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Anthropologie und Technik Prof. Dr. Klaus Wiegerling TU Kaiserslautern Universität Stuttgart SS 2012

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Anthropologie und Technik

Prof. Dr. Klaus Wiegerling

TU Kaiserslautern

Universitt Stuttgart SS 2012

Die ursprngliche Einheit von Technik und Kultur I

Liebgewordenes Vorurteil von Kulturneutralitt der Technik. T. fr sich genommen erziele keine Wirkung und sei frei von kulturell bedingten Wertdispositionen.

T. ist zugleich ein originrer Ausdruck der Kultur und als materialisierte, zum Artefakt gewordene, apparative oder systemische Technik immer kulturell disponiert.

Kultur kann nicht jenseits der Techniken, die sie hervorgebracht hat und stndig hervorbringt, bestimmt werden, was nicht bedeutet, dass Kultur und Technik identisch seien; so bringen Kulturen sehr wohl Werte und Werthierarchien hervor, von der Technik lsst sich dies nur in indirekter bzw. abgeleiteter Weise sagen. Mit einem gewissen Recht knnen wir allerdings sagen, dass Technik die Werte der Kultur, die sie hervorgebracht hat verfestigt und verbreitet.

Kultur weist technische Disposition auf. Es gibt keine untechnische Kultur.

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Die ursprngliche Einheit von Technik und Kultur II

Urbedeutung des Begriffes Technik liegt im griechischen Verb (technomai), was so viel heit wie weben, zusammenfgen

Bedeutungsspektrum nach Christoph Hubig: 1) Weben bzw. Zusammenfgen von natrlichen

Materialien zum Zweck des materiellen berlebens. 2) Zusammenfgen von Vorstellungen und Affekten in

der Intellektualtechnik des Dichtens, um diese zu beherrschen und ertrglich zu machen.

3) Herstellung regelgeleiteter Sozialbezge, also einer Sozialtechnik zur Koordinierung von Interessen zum Zweck der Konfliktbereinigung.

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Die ursprngliche Einheit von Technik und Kultur III

Der griechische Begriff (tchne) bezeichnet im Gegensatz zum modernen Begriff der Technik primr eine Fertigkeit, nicht eine Apparatur.

Die Griechen kennen mit fr Technik und Kunst bzw. Kunstfertigkeit nur einen einzigen Ausdruck. umfasst jede Form der hervorbringenden Fertigkeit.

Whrend die technische und die knstlerische Fertigkeit als hervorbringende Ttigkeit (Poiesis) gilt, ist die soziale bzw. sozialpsychologische Fertigkeit (Praxis) als praktische zu verstehen. Die Griechen unterscheiden grundstzlich zwischen poiesis als herstellender und praxis als zwischenmenschlicher Ttigkeit. Zu letzterer gehren alle Formen der Sozialtechnik, von der des Haushaltens bis zur Technik der Staatskunst.

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Die ursprngliche Einheit von Technik und Kultur IV

hat wie (epistme), die Wissenschaft, Anteil am (logos), also an der Vernunft.

und sind beides Begriffe fr das Erkennen im weitesten Sinne, also fr ein Sichauskennen und Sichverstehen. Aristoteles betont aber, dass trotz der Teilhabe am Logos im Gegensatz zur theoretischen der praktischen Weltbewltigung dient.

Wer ber Technik verfgt, verfgt auch ber Kompetenzen. Selbstwertgefhl und mitmenschliche Anerkennung hngen wesentlich von diesen ab. Man bentigt Kompetenz, d.h. Sachverstand und Anwendungswissen, um sein Leben zu bewltigen, es ertrglicher und sicherer zu machen.

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Zur theoretischen Bestimmung von Technik und technischem Handeln

Geschichte der modernen Kulturphilosophie: Gottfried Semper sprach beim Besuch der Weltausstellung in London 1851 erstmals von Kulturphilosophie technisch-konomische Erweiterung des Kulturbegriffs.

Ralf Konersmann: Einmal aus dem starren Schematismus der Gegenbegrifflichkeit herausgelst, wurde Kultur zum Inbegriff der gesamtgesellschaftlichen Kunst und Lebensfhrung, Wissenschaft und Industrie integrierenden Projekts humaner Weltgestaltung

Schon erste Fassung des Begriffs Kulturphilosophie stellt Zusammenhang mit technischer Disposition unserer Lebenswelt her.

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Georg Simmel:Der Begriff und die Tragdie der Kultur (1911)

Simmel konstatierte die Krise als einen Dauerzustand der Kultur, wobei Entfremdungsphnomene nicht zuletzt auch konomisch-technischen Prozessen geschuldet sind.

Nicht zuletzt ist es das Phnomen, dass die technisch-konomische Gesamtstruktur Bedrfnisse setzt und setzten muss, die eigentlich keine menschlichen Bedrfnisse mehr sind. Allein um der Auslastung technisch-konomischer Kapazitten mssen immer wieder aufs neue Bedrfnisse erzeugt werden.

Im Verhltnis zwischen Ich und Welt herrscht seines Erachtens ein unberwindbarer Riss, der daher rhrt, dass das Kultur hervorbringende Leben seine Erzeugnisse nicht mehr in Leben zurckverwandeln kann. Der subjektive Geist kann seine objektiven Hervorbringungen nicht mehr einholen. Die Quantitt und auch die Qualitt seiner Hervorbringungen bersteigen sozusagen seine Kapazitten.

Das Drama der Kultur liegt in einer unaufhaltbaren Verdinglichung der Welt. Der Versuch der Kultur den Dualismus zwischen dem subjektiven Geist und seinen objektiven Hervorbringungen, wozu auch technisch hervorgebrachte Artefakte und Apparaturen gehren, zu berwinden und eine Synthese zwischen der hervorbringenden Ttigkeit und seiner Hervorbringung zu leisten, ist fr Simmel zum Scheitern verurteilt.

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Ernst Cassirer: Die Tragdie der Kultur (1942)

C. gesteht Simmel zwar zu, dass sich die Kultur ihrer nie sicher sein kann, dass also alles, was sie aufbaut, auch wieder zu zerbrechen droht. Aber gerade daraus erhlt Kultur auch ihre besondere Kraft. Bedeutung muss nmlich immer wieder aufs Neue hergestellt werden.

Kultur ist also etwas Prozesshaftes, etwas Vernderliches und niemals Vollendetes. Die hervorgebrachten Werke der Kultur stellen fr Cassirer letztlich nicht eine Einschrnkung der menschlichen Kreativitt dar, sondern sind vielmehr Brcken zum Du. Und selbst der Technik kommt wie Cassirer in Form und Technik ausfhrt durchaus eine solche Brckenfunktion zu.

Nun sind bei genauer Lektre von Simmels Aufsatz, die Gegenstze in einigen Punkten geringer als es Cassirer sieht; so ist der Gedanke etwa, dass die die Hervorbringungen des Menschen Brcken zum anderen sein knnen, bei Simmel durchaus artikuliert. Der Unterschied zwischen Simmel und Cassirer liegt wahrscheinlich nur in einer unterschiedlichen Beurteilung von Entwicklungstendenzen.

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Ernst Cassirer: Die Tragdie der Kultur (1942) II

Whrend Cassirer sich als ein Exponent einer von Kant initiierten Aufklrung begreift, auch wenn er den Totalanspruch einer instrumentellen Vernunft dabei infrage stellt, so steht Simmel als Lebensphilosoph diesen Ideen eher skeptisch gegenber. Simmel ist immer auch als Kulturkritiker zu verstehen (Nietzsche, Schopenhauer). Mit letzterem teilt er nicht zuletzt auch einen gewissen Pessimismus, der wohl teils auch in seiner Biographie grndet.

Menschliche Fhigkeit zur Symbolbildung deckt sich weitgehend mit Fhigkeit zum technischen Handeln (Verdichtung, Verknpfung, Zug zum Konkreten, Handlungsanweisung)

Fhigkeit wird quasi in Maschinen bertragen

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Technik als Institution I

Technik ist insofern ein Ausdruck von Kultur, als sie als Institution betrachtet werden muss, also als ein grundlegendes Medium, worin der Mensch immer schon steht und handelt. Sein Handeln hat immer schon Voraussetzungen, die seiner besonderen kulturellen Situation und dem jeweiligen technischen Gefge, das diese Situation disponiert, entnommen sind.

Peter Fischer Technik entfaltet eigene Normativitt T. entlastet von eigenem Suchen nach Lsungen und vom

Entscheidungsdruck Vorhandene T. wird zunchst nicht kritisch reflektiert Altersbedingte Reaktion auf technische Neuerung.

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Technik als Institution II

Die durch Technik angestrebte Entlastung kann in eine Entmndigung durch die Institution der Technik umschlagen.

In komplexen Gesellschaften ist Handeln wesentlich aus technischen Dispositionen verstehbar. Es gibt ab einer bestimmten Komplexitt der Gesellschaft keine Mglichkeit mehr, in einen status nascendi zurckzukehren. Individuelle Fertigkeiten gengen nicht mehr, bestehende Komplexitten zu beherrschen.

Technik ermglicht nicht nur die Beherrschung von Komplexitt, sie trgt auch zur Steigerung der Komplexitt einer Kultur bei. So luft sie Gefahr, uns aus der Hand zu gleiten. Das Zauberlehrlingsproblem begleitet jede technisierte, v.a. von Informationstechnologien hoch erschlossene Gesellschaft.

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Technik als Institution III

Technik als Institution bedeutet: 1) Sie ist als Inbegriff der hervorgebrachten Artefakte, Apparaturen und

systemischen Verbindungen Ausdruck unserer materiellen Kultur und eine wesentliche Disposition unserer Handlungen.

2) Sie ist Inbegriff der Handhabung technischer Hervorbringungen, ist Grundlage weiterer Handlungsdifferenzierungen und -erweiterungen; Handeln ist dann immer auch Handeln aufgrund bereits bestehender technischer Handhabungsfhigkeiten.

3) Sie ist Voraussetzung neuer Bedrfnisse und Zwecksetzungen, die die Setzung materieller und ideeller Gegenstnde unseres Begehrens ermglichen; damit erweitert Technik unsere natrlichen Bedrfnisse, trgt zu deren Kultivierung bei, schafft aber auch neue, uns vielleicht berfordernde und uns in unserer Autonomie und Identitt gefhrdende Bedrfnisse. (Inhalte knnen mit technischen Mglichkeiten kaum mehr Schritt halten. Abwertung von Inhalten auf Content = Fllmasse)

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Zur Wirkung von Technik I

Die Wirkung moderner Technologien muss aus einem technologischen Verbund beurteilt werden. Die Beurteilung der Wirkung ist nur in einem Rahmen mglich, der auch gesellschaftliche, kulturelle und nicht zuletzt konomische Aspekte umfasst.

Dass Technik fr sich keine Wirkung entfalten kann, ist richtig, wenn damit gemeint ist, dass die Wirkung, die von der T. ausgeht, immer in einem Verbund mit auertechnischen Faktoren gesehen werden muss; sie ist falsch, wenn damit gemeint ist, dass T. als Institution keine eigenstndige Wirkung entfaltet. Tatschlich schaffen technische Gegebenheiten Dispositionen fr unsere Handlungen.

Technik ist prinzipiell nicht neutral, sie steht immer in einer Zweck-Mittel-Relation und kann ohne Zweckintention nicht angemessen verstanden werden.

Technik ist Ausdruck einer bestimmten kulturellen Weltsicht. Sie ist als ein historisch-kulturelles Phnomen zu begreifen, das nicht in jeder

Gesellschaft die gleiche Wirkung erzielt und nicht in jeder Gesellschaft hervorgebracht wird.

McLuhan: Heie und kalte Medien. Technologien wirken unter unterschiedlichen medialen Voraussetzungen auch unterschiedlich (z.B. Rundfunk)

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Zur Wirkung von Technik II

Fr computerbasierte Informationstechnologien heit das, wie Thomas J. Froehlich schreibt: Not only are such systems non-neutral, they support an ideology that has utilitarism at its roots. An ideology here is to be not understood as a self-conscious social and political mechanism, () but as a semi-conscious, semi-articulate process that marshals political, economic and social forces. If it has an articulate form, it is usually provided by the visionaries of high tech alluded to above and by those who are most likely to benefit from such a vision. It is not a vision of necessary future, but a vision promoted as if it were a necessary future, a vision that occludes other possibilities and that conceals the values that such a vision fosters. [...] The ideology also spreads some lies: that technology serves values but does not create them. Technology is always already an embodiment of a set of values both in its practice and in its nature, and further applications inculcate and foster these values

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Zur Wirkung von Technik III

Zwar transformiert Technologie Tradition, dies bedeutet aber nicht, dass Technik Traditionen komplett berwindet, sie substituiert oder jede kulturelle Wertdisposition auch tatschlich nivelliert.

Eine stabile Kultur artikuliert sich in ihrer Integrations- und Widerstandsfhigkeit. Letzteres uert sich auch in der Benennung von Sphren, die einem ffentlichen oder merkantilen Zugriff verschlossen sind. Die Benennung von Tabusphren artikuliert sich auch in Beschneidungen technischer Mglichkeiten. Kultur disponiert und verweigert Handlungsmglichkeiten.

Moderne Informationstechnologien unterlaufen Tabusphren. Auch wenn es keinen technischen Determinismus gibt, so gibt es

Konsequenzen aus der Nutzung von Technologien, die nicht ohne weiteres rckgngig gemacht werden knnen.

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Technik vs. Kultur I

Kulturelle Entdifferenzierung Angloamerikanischer Leitmarkt und angloamerikanische Leitkultur (Edward

Luttwak: Soft Power) Abwehrreaktionen: So haben indische Familiensoziologen Datenbanken im Bereich

der Familiensoziologie auf Hindi umgestellt, da die englischen Einteilungen von Verwandtschaftsverhltnissen nicht die spezifischen Verhltnisse und deren besondere hierarchische Struktur beispielsweise bei Geschwisterverhltnissen erfassen knnen. Insbesondere Hierarchien in familiren Verhltnissen knnen in europischen Sprachen nicht gefasst werden.

Widerstand gegen Konzept eines universalen homo oeconomicus bzw. homo consumens. Politischer und religiser Widerstand.

Auch technikindizierte Medienentwicklungen unterliegen konomischen Rahmenbedingungen.

konomische Korrumpierung der Technikforschung. Entwertung klassischer Bildung zu Soft Skills. (Max Horckheimer hat dies schon in den 1960er Jahren vorausgesagt.)

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Technik vs. Kultur II

Globale konomie mit all ihren offenkundig auch ungewnschten Effekten (Entwurzelung, Heuschreckenmentalitt, Spekulationswirtschaft, Raffgier der Manager, schrumpfende Realeinkommen, Arbeitsunsicherheit, Markthomogenisierung durch kulturelle Nivellierung) ist durch die Entwicklung moderner K&I-Technologien mglich geworden.

Problem der Intransparanz bzw. Zuschreibung konomischer Handlungen. Die gut gemeinte berwindung der digitalen Spaltung der Welt birgt selbst den

Sprengstoff einer zunehmenden kulturellen Nivellierung mit entsprechend aggressiven Abwehrhaltungen einiger Kulturen.

Kostenersparnis durch kulturelle Nivellierung. Kulturelle Differenzierung kann aus Marketinggrnden aber durchaus gewnscht

sein, solange sie kompatibel ist mit den Vorgaben des Leitmarktes. Technik kann sich im Verbund mit einseitig merkantilen Zwecksetzungen gegen die

Kultur selbst richten. Dabei geht gerade von einer vermeintlich wertneutralen Ermglichungstechnologie, die es natrlich wie dargelegt nicht gibt, eine besondere Gefahr aus, denn sie marginalisiert inhaltliche Festlegungen.

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Technik vs. Kultur III

Technik steht immer im Verbund mit bestimmten kulturellen Erfordernissen.

In jeder Technik steckt ein besonderes Potential, das sich in Weiterentwicklungen der Technik und Anwendungen uert, die von den Entwicklern nicht vorgesehen waren; auch Zweckverschiebungen sind mglich.

Keine Zweck-Mittel-Relation ist vollkommen stabil, insofern nicht nur die Nutzung von Technik historischen Prozessen unterliegt, sondern schlichtweg auch die Technik selbst. Auch Technik ist immer ein historisch-ereignishafter Ausdruck.

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Zur technologischen Durchdringung aller Lebensbereiche I

Herausforderungen durch neue informatische Mglichkeiten (Ambient Intelligence, Ubiquitous Computing, Biocybernetic Computing).

Entmndigungsgefahren durch autonom agierende, kontextsensitive und smarte Systeme, die sich der Kontrolle und Steuerung entziehen.

Wenn Technik einen Status erreicht hat, der sie autonom agieren lsst, dann erfhrt auch unsere Kultur eine Transformation. Kultur ist nicht mehr Ausdruck eines hervorbringenden subjektiven und eines hervorgebrachten objektiven Geistes, in dem sich diese Hervorbringungen materialisieren oder institutionalisieren. Sie ist zunehmend etwas, was sich von den Individuen, die in ihr leben, entfernt. Kultur stnde dann zwar immer noch in einem besonderen Verhltnis zur Technik, dieses Verhltnis wrde aber zusehends unabhngig von konkreter menschlicher Gestaltung, Steuerung und Kontrolle werden. Insbesondere Zwecksetzungen wrden technischen Prozessen anheim gestellt und von diesen gesteuert.

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Zur technologischen Durchdringung aller Lebensbereiche II

Wenn Kultur und Technik so verschmelzen, dass Technik selbst zum Zweck wird, dann hat Technik ihre Bestimmung verloren und ist nicht mehr die zweite Natur des Menschen, sondern eine Entmndigungsinstanz. Das Sichtbarmachen von Schnittstellen, die Mglichkeit in Systeme eingreifen und aus der Systemnutzung jederzeit aussteigen zu knnen sind Aufgaben einer verantwortlichen Technikgestaltung.

Dabei spielt die kulturelle Anpassung und Vereinbarkeit von Technik und damit die Verstndigung ber Technik eine zentrale Rolle. Kultur und Technik mssen in ihrem Verhltnis immer wieder sichtbar gemacht und ausbalanciert werden. Technik muss als Mittel der Gestaltung von Kultur und als Ausdruck menschlicher Kompetenz und menschlichem Gestaltungspotential im Fokus unseres Welt- und Selbstverstndnisses bleiben.

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Ethische Herausforderungen durch moderne informationstechnologien

Durch die mediale Durchdringung unserer Lebenswelt mit allgegenwrtige Netzwerktechnologien knnen die metaethischen Konstitutiva eines ethischen Diskurses infrage gestellt werden. 1) die Bestimmung der Wirklichkeit, in die handelnd

eingegriffen werden soll; 2) die personale Identitt des Handlungssubjekts, dem

Handlungen zugeschrieben werden sollen; Die Mglichkeit der Wahl, ohne die verantwortliches

Handeln nicht mglich ist.

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Die Idee ubiquitrer Systeme

Forschungsidee um 1990 von Mark Weiser formuliert: Informatische Durchdringung der Mesosphre durch

kontextverstehende, adaptive, selbstorganisierte Systeme, die mit einem Gedchtnis und einem Wahrnehmungsvermgen ausgestattet sind;

Welt informatisch ergnzt (Augmented Reality); Systeme berall und jederzeit nutzbar; System wird mit Hilfe virtueller Agenten

Handlungstrger Drei Begriffe: Ubiquitous Computing, Pervasive

Computing, Ambient Intelligence

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Das Problem: Verschwinden der Schnittstelle und Widerstndigkeitsverlust I

Sozialisierung der Natur, Entsozialisierung der Gesellschaft Unterscheidung Realitt und Wirklichkeit: Wirklichkeit ist,

was die sachliche Gegebenheit (Realitt) transzendiert und als Basis aller Realittsbestimmung gegeben ist. Sie ist als eine an eine sachhaltige Widerstndigkeit gebundene Verknpfungs- bzw. Einbindungssphre zu verstehen, die dem Einzelnen auch Handlungen abverlangt.

Idee und Problem der Augmented Reality: Virtualisierung/Optionalisierung der Wahrnehmung Verlust der Widerstndigkeitserfahrung/ Wirklich-

keitsverlust Idee der Smartness des Systems liegt problematisches

Modell menschlicher Kommunikation zugrunde

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Das Problem: Verschwinden der Schnittstelle und Widerstndigkeitsverlust II

Mglichkeit von Fehlwahrnehmungen und Fehlfunktionen, die nicht mehr ohne weiteres kontrolliert werden knnen

System stellt fr mich Wirklichkeit her, bindet das konkret gegebene Realittsstck in eine vorgedeutete Wirklichkeit ein, entkleidet diese aber gleichzeitig ihrer Widerstndigkeit.

System disponiert Wahrnehmung im Hinblick auf bestimmte Handlungsprferenzen

System reduziert Komplexitt auf Nutzungsprofile

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Das Problem: Verschwinden der Schnittstelle und Widerstndigkeitsverlust III

Kontextsensitivitt beruht auf Dekontextualisierungsleistung

Personale Identittsbildung durch Widerstands-erfahrungen (Erfahrung der Nichtanerkennung und Kompetenzausbildung)

Kompetenzbildung gefhrdet, wenn Systemgrenzen nicht mehr sichtbar sind, wenn Zustandekommen der Information nicht mehr eingesehen werden kann und wenn virtuelle Agenten fr mich Alltagsverrichtungen erledigen

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Mensch-System-Schnittstelle/M-S-Interaktion und der Verlust der Bedienungselemente

Begriffe: 1. MS-Interaktion: Festlegung von Aufgaben und Rollenverteilung, 2. MS-Schnittstelle: Festlegung der Eingriffstiefe, 3. Ms-Interface: Gestaltete Bedienungsoberflche zur Operationalisierung des Handlungsangebots.

Grundprobleme Reduzierung der ausdrcklichen Systembedienung Substitution der eigenen Organisations- und

Orientierungsfhigkeit durch virtuelle Agenten Unsichtbarkeit von Schnittstelle und Interface Materialisierung des Interface (Ambient Interface) um

Aufmerksamkeit auf Systembedienung zu reduzieren

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