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Aletha J. Solter Warum Babys weinen

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  • Aletha J. Solter

    Die Gefhle von Kleinkindern

    Ksel

    ARUM BABYS WEINEN

    ARUM

    BABYS WEINEN

    W

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  • bersetzung aus dem Amerikanischen von Karin Petersen, Berlin.

    Dieses Buch erschien zuerst 1987 im Ksel-Verlag. Die hier vorlie-gende Ausgabe wurde von der Autorin komplett berarbeitet und aktualisiert.

    Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das fr dieses Buch verwendete FSC-zertifi zierte PapierPamo Sky liefert Arctic Paper Mochenwangen GmbH.

    Copyright 2009 Ksel-Verlag, Mnchen, in der Verlagsgruppe Random House GmbHCopyright 2001 by Aletha Solter. Originaltitel:The Aware Baby (Revised Edition). Originally published in English by Shining Star Press for the Aware Parenting Institute (www.awareparenting.com).All rights reserved.Umschlag: Kaselow Design, MnchenUmschlagmotiv: Marina Jefferson/Getty ImagesDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PneckPrinted in GermanyISBN 978-3-466-30831-6

    Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm fi nden Sie unter www.koesel.de

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  • DENN IM BABY LIEGT

    DIE ZUKUNFT DER WELT ...

    Aus einem Sprichwort der Maya

    DENN IM BABY LIEGT

    DIE ZUKUNFT DER WELT ...

    Aus einem Sprichwort der Maya

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  • 1 DER START INS LEBEN: Lassen Sie Ihr Baby Ihre Liebe spren 26

    Vorwort zur Neuausgabe ......................................... 13

    Einleitung .............................................................. 16

    Wie kann ich in der Schwangerschaft die Entwicklung meines Babys frdern? ........................... 26

    Ist die Geburt fr Suglinge eine traumatische Erfahrung? 28

    Was kann ich tun, damit die Geburt positiv verluft? .... 32

    Wie kann ich nach der Geburt die Bindung zwischen mir und meinem Baby frdern? ...................................... 37

    Was braucht mein neugeborenes Baby? ..................... 44

    Wie kann ich die Bedrfnisse meines Babys nach Berhrung, Gewiegtwerden und dem Gerusch von Herztnen am besten erfllen? ............................ 48

    Wie soll ich mit meinem Baby sprechen? .................... 52

    NHALT NHALT I

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  • Muss ich aufpassen, mein Baby nicht zu verwhnen? . 54

    Was ist mit meinen eigenen Bedrfnissen? .................. 58

    bungen ............................................................... 60

    Warum weint mein Baby selbst dann, wenn alle seine Bedrfnisse befriedigt sind? ............... 63

    Welche Art von Stress bringt Babys zum Weinen? ........ 69

    Was tun, wenn mein Baby weint? .............................. 80

    Welche Vorzge hat es, wenn mein Baby in meinen Armen weint? .............................................. 84

    Wie lernen Babys, ihr Weinen zu unterdrcken? .......... 89

    Was kann ich tun, wenn mein Baby bereits gelernt hat, sein Weinen zu unterdrcken? .................................. 94

    Woher wei ich, ob mein Baby weinen muss? ............. 97

    Wie oft und lange weint mein Baby? ......................... 101

    Was soll ich tun, wenn es mir schwerfllt, mein weinendes Baby zu halten? ...................................... 103

    bungen ............................................................... 107

    2 WEINEN: Erlauben Sie Ihrem Baby, sich von Spannungen zu befreien 63

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  • Welche Vorteile hat das Stillen? ................................ 109

    Wie oft soll ich mein Baby stillen? ............................. 113

    Welche Folgen hat es, wenn ich mein Kind stille, um es zu beruhigen ? ............................................ 119

    Woher wei ich, wann mein Baby wirklich Hunger hat? 121

    Wann soll ich mein Baby abstillen und ab wann feste Nahrung anbieten? .......................................... 127

    Welche Nahrungsmittel soll ich meinem Baby anbieten? 129

    Was ist, wenn ich in die Selbstregulierung meines Babys bereits eingegriffen habe? .............................. 134

    Mir fllt es schwer, dem natrlichen Appetit meines Babys und seinen Vorlieben beim Essen zu vertrauen .... 137

    bungen ............................................................... 140

    Soll ich mein Baby bei mir schlafen lassen? ................ 142

    Was fr Vorsichtsmanahmen kann ich beim Schlafen im Familienbett beachten, damit mein Baby nicht erstickt oder aus meinem Bett fllt? ............. 146

    Erhht es die Inzestgefahr, wenn Baby und Eltern in einem Bett schlafen? ............................................ 149

    3 ERNHRUNG: Lassen Sie Ihr Baby selbst bestimmen, wie viel und was es isst 109

    4 SCHLAF:Lassen Sie Ihr Baby ausruhen 142

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  • Was ist mit meinem Sexleben? .................................. 151

    Was kann ich tun, wenn mein Baby nicht einschlafen will? ............................................. 155

    Wie helfe ich meinem Baby, nachts durchzuschlafen? ... 163

    Soll ich meinem Baby zum besseren Einschlafen Medikamente geben? .............................................. 169

    Was ist mit meinem eigenen Schlafbedrfnis? ............. 171

    bungen ............................................................... 174

    Wie wichtig sind die ersten Lebensjahre fr die Entwicklung der Intelligenz meines Kindes? ....... 176

    Woher wei ich, was angemessene Stimulation ist? ..... 179

    Woran erkenne ich, ob mein Baby ber- oder unterfordert ist? ...................................................... 183

    Mein Baby verlangt stndig meine Aufmerksamkeit und will unterhalten werden. Was kann ich dagegen tun? 188

    Wie viel Anleitung soll ich beim Spielen geben? .......... 193

    Helfen Lob und Tadel als Anreiz beim Lernen und Spielen weiter? ....................................................... 198

    Wie viel Hilfestellung soll ich meinem Baby geben, wenn ihm etwas schwerfllt? .................................... 200

    Mir fllt es schwer, meinem Baby angemessen Aufmerksamkeit zu schenken .................................... 204

    Welche Spiele kann ich mit meinem Baby spielen? ...... 207

    bungen ............................................................... 215

    5 SPIELEN:Lassen Sie Ihr Baby lernen 176

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  • Soll ich mein Baby bestrafen oder belohnen? .............. 217

    Soll ich mein Baby zum Gehorsam erziehen? .............. 223

    Wie nachgiebig soll ich sein? ................................... 227

    Wie erziehe ich mein Baby ohne Strafen oder Belohnungen? ........................................................ 230

    Und wenn ich keine Lsung finde, welche die Bedrfnisse aller Beteiligten erfllt? ............................ 238

    Wann lernt mein Kind Regeln, und was ist, wenn es meine Grenzen testet? .......................................... 243

    Wie gehe ich mit dem Negativismus um, den mein Kleinkind entwickelt? ....................................... 250

    Wie verhalte ich mich, wenn mein Kind einen Wutausbruch bekommt? ........................................... 256

    Wie soll ich mich verhalten, wenn mein Kind zerstrerisch oder gewaltttig ist? ............................. 262

    Wie kann ich meinem Kind beibringen, mit anderen zu teilen? .............................................................. 267

    Wie bringe ich meinem Baby am besten bei, die Toilette zu benutzen? .......................................... 271

    Soll ich meinem Baby erlauben zu masturbieren? ......... 277

    Wie kann ich verhindern, dass ich meinem Baby Schaden zufge, wenn ich wtend bin? ..................... 279

    bungen ............................................................... 283

    6 KONFLIKTE: Geben Sie Ihrem Baby das Gefhl, respektiert zu werden 217

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  • Wann entwickelt mein Baby eine Anhnglichkeit an mich, und wie zeigt es das? ..................................... 285

    Warum entwickeln Babys Trennungsangst und Fremdeln? .......................................................... 288

    Wie kann ich meinem Baby zu einer sicheren Bindung verhelfen? .............................................................. 293

    Wie helfe ich meinem Baby, sich bei einem neuen Babysitter wohlzufhlen? .......................................... 297

    Und wenn mein Baby, nachdem es eine Bindung zu mir entwickelt hat, nicht bei anderen bleiben will? ....... 301

    Brauchen Babys die Mutter als erste Bezugsperson? ..... 309

    Sind Kinderkrippen fr Babys geeignet? ..................... 313

    Wie finde ich Hilfe bei meiner Aufgabe als Mutter oder Vater? ............................................................ 316

    Zum Abschluss ....................................................... 320

    bungen ............................................................... 320

    Anhang ................................................................. 322

    Ein Brief aus Australien ............................................ 322

    Anmerkungen ......................................................... 329

    Register ................................................................. 353

    Dank .................................................................... 362

    ber die Autorin ..................................................... 363

    7 ANHNGLICHKEIT:Geben Sie Ihrem Baby Sicherheit 285

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  • 13

    Vorwort zur Neuausgabe

    Als die erste Ausgabe von Warum Babys weinen 1984 in Amerika erschien, wusste ich berhaupt nicht, wie Eltern diesen neuen An-satz aufnehmen wrden. Ich htte mir darber keine Sorgen ma-chen mssen, denn inzwischen ist das Buch ins Franzsische, Deutsche, Niederlndische, Italienische und Hebrische bersetzt worden und hat berall auf der Welt zu einer stillen, aber tief grei-fenden Revolution im Erziehungsverhalten von Eltern gefhrt. Da rber freue ich mich sehr und fi nde es aufregend, Teil davon zu sein.

    Meine Kinder sind inzwischen junge Erwachsene, und ich kann persnlich bezeugen, dass dieser Ansatz tatschlich gut funktio-niert. Auerdem habe ich Hunderte von Briefen von Eltern aus aller Welt bekommen, in denen sie beschreiben, wie wohltuend es sich ausgewirkt hat, dass sie ihre Kinder auf diese Weise grogezogen haben. Diese Kinder haben kein Bedrfnis, als Jugendliche zu rebel-lieren, und entwickeln sich zu mitfhlenden, kooperativen und hchst intelligenten Erwachsenen. Sie gehen mit groer Entschie-denheit und Zuversicht ihren eigenen Weg und werden zu Mitglie-dern der Gesellschaft, die sich in dieser bestens zurechtfi nden und ihr gute Dienste leisten. Am wichtigsten ist vielleicht, dass diese jun-gen Menschen keinerlei Interesse an Drogen oder Gewalt haben.

    Seit ich die erste Fassung dieses Buches geschrieben habe, hat die Forschung ber kindliche Entwicklung betrchtliche Fort-schritte gemacht. Dementsprechend habe ich jedes Kapitel fr die-se Neuausgabe auf den laufenden Stand gebracht. Hier habe ich vor allem einige der jngsten Forschungsergebnisse aus Untersu-chungen ber prnatale Psychologie, Bindung und die Auswirkun-gen von Traumen einbezogen. Auerdem habe ich umfassenderes

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    Material aus kulturbergreifenden Forschungen eingearbeitet, da es uns einen weiteren Blick auf unsere eigenen Erziehungsprakti-ken ermglicht, wenn wir diese mit anderen Vorgehensweisen auf der Welt vergleichen.

    1990 grndete ich das Aware Parenting Institute (Institut fr be-wusstes Elternsein , Anm. d. .), eine internationale Organisation zur Frderung der in meinen Bchern beschriebenen Methoden. Inzwischen gibt es in zahlreichen Lndern zertifi zierte Lehrerinnen und Lehrer fr Bewusstes Elternsein. Fr weitere Informationen be-suchen Sie bitte unsere Webseiten www.awareparenting.com. Zu-sammen knnen wir die Welt verndern.

    Aletha SolterThe Aware Parenting InstituteP.O. Box 206, Goleta, CA 93116 USATelefon & Fax: +1-805-968 [email protected] www.awareparenting.com

    Webseiten fr deutschsprachige Lnder: Deutschland: www.awareparenting.com/germany.htm sterreich: www.awareparenting.com/austria.htmSchweiz: www.awareparenting.com/switzerland.htm

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    Haftungsausschluss

    Dieses Buch soll als pdagogisches Lehrmaterial verstanden wer-den, das sich auf die emotionalen Bedrfnisse von Babys und Klein-kindern konzentriert. Es ist nicht als Ersatz fr rztlichen Rat oder eine medizinische Behandlung gedacht. Viele der hier erluterten Verhaltensweisen und Symptome knnen auf ernsthafte emotionale oder krperliche Probleme hinweisen. Eltern und Erzieherinnen wird geraten, sich an einen kompetenten Arzt zu wenden, wenn im Verhalten oder Gefhlsleben eines Babys Probleme auftreten, das Kind beim Schlafen, Essen oder Weinen pltzliche Vernderungen zeigt oder sie krperliche Schmerzen oder Krankheiten vermuten. Auerdem sind einige der in diesem Buch vorgeschlagenen Metho-den mglicherweise unter bestimmten Bedingungen nicht gut ge-eignet, beispielsweise, wenn Kinder an ganz bestimmten krperli-chen oder emotionalen Schwierigkeiten leiden.

    Bestimmte Therapieformen werden in diesem Buch nur aus Grnden der Information erwhnt und stellen keine Empfehlung der Autorin dar. Manche davon knnen gefhrlich sein, wenn die Praktizierenden ber keine angemessene Ausbildung verfgen. Wenn Sie berlegen, fr sich oder Ihr Kind eine Therapeutin oder einen Therapeuten zu suchen, empfehle ich Ihnen, sorgfltig zu prfen, ob diese eine offi ziell anerkannte Ausbildung haben und entsprechende Referenzen vorweisen knnen.

    Autorin und Verlag sind juristisch nicht haftbar oder verant-wortlich zu machen fr Schden, die aufgrund der in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht wurden oder geltend ge-macht werden.

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    EINLEITUNG

    Die Geburt eines Babys ist ein freudiges Ereignis. Viele junge Eltern empfi nden so viel Liebe und Frsorge fr ihr Kind, wie sie vielleicht solche Gefhle in dieser Tiefe bislang noch nie erlebt haben. Freun-de und Verwandte sind neugierig auf das Neugeborene. Sie mch-ten es gern sehen und vielleicht auch ein paar Sekunden die Gefh-le von Liebe und Hoffnung spren, die so ein neu zur Welt gekommenes menschliches Wesen in uns allen weckt. Eltern wollen natrlich ihr Bestes geben, um sicherzugehen, dass ihr Baby zu ei-nem liebevollen, intelligenten und glcklichen Menschen heran-wchst, der fr die Gesellschaft, in der er lebt, einen produktiven Beitrag leistet.

    Allmhlich wird diese Welt fr Babys zu einem besseren Ort. Das Wissen um gesunde Ernhrung kommt sowohl schwangeren und stillenden Frauen als auch den Babys selbst zugute. Aufgrund dieses Wissens und der besseren gesundheitlichen Versorgung ha-ben Babys heute eine grere Chance zu berleben und gesund he-ranzuwachsen als je zuvor. Die Fortschritte in der Entwicklungspsy-chologie haben bei vielen Eltern die Bedeutung der ersten Lebensjahre ins Bewusstsein gerufen und eine Flut von Bchern ber Elternschaft und pdagogisch wertvolles Spielzeug hervorge-bracht, das die Entfaltung der Intelligenz von Babys frdert. Klein-kinder mit Behinderungen haben heute in vielen Lndern sehr gute Chancen, ihr volles Potenzial zu entwickeln. Untersuchungen ber die Bedeutung von Bindung in der Kleinkindzeit haben zustzlich

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    dazu beigetragen, dass wir heute mehr ber die optimalen Bedin-gungen fr eine emotional gesunde Entwicklung wissen. In unserer Gesellschaft akzeptieren wir allmhlich die Tatsache, dass es Babys mit ihrem Denken und Fhlen an nichts fehlt, was ein menschliches Wesen ausmacht.

    berall auf der Welt erziehen Eltern ihre Kinder zu produktiven Mitgliedern ihrer jeweiligen Gesellschaft. Je nach eigenem religi-sen Hintergrund, ihren kulturellen berzeugungen und den jewei-ligen Lebensbedingungen frdern sie dabei die Entwicklung unter-schiedlicher Werte, sei es Kooperation oder Gehorsam, Abhngigkeit oder Selbststndigkeit, Kreativitt oder Anpassung, Teilen oder Be-sitz, Demut oder Stolz. Unter Bercksichtigung der Fhigkeiten, die ihrem Kind spter im Leben am besten dienen, legen Eltern auch Wert auf die Entwicklung sozialer, motorischer und sprachlicher Leistungen, auf ein gutes Erinnerungs- oder Denkvermgen. Diese kulturellen Werte, Erwartungen und Fhigkeiten vermitteln Eltern ihrem Baby auf unzhligen Wegen; etwa wie sie auf sein Weinen eingehen, wie oft sie ihr Baby halten, welche Anregungen sie ihm geben, wie oft sie es fttern, wo das Baby schlft und wie sie ihm Grenzen setzen. Die meisten Kulturen gehen davon aus, dass ihre traditionellen Gepfl ogenheiten die natrliche und richtige Um-gangsweise mit Kleinkindern sind.

    In der traditionellen Jger-Sammler -Gesellschaft der !Kung , ei-nes Stammes von Buschleuten in der afrikanischen Kalahari-Wste, legen Eltern groen Wert auf die Entwicklung motorischer Fhig-keiten, damit ihre Kinder schlielich imstande sind, lange Strecken zu laufen, zu jagen und schwere Lasten auf dem Rcken zu tragen. Anthropologen haben herausgefunden, dass die Babys der !Kung bei Tests der motorischen Koordination ausgezeichnet abschneiden.1 Bei den Yequana -Indianern in den Wldern des Amazonas-Gebietes von Venezuela setzen Mtter ihre Babys von klein auf den verschie-densten Wasserstrmungen aus. Fisch ist ein Hauptbestandteil ihrer Ernhrung, und diese Menschen gehren zu den besten Kanufah-rern auf der ganzen Welt.2 Die Gusii aus Ostafrika achten besonders darauf, dass ihre Kinder Gehorsam und Verantwortung lernen, da-

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    mit sie zu produktiven Mitgliedern der Gesellschaft heranwachsen und bereits in jungen Jahren auf dem Feld oder bei der Betreuung der Viehherden helfen knnen.3

    Keine Kultur ist jedoch perfekt. Meistens sehen sich die Eltern aufgrund kultureller Werte und konomischer Zwnge gentigt, ih-ren Kindern bestimmte Einschrnkungen aufzuerlegen und be-stimmte legitime Bedrfnisse zu ignorieren, wie zum Beispiel Emo-tionen auszudrcken oder eine sichere Umgebung frei zu erkunden. Die Tatsache, dass Kleinkinder berleben, heranwachsen und im-stande sind, fr den Erhalt der Gesellschaft zu sorgen und sich fort-zupfl anzen, besagt nicht unbedingt, dass ihre grundlegenden menschlichen Bedrfnisse erfllt wurden oder sie das Potenzial fr ihre intellektuelle, emotionale oder seelische Entwicklung haben voll ausschpfen knnen.

    In westlichen Industrienationen legen Eltern blicherweise viel Gewicht auf die Entwicklung von Selbststndigkeit sowie den Er-werb sprachlicher und kognitiver Fhigkeiten. Dahinter steht der Gedanke, dass Kinder zu intellektuell kompetenten, selbstsicheren Menschen heranwachsen mssen, um in einer Welt, die zunehmend von Konkurrenz geprgt ist, berleben zu knnen. Schon die schu-lischen Leistungsabfragen wie Tests und Klassenarbeiten in fast al-len Altersstufen spiegeln diese kulturelle Tendenz wider. Sie messen den Wortschatz, das Lesevermgen und mathematische Fhigkei-ten. Auf Geschwindigkeit und Faktenwissen wird ebenfalls Wert ge-legt. Die starke Bedeutung, die die Gesellschaft diesen Fhigkeiten beimisst, geht oft auf Kosten der Entwicklung eines tiefergehenden Denkvermgens von Kreativitt , Kooperation und Einfhlungsver-mgen.

    Darber hinaus haben westliche Gesellschaften bis vor kurzem wenig Anstrengung unternommen, um Kinder zur Gewaltfreiheit zu erziehen. Unsere Kinder sind sowohl im wirklichen Leben als auch in den Medien tagtglich Gewalt ausgesetzt. Dabei ist es heute fr das berleben aller von primrer Wichtigkeit, Kindern Gewalt-freiheit beizubringen. Wir mssen ihnen Alternativen zur gewaltt-tigen Lsung von Konfl ikten aufzeigen. Auerdem mssen wir sie so

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    groziehen, dass sie frei von aufgestauter Wut oder Angst sind, denn diese Emotionen bilden oft die Wurzel von Gewalt. Das heit, wir mssen uns genau anschauen, wie Kinder verletzt werden, und ihnen helfen, von Stress und Traumen zu heilen. Wir knnen es uns nicht lnger leisten, dass wir ignorieren, wie Kinder sich fhlen.

    Unsere Erziehungsmethoden mssen sich drastisch ndern, wenn unsere Kinder nicht nur zu produktiven, sondern auch zu ge-waltlosen Brgern unserer sich rasch verndernden Welt heran-wachsen sollen. Wir mssen, um das wirtschaftliche berleben in Industrienationen zu sichern, immer noch Wert auf die Entwick-lung sprachlicher und kognitiver Fhigkeiten legen, aber wir sollten uns auch auf die emotionale Gesundheit und die Selbstachtung konzentrieren. Wir mssen unsere Annahme, dass vollkommene Unabhngigkeit eine Tugend ist, infrage stellen und unseren Kin-dern beibringen, sich in wechselseitiger Abhngigkeit zu bewegen. Sie brauchen Vorbilder fr aktive Demokratie und Konfl iktlsungs-fhigkeiten, damit sie lernen, mit anderen kooperativ zusammenzu-arbeiten. Und, vielleicht am wichtigsten von allem, wir mssen ih-nen erlauben, ihre Emotionen auszudrcken und von ihren seelischen Verletzungen zu heilen.

    Dieser neue Ansatz basiert nicht nur auf den Erfordernissen un-serer eigenen Kultur. Er erkennt und bercksichtigt die tiefen und universalen menschlichen Bedrfnisse, die jede Gesellschaft erfl-len muss, wenn Babys emotional gesund heranwachsen sollen. Laut Lloyd de Mause, einem bekannten amerikanischen Psychohistori-ker, fand im Laufe der Zeitalter eine Entwicklung der Kindererzie-hung statt. Sie verlagerte sich ganz allmhlich weg von Methoden, die eher durch Missbrauch geprgt waren, hin zu einem Ansatz, der in das Kindern innewohnende Gute vertraut, mehr Dialoge mit ih-nen einbezieht, mehr Einfhlungsvermgen in ihre Emotionen zu-lsst , Toleranz fr ihren sich entwickelnden Willen ermglicht und ihre Individualitt sowie die Ermutigung zu Kreativitt und eigen-stndigem Denken frdert.4

    Dieser neue Ansatz hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg allmh-lich durchgesetzt. Seine Entwicklung begann damit, dass die natr-

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    liche Geburt und der sanfte Umgang mit dem Neugeborenen un-mittelbar nach der Geburt populrer wurden. Langsam lebte das Stillen wieder auf. Wir erkennen heute die Bindungsbedrfnisse von Kindern und wenden zunehmend Erziehungsmethoden an, die weniger autoritr sind. Trotzdem mssen wir einige grundlegende Annahmen und berzeugungen, was fr Babys am besten ist, wei-terhin infrage stellen.

    Dieses Buch beschreibt einen umfassenden, revolutionren An-satz fr das elterliche Betreuungsverhalten von der Empfngnis des Kindes bis zum Alter von zweieinhalb Jahren. Jedes der sieben Ka-pitel behandelt ein eigenes Thema (wie Weinen, Schlafen, Ernh-rung und Spiel) und beschftigt sich mit den Bedrfnissen, die ein Baby in diesem speziellen Bereich hat. Dieser Ansatz, den ich be-wusstes Elternsein nenne, hat keine schnellen Lsungen oder verein-fachten Methoden parat. Er stellt vielmehr eine vllig neue Um-gangsweise mit Babys dar, die auf Vertrauen , Einfhlung und Respekt beruht. Er beschreibt, wie Sie mit Ihrem Kind auf einer tie-fen, emotionalen Ebene in Verbindung kommen und ihm helfen, mit seinem wahren Selbst in Berhrung zu bleiben und als vollstn-diges menschliches Wesen heranzuwachsen. Bewusstes Elternsein besteht aus drei grundlegenden Aspekten: bindungsorientiertem Elternverhalten, Disziplin ohne Strafen und Akzeptanz fr die Ent-lastung von Emotionen.

    Was ich Ihnen in diesem Buch empfehle, mag ganz anders ausse-hen als das, was Sie bislang in entsprechenden Bchern gelesen ha-ben. Vielleicht unterscheidet es sich auch von Ihren gesellschaftlich geprgten berzeugungen, wie man ein Kind normal oder rich-tig erzieht. Ich mchte Sie ermutigen, fr diese neuen Wege auch dann offen zu bleiben, wenn Sie anfangs mit einigen der hier vorge-stellten Ideen nicht einverstanden sind. Es ist normal und gesund, infrage zu stellen, was Sie lesen. Andererseits mchte ich Sie aber auch bitten, diesen Ansatz nicht blind als neues Dogma oder Sys-tem fr die Kindererziehung zu bernehmen. Er funktioniert nur dann wirklich gut, wenn Sie weiterhin kreativ darber nachdenken, was fr Sie und Ihre Familie das Beste ist.

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    Vier grundlegende Annahmen

    Die Ideen, die ich Ihnen in diesem Buch vorstelle, beruhen auf vier grundlegenden Annahmen ber die menschliche Natur.

    Die erste Annahme ist, dass menschliche Wesen von Geburt an wissen, was sie grundlegend brauchen, um nicht einfach nur zu berleben, sondern sich auch krperlich, emotional und intellektu-ell optimal zu entwickeln. Ein Beweis dafr ist beispielsweise, dass Babys, denen wir verschiedene Spielzeuge zur Auswahl anbieten, zu jedem gegebenen Zeitpunkt die Dinge zum Spielen auswhlen, die ihre intellektuelle Entwicklung am besten frdern. Die Idee hier ist, dass Babys wissen und zeigen, was sie brauchen, und wir deswegen darauf vertrauen knnen, dass sie, soweit sie krperlich dazu im-stande sind, ihr Leben selbst bestimmen. Wenn wir ihnen die Chan-ce geben, teilen Babys uns ihre Bedrfnisse mit. Wir als Betreuer haben die Aufgabe, ihre Signale richtig zu interpretieren.

    Die zweite Annahme lautet, dass Babys ein Potenzial fr gutes und schlechtes Verhalten mit auf die Welt bringen. Ausschlagge-bend dafr, wie sie sich dann tatschlich entwickeln oder verhal-ten, ist jedoch, wie wir sie behandeln. Wenn wir Kleinkinder nicht verletzen oder unterdrcken und alle ihre Bedrfnisse erfllen, entwickeln sie sich zu guten, kooperativen, intelligenten, frhli-chen Menschen, die fhig sind, Liebe zu geben und zu empfangen. Menschen handeln nur dann verletzend und dumm, wenn sie an Verletzungen und Traumen leiden, fr die sie keine Heilung fi n-den.

    Die dritte Annahme besagt, dass die Erfahrungen der ersten Le-bensjahre tiefe und dauerhafte Auswirkungen auf Gefhls- und Ver-haltensmuster im spteren Leben haben. Babys sind sehr offen und empfi ndsam, und wir knnen sie aufgrund ihrer extremen Abhn-gigkeit und Unerfahrenheit leicht verletzen. Selbst in den liebevolls-ten Familien erleben Babys manchmal Stress und emotionalen Schmerz. Diese frhen schmerzlichen Erfahrungen lsen nicht nur negative Gefhle aus, sondern knnen unter anderem auch fr Ess-

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    strungen , sexuelle Strungen , Schte , Schlafl osigkeit , bestimmte Lernbehinderungen, Beziehungsprobleme, selbstzerstrerisches Verhalten , Hyperaktivitt , Depressionen und Gewaltttigkeit ver-antwortlich sein. Auch wenn sptere Kindheitserfahrungen eben-falls eine wichtige Rolle spielen, sind die ersten Lebensjahre im Le-ben eines Menschen doch bei weitem die wichtigsten.

    Manche Menschen teilen diese Haltung nicht und haben das Gefhl, dass sie Eltern eine zu groe Last und Verantwortung auf-brdet. Sie wollen lieber glauben, dass menschliches Verhalten berwiegend durch erbliche Faktoren bestimmt ist. Die Debatte zwischen denen, die Verhalten berwiegend als angeboren be-trachten, das heit, durch genetische Faktoren bedingt, und denje-nigen, die es fr anerzogen halten und die ueren Einfl ssen wie der Kindererziehung eine groe Bedeutung beimessen, reit nicht ab. Niemand wei, wieweit unser Verhalten erblich bedingt ist. Es gibt jedoch reichlich Beweise dafr, dass unser Umgang mit Babys einen starken Einfl uss auf ihre Gefhle und ihr Verhalten im spte-ren Leben hat. Tatschlich knnen frhe Umgebungseinfl sse sogar die Funktion des Gehirns verndern.5 Deswegen ist es wichtig zu erkennen, dass selbst biologische Entsprechungen des Verhaltens mglicherweise keinesfalls genetisch bedingt sind, sondern eine Folge frher Einfl sse des Kindes (einschlielich vorgeburtlicher) auf das sich entwickelnde Gehirn darstellen .

    Die vierte Annahme dieses Buches lautet, dass Babys unter opti-malen Bedingungen viele Auswirkungen von Stress oder Trauma berwinden knnen. Babys haben einen natrlichen biologischen Hang zu Gesundheit und krperlicher Balance (Homostase ). Mit dem in diesem Buch vorgestellten Ansatz knnen wir nicht nur weitgehend vermeiden, Babys zu verletzen, sondern ihnen auch hel-fen, von erlittenen emotionalen Traumen zu heilen. Die Tatsache, dass die meisten von uns Erwachsenen immer noch unter den Aus-wirkungen frher Traumen leiden, ist kein Widerspruch zu dieser vierten Annahme. Sie zeigt lediglich, dass wir in einem Umfeld auf-wuchsen, in dem man uns nicht erlaubt hat, unsere emotionale Ge-sundheit wiederherzustellen.

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    Im Folgenden fasse ich die vier Annahmen, die diesem Buch zugrunde liegen, noch einmal zusammen:

    1. Babys wissen, was sie brauchen. 2. Wenn wir die Bedrfnisse von Babys erfllen und sie nicht

    krperlich oder seelisch verletzen, wachsen sie zu intelligen-ten, mitfhlenden, nicht gewaltttigen Menschen heran.

    3. Babys sind extrem verletzlich, und frhe Traumen und uner-fllte Bedrfnisse knnen langfristige, negative Folgen fr sie haben.

    4. Babys sind imstande, von vielen Auswirkungen von Stress und Trauma zu genesen.

    Hinweise fr die praktischen bungen

    Im Anschluss an jedes Kapitel stelle ich Ihnen eine Reihe von bun-gen vor, die aus drei Teilen bestehen: Ihre eigene Kindheit erfor-schen, die Gefhle zum Ausdruck bringen, die Ihr Baby bei Ihnen auslst, und sich selbst Zuwendung geben. Elternschaft ist mit vie-len starken Emotionen verbunden und bietet wunderbare Mglich-keiten fr unser eigenes Wachstum. Diese bungen knnen Ihnen bei Ihrer eigenen inneren Heilung und Ihrer eigenen Weiterentwick-lung helfen, whrend Sie sich darum bemhen, die Mutter oder der Vater zu sein, die oder der Sie gerne wren.

    Der erste Teil, die Erforschung Ihrer eigenen Kindheit, hilft Ih-nen, wichtige Verbindungen zu Ihrer eigenen Vergangenheit herzu-stellen. Es reicht nicht, wenn ein Buch lediglich Informationen ver-mittelt oder Ratschlge gibt, denn solange Sie unter den Auswirkungen Ihrer eigenen schmerzlichen Kindheit leiden, fllt es Ihnen wahrscheinlich schwer, das neue Wissen in die Praxis umzu-setzen. Die meisten von uns tragen, wenn sie Eltern werden, noch

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  • UNVERKUFLICHE LESEPROBE

    Aletha J. Solter

    Warum Babys weinenDie Gefhle von Kleinkindern

    Paperback, Broschur, 368 Seiten, 14,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-466-30831-6

    Ksel

    Erscheinungstermin: Oktober 2009

    Babys sollten genug weinen drfen! Nicht immer sind Hunger, nasse Windeln oder Bauchschmerzen die Grnde, warum Babysweinen. Auch emotionaler Stress und Spannungen brechen sich ber das Weinen Bahn. Wirddas Baby nicht daran gehindert, sondern darf sich in der liebevollen Umarmung der Elternausweinen, kann es die notwendige Entlastung erfahren.

    http://www.randomhouse.de/Paperback/Warum-Babys-weinen/Aletha-J.-Solter/Koesel/e290870.rhd