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12 medicos 1/2006 Viele Krankheiten und Syndrome zeigen gleichzeitig einen Befall der Haut und des Auges. Im Folgenden werden drei Themen diskutiert: Katarakt und Dermatologie, aller- gische Erkrankungen des Auges und entzünd- liche Dermatosen der Augenlider. Katarakt ie syndermatotische Katarakt entspricht einer Assoziation zwischen einem dermatologischen Syndrom und einer Katarakt. Diese Assoziation ist nicht zufällig, da die Haut und die Linse einen gemein- samen embryologischen Ursprung aus dem Ektoderm ver- zeichnen. Je nach Lokalisation der Opazifizierung in der Linse kann ein Rückschluss auf den Zeitpunkt der Schädi- gung gezogen werden, die während der Embryonal-, der Fötalzeit oder im Erwachsenenalter erfolgt sein kann. Letz- teres führt zu einer posterioren Katarakt. Relativ häufig kommt eine Katarakt bei atopischer Dermatitis vor. Sie manifestiert sich 10 bis 15 Jahre nach dem Auftreten der Dermatitis, ist inkonstant, bilateral und korreliert nicht mit dem Schweregrad der Dermatitis. Eine charakteristische Variante ist die anteriore subkapsuläre Katarakt Vogt. Die zur Behandlung verschriebenen Kortikosteroide können die Katarakt unter Umständen verschlechtern. Als weitere okuläre Veränderungen, welche eine ato- pische Dermatitis begleiten, können eine Konjunktivitis, ein Keratokonus, eine Blepharitis, eine Auflösung der Retina und eine Herpes-simplex-Keratitis auftreten. Bei der Alopecia areata totalis (siehe Abbildung 1) kommt eine posteriore Katarakt häufig vor. Beim Down-Syndrom wird insbesondere die Alopecia areata häufiger beob- achtet. Ab dem zehnten Lebensjahr kommen Linsenopazi- fizierungen in 12 bis 46 Prozent der Fälle vor. In Tabelle 1 sind mit Katarakt assoziierte Syndrome aufgeführt. Medikamentöse Katarakt Kortison Die Katarakt ist eine wichtige Komplikation der systemi- schen Kortikotherapie, kommt aber auch bei topischen Behandlungen vor. Die Katarakt entwickelt sich durch- schnittlich ein Jahr nach einer systemischen Behandlung. Beim Erwachsenen besteht ein absolutes Risiko, wenn eine HAUT UND AUGE Augenerkrankungen in der Dermatologie von Marguerite Krasovec Rahmann D Abbildung 1: Alopecia areata totalis

Augenerkrankungen in der Dermatologie - rosenfluh.ch · Gigantopapilläre Konjunktivitis Keratoconjunctivitis vernalis Atopische Keratokonjunktivitis. Es müssen Epikutantests mit

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Viele Krankheiten und Syndrome zeigen

gleichzeitig einen Befall der Haut und des

Auges. Im Folgenden werden drei Themen

diskutiert: Katarakt und Dermatologie, aller-

gische Erkrankungen des Auges und entzünd-

liche Dermatosen der Augenlider.

Kataraktie syndermatotische Katarakt entspricht einerAssoziation zwischen einem dermatologischenSyndrom und einer Katarakt. Diese Assoziation

ist nicht zufällig, da die Haut und die Linse einen gemein-samen embryologischen Ursprung aus dem Ektoderm ver-zeichnen. Je nach Lokalisation der Opazifizierung in derLinse kann ein Rückschluss auf den Zeitpunkt der Schädi-gung gezogen werden, die während der Embryonal-, derFötalzeit oder im Erwachsenenalter erfolgt sein kann. Letz-teres führt zu einer posterioren Katarakt.

Relativ häufig kommt eine Katarakt bei atopischerDermatitis vor. Sie manifestiert sich 10 bis 15 Jahre nachdem Auftreten der Dermatitis, ist inkonstant, bilateral undkorreliert nicht mit dem Schweregrad der Dermatitis. Einecharakteristische Variante ist die anteriore subkapsuläreKatarakt Vogt.

Die zur Behandlung verschriebenen Kortikosteroidekönnen die Katarakt unter Umständen verschlechtern.

Als weitere okuläre Veränderungen, welche eine ato-pische Dermatitis begleiten, können eine Konjunktivitis, einKeratokonus, eine Blepharitis, eine Auflösung der Retinaund eine Herpes-simplex-Keratitis auftreten.Bei der Alopecia areata totalis (siehe Abbildung 1) kommteine posteriore Katarakt häufig vor. Beim Down-Syndromwird insbesondere die Alopecia areata häufiger beob-achtet. Ab dem zehnten Lebensjahr kommen Linsenopazi-fizierungen in 12 bis 46 Prozent der Fälle vor. In Tabelle 1sind mit Katarakt assoziierte Syndrome aufgeführt.

Medikamentöse Katarakt KortisonDie Katarakt ist eine wichtige Komplikation der systemi-schen Kortikotherapie, kommt aber auch bei topischenBehandlungen vor. Die Katarakt entwickelt sich durch-schnittlich ein Jahr nach einer systemischen Behandlung.Beim Erwachsenen besteht ein absolutes Risiko, wenn eine

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Abbildung 1: Alopecia areata totalis

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Tagesdosis von 15 mg während eines Jahres eingenom-men wurde. Das Risiko, eine Katarakt zu entwickeln, istproportional zur Dosis und zur Therapiedauer, wobei dieDosis eine ausschlaggebende Rolle spielt. Bei der Korti-sonkatarakt handelt es sich um eine zuerst subkapsuläreposteriore dann subkapsuläre anteriore Katarakt, welchezu einer vollständigen Opazifizierung der Linse führt. DerBefall ist bilateral.

Bei der topischen Kortikosteroidtherapie befällt dieKatarakt das behandelte Auge. Der Verlauf ist variabel:Die Katarakt kann nach einer bereits abgesetzten Korti-sonkur auftreten, sich stabilisieren, verschlechtern oder –besonders nach einer Lokaltherapie – total abheilen.Krankheiten wie Asthma, rheumatoide Arthritis und Kolla-genosen sind auch für den Dermatologen relevant, da siewegen der Steroidtherapie häufiger mit einer Kataraktassoziiert sind.

PsoraleneDie Sonnenexposition im Laufe des Lebens führt vermutlichzur Katarakt. Die UV-B-Strahlen werden durch die Korneaabsorbiert. Die langwelligen UV-A-Strahlen penetrieren tie-fer, bis zur Linse. Bei der PUVA-Therapie, bestehend ausder Einnahme von Psoralenen und anschliessenderBestrahlung mit UV-A-Licht, müssen die Augen gut geschütztwerden.

Andere MedikamenteAmiodaron, Antimalarika, Phenothiazin, Isotretinoin, Allo-purinol und Hydantoine sind weitere Medikamente, dieeine Katarakt begünstigen.

AllergienAllergien vom SoforttypDie Allergien vom Soforttyp sind durch Aeroallergenebedingt. Die Konjunktiva ist oft das am stärksten betroffeneKörperorgan, da es den Allergenen direkt ausgesetzt ist.Bei atopischer Diathese werden die allergische Konjunk-tivitis, die gigantopapilläre Konjunktivitis, die Kerato-conjunctivitis vernalis und die atopische Keratokonjunkti-vitis beobachtet (siehe Tabelle 2). Die Symptome sindJuckreiz, Tränenfluss, Fremdkörpergefühl und Fotophobie.Objektiv besteht eine Rötung der Konjunktiva oder eineChemose (Schwellung der Bindehaut).

Die häufige saisonale Form der allergischen Kon-junktivitis wird durch Pollen ausgelöst, die perenniale durchHausstaubmilben, Tierhaare oder Schimmelpilze. Fastimmer sind die Schleimhäute des Respirationstraktes mit-beteiligt.

Die gigantopapilläre Konjunktivitis wird bei Kontakt-linsenträgern beobachtet, das auslösende Allergen sindProteinablagerungen.

Die Keratokonjunktivitis vernalis kann eine schwereManifestation der atopischen Krankheit des Auges darstel-len und gefährdet die Sicht. Es ist ein Leiden des Kindesund des Jugendlichen, beginnt im Frühjahr und bessert imWinter.

Die atopische Keratokonjunktivitis ist der Keratocon-junctivitis vernalis des Erwachsenen ähnlich. Es ist eine sel-tene Erkrankung, die vorwiegend bei jungen Männern auf-tritt. Der Patient hat verdickte und chronisch entzündeteLidränder und oft Gesichtsekzeme. Durch das ständigeAugenreiben wird die Hornhaut immer mehr in Mitleiden-schaft gezogen und das Sehvermögen bedroht.

Allergien vom SpättypBei den Kontaktekzemen der Augenlider kommen irritativ-toxische oder allergische Faktoren in Frage. Zu den Erste-ren zählen inadäquate, reizende Reinigungsprodukte undKosmetika mit Milchsäure, Ethanol, Propylenglykol undwasserfeste Wimperntusche.

Beim allergischen Kontaktekzem lässt die Lokalisationdes Ekzems (nur Augenlider, Gesicht, andere Körperpar-tien) einen Rückschluss auf das Allergen zu. Ein allergi-sches Kontaktekzem der Augenlider ist häufig von einemÖdem begleitet. Der simultane Befall der Konjunktiva unddes Augenlides lässt an ein intraokulär appliziertes Aller-gen denken, der isolierte Befall des Augenlides an einerein kutane Auftragung.

Als mögliche Allergene kommen auf das Gesicht unddie Augen applizierte Kosmetika, Augentropfen, Kontakt-linsenprodukte, Nagellack (Acrylate) und Nickelsulfat inFrage.

Aerogen transportierte Allergene (air-borne Dermati-tis) lösen ein symmetrisches, an unbedeckten Körperstellenauftretendes Ekzem aus, insbesondere an den oberenAugenlidern, und befallen auch die Konjunktiva. Beispieledafür sind Zementekzeme wegen durch die Luft transpor-tierter Chromatpartikel und Epoxyharzekzeme.

Tabelle 1:

Symptome mit Katarakt● Rothmund-Thomson-Syndrom● Werner-Syndrom● Incontinentia pigmenti● Dyskeratosis follicularis Darier● Hidrotische und anhidrotische ektodermale Dysplasie● Ichtyosen

Tabelle 2:

Allergische Konjunktivitis

● Saisonale allergische Konjunktivitis● Perenniale allergische Konjunktivitis● Gigantopapilläre Konjunktivitis● Keratoconjunctivitis vernalis● Atopische Keratokonjunktivitis

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Es müssen Epikutantests mit der Standardreihe, den Eigen-proben des Patienten, der Konservierungsmittelreihe, allen-falls der Augenexternareihe und den Acrylaten durchge-führt werden. Für die Testung der Eigenproben empfiehltsich ein Epikutantest mit vorherigem Abriss der Hornhautmittels Klebeband.

Dermatosen der AugenliderErythematöse oder erythemato-squamöse Veränderungender Augenlider können alleine oder im Zusammenhang mitanderen spezifischeren Hautläsionen im Rahmen folgen-der Dermatosen beobachtet werden: atopische Dermatitis,Psoriasis, seborrhoische Dermatitis, Rosazea, Lupus erythe-matodes und andere Kollagenosen.

Die atopische Dermatitis ist leicht diagnostizierbar,wenn andere klassische Symptome vorhanden sind. Siekann sich als isolierte Dermatitis des oberen Lides manifes-tieren.

Psoriasis vulgaris ist unschwer zu diagnostizieren, wennandere Charakteristika bestehen (siehe Abbildung 2). Anden Augenlidern manifestiert sie sich als scharf begrenztebilaterale, erythematöse, symmetrische Plaques, wenigschuppend. Eine zusätzliche irritative oder allergische Kon-taktdermatitis im Sinne eines Köbner-Phänomens kann vor-liegen.

Die seborrhoische Dermatitis zeigt sich mit fettigen,gelblichen, gefelderten Schuppen an den Augenbrauen,nasolabial und auf der Kopfhaut. Gelegentlich wird auchein Befall der Augenlider beobachtet.

Die Rosazea im Augenbereich tritt in zwei Formenauf, als eine relativ mild verlaufende, meist harmlose Ble-pharo-Konjunktivitis und seltener als Rosazea-Keratitis, mitBeteiligung der Hornhaut und Beeinträchtigung des Seh-

vermögens. Die Diagnose einer Augenrosazea bedarf derPräsenz von Hautmanifestationen, weil die Augensym-ptome nicht spezifisch sind. Die okuläre Rosazea kann in20 Prozent der Fälle den Hautmanifestationen voraus-gehen. Klinisch bestehen zentrofazial ein Erythem, Tele-angiektasien, Papulopusteln und ein Rhinophym. Auf denAugenlidern zeigt sich die Rosazea als chronische Ble-pharitis mit Meibomianitis, Lidrandteleangiektasien undrezidivierenden Chalazien. ●

Korrespondenzadresse:Dr. med. Marguerite Krasovec RahmannFachärztin FMH Dermatologie und VenerologieUitikonerstrasse 98952 Schlieren

Interessenkonflikte: keine

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Abbildung 2: Psoriasis vulgaris