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Verteifungsseminar „Entwicklungspsychologie“ WS 10/11 Julia Willibald, 11.01.11 Autismus

Autismus - LMU München · yAutismus: „Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die gekennzeichnet ist durch gravierende Störungen der sozialen Interaktion, der verbalen

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Verteifungsseminar „Entwicklungspsychologie“ WS 10/11

Julia Willibald, 11.01.11

Autismus

GliederungI. Definition

II. Klassifikation (nach ICD-10)

III. Symptomatik

IV. Autismus und Theory of Mind-Defizite

V. Studie

VI. Literaturangaben

Definition

Autismus:„Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die gekennzeichnet ist durch gravierende Störungen der sozialen Interaktion, der verbalen und non-verbalen Kommunikation, sowie der Imagination (Fantasiefähigkeit) und massive Einschränkungen des Repertoires an Interessen und Aktivitäten.“

(Sodian&Thoermer, 2005)

Autismus-Spektrum-Störung (ASS):akzeptierter inoffizieller Terminus für Subgruppe der tiefgreifenden EntwicklungsstörungenKontinuum von qualitativ ähnlichen, nicht kategorial abgrenzbaren Entitäten

Klassifikation

Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (nach ICD-10)

ASS Klassische Trias von Problemverhalten

Frühkindlicher Autismus/Kanner-Syndrom

Asperger-Syndrom

Atypischer Autismus

NNB-TE

Manifestation vor dem 3. Lebensjahr

Keine Verzögerung der Sprache und der kognitiven Entwicklung

Mildere Form des Autismus (High Functioning Autism)

Mildere Form des Autismus

Symptomatik

Theory of Mind - Defizite

Gravierender und spezifischer Entwicklungsrückstand in der Repräsentation mentaler Zustände

Keinerlei explizites Verständnis des Zusammenhangs zwischen Zugang zu Informationen, Überzeugungen und Handlungskonsequenzen

Beeinträchtigung der ToM-Vorläufer

Symbolspiel (pretend play)

→ mindreading deficit→ fehlende Aufmerksamkeitsflexibilität vom „Realitäts-“

zum „Als-ob“-Modus→ fehlende metarepräsentationale Fähigkeiten

joint attention skills→ Störung der sozialen Interaktion und des

Intentionsverständnisses

Beeinträchtigung derToM-Fähigkeiten

Ontologische Unterscheidungen

Schein-Sein Differenzierung

→ fehlende Fähigkeit zur Metarepräsentation

Zuschreibung und Verständnis von Emotionen

false belief→ Problem der Perspektivenübernahme sowie Fusion von

eigenen und fremden mentalen Zuständen

Verständnis von Ironie, Sarkasmus, Metaphern und Scherzen→ kein Intentionsverständnis

Täuschungshandlungen→ fehlendes Wissen über die Existenz und

Manipulierbarkeit von Überzeugungen→ keine Einsicht in mentale Zustände

false belief→ Problem der Perspektivenübernahme sowie Fusion von

eigenen und fremden mentalen Zuständen

Verständnis von Ironie, Sarkasmus, Metaphern und Scherzen→ kein Intentionsverständnis

Täuschungshandlungen→ fehlendes Wissen über die Existenz und

Manipulierbarkeit von Überzeugungen→ keine Einsicht in mentale Zustände

Täuschungshandlungen

Bedeutung: sozio-kognitiver Meilenstein

Arten von Lügen: antisozial und prosozial

Fähigkeit zu Täuschungshandlungen beinhalteto Notwendigkeit des Verständnis der Überzeugungen und

Gefühle Anderero Wissen über Manipulierbarkeit von Überzeugungeno Motivation und Initiative

Exploring the Ability to Deceive in Children with AutismSpectrum Disorders

Annie S. Li • Elizabeth A. Kelley • Angela D. Evans • Kang Lee (2010)

Journal of Autism and Developmental Disorders

Untersuchungsziele:

(1)Neigung und Fähigkeit autistischer Kinder, aus eigenem Willen eine Lüge zu generieren

(2)Zusammenhang zwischen false befief Verständnis und Fähigkeit zu lügen bei autistischen Kindern

Hypothesen:

1. Größere Schwierigkeiten im false befief Verständnis bei Kindern mit ASD

2. Generieren einer antisozialen Lüge von einigen higher-functioningKindern mit ASD

3. Kein Generieren von prosozialen Lügen durch Kinder mit ASD

4. Qualität des Leugnens einer Lüge abhängig vom first-order false befief Verständnis bei normal entwickelten Kindern

5. Fähigkeit zur inhaltlichen Kontrolle abhängig vom second-order false befief Verständnis bei normal entwickelten Kindern

Stichprobe

ASD Group TD Group

19 Kinder 30 Kinder

Autistische Störung, Asperger Syndrom, Autismus-Spektrum-Störung, PDD-NOS

Methoden

1. Test des false befief Verständnisses (unerwarteter Inhalt, unerwarteter Transfer) first- und second-order

2. Test von Neigung und Fähigkeit eine antisoziale Lüge zu generieren (→ temptation resistance Paradigma)

Situation, in der die Kinder zu einer Regelüberschreitung mit anschließender Leugnung verleitet werden sollen

antisocial lie question, semantic leakage control questions

What-Frage Why-Frage

3. Test von Neigung und Fähigkeit eine prosoziale Lüge zu generieren (→ undesirable gift Paradigma)

Situation, in der die Kinder einen unattraktiven Preis erhalten

white lie question

ErgebnisseGruppenunterschiede:1. TD Gruppe signifikant besser als ASD Gruppe in Bezug auf

false-belief Verständnis2. Keine Unterschiede in Quantität von antisozialen Lügen

und der Why-Frage, wohl aber in Bezug auf die What-Frage3. Keine Unterschiede in Neigung und Fähigkeit, prosoziale

Lügen zu produzieren

Wechselseitige Beziehungen1. Keine signifikante Korrelation zwischen der Neigung zu

antisozialen Lügen und false-belief Verständnis in beiden Gruppen

2. Keine signifikante Korrelation zwischen der Neigung zu prosozialen Lügen und false-belief Verständnis in beiden Gruppen

3. Zusammenhang zwischen der Neigung zur Generierung antisozialer und prosozialer Lügen in der ASD Gruppe

DiskussionASD Kinder können antisoziale Lügen generieren, zeigen aber größere Schwierigkeiten, diese aufrecht zu erhalten→ Probleme mit semantic leakage control Die von ASD Kindern generierten Lügen stellen möglicherweise erlernte Strategien zur konsequenten Vermeidung von Bestrafung darWeitere Einflussfaktoren: Erziehung und Sozialisation durch die Eltern, Erfahrungen in Höflichkeitssituationen

Anti- und prosoziales Lügen bei ASD Kindern spiegelt eher erlernte Strategien als ToM- Fähigkeiten wider

Erste Studie, die Fähigkeit und Neigung sowohl anti- als auch prosoziale Lügen zu generieren in higher-functioning Autisten zeigt

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

LiteraturBaron-Cohan, S. (2001). Theory of mind and autism: a review. Special Isssue of the International Reviewof Mental Retardation, 23(169).Bölte, S. (Hrsg.). (2009). Autismus. Spektrum, Ursachen, Diagnostik, Intervention, Perspektiven. Bern: Verlag Hans Huber.Li, A. S., Kelley, E. A., Evans, A. D. & Lee, K. (2010). Exploring the Ability to Deceive in Children with AutismSpectrum Disorders. Journal of Autism and Developmental Disorders, 40(6).doi: 10.1007/s10803-010-1045-4Siegler R., DeLoache J., Eisenberg N. (2008). Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.Sodian B. & Thoermer C. (2006), Theory of Mind. In Schneider, W. & Sodian, B. (Hrsg.), Kognitive Entwicklung (pp.495-608). Göttingen: Hogrefe.