Upload
klaus-aktories
View
219
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
584 KARRIERE, KÖPFE & KONZEPTE
10.1007/s12268-014-0486-2© Springer-Verlag 2014
ó Bakterielle Proteintoxine sind entschei-dende Pathogenitätsfaktoren bei Vergiftun-gen (z. B. Botulismus) und bei zahlreichenInfektionskrankheiten. In einigen Fällen sinddie Toxine maßgeblich für den Verlauf derKrankheit. Es gilt dann sogar: ohne Toxine –keine Krankheit! Gute Beispiele hierfür sindInfektionen mit Clostridium difficile, die auf-treten, wenn die natürliche Darmflora durch
eine Antibiotikatherapie zerstört wird unddie Bakterien konkurrenzlos proliferieren.Die C. difficile-Toxine führen dann zur Diar-rhoe oder in schwerwiegenden Fällen zu einerpseudomembranösen Kolitis, die oftmals letalendet. Die molekulare Basis dieser patho-physiologischen Konsequenzen ist die Glu-kosylierung kleiner GTPasen der Rho-Familie.Rho-GTPasen sind molekulare Schalter, diein der GDP-gebundenen Form „aus-“ und nachGTP-Bindung „angeschaltet“ werden und
dann Effektoren (z. B. Kinasen) sowie andereSignalmoleküle aktivieren. Ihre Rolle undBedeutung als zelluläre Schalter erklärt,warum die Rho-Proteine Ziele zahlreicher bak-terieller Toxine sind. Rho-Proteine werdenu. a. durch Toxine glukosyliert, ADP-ribosy-liert, AMPyliert, deamidiert und proteolytischgespalten (Abb. 1, [1]). Kürzlich konnten wirzeigen, dass auch bakterielle Toxine, die vonPhotorhabdus-Arten gebildet und primärgegen Insekten gerichtet sind, bevorzugt Rho-Proteine angreifen. Zwei Gruppen von Toxi-nen sind hier bedeutsam, das P. luminescens-Tc-Toxin und PaTox von P. asymbiotica. Tc-Toxine bestehen aus den drei KomponentenTcA, TcB und TcC, die in verschiedenen Iso-formen vorkommen. TcC besitzt die biologi-sche Aktivität des Toxins und modifiziert imFall von TccC5 Rho-Proteine durch ADP-Ribo-sylierung an Glutamin-61/63. Hierdurch wirddie endogene GTP-Hydrolyse-Aktivitätgeblockt und die Rho-Proteine sind persistie-rend aktiv [2]. Erst vor Kurzem konnte gezeigtwerden, wie diese Toxine durch einen neuar-tigen Spritzen-ähnlichen Mechanismus, dervon den Toxinkomponenten TcA, TcB und TcCgebildet wird, in die Zielzellen injiziert wer-den [3, 4]. PaTox von P. asymbiotica ist einEinkettentoxin mit einer Länge von fast 3.000Aminosäuren, das am C-Terminus eine Gly-kosyltransferase-Domäne trägt. Das Toxinführt zur Modifikation von Rho-Proteinendurch Anheften von N-Acetylglukosamin(GlcNAc). Hierdurch wird die Rho-vermittel-te Signalweiterleitung blockiert. Erstaunlichist dabei die Modifikation eines Tyrosinrestes(Tyr-32/34) der Rho-Proteine [5]. Die bislangbekannten zytosolischen GlcNAc-Trans -ferasen sowie alle clostridialen glykosylie-renden Toxine modifizieren allesamt Serin-oder Threoninreste. Die Kristallstrukturana-lyse der PaTox-Glykosyltransferase offenbar-te Ähnlichkeit mit C. difficile-Toxinen, aberauch mit Glykogenin, das die Glykogensyn-these mit einer Autoglukosylierung an einemTyrosinrest beginnt.
GT-Toxicology Award 2014
Aufklärung der Wirkmechanismen Rho-modifizierender bakterieller Toxine
KLAUS AKTORIES
INSTITUT FÜR EXPERIMENTELLE UND KLINISCHE PHARMAKOLOGIE UND
TOXIKOLOGIE, ALBERT LUDWIGS-UNIVERSITÄT FREIBURG
Klaus AktoriesPharmazie- und Medizinstudiuman der Universität Frankfurta. M. Promotion in Frankfurt(Dr. med.) und an der UniversitätHeidelberg (Dr. rer. nat.). Habili-tation in Heidelberg. C2-Profes-sur in Pharmakologie an der Uni-versität Gießen. 1989 C3-Pro -fessur an der Universität Essen.
1991 C4-Professur an der Universität des Saarlan-des. Seit 1995 C4-Professur und Direktor der Abt. 1am Institut für Experimentelle und Klinische Pharma-kologie und Toxikologie der Universität Freiburg.
BIOspektrum | 05.14 | 20. Jahrgang
˚ Abb. 1: Rho-Proteine sind molekulare Schalter, die in der GDP-Form abgeschaltet („aus“) und inder GTP-Form angeschaltet („an“) sind. GEF-Proteine aktivieren Rho-Proteine durch einen Nukleo-tidaustausch. GAP-Proteine fördern die Inaktivierung durch GTP-Hydrolyse. Verschiedene Protein-toxine greifen an Rho-Proteinen an. Neuere Untersuchungen zeigen, dass PaTox von Photorab-dus asymbiotica RhoA an Tyr-34 GlcNAcyliert und dadurch die Signalweiterleitung hemmt. Dengleichen Tyrosinrest AMPyliert das bakterielle Protein IbpA von Histophilus somni. Clostridium dif-ficile-Toxine A und B glukosylieren Thr-37. Hier findet ebenfalls eine AMPylierung durch den Effek-tor VopS von Vibrio parahaemolyticus statt. Die Protease YopT von Yersinien schneidet RhoA amC-terminalen Cystein und verhindert so die Membranbindung. Das C3-Toxin von C. botulinumADP-ribosyliert Rho an Asn-41 und blockiert somit die Rho-Signalweiterleitung. TccC5 von P. lumi-nescens ADP-ribosyliert RhoA an Gln-63. Dadurch wird der Inaktivierungsschritt, die Hydrolysevon GTP, gehemmt und das Rho-Protein bleibt persistierend aktiv. Eine Deamidierung von RhoA anGln-63 zu Glutamat durch CNFs (cytotoxic necrotizing factors) von Escherichia coli bzw. Yersiniaspp. sowie die Transglutaminierung an Gln-63 durch DNT (dermonecrotic toxin) von Bordetellaspp. führen ebenfalls zu einer persistierenden Aktivierung von Rho.
Glukosylierung(C. difficile Toxin A u. B)oder AMPylierung (VopS)
RhoGDP
GEF
GAPPi
„aus”
Protease(YopT)
GlcNAcylierung (PaTox)oderAMPylierung (IbpA)
ADP-Ribosylierung C3-Toxin
RhoGTP
„an”
Signal
ADP-Ribosylierung (TccC5)Deamidierung (CNF)Transglutaminierung (DNT)
Thr37–Tyr34–
GTP GDP
585
Bakterielle Proteintoxine zeichnen sichdurch eine extrem hohe Potenz und Spezi-fität aus. Ihre Analyse ist nicht nur für dasVerstehen ihrer toxischen Wirkungen auf Ziel -organismen von entscheidender Bedeutung,sondern ermöglicht darüber hinaus ihren Ein-satz als pharmakologische Werkzeuge undpotenzielle Pharmaka, die gezielt in Zell-funktionen und Signalwege eingreifen. ó
Literatur[1] Aktories K (2011) Bacterial protein toxins that modify hostregulatory GTPases. Nat Rev Microbiol 9:487–498[2] Lang AE, Schmidt G, Schlosser A et al. (2010)Photorhabdus luminescens toxins ADP-ribosylate actin andRhoA to force actin clustering. Science 327:1139–1142[3] Gatsogiannis C, Lang AE, Meusch D et al. (2013) A syrin-ge-like injection mechanism in Photorhabdus luminescenstoxins. Nature 495:520–523[4] Meusch D, Gatsogiannis C, Efremov RG et al. (2014)Mechanism of Tc toxin action revealed in molecular detail.Nature 508:61–65[5] Jank T, Bogdanovic X, Wirth C et al. (2013) A bacterialtoxin catalyzing tyrosine glycosylation of Rho and deamida-tion of Gq and Gi proteins. Nat Struct Mol Biol 20:1273–1280
Korrespondenzadresse:Prof. Dr. Dr. Klaus AktoriesInstitut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und ToxikologieAlbert Ludwigs-Universität FreiburgAlbertstraße 25D-79104 FreiburgTel.: 0761-203-5301Fax: [email protected]