.

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580 KilaOLY Ko~oR et M. : Xnderung des Augendruckes nach Noradrenalin

Zusammenfassung Es wurde die Wi rkung des in ger inger lV[enge in t ravenSs verabre ich ten

Noradrena l ins auf die Augentens ion un te rsueh t . Hie rbe i zeigte sich, dag sic bei Pa t i en t en mi t einer Steigerung des B lu td ruekes s t a rker in die H6he ging, als jene, die normal reagier ten. I n der Regel begle i te t eine Augentens ionserhShung das Anste igen des a l lgemeinen Blu td ruekes . Eine absolute Para l le le kann hierbei jedoch n ieht gezogen werden.

Summary The au thors examined the effect of Noradrena l in - - admin i s te red

i. v. in l i t t le dosis - - on eyetension. I n the cases of increased blood- pressure the reac t ion of the eyetens ion to Norad rena l in was more expressed, t han in normal cases. The influence of Norad rena l in d id not cause an abso lu te ly paral lele increase in b loodpress ion and eyetens ion.

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volumen. Klin. l~schr. Augenheilk. 91, 208 (1933). BAILLART, P. : Die Bewegung der Tonometernadel. Zbl. ges. 0phthal. 32, 318 (1935). GOODALL, M. C., and M. BOGDANOFF (E. A. GOMBOS, W. H. HULET) : Reactivity of

renal and septemie circulation to vasoconstrictor agents in normotensive and hypertensive subjects. J. clin. Invest. 41, 203 (1962).

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MENDLOWITZ, l~[., and N. I~AFTCHI: Work of digital vasoconstriction produced by infused norephedrine in primary hypertension. J. appl. Physiol. 13, 247 (1958).

PAy, H. : Glaukombelastung durch Steigerung des Blutdrucks. Klin. Mbl. Augen- heilk. 125, 45 (1954).

SC~ALL~IAN~, L., N. P. MAYERS, and B. PILZAT: Studies on the effect of nor- adrenaline and adrenaline on the eye. Amer. J. Ophthal. 36, 11 (1953).

SC~MIDT, K. : Trinkversuch and Glaukomproblem zugleich. Eine Erwiderung auf Lo~acKs gleichnamige Arbeit. Arch. Augenheilk. 104, 102 (1931).

WEINSTEIN, P. : Die Pathologic und Therapie der Glaukome. Budapest: Ungarischer Medizinischer Bficherverlag 1943.

W~ss~Lu : Zit. WEINSTEIN PAL : Die Pathologic und Therapie der Glaukome, S. 33. Budapest: Ungarisehcr l~Iedizinischer Biicherverlag 1943.

Dr. A. ~[EDGYASZAY I. Ophthalmologische Klinik

Budapest VIII (Ungarn) Ill@s u. 15