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Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikum Jena [email protected] SkillsLab Jena www.skillslab.uniklinikum-jena.de Klinischer Untersuchungskurs Modul 1 Allgemeine körperliche Untersuchung Orientierende neurologische Untersuchung

Allgemeine körperliche Untersuchung Orientierende ......Klinischer Untersuchungskurs Modul 1 . Allgemeine körperliche Untersuchung . Orientierende neurologische Untersuchung . Daniel

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Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikum Jena [email protected] SkillsLab Jena www.skillslab.uniklinikum-jena.de

Klinischer Untersuchungskurs

Modul 1

Allgemeine körperliche Untersuchung

Orientierende neurologische Untersuchung

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Dieses Skript soll für euch die wichtigsten Informationen zusammenfassen, um

euch das Üben und Lernen einfacher zu machen. Aber natürlich ersetzt es in keiner

Weise ein Lehrbuch! Wir haben uns bemüht euch ein verständliches Skript zu

erstellen, wenn dennoch irgendwas unklar bleibt oder ihr auf eventuelle Fehler

stoßt, würden wir uns freuen, wenn ihr uns einfach Bescheid gebt!

Inhalt: 1. ALLGEMEINE KÖRPERLICHE UNTERSUCHUNG ............................................................ 3

Einteilung einer klinischen Untersuchung ................................................................ 3

Vorbereitung einer klinischen Untersuchung .......................................................... 4

2. INSPEKTION ........................................................................................................................ 4

Allgemeine Inspektion .................................................................................................... 5

Wahrnehmung des Patienten und der Umgebung 5

Konstitutionstypen 6

Allgemein- und Ernährungszustand (AZ/EZ) 6

Allgemeines Hautkolorit 8

Psyche 8

Spezielle Inspektion ........................................................................................................ 8

3. UNTERSUCHUNG KOPF UND HALS ................................................................................ 11

Augen: ............................................................................................................................................ 11

Lymphknoten .................................................................................................................. 18

Schilddrüse ...................................................................................................................... 21

4. ORIENTIERENDE NEUROLOGISCHE UNTERSUCHUNG .............................................. 23

Kraft/Motorik .................................................................................................................. 24

Reflexe .............................................................................................................................. 27

Muskeltonus .................................................................................................................... 31

Koordination ................................................................................................................... 32

Sensibilität ....................................................................................................................... 33

Babinski-Reflex .............................................................................................................. 34

Meningeale Zeichen ....................................................................................................... 34

LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................................... 38

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ....................................................................................................... 39

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1. Allgemeine körperliche Untersuchung

Einteilung einer klinischen Untersuchung

Jede Untersuchung sollte in fünf Punkte unterteilt werden, welche nacheinander

abgehandelt werden.

Inspektion

Palpation

Perkussion

Auskultation

Dokumentation

Zu jeder Untersuchung bzw. zu jedem Patientenkontakt gehört eine adäquate

Vorstellung und eine ausführliche Anamnese. Auf diese Punkte soll hier jedoch

nicht eingegangen werden.

Die in diesem Kurs vermittelten Untersuchungen bzw. der hier gezeigte

Untersuchungsablauf ist NICHT der einzig richtige, seligmachende Weg. Ihr werdet

später auf Station sehen, dass jeder Arzt seinen eigenen Stil entwickelt hat, der im

Detail von dem hier gezeigten Algorithmus abweichen mag. Unser Ziel ist es, mit

dem hier vermittelten Vorgehen, euch von Anfang an die Sicherheit zu geben,

nichts Wichtiges zu vergessen. Wenn dies erst einmal sicher beherrscht wird,

werdet ihr euren eigenen Stil entwickeln und perfektionieren.

Ausnahmen hierzu werden im jeweiligen Abschnitt beschrieben!

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Vorbereitung einer klinischen Untersuchung

Um eine gute Untersuchung vornehmen zu können, sollte man sich von Anfang an

optimale Bedingungen schaffen.

Dazu gehören:

Materialien vorbereiten (in Griffbereitschaft haben, z. B. Pupillenleuchte,

Reflexhammer, Stethoskop, Mundspatel, Zellstoff, Gleitgel, Unterlage,

Handschuhe)

Platz schaffen, um einen guten Zugang zum Patienten zu haben

Untersucherseite i. d. R. rechts des Patienten

Patient entkleiden lassen, Oberkörper und Bauch bis zur Regio inguinalis

freimachen, ebenso die Beine

Patient liegt entspannt mit halb aufrechtem Oberkörper (~30°) im Bett

Wenn nötig, Bett in richtige Position (Untersuchungshöhe) bringen

Abbildung 1: Rückenlagerung 30° Oberkörper hoch

2. Inspektion

Die Inspektion ist immer der erste Schritt einer Untersuchung, egal ob allgemein

oder organspezifisch. Dabei können schon die ersten Befunde erhoben werden,

welche das weitere Vorgehen bestimmen können und bestimmte

Verdachtsdiagnosen eingrenzen.

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Allgemeine Inspektion

Um einen „unvoreingenommen“ Eindruck des Patienten zu bekommen, beginnt die

Untersuchung, wenn der Patient das Untersuchungszimmer betritt bzw. der

Untersucher das Patientenzimmer.

Die Inspektion ist immer der erste Teil einer Untersuchung!

Wahrnehmung des Patienten und der Umgebung

Am Anfang jeder Untersuchung sollte eine grobe Einschätzung der Situation

erfolgen. Das heißt, man sollte einen ersten Eindruck des Patienten bzw. dessen

Umgebung gewinnen, um evtl. Rückschlüsse auf bestehende Erkrankungen ziehen

zu können.

Sitzhaltung

Gang-/Standanomalien:

- Fallneigungen

- kleinschrittiger/schlurfender Gang etc. können Anzeichen für

neurologische Erkrankungen sein

Umgebung des Patienten:

- Medikamente

- Sauerstoff

- Gehstützen etc. können ebenfalls einen ersten Eindruck über den

Patientenzustand geben und sollten daher erfasst werden.

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Konstitutionstypen

Im klinischen Alltag werden meist vier Konstitutionstypen unterschieden. Neben

den drei untenstehenden (nach Kretschmer) wird klinisch auch noch der

„normosome“ Konstitutionstyp beschrieben.

Astheniker / Leptosomer:

- schlank, hager

- mit langem Hals, dünnen Extremitäten und schmalem Rumpf1

Pykniker2:

- gedrungener Körperbau, mit kurzen, zierlichen Gliedmaßen

- breitem Kopf, kurzem Nacken und deutlichem Bauchansatz

Athletiker3:

- breiter Körperbau, gut ausgebildeter Muskulatur

- breiter Brust und Schulter und schmales Becken

Allgemein- und Ernährungszustand (AZ/EZ)

Allgemeinzustand

„Der Begriff Allgemeinzustand dient zur orientierenden Beschreibung der

allgemeinen körperlichen und geistigen Verfassung eines Patienten. Hierzu

gehören unter anderem Konstitution, Körperhygiene, Mobilität, Aktivität, Fähigkeit

zur Selbstversorgung und weitere Parameter.“ (Dr. Frank Antwerpes et al. 2011)

Unterschieden wird zwischen gutem Allgemeinzustand und reduziertem

Allgemeinzustand (leicht bis stark reduziert).

1 Dr. Frank Antwerpes et al. 2015. 2 Dr. Frank Antwerpes und Bijan Fink 2015b. 3 Dr. Frank Antwerpes und Bijan Fink 2015a.

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Weitere Einschätzungen:

Vorgealtert:

- Patient sieht älter aus als er ist

- oftmals sind die Organsysteme ebenfalls schlechter als dem Alter

entsprechend

moribund4:

- „todgeweiht“, „sterbend“, kurz vor dem Tode

Ernährungszustand

„Der Ernährungszustand, kurz EZ, ist ein durch Beobachtung und Messung

erhobener Teilaspekt des klinischen Gesamtzustandes eines Patienten, der

wichtige Rückschlüsse auf die Stoffwechselsituation zulässt.“ (Dr. Frank Antwerpes

2014)

kachektisch5 (BMI <18 kg/m²)

- Sichtbarwerden der Knochenkonturen

- tiefliegende Augen

- Hohlwangigkeit

- ausgezehrter Eindruck

adipös6 (BMI >30 kg/m²):

- übermäßige Vermehrung von Fettgewebe

4 Dr. Frank Antwerpes und David Dannehl 2019. 5 Bijan Fink und Dr. Frank Antwerpes 2019. 6 Konstantin Weil et al. 2017.

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Allgemeines Hautkolorit

„Als Hautkolorit bezeichnet man die Färbung der Haut, die unter anderem von der

Pigmentierung, der aktuellen Durchblutung und der Sauerstoffversorgung

abhängt.“ (Dominic Prinz und Dr. med. Norbert Ostendorf 2018)

rosig „Normalzustand“:

- frischer, gesunder Eindruck

blass, z. B. bei Anämie:

- farblos, bleich, fahl, gering schwache Gesichtsfarbe

- besonders bleiche Schleimhäute

zyanotisch7, z. B. bei akuter Dyspnoe:

- bläuliche Verfärbung der Haut und Schleimhäute, Akren (Finger oder

Zehen) oder Nase

Psyche

Auch die grobe Einordnung des psychischen Zustandes sollte im Rahmen der

allgemeinen Untersuchung erfolgen. Dieser soll hier jedoch nur zur Vollständigkeit

erwähnt und nicht weiter beleuchtet werden, z. B.: verwirrt; depressiv; euphorisch;

empfindsam; verschlossen; debil. Wichtig wäre, durch gezieltes Erfragen die

Orientiertheit des Patienten zeitlich, örtlich, zu sich selbst (Name, Geburtsdatum,

Alter) und zur aktuellen Situation zu eruieren.

Spezielle Inspektion

Dieser Teil der Inspektion ist enorm wichtig, da sowohl größere als auch kleinste

Auffälligkeiten Rückschlüsse auf diverse Krankheiten bieten können. Daher

müssen hier alle Körperregionen (also auch Handflächen und Fußsohlen, die

Rückseite von Armen und Beinen etc.) genau inspiziert werden!

7 Nils Nikolay et al. 2020.

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Untersuchung

beginnt an den Händen und endet an denen

sollte angefangen von „groben“ Auffälligkeiten bis ins Detail durchgeführt

werden

sollte dabei in jeder Region nach Möglichkeit folgende Punkte abhandeln:

- Deformationen

- Muskelstatus

- Hautturgor

- Hautveränderungen/Effloreszenzen

- sonstige kleine Veränderungen

Insbesondere die Extremitäten sollten immer im Seitenvergleich

begutachtet werden. Unterschiede im Seitenvergleich sind immer auffällig

und sollten weiter abgeklärt werden.

Deformationen und Fehlstellungen

Hier sollte z.B. auf folgendes geachtet werden:

angeborene oder erworbene Deformitäten

abnorme Gelenkstellungen

Schwellungen

Muskelstatus

Neben einem allgemeinen verminderten Muskelstatus, z.B. bei Unterernährung,

können auch nur einzelne Muskelgruppen betroffen und atrophiert sein. Dies kann

z. B. vorkommen bei:

längere Immobilisation, z. B. bei Gipsanlage nach Frakturen

Denervierung bei Nervenschäden.

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Hautturgor

Der Hautturgor beschreibt den „Spannungszustand“ der Haut und bietet einen

wichtigen Hinweis auf den Flüssigkeitsgehalt des Körpers. Er kann z. B. bei Ödemen

Hinweis auf eine kardiale Dekompensation sein. Hierbei wird der Turgor als

gesteigert beschrieben.

Ein erniedrigter/herabgesetzter Turgor, der sich z. B. als stehende Hautfalte

darstellt, spricht für Exsikkose, ist aber im Alter im gewissen Rahmen als

physiologisch anzusehen.

Effloreszenzen/Lokale Hautveränderungen

Es sollte am ganzen Körper unbedingt auf Hautveränderungen geachtet werden.

Dazu zählen Exantheme, Erytheme, Pusteln, etc.

Insbesondere malignomverdächtige Veränderungen dürfen hier nicht

übersehen werden!

(Dazu zählen: Asymmetrie, unscharfe Begrenzung, Kolorit = uneinheitliche

Pigmentierung, großer Durchmesser, Erhabenheit.)

Mehr zur ABCDE-Regel im Derma-Buch.

Blickdiagnosen und klinische Zeichen

Weiterhin sollte man einen Blick auf kleinste, evtl. subtile Hautveränderungen und

sonstige Veränderungen haben. Hier nur einige zur Verdeutlichung:

Narben

Petechien

Teleangiektasien

Ulcus cruris venosum

Trommelschlegelfinger

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Normalbefund:

x-jährige/-r, normosome/-r Patient/-in in gutem EZ und AZ. Haut und

sichtbare Schleimhäute sind gut durchblutet. In Ruhe keine

kardiopulmonalen Dekompensationszeichen, keine Zyanose, keine

Dyspnoe erkennbar. Patient ist zeitlich, örtlich, zur Person und Situation

orientiert.

3. Untersuchung Kopf und Hals

Nicht vergessen, wir beginnen zuerst mit der Inspektion. Hierzu zählen u.a.

Schädel(form) sowie Augen, Nase und Ohren von außen auf Auffälligkeiten

zu untersuchen.

Schädelkalotte:

Durch moderates drücken und beklopfen wird die Kalotte auf Druck- (DS)

und Klopfschmerz (KS) untersucht.

Augen:

Allgemeine Untersuchung

Inspektion der:

Skleren

Lider

Konjunktiven

Iris

Abbildung 2: ärztlicher Blick in die Augen

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Grundlagen Occulomotorik

Um dir noch einmal zu vergegenwärtigen, welcher Nerv welche Augenbewegung

„auslöst“, betrachte die Abbildung 3 (N. III, IV, VI). Alle weiteren Augenbewegungen:

N. III.

Abbildung 3: Augenbewegungen und auslösende Hirnnerven

Untersuchung Occulomotorik

Anfangs sollte die Augengrundstellung begutachtet werden.

Pat. fixiert erhobenen Zeigefinger mit den Augen. Die andere Hand kann das Kinn

des Pat. fixieren, um ungewollte Kopfbewegungen zu verhindern.

Abbildung 4: Testung der Augenmuskeln

Zur Testung aller Augenmuskeln ein „H“ oder einen Stern in die Luft zeichnen.

Dabei stets die Augen des Pat. beobachten, ob diese allen Bewegungen folgen

können.

N.IV

N.VI

N.IV

N.VI

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Abbildung 5: Blickrichtung mit fixiertem Kopf

Was muss dokumentiert werden?

Strabismus oder Blickabweichung in Grundstellung der Augen

Eingeschränkte Augenbewegung in Richtungen XXX

Konvergenzreaktion eingeschränkt, Seitenunterschied

Nicht immer fällt es leicht, den pathologischen Befund sofort der

entsprechenden Anatomie zuzuordnen. Daher erst einmal „nur“ notieren

und dann später nachschlagen.

Grundlagen Pupillenreaktion

Die afferente Bahn wird über den N. opticus (N. II) geleitet und unter Umgehung

der Sehrinde in den Edinger-Westpfahlkernen verarbeitet. Die Reflexantwort

(efferente Bahn) erfolgt dann über den N. occulomotorius (N. III).

Untersuchung Pupillenreaktion

Bei Beleuchtung des Auges wird sowohl das beleuchtete, als auch das

kontralaterale Auge beurteilt. Hierbei auf folgendes achten:

die Weite der Pupillen

die Seitengleichheit der Pupillen (Isokorie)

die direkte Pupillenreaktion (beleuchtetes Auge) und indirekte

Pupillenreaktion (nicht beleuchtetes Auge)

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Abbildung 6: Prüfen der Pupillenreaktion

Beurteilungskriterien der Pupillenreaktion:

Normal Pathologie

Größe Abhängig vom Lichteinfall Nicht zum Lichteinfall passend (sehr weit/eng)

Form rund entrundet Seitenvergleich isokor anisokor

Reaktion Indirekt + direkt prompt Eine/beide fehlen oder verzögert

Normalbefund:

Pupillen isokor, rund, prompte direkte und indirekte Lichtreaktion,

Konvergenz prompt, kein Nystagmus.

Nervenaustrittspunkte (NAP):

Druck auf die Austrittstellen des N. trigeminus.

Abbildung 7: Trigeminusaustrittspunkte

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Perkussion der Nasennebenhöhlen (NNH):

Durch kräftiges Klopfen auf die Nasennebenhöhlen (NNH) ausgelöster

Schmerz, ist ein Zeichen für eine Sinusitis. Weiterhin kann das Mastoid

beklopft werden.

Abbildung 8: Nasennebenhöhlen im Gesichtsschädel

Die Nasennebenhöhlen einzeln zu beklopfen zeigt eine mögliche

Seitenungleichheit der Beschwerden.

Sensibilität:

Seitenvergleichendes Bestreichen entlang der drei Trigeminusäste.

Motorik/ Mimik:

Der N. facialis (N. VII) versorgt die gesamte mimische Muskulatur. Die Nerven,

welche die Muskulatur der Stirn versorgen, sind im Gehirn doppelt verschaltet. Bei

der zentralen Facialis-Parese ist das „Stirnrunzeln“ somit noch möglich. Bei der

peripheren Facialis-Parese, also einer Schädigung der austretenden Nerven, ist die

gesamte mimische Muskulatur einer Seite gelähmt.

Untersuchung

Patient bitten, Stirn zu runzeln bzw. Augenbrauen nach oben zu ziehen

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Abbildung 9: Stirn runzeln

Patient bitten, die Augen fest zusammen zu kneifen

Abbildung 10: Augen zusammen kneifen

Patient bitten zu pfeifen, die Wangen aufzublasen oder Zähne zeigen lassen

Abbildung 11: Lippen spitzen

Nicht alles was wir von unseren Patienten verlangen und für uns simpel

erscheint, ist für den Patienten immer so leicht umzusetzen. Daher kann es

hilfreich sein, dem Patienten die Kommandos kurz zu demonstrieren.

Mögliche Patholgien bei der Funktionsprüfung des N. facialis

Zentrale Facialis-Parese: Parese der kontralateralen Seite unter Aussparung

der Stirnmuskulatur

Periphere Facialis-Parese: Parese der gesamten betroffenen Seite

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Mund/ Schlund:

Lippen

Kolorit (z.B. Zyanose, Blässe)

Feuchtigkeit (feucht, trocken, rissig)

Rhagaden (Einrisse der Mundwinkel)

Herpes

Zeigt sich bei der Inspektion der Lippen ein Verdacht auf Herpes, muss die

Untersuchung der Mundhöhle unter strengsten hygienischen Bedingungen

durchgeführt werden!

Mundhöhle

Zur Inspektion der Mundhöhle sollten ein Mundspatel und eine Leuchte verwendet

werden.

Hierbei sollt auf folgendes geachtet werden:

Zungenbelag und Kolorit

Schleimhäute (feucht, trocken, Kolorit)

Tonsillen (geschwollen, gerötet, Z. n. TE)

Rachenring (frei, gerötet, Eiterstraßen)

Uvula (in Abbildung 12 Deviation nach links)

grober Zahnstatus (saniert, Prothesen, lückenhaft, kariös)

Abbildung 12: Mundhöhle frontal

Abbildung 13: Beurteilung Wangenschleimhaut und

Zahnstatus

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Den Patienten bitten, den Mund weit zu öffnen und die Zunge locker im

Mund liegen zu lassen. Mit dem Spatel die Zunge leicht nach unten drücken.

Kopfbewegung:

Aktiv und passiv in alle Richtungen überprüfen.

Abbildung 14: Haltung des Kopfes

Normalbefund:

Schädelform unauffällig, Kalotte kein DS, kein KS, NAP nicht

druckschmerzhaft, NNH nicht klopfschmerzhaft.

Normalbefund

Rachenring reizlos, Zunge und SH feucht und nicht belegt, Gebiss saniert,

keine Facialis-Parese.

Lymphknoten

Eine Schwellung der Lymphknoten kann zahlreiche Ursachen haben und muss

daher genau untersucht und dokumentiert werden.

Häufige Ursachen sind:

lokale oder systemische Entzündungen oder Infekte

diverse Tumorerkrankungen des Lymphsystems

lymphoide Streuung (Metastasen) einer Tumorerkrankung

Gelegentlich kann es auch zu einer harmlosen persistierenden

Lymphknotenschwellung nach Infekten kommen.

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Untersuchung

Das Tasten der Lymphknoten erfolgt mit flach aufliegenden Fingerendgliedern in

sanften kreisenden Bewegungen.

Welche Areale werden abgetastet?

Nuchale Lymphknoten

Abbildung 15: Tasten nach nuchalen Lymphknoten

Nll. retro- und infraauriculares

Abbildung 16: Tasten retro- und infraauriculärer Lymphknoten

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Nll. submandibulare bis Nll. Submentale

Abbildung 17: Tasten submadubulärer und submentaler Lymphknoten

Nll. anteriores entlang des Vorderrandes des M. sternocleidomastoideus

Abbildung 18: Tasten anteriorer Lymphknoten

Nll. Supraklavikulare oberhalb der Clavicula

Abbildung 19: Tasten supraklavikulare Lymphknoten

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Axilläre Lymphknoten Cave: Mamma-Ca!

Abbildung 20: Tasten axillärer Lymphknoten

Weiterhin sollte man im Bereich des Leistenbandes die inguinalen

Lymphknoten untersuchen!

Beurteilungskriterien der Lymphknoten:

Region: genaue Lokalisation angeben

Größe: geschätzt in mm

Verschieblichkeit: gegenüber Umgebung/dem Untergrund

Druckdolenz: Schmerzen bei Druck angeben

Konsistenz: hart / weich

Normalbefund:

Keine Lymphknoten palpabel.

Schilddrüse

Neben Diabetes gehören Schilddrüsenerkrankungen zu den häufigsten endokrinen

Störungen. Außer auf palpable Veränderungen der Schilddrüse, sollte auf folgende

klinischen Zeichen einer Schilddrüsenstörung geachtet werden:

Hypothyreose: Myxödem, Bradykardie

Hyperthyreose: feinschlägiger Tremor, Tachykardie

Besonderheit bei M. Basedow: Merseburg-Trias (Struma,

Tachykardie, Exophthalmus)

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Lage der SD:

vor dem M. sternocleidomastoideus, kaudal des Schildknorpels

Cave: Die Schilddrüse (SD) ist beim Gesunden kaum zu ertasten, weich,

verschieblich und nicht druckschmerzhaft.

Untersuchung

Begutachtung der Schilddrüse (SD) in Normalstellung

Abbildung 21: Beurteilung Schilddrüse in Normalstellung

Begutachtung der SD in Reklinationsstellung

Abbildung 22: Beurteilung Schilddrüse in Reklinationsstellung

Patient sitzt auf dem Bettrand

Untersucher umfasst von hinten den Hals. Dabei bimanuelles Palpieren der

SD in Reklinationsstellung.

Abbildung 23: Palpieren der Schilddrüse

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Palpieren der SD in Normalstellung während des Schluckaktes um die

Schluckbeweglichkeit zu testen

Abbildung 24: Prüfen der Schluckverschieblichkeit der Schilddrüse

Eine vergrößerte Schilddrüse wird als Struma bezeichnet.

Gradeinteilung der Struma

Bei einer vergrößerten Schilddrüse sollte auf folgende Pathologien

geachtet werden: Diffus vergrößert, knotig, harte Konsistenz,

Druckschmerz, mangelnde Verschieblichkeit, Schwirren bei Auskultation.

Normalbefund:

Keine Struma oder Schilddrüse nicht palpabel. (Falls palpabel: SD weich,

schluckverschieblich und nicht druckschmerzhaft)

4. Orientierende neurologische Untersuchung

Zu jeder internistischen Untersuchung gehört auch eine grobe Einschätzung des

neurologischen Status, um evtl. neurologische Begleiterkrankungen festzustellen.

Die ausführliche neurologische Untersuchung werdet Ihr dann im 7. Semester in

aller Ausführlichkeit erlernen.

Ia tastbar

Ib sichtbar bei rekliniertem Kopf

II sichtbar bei normaler Kopfhaltung

III symptomatisch

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Auch wenn die orientierende neurologische Untersuchung hier im ersten

Modul behandelt wird, schlagen wir vor, diese ganz am Ende einer

internistischen Untersuchung durchzuführen.

Die orientierende neurologische Untersuchung erfolgt in fünf Schritten:

Kraft

Reflexe

Muskeltonus

Koordination

Sensibilität

Um diese fünf Schritte durchzuführen und nichts zu vergessen, empfehlen

wir Euch die Reihenfolge einzuhalten. Insbesondere die Seitendifferenz, ist

als pathologisch anzusehen, daher hierbei immer auf Seitengleichheit

achten!

Kraft/Motorik

Es sinnvoll, die Kraft des Patienten (Grobe Kraft der großen Gelenke) mit seiner

eigenen zu vergleichen. Dabei sollte jedoch Alter, Größe und Geschlecht des

Patienten berücksichtigt werden. Der Patient soll dabei die Bewegungen gegen die

Kraft des Untersuchers ausüben.

Kreuzgriff, zur allgemeinen Prüfung der Handmuskulatur - Patient bitten

fest zuzudrücken

Abbildung 25: Prüfung der Kraft der Hände

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Prüfung der Kraft im Ellenbogengelenk - Patient bitten den Untersucher an

sich heran zu ziehen und wegzudrücken

Abbildung 26: Prüfung der Kraft der Ellenbogengelenke

Kraftprüfung der Schultergelenk-muskulatur - Patient drückt Schultern

gegen die Kraft des Untersuchers in Richtung Zimmerdecke und Matratze

Abbildung 27: Prüfung der Kraft der Schultergelenke

Überprüfung der Kraft im Hüftgelenk - Patient bitten, die Oberschenkel

gegen die Unterlage bzw. nach oben zu drücken

Abbildung 28: Prüfen der Kraft der Hüftgelenke

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Prüfung der Kraft im Kniegelenk - Patient bitten den Untersucher an sich

heranzuziehen und wegzudrücken

Abbildung 29: Prüfen der Kraft der Kniegelenke

Prüfung der Kraft im oberen Sprunggelenk - Patient bitten die Zehenspitzen

an sich heran zu ziehen und wegzudrücken (Gas geben)

Abbildung 30: Prüfen der Kraft der oberen Sprunggelenke

Gradeinteilung der Kraft:

M 5/5: keine Krafteinschränkung

M 4/5: leichte Krafteinschränkung

M 3/5: Anhebung gegen Schwerkraft möglich

M 2/5: Bewegung nur unter Ausschaltung der Schwerkraft möglich

M 1/5: Muskel- / Sehnenkontraktion sichtbar

M 0/5: keine Reaktion

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Reflexe

Bei der Untersuchung der Reflexe ist es wichtig, dass der Patient die zu

untersuchende Extremität, somit auch die jeweilige Sehne, vollständig entspannt

lässt.

Der Reflexhammer wird nur locker aus dem Handgelenk bewegt! Ein Reflex wird mehrfach ausgelöst!

Bizepssehnenreflex

Arm leicht angewinkelt ablegen, Patient bitten, den Arm entspannt liegen zu

lassen

Abbildung 31: Armposition bei Prüfen des Bizepssehnenreflexes

Mit dem linken Zeigefinger die Bizepssehne aufsuchen und leicht

vorspannen

Abbildung 32: Auffinden der Bizepssehne

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Mit dem Reflexhammer auf den eigenen Zeigefinger klopfen.

Dabei auf Flexion des Unterarmes und/oder Kontraktion der Bizepssehne

achten.

Abbildung 33: Auslösen des Bizepssehnenreflexes

Brachioradialsehnenreflex

Arm entspannt und leicht angewinkelt lagern

Abbildung 34: Armposition zur Prüfung des Brachioradialsehnenreflexes

Mit dem Zeigefinger das distale Ende der Brachioradialsehne oberhalb des

Handgelenkes aufsuchen und leicht vorspannen

Abbildung 35: Vorspannen der Brachioradialsehne

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Mit dem Reflexhammer auf den Zeigefinger klopfen. Dabei soll eine

Kontraktion des M. Brachioradialis oder eine leichte Supination / Flexion

des Unterarms auftreten.

Abbildung 36: Auslösen des Brachioradialsehnenreflexes

Patellarsehnenreflex

Den Patienten bitten das Bein entspannt liegen zu lassen

der Untersucher greift unter dem rechten Knie durch und fixiert seine Hand

auf dem linken Knie des Patienten

somit ist das rechte Knie des Patienten leicht angewinkelt und liegt locker

auf dem Unterarm des Untersuchers auf

Abbildung 37: Beinposition zum Auslösen des Patellarsehnenreflexes

Mit der rechten Hand direkt auf die Patellarsehne unterhalb der

Kniescheibe klopfen. Dabei auf Extension des Unterschenkels achten

Abbildung 38: Auslösen des Patellarsehnenreflexes

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Für die Prüfung des Reflexes am linken Bein, muss der Untersucher das

linke Knie untergreifen. Dabei kann der Arm des Untersuchers auf dem

rechten Oberschenkel des Patienten kurz oberhalb des Knies. zur

Unterstützung abgelegt werden

Abbildung 39: Position bei Prüfung des Patellarsehnenreflexes des linken Beins

Achillessehnenreflex

Die linke Hand des Untersuchers wird auf den Vorderfuß des Patienten

platziert, der Fuß passiv in Richtung Kopf gezogen um die Achillessehne

vorzuspannen.

Patient muss dabei den Fuß vollkommen entspannt lassen

Abbildung 40: Vorspannen der Achillessehne

Mit dem Reflexhammer distal auf die aufgelegten Fingerspitzen klopfen.

Dabei auf eine Plantarflexion des Fußes achten.

Abbildung 41: Auslösen des Achillessehnenreflexes

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Beurteilungskriterien der Reflexe:

Normal Pathologie

Seitengleichheit Ja Nein, lateralisiert re/li

Intensität Normal (+)

-/0 fehlend

++ gesteigert

+++ sehr lebhaft gesteigert

Muskeltonus

Um den Muskeltonus zu beurteilen müssen alle großen Gelenke in deren

Bewegungsrichtungen passiv durchbewegt werden.

Pat. dabei bitten die untersuchende Extremität locker zu lassen

Abbildung 42: Prüfung Muskeltonus der Gelenke

Mögliche Auffälligkeiten:

Erhöht: z. B. Zahnradphänomen bei Parkinson, Spastik

Herabgesetzt: z. B. schlaffe Lähmung bei akutem Apoplex

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Koordination

Finger-Nase-Versuch

Patient versucht ca. 3 - 4-mal, mit dem Zeigefinger des ausgestreckten Arms,

bei geschlossenen Augen seine Nase zu berühren. Die Arme des Patienten

bewegen sich dazu zügig wechselseitig.

Abbildung 43: Finger-Nase-Versuch

Knie-Hacke-Versuch

Patient fährt mit seiner rechten Ferse vom linken Knie über die Tibiakante

nach distal und wieder zurück.

Ebenso die linke Ferse vom rechten Knie nach distal

die Augen sollten geschlossen sein

Abbildung 44: Knie-Hacke-Versuch

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Diadochokinese

der Patient dreht zügig bei ausgestreckten Armen die Hände gegeneinander

(„Glühbirne rein drehen“)

Abbildung 45: Prüfen der Diadochokinese

Beurteilungskriterien für die Koordination:

Normal Pathologie

Seitengleichheit Ja Nein / lateralisiert /

rechts o. links

Punktförmige und

gerichtete Bewegung Ja Intensionstremor

Diadochokinese Unauffällig /

Eudiadochokinese

Dysdiadochokinese

(verlangsamte Bewegung)

Sensibilität

Da die genaue Überprüfung aller Qualitäten hier zu viel Zeit in Anspruch nehmen

würde, sollte man sich auf Berührung (Druck) beschränken.

Der Untersucher streicht über die Haut des Patienten mit den Fingerspitzen. Dabei

muss darauf geachtet werden, dass man aufgrund der Dermatomausrichtung

sowohl medial, als auch lateral testet.

Abbildung 46: Prüfung der Sensibilität

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Selbstverständlich dürft Ihr Euch hierbei nicht auf die oberen Extremitäten

beschränken, sondern müsst den ganzen Körper auf Sensibilität prüfen

Babinski-Reflex

Physiologisch im Neugeborenen- und Säuglingsalter

Pathologisch bei Schädigung der Pyramidenbahn, z. B. im Rahmen einer

Querschnittslähmung ab dem Kleinkind- und Erwachsenenalter

z. B. mit dem Griff des Reflexhammers, kräftig über den lateralen Fußrand

streifen

Dabei auf die Zehenbewegung achten.

Abbildung 47: Prüfen des Babinski-Reflexes

Ein positiver Babinski-Reflex zeigt eine Dorsalextension der Großzehe bei

gleichzeitiger Abspreizung der weiteren Zehen.

Meningeale Zeichen

Brudzinski-Zeichen

Das Brudzinski-Zeichen zählt zu den sogenannten Dehnungstests der Meningen.

Die Meningen stehen in Verbindung mit den Bindegewebshüllen der peripheren

Spinalnervenwurzeln. Krankhafte Veränderungen der Meningen oder eine

Schädigung der Spinalnervenwurzeln führen daher bei bestimmten, die Meningen

dehnenden, passiven Bewegungen zur Einnahme einer schmerzbedingten

Schonhaltung des Patienten.

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Das Zeichen wird am entspannt auf dem Rücken liegenden Patienten getestet. Es

gilt als positiv, wenn bei passivem Vorbeugen des Kopfes reflektorisch und

schmerzbedingt die Beine in den Knie- und Hüftgelenken angewinkelt werden.

Patient liegt entspannt und flach auf dem Rücken. Das Kinn des Patienten

wird vom Untersucher in Richtung Brust gebeugt.

Abbildung 48: Prüfen des Brudzinski Zeichens

Lasègue-Zeichen

Das Lasègue-Zeichen gehört zu den Nervendehungszeichen.

Es wird am entspannt auf dem Rücken liegenden Patienten getestet. Das

gestreckte Bein wird langsam in der Hüfte passiv gebeugt. Beim Gesunden lässt

sich das Bein bis zu 90° Beugung führen. Gibt der Patient ab einem Winkel von ca.

30° Schmerzen an, gilt das Zeichen als positiv.

Das Zeichen ist ein Hinweis auf:

Meningitis, Subarachnoidalblutung (SAB)

Dehnungsschmerz bei Irritation des N. Ischiadicus

Dehnungsschmerz der Spinalnervenwurzeln der Rückenmarkssegmente L4 -

S2.

Der Patient liegt entspannt auf dem Rücken, der Untersucher führt das gestreckte

Bein langsam nach oben.

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Abbildung 49: Prüfung des Lasègue-Zeichen

Auch die Verkürzung der ischiocruralen Muskulatur kann Schmerzen beim

Dehnen bereiten. Hier muss differenziert werden!

Beurteilung/Befund

Meningismus (= meningeales Reizsyndrom)

Oft wird der Begriff mit dem Vorhandensein einer Meningitis gleichgesetzt, Im

eigentlichen Sinne beschreibt der Meningismus jedoch ein Syndrom, das auf

neurologische Erkrankungen hinweist, die mit der Reizung der Meningen

einhergehen.

Klinisch zeichnet er sich durch schmerzhafte Nackensteife aus, mit fakultativem

Vorhandensein von Fieber, Übelkeit, Brechreiz etc. Sämtliche Dehnungstests und

Nervendehungszeichen können positiv sein.

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Solche Erkrankungen können z. B. sein:

eine Meningitis

eine Meningoenzephalitis

eine Subarachnoidalblutung

Auch ein Sonnenstich oder eine Lumbalpunktion können reaktiv zu Meningismus

führen.

Normalbefund: Allgemeiner neurologischer Status: Kraft in allen Extremitäten seitengleich und gut. Seitengleiche, gut auslösbare Sehnenreflexe. Muskeltonus und Koordination unauffällig. Sensibilität intakt. Kein Meningismus.

Kompletter Normalbefund Modul 1: x-jährige/-r, normosome/-r Patient/-in in gutem EZ und AZ. Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet. In Ruhe keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen, keine Zyanose, keine Dyspnoe. Patient ist zeitlich, örtlich, zur Peron und Situation orientiert.

KOPF: Schädelform unauffällig, Kalotte kein DS, kein KS, NAP nicht druckschmerzhaft, NNH nicht klopfschmerzhaft, Pupillen isokor, rund, prompte direkte und indirekte Lichtreaktion, Konvergenz prompt, kein Nystagmus, Rachenring reizlos, Zunge und SH feucht und nicht belegt, Gebiss saniert, keine Facialis Parese

HALS: Keine Lymphknoten palpabel. Keine Struma oder Schilddrüse nicht palpabel. (Falls palpabel: SD weich, schluckverschieblich und nicht druckschmerzhaft)

Allgemeiner neurologischer Status: Kraft in allen Extremitäten seitengleich und gut. Seitengleiche, gut auslösbare Sehnenreflexe. Muskeltonus und Koordination unauffällig. Sensibilität intakt. Kein Meningismus.

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Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

Abbildungen 2 – 14, 21 – 33, 37 - 48 (2011): DR. DANIEL WÜNSCH, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena

Abbildungen 15 -20, 34 -36(2012), 1, 49 (2020): SkillsLab Jena, Medizinische Fakultät des Universitätsklinikum Jena