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1 ALLGEMEINE und ANORGANISCHE CHEMIE (770.100; 2 Std) 7. Einheit Reaktionsgleichungen, Stöchiometrie, Massenwirkungsgesetz, Gleichgewichtskonstante, Redox-Reaktionen Reaktionsgleichungen Darstellung und Bilanzierung von chemischen Reaktionen Typen von chemischen Reaktionen Stöchiometrie Quantitative Aussagen zu chemischen Reaktionen Volumetrie Limitierende Reaktanten Reaktionsausbeute Limitierende Reaktanten Ermittlung chemischer Formeln Verbrennungsanalyse Bestimmung einer chemischen Formel Das chemische Gleichgewicht Gleichgewichtskonstante und Massenwirkungsgesetz Prinzip von Le Chatelier Katalysator Redox-Reaktionen Oxidation und Reduktion Oxidationszahlen Oxidations- und Reduktionsmittel Spannungsreihe der Metalle Bilanzieren von Redox-Reaktionen Disproportionierung und Komproportionierung Reaktionsgleichungen Darstellung und Bilanzierung von chemischen Reaktionen Beispiel für eine chemische Reaktion: Wenn metallisches Natrium, Na(s), (weich, silbrig glänzend) mit Wasser in Kontakt kommt, erfolgt eine äußerst heftige Reaktion. Edukte (Ausgangsstoffe) Produkte Metallisches Natrium H 2 O Indikator in Wasser färbt sich rot: Hinweis auf Bildung einer Base Natrium und Wasser Natriumhydroxid und Wasserstoff Na + H 2 O NaOH + H 2 Gesetz von der Erhaltung der Masse (Atombilanz, Massenbilanz): 2 Na + 2 H 2 O 2 NaOH + H 2 Na H 2 O Eine chemische Reaktion führt zur Umgruppierung von Atomen unter Einhaltung der Massenbilanz: 2 Na + 2 H 2 O 2 NaOH + H 2 Weiters muss der Aggregatzustand jedes Reaktanten angegeben werden: (s), fest; (l), flüssig; (g), gasförmig und (aq), wenn die entsprechende Substanz in Wasser gelöst ist. Das Lösungsmittel muss natürlich nicht unbedingt Wasser sein. Beispiel: (am), Substanz ist in Ammoniak gelöst. 2 Na(s) + 2 H 2 O(l) 2 NaOH(aq) + H 2 (g) Benötigt eine chemische Reaktion höhere Temperaturen (), so ist dies ebenfalls anzuführen, z.B. Umwandlung von Kalk in gebrannten (ungelöschten) Kalk beim Kalkbrennen: CaCO 3 (s) CaO(s) + CO 2 (g) Ebenso die Verwendung etwaiger Katalysatoren, z.B. bei der für die Herstellung von Schwefelsäure wichtigen Reaktion von Schwefeldioxid, SO 2 (g), zu Schwefeltrioxid, SO 3 (g): V 2 O 5 2 SO 2 (g) + O 2 (g) 2 SO 3 (g)

ALLGEMEINE und - chemie.boku.ac.at · Lösung: CH4(g) + 2 O2(g) CO2(g) + 2 H2O(l) Beispiel Knallgasreaktion: H2 O2 H2O Blaue Flamme stammt von der Bildung von C2-Molekülen CH4(g)

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ALLGEMEINE und ANORGANISCHE CHEMIE

(770.100; 2 Std)

7. Einheit

Reaktionsgleichungen, Stöchiometrie, Massenwirkungsgesetz,

Gleichgewichtskonstante, Redox-Reaktionen

Reaktionsgleichungen Darstellung und Bilanzierung von chemischen Reaktionen

Typen von chemischen Reaktionen

Stöchiometrie Quantitative Aussagen zu chemischen Reaktionen Volumetrie

Limitierende ReaktantenReaktionsausbeute Limitierende Reaktanten

Ermittlung chemischer FormelnVerbrennungsanalyse Bestimmung einer chemischen Formel

Das chemische GleichgewichtGleichgewichtskonstante und Massenwirkungsgesetz Prinzip von Le Chatelier Katalysator

Redox-Reaktionen Oxidation und Reduktion

Oxidationszahlen Oxidations- und Reduktionsmittel Spannungsreihe der MetalleBilanzieren von Redox-Reaktionen Disproportionierung und Komproportionierung

Reaktionsgleichungen Darstellung und Bilanzierung von chemischen Reaktionen

Beispiel für eine chemische Reaktion: Wenn metallisches Natrium, Na(s), (weich, silbrig glänzend) mit Wasser in Kontakt kommt, erfolgt eine äußerst heftige Reaktion.

Edukte (Ausgangsstoffe) Produkte

Metallisches Natrium

H2O

Indikator in Wasser färbt sich rot: Hinweis auf Bildung einer Base

Natrium und Wasser Natriumhydroxid und Wasserstoff

Na + H2O NaOH + H2

Gesetz von der Erhaltung der Masse (Atombilanz, Massenbilanz):

2 Na + 2 H2O 2 NaOH + H2

Na

H2O

Eine chemische Reaktion führt zur Umgruppierung von Atomen unter Einhaltung der Massenbilanz:

2 Na + 2 H2O 2 NaOH + H2

Weiters muss der Aggregatzustand jedes Reaktanten angegeben werden: (s), fest; (l), flüssig; (g), gasförmig und (aq), wenn die entsprechende Substanz in Wasser gelöst ist. Das Lösungsmittel muss natürlich nicht unbedingt Wasser sein. Beispiel: (am), Substanz ist in Ammoniak gelöst.

2 Na(s) + 2 H2O(l) 2 NaOH(aq) + H2(g)

Benötigt eine chemische Reaktion höhere Temperaturen (), so ist dies ebenfalls anzuführen, z.B. Umwandlung von Kalk in gebrannten (ungelöschten) Kalk beim Kalkbrennen:

CaCO3(s) CaO(s) + CO2(g)

Ebenso die Verwendung etwaiger Katalysatoren, z.B. bei der für die Herstellung von Schwefelsäure wichtigen Reaktion von Schwefeldioxid, SO2(g), zu Schwefeltrioxid, SO3(g):

V2O52 SO2(g) + O2(g) 2 SO3(g)

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2 Na + 2 H2O 2 NaOH + H2

Wie liest man diese Reaktionsgleichung:

2 Atome Natrium reagieren mit 2 Molekülen Wasser unter Bildung von 2 Molekülen NaOH und 1 Molekül H2.

Durch Multiplikation mit der Avogadro‘schen Zahl (6,023 1023

Moleküle) gilt aber auch, dass

2 mol Na mit 2 mol Wasser zu 2 mol NaOH und 1 mol H2

reagieren.

Die stöchiometrischen Koeffizienten einer Reaktionsgleichung geben also auch Auskunft über die relativen Stoffmengen der in einer Reaktion involvierten Reaktanten.

Stöchiometrie = chemisches Rechnen

H2 + O2 H2O

Atombilanz:

2 H2 + O2 2 H2O

2 H2(g) + O2(g) 2 H2O(l)

Übungsbeispiel: Wie lautet die exakte Gleichung der Verbrennungsreaktion von Methan mit Sauerstoff?

CH4 + O2 CO2 + H2O ?

Lösung: CH4(g) + 2 O2(g) CO2(g) + 2 H2O(l)

Beispiel Knallgasreaktion:

H2

O2H2O

Blaue Flamme stammt von der Bildung von C2-Molekülen

CH4(g) + 2 O2(g) CO2(g) + 2 H2O(l)

O2

O2

H2OCH4

CO2

Beispiele von chemischen Reaktionen:

Redox-Reaktionen (siehe unten):In Redox-Reaktionen werden zwischen den Reaktanten Elektronen ausgetauscht

Austauschreaktionen (Metathesereaktionen):

Reaktionen, in denen die positiven und negativen Ionen ihre jeweiligen Partner tauschen, verhalten sich gemäß der allgemeinen Gleichung AX + BYAY + BX

Diese Reaktionen werden Metathesereaktionen (griech. austauschen) oder Austauschreaktionen genannt. Dazu gehören

Fällungsreaktionen (siehe Einheit 8)

AgNO3(aq) + KCl(aq) AgCl(s) + KNO3(aq)

Säure-Base-Reaktionen (siehe Einheit 8)

Ca(OH)2(aq) + 2 HCl(aq) CaCl2(aq) + 2 H2O(l)

Stöchiometrie

Quantitative Aussagen zu chemischen Reaktionen

Die quantitative Interpretation von chemischen Reaktionen ist ein wichtiges Gebiet der Chemie und wird Reaktionsstöchiometriegenannt.

Die stöchiometrischen Koeffizienten erlauben eine Aussage über die relative Zahl von Molen an Edukten und Produkten, die an einer chemischen Reaktion beteiligt sind, z.B. Ammoniak-Synthese:

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

1 mol N2 reagiert mit 3 mol H2 zu 2 mol NH3

Die stöchiometrischen Beziehungen sind in diesem Fall:

1 mol N2 2 mol NH3 und 1 mol N2 3 mol H2

Beispiel: Wieviel Wasser wird gebildet, wenn 0,25 mol O2 in der Brennstoffzelle des Spaceshuttle mit Wasserstoff reagiert?

Vorgehensweise: 1. Formulieren der Reaktionsgleichung

2 H2(g) + O2(g) 2 H2O(l)

2. Stöchiometrische Beziehungen

1 mol O2 2 mol H2O

3. Lösung: 0,25 mol O2 0,5 mol H2O

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Beispiel: Wieviel Eisen kann aus 10 kg Eisen(III)oxid, Fe2O3(s), mit Hilfe von Kohlenmonoxid, CO(g), in einem Hochofen gewonnen werden?

Vorgehensweise:

1. Formulieren der Reaktionsgleichung

Fe2O3(s) + 3 CO(g) 2 Fe(s) + 3 CO2(g)

2. Stöchiometrische Beziehung: 1 mol Fe2O3 2 mol Fe

3. Umrechnung von Masse in Stoffmenge mit Hilfe der molaren Masse M(Fe2O3) = 159,69 g.mol-1

10 kg = 10 000 g und somit n(Fe2O3) = 10000 g/(159,69 g/mol) n(Fe2O3) = 62,62 mol

4. Stöchiometrische Beziehungen

62,62 mol Fe2O3 125,24 mol Fe

Mit M(Fe) = 55,85 g/mol kann die Masse des gebildeten Fe errechnet werden: 125,24 mol 55,85 g/mol = 6995 g Fe =

= 6,99 kg

Zusammenfassung:

1. Reaktionsgleichung

2. Stöchiometrische Beziehung zwischen A und B

3. Umrechnung von Masse von A in Stoffmenge (Mole) an A mittels der molaren Masse M von A

4. Umrechnung von Stoffmenge an B in Masse von B mittels der molaren Masse von B

Mass of A

Übungsbeispiel: Das Kamel speichert in seinem Höcker das Fett Tristearin, C57H110O6(s). Dieses Fett dient sowohl als Energie, also auch als Wasserreserve. Aus dem Fett kann nach folgender Reaktion Wasser freigesetzt werden:

2 C57H110O6(s) + 163 O2(g) 114 CO2 (g) + 110 H2O (l)

a) Wieviel Wasser kann aus 2,5 kg dieses Fettes gewonnen werden?

b) Welche Masse an O2 wird benötigt, um 2,5 g Tristearin zu oxidieren?

Lösung: Aufstellung der stöchiometrische Beziehungen:

1 mol Tristearin 55 mol H2O; 1 mol Tristearin 163/2 O2

a) M(C57H110O6) = 890 g/mol; M(H2O) = 18 g/mol; M(O2) = 32 g/mol

n(C57H110O6) = m/M = 2500 g/(890 g/mol) = 2,81 mol

n(H2O) = 2,81 mol 55 = 154,6 mol; m(H2O) = n M = 2782 g = 2,8 kg

b) n(C57H110O6) = m/M = 2,5 g/(890 g/mol) = 0,0028 mol

n(O2) = 0,0028 163/2 = 0,23 mol; m(O2) = 7,3 g

Übungsbeispiel:

Welche Masse an Aluminium, Al(s), wird benötigt, um aus 10 kg Chrom(III)oxid, Cr2O3(s), metallisches Chrom, Cr(s), zu produzieren. Die Reaktionsgleichung ist

2 Al(l) + Cr2O3(s) Al2O3(s) + 2 Cr(l)

Lösung:

Stöchiometrische Beziehung: 2 mol Al 1 mol Cr2O3

M(Cr2O3) = 152 g.mol-1

n(Cr2O3) = 10 000 g/(152 g/mol) = 65,7 mol Cr2O3

Stöchiometrische Beziehung: 65,7 mol Cr2O3 131,4 mol Al

M(Al) = 26,98 g.mol-1

m(Al) = 131,4 mol (26,98 g/mol) = 3545,2 g Al = 3,54 kg Al

Übungsbeispiel: Setzen Sie in folgende Rumpfgleichungen die richtigen stöchiometrischen Koeffizienten ein!

a) P4O10(s) + H2O(l) H3PO4(l)

b) Cd(NO3)2(aq) + Na2S(aq) CdS(s) + NaNO3(aq)

c) KClO3(s) KClO4(s) + KCl(s)

d) HCl(aq) + Ca(OH)2(aq) CaCl2(aq) + H2O(l)

Lösung:

a) P4O10(s) + 6 H2O(l) 4 H3PO4(l)

a) Cd(NO3)2(aq) + Na2S(aq) CdS(s) + 2 NaNO3(aq)

b) 4 KClO3(s) 3 KClO4(s) + KCl(s)

c) 2 HCl(aq) + Ca(OH)2(aq) CaCl2(aq) + 2 H2O(l)

Übungsbeispiel: Wenn Stickstoff und Sauerstoff im Zylinder des Automotors miteinander reagieren entsteht Stickstoffmonoxid, NO(g). Wenn NO(g) ausgestoßen wird, reagiert es in der Atmosphäre mit Sauerstoff weiter zu Stickstoffdioxid, NO2(g), einer Vorläufersubstanz des sauren Regens. Wie lauten die Reaktionsgleichungen für diese beiden Reaktionen?

Lösung:

Rumpfgleichung: N2(g) + O2(g) NO(g)

Exakte Gleichung: N2(g) + O2(g) 2 NO(g)

Rumpfgleichung: NO(g) + O2(g) NO2(g)

Exakte Gleichung: 2 NO(g) + O2(g) 2 NO2(g)

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Stöchiometrie

Volumetrie

Die Bestimmung der Stoffmengenkonzentration (mol/L) eines gelösten Stoffes durch sog. Titration ist eine häufige Tätigkeit in einem Analysen-Labor. Durch Titration kann z.B. die Molarität der Bestandteile oder die Härte von Mineralwasser ermittelt werden. Durch Titration wird z.B. auch die Stoffmengenkonzentration von Säuren oder Basen ermittelt.

Die zu bestimmende Substanz (Analyt) wird mit dem Titrant mit Hilfe von Büretten versetzt.

Büretten erlauben die Zugabe von exakten Volumina an Titrant.

Die Titration wird unter ständigem Rühren durchgeführt.

Analyt

Titrant

Bürette mit Titrant

Magnetrührer

Beispiel Säure-Base-Titration:

Analyt ist z.B. die Base und Titrant ist die Säure oder vice versa.

Da sowohl der Analyt und Titrant, als auch die Reaktionsprodukte farblos sind, muss mit Hilfe eines sog. Indikators der stöchiometrische Endpunkt ermittelt werden. Also jener Punkt an dem die stöchiometrische Beziehung zwischen Säure und Base exakt erreicht wird (Ende derNeutralisationsreaktion, Äquivalenzpunkt).

Volume of A

Vorgehensweise:

1. Formulieren der Reaktionsgleichung

2. Stöchiometrische Beziehung zwischen A und B

3. Bestimmung des Volumens an A (Titrant, dessen Molarität bekannt ist), das zur Erreichung des stöchiometrischen Punktes benötigt wird. Umrechnung von V(A) in n(A)

4. Bestimmung der Stoffmengenkonzentration von B (Analyt)

Beispiel:

In einem Erlenmeyerkolben werden 25 mL Oxalsäure, H2C2O4 (aq) vorgelegt (=Analyt). Dann wird Natronlauge, NaOH(aq), der Stoffmengenkonzentration 100 mmol/L mit einer Bürette zugetropft (=Titrant). Der stöchiometrische Punkt wird erreicht, nachdem exakt 38 mL der NaOH-Lösung zugegeben wurden. In welcher Stoffmengenkonzentration lag Oxalsäure vor?

Die Reaktionsgleichung dieser Neutralisationsreaktion ist

H2C2O4(aq) + 2 NaOH(aq) Na2C2O4(aq) + 2 H2O(l)

Stöchiometrische Beziehung:

1 mol H2C2O4 2 mol NaOH

H2C2O4(aq) + 2 NaOH(aq) Na2C2O4(aq) + 2 H2O(l)

Stöchiometrische Beziehung: 1 mol H2C2O4 2 mol NaOH

Stoffmenge = Stoffmengenkonzentration Volumen

n(NaOH) = (0.1 mol/L) (0.038 L) = 0.0038 mol

Stöchiometrische Beziehung:

0,0038 mol NaOH 0,0019 mol H2C2O4

Stoffmengenkonzentration [H2C2O4(aq)] = Stoffmenge/Volumen =

0,0019 mol / 0,025 L = 0,076 mol/L bzw. 76 mmol/L

Die Stoffmengenkonzentration der Oxalsäure-Lösung beträgt also

76 mmol/L.

Übungsbeispiel: Ein Student benutzte eine Salzsäure-Lösung, von der bekannt ist, dass sie 0,72 g HCl in 500 mL enthält. Mit dieser Lösung titrierte er 25 mL einer Calciumhydroxid-Lösung, Ca(OH)2(aq) (=Analyt). Der stöchiometrische Punkt wurde nach Zugabe von exakt 15,1 mL der Säure erreicht. Welche Stoffmengenkonzentration hatte die Calciumhydroxidlösung?

Reaktionsgleichung:

2 HCl(aq) + Ca(OH)2(aq) CaCl2(aq) + 2 H2O(l)

Stöchiometrische Beziehung: 2 mol HCl 1 mol Ca(OH)2

M(HCl) = 36,46 g/mol

Stoffmenge und Stoffmengenkonzentration der HCl-Lösung: n(HCl) = m/M = 0,72 g / (36,46 g/mol) = 0,0197 mol c[HCl(aq)] = 0,0197 mol/0,5 L = 0,0394 mol/L

Verbrauchte Stoffmenge an HCl bei der Titration: n = c V d.h. n(HCl) = (0,0394 mol/L) 0,0151 L = 0,00059 mol HCl

Stöchiometrische Beziehung: 0,00059 mol HCl 0,000295 mol Ca(OH)2

c[Ca(OH)2(aq)] = 0,000295 mol/0,025 L = 0,012 mol/L = 12 mmol/L

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Übungsbeispiel: Wieviel Gramm Ca(OH)2(s) werden zur Neutralisation von 25 mL einer 0,1 M HNO3(aq)-Lösung benötigt?

Lösung: Bei den Reaktanten handelt es sich um Salpetersäure-Lösung, HNO3(aq) und um die Base Calciumhydroxid in fester Form, Ca(OH)2(s).

Reaktionsgleichung:

2 HNO3(aq) + Ca(OH)2(s) Ca(NO3)2(aq) + 2 H2O(l)

Stöchiometrische Beziehung: 2 mol HNO3 1 mol Ca(OH)2

c = n/V, daher n(HNO3) = c V = (0,1 mol/L) (0,025 L)

n(HNO3) = 0,0025 mol, daher n(Ca(OH)2) = 0,00125 mol

Molare Masse, M, von Ca(OH)2 = 74,1g/mol

m = n M = (74,1 g/mol) (0,00125 mol) = 0,0926 g Ca(OH)2(s)

Übungsbeispiel: Wieviel Gramm NaOH(s) werden zur Neutralisation von 20 mL einer H2SO4(aq)-Lösung der Stoffmengen-konzentration von 0,15 mol/L benötigt?

Lösung: Bei den Reaktanten handelt es sich um Schwefelsäure-Lösung, H2SO4(aq), und um die Base Natriumhydroxid in fester Form, NaOH(s).

Reaktionsgleichung:

H2SO4(aq) + 2 NaOH(s) Na2SO4(aq) + 2 H2O(l)

Stöchiometrische Beziehung: 1 mol H2SO4 2 mol NaOH

c = n/V, daher n(H2SO4) = c V = (0,15 mol/L) (0,020 L)

n(H2SO4) = 0,003 mol, daher n(NaOH) = 0,006 mol

Molare Masse, M, von NaOH = 39,99 g/mol

m = n M = (39,99 g/mol) (0,006 mol) = 0,24 g NaOH(s)

Übungsbeispiel: Wieviel Liter einer 0,5 M HCl(aq)-Lösung werden benötigt, um mit 0,1 mol Pb(NO3)2 vollständig zu einem Niederschlag aus PbCl2(s) zu reagieren?

Lösung: Bei den Reaktanten handelt es sich um Salzsäure, HCl(aq), und um die Salzlösung Bleinitrat, Pb(NO3)2(aq). Die Reaktion ist eine Fällungsreaktion.

Reaktionsgleichung:

2 HCl(aq) + Pb(NO3)2(aq) PbCl2(s) + 2 HNO3(aq)

Stöchiometrische Beziehung: 2 mol HCl 1 mol Pb(NO3)2

n[Pb(NO3)2] = 0,1 mol, daher n(HCl) = 0,2 mol

c = n/V, daher V = n/c = (0,2 mol)/(0,5 mol/L) = 0,4 L HCl(aq)

Limitierende ReaktantenReaktionsausbeute

Stöchiometrische Kalkulationen bzw. die Aufstellung von stöchiometrischen Beziehungen entsprechen Idealbedingungen. In der Realität laufen Reaktionen in der Regel nie vollständig ab. Es können Nebenreaktionen auftreten und zudem stellt sich bei jeder chemischen Reaktion ein Gleichgewicht ein (siehe unten). Oder einer der Reaktanten ist nur in limitierender Stoffmenge (also im Unterschuss) vorhanden (siehe unten).

Die sog. theoretische Ausbeute ist die maximale Menge (Stoffmenge, Masse, Volumen) an Produkten, die aus einer bestimmten Menge an Ausgangsstoffen erhalten werden kann.

Die prozentuelle Ausbeute (%) ist der Quotient aus tatsächlicher Ausbeute und theoretischer Ausbeute multipliziert mit 100.

Prozentuelle Ausbeute = (tats. Ausbeute/theoret. Ausbeute) 100%

Beispiel: Berechnen Sie die theoretische Ausbeute in Gramm an Kaliumnitrit, KNO2(s), wenn 24 g Kaliumnitrat, KNO3(s), mit einem Überschuss an Blei erhitzt werden.

Es gelte folgende Reaktionsgleichung:

Pb(s) + KNO3(s) PbO(s) + KNO2(s)

Stöchiometrische Beziehung: 1 mol KNO3 1 mol KNO2

M(KNO3) = 101,1 g/mol

n(KNO3) = m/M = 24 g / (101,1 g/mol) = 0,237 mol

Stöchiometrische Beziehung: 0,237 mol KNO3 0,237 mol KNO2

M(KNO2) = 85,1 g/mol

m(KNO2) = n M = 0,237 mol (85,1 g/mol) = 20,2 g

Fossile Brennstoffe bestehen aus verschiedensten Kohlenwasserstoffen. Bei der Verbrennung mit Sauerstoff, O2(g), entsteht das Treibhausgas Kohlendioxid, CO2(g). Eine typische Komponente des Benzins ist Octan, C8H18(l), das bei vollständiger Verbrennung folgendermaßen reagiert

2 C8H18(l) + 25 O2(g) 16 CO2(g) + 18 H2O(l)

Im Idealfall entsteht aus jedem Kohlenstoffatom ein Molekül CO2 (= theoretische Ausbeute)

In der Realität ist die Luftzufuhr meist limitierend, sodass auch Kohlenmonoxid gebildet werden kann. Im Extremfall entsteht nur CO(g), entsprechend

2 C8H18(l) + 17 O2(g) 16 CO (g) + 18 H2O(l)

Auch diese Reaktion verbraucht Octan. In der Realität laufen beide Reaktionen ab und die theoretische Ausbeute an CO2(g) wird nicht erreicht.

Realität

CO2

CO2

CO

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Beispiel:

Angenommen ein Motor verbrennt 1 L Octan und produziert 1,14 kg an Kohlendioxid. Wie groß ist die prozentuelle Ausbeute an CO2, wenn die theoretische Ausbeute 2,17 kg beträgt.

Prozentuelle Ausbeute

= (tatsächliche Ausbeute / theoretische Ausbeute) 100%

= 52,5%

z.B. N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)Zur Erreichung der theoretischen Ausbeute muss die stöchiometrische Beziehung 1 mol N2 3 mol H2

gewährleistet sein!

Edukte: 1 mol N2 und 2 mol H2

Reaktant B ist im Unterschuss vorhanden, d.h. H2(g), bestimmt die maximale Ausbeute.

Edukte: 0.8 mol N2 und 3 mol H2

Reaktant A ist im Unterschuss vorhanden, d.h. N2(g), bestimmt die maximale Ausbeute.

Limitierende ReaktantenLimitierende Reaktanten

Beispiel: Calciumcarbid, CaC2(s) reagiert mit Wasser unter Ausbildung von Calciumhydroxid, Ca(OH)2(aq), und des brennbaren Gases Ethin [Acetylen, C2H2(aq)].

Angenommen 100 g Wasser reagieren mit 100 g Carbid. Was ist der limitierende Reaktant und welche Menge an Ethin wird gebildet?

Reaktionsgleichung: CaC2(s) + 2 H2O(l) Ca(OH)2(aq) + C2H2(g)

Stöchiometrische Beziehung: 1 mol CaC2 2 mol H2O

M(CaC2) = 64,1 g/mol und M(H2O) = 18,02 g/mol

n = m/M, d.h. n(CaC2) = 1,56 mol und n(H2O) = 5,54 mol

d.h. Carbid ist limitierend und bestimmt daher die Ausbeute an Ethin.

Stöchiometrische Beziehung: 1 mol CaC2 1 mol C2H2

1,56 mol CaC2 1,56 mol C2H2

M(C2H2) = 26,04 g/mol Daher m(C2H2) = n M = 40,6 g

Übungsbeispiel: Wein wird sauer, wenn Ethanol, C2H5OH(aq), durch Oxidation in Essigsäure, CH3COOH(aq), übergeht. Die exakte Reaktionsgleichung lautet:

C2H5OH(aq) + O2(g) CH3COOH(aq) + H2O(l)

Wenn 2,0 g Ethanol und 1 g Sauerstoff in einem Weinfass verschlossen würden, welcher Reaktant wäre für die Oxidation limitierend?

Lösung:

Stöchiometrische Beziehung: 1 mol Ethanol 1 mol O2

M(C2H5OH) = 46 g/mol; M(O2) = 32 g/mol;

n(C2H5OH) = 2 g/(46 g/mol) = 0,043 mol

n(O2) = 1 g/(32 g/mol) = 0,031 mol

Sauerstoff ist limitierend!

Ermittlung chemischer FormelnVerbrennunganalyse

Die Verbrennungsanalyse dient (meist in Kombination mit der Massenspektrometrie) der Ermittlung der Summenformel von (einfachen) chemischen Verbindungen.

Die Probe wird in einem Ofen mit einem Überschuss an Sauerstoff verbrannt, sodass die zu analysierende Probe den limitierenden Reaktanten darstellt.

H2O(g)

Die Wasserstoffatome der Probe werden vollständig in Wasser, die Kohlenstoffatome in CO2 umgewandelt.

Das gebildete Wasser, H2O(g), wird durch Tetraphosphordec(a)oxid, P4O10(s), absorbiert. Es bildet sich Phosphorsäure, H3PO4(aq).

P4O10(s) + 6 H2O(l) 4 H3PO4(l)

Die Zunahme der Masse des Röhrchen wird gemessen.

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Das gebildete CO2(g) wird in Natronlauge, NaOH(aq), absorbiert. Es bildet sich Natriumhydrogen-carbonat, NaHCO3(aq).

NaOH(aq) + CO2(g) NaHCO3(aq)

Die Zunahme der Masse des Röhrchens wird gemessen.

CO2(g)

d.h. bei der Verbrennungsanalyse gelten folgende stöchiometrische Beziehungen:

1 mol C (Probe) 1 mol CO2

2 mol H (Probe) 1 mol H2O

Wenn die Probe nur aus C, H und O-Atomen besteht, kann die Masse an Sauerstoff aus der gesamten Probenmasse (bestimmt durch Abwägen) abzüglich der Massen von Wasserstoff und Kohlenstoff kalkuliert werden.

Probe

Probe

CO2

H2O

Beispiel: Die Verbrennungsanalyse wurde an 1,621 g einer neu synthetisierten Substanz durchgeführt, die nur aus O, C und H-Atomen besteht. Die Massen an gebildeten Wasser und Kohlendioxid wurden mit 1,902 g und 3,095 g bestimmt. Wie lautet die empirische Summenformel dieser Verbindung?

Stöchiometrische Beziehungen:

1 mol C (Probe) 1 mol CO2 und 2 mol H (Probe) 1 mol H2O

M(C) = 12,01 g/mol; M(CO2) = 44,01 g/mol

M(H) = 1,008 g/mol; M(H2O) = 18,02 g/mol

n(CO2) = n(C) = m/M = 0,07032 mol

n(H2O) = 0,10555 mol,

d.h. 0,2111 mol H (Probe) 0,10555 mol H2O

n(C) = 0,07032 mol; n(H) = 0,2111 mol

m = n M folgt

m(C) = 0,8846 g und m(H) = 0,2128 g

m(O) = 1,621 – 0,8446 – 0,2128 = 0,564 g

n(O) = m/M = 0,564 g/(16,0 g/mol) = 0,0352 mol

Verhältnis der Stoffmengen C:H:O = 0,07032 : 0,2111 : 0,0352

C : H : O = 2 : 6 : 1

Empirische Formel: C2H6O

Man spricht deshalb von der “empirischen” Formel, da durch die Verbrennungsanalyse nur das Verhältnis der Stoffmengen bestimmt wird. Erst bei Kenntnis der molaren Masse der unbekannten Verbindung (mittels Massenspektrometrie), kann dann die exakte chemische Formel erstellt werden.

Ermittlung chemischer FormelnEmpirische versus exakte Formel

Mit Hilfe der Verbrennungsanalyse wird die empirische Formelermittelt. Sie gibt die relative Anzahl der Elemente in einem Molekül an. Sie kann, aber muss nicht, der tatsächlichen chemischen Formel entsprechen.

Beispiel: Die Analyse von Glucose in der Verbrennungsanalyse würde die empirische Formel “CH2O” ergeben. Die tatsächliche Summenformel von Glucose ist aber C6H12O6.

Wie kann nun die tatsächliche chemische Formel eines Moleküls ermittelt werden? In einem ersten Schritt wird in der Regel der Massenanteil jedes Elements in der Probe durch Verbrennungsanalyse ermittelt:

Massenanteil (%) = (Masse des Elements in Probe/Probenmasse) 100

Dann ermittelt man die empirische Formel und bestimmt mittels Massenspektrometrie die molare Masse der unbekannten Verbindung.

Beispiel: Jahrhundertelang benutzten die Eingeborenen Australiens Blätter des Eukalyptusbaumes in der Schmerzbehandlung. Das verantwortliche Molekül konnte identifiziert werden (Name: Eucalyptol). In einem ersten Schritt wurde festgestellt, dass 3,16 g Eucalyptol aus 2,46 g C, 0,373 g H und 0,329 g O bestehen.

Wie groß ist der Massenanteil jedes Elements?Und wie lautet die empirische Formel?

77,8% C; 11,8% H; 10,4 % O

n(C) = 2,46 g / (12,011 g/mol) = 0,203 mol

n(H) = 0,373 g / (1,008 g/mol) = 0,370 mol

n(O) = 0,329 g / (15,999 g/mol) = 0,0206 mol

Empirische Formel: C10H18O

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Um von der empirischen Formel auf die tatsächliche Formel schließen zu können, muss zusätzlich die molare Masse des gesuchten Moleküls bekannt sein. Mit Hilfe der Massenspektrometrie ist diese zugänglich.

Beispiel: Die molare Masse von Oxalsäure ist 90,0 g/mol. Oxalsäure ist eine giftige, in Rhabarber in hoher Konzentration vorkommende Verbindung, deren empirische Formel durch Verbrennungsanalyse mit “CHO2” festgestellt wurde. Wie lautet die tatsächliche Formel von Oxalsäure?

Lösung:

Molare Masse (“CHO2”) = 12,011 g/mol + 1,008 g/mol + (2 15,999 g/mol) = 45,019 g/mol

molare Masse (Oxalsäure) / molare Masse (“CHO2”) = (90,0 g/mol) / (45,019 g/mol) = 1,999

Die Formel von Oxalat lautet C2H2O4

Übungsbeispiel: 0.528 g Saccharose, eine Verbindung aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, liefert bei der Verbrennungsanalyse 0,306 g Wasser und 0,815 g Kohlenstoffdioxid. Wie lautet die empirische Formel (empirische Summenformel) von Saccharose.

Lösung:

1 mol C (Probe) 1 mol CO2 und 2 mol H (Probe) 1 mol H2O

M(C) = 12,01 g/mol; M(CO2) = 44,01 g/mol

M(H) = 1,008 g/mol; M(H2O) = 18,02 g/mol

n(C) n(CO2) = m/M = 0,815 g/(44,01 g/mol) = 0,0185 mol

n(H2O) = m/M = 0,306 g/(18,02 g/mol) = 0,0170 mol

2 n(H) n(H2O) = 0,034 mol;

m(H) = n M = 0,034 g; m(C) = n M = 0,222 g

m(O) = 0,528 – (0,034 + 0,222) = 0,272 g; n(O) = m/M = 0,017 mol

Saccharose: 0,0185 mol C : 0,017 mol O : 0,034 mol H ( C1,088O1H2) = “CH2O”

Tatsächliche Formel: C12H22O11

Übungsbeispiel: Harnstoff dient aufgrund seines Stickstoffgehalts als handelsüblicher Dünger. Eine Analyse von 25 mg Harnstoff ergab folgendes Ergebnis: 5 mg C, 11,68 mg N und 6,65 mg O, der Rest ist Wasserstoff. Wie lautet die empirische Summenformel von Harnstoff ?

Lösung: Masse

m(H) = 1,67 mg

M(C) = 12,01 g/mol; M(N) = 14,007 g/mol

M(H) = 1,008 g/mol; M(O) = 15,999 g/mol

n(C) = 0,005 g/(12,01 g/mol) = 0,0004163 mol

n(H) = 0,00167 g/(1,008 g/mol) = 0,001657 mol

n(N) = 0,01168 g/(14,007 g/mol) = 0,0008338 mol

n(O) = 0,00665g/(15,999 g/mol) = 0,0004156 mol

“C1H4N2O1” bzw. “CH4N2O”

Übungsbeispiel: Die Massenspektrometrie zeigt, dass die molare Masse von Vitamin C 176,12 g/mol beträgt. Die Verbrennungsanalyse zeigt das Vorhandensein folgender (empirischer) Formeleinheit: C3H4O3. Wie lautet die tatsächliche chemische Formel von Vitamin C.

Lösung:

Die molare Masse von C3H4O3 ist

[3 (12,01 g/mol)] + [4 (1,008 g/mol)] + [3 (16,00 g/mol)] =

88,06 g/mol

molare Masse (Molekül)/molare Masse (emp. Formeleinheit) = (176,12 g/mol)/(88,06 g/mol) = 2

Die tatsächliche chemische Formel von Vitamin C lautet daher

C6H8O6.

Übungsbeispiel: Die molare Masse von Styrol, das in der Produktion des Kunststoffes Polystyrol verwendet wird, ist 104 g/mol. Die durch Verbrennungsanalyse bestimmte empirische Formeleinheit sei CH. Wie lautet die tatsächliche chemische Formel von Styrol?

Lösung:

Molare Masse von CH = (12,01 g/mol) + (1,008 g/mol) = 13,02 g/mol

molare Masse (Molekül)/molare Masse (emp. Formeleinheit) = (104 g/mol)/(13,02 g/mol) = 7,99

Die tatsächliche chemische Formel von Styrol lautet daher

C8H8

Übungsbeispiel: Coffein, das Stimulans in Kaffee und Tee, hat eine molare Masse von 194,19 g/mol. Der Massenanteil seiner Elemente ist 49,48% C, 5,19% H, 28,85% N und 16,48% O. Wie lautet die chemische Formel für Coffein?

Lösung:

m(C) = 96,08 g; m(H) = 10,08 g; m(N) = 56,02 g; m(O) = 32 g

n(C) = 96,08 g /(12,01 g/mol) = 8 mol

n(N) = 56,02 g /(14,007 g/mol) = 4 mol

n(H) = 10,08 g/(1,008 g/mol) = 10 mol

n(O) = 32 g /(15,999 g/mol) = 2 mol

Die chemische Formel für Coffein lautet C8H10N4O2

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Das chemische GleichgewichtGleichgewichtskonstante und Massenwirkungsgesetz

Einige Reaktionen, wie z.B. die Knallgasreaktion laufen fast vollständig ab (vollständig heißt, dass sämtliche Edukte in Produkte umgewandelt werden):

2 H2(g) + O2(g) 2 H2O(l)

Bei den allermeisten Reaktionen bildet sich jedoch ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Edukten und Produkten aus, z.B. bei der Ammoniaksynthese:

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

Im Verlauf der Reaktion stellt sich ein sog. chemisches Gleichgewicht ein, d.h. es bestehen gleichzeitig Edukte und Produkte in definierter Stoffmengen-konzentration nebeneinander.

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

Diese Tatsache ist durch zu symbolisieren.

heißt, dass im dynamischen Gleichgewicht permanent Hin- und Rückreaktionen stattfinden, die sich jedoch kompensieren.

Es findet keine Nettoumsetzung statt.

Die Reaktion kann auch von reinem Ammoniak (NH3) ausgehen (unteres Diagramm). Es wird sich ebenso eine Mischung aus N2(g), H2(g) und NH3(g)in definierter Zusammensetzung ausbilden.Beachte: Die beiden Diagrammen zugrunde liegenden Experimente wurden bei unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt.

Nitrogen

Hydrogen

Ammonia

Chemische Gleichgewichte sind dynamische Gleichgewichte.

Beweis:

Man betrachte zwei Ammoniak-synthesen, eine mit H2(g) und eine mit D2(g), die unabhängig in zwei verschiedenen Gefäßen ablaufen sollen. D = Deuterium, ein Isotop des Elements Wasserstoff.

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

N2(g) + 3 D2(g) 2 ND3(g)

D2

NH3

H2

NH2D

A

B

NHD2

ND3

N2

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

N2(g) + 3 D2(g) 2 ND3(g)

Nachdem beide Ansätze ihr Gleichgewicht erreicht haben, werden sie gemischt (Bild A).

Eine Analyse mittels Massen-spektrometer zu einem späteren Zeitpunkt (Bild B) zeigt die Existenz von NH3(g), NH2D(g), NHD2(g) und ND3(g) Molekülen!

Dies beweist, dass chemische Gleichgewichte dynamisch sind, also permant Hin- und Rückreaktionen stattfinden!

D2

NH3

H2

NH2D

A

B

NHD2

ND3

N2

Allgemeine chemische Reaktion: A + B C + D

Massenwirkungsgesetz K = [c(C) c(D)] / [c(A) c(B)]

c(A) und c(B) sind die Stoffmengenkonzentrationen (c) der Edukte im Gleichgewicht

c(C) und c(D) sind die Stoffmengenkonzentrationen (c) der Produkte im Gleichgewicht

K ist die sog. Gleichgewichtskonstante

Edukte Gleichgewicht Produkte

Der Zahlenwert der Gleichgewichtskonstanten vermittelt einen Eindruck von der Lage des Gleichgewichts. Da die Konzentrationen der Substanzen (Produkte) auf der rechten Seite der Reaktionsgleichung im Massenwirkungsgesetz in den Zähler kommen, bedeutet ein großer Wert von Kein Gleichgewicht mit hohen Konzentrationen an Produkten. Man sagt, das Gleichgewicht “liegt auf der rechten Seite”, “auf der Seite der Produkte”.

Bei einem kleinen Wert von K wiederum liegt das Gleichgewicht “auf der linken Seite”, d.h. die Edukte dominieren und es findet fast keine Produktbildung statt.

A B

A B

A B

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Beispiel:

N2(g) + O2(g) 2 NO(g)

K = c2(NO) / [c(N2) c(O2)]

Das Experiment zeigt, dass bei 500°C K = 3.40 10-21 beträgt.

In diesem Fall dominieren im Gleichgewicht also eindeutig die Edukte, es wird fast kein Stickstoffmonoxid produziert. Das Gleichgewicht liegt eindeutig auf der linken Seite der Reaktionsgleichung! K ist hier dimensionslos (die Einheiten, mol/L, kürzen sich weg).

Beispiel:

Für die Bildung von Phosgen (Carbonyldichlorid), COCl2(g), aus Kohlenmonoxid und Chlor bei 100°C ist K = 4,57 109 mol-1 L. Bei 100°C setzen sich CO(g) und Cl2(g) also fast vollständig zu COCl2(g) um.

Reaktionsgleichung: CO(g) + Cl2(g) COCl2(g)

Massenwirkungsgesetz: K = c(COCl2) / [c(CO) c(Cl2)]

K = = 4,57 109 mol-1 L

Das Gleichgewicht liegt eindeutig auf der rechten Seite der Reaktionsgleichung! Die Stoffmengenkonzentration der Edukte im Gleichgewicht ist sehr klein.

Übungsbeispiel:

Bei den ersten Versuchen zur Ammoniaksynthese hat Haber Wasserstoff und Stickstoff bei etwa 500°K reagieren lassen. Nach Gleichgewichtseinstellung hat er die Reaktionsmischung analysiert und folgende Stoffmengenkonzentrationen ermittelt: 0,796 mol/L für NH3(g), 0,305 mol/L für N2(g) und 0,324 mol/L für H2(g). Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante K für diese Reaktion!

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

K = c2(NH3) / [c(N2) c3(H2)] =

K = [(0,796)2 mol2/L2] / {(0,305 mol/L) [(0,324)3 mol3/L3]}

K = 61,1 mol-2 L2

Übungsbeispiel:

Für die Reaktion N2O4(g) 2 NO2 (g) wurden bei 25°C folgende Konzentrationen nach Einstellung des Gleichgewichts gefunden:

c(N2O4) (Distickstofftetroxid) = 4,27 10-2 mol/L

c(NO2) (Stickstoffdioxid) = 1,41 10-2 mol/L

Wie groß ist die Gleichgewichtskonstante bei 25°C?

Lösung:

K = c2(NO2) / c(N2O4) = [(1,41 10-2)2 mol2/L2] / 4,27 10-2 mol/L

= 4,66 10-3 mol/L

Übungsbeispiel: Formulieren Sie das Massenwirkungsgesetz für folgende Reaktionen:

(a) 2 O3(g) 3 O2(g)

(b) 2 NO(g) + Cl2(g) 2 NOCl(g)

(c) Ag+(aq) + 2 NH3(aq) Ag(NH3)2+ (aq)

(d) Was ist ein Katalysator?

Antworten:

(a) K = c3(O2) / c2(O3)

(b) K = c2(NOCl) / [c2(NO) c(Cl2)]

(c) K = c(Ag(NH3)2+ / [c(Ag+) c2(NH3)]

(d) Eine Substanz, die die Geschwindigkeit der Einstellung des chemischen Gleichgewichts erhöht, jedoch die Gleichgewichtskonstante, K, nicht beeinflußt. Der Katalysator wird im Zuge einer chemischen Reaktion nichtverbraucht.

Übungsbeispiel:

Nehmen Sie eine Gleichgewichtsmischung bei 500°K aus HCl(g), Cl2(g) und H2(g) mit den Stoffmengenkonzentrationen 1.0 10-11 mol/L für H2(g) und 2.0 10-10 mol/L für Cl2(g) an. Bei 500°K beträgt die Gleichgewichtskonstante K für die Reaktion

H2(g) + Cl2(g) 2 HCl(g) K = 4 1018

Berechnen Sie die Stoffmengenkonzentration von HCl(g) in dieser Mischung!

K = c2(HCl) / c(H2) c(Cl2) K ist dimensionslos

d.h. c(HCl) = {K c(H2) c(Cl2)}0,5 = 0,089 mol/L

Die Stoffmengenkonzentration von HCl ist 0,089 mol/L, d.h. das Gleichgewicht liegt fast vollkommen auf der Seite des Reaktionsprodukts (großes K).

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H2(g) + Cl2(g) 2 HCl(g)

K = c2(HCl) / [c(H2) c(Cl2)]

Das Experiment zeigt, dass bei 500°C K = 4.0 1018 beträgt. Das Gleichgewicht stellt sich also erst ein, wenn fast alle Edukte in Produkte umgewandelt wurden.

Die Gleichgewichtskonstante K gilt jeweils für eine bestimmte Temperatur. Durch Änderung der Temperatur wird die Gleichgewichtszusammensetzung und in der Folge die Gleichgewichtskonstante, K, verändert! Daher muss bei Angabe von K auch immer die entsprechende Temperatur genannt werden!

Es gibt Reaktionen, bei denen sich bei Erhöhung der Temperatur der Zahlenwert von K erhöht, während sich bei anderen Reaktionen bei Erhöhung der Temperatur der Zahlenwert von K erniedrigt. Warum? Siehe Prinzip von Le Chatelier.

Das chemische GleichgewichtPrinzip von Le Chatelier

Wird ein im Gleichgewicht befindliches System durch eine Änderung von Temperatur, Druck oder Konzentration der Reaktionsteilnehmer gestört, so reagiert das Gleichgewicht des Systems derart, dass es der Störung entgegenwirkt. Jede Änderung von Bedingungen (Druck, Temperatur, Konzentration) ist eine solche Störung (ein äußerer “Zwang”). Man nennt dies das Le Chatelier’sche Prinzip (1884 erstmals formuliert) oder das Prinzip des kleinsten Zwanges.

Ein im Gleichgewicht befindliches System ist in einem dynamischen Zustand. Der Hin- und Rückprozess läuft mit gleicher Geschwindigkeit ab und das System ist im Gleichgewicht. Das Prinzip von Le Chatelier besagt, dass bei Störung die Reaktion in der Richtung sein wird, die die Wirkung der Änderung aufhebt.

Wie ändert sich nun das Gleichgewicht, wenn die Gleichgewichtskonzentration eines Reaktionsteilnehmers im Reaktionssystem (Reaktor) kurzfristig verändert wird?

Konzentrationsänderungen

Beispiel: H2(g) + I2(g) 2 HI(g)

K = c2(HI) / [c(H2) c(I2)] = konstant bei definierterTemperatur

Wird nun die H2(g)-Konzentration durch Zusatz von weiterem Wasserstoffgas erhöht, so weicht das System aus, indem mehr Iodwasserstoff, HI(g) gebildet wird. Dabei wird der zugesetzte Wasserstoff verbraucht. Wenn sich das Gleichgewicht wieder eingestellt hat, so wird die Gleichgewichtskonzentration von HI(g) größer sein als zu Beginn. Das Gleichgewicht hat sich nach rechts verlagert! Der Zahlenwert von K bleibt aber unverändert.

H2(g) + I2(g) 2 HI(g)K = c2(HI) / [c(H2) c(I2)]

Durch Zusatz von Iodwasserstoff, HI(g) könnte man andererseits das Gleichgewicht nach links verschieben, da das System auf diese Änderung mit Verbrauch von HI(g) und Bildung von H2(g) und I2(g) reagiert!

Auch durch Entfernung einer Substanz aus dem Gleichgewichts-system kann die Gleichgewichtszusammensetzung verändert werden. Im Sinne einer Erhöhung der Produktbildung, ist die kontinuierliche Entfernung des Produkts aus dem Reaktorgünstig! Obiges Beispiel: Bei Wegnahme von HI(g) verlagert sich das Gleichgewicht nach rechts unter weiterer Bildung von HI(g) bzw. unter Verbrauch von H2(g) und I2(g).

Beispiel Kalkbrennen

Kalkbrennen ist die großtechnisch durchgeführte Zersetzung von Calciumcarbonat, CaCO3(s) zu Calciumoxid, CaO(s) (=gebrannter Kalk). Aus Calciumoxid wird dann durch Wasserzusatz Calciumhydroxid, Ca(OH)2(aq) (=gelöschter Kalk) entsprechend CaO(s) + H2O(l) Ca(OH)2(aq) hergestellt.Letzteres ist die billigste Base auf dem Markt.

CaCO3(s) CaO(s) + CO2(g)

Die Bildung von Calciumoxid bei höherer Temperatur läuft nur deshalb vollständig ab, weil ein Reaktionsprodukt, nämlich Kohlendioxid, CO2(g), gasförmig ist und somit laufend entweicht.

Beispiel Haber-Bosch Verfahren

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

Entzug von Ammoniak, NH3(g), aus dem Gleichgewichtsgemisch

von N2(g), H2(g) und NH3(g) ruft eine Reaktion von links nach

rechts hervor. Wenn Ammoniak kontinuierlich abgezogen werden

kann, kann die Ausbeute an Ammoniak erheblich erhöht werden.

In der industriellen Produktion von Ammoniak wird das NH3

kontinuierlich durch Verflüssigung entfernt. Der Siedepunkt von

NH3(-33°C) ist viel höher als von N2(-196°C) und H2(-253°C).

Das flüssige Ammoniak wird entzogen und N2(g) und H2(g)

wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Durch die fortwährende

Entfernung eines Produkts wird die Reaktion im wesentlichen

zum vollständigen Ablauf gezwungen!

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Schematische

Darstellung der

industriellen Produktion

von Ammoniak.

Eingehendes N2(g) und

H2(g) wird auf etwa

500°C erhitzt und über

einen Katalysator

geleitet.

Das entstehende

Gasgemisch darf sich

ausdehnen und

abkühlen, wodurch sich

NH3 verflüssigt.

Nicht umgesetztes N2(g)

und H2(g) wird in den

Kreislauf

zurückgeschickt.

Wie ändert sich nun das Gleichgewicht, wenn der Gesamtdruck im Reaktionssystem (Reaktor) verändert wird?

Druckänderung

Druckänderungen wirken sich immer dann aus, wenn Gase an Reaktionen beteiligt sind und die Reaktion im geschlossenen System abläuft. Bei Reaktionen von Gasen mit n = 0 (oder in offenen Gefäßen), haben Druckänderungen keinen Einfluss.

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

Aus 4 Molen Gas entstehen 2 Mole Gas, d.h. n = 2 0!

Erhöhung des Drucks (z.B. durch Kompression = Verkleinerung des Reaktionsvolumens) verschiebt das Gleichgewicht nach rechts (Edukte reagieren zu Produkten um dem Zwang des erhöhten Gesamtdruckes auszuweichen), wodurch höhere Ausbeuten an Ammoniak erzielt werden.

Durch Druckänderungen ändert sich aber der Zahlenwert der Gleichgewichtskonstante, K, nicht!

Beispiel Schwefeltrioxidherstellung

Schwefelsäure ist eine der wichtigsten industriell hergestellten Chemikalien. Die Synthese erfolgt über Schwefeldioxid, SO2(s), das

an einem Katalysator zu Schwefeltrioxid, SO3(g), weiteroxidiert wird (siehe Einheit 10). Daraus wird Schwefelsäure, H2SO4(aq), hergestellt.

2 SO2(g) + O2(g) 2 SO3(g)

Bei dieser Reaktion werden 3 Mole Gas verbraucht und 2 Mole Gas

gebildet (n 0). Läuft die Reaktion daher in einem geschlossenen Gefäß ab, verringert sich der Druck!

Befindet sich das System im Gleichgewicht und wird der Druck erhöht,

wird das Gleichgewicht nach rechts verlagert. Bei Erniedrigung des

Drucks verschiebt sich das Gleichgewicht nach links. Im Sinne einer hohen SO3-Bildung ist daher eine Erhöhung des Gesamtdrucks im

Reaktor günstig.

Reaktion N2O4(g) 2 NO2(g). Bei Druckerhöhung verschiebt sich das Gleichgewicht nach links. Tatsächlich wird die Farbe durch Komprimierung des Gasgemisches zuerst dünkler, weil die Konzentration an NO2(g), das eine braune Farbe hat, zunimmt. Die Farbe verblasst dann wieder, weil das entstehende Gleichgewicht zugunsten des farblosen N2O4(g) verschoben wird.

Wie ändert sich nun das Gleichgewicht, wenn die Temperatur im Reaktionssystem (im Reaktor) verändert wird?

Die Gleichgewichtskonstante K gilt jeweils für eine bestimmte

Temperatur. Durch Änderung der Temperatur wird die Gleichgewichtszusammensetzung und in der Folge die

Gleichgewichtskonstante, K, verändert! Daher muss bei Angabe von K auch immer die entsprechende Temperatur genannt werden!

Es gibt Reaktionen, bei denen sich bei Erhöhung der Temperatur der Zahlenwert von K erhöht, während sich bei anderen Reaktionen bei

Erhöhung der Temperatur der Zahlenwert von K erniedrigt.

Bei der Ammoniaksynthese beispielsweise erniedrigt sich die

Gleichgewichtskonstante K mit steigender Temperatur.

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g)

Temperatur (°C) K = c2(NH3) / c(N2) c3(H2)

300 9,6

400 0,50

500 0,060

600 0,014

Hohe Ausbeuten an NH3 werden also nur bei niedrigen Temperaturen erreicht. Trotzdem muss man bei höheren Temperaturen (ca. 500°C) arbeiten, weil ansonsten die Reaktion zu langsam abläuft.

Die NH3-Synthese ist eine sog. exotherme Reaktion, d.h. im Zuge der Reaktion wird Wärme frei! Die Rückreaktion [Bildung von N2(g) und H2(g) aus NH3(g)] ist dagegen endotherm, benötigt also die Zufuhr von Wärme. Zuführung von Wärme (Temperaturerhöhung) übt einen Zwang aus. Bei der NH3-Synthese reagiert das System durch Verbrauch dieser zugeführten Wärme, das Gleichgewicht verschiebt sich nach links!

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Beispiel: Herstellung von Kohlenmonoxid, CO(g) (wird bei der

Metallgewinnung aus Metalloxiden als Reduktionsmittel eingesetzt

oder in der Synthese einer Vielzahl von Produkten), aus

Kohlendioxid, CO2(g), und Wasserstoff, H2(g):

CO2(g) + H2(g) CO(g) + H2O(l)

Die Kohlenmonoxid-Bildung ist endotherm. Es ist daher zu

erwarten, dass eine Temperaturerhöhung die Ausbeute an CO

erhöht! Tatsächlich stellt man folgenden Zusammenhang zwischen

Temperatur und Gleichgewichtskonstante für dieses

Reaktionssystem experimentell fest:

K(700°C) = 0,63; K(800°C) = 0,93; K(900°C) = 1,29;

K(1000°C) = 1,66.

Co(H2O)62+(aq) + 4 Cl-(aq) CoCl4

2-(aq) + 6 H2O(l) endotherme Reaktion!

Das chemische GleichgewichtKatalysator

Sehr viele chemische Reaktionen erforden die Gegenwart eines Katalysators. Die Anwesenheit eines Katalysators hat jedoch keinen Einfluss auf die Lage des chemischen Gleichgewichts, der Zahlenwert der Gleichgewichtskonstanten, K, bei einer bestimmten Temperatur bleibt unverändert!

In Gegenwart eines Katalysator stellt sich jedoch das Gleichgewicht viel schneller ein. Hin- und Rückreaktion werden gleichermaßen beschleunigt!

Der Katalysator selbst wird im Zuge der Reaktion nicht verbraucht. Er kann nach der Reaktion zurückerhalten werden. Er muss in der Formulierung der Reaktionsgleichung angeführt werden.

Beispiel: Kaliumchlorat kann durch Erhitzen in Sauerstoff und Kaliumchlorid umgesetzt werden:

2 KClO3(s) 2 KCl(l) + 3 O2(g) Wärme

In Gegenwart des Katalysators Mangandioxid, MnO2(s), erfolgt die Reaktion wesentlich schneller und läuft schon bei niedriger Temperatur ab:

2 KClO3(s) 2 KCl(l) + 3 O2(g) MnO2

Beispiel: Bei der Ammoniaksynthese dient Eisen, Fe(s), als Katalysator:

N2(g) + 3 H2(g) 2 NH3(g) Fe

Redox-Reaktionen In Redox-Reaktionen werden zwischen den Reaktanten Elektronen ausgetauscht. Oxidation und Reduktion findet statt.

Daneben sind in der anorganischen Chemie vor allem

Austauschreaktionen (Metathesereaktionen) von Bedeutung, also

Reaktionen, in denen die positiven und negativen Ionen ihre

jeweiligen Partner tauschen, entsprechend der allgemeinen Gleichung

AX + BYAY + BX

Dazu gehören

Fällungsreaktionen (siehe Einheit 8)

Säure-Base-Reaktionen (siehe Einheit 8)

REDOX-REAKTIONEN

Oxidationen und Reduktionen

Beispiel einer Oxidationsreaktion: Verbrennung von Magnesium

Die Reaktion zwischen Magnesium und Sauerstoff ist eine klassische Oxidations-Reaktion (klassisch im Sinne, dass Sauerstoff an der Reaktion beteiligt ist):

2 Mg(s) + O2(g) 2 MgO(s)

2 Mg + O2 2 Mg2+ + 2 O2-

Magnesium verliert 2 Elektronen (wird oxidiert), Sauerstoff gewinnt 2 Elektronen (wird reduziert). Sauerstoff muss allerdings an Oxidationsreaktionen nicht unbedingt beteiligt sein:

Mg(s) + Cl2(g) MgCl2(s)

Mg + Cl2 Mg2+ + 2 Cl-

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Eine Reaktion heißt Oxidationsreaktion, wenn in deren Verlauf ein Reaktionspartner Elektronen verliert, unabhängig von der Natur des Reaktionspartners, der die Elektronen aufnimmt.

Viele Metalle reagieren unmittelbar mit dem O2(g) der Luft zu Metalloxiden. Bei diesen Reaktionen gibt das Metall Elektronen an den Sauerstoff ab. Es bildet sich eine ionische Verbindung aus dem Metall-Ion und dem Sauerstoff-Ion.

2 Mg(s) + O2(g) 2 MgO(s)

2 Mg + O2 2 Mg2+ + 2 O2-

Wenn Calcium z.B. Luft ausgesetzt wird, läuft die glänzende

metallische Oberfläche aufgrund der Bildung von CaO(s) an:

2 Ca(s) + O2(g) 2 CaO(s)

Wenn ein Atom, Ion oder Molekül nach der Reaktion positiver

geladen ist (also Elektronen verlor), ist es oxidiert worden!

Die Korrosion von Eisen (Rosten) und anderer Metalle ist die Umwandlung eines Metalls in eine Metallverbindung, die mittels einer Reaktion zwischen dem Metall und einer Substanz in seiner Umgebung erfolgt. Rost z.B. entsteht durch die Reaktion von Sauerstoff mit Eisen unter Anwesenheit von Wasser. Das Eisen wird dabei oxidiert. Wenn ein Metall korrodiert gibt es also Elektronen ab und bildet Kationen.

Metalle können auch durch Säuren angegriffen werden. Calcium wird z.B. von Säuren aggressiv angegriffen und bildet dabei Calcium-Ionen, wird also oxidiert:

Ca(s) + 2 H+(aq) Ca2+(aq) + H2(g)

Die Tendenz von Metallen von Sauerstoff oder Säuren angegriffen zu werden ist unterschiedlich. Man unterschiedet daher zwischen unedlen und edlen Metallen (siehe unten).

Jede Oxidation ist natürlich immer von einer Reduktion begleitet.

Elektronen können im Zuge einer Redox-Reaktion nicht verloren gehen. Bei einer Redox-Reaktion gibt es also immer eine Oxidation

(einen Elektronen-Donor) und eine Reduktion (einen Elektronen-

Akzeptor).

Ca(s) + 2 H+(aq) Ca2+(aq) + H2(g)

Ca(s) wird oxidiert (= Elektronendonor) und H+ wird reduziert (=Elektronen-Akzeptor)

Eine Reduktionsreaktion im klassischen Sinn war ursprünglich auf

die Extraktion von Metallen aus ihren Oxiden bezogen (also auf die Rückführung eines Elementes aus seiner Sauerstoffverbindung in den

Elementzustand)

Fe2O3(s) + 3 CO(g) 2 Fe(l) + 3 CO2(g)

Fe3+ wird reduziert: Fe3+ Fe

Der Verlust von Elektronen im Verlauf einer chemischen Reaktion

kann z.B. durch einen Anstieg der Ladung eines Reaktionspartners erkannt werden:

2 NaBr(s) + Cl2(g) 2 NaCl(s) + Br2(l)

In der ionischen Verbindung NaBr(s) hat das Bromid-Ion, Br-, die

Ladung -1, während elementares Brom, Br2(l), die Ladung 0 hat. Bei der Reaktion wird also Bromid zu Brom oxidiert.

Elementares Chlor, Cl2(g) hat die Ladung 0. Es wird durch die Reaktion zum Chlorid-Ion, Cl-, als Teil der ionischen Verbindung

NaCl(s). Bei der Reaktion wird also Chlor zu Chlorid reduziert.

Oxidations- und Reduktionsreaktionen sind eng miteinander

gekoppelt. Mit Hilfe der Angabe von Oxidationszahlen (siehe unten) können Redox-Reaktionen richtig bilanziert werden.

2 NaBr(s) + Cl2(g) 2 NaCl(s) + Br2(l)

Bromid wird oxidiert:2 Br- Br2

(-1) (0)

Chlor wird reduziert:

Cl2 2 Cl-

(0) (-1)

In dieser Reaktion ist Chlor das Oxidationsmittel bzw. Bromid das Reduktionsmittel.

Bei der Reaktion entsteht braun gefärbtes Brom, Br2(l).

Oxidationen und Reduktionen Oxidationszahlen

Oxidations- und Reduktionsreaktionen sind eng miteinander

gekoppelt. Man spricht von Redox-Reaktionen. Mit der Zuordnung

von Oxidationszahlen können Redox-Reaktionen exakt bilanziert

werden.

Oxidationszahlen sind so definiert, dass

bei Oxidationen die Oxidationszahl erhöht und

bei Reduktionen die Oxidationszahl erniedrigt wird.

Bei einer Redox-Reaktion ändern sich Oxidationszahlen der

Reaktionsteilnehmer. Oxidationszahlen können allen

Reaktionspartner mit Hilfe einfacher Regeln zugeordnet werden.

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Regeln:

1. Ein Atom in elementarer Form hat immer die Oxidationszahl Null. In homonuklearen Verbindungen haben die individuellen Atome ebenfalls die Oxidationszahl Null: Au(s), He(g), H2(g), Cl2(g), Br2(l), P4(s), S8(s) usw.

2. Die Oxidationszahl eines monoatomaren Ions entspricht seiner Ladung.Mg2+ hat die Oxidationszahl +2Cl- hat die Oxidationszahl -1

Alkalimetalle (Gruppe 1A) haben immer +1Erdalkalimetalle (Gruppe 2A) haben immer +2 Aluminium (Gruppe 3A) normalerweise +3usw.

Beispiele:

Mg(s) + Cl2(g) MgCl2(s)

Mg(s) + Cl2(g) Mg2+(s) + 2 Cl-(s)

Mg(s) Mg2+(s)

(0) (+2)

Cl2(g) Cl-(s)

(0) (-1)

2 NaBr(s) + Cl2(g) 2 NaCl(s) + Br2(l)Br-(s) Br2(l)

(-1) (0)

Cl2(g) 2 Cl-(s)

(0) (-1)

Na+ Na+

3. Nichtmetalle haben normalerweise negative Oxidationszahlen, obwohl es einige Ausnahmen gibt:

(a) Die Oxidationszahl von Sauerstoff ist

normalerweise -2, dies gilt sowohl für ionische als auch molekulare (kovalente) Verbindungen des Atoms.

Ausnahme: Verbindungen des Sauerstoffs mit Fluor

und Peroxidverbindungen, die ein O22--Ion enthalten.

Im Peroxid-Ionen haben beide Sauerstoffatome die

Oxidationszahl -1.

(b) Die Oxidationszahl von Wasserstoff ist +1, wenn er

an Nichtmetalle gebunden ist, und -1, wenn er an Metalle gebunden ist.

Regeln

3. Nichtmetalle haben normalerweise negative Oxidationszahlen, obwohl es einige Ausnahmen gibt:

(c) Die Oxidationszahl von Fluor ist immer -1. Die anderen Halogene haben in den meisten

binären Verbindungen ebenfalls die Oxidationszahl -1. Wenn sie jedoch wie in

Oxoanionen [z.B. Hypochlorit (ClO-), Iodat (IO3-),

Perbromat (BrO4-) ect.] mit Sauerstoff verbunden sind,

haben sie positive Oxidationszahlen.

Vorgehensweise: Ist ein Element Teil eines Moleküls oder eines polyatomaren Ions, dann muss die Summe der Oxidationszahlen aller Atome der Gesamtladung dieser Moleküls entsprechen.

Übungsbeispiel:

Bestimmen Sie die Oxidationszahlen von Schwefel in (a) Schwefeldioxid, SO2, und (b) im Sulfat-Ion, SO4

2-.

Vorgehensweise:

(a) Summe der Oxidationszahlen ist Null und Sauerstoff hat die Oxidationszahl (-2):

x + [2 (-2)] = 0 d.h. x = +4

In SO2 hat Schwefel die Oxidationszahl (+4)

(b) Summe der Oxidationszahlen ist -2 und Sauerstoff hat die Oxidationszahl (-2):

x + [4 (-2)] = -2 d.h. x = +6

In SO42- hat Schwefel die Oxidationszahl (+6)

Übungsbeispiel: Bestimmen Sie die Oxidationszahlen von Schwefel, Phosphor und Stickstoff in (a) Schwefelwasserstoff, H2S; (b) Phosphat-Ion, PO4

3-; (c) Nitrat-Ion, NO3-.

Vorgehensweise:

(a) Summe der Oxidationszahlen ist Null und Wasserstoff hat in Verbindung mit Nichtmetallen die Oxidationszahl (+1):

x + [2 (+1)] = 0 d.h. x = -2

In H2S hat Schwefel die Oxidationszahl (-2)

(b) Summe der Oxidationszahlen ist -3 und Sauerstoff hat die Oxidationszahl (-2):

x + [4 (-2)] = -3 d.h. x = +5

In PO43- hat Phosphor die Oxidationszahl (+5)

(c) x + [3 (-2)] = -1 d.h. x = +5

In Nitrat hat Stickstoff die Oxidationszahl (+5)

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Übungsbeispiel: Identifizieren Sie die Oxidationszahl des kursiv dargestellten Elements in folgenden Verbindungen und benennen Sie diese: IO3

-, CrO42-, VO2+, BrO4

-, IO2-, MnO4

-, S2O32-, SO4

2-, O22-,

Cr2O72-.

Lösung: systematischer Name

IO3- -1 = x + 3(-2) x = +5 Iodat-Ion

CrO42- -2 = x + 4(-2) +6 Chromat-Ion

VO2+ +2 = x + (-2) +4 Vanadium(II)oxid-Ion

BrO4- -1 = x + 4(-2) +7 Hyperbromat-Ion

IO2- -1 = x + 2(-2) +3 Iodit-Ion

MnO4- -1 = x + 4(-2) +7 Permanganat-Ion

S2O32- -2 = 2x + 3(-2) +2 Thiosulfat-Ion

SO42- -2 = x + 4(-2) +6 Sulfat-Ion

Cr2O72- -2 = 2x + 7(-2) +6 Dichromat-Ion

O22- -1 Peroxid-Ion

Beispiel: Bestimmen Sie die Oxidationszahl von Schwefel in den folgenden Verbindungen; Benennen Sie auch diese Verbindungen:

Verbindung Oxidationszahl systematischer Name:

H2S -2 Schwefelwasserstoff

S8 0 elementare Form von Schwefel

SCl2 +2 Schwefeldichlorid

Na2SO3 +4 Natriumsulfit

SO42- +6 Sulfat-Ion

Beispiel: Bestimmen Sie die Oxidationszahl der fettgedruckten Elemente der folgenden Verbindungen; Benennen Sie auch diese Verbindungen:

Verbindung Oxidationszahl systematischer Name:

P2O5 +5 Diphosphorpentoxid

NaH -1 Natriumhydrid

Cr2O72- +6 Dichromat-Ion

SnBr4 +4 Zinntetrabromid

BaO -2 Bariumoxid

BaO2 -1 Bariumperoxid

Oxidationen und Reduktionen Oxidations- und Reduktionsmittel

2 NaBr(s) + Cl2(g) 2 NaCl(s) + Br2(l)

Chlor, Cl2(g), ist Oxidationsmittel; NaBr(s) ist Reduktionsmittel.

2 Mg(s) + O2(g) 2 MgO(s)

O2(g), ist Oxidationsmittel; Mg(s) ist das Reduktionsmittel.

Mg(s) + Cl2(g) MgCl2(s)

Cl2(g), ist das Oxidationsmittel; Mg(s) ist das Reduktionsmittel.

Fe2O3(s) + 3 CO(g) 2 Fe(l) + 3 CO2(g)

Eisen(III)oxid ist das Oxidationsmittel; CO(g), das Reduktionsmittel.

In Redoxreaktionen wird das Oxidationsmittel reduziert bzw. das Reduktionsmittel oxidiert.

Übungsbeispiel: Im sog. Clausprozess zur Abscheidung von Schwefel aus Erdgas und Petroleum, reagiert Schwefelwasserstoff, H2S(g), mit Schwefeldioxid, SO2(g), unter Bildung von elementarem Schwefel, S(s), und Wasser, H2O(l):

2 H2S(g) + SO2(g) 3 S(s) + 2 H2O(l)

Eruieren sie Oxidations- und Reduktionsmittel!

Lösung:

Ermittlung der Oxidationszahlen von Schwefel in den beteiligten Molekülen:

H2S (-2); SO2 (+4); S(0)

Schwefeldioxid wird reduziert, ist also das Oxidationsmittel, während Schwefelwasserstoff das Reduktionsmittel darstellt (wird dabei selbst oxidiert).

Übungsbeispiel:

Wenn eine saure Lösung Kaliumdichromat, K2Cr2O7(aq), mit Eisen(II)chlorid-Lösung versetzt wird, entstehen Eisen(III)- und Chrom(III)-Ionen. Identifizieren Sie in dieser Reaktion das Oxidations- und das Reduktionsmittel.

Oxidationszahl von Chrom in K2Cr2O7:

O(-2); K(+1); Cr(x) d.h. 2x + [2 (+1)] + [7 (-2)] = 0

x = +6

Reaktion: Fe(+2) Fe(+3)

Cr(+6) Cr(+3)

d.h. Dichromat wird reduziert, ist also das Oxidationsmittel und die Fe(II)chlorid-Lösung fungiert in dieser Reaktion als Reduktionsmittel.

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Übungsbeispiel:

Würden Sie ein Oxidationsmittel oder ein Reduktionsmittel verwenden, wenn folgende Umsetzungen erfolgen sollen?

a) ClO3-(aq) ClO2(g)

b) SO42-(aq) S2-(aq)

c) Mn2+(aq) MnO2(s)

Lösung:

Ermitteln Sie die Änderungen der Oxidationszahlen der Elemente in den jeweiligen Verbindungen:

a) Cl(+5) Cl(+4) Reaktion benötigt Reduktionsmittel

b) S(+6) S(-2) Reaktion benötigt Reduktionsmittel

c) Mn(+2) Mn(+4) Reaktion benötigt Oxidationsmittel

Übungsbeispiel:

Identifizieren Sie in folgenden Reaktionen das Oxidationsmittel und das Reduktionsmittel:

a) Produktion von Iod aus Meereswasser:

Cl2(g) + 2 I-(aq) I2(aq) + 2 Cl-(aq)

b) Herstellung von Bleiche (Bleichmittel):

Cl2(g) + 2 NaOH(aq) NaCl(aq) + NaOCl(aq) + H2O(l)

c) Zerstörung von Ozon in der Atmosphäre:

NO(g) + O3(g) NO2(g) + O2(g)

Lösung:

Ermitteln Sie die Änderungen der Oxidationszahlen der Elemente in den jeweiligen Verbindungen:

Cl2(g) + 2 I-(aq) I2(aq) + 2 Cl-(aq)

Cl2(0) Cl-(-1) wird reduziert (Cl2 = Oxidationsmittel)I-(-1) I2(0) wird oxidiert (I- = Reduktionsmittel)

Cl2(g) + 2 NaOH(aq) NaCl(aq) + NaOCl(aq) + H2O(l)

Na+(+1) Na+(+1)

Cl2(0) Cl-(-1)Cl2(0) OCl-(+1)Disproportionierung (siehe unten): Chlorgas ist sowohl Oxidations-, als auch Reduktionsmittel

NO(g) + O3(g) NO2(g) + O2(g)

N(+2) N(+4) wird oxidiert (NO = Reduktionsmittel)O(0) O(-2) wird reduziert (O3 = Oxidationsmittel)

Zn

Cu2+(aq)

Wird metallisches Zink, Zn(s), in eine blaue Cu(II)-Lösung eingetaucht, wird die Lösung allmählich farblos und metallisches Kupfer, Cu(s), setzt sich am Zinkstab ab:

Zn(s) + Cu2+ (aq) Zn2+ (aq) + Cu(s) Zink ist das Reduktionsmittel

(0) (+2) (+2) (0)

Zn(s) + Cu2+ (aq) Zn2+ (aq) + Cu(s)(0) (+2) (+2) (0)

Lässt sich vorhersagen, ob ein bestimmtes Metall bei Reaktion mit einer Verbindung eines anderen Metalls in Lösung geht?

Es ist z.B. nicht empfehlenswert eine Nickelnitrat-Lösung in einem Behälter aus Eisen aufzubewahren, weil die Lösung aufgrund der stattfindenden Redox-Reaktion den Behälter auflösen würde:

Fe(s) + Ni(NO3)2(aq) Fe(NO3)2(aq) + Ni(s)

Fe(s) + Ni2+(aq) Fe2+(aq) + Ni(s)

Metalle unterscheiden sich offensichtlich in ihrer Neigung oxidiert zu werden. Zn(s) wird von einer wässrigen Cu2+-Lösung oxidiert, Ag(s) aber nicht.

Wenn man Metalle hinsichtlich ihrer Neigung, oxidiert zu werden, anordnet, erhält man die Spannungsreihe der Metalle.

Metall Oxidationsreaktion

Lithium Li(s) Li+(aq) + e-

Kalium K(s) K+(aq) + e-

Barium Ba(s) Ba2+(aq) + 2 e-

Calcium Ca(s) Ca2+(aq) + 2 e-

Natrium Na(s) Na+(aq) + e-

Magnesium Mg(s) Mg2+(aq) + 2 e-

Aluminium Al(s) Al3+(aq) + 3 e-

Mangan Mn(s) Mn2+(aq) + 2 e-

Zink Zn(s) Zn2+(aq) + 2 e-

Chrom Cr(s) Cr3+(aq) + 3 e-

Eisen Fe(s) Fe2+(aq) + 2 e-

Nickel Ni(s) Ni2+(aq) + 2 e-

Blei Pb(s) Pb2+(aq) + 2 e-

Wasserstoff H2(g) 2 H+(aq) + 2 e-

Neigung, oxidiert zu werden, nimmt zu

Elektropositive Elemente (stehen ganz oben) werden am leichtesten oxidiert

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Wenn man Metalle hinsichtlich ihrer Neigung, oxidiert zu werden, anordnet, erhält man die Spannungsreihe der Metalle.

Metall Oxidationsreaktion

Zink Zn(s) Zn2+(aq) + 2 e-

Chrom Cr(s) Cr3+(aq) + 3 e-

Eisen Fe(s) Fe2+(aq) + 2 e-

Nickel Ni(s) Ni2+(aq) + 2 e-

Blei Pb(s) Pb2+(aq) + 2 e-

Wasserstoff H2(g) 2 H+(aq) + 2 e-

Kupfer Cu(s) Cu2+(aq) + 2 e-

Silber Ag(s) Ag+(aq) + 1 e-

Quecksilber Hg(s) Hg2+(aq) + 2 e-

Platin Pt(s) Pt2+(aq) + 2 e-

Gold Au(s) Au3+(aq) + 3 e-

Neigung, oxidiert zu werden, nimmt zu

Edelmetalle (Gruppe1B) haben sehr geringe Reaktivität

Nur die Metalle, die in der Spannungsreihe oberhalb des Wasserstoffs stehen, reagieren mit Säuren und bilden Wasserstoffgas, H2(g):

Ni(s) + 2 HCl(aq) NiCl2(aq) + H2(g)

Mg(s) + 2 HCl(aq) MgCl2(aq) + H2(g)

Elemente, die unterhalb der Wasserstoffs in der Spannungsreihe stehen, können nicht von H+(aq) oxidiert werden. Kupfer, Cu(s) reagiert also nicht mit Salzsäure, HCl(aq).

Cu(s) reagiert aber mit Salpetersäure. Hier wird Cu(s) von den Nitrat-Ionen, NO3

-(aq), oxidiert, eine Reaktion, die braunes Stickstoffdioxid, NO2(g) freisetzt:

Cu(s) + 4 HNO3(aq) Cu(NO3)2(aq) + 2 H2O(l) + 2 NO2(g)

Oxidationen und Reduktionen Bilanzieren von Redoxreaktionen

Elektronen können weder vernichtet noch erzeugt werden. Die Elektronenbilanz im Zuge einer chemischen Reaktion muss ausgeglichen sein.

Farblose Silbernitrat-Lösung

Kupferdraht

Lösung wird blau

Metallisches Silber setzt sich ab

Beispiel:

Cu(s) + Ag+(aq) Cu2+(aq) + Ag(s)

Bei einer Redox-Reaktion ist zu beachten, dass sowohl die Atombilanz, als auch die Elektronenbilanz ausgeglichen sein muss. Die exakte Formulierung der Redox-Gleichung ist daher:

Cu(s) + 2 Ag+(aq) Cu2+(aq) + 2 Ag(s)

Übungsbeispiel:

Wenn Zinn, Sn, in Kontakt mit Eisen(III)-Ionen kommt, entsteht Eisen(II) und Zinn(II). Wie lautet die Netto-Ionengleichung dieser Reaktion?

Fe(+3) Fe(+2) 1 Elektron wird aufgenommen

Sn(0) Sn(+2) 2 Elektronen werden abgegeben

-------------------------------------------------------------------

Zerlegen in Teilreaktionen

Fe(3+) + 1 e- Fe(2+) 2

Sn(0) Sn(2+) + 2 e-

----------------------------------------

Sn(s) + 2 Fe3+(aq) Sn2+(aq) + 2 Fe2+(aq)

Übungsbeispiel:

Formulieren Sie die exakten Redox-Gleichungen aus folgenden Rumpfgleichungen:

a) Reaktion des Thiosulfat-Ions mit Chlorgas: Cl2(g) + S2O3

2-(aq) Cl-(aq) + SO42-(g)

Erstellen von Halbgleichungen sowie Achten auf Elektronen-und Massenbilanz

Cl2(0) + 2 e- 2 Cl-(-1) 4 (Ausgleich der

S2O32- (S: +2) 2 SO4

2-(S: +6) + 8 e- Elektronenbilanz)________________________________________________________

Atombilanz ausgleichen (mit H2O oder H+ oder OH-):

4 Cl2(g) + S2O32-(aq) + 5 H2O(l)

8 Cl-(aq) + 2 SO42-(aq) + 10 H+(aq)

Übungsbeispiel:

Achten auf Massenbilanz und Elektronenbilanz

b) Reaktion von Schwefelwassserstoff mit Chlorgas:

H2S(g) + Cl2(g) S(s) + Cl-(aq)

S(-2) S(0) + 2 e-

Cl2(0) + 2 e- 2 Cl(-1)

H2S(g) + Cl2(g) S(s) + 2 Cl-(aq) + 2 H+(aq)

c) Reaktion von Chlorgas in Wasser:

Cl2(g) HClO(aq) + Cl-(aq)

Cl(0) + 1 e- Cl(-1) Cl(0) ClO-(+1) + 1 e-

Cl2(g) + H2O(l) HClO(aq) + Cl-(aq) + H+(aq)

Page 19: ALLGEMEINE und - chemie.boku.ac.at · Lösung: CH4(g) + 2 O2(g) CO2(g) + 2 H2O(l) Beispiel Knallgasreaktion: H2 O2 H2O Blaue Flamme stammt von der Bildung von C2-Molekülen CH4(g)

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Oxidationen und Reduktionen Disproportionierung und Komproportionierung

Eine Disproportionierung ist eine Redox-Reaktion, bei der ein Element gleichzeitig oxidiert und reduziert wird und aus einer Verbindung zwei Produkte entstehen:

Beispiel:

In basischer Lösung disproportioniert Brom zu Bromid, Br-, und Bromat, BrO3

-. Wie lautet die exakt formulierte Reaktionsgleichung?

Br2 Br- + BrO3-

Oxidationszahlen von Br sind jeweils Br2 (0), Br-(-1), BrO3-(+5)

Br- und BrO3- müssen also im Verhältnis 5:1 entstehen:

Oxidationszahlen von Br sind jeweils Br2 (0), Br-(-1), BrO3-(+5)

Br- und BrO3- müssen also im Verhältnis 5:1 entstehen:

3 Br2 5 Br- + BrO3-

Nun stimmt die Elektronenbilanz, aber noch nicht die Atombilanz!

6 OH- + 3 Br2 5 Br- + BrO3- + 3 H2O

Das Gegenstück zur Disproportionierung ist die Komproportionierung, bei der zwei Verbindungen unter Bildung von einem Produkt reagieren, wiederum unter Oxidation und Reduktion des gleichen Elements.

Beispiel: Permanganat-Ionen, MnO4-, komproportionieren mit Mn2+-

Ionen in basischer Lösung zu Mangandioxid, MnO2:

4 OH- + 2 MnO4- + 3 Mn2+ 5 MnO2 + 2 H2O