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Friedrich300 – Friedrich der Große und die Dynastie der Hohenzollern Ahnen und Heroen Friedrichs dynastische Strategie im Bild Franziska Windt Abstract Friedrich der Große konnte auf eine umfangreiche Tradition von bildlichen Darstellungen dynastischer Zusammenhänge zurückgreifen. Auch im Hause der Hohenzollern wurde seit dem 16. Jahrhundert auf die Darstellung einer möglichst weit zurückreichenden oder bedeutenden Folge von Ahnen Wert gelegt. Betrachtet man, wie Friedrich mit den verschiedenen ererbten Gemälde und Skulpturen umging, so zeigt sich, dass er sich für seine Zwecke ganz gezielt nur bestimmter dynastischer Werke bediente. Er benutzte sie entweder zur Illustration seiner "Geschichte des Hauses Brandenburg", oder fügte sie in ein eigenes, auf seine Person zugeschnittenes System ein. In diesem System spielte die Abfolge von Ahnen nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig waren Friedrich lediglich einzelne, verdiente Vertreter seiner Familie, jedoch legte er weit mehr Wert auf seine geistig-intellektuelle Herkunft, die er von selbst erwählten Vorbildern ableitet. <1> Wie ging Friedrich der Große mit der Darstellung seiner Dynastie in den Bildenden Künsten um? Um diese Frage zu beantworten, sind zunächst ein paar grundsätzliche Überlegungen vonnöten, denn die Eingangsfrage wirft weitere Fragen auf, so diese: Welche Möglichkeiten von dynastischer Repräsentation sind in den Bildenden Künsten verbreitet, und vor allem: Welches Ziel haben diese Darstellungen? <2> Eine mögliche und naheliegende Antwort ist: Die Absicht der Darstellungen ist in der Regel, dynastische Kontinuität aufzuzeigen, denn dynastische Kontinuität ist Ausweis von Alter und Altehrwürdigkeit eines Geschlechts und wichtig für dessen Dignität. Daran lassen sich nun weitere Fragen anknüpfen, diese, ob die dynastischen Darstellungen retrospektiv sind oder ob es sich um in die Zukunft gerichtete Darstellungen von Kontinuität handelt. Und: Wie ordnet sich der Auftrag gebende Herrscher in das dynastische Konzept ein? Schließlich noch: wie erfolgreich ist die Strategie? <3> Zunächst zur ersten Frage: Welche traditionellen Formen von Darstellungen gibt es für "Dynastie"? Zu nennen sind zunächst einzelne Kunstwerke, wie etwa Familienbilder in verschiedenen Gattungen (vor allem Gemälde, Skulptur, Druckgraphik). Sie können zusammengestellt sein zu Ahnengalerien, oder, meist als Skulpturen, auf Grablegen verwendet werden. Die einzelnen Werke können jedoch auch zu ikonographischen Programmen zusammengefügt sein, die eine dynastische Kontinuität zum Inhalt haben. Eine verbreitete Form der Veranschaulichung von dynastischen Verbindungen sind außerdem Stammtafeln und Wappen. Eine eigene Kategorie bilden Münzen und Medaillen, die einzelne Mitglieder einer Dynastie darstellen können, meist den aktuellen Herrscher, oder auch für die Dynastie Lizenzhinweis: Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung (CC-BY-NC-ND), darf also unter diesen Bedingungen elektronisch benutzt, übermittelt, ausgedruckt und zum Download bereitgestellt werden. Den Text der Lizenz erreichen Sie hier: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de

Ahnen und Heroen - Perspectivia.net€¦ · Ahnen und Heroen Friedrichs dynastische Strategie im Bild Franziska Windt Abstract Friedrich der Große konnte auf eine umfangreiche Tradition

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  • Friedrich300 – Friedrich der Große und die Dynastie der Hohenzollern

    Ahnen und HeroenFriedrichs dynastische Strategie im Bild

    Franziska Windt

    Abstract

    Friedrich der Große konnte auf eine umfangreiche Tradition von bildlichen Darstellungen dynastischer Zusammenhänge zurückgreifen. Auch im Hause der Hohenzollern wurde seit dem 16. Jahrhundert auf die Darstellung einer möglichst weit zurückreichenden oder bedeutenden Folge von Ahnen Wert gelegt. Betrachtet man, wie Friedrich mit den verschiedenen ererbten Gemälde und Skulpturen umging, so zeigt sich, dass er sich für seine Zwecke ganz gezielt nur bestimmter dynastischer Werke bediente. Er benutzte sie entweder zur Illustration seiner "Geschichte des Hauses Brandenburg", oder fügte sie in ein eigenes, auf seine Person zugeschnittenes System ein. In diesem System spielte die Abfolge von Ahnen nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig waren Friedrich lediglich einzelne, verdiente Vertreter seiner Familie, jedoch legte er weit mehr Wert auf seine geistig-intellektuelle Herkunft, die er von selbst erwählten Vorbildern ableitet.

    Wie ging Friedrich der Große mit der Darstellung seiner Dynastie in den Bildenden Künsten um? Um

    diese Frage zu beantworten, sind zunächst ein paar grundsätzliche Überlegungen vonnöten, denn die

    Eingangsfrage wirft weitere Fragen auf, so diese: Welche Möglichkeiten von dynastischer

    Repräsentation sind in den Bildenden Künsten verbreitet, und vor allem: Welches Ziel haben diese

    Darstellungen?

    Eine mögliche und naheliegende Antwort ist: Die Absicht der Darstellungen ist in der Regel,

    dynastische Kontinuität aufzuzeigen, denn dynastische Kontinuität ist Ausweis von Alter und

    Altehrwürdigkeit eines Geschlechts und wichtig für dessen Dignität. Daran lassen sich nun weitere

    Fragen anknüpfen, diese, ob die dynastischen Darstellungen retrospektiv sind oder ob es sich um in

    die Zukunft gerichtete Darstellungen von Kontinuität handelt. Und: Wie ordnet sich der Auftrag

    gebende Herrscher in das dynastische Konzept ein? Schließlich noch: wie erfolgreich ist die

    Strategie?

    Zunächst zur ersten Frage: Welche traditionellen Formen von Darstellungen gibt es für "Dynastie"? Zu

    nennen sind zunächst einzelne Kunstwerke, wie etwa Familienbilder in verschiedenen Gattungen (vor

    allem Gemälde, Skulptur, Druckgraphik). Sie können zusammengestellt sein zu Ahnengalerien, oder,

    meist als Skulpturen, auf Grablegen verwendet werden. Die einzelnen Werke können jedoch auch zu

    ikonographischen Programmen zusammengefügt sein, die eine dynastische Kontinuität zum Inhalt

    haben. Eine verbreitete Form der Veranschaulichung von dynastischen Verbindungen sind außerdem

    Stammtafeln und Wappen. Eine eigene Kategorie bilden Münzen und Medaillen, die einzelne

    Mitglieder einer Dynastie darstellen können, meist den aktuellen Herrscher, oder auch für die Dynastie

    Lizenzhinweis: Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung (CC-BY-NC-ND), darf also unter diesen Bedingungen elektronisch benutzt, übermittelt, ausgedruckt und zum Download bereitgestellt werden. Den Text der Lizenz erreichen Sie hier: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de

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  • wichtige Ereignisse festhalten oder an diese erinnern, wie etwa Hochzeiten oder Geburten.

    Nicht alle der genannten Darstellungsformen sollen hier behandelt werden. Herausgegriffen werden

    einige, die für Friedrich den Großen von Interessen gewesen sein könnten. Da der Beitrag von der

    Dynastie im Bild handelt, wird auf eine Behandlung der schriftlichen Zeugnisse weitgehend verzichtet,

    obwohl eine Wechselwirkung der Medien sehr wahrscheinlich, oder in manchen Fällen sogar sicher

    ist. Im Falle von Friedrich liegt der Schwerpunkt einer dynastischen Selbstversicherung und

    Einordnung sogar gewiss im geschrieben Wort. Trotzdem ist es von Interesse zu untersuchen, welche

    Haltung der König im Bereich der visuellen Darstellung von Dynastie einnimmt.

    Porträtdarstellungen

    Eine nicht formalisierte, aber doch augenfällige Weise den Fortbestand einer Dynastie im Bild zu

    veranschaulichen, ist die Darstellung der Kinder eines Herrscherhauses. Häufig befanden sich

    Kinderporträts in den Wohnräumen der Frauen, und sie wurden an andere, häufig verwandte Höfe

    oder mit dem Hof verbundene Personen verschenkt. Sehr bekannt und schon früh verbreitet sind

    beispielsweise die Kinderporträts des englischen Hofes unter Karl I. von Antonis van Dyck. Häufig wird

    der Thronfolger auf den Porträts als solcher eingeführt und besonders hervorgehoben. Van Dyck

    malte die fünf ältesten Kinder Karls I. im Jahre 1637 und setzte dessen ältesten Sohn, den späteren

    Karl II., zusammen mit einer im Vergleich zu seiner Größe riesenhaften Dogge, ins Zentrum des

    Bildes.1 Die Geste, mit der der Junge seine Hand auf den Kopf des großen Tieres legt, verweist schon

    auf die ihm zugedachte dominierende Rolle. Diese wird bekräftigt durch die Tatsache, dass seine

    Geschwister ihm deutlich untergeordnet sind.

    In Preußen knüpfte Friedrichs Mutter, Sophie Dorothea, noch hundert Jahre später an diese Tradition

    an. Auch wenn ihr mit Friedrich Wilhelm Weidemann, Carlo Francesco Rusca und Antoine Pesne

    keine Künstler von dem Format eines van Dyck zur Verfügung standen, ließ sie ihre Kinder in

    verschiedenen Altersstufen von diesen Künstlern porträtieren. Ein Gemälde Ruscas von 1737

    beispielsweise zeigt den 25jährigen Kronprinzen Friedrich im Küraß mit seinen Brüdern August

    Wilhelm, Heinrich und Ferdinand (Abb. 1).2 Einerseits zeigt Rusca ein Bild brüderlicher Gemeinschaft

    und brüderlichen Zusammenhalts, die durch Gesten, wie die Umarmung August Wilhelms durch

    1 Anthonis van Dyck, Fünf Kinder Karls I., Öl auf Leinwand, 163,2 x 198,8 cm Royal Collection, Windsor Castle, Inv. Nr. 404405, Abb. http://www.royalcollection.org.uk/collection/404405/the-five-eldest-children-of-charles-i .2 Carlo Francesco Rusca, Kronprinz Friedrich und seine Brüder, 1737, Öl auf Leinwand, 144 x 133 cm, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (im Folgenden SPSG), Schloss Königs Wusterhausen, GK I 2982. Paul Seidel: Die Kinderbildnisse Friedrich des Großen und seine Brüder, in: Hohenzollern-Jahrbuch, Berlin / Leipzig 1911, 33f. Ausstellungskatalog: Friedrich II. und die Kunst. Ausstellung zum 200. Todestag, 2 Bde.,Potsdam 1986, 24.

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  • Friedrich oder dadurch, dass Heinrich seinem Bruder August Wilhelm seine rechte Hand auf dessen

    linke legt, zum Ausdruck gebracht werden. Die herausgehobene Haltung des Kronprinzen zeigt

    jedoch, dass es sich nicht nur um ein intimes Familienbild handelt. Seine Führungsrolle drückt sich

    nicht allein in seiner Pose mit dem nach vorn gehaltenen Kommandostab aus, die ihn als den

    zukünftigen obersten Befehlshaber ausweist, sondern wird bestärkt durch den Zeigegestus des

    Jüngsten, Prinz Ferdinand, der mit seiner auf den größeren Bruder weisenden Hand explizit auf

    dessen Rolle verweist.

    Abb. 1: Carlo Francesco Rusca, Kronprinz Friedrich und seine Brüder, 1737, SPSG, Schloss Königs Wusterhausen, GK I 2982, Foto Klaus G. Bergmann 1987 © SPSG.

    Bei Antoine Pesne gab Sophie Dorothea drei Versionen eines Porträts ihres Sohnes Friedrich in

    Auftrag, das für König Friedrich Wilhelm I. und für zwei Erzieher des Kronprinzen bestimmt war. Die

    bis heute erhaltene Version des Gemäldes zeigt Friedrich ungefähr 12jährig in der Uniform der

    kronprinzlichen Kadettenkompanie mit einem Sponton in der Hand (Abb. 2).3 Auch hier verbildlicht ein

    Hund, der sich dem selbstbewusst schreitenden Knaben zu unterwerfen scheint, die Autorität des

    Dargestellten. Neben seiner militärischen Erziehung werden außerdem zwei Herrschertugenden

    thematisiert: die im Hintergrund gemalte Skulptur des Herkules Farnese und die einer Sphinx stehen

    für die Stärke und Weisheit, die der zukünftige Herrscher und Feldherr benötigt.

    3 Öl auf Leinwand, 153 x 111cm, SPSG, GK I 12030. Zu dem Auftrag und den anderen Versionen des Gemäldes siehe Arnold Hildebrand: Das Bildnis Friedrich des Großen. Zeitgenössische Darstellungen, Berlin / Leipzig 1940, 92-94. Die nicht originale Inschrift vermutlich aus dem 18. Jahrhundert auf der Rückseite der Leinwand besagt: "Fridericus II. regni Borussici princeps hereditarius aetatis suae XII annorum qui habitu centurionis patris satellites conspectum ducit more militare / Antoine Pesne pinx 1724". "Friedrich II., des Königreichs Preussen Erbprinz im Alter von 12 Jahren, der in der Kleidung der "Centurionis patris" (Hundertschaft des Vaters) die Trabanten auf militärische Weise vor Augen führt. Von Antoine Pesne 1724 gemalt".

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  • Abb. 2: Antoine Pesne und Werkstatt, Kronprinz Friedrich, um 1724, SPSG, GK I 12030, Foto Roland Handrick 1976 © SPSG.

    In Bezug auf die Präsentation des zukünftigen Herrschers im Bild stellt sich für Friedrich, der keine

    Kinder hatte, die Situation in seiner Regierungszeit natürlich anders dar als für seine Eltern. Es hätte

    jedoch durchaus nahe gelegen, dass er oder seine Gemahlin Elisabeth Christine statt eigener Kinder

    die Kinder ihrer Geschwister, die an ihrer Stelle die Nachfolge des Hauses sicherten, auf ähnliche

    Weise einführten. Zwar fanden sich in den Räumen von Königin Elisabeth Christine im Berliner

    Schloss eine größere Zahl von Familienporträts, unter anderen auch die ihres Schwagers, Kronprinz

    August Wilhelm und seiner Frau Luise Amalie, also ihrer Schwester, sowie ihres Neffen, dem späteren

    Friedrich Wilhelm II. Unter den Porträts finden sich aber keine Gemälde mit expliziten dynastischen

    Aussagen, wie die schon erwähnten und gezeigten.

    Sammlungen von Porträts einzelner Familienmitglieder, wie auch Elisabeth Christine sie besaß,

    zeugen in der Regel von der Verbundenheit mit den oft entfernt lebenden Familienmitgliedern, etwa

    den verheirateten Töchtern oder, wie in ihrem Fall, den Nichten und Neffen. Und selbst wenn es sich

    ursprünglich um Erinnerungsstücke handelte, bringen diese Ansammlungen natürlich auch ein

    Bewusstsein für die dynastische Bedeutung eines Hauses zum Ausdruck, beispielsweise indem

    besonders hochrangige Mitglieder der Familie an prominenter Stelle gezeigt werden. So spricht es

    sicherlich nicht primär von einer persönlichen emotionalen Bindung, dass Elisabeth Christine das

    Porträt ihrer Tante mütterlicherseits und Namensgeberin, Kaiserin Elisabeth Christine, in ihrer

    Sammlung von Bildnissen bewahrte, sondern zeugt vor allem von ihrem dynastischen

    Selbstverständnis (Abb. 3).4 4 Unbekannter Maler, Kaiserin Elisabeth Christine, Öl auf Leinwand, 81,80 x 67 cm, Oval, SPSG, GK I 1766,.

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  • Abb. 3: Unbekannter Maler, zwischen 1740 und 1750, Kaiserin Elisabeth Christine, SPSG, GK I 1766, Foto Michael Lüder 2008 © SPSG.

    Wahrscheinlich kann auch das einzige Porträt einer Familienangehörigen, das sich im Schloss

    Sanssouci befand, das 1781 datierte und signierte Marmorrelief der dänischen Königin Juliane von

    Luigi di Giuseppe Grossi, das König Friedrich II. in seinem Audienz- und Speisezimmer anbringen ließ,

    ebenso gewertet werden (Abb. 4). Das Porträt, ein Geschenk der dänischen Königin, hing wohl nicht

    an dieser prominenten Stelle, weil Juliane eine Schwester von Elisabeth Christine war, sondern weil

    es sich um das Porträt einer verwandten Königin handelte, die Friedrich als Person besonders

    schätzte.5

    Königin Elisabeth Christine kannte ihre Tante, die seit 1711 als Kaiserin in Wien residierte, nicht persönlich.5 Luigi di Giuseppe Grossi, Bildnisrelief der Königin Juliane von Dänemark, bez. und datiert 1781, Marmor, SPSG, GK III 622. Seit 1782 am Ort nachweisbar. Siehe: Amtlicher Führer 1996: Schloss Sanssouci, bearbeitet v. Götz Eckardt, 18. Aufl., Potsdam 1996, 65. F. Althoff: Der Schriftwechsel Friedrichs des Großen mit der Königin-Witwe Juliane Marie von Dänemark, in: Friedrich300 - Colloquien, Friedrich der Große und die Dynastie der Hohenzollern, URL: http://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-dynastie/althoff_schriftwechsel-juliane, Dokument zuletzt verändert am: 19.09.2012 14:58 .

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  • Abb. 4: Luigi di Giuseppe Grossi, Königin Juliane von Dänemark, SPSG, Audienz- und Speisezimmer, Schloss Sanssouci, GK III 622, Foto © SPSG.

    Soweit wir aus den Überlieferungen wissen, die vor allem aus der Zeit seit 1769 stammen, befanden

    sich in den Wohnräumen von Friedrich dagegen weder Darstellungen seines Bruders und designierten

    Nachfolgers August Wilhelm, noch, nach dessen Tod 1758, solche seines Neffen Friedrich Wilhelm. In

    Räumen, in denen Porträts von Familienangehörigen zu erwarten gewesen wären – also in

    Vorzimmern oder Kabinetten – präsentierte Friedrich Bildnisse seiner Mutter und seiner Schwestern,

    Porträts seiner Freunde oder sogar Bildnisse von Tänzerinnen.6

    Die Ahnengalerie

    Eine sehr verbreitete Form der Darstellung von dynastischer Beziehung stellt die Ahnengalerie dar.

    Gemeint ist hier die als solche entworfene und eingerichtete Galerie, nicht die Sammlung von

    Familienporträts, die meist in variabler Hängung über verschiedene Räume verteilt war – häufig sind

    es die Vorzimmer zu den Audienzzimmern. Die Ahnengalerien hat keinen persönlich emotionalen

    Charakter, wie es die vorgenannten Bildnisse auch haben, sondern dient primär der

    Selbstvergewisserung der eigenen altehrwürdigen Abstammung einerseits und der Darstellung des

    hohen Ranges der eigenen Familie andererseits.7 Es wird die Dignität eines Hauses und damit ihr

    Herrschaftsanspruch veranschaulicht.

    Ein Beispiel für eine Ahnengalerie, die Friedrich neben den eigenen ererbten gekannt haben wird,

    befand sich in Dresden. Ihr Ursprung liegt am Ende des 16. Jahrhunderts (um 1588/89), sie wurde

    jedoch bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts weitergeführt. Die ursprüngliche Version dieser

    Serie von ganzfigurigen Bildnissen befand sich im Langen Gang des Dresdener Stallhofes (Abb. 5).

    Aufgenommen wurden nur die männlichen Regenten, nicht ihre Frauen oder Regentinnen. Die Galerie

    umfasste zunächst 46 Gemälde, beginnend mit dem legendären Harderich, der um 90 vor Christi

    gelebt haben soll, bis zu Kurfürst Christian I. Die vom sächsischen Hofmaler Heinrich Göding dem

    Älteren – wahrscheinlich ein Schüler von Lucas Cranach – stammenden Bildnisse wurden später von

    verschiedenen Malern durch die Porträts der Kurfürsten von Christian II. bis August III. ergänzt, und 6 Früheste systematische Überlieferung für das Berliner und das Potsdamer Schloss bildet Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, Berlin 1769. Die Ausstattung von Sanssouci beschreibt Mathias Oesterreich: Beschreibung aller Gemählde, Antiquitäten und anderer kostbarer und merkwürdiger Sachen, so in denen beyden Schlößern von Sans-Souci, wie auch in dem Schloße zu Potsdam und Charlottenburg enthalten sind, Berlin 1773, Nachdruck Potsdam 1990. Aber auch frühere vereinzelte Beschreibungen deuten nicht darauf hin, dass ihm dynastische Porträts wichtig gewesen wären.7 Eine Entwicklung von der Betonung des Alters eines Geschlechts, das im 16. Jahrhundert häufig im Mittelpunkt von genealogischen Darstellungen steht, hin zu einer stärkeren Konzentration auf den Rang des Hauses im Laufe des 17. Jahrhundert beschreibt Jürgen Luh: Vom Alter und vom Rang. Genealogie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation 1500 – 1800, unveröffentlichtes Manuskript.

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    http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de

  • die Serie wurde beschlossen von dem Porträt des Kurfürsten Friedrich Christian (gest. 1763).8

    Abb. 5: Langer Gang im Stallhof des Dresdener Schlosses, 1943, Foto © http://www.deutschefotothek.de/obj90017234.html.

    Abb. 6: Langer Gang im Stallhof des Dresdener Schlosses, Heinrich Göding, Kurfürst Friedrich von Sachsen, 1943, Foto © http://www.deutschefotothek.de/obj90017237.html.

    8 Heinrich Göding der Ältere (1531-1606) wurde Hofmaler von Kurfürst August (1526-1586). Zu der Galerie mit Hinweisen zu Vergleichsbeispielen z.B. in der Petit Galerie im Louvre in Paris oder dem spanischen Saal in Schloss Ambras siehe Seelig 1980 (wie Anm. 10) hier: 288, Anm. 209. Zu den überlieferten Kopien siehe Heinz-Werner Lewerken / Adrian Lewerken: Die Ahnengalerie der Wettiner. Ursprung und Bedeutung, in: Ausstellungskatalog: Die Ahnengalerie der Wettiner, Dresden 2006, 14-15.

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    http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/dehttp://www.deutschefotothek.de/obj90017237.htmlhttp://www.deutschefotothek.de/obj90017234.htmlhttp://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-dynastie/galerie/windt_dynastie-im-bild/abb.-5/viewhttp://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-dynastie/galerie/windt_dynastie-im-bild/abb.-6/view

  • Die Originale sind seit dem zweiten Weltkrieg verschollen, es haben sich jedoch mehrere Kopien

    erhalten, darunter Miniaturbilder der Serie sowie Kopien, die August der Starke für den Heldensaal der

    Festung Königstein hatte anfertigen lassen (Abb. 6). Anlass für die Einrichtung dieses Saales mit der

    Ahnengalerie könnte der Besuch des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. zusammen mit

    Kronprinz Friedrich im Jahre 1728 auf der Festung Königstein gewesen sein.9 Auch die Serie des

    Königstein wurde noch 1768, mit dem Regierungsantritt Kurfürst Friedrich August I. (1750-1827) um

    das Porträt seines Vaters, des Kurfürsten Friedrich Christian (1722-1763) erweitert. Vorgesehen war

    eigentlich eine Fortführung, die jedoch nicht zu Stande kam. Nicht aufgenommen wurde die Regentin

    Maria Antonia Walpurgis, die die Herrschaft zwischen 1763 und 1768 für ihren Sohn Friedrich August

    innehatte.

    Diese sächsischen Galerien kombinieren den Verweis auf die "Altehrwürdigkeit" des Geschlechts der

    Wettiner mit einer Darstellung ihres Ranges und "belegen" damit die Kontinuität seiner Herrschaft.

    Offensichtlich wurde diese Legitimation noch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts für wichtig

    erachtet.

    Die Münchner Ahnengalerie der Wittelsbacher zeigt, dass diese Tradition auch an anderen Orten im

    18. Jahrhundert weitergeführt wurde. Karl Albrecht von Bayern (1697-1745) aus dem Hause

    Wittelsbach ließ zwischen 1726 und 1730 in der Münchner Residenz diese Ahnengalerie, oder besser

    Familiengalerie, einrichten. Die mehrheitlich von Jacopo Amigoni und Georg Desmarées geschaffenen

    Bildnisse sind in die hölzerne Wandvertäfelung eingelassen und mit geschnitztem Ornament

    umrahmt.10 Beginnend mit dem ältesten, legendären Urahn Theodo, lässt er neben seinen Vorfahren,

    dazu gehören auch die Frauen, an zentraler Stelle Porträts von Karl dem Großen, den die Legende

    ebenfalls zum Urahn des Hauses Wittelsbach machte, und Ludwig IV. ,den Bayern (1282-1347),

    jeweils mit der Reichskrone anbringen. Ergänzt wurden die Bildnisse durch eine mit Feder und Pinsel

    gezeichnete Stammtafel im Süden der Galerie sowie Deckengemälde, in der Mitte eine Darstellung

    der Stiftung des St. Georgsordens am 24. April 1729, im Osten wohl die Belehnung des legendären

    Theodos mit dem Herzogtum Bayern nach 508 und im Westen die Wahl Ludwigs des Bayern zum

    Römisch-deutschen König im Jahre 1314.11 Die beiden letztgenannten Leinwandgemälde sind

    9 Heidrun Wrozel: Die Ahnenbildnisse der Dresdner Rüstkammer aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts, in: Ausstellungskatalog: Die Ahnengalerie der Wettiner (wie Anm. 8), 27-42, hier: 34.10 Siehe den grundlegenden Aufsatz von Lorenz Seelig: Die Ahnengalerie der Münchner Residenz. Untersuchungen zur malerischen Ausstattung, in: Quellen und Studien zur Kunstpolitik der Wittelsbacher vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, München 1980, 253-327.11 Die Wahl zum König war nicht eindeutig entschieden, so dass es in der Folge zu einem Doppelkönigtum mit Friedrich dem Schönen kam. Ludwig der Bayer ließ sich 1328 in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs wählen.

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  • Kriegsverluste.12

    Die Einbeziehung von Verwandten, aus dem Hause Habsburg hatte einen aktuellen politischen

    Anlass. Dieser lag in der Vorbereitung oder Bekräftigung von Karl Albrechts Anspruch auf die

    Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, nach der schon sein Vater Kurfürst

    Max Emanuel gestrebt hatte. Karl Albrecht leitete seine Forderungen unter anderem aus seiner Ehe

    mit Maria Amalia, jüngster Tochter von Kaiser Joseph I., ab. Im Falle eines Absterbens der Hauptlinie

    der Habsburger im Mannesstamm, beanspruchte Karl Albrecht die Herrschaft über Habsburger Länder

    und die Kaiserwürde. Diese Situation trat mit dem Tod Kaiser Karl VI. am 20. Oktober 1740 ein. Karl

    Albrecht und Friedrich August II. von Sachsen und König von Polen, der mit Maria Josepha, der

    ältesten Tochter Josephs I. verheiratet war, erkannten die Nachfolge der Tochter Karls VI., Maria

    Theresia, nicht an. Sie schlossen sich mit dem preußischen König Friedrich II. und Frankreich

    zusammen und eröffneten den Österreichischen Erbfolgekrieg. Karl Albecht ließ sich 1742 in Frankfurt

    am Main zum Kaiser krönen, während Maria Theresia Bayern besetzte. Seine Politik war durch diesen

    Erfolg seiner Gegnerin weitgehend gescheitert. Als Kaiser Karl VII. starb Karl Albrecht schon 1745. Die

    Ahnengalerie wurde trotzdem bis ins 20. Jahrhundert weitergeführt und umfasst heute 118 Bildnisse

    die mit demjenigen König Ludwigs III. enden.

    Friedrich und die geerbten Ahnengalerien

    Friedrich der Große richtete eine vergleichbare Galerie selbst nicht ein. Er erbte jedoch in seinen

    Residenzen mehrere Ahnengalerien und als Raumdekoration angelegte Stammtafeln. Eine nicht

    erhaltene Serie mit genealogischen Darstellungen wurde vom Cranachschüler Adam Lange (bis 1593)

    und seinem Gesellen Hans Henneberger (1560/70-1601) im Königsberger Schloss unterhalb der

    Decke und über den Fenstern des Festsaales des Schlosses gefertigt, des sogenannten

    Moskowitersaales, des damals größten Festsaales in Nordeuropa. Die Gemälde wurden 1786

    überstrichen, da sie zu diesem Zeitpunkt völlig verblichen waren.13 Von einer achtzehnteiligen

    Stammtafel aus dem Herzoggemach im Ostflügel des Königsberger Schlosses von denselben Malern

    haben sich Vorkriegsfotos erhalten (Abb. 7).14 Die Gemälde waren als doppelstöckige Steinbrüstung

    angelegt. Den über 300 kleinen Halbfiguren der Männer und Frauen, die über diese Brüstung

    schauen, waren auf der Brüstung erläuternde Texttafeln und Wappen zugeordnet. Die Folge begann

    12 Abb. bei Seelig: Ahnengalerie der Münchner Residenz (wie Anm. 10), hier: Tafel 77.13 Zum Moskowitersaal und den Malereien Wulf D. Wagner: Das Königsberger Schloss. Eine Bau- und Kulturgeschichte, 2 Bde., Regensburg 2008, hier: Bd. 1, 155-157.14 Von 1808 bis zum Zweiten Weltkrieg hing die Stammtafel im Ahnensaal von Schloss Königsberg, Raum 373 (89), Öl auf Leinwand, ca. 113 x 200 cm, Bartoschek gibt die Datierung 1559 an, die jedoch nicht zutreffend sein kann, in: Gerd Bartoschek / Christoph Martin Vogtherr (Bearb.): Zerstört, entführt, verschollen. Die Verluste der preußischen Schlösser im Zweiten Weltkrieg. Gemälde I, Potsdam 2004, 650-652. Zusammenfassung der Informationen und eine These zur Entstehung und Vergleichsbeispiele bei Wagner: Königsberger Schloss (wie Anm. 13), hier: 157.

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  • mit Eitel Friedrich I. Graf von Zollern. Als letzte zeigte sie die Kinder von Kurfürst Johann Sigismund

    (1572-1620) ohne dessen Sohn Georg Wilhelm (1595-1640). Da die Kinder zusammen mit ihren

    Ehepartnern nicht mehr ganz jung dargestellt sind, scheint der Zyklus auch nach dem Tod

    Hennebergers weitergeführt worden sein. Der Brüstung vorangestellt ist eine Art Gruft mit der

    Darstellung des legendären Stammvaters Srefridus (Abb. 8). Eine Inschrift besagt, dass er aus dem

    Geschlecht der Colonna aus Rom käme, aber von den Troianern abstamme. Von Kaiser Heinrich IV.

    sei er zum Grafen von Zollern gemacht worden.15 Neben der liegenden Figur des Ritters Sefridus sind

    die drei Säulen aus dem Wappen der Colonna dargestellt.

    Abb. 7: Schloss Königsberg, Ahnensaal, zerstört, Foto 1927-1940 © SPSG.

    Abb. 8: Adam Lange und Hans Henneberger, Teil einer Stammtafel, Schloss Königsberg, verschollen, Foto 1927-1940 © SPSG.

    Die Legende einer Abkunft der Hohenzollern von einem trojanischen Herrscher lebte bis ans Ende des

    17. Jahrhunderts. Noch 1680 führte Johann Melchior Wildeisen in seinem in Ansbach erschienenen

    Werk über die brandenburgische Genealogie das Geschlecht der Hohenzollern auf einen 440 v. Chr.

    verstorbenen Antenor, einen trojanischen König Marcomir und später Karl den Großen zurück.16 Seit 15 Die Inschrift über der Figur des legendären Ritters Sefridus lautet: "Ursprung und Herkommen der Durch/lauchtigen Hochgeborenen Churfürsten und Fürs/ten dieser Markgrafen zu Brandenburg etc. / Desgleichen der wohl geborenen Graffen von /Zollern sindt der Zeit als Srefridus von Rom / ein Cholumneser seines Ursprungs ein / Troianer in Deutschland kam zu Keiser / Heinrich dem 4 und von itzgedachtem Keiser / und seines adelichen gemüt und herkomme zu einem Graf/en von Zollern gemacht […] und nachmals zu den Keiser / Rudolf hat ein nachkomling Srefridus mit namen graff / Eidel Friderich in vormelet eine Tochter graff Albrecht von / habsberg ez. [?] von da an beide Geschlechte hier nach seint an/gezeigt nach berichtung Borge Risner [?] Ernholdt gezogen / aus der Cronica Amirandis".16 Zitiert nach Luh: Vom Alter und vom Rang (wie Anm. 7). Weitere Quellen zu dieser Legende bis ins frühe 18. Jahrhundert hinein siehe bei Wolfgang Neugebauer: Das historische Argument um 1701. Politik und Geschichtspolitik, in: Johannes Kunisch (Hg.): Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine

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  • Beginn des 18. Jahrhunderts mit dem Erscheinen verschiedener Nachschlagwerke und dem Beginn

    einer durch Friedrich III./I. geförderten genealogischen Forschung bemühte man sich um

    nachweisbare Genealogien. Friedrich der Große, der die genealogischen Folgen bei seinen

    Aufenthalten in Königsberg 1740 und 1750 gesehen haben wird, folgte diesen Legenden nicht mehr.

    In der Einleitung zu seinen "Mémoires" kommentiert er frühere Bemühungen. "Das Haus Brandenburg

    oder vielmehr das Haus Hohenzollern ist so alt, dass sein Ursprung sich im Dunkel der Vorzeit verliert.

    Sagen und Vermutungen lassen sich über seine Herkunft genug beibringen, doch dergleichen gehört

    nicht vor ein urteilsfähiges und aufgeklärtes Publikum in unserem Zeitalter. Wenig Wert legen wir auch

    darauf, wenn Genealogen dies Haus von den Colonna herleiten, und wenn sie dabei den groben

    Schnitzer begehen, das Zepter des brandenburgischen Wappens für die Säule zu halten, die jenes

    italienische Haus in seinem Schilde führt. Ebensowenig will es uns bedeuten, dass man die Grafen

    von Hohenzollern von Wittekind abstammen lässt, von den Welfen oder sonst welchem Geschlecht.

    Die Menschen, meine ich, sind allzumal eines Stammes, eines recht alten. Schließlich sind

    genealogische Untersuchungen ebenso wie etymologische Forschungen derartiger Kleinkram, dass

    sie schon um deswillen nicht würdig sind, einen denkenden Kopf zu beschäftigen. Tatsachen wollen

    wir sehen, Tatsachen von Belang, Dinge, die imstande sind, die Aufmerksamkeit vernünftiger Leute zu

    fesseln. So verzichten wir auf das Vergnügen, uns über diese ebenso nichtigen wie reizlosen

    Forschungen den Kopf zu zergrübeln."17 Allerdings führt auch Friedrich II. die Hohenzollern auf einen

    anderen legendären Urahn, nämlich Thassilo zurück, einen angeblichen Zeitgenossen Karls des

    Großen.18

    Eine aus dem Berliner Schloss erhaltene Serie von ganzfigurigen Porträts ist im 17. Jahrhundert

    entstanden und beschränkt sich auf die elf brandenburgischen Kurfürsten beginnend mit dem ersten

    Kurfürsten der Hohenzollern und Erzkämmerer des Reiches Friedrich I. (1372, reg.1415-1440) und

    endend mit dem Großen Kurfürsten (1620-1688) von einem unbekannten Maler.19

    Tagungsdokumentation, Berlin 2002 (Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N.F. Beiheft 6), 27-48, hier: 30-34.17 Vgl. Gustav Bernhard Volz: Die Werke Friedrichs des Großen: in deutscher Übersetzung, Berlin 1913-19, hier: Bd. 1, 1913, 12, und Johann D. E. Preuss (Hg.): Œuvres de Fréderic le Grand, Fürstenausgabe, Berlin 1846-1856, hier: Bd. 1, 1846, 1.18 Preuss: Œuvres (wie Anm. 17), Bd. 1, Berlin 1846, 2. Zur Geschichte und Verbreitung dieser Legende siehe Neugebauer: Das historische Argument (wie Anm. 16), 36-48, zum Verweis Friedrichs II. auf diese Tradition ebendort Anm. 95. Es gab zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf der Plassenburg zwei damals zwölfteilige aus dem 17. Jahrhundert stammende Serien ganzfiguriger Bildnisse einiger legendärer Grafen von Zollern. Die Serien könnten ursprünglich aus Bayreuth und aus Ansbach stammen. Heute haben sich noch sieben der Gemälde im Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten erhalten, unter anderen auch ein Bildnis des Grafen Tassilo von Zollern (GK I 1112).19 Die Maße variieren zwischen ca. 210 x 99 cm und 240 x 109 cm. GK I 1108 Friedrich I., GK I 1109 Friedrich II., GK I 1110 Albrecht Achilles, GK I 1111 Johann Cicero, GK I 1112 Joachim I. Nestor, GK I 1114 Joachim Hektor II., GK I 1115 Johann Georg, GK I 1116 Joachim Friedrich, GK I 1117 Johann Sigismund, GK I 1118 Georg Wilhelm, GK I 1120 Friedrich Wilhelm, Öl auf Leinwand, SPSG. Die Gemälde hingen nach 1920 in der Wohnung Friedrich Wilhelms IV. in der ehemaligen Erasmuskapelle. Die Darstellungen fußen zumeist auf älteren Bildnissen der Kurfürsten, unter anderem auch von Cranach.

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  • Abb. 9: unbekannter Maler, 2. Hälfte 17. Jahrhundert, Kurfürst Johann Cicero, SPSG, GK I 1111, Foto Michael Lüder 2008 © SPSG.

    Abb. 10: unbekannter Maler,1. Hälfte 17. Jahrhundert, Kurfürst Johann Sigismund, SPSG, GK I 1117, Foto Michael Lüder 2008 © SPSG.

    Bis auf eines, wirken die Bildnisse relativ einheitlich und sind aus stilistischen Gründen in die Zeit des

    Großen Kurfürsten datierbar. Es ist wahrscheinlich, dass dieser diese Serie in Auftrag gab. Das Bildnis

    des Kurfürsten Johann Sigismund unterscheidet sich im Format, dem dargestellten Hintergrund mit

    den ihn bekrönenden Engeln und in stilistischer Hinsicht deutlich von den anderen und ist mit großer

    Wahrscheinlichkeit schon Anfang des 17. Jahrhunderts entstanden. Es könnte damit den Ausgang für

    die Serie gebildet haben. Die „Galerie“, deren ursprünglicher Bestimmungsort bisher nicht bekannt ist,

    stellt nicht mehr das Alter des Geschlechts in den Mittelpunkt, sondern vielmehr den Rang der

    Hohenzollern als Kurfürsten von Brandenburg und Erzkämmerer des Heiligen Römischen Reichs.

    Diese Rolle der Hohenzollern wird eindrücklich durch die Darstellung des ursprünglich von Papst Pius

    II. 1460 an Albrecht Achilles verliehene, später als Kurschwert angesehene Schwert und des Szepters,

    das die Rolle des Erzkämmerers symbolisiert dargestellt.

    Aus dem frühen 18. Jahrhundert stammt die Ahnengalerie in der Alten- oder Eichengalerie von

    Schloss Charlottenburg. König Friedrich I. richtete sie wohl zwischen 1710 und 1713 ein, also

    nachdem er sich in Königsberg zum König in Preußen gekrönt hatte. Sein Staatsporträt als König in

    Preußen von Friedrich Wilhelm Weidemann über dem Kamin bildet darum auch das Zentrum des

    nach englischem Vorbild getäfelten Raumes (Abb. 11).20 Die Galerie umfasst außerdem die meist von

    20 Friedrich Wilhelm Weidemann, König Friedrich I., Öl auf Leinwand, 251 x 141 cm, SPSG, GK I 3450. Zu dem Gemälde Helmut Börsch-Supan: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, ihre Geschichte von der Renaissance bis zum Biedermeier dargestellt am Kunstbesitz der Berliner Schlösser, Berlin 1980, 89-90. Zur Galerie im 18. Jahrhundert siehe Rudolf Scharmann: Namenspatronin Charlottenburgs und philosophische Königin. Zum

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  • einem unbekannten Maler gefertigten ovalen Porträts der Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern.

    Sie beginnt mit Friedrich I. von Hohenzollern und endet mit den Porträts Friedrich Wilhelm I. und

    seiner Gemahlin von Weidemann. Die Darstellungen der Physiognomien der frühen Kurfürsten fußen,

    wie auch die vorgenannte ganzfigurigen Serie aus dem Berliner Schloss, auf älteren Bildnissen. Ziel

    dieser Galerie war sicherlich die Legitimation der Königswürde durch eine Veranschaulichung der

    althergebrachten Kurfürstenwürde im Hause Hohenzollern noch einmal zu unterstreichen.

    Abb. 11: Schloss Charlottenburg, Alte- oder Eichengalerie, Foto Leo Seidel 2005 © SPSG.

    Friedrich II. selbst führte diese Galerie zwar nicht fort, in diesem Fall haben wir jedoch einen Hinweis

    darauf, dass sie für sein Selbstverständnis bzw. für die Darstellung seines Herkommens wichtig war.21

    Die Bildnisse dienten als Vorlagen für die Brustporträts der Kurfürsten, welche der Stecher Georg

    Friedrich Schmidt für die 1767 erschienene Prachtausgabe von Friedrichs "Mémoires pour servir à

    l'histoire de la Maison de Brandebourg" anfertigte – und dies geschah sicherlich nicht ohne das

    Wissen und ohne die Zustimmung des Königs. Besonders deutlich ist die Abhängigkeit bei dem Bildnis

    des Großen Kurfürsten, dessen gemaltes Vorbild von Abraham Romandon stammt (Abb. 12, Abb.

    13).22 Aber auch die Ähnlichkeit des Porträts von Kurfürst Friedrich I oder Johann Sigismund mit den

    gestochenen Bildnissen zeugen von einer direkten Abhängigkeit (Abb. 14, Abb. 15).

    Nachleben Sophie Charlottes im 18. und 19. Jahrhundert, in: Ausstellungskatalog Sophie Charlotte und ihr Schloss. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, München / London / New York 1999, 178-186, hier: 180. Ein Teil der Gemälde ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Eine Auflistung aller noch vorhandenen Gemälde in: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hg.): Amtlicher Führer Schloss Charlottenburg, bearbeitet von Guido Hinterkeuser, 9.Auflage, Potsdam 2002, 120f.21 Erst nach dem Tod Friedrichs II. wurde die Galerie erweitert durch sein Porträt. Auch die meisten der Porträts der Gemahlinnen der Kurfürsten sind erst am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden.22 Abraham Romandon, Kurfürst Friedrich Wilhelm, Öl auf Leinwand, 80 x 64 cm, 1686/87, SPSG, Schloss Charlottenburg, GK I 3446. Dazu siehe Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten (Hg.): Ausstellungskatalog: Höfische Bildnisse des Spätbarock, bearbeitet von Helmut Börsch-Supan, Berlin 1966, 146f.

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  • Abb. 12: Abraham Romandon, Kurfürst Friedrich Wilhelm, SPSG, Schloss Charlottenburg, Eichengalerie, GK I 3446, Foto © SPSG.

    Abb. 13: Georg Friedrich Schmidt nach Romandon, Kurfürst Friedrich Wilhelm, aus: Mémoires pour servir à l`histoire de la Maison de Brandebourg, Berlin 1767, Seite 109.

    Abb. 14: unbekannter Maler, Anfang 18. Jahrhundert, Kurfürst Friedrich I., SPSG, Schloss Charlottenburg, Eichengalerie, GK I 3427, Foto vor 1945 © SPSG.

    Abb. 15: Georg Friedrich Schmidt nach unbekanntem Maler, Kurfürst Friedrich I., aus: Mémoires pour servir à l`histoire de la Maison de Brandebourg, Berlin 1767, Seite 11.

    Die Ahnengalerie in Charlottenburg erhält durch seinen weiteren Bildschmuck einen

    zukunftsweisenden Charakter. Ein Zyklus von zehn über Spiegeln oder Türen angebrachten

    Darstellungen zeigen die Abenteuer des Telemach nach Homers Odyssee (Abb. 16).23 Die Geschichte

    dieses Sohnes von Odysseus, der sich auf die Suche nach seinem Vater macht und dabei

    verschiedene Abenteuer erlebt und Versuchungen widerstehen muß, wurde zur Zeit Ludwigs XIV. von

    François Fénelon neu als Abenteuerroman erzählt. Das Buch, das Fénelon für die Prinzenerziehung

    geschrieben hatte, war von Königin Sophie Charlotte ihrem Sohn, dem späteren König Friedrich

    Wilhelm I., als Lektüre nahegelegt worden, und auch Friedrich hat es intensiv gelesen. In seinem 23 Darstellungen aus der Odyssee, Öl auf Leinwand, 84 x 73 cm, SPSG, Schloss Charlottenburg, GK I 3425-3426 und GK I 8811-8818. Zu der Serie siehe Helmut Börsch-Supan: Augustin Terwestens Odysee-Zyklus in der Eichengalerie im Schloss Charlottenburg, in: Museums-Journal 10, 1996, H. 3, 85-87. Iris Wendeholm, in: Ausstellungskatalog Sophie Charlotte und ihr Schloss (wie Anm. 20), hier: 331f.

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  • "Antimachiavell" nutzte er die Charakterisierung des Telemach um ein Gegenbild zu dem Fürstenbild

    des Machiavelli zu zeichnen.24 Man kann also mit guten Gründen annehmen, dass er sich diesen

    Bilderzyklus eingehend angesehen und die Szenen erkannt hat.

    Abb. 16: Unbekannter Maler, Odysseus Amme Eurykleia geleitet Telemach in sein Schlafgemach, Schloss Charlottenburg, Alte- oder Eichengalerie, GK I 8814, Foto © SPSG.

    König Friedrich II. übernahm eine weitere, weitaus ambitioniertere Galerie: Im Auftrage des Kurfürsten

    Friedrich Wilhelm hatte der Amsterdamer Bildhauer Bartholomäus Eggers eine Serie von marmornen

    Standbildern der Kurfürsten begonnen. Bis 1687 waren elf überlebensgroße Skulpturen fertiggestellt.

    Das früheste Standbild zeigt wieder den ersten Kurfürsten der Hohenzollern Friedrich I. (1372-1440).25

    Die Serie fand Aufstellung in dem von Friedrich Wilhelm um 1680 neu erbauten fünfachsigen Festsaal

    im Berliner Schloss, dem später so genannten Alabastersaal.26 Dort standen die Bildwerke in von

    Kolossalpilastern flankierten Nischen (Abb. 17). Nach dem Tod des Kurfürsten 1688, ließ sein Sohn

    Kurfürst Friedrich III. sein eigenes Standbild (Abb. 18) und die Skulpturen von Julius Cäsar, Kaiser

    Konstantin, Karl dem Große und Kaiser Rudolf von Habsburg (Abb. 19) hinzufügen und 1694

    ebenfalls im Alabastersaal aufstellen.27 Die Erweiterung, die wahrscheinlich schon vom Großen

    24 Preuss (Hg.): Œuvres (wie Anm. 17), Bd. 8, Berlin 1848, L'Antimachiavel, ou examen du prince de Machiavel, Chapitre VII, 92.25 Galland publizierte ein Schreiben des Kurfürsten vom August 1686 in dem von elf bestellten Standbildern die Rede ist, von denen acht versandfertig seien. Die fehlenden drei brachte Eggers offensichtlich 1687/88 nach Berlin. Siehe Georg Galland: Bartolomäus Eggers. Urkundliches zu seiner Berliner Tätigkeit, in: Kunstchronik, N.F. 2.1890/91, 81-87, hier: 84-85.26 Zur Baugeschichte siehe Guido Hinterkeuser: Das Berliner Schloss, Berlin 2003, 79-81. Gregorio Leti spricht in seiner 1687 publizierten Beschreibung der Standbilder offenbar fälschlich von zwölf Skulpturen, die in jenem Jahr errichtet worden seien und die im Saal des Schlosses aufgestellt werden sollten. Siehe Gregorio Leti: Ritratti Historici, Politici, Chronologici e Genealogici Della Casa Serenissima, & Elettorale di Brandeburgo, Divisa in Sette Libri, nel I. si tratta dell'Origine, Discendenti, e Matrimoni della Casa Serenissima di Brandeburgo, Amsterdam 1687, 341f.27 Der Brief des Bildhauers mit seinem Angebot für Kurfürst Friedrich III. Abgedruckt bei Galland: Eggers (wie Anm. 25). Die Skulpturen sollten 1688/1689 fertiggestellt und vom Bildhauer nach Berlin gebracht werden.

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  • Kurfürsten vorgesehen war,28 könnte auf das von diesem veranlasste genealogische Werk, den

    "Tabulae Genealogicae", von Johann Brünger zurückgehen.29 Brünger leitete darin 1650 das

    Geschlecht der Hohenzollern unter anderen von Kaiser Konstantin und Karl dem Großen ab. Nach

    dieser Konstruktion hätten die Hohenzollern und die Habsburger gemeinsame Vorfahren, denn in der

    damaligen Geschichtsschreibung wurden diese Herrscher auch als Ahnen der Habsburger

    angesehen.30

    Abb. 17: Alabastersaal im Berliner Schloss, Kupferstich von Constantin Friedrich Blesendorf und Schott in: Lorenz Beger: Theaurus Brandenburgicus I, 1696, S. 227, Foto Universitätsbibliothek

    Heidelberg.

    Galland vermutet, dass der um 1690 verstorbene Eggers diese Werke nicht mehr vollständig selber verfertigt habe, sondern Gehilfen die Ausführung vornahmen. Georg Galland: Der Große Kurfürst und Moritz von Nassau der Brasilianer, Frankfurt a.M. 1893, 181-185.28 Es ist umstritten, ob schon der Kurfürst Friedrich Wilhelm die Erweiterung der Standbilder um die Kaiserdarstellungen gewünschte hatte und diese zu seinen Lebzeiten nur noch nicht vollendet werden konnten, oder ob erst sein Sohn Friedrich III. diese Erweiterung des Programms geplant hat. Galland geht davon aus, dass schon der Große Kurfürst die Kaiserbilder haben wollte, da Eggers in einem Schreiben daran "erinnert", ihm die Anfertigung der Skulpturen zu übertragen Siehe Galland: Kurfürst (wie Anm. 27), 168f.29 Staatsbibliothek zu Berlin - Preussischer Kulturbesitz - Handschriftenabteilung, Ms. Boruss. fol. 57, Tabulae Genealogicae. Welcher Maßen Der Durchleüchtister Fürst Unndt Herr, Herr Friedrich Wilhelm Marggraff Zu Brandenburgk ... Von Wegen Deß Hochlöblichen Hauses Gülich, Cleue Und Bergk ect. Von Nachfolgenden Kayserl: Konig: Chur: Unnd Fürstlichen Häusern Seinen Uhrsprung Unnd Abkunfft hatt ... Colligirt ... Durch ... Johannem Brünger, zitiert nach Luh: Vom Alter und vom Rang (wie Anm. 7).30 Stefan Benz: Vergessene Größe In: Friedrich300 - Colloquien, Friedrich und die historische Größe URL: http://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-groesse/benz_groesse Dokument zuletzt verändert am: 15.02.2012 11:01 .

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  • Abb. 18: Bartholomäus Eggers, Friedrich III./I., SPSG, Foto Roland Handrick 1998 © SPSG.

    Abb. 19: Bartholomäus Eggers, Kaiser Rudolf, SPSG, Foto Roland Handrick 1998 © SPSG.

    Es liegt nahe, den Grund dieser Erweiterung der genealogischen Reihe in der damaligen

    Bündnispolitik der Hohenzollern und der Habsburger zu sehen, die sich in den Auseinandersetzungen

    mit Frankreich und Spanien Beistand versprochen hatten. Kurfürst Friedrich Wilhelm und Kaiser

    Leopold I. hatten 1686 die Augsburger Allianz geschlossen, einen Beistandpakt, bzw. ein

    Defensivbündnis. In der Folge sicherte Kaiser Leopold Kurfürst Friedrich III. die Anerkennung der

    Erhebung des reichsunabhängigen Herzogtum Preußen zum Königreich zu. Vor diesem Hintergrund

    kann die Galerie als Demonstration der Magnifizenz des Hohenzollerngeschlechts und Zeugnis der

    vom Kaiser anerkannten Souveränität gesehen werden, die einer Vorbereitung und Untermauerung

    des Anspruchs auf die Königswürde in Preußen dienen sollte. Die Tatsache, dass Gregorio Leti schon

    1687 die Herrschergalerie noch ohne die Kaiserstatuen als "un opera di magnificenza Reale", also als

    ein Werk von königlicher Magnifizenz bezeichnete, spricht dafür, dass das Programm schon unter

    Kurfürst Friedrich Wilhelm in diese Richtung zielte und dass die Botschaft verstanden wurde.31 Als die

    vom Kurfürsten intendierte Aussage gab Leti an, dass diese Marmorwerke von der ewigen Dauer

    (eternità) dieses ehrwürdigen Hauses künden sollten.

    Für diese Galerie könnte wieder Dresden vorbildlich gewesen sein. Der sächsische Kurfürst Christian

    I. hatte 1589 ein Lusthaus über den Bastionsanlagen an der Elbe, dem Ort des späteren Belvedere

    auf der Brühlschen Terrasse, begonnen. Der mehrgeschossige von Giovanni Maria Nosseni errichtete

    Renaissancepavillon besaß einen unteren Grottensaal, der als Antiquiarium diente und in dem 69

    Büsten der Herzöge und Kurfürsten von Sachsen auf Säulenpostamente aufgestellt wurden. Sie

    bestanden zunächst aus Gips und sollten im Laufe der Zeit durch Bronzegüsse ersetzt werden.32 In

    einem darüberliegenden Festsaal mit einer ovalen Innenkuppel standen in säulenflankierten Nischen

    fünf ganzfigurige Sandsteinskulpturen der Kaiser Karl V. (1500-1558), Maximilian II. (1527-1576),

    Rudolf II. (1552-1612), Matthias I. (1557-1619), und Ferdinand II. (1578-1637), denen fünf Kurfürsten

    gegenübergestellt waren, nämlich Moritz (1521-1553), und sein Bruder August (1526-1586), Christian

    I. (1560-1591), Christian II. (1583-1611) und dessen Bruder und Nachfolger Johann Georg I. (1585-

    1656). Sie wurden ergänzt durch 10 Statuen von Tugenden oder Musen.33

    31 Leti: Ritratti (wie Anm. 26), 341.32 46 der Büsten schuf der Florentiner Bildhauer und Mitarbeiter Gianbolognas und Vasaris Carlo di Cesare del Palagio (1598-1600). Dorothea Diemer: "Palagio, Carlo di Cesare del", in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 8-9 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd128737336.html. . Erhalten ist die Büste von Kurfürst Christian I. in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Skulpturensammlung, Abb. siehe: http://skd-online-collection.skd.museum/de/contents/show?id=165859. . Zur Baugeschichte und Ausstattung des Lusthauses sowie einer Rekonstruktion des Festsaales siehe Walter Bachmann: Nossenis Lusthaus auf der Jungfernbastei in Dresden, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 56 (1935), 1-29, hier: 10.33 Diese Skulpturen schufen u. a. Sebastian Walther (1576-1645) und Zacharias Hegewald (1596-1639). Siehe

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  • In diesem Programm schien es jedoch eher um die Parallelität der Regierungszeiten und um

    gemeinsame Werte als um eine verwandtschaftliche Verbindung zu gehen. Die Skulpturen sind

    wahrscheinlich nach 1621, also während der Regierungszeit Johann Georgs, der ein treuer Anhänger

    der Habsburger war, entstanden.34 Der Bau mitsamt seiner kostbaren festen Ausstattung wurde 1747

    bei der Explosion des unter dem Haus gelagerten Schwarzpulvers vollständig zerstört. Friedrich II.

    und sein Vater könnten ihn bei ihrem Aufenthalt in Dresden im Januar /Februar 1728 noch gesehen

    haben, eventuell anlässlich eines Ringrennens, dass vor dem Lusthaus veranstaltet wurde.35 Im

    selben Jahr noch ließ Friedrich Wilhelm I. einige Räume im Berliner Schloss verschönern und die

    Skulpturen der Kurfürsten und Kaiser in den neu gebauten Festsaal, den Weißen Saal, bringen.

    Weder Friedrich Wilhelm I. noch Friedrich der Große setzten aber dieses sehr anspruchsvolle

    Programm fort. Politisch lag jetzt eine Betonung von Verbindungen mit dem Hause Habsburg eher

    fern.36 Heute haben die erhaltenen Skulpturen einen provisorischen Standort im Marmorsaal und im

    Oberen Vestibül des Neuen Palais.37

    Die beschriebenen Beispiele haben gezeigt, dass derartige einheitlich konzipierte Ahnengalerien in

    der Regel aus einem konkreten Anlass heraus und als gezielte politische Äußerung entstanden sind.

    Vor diesem Hintergrund ist die Betrachtung der von Friedrich II. initiierten dynastischen Werke und die

    Frage nach den Hintergründen von deren Entstehung bzw. Neupräsentation besonders interessant.

    Friedrichs dynastische Werke

    In der Mitte der 40er Jahre ließ der König im Park von Sanssouci acht Büsten zu einem

    "Oranierrondell" zusammenstellen (Abb. 20).38 Es handelt sich um Büsten von Mitgliedern aus dem

    Bachmann: Nossenis Lusthaus (wie Anm. 32), 18.34 Bachmann, Nossenis Lusthaus (wie Anm. 32), 9.35 Bachmann, Nossenis Lusthaus (wie Anm. 32), 27.36 Benz, Vergessene Größe (wie Anm. 30), 29f.37 Die Skulpturen von Joachim Friedrich und Georg Wilhelm sind seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Siehe Saskia Hüneke in: Ausstellungskatalog, Der Große Kurfürst. Sammler, Bauherr, Mäzen, hg. von der Generaldirektion der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci 10. Juli bis 9. Oktober 1988, Neues Palais in Sanssouci, Potsdam 1988, 125f.38 Nachgewiesen zuerst auf dem 1772 erschienenen Gartenplan von F. Zacharias Salzmann. Die dort angegebene Nummerierungen der Bildwerke sind aufgelistet in dem dazugehörigen in Potsdam bei Michael Gottlieb Sommer gedruckten Verzeichnis "Erklärung eines in Kupfer gestochenen Haupt=Plans von Sans=Souci und Neuen Palais wie auch allen dazu gehörigen Gebäuden und Garten=Partien". Ausführlichere Beschreibungen bei Matthias Oesterreich: Beschreibung und Erklärung der Grupen, Statuen, ganzen und halben Brust-Stücke, Basreliefs, Urnen und Vasen von Marmor, Bronze und Bley, sowohl von antiker als moderner Arbeit, welche die Sammlung Seiner Majestät, des Königs von Preußen, ausmachen [...], Berlin 1775,

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  • Hause Nassau-Oranien, gestaltet von François Dieussart (1600-1661).39 Sie zeigen Philipp Wilhelm

    Prinz von Nassau-Oranien (1554-1618) und seine Halbbrüder Moritz (1567-1625)40 und Friedrich

    Heinrich (1584-1647)41, Statthalter der Niederlande. Diesem Bildnis ist die Büste seiner Frau, Amalie

    von Solms-Braunfels (1602-1675) beigegeben. Ebenfalls mit Büsten vertreten sind die Kinder des

    Paares mit deren Ehepartnern: Luise Henriette (1627-1667), die mit dem Großen Kurfürsten

    verheiratet war, und Wilhelm II. (1626-1650), Prinz von Oranien und Graf von Nassau, Nachfolger

    seines Vaters als Statthalter der Niederlande und verheiratet mit der englische Prinzessin Maria Stuart

    (1631-1660). Die zwischen 1641 und 1650 entstandenen Büsten der oranischen Prinzen hatte der

    Große Kurfürst schon 1652 aus dem Besitz von Johann Moritz von Nassau-Siegen erworben.42 Dieses

    Datum tragen auch seine eigene und die Büste seiner Frau (Abb. 21, Abb. 22), so dass man

    annehmen kann, dass er sie zu diesem Zeitpunkt von Dieussart, der sich seit 1650 in Berlin aufhielt,

    ergänzen ließ.43 Über die genaue Entstehungszeit und Herkunft der Büsten von Amalie von Solms und

    Maria Stuart ist nichts bekannt.44 Für die Hohenzollern sind gerade sie jedoch von großer Bedeutung,

    da die weibliche Linie eine Verwandtschaft mit den Oraniern (Luise Henriette) und über diese mit dem

    englischen Könighaus herstellt. William und Maria, Tochter des abgesetzten König Jacob II., wurden

    1689 in England zu William II. und Queen Mary II. gekrönt.45

    unveränderter Nachdruck 1990, 5f.39 Siehe in: Saskia Hüneke (Bearb.): Amtlicher Führer. Bauten und Bildwerke im Park Sanssouci, hg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Berlin 2000, 93-96. Oesterreich: Beschreibung und Erklärung der Grupen (wie Anm. 38), 5, schreibt, wie auch schon Salzmann, die Büsten des Kurfürsten Friedrich Wilhelm und Luise Henriette fälschlich Schlüter, die anderen Artus Quellinus zu. Quellen belegen dagegen, dass sie von Dieussart geschaffen wurden. Hüneke, ebd., 193f.40 Potsdam, SPSG, Skulpt.slg 265.41 Potsdam, SPSG, Skulpt.slg. 266.42 François Dieussart hielt sich zwischen 1641 und 1650 in Den Haag auf. Die Büsten sind 1647 im Besitz von Johann Moritz von Nassau-Oranien nachweisbar. Zum Kaufvertrag siehe Galland: Kurfürst (wie Anm. 29), 152. Georg Galland: Hohenzollern und Oranien; neue Beiträge zur Geschichte der niederländischen Beziehungen im 17. und 18. Jahrhundert und anderes, Straßburg 1911, 47-52; Zusammenfassung der Forschung bei Saskia Hüneke in: Ausstellungskatalog: Onder den Oranje Boom, Niederländisch Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen, Katalogband, München 1999, hier: 193f.43 Büste des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, 1652, Marmor, H. 81 cm, bezeichnet auf dem Sockel: FRID. / WILHELM. / ELECT. / BRANDENBURG. / ANo AET. 1652, SPSG, Skulpt.slg. 195, GK III 2756; Büste der Kurfürstin Luise Henriette, 1652, Marmor, H. 81 cm, bezeichnet auf dem Sockel: LVDVICA / AVRIACA / ELECT. / BRANDENB. / ANo AET 24 / 1652, SPSG, Skulpt.slg. 194, GK III 2757. Oesterreich 1775 (wie Anm. 38) hier: 5, erwähnt die Inschriften. Heute sind alle Büsten und die Sockel durch moderne Kopien ersetzt. Die Originale befinden sich im Oranjesaal des Schlosses Oranienburg.44 Dieussart arbeitete zwischen 1648 und ca. 1655 für Kurfürst Friedrich Wilhelm und ist seit 1650 in Berlin.45 Zur Deutung des Skulpturen im Kontext der Parkes siehe Saskia Hüneke: Aus dem Garten gelesen. Ikonographische Strukturen im Park Sanssouci, in: Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 6 (2004), 205-226. Adrian von Buttlar / Marcus Köhler: Tod, Glück und Ruhm in Sanssouci. Ein Führer durch die Gartenwelt Friedrichs des Großen, hg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Ostfildern 2012, 88-93.

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  • Abb. 20: Ausschnitt aus dem Gartenplan von F. Zacharias Salzmann mit Markierung des Oranierrondells, SPSG, Plansammlung 7416, Foto © SPSG.

    Abb. 21: François Dieussart, Kurfürst Friedrich Wilhelm, SPSG, Skulpt.slg. 195, Foto © SPSG.

    Abb. 22: François Dieussart, Kurfürstin Luise Henriette, SPSG, Skulpt.slg. 194 Foto © SPSG.

    Eine weitere, diesem Familienzweig gewidmete Skulpturenserie ließ Friedrich 1747 in dem Plan von

    1789 wohl irreführend als "Place des 4 Electeurs" bezeichneten Rondell im Lustgarten des Potsdamer

    Stadtschlosses aufstellen (Abb. 23).46 Es handelte sich um vier Standbilder von Prinzen aus dem

    Hause Oranien und Statthalter der Niederlande: von Wilhelm (der Schweiger), dem Vater von Moritz

    und Friedrich Heinrich sowie dessen Sohn Wilhelm II (Abb. 24, Abb. 25).47 François Dieussart hatte sie

    1646/1647 im Auftrag von Amalie von Solms, der Schwiegermutter von Kurfürst Friedrich Wilhelm für

    Huis ten Bosch geschaffen. Friedrich II. waren sie aus der Oranischen Erbschaft zugefallen.48

    46 Das Datum der Aufstellung lässt sich aus einem zeitgenössischen Reisebericht erschließen. Siehe "…Gantz unvergleichlich…". Ernst Samuel Jacob Borchwards Reise ins Potsdam Friedrichs des Grossen 1749, hg. von Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Kiel 2012, 48.47 Wilhelm der Schweiger war der Anführer im Freiheitskampf der nördlichen Provinzen der Niederlande gegen das katholische Spanien Philipps II. Nach seiner Ermordung 1584 folgten ihm seine Brüder Moritz und Friedrich Wilhelm im Wahlamt der Statthalterschaft, später auch der Sohn Friedrich Heinrichs als Wilhelm II.48 Die Skulpturen hatten sich zunächst im Huis ten Bosch und dann von 1694 vermutlich bis nach 1707 im Huis Honselaarsdijk befunden. Friedrich der Große erbte sie über seine Urgroßmutter und Gemahlin des Kurfürsten

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  • Abb. 23: Humbert und Pircher: Potsdamer Stadtschloss, Lustgarten 1789, Feder in rot und schwarz, SPSG, Neuer Zugangskat., Nr. 5795. Foto Roland Handrick 1999 © SPSG.

    Abb. 24: François Dieussart, Friedrich Heinrich Prinz von Oranien, zerstört, Foto vor 1945, Foto © SPSG.

    Abb. 25: François Dieussart, Moritz Prinz von Oranien, zerstört, Foto vor 1945, Foto © SPSG.

    Friedrich Wilhelm, Luise Henriette. 1838 wurden sie im Marmorsaal des Potsdamer Stadtschlosses aufgestellt und dort beim Brand am 14. April 1945 zerstört. Fragmente wurden 1999 beim Abtrag eines Stadions, das 1949 im Lustgarten errichtet und mit dem "Schutt" aus dem Schloss angeschüttet worden war, von der Unteren Denkmalschutzbehörde sichergestellt. Der Kopf der Statue Wilhelms des Schweigers konnte 2005 im Kunsthandel zurückerworben werden. SPSG, Skulpt.slg. 3896, GK III 481, sonst Verlust: GK III 481- 484. Siehe dazu auch den Kommentar von Hüneke in: "…Gantz unvergleichlich…" (wie Anm. 46), 86.

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  • Angesichts der prominenten Aufstellungen dieser Figuren stellt sich die Frage, warum Friedrich

    gerade die Verbindung zu den Oraniern derart betonte? Ein Grund könnte eine Bekräftigung seiner

    Ansprüche aus der Oranischen Erbschaft gegen das Haus Nassau-Dietz gewesen sein. Dies

    erscheint jedoch kein ausreichendes Motiv zu sein, da der Konflikt schon einige Zeit zurücklag und für

    Friedrich keine größere Bedeutung mehr hatte. Die Programme hängen wohl eher mit dem Bild des

    Großen Kurfürsten zusammen, das Friedrich auch in seinen Schriften entwirft. In seiner "Geschichte

    des Hauses Brandenburg" feiert der König den Kurfürst Friedrich Wilhelm als den Großen und

    schildert ihn als den Neubegründer des Vaterlandes. Er skizziert auch dessen Jugend und beschreibt

    den Hof der Oranier, an dem Friedrich Wilhelm erzogen worden war, als den Ort, an dem dieser seine

    Tugend bewahrt habe und habe stärken können und an dem Friedrich Wilhelm wichtige Anregungen

    für seine zukünftige Regierung erhalten habe. Das Feldlager von Friedrich Heinrich von Oranien, dem

    späteren Schwiegervater des Großen Kurfürsten, sah Friedrich II. als dessen Kriegsschule an.49

    Dass der Große Kurfürst für das Geschichtsbild des Hauses Brandenburg, das Friedrich II. zeichnete,

    von besonderer Bedeutung war, zeigen weitere von Friedrich beauftragte Werke. 1755 ließ er auf dem

    Marktplatz vor dem Potsdamer Schloss einen Obelisken errichten. Das von Knobelsdorff entworfene

    Denkmal zeigte auf seinen vier Seiten Tondi mit den Brustbildern des Großen Kurfürsten, König

    Friedrichs I., König Friedrich Wilhelms I. und sein eigenes über Sphingenskulpturen. Zusammen mit

    denen seiner Vorfahren bildete sein Abbild hier also ein Denkmal der Beständigkeit und der Weisheit

    (Abb. 26).50 In der Berlinischen Privilegierten Zeitung wird der Obelisk beschrieben.51 Der Große

    Kurfürst wird hier als "Friedrich der Große" bezeichnet, eine Bezeichnung, deren Quelle durchaus bei

    Friedrich II. liegen könnte. Die Analogie zu der schon eingeführten Benennung seiner eigenen Person

    war sicherlich erwünscht. Die Tondi sind nur teilweise erhalten und wurden nach dem Zweiten

    Weltkrieg durch andere ersetzt.

    49 Preuss: Œuvres (wie Anm. 17), Bd. 1: Mémoires pour servir a l'Histoire de la maison de Brandenbourg, 60f.50 Über die verschiedenen von Friedrich aufgestellten Obelisken und ihre Vorläufer siehe: Buttlar / Köhler: Tod, Glück und Ruhm (wie Anm. 45), 79-83.51 Berlinische Privilegierte Zeitung vom 10.07.1755. Für den Hinweis auf diese Quelle danke ich Alfred Hagemann. Zu DDR-Zeiten wurden statt der Herrschertondi Reliefbilder von Knobelsdorff, Gontard, Schinkel und Persius in den Obelisken gesetzt, die sich noch heute dort befinden.

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  • Abb. 26: Johann Friedrich Meyer, Der Alte Markt mit dem Obelisken, 1772, SPSG, GK I 5754, Foto Roland Handrick 1997 © SPSG.

    Friedrich hatte dem Großen Kurfürsten auch zuvor schon ein Denkmal gesetzt. Zwischen 1749 und

    1752 ließ der König den Marmorsaal des Potsdamer Stadtschlosses, seine damalige Hauptresidenz,

    umgestalten.52 Er vollendete damit ein Werk des Großen Kurfürsten und Friedrichs I.53 Den zentralen

    Saal hatte Kurfürst Friedrich Wilhelm erbauen und mit Gemälden ausgestatten lassen (Abb. 27).54

    Aber offenbar wurden schon zu seinen Lebzeiten die Gemälde durch zwei große Darstellungen des

    flämischen Rubensschülers und -mitarbeiters Theodoor van Thulden (1606-1669) ersetzt, die

    Triumphe des Großen Kurfürsten zeigten. Nach dem Tode van Thuldens in s'Hertogenbosch wurden

    sie von Künstlern vor Ort ergänzt um die Allegorie auf die Eroberung der Insel Rügen 1678 von

    Jacques Vaillant (1643-1691)55 und den Triumphzug des Großen Kurfürsten von Paul Carl Leygebe

    (1664-1756).56

    Abb. 27: Potsdamer Stadtschloss, Marmorsaal, zerstört, Foto vor 1945 © SPSG.

    Bereits vor dem Tod des Großen Kurfürsten, nämlich 1687, scheinen sich die vier Gemälde im

    Marmorsaal in Potsdam befunden zu haben.57 Kurfürst Friedrich III. ließ die Dekoration des Saales

    52 Architekt war Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff. Zu dem Umbau siehe Paul Seidel: Das Potsdamer Stadtschloss bis zu Friedrich dem Großen, in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), 143-174, hier: 157-158. Hans-Joachim Giersberg: Das Potsdamer Stadtschloss, Berlin 1998, 72-77, mit Abbildungen verschiedener Entwürfe.53 So schon Galland: Kurfürst (wie Anm. 27), hier: 157ff.54 Zunächst war er mit Gemälden des niederländischen Malers Jan Marini ausgestattet gewesen, von denen schon bald nichts mehr bekannt war. Offenbar arbeitete Marini noch 1674 daran. Siehe Seidel: Stadtschloss (wie Anm. 52), 150. Gerd Bartoschek: Ein Kurfürstliches Gemäldekabinett, in: Ausstellungskatalog: Der Grosse Kurfürst: Sammler, Bauherr, Mäzen, 1620-1688, hg. von der Generaldirektion der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Potsdam 1988, 137, Anm. 4.55 Das Gemälde enthielt auf der Pyramide die Inschrift "Suecico milite insula Rugia ejecto…". Abb. siehe: http://www.zi.fotothek.org/obj/obj19004145/8450_0001/Einzelbild. .56 Abb. siehe: http://www.zi.fotothek.org/obj/obj19004146/8450_0001/Einzelbild. . Das Gemälde wird meist um 1695 datiert. Siehe Bartoschek: Zerstört (wie Anm. 14), 637f.57 Leti nennt 1687 vier große Gemälde, die die Triumphe des Großen Kurfürsten darstellen. Leti: Ritratti (wie Anm. 26), 342. Die Gemälde von Thulden wurden oben vergrößert, offenbar um sie den Maßen des Raumes anzupassen. Die beiden späteren Gemälde hatten von Beginn an die passenden Maße. Die Gemälde in Potsdam

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  • zunächst 1694 und dann nach seiner Krönung zum ersten König in Preußen von Andreas Schlüter

    1705/06 ergänzen. Friedrich der Großen schließlich, beauftragte Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff

    den Raum unter Einbeziehung der Stuckdekorationen Schlüters und der vier Gemälde weiter

    auszugestalten.58 Er ließ seinen Architekten den Saal mit Wandverkleidungen, Kolossalpilastern und

    einem Fußboden aus farbigem schlesischem Marmor schmücken und die allegorischen Gemälde

    durch die vergoldeten Reliefs von Benjamin Giese nach den Tapisserien von Philippe Mercier mit den

    Schilderungen der Siege des Großen Kurfürsten ergänzen.

    Die Kartuschen mit den Inschriften unter den Gemälden van Thuldens veranlasste ebenfalls Friedrich

    der Große.59 Sie zeigen, dass er eines der Gemälde offensichtlich als Allegorie auf den Frieden von

    Wehlau interpretierte, in welchem Kurfürst Friedrich Wilhelm 1657 die Souveränität des Herzogtums

    Preußen garantiert wurde, sowie als Allegorie auf die Geburt Friedrichs III./I., der diese Souveränität

    1701 nutzte, um sich zum König in Preußen zu krönen (Abb. 28).60 Das andere Gemälde verstand

    Friedrich als Allegorie auf den Frieden von St. Germain 167961, mit dem der Große Kurfürst seine

    kriegerische Laufbahn abschloss. Der König deutete und ergänzte also durch seine Inschriften dieses

    Programm, und er vollendete es mit einer Apotheose des Großen Kurfürsten:62 Als Bekrönung ließ

    Friedrich II. seinen Hofmaler Amédée van Loo das Deckengemälde mit der Erhebung des Großen

    Kurfürsten in den Olymp malen (Abb. 29). Van Loo bediente sich dabei der gleichen Figurensprache

    der Allegorie, in der seine Vorgänger die Taten des Kurfürsten verherrlicht hatten. Der Große Kurfürst

    sind alle im Krieg verbrannt.58 Siehe Seidel: Stadtschloss (wie Anm. 52), 158. Die Gemälde wurden 1750 zur "Reparation" auf dem Schiffsweg nach Berlin gebracht und 1751 wieder zurücktransportiert. Siehe zuletzt Bartoschek: Zerstört (wie Anm. 14) hier: 637f. mit Quellenangaben.59 Inschriften "REGIA PROGENIES MDCLVII", aus königlichem Blut, 1657, und "PAX FACTA MDCLXXIX", Friedensschluss 1779.60 Bartoschek publizierte das Gemälde (GK I 4201) unter dem Titel "Allegorie auf den Frieden von Oliva" und datiert es versuchsweise 1660. Vgl. Bartoschek: Zerstört (wie Anm. 14), 639. Abb. http://www.zi.fotothek.org/obj/obj19004148/8450_0001/Einzelbild. . Es scheint sich jedoch eher um eine Allegorie auf den Frieden von Wehlau 1757 zu handeln. Der Vertrag wurde durch den Erzherzog Leopold von Österreich vermittelt. Dafür unterstützte Friedrich Wilhelm diesen bei der Königs- und Kaiserwahl. Der Kurfürst zu Pferde weist auf einen Adler, der in einer Klaue eine Krone, in der anderen das österreichische Wappen trägt. Der Kurfürst wird hinterfangen von einem Triumphtor mit kurfürstlichem Wappen. Vor ihm steht eine Frauenfigur mit einer Kartusche, die das Reichswappen mit dem doppelköpfigen Adler zeigt. Beide Allegorien sind vor einem von einem Baldachin bekrönten goldenen Thron platziert, der auf die Kaiserwürde hinzudeuten scheint.61 Da die Zuschreibung des Gemäldes an van Thulden nicht angezweifelt wird, kann nicht dieses Ereignis gemeint sein, da der Maler zu diesem Zeitpunkt schon verstorben war. Bartoschek bezeichnet das Gemälde (GK I 4200) als " Allegorie auf die Erwerbung von Magdeburg und die Geburt des Markgrafen Ludwig von Brandenburg" (geb. in Kleve) und datiert es 1666. Siehe Bartoschek: Zerstört (wie Anm. 14), 637f. (Die Abbildungen der Gemälde von Thulden auf S. 638 sind offenbar vertauscht.) Abb. siehe: http://www.zi.fotothek.org/obj/obj19004147/8450_0001/Einzelbild. .62 Er stellte sich damit auch in die Tradition der Amalie von Solms in Huis ten bosch. Die Schwiegermutter des Großen Kurfürsten hatte hundert Jahre zuvor (1649-1652) ihren verstorbenen Gatten, den Statthalter Friedrich-Heinrich von Nassau-Oranien, im Oranjezaal im Huis ten Bosch verherrlichen lassen. Auch für dieses von Jacob van Campen entwickelte Programm hatte damals Theoodor van Thulden Gemälde beigetragen.

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  • ist dargestellt, wie er von Allegorien des Ruhmes in den Himmel geleitet wird. Unter ihm lagert auf

    einem Löwen eine Verkörperung der Borussia über die der Kurhut gehalten wird. Daneben ergießt

    sich ein Füllhorn über das Wappen Brandenburgs.

    Abb. 28: Kartusche von Knobelsdorff, zerstört, Foto vor 1945 © SPSG.

    Abb. 29: Amédée van Loo, Apotheose des Großen Kurfürsten im Potsdamer Stadtschloß, GK I 8918, zerstört, Foto vor 1945 © SPSG.

    Die dynastische Idee im Neuen Palais

    In direkter formaler Folge zu der "Ruhmeshalle" für den Großen Kurfürsten steht der Marmorsaal im

    Neuen Palais (Abb. 30). Die Analogien sind sofort erkennbar. Der mit Stuckmarmor bekleidete Saal

    hat ähnliche Proportionen und wird von flachen Pilastern gegliedert und der Fußboden ist hier

    ebenfalls mit einem intarsierten Marmorboden geschmückt. Der Gemäldeschmuck besteht wie im

    Stadtschloss aus vier monumentalen Ölgemälden und einer Deckenmalerei von Amedée van Loo, die

    in die gewölbte, mit vergoldeten Stuckornamenten verzierte Decke eingelassen ist (Abb. 31).

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  • Abb. 30: Potsdam, Neues Palais, Marmorsaal, Foto Leo Seidel 2006 © SPSG.

    Abb. 31: Amédée van Loo, Göttermahl im Marmorsaal des Neuen Palais, GK I 8143, Foto Gerhard Murza 1992 © SPSG.

    Der Inhalt dieser Gemälde hat jedoch einen gänzlich anderen Charakter. Es handelt sich um vier

    Darstellungen aus der antiken Mythologie, nämlich um das "Urteil des Paris" von Jean-Baptiste Pierre,

    um Paris "Raub der schönen Helena", der Anlass für den Krieg um Troia gab, von Antoine Pesne und

    Bernard Rode, um die "Opferung der Iphigenie" von Carle van Loo sowie um den Triumphzug des

    "Bacchus und der Ariadne" von Jean Restout.

    Das Deckengemälde zeigt ein Göttermahl. Dieses Thema passt zu der Bestimmung des Saales als

    Fest- und Speisesaal. Es birgt jedoch Besonderheiten, die darauf hindeuten, dass dies nicht die

    einzige Bedeutungsebene ist. Als Handlung zeigt Amedee van Loo die Einführung des Ganymed als

    Mundschenk des Zeus an der Göttertafel (Abb. 32). Begleitet wird diese Szene durch die zwei

    Allegorien des Ruhmes, die direkt hinter den hellen Figuren des Ganymed und der Hebe eine von

    einem Tuch verhüllte Wappenkartusche herantragen. Da diese Kartusche traditionell nur einen

    Verweis auf den Hausherren enthalten kann – und tasächlich ist unter dem Tuch ein "FR" verborgen,

    liegt es nahe, sie auch in diesem Falle auf diesen zu beziehen. Das aber nötigt den Betrachter die

    gesamte Szene mit Friedrich dem Großen in Verbindung zu bringen. Auf diese Weise wird die

    Identifikation des Königs mit der Figur des Ganymed nahegelegt.

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  • Abb. 32: Amédée van Loo, Einführung Ganymeds in den Olymp, Ausschnitt aus dem Deckengemälde im Marmorsaal des Neuen Palais, 1768, Foto Daniel Lindner © SPSG.

    Die Mythologie – unter anderen durch Ovid vermittelt – besagt, dass Ganymed von Zeus, der in Liebe

    für ihn entbrannt war, entführt und als dessen Mundschenk in den Olymp aufgenommen wurde. Diese

    Geschichte wurde im 17. und 18. Jahrhundert nicht nur rein erotisch gedeutet. So interpretierte etwa

    Pierre Du-Rye, dessen Kommentar zu Ovid der König in seiner Bibliothek besaß, die sagenhafte

    Schönheit des Knaben Ganymed als Schönheit des Geistes. Diese – sowie die Weisheit und Klugheit,

    die mit dem griechischen Namen Ganymed verbunden seien – habe Zeus bewogen den Knaben in

    den Himmel zu entführen.63 Ganymed sei die schöne Seele und versinnbildliche die Klugheit des

    Menschen, die Gott zu sich in den Himmel hole.64

    Mit dem Gemälde könnte diese Zukunft für den König beschworen werden. Auf der anderen Seite der

    Göttertafel, ebenfalls auffallend hell gestaltet, sitzt Venus begleitet von ihrem Sohn Amor. Dieser zielt

    mit seinem Liebespfeil direkt nach unten in den Saal. Dorthin wo er Leidenschaften bei Menschen und

    Göttern auslöst: in den Gemälden an den Wänden und bei den Besuchern im Saal. Das Tun des Amor

    wird wohlwollend begleitet von einem Narren. Ganymeds Entrückung in den Olymp und die damit

    verbundene Überwindung der auf der Erde tobenden, mit Narretei verbundenen Leidenschaften,

    scheint eine Kernaussage des Deckengemäldes zu sein.

    Folgt man der These, dass es sich bei der Einführung des Ganymed um eine mehr oder weniger

    63 Du-Ryer in seinem Kommentar zu Ovid. Siehe N. Dupuy La Chapelle in seiner Mythologie ou l 'histoire des dieux, des demi-dieux et des plus illustres héros de l 'antiquité payenne contenant l 'explication dela fable et de la métamorphose. Paris 1731, Bd. 2, 316. Du-Ryer zitiert für diese Interpretation Xenophon.64 Die Interpretation im Kontext des Neuen Palais siehe bei Franziska Windt: Künstlerische Inszenierung von Größe, in: Friedrich300 - Colloquien, Friedrich und die historische Größe, URL: http://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-groesse/windt_inszenierung. Dokument zuletzt verändert am: 15.02.2012 10:46 .

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  • versteckte Anspielung auf Friedrich handelt, so folgt daraus, dass der König hier seine eigene

    Apotheose inszenierte und den Marmorssaal im Neuen Palais analog zu der "Ruhmeshalle" im

    Marmorsaal des Potsdamer Stadtschloss, zu einer Ruhmeshalle für "Friedrich den Bescheidenen und

    Demütigen" machte. Er tat dies auf eine weniger direkte Weise als es im Potsdamer Stadtschloss für

    den Großen Kurfürsten geschieht. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wäre eine unverblümte

    Verherrlichung der eigenen Person und damit auch die persönliche Allegorie, wie sie Ludwig XIV. im

    Spiegelsaal von Versailles anbringen lässt, als ungebührlich empfunden worden.

    Die Ikonographie des Marmorsaales im Neuen Palais ist sehr persönlich, auf die Gedankenwelt

    Friedrichs bezogen und damit nicht auf eine andere Person übertragbar. Da sich die Ikonographie

    jedoch der allgemein bekannten Mythologie bedient, ist sie auch sehr universell und für die

    intellektuelle Öffentlichkeit verständlich. So wird offenbar, dass Friedrich sich weniger in einer Reihe

    mit seinen Vorfahren insgesamt sieht, sondern lediglich in der direkten Nachfolge des Großen

    Kurfürsten, den er als einzig Großen seiner Dynastie beschrieb. Über diesen hinaus aber sieht er sich

    herausgehoben und entrückt als Teil der Gemeinschaft der antiken Mythologie und Götterwelt.