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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Bachelorstudiengang Soziale Arbeit Alkohol – Volksdroge Nummer Eins! Vorurteile der Gesellschaft gegenüber Alkoholabhängigen Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts Vorgelegt von: Julia Koch urn:nbn:de:gbv:519-thesis2010-0243-8 Betreuer: Prof. Dr. Peter Schwab Prof. Dr. Sigrid Haselmann Tag der Einreichung: 24. Juni 2010

Bachelorarbeit - - Catalogus Professorum Rostochiensiumdigibib.hs-nb.de/file/dbhsnb_derivate_0000000588/Bachelorarbeit-Koch-2010.pdf · Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung

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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung

Bachelorstudiengang Soziale Arbeit

Alkohol – Volksdroge Nummer Eins!

Vorurteile der Gesellschaft gegenüber Alkoholabhängigen

Bachelorarbeit zur

Erlangung des akademischen Grades

Bachelor of Arts

Vorgelegt von: Julia Koch

urn:nbn:de:gbv:519-thesis2010-0243-8

Betreuer: Prof. Dr. Peter Schwab

Prof. Dr. Sigrid Haselmann

Tag der Einreichung: 24. Juni 2010

Robert Mathwig, 2010

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ..............................................................................................................1 1 Definition Alkoholismus..................................................................................3

1.1 Alkoholtypologie .......................................................................................6

1.2 Ursachen für Alkoholabhängigkeit ............................................................7

1.3 Folgen.......................................................................................................8

2 Vorurteilsforschung ......................................................................................11

2.1 Definition Vorurteil ..................................................................................11

2.2 Vorurteile und ihre Folgen ......................................................................13

3 Forschungsprojekt „Vorurteile der Gesellschaft gegenüber dem

Krankheitsbild eines Alkoholikers" .............................................................15

3.1 Fragestellung und Entstehung des Forschungsprojekts .........................15

3.1.1 Aufbau des Forschungsprojekts..........................................................15

3.1.2 Stichprobe...........................................................................................16

3.1.3 Durchführung ......................................................................................16

3.1.4 Verwendete statistische Methoden .....................................................17

3.2 Auswertung der ausgewählten Fragen ...................................................17

3.2.1 Illusorische Korrelation........................................................................18

3.2.2 Selbstüberwachung.............................................................................19

3.3 Alkoholabhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit ................................20

3.4 Alkoholismus ist eine Krankheit der „Unterschicht“.................................21

3.5 Alkoholiker haben weder Frau noch Kinder ............................................24

3.6 Alkoholabhängige Menschen sind ungepflegt, dauerhaft betrunken und

aufdringlich .............................................................................................25

3.7 Alkoholabhängige Menschen haben kein Lebensziel mehr ....................26

3.8 Die Ursachen für Suchterkrankung liegen in der Kindheit ......................28

3.9 "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Das gilt auch bei Alkoholikern...30

3.10 Wer täglich sein Feierabendbier trinkt, ist Alkoholiker ............................31

3.11 Ist Alkoholismus vererbbar? ...................................................................33

4 Zusammenfassung........................................................................................34 Literaturhinweis ..................................................................................................37 Anhang I - Antworten der offenen Umfrage......................................................40 Anhang II - Fragebogen......................................................................................47 Anhang III - statistische Auswertung des Fragebogens..................................52 Eidesstattliche Erklärung...................................................................................57 Danksagung ........................................................................................................58

1

Einleitung

In den Nachrichten ist zu hören, dass Alkohol die Volksdroge Nummer Eins ist.

Alkoholische Getränke sind in unserer Bevölkerung ein fester Bestandteil des All-

tags, doch die Zahl der Abhängigen nimmt zu und der Konsum von Alkohol wird

immer extremer. Alkohol ist Nahrungsmittel, Genussmittel und Rauschdroge zu-

gleich.

Wird Alkohol aber täglich konsumiert und hat der Betroffene keine Kontrolle mehr

über seinen Konsum, reagieren laut einer offenen Umfrage, seine Mitmenschen

schockiert und wenden sich von ihm ab.1 Somit hat sich aus dem Konsum des

gesellschaftlich anerkannten Getränks eine Krankheit entwickelt.

Die Zahlen des Drogen- und Suchtberichtes vom Mai 2009 bestätigen: 9,5 Millio-

nen von insgesamt ca. 83 Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Alko-

hol in gesundheitlich riskanter Form. 1,3 Millionen Menschen gelten als alkoholab-

hängig. Deutschland liegt dadurch im internationalen Vergleich im oberen Zehn-

tel.2

Für die Bevölkerung gibt es dabei zwei Arten von Alkoholabhängigen. Zum einen

den typischen „Bilderbuch – Alkoholiker“, der Morgens mit dem Trinken beginnt,

zittrige Hände hat und über den Tag versucht, nüchtern zu werden. Zum anderen

steht der Betroffene, der seine Krankheit vor sich und seinem sozialen Umfeld ver-

heimlicht. Genau hier soll diese Arbeit ansetzen. Im ersten Kapitel wird aufgezeigt,

was unter der Krankheit Alkoholabhängigkeit zu verstehen ist, wie und warum sie

entsteht und deren Folgen. Im Zusammenhang mit der Definition der Krankheit

wird die Typologie einer Abhängigkeit nach Jellinek beschrieben. Kapitel 2 befasst

sich mit dem Thema Vorurteile. Gerade im Bezug auf das Thema Alkoholab-

hängigkeit herrschen in der Bevölkerung Vorurteile („Bilderbuch – Alkoholiker“). In

diesem Kapitel wird näher erörtert, was Vorurteile und ihre Folgen sind.

1 unveröffentlichtes Konzept des Projekts „Vorurteile der Gesellschaft gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers“

Conny Köppen, Julia Koch

2 Bätzing, 2009, S.12

2

Zur Unterstützung dieser Arbeit verwende ich das Projekt „Vorurteile der Gesell-

schaft gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers“ aus dem 5. und 6. Se-

mester Soziale Arbeit (Bachelor), welches eine Forschungsgruppe3 im Modul „Be-

rufsfelderkundung“ erarbeitet hat.

Im 3. Kapitel wird das Forschungsprojekt einführend erläutert und anhand aus-

gewählter Antworten der realisierten offenen Umfrage und des Fragebogens, Mei-

nungen der Bevölkerung über die Krankheit Alkoholabhängigkeit dargelegt und

miteinander verglichen. Um einen Zusammenhang zum Theoriegebäude (Kapitel

1) herzustellen, wird in der Auswertung der Umfrage und des Fragebogens ge-

nauer auf Krankheitsursachen und deren sozialen und psychischen Folgen ein-

gegangen.

3 Die Forschungsgruppe besteht aus Conny Köppen und Julia Koch (Autorin dieser Arbeit)

3

1 Definition Alkoholismus

Bei einer Befragung von Bekannten, Freunden oder Familienangehörigen die

Krankheit Alkoholismus zu definieren, kamen diese bei der Definition in Schwierig-

keiten. Sie konnten den Begriff Alkoholismus nicht definieren. Der Großteil der

Befragten gaben zur Antwort: „Schauen Sie sich die an, die den ganzen Tag vor

den Kaufhallen und den Supermärkten stehen.“ Ein typisches Bild in allen Städten

des Landes. Betroffene, die sich täglich vor den Kaufhallen zum Konsum von Al-

kohol aufhalten. Genau diese Betroffenen, sichtbar für die Öffentlichkeit, werden

von der Allgemeinheit als typische Alkoholiker gesehen. Sie sind die täglichen

Konsumierer der Volksdroge Alkohol. Für die Befragten ist diese Gruppe Sinnbild

des Alkoholismus.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind maximal 10 Gramm Alkohol pro

Tag bei Frauen und 20 Gramm Alkohol bei Männern noch nicht ausschlaggebend

für eine Abhängigkeit.4 Diese Grammzahlen entsprechen etwa einem halben Glas

Wein. Zusätzlich empfiehlt die WHO, dass mindestens 1 bis 3 alkoholfreie Tage in

der Woche eingehalten werden sollten. Ausgeschlossen sind dabei Personen, die

am Straßenverkehr teilnehmen, sich in Schwangerschaft oder in der Zeit einer

Medikamenteneinnahme befinden.

Die WHO unterscheidet bei Alkoholismus zwei Phänomene: den Alkoholmiss-

brauch und die Alkoholabhängigkeit.

Unter Missbrauch (schädlicher Gebrauch) wird ein Fehlverhalten oder eine Fehl-

einnahme verstanden. Dabei wird die Fehleinnahme als ein Gebrauch einer psy-

chotropen Substanz, ohne dass es medizinisch notwendig ist oder als Konsum,

der vom üblichen Gebrauch abweicht, definiert. Das Besondere am Alkohol ist

dabei, dass er sowohl als Nahrungs- und Genussmittel sowie als Rauschmittel

und Droge dient.

4 URL1

4

Darum wird bei einem Konsum, der zu körperlichen, psychischen und sozialen

Schäden führt, von Alkoholmissbrauch gesprochen.5

Laut dem ICD – 10 (International Classification of Deseases) handelt es sich bei

einer Alkoholabhängigkeit um eine Krankheit, die nach wiederholtem Konsum

Auswirkungen auf das Verhalten, die Psyche und den Körper des Erkrankten hat.

Dem Erkrankten fällt es schwer, sein starkes Verlangen nach Alkohol zu kontrollie-

ren.6

Es gibt zwei psychiatrische Klassifikationssysteme in denen Kriterien für eine Al-

koholabhängigkeit aufgelistet sind. Das ICD – 10 ist ein internationales Klassi-

fikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen,

welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es sich intensiv mit der interkulturellen

Perspektive und der Anwendbarkeit beschäftigt. Das DSM IV7 ist ein nationales

diagnostisches und statistisches Handbuch / Klassifikation über psychiatrische

Störungen der Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist eine Ergänzung des ICD –

10 und beinhaltet speziellere diagnostische Kriterien. Für den weiteren Verlauf

dieser Arbeit wird die Definition des internationalen ICD - 10 verwendet.

5 Soyka, 2000, S. 13

6 URL2

7 Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer

Störungen)

5

Im ICD - 10 werden sechs Kriterien aufgeführt die Alkoholabhängigkeit diagnosti-

zieren. Eine Abhängigkeit wird dann bestätigt, wenn für den Patienten während

des letzten Jahres drei oder mehr Kriterien zutreffen.8

1. Es besteht ein regelmäßiges Verlangen oder Zwang Alkohol zu konsumie-

ren.

2. Die Kontrolle über den Beginn, die Beendigung oder der Menge des kon-

sumierten Stoffes ist nicht mehr gegeben.

3. Wird der Substanzgebrauch beendet, folgen Entzugserscheinungen.

4. Die Toleranz zum Alkoholkonsum steigt. Was bedeutet, dass immer höhere

Mengen an Alkohol erforderlich sind, um die gewünschte Wirkung zu er-

zielen.

5. Das soziale Leben und die Interessen werden vernachlässigt, da immer

mehr Zeit aufgebracht werden muss um die Substanz zu beschaffen, sie zu

konsumieren oder sich vom Konsum zu erholen.

6. Der Konsum der Substanz wird fortgesetzt, obwohl Folgeschäden nach-

gewiesen wurden.

8 Soyka, 2000, S. 19

6

1.1 Alkoholtypologie

Bei jedem einzelnen Betroffenen ist das Trinkverhalten individuell verschieden.

Aus diesem Grund untersuchte Dr. E. M. Jellinek9 im Auftrag der WHO mehrere

Fälle von Alkoholabhängigkeit und entwickelte eine Typologie über die Trinkstile.

� Der Konflikttrinker (Alpha – Trinker) konsumiert immer dann größere Men-

gen von Alkohol, wenn Probleme auftauchen. Der Alkohol dient ihm dabei

Probleme zu verdrängen, er fühlt sich wohler, erleichtert. Bei diesem Alko-

holtyp ist der Betroffene psychisch abhängig und hat die Fähigkeit, auf den

Alkohol zu verzichten.

� Der Gelegenheitstrinker (Beta – Trinker) konsumiert Alkohol aus sozialen

Gründen, beispielsweise zu bestimmten Anlässen (Feste, Urlaub, im Ver-

ein). Er ist weder psychisch noch körperlich abhängig, aber es besteht die

Gefahr, dass es zu einer Anhängigkeit kommen könnte.

� Ein weiterer Typ ist der süchtige Trinker (Gamma – Trinker). Die Be-

troffenen können die Höhe des konsumierten Alkohols nicht mehr steuern

und gewöhnen sich an immer größeren Mengen. Hierbei liegt zuerst eine

psychische Abhängigkeit vor, die dann zu einer körperlichen Abhängigkeit

übergeht. In der Zeit des Konsums kann es bei dem Betroffenen zum Kon-

trollverlust kommen, aber er hat ebenfalls auch Phasen der Abstinenz. Hin-

zuzufügen ist, dass der Gamma – Trinker trotz seiner abstinenten Phasen

nicht mehr in der Lage ist, jederzeit aufzuhören.

� Gewohnheitstrinker (Delta – Trinker) sind diejenigen, die kontinuierlich kon-

sumieren und dabei die sogenannten Rauschzustände nicht mehr erleben.

Die Betroffenen sind psychisch abhängig und bekommen in Phasen der

Abstinenz Entzugserscheinungen.

� Der letzte Alkoholtyp ist der episodische Trinker (Epsilon – Trinker). Ebenso

wie bei dem Beta – Trinker konsumiert er bei besonderen Gelegenheiten

oder in Konfliktsituationen Alkohol, jedoch verfällt der Betroffene in einen

9 Elvin Morton Jellinek, US-amerikanischer Physiologe und Erforscher der Alkoholkrankheit

7

mehrtägigen Trinkexzess. Bei diesem Alkoholtyp besteht eine psychische

Abhängigkeit mit der Fähigkeit, einige Wochen abstinent zu bleiben.10

1.2 Ursachen für Alkoholabhängigkeit

In diesem Abschnitt werden die drei Ebenen der Ursachen einer Alkoholabhängig-

keit benannt. Da sich die Ursachen anhand der Auswertung der offenen Umfrage

und des Fragebogens (Kapitel 3) praxisnäher erläutern lassen, wird in diesem Ka-

pitel nur auf soziologische Theorien kurz eingegangen.

Bei der Ursachenforschung muss beachtet werden, dass für eine Abhängigkeits-

erkrankung niemals nur ein Faktor Auslöser ist. Die Ursachen werden durch das

Zusammenwirken von mehreren Komponenten gebildet. Zur Unterscheidung der

Ursachen wurde in der soziologischen Theorie die soziale Lebensumwelt in drei

Analyseebenen gegliedert:

� Die mikrosoziale Ebene umfasst die Familie und den Freundeskreis, die der

sozialen Unterstützung jedes Einzelnen dienen.

� Die mesosoziale Ebene umfasst die schulische und berufliche Situation.

Diese beiden Situationen beanspruchen einen großen Teil unserer Lebens-

zeit und vermitteln uns soziale und gesellschaftliche Normen.

� Die dritte Ebene ist die makrosoziale Ebene, die die soziale Lage be-

inhaltet.11

10 Soyka, 2000, S. 16f.

11 Schmidt, Alte – Teigeler, Hurrelmann , 1999, S. 60 - 65

8

1.3 Folgen

Soziale, psychische und körperliche Folgen resultieren aus einer Alkoholab-

hängigkeit. Um einen Einblick darüber zu geben, wie weit die psychischen und

sozialen Folgen verbreitet sind, wird in Kapitel 3, während der Auswertung der

offenen Umfrage und des Fragebogens, gezielter darauf eingegangen.

Zu den sozialen Folgen gehören unter anderem:

� Auswirkungen auf das soziale Umfeld (Familie, Kinder, Freunde)

� Auswirkungen auf die berufliche Situation (Gefährdung des Arbeitsplatzes,

sozialer Abstieg)

Die psychischen Folgen beinhalten:

� Angstzustände

� Depressionen

� Selbstmordgefährdung

� Wahnvorstellungen

� Kontrollverlust

� Isolation

9

Die Folgen einer Abhängigkeit entstehen dadurch, dass der Alkohol durch das Blut

in den ganzen Körper und in alle Gewebeschichten gelangt. Konsequenz sind

zahlreiche körperliche und psychische Störungen:

Entzugserscheinungen

Kommt es nach einem langjährigen Konsum zum plötz-

lichen absetzten des Alkohols, kann dies Entzugs-

erscheinungen zur Folge haben. Die Symptome

beginnen meist 4 – 12 Stunden nach Ende des Konsums

und zeigen sich in Form von Zittern, Schwitzen, Übelkeit,

Kopfschmerzen, Orientierungsverlust, Halluzinationen,

Schwitzen, erhöhter Puls, Angst und Unruhezustände.12

Alkoholentzugsdelir13

Ein Alkoholentzugsdelir ist die Folge eines vollständigen

Entzugs von stark abhängigen Betroffenen, die über Jah-

re konsumiert haben. Die Symptome beginnen meist

nach Konsumende und spiegeln sich in Schlaflosigkeit,

Desorientiertheit, Bewusstseinsstörungen, Halluzinatio-

nen, Fieber und Blutdruckanstieg wieder. Kommt es zu

Problemen des Herz - Kreislaufsystems und der Atmung

kann dies lebensbedrohlich sein und erfordert eine sofor-

tige ärztliche Behandlung.14

Zentrales

Nervensystem

Durch den Konsum von Alkohol sterben im Gehirn Ner-

venzellen ab. Die Folgen sind Konzentrations- und Ge-

dächtnisstörungen.

Peripheres

Nervensystem

Durch die dauerhafte Schädigung oder sogar das Ab-

sterben der Nervenzellen kommt es bei den Betroffenen

zu Missempfindungen, Taubheitsgefühlen, Schmerzen

und Muskelschwäche.

12 DHS, S. 58 13 Delirium ( lat. delirium „Irrsein“) ist eine reversible psychische Störung

14 Jüptner, 2006, S. 243 - 269

10

Gastrointestinale

Folgeschäden15

Bei dauerhaftem Konsum kommt es anfangs erst zur Le-

berverfettung. Dies kann sich zu einer Entzündung oder

zu einer Leberzirrhose entwickeln. Die Folgen einer Le-

berzirrhose sind der Funktionsverlust des Lebergewebes

und dies kann durch ein Leberversagen bis zum Tod füh-

ren.

Im Bereich der Speiseröhre und des Magens können

Entzündungen, Geschwüren bis hin zum Krebs auftreten.

Kontinuierlichen Konsum von ausschließlich Alkohol führt

zu einseitiger Ernährung. Die Folge ist eine gestörte Auf-

nahme von wichtigen Nährstoffen (Vitamin B, Folsäure)

woraus eine Mangelerkrankung resultiert.

Ebenfalls kann es wie in der Speiseröhre und des Ma-

gens auch bei der Bauchspeicheldrüse zu lebensbedroh-

lichen Entzündungen, auch Pankreatitis genannt, kom-

men.

Weitere Folgeschäden

Bei steigendem Konsum kann es zu Herzrhythmus-

störungen, Erhöhung des Blutdrucks, Potenzstörungen

und bei Konsum in der Schwangerschaft, zu

Schädigungen des Embryos führen.

Zusammenfassend lässt sich zu sagen, dass jährlich 70.000 Menschen in

Deutschland direkt oder indirekt in Verbindung mit Alkohol sterben.16 Das sind die

Zahlen des Drogen- und Suchtberichts vom Mai 2009.

15 Gastrointestinale, von griech. gaster Magen und lat. intestinum Darm, Magen-Darm-Trakt

16 Bätzing, 2009, S. 12

11

2 Vorurteilsforschung

Laut dem Sozialpsychologen Elliot Aronson können Vorurteile aufgrund der Natio-

nalität, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, dem Aussehen, Krankheit

oder Behinderung, dem Beruf oder dem Hobby entstehen.17 Dies sind nur einige

Beispiele, die deutlich machen sollen, dass es Vorurteile in allen Bereichen und

Schichten gibt und sie jeden betreffen können.

1920 gingen die ersten Forscher zum Thema Vorurteile davon aus, dass Vor-

urteile eine krankhafte und fehlerhafte Funktion in der menschlichen Entwicklung

sind. „The Nature of Prejudice“ von dem amerikanischen Psychologen G. W. All-

port gilt zu dieser Zeit als eines der entscheidenden Werke.18

2.1 Definition Vorurteil

Nach E. Aronson ist die Meinung und das Gefühl eines Individuums gegenüber

einer Person oder Gruppe ein Vorurteil. Dabei sind Vorurteile meist voreilig, ohne

vorher gesammelte Erfahrungen, getroffene Einstellungen über Personen oder

Personengruppen, die eine größtenteils negative oder ablehnende Bedeutung ha-

ben. Vorurteile werden so formuliert, dass sie für alle Mitglieder einer bestimmten

Gruppe gelten. Was dabei die Fremdgruppe ausmacht, liegt im Auge des Be-

trachters.19 Eine Situation zum Thema Alkohol wäre, wenn eine Person einen be-

trunkenen Obdachlosen beobachtet und daraus schließt, dass alle Alkoholiker auf

der Straße leben und täglich Alkohol konsumieren. Der Beobachter ist der Mei-

nung, dass der Obdachlose nicht den Normen entspricht und schreibt ihm eine

negative Bedeutung zu. Für den Beobachter des Obdachlosen entsteht der Ein-

druck etwas Fremdes. Obdachlose entsprechen für ihn nicht dem Bild der

Normalität und sind für ihn eine Fremdgruppe. 17 Aronson/Wilson/Akert, 2004, S.422

18 Reinders, 2004, S. 93

19 Aronson/Wilson/Akert, 2004, S. 60

12

Vorurteile bilden einen so festen Standpunkt, dass sie durch neue Informationen,

die die getroffene Aussage widerlegen, nicht verändert werden. Simpson und Yin-

ger (1965) bezeichnen sie auch als eine emotionale, starre Einstellung.20 Als Ein-

stellung wird die Art und Weise bezeichnet, wie sich eine Person mit seinen Ge-

fühlen und Vorstellungen gegenüber einer anderen Person oder Gruppe verhält.

Diese können positiv sowie negativ sein und sind abhängig von dem Träger des

Vorurteils. Sie werden durch Erfahrungen erworben und durch Sozialisation ver-

mittelt.

Die Meinung (Stereotyp) bezeichnet eine vereinfachte und generalisierte Ein-

stellung gegenüber einem Menschen. G. Allport ist der Ansicht, dass der mensch-

liche Verstand zum Denken Kategorien braucht, welche positive oder negative

Eigenschaften haben, in der die Person oder die Personengruppe eingeordnet

wird. Würde der Mensch keine Kategorien bilden und versuchen, jedes getroffene

Urteil zu analysieren, wäre er schnell handlungsunfähig. Handlungsunfähig des-

halb, weil jeder Mensch im Sekundentakt Urteile fällt.21 Wird einer Person die Auf-

gabe gegeben, die Augen zu schließen und sich einen Alkoholiker vorzustellen,

hat dieser ein bestimmtes Bild im Kopf. Das sind die sogenannten Kategorien,

welche Auswirkungen auf die Erwartungshaltung gegenüber anderen Personen

haben.

20 Güttler, 2000, S.109

21 Wiedmann/Benz, 2007, S.36

13

2.2 Vorurteile und ihre Folgen

Gordon W. Allport hat 1954 eine Skala entwickelt, die die Vorurteile in der Gesell-

schaft in Form von Graden der Diskriminierung definiert. Diskriminierung be-

zeichnet dabei das Verhalten, welches entsteht, wenn Vorurteile gegenüber einer

Gruppe herrschen. Laut Güttler ist die Voraussetzung für soziale Diskriminierung,

dass es einen Akteur und eine Zielgruppe gibt, wobei der Akteur diese meidet.22

1. Verleumdung

� Die Verleumdung beinhaltet offen geäußertes feindseliges Reden

und Beleidigungen gegenüber Gleichgesinnten oder auch Fremden.

2. Vermeidung

� Der Kontakt zu der abgelehnten Gruppe oder dem Individuum wird

vermieden.

3. Diskriminierung

� Die Mitglieder einer Gruppe, gegen die Vorurteile herrschen, werden

von öffentlichen Einrichtungen ferngehalten. Ihnen wird der Zugang

zu Privilegien und Rechten, Berufen und Wohngegenden verwehrt.

4. Körperliche Gewaltanwendung

� Steigen die Emotionen gegenüber der abgelehnten Gruppe, steigt

die Gewaltbereitschaft und es kommt zunächst zu Gewaltan-

wendungen gegen Eigentum bis hin zu körperlichen Attacken.

5. Vernichtung

� Der höchste Grad der Diskriminierung äußert sich in Massen- und

Völkermorde.23

22 Güttler, 2000, S.112

23 Bredow, Noetzel, 2009, S. 64

14

Anhand dieser Skala wird nicht nur der Grad der Diskriminierung deutlich, sondern

auch die Folgen für die Betroffenen. Die Grade 1 bis 3 ergeben psychische Folgen

für die Betroffenen. Grad 4 und 5 bilden die höchsten Grade der Diskriminierung

und beinhalten vorrangig physische Folgen.

Für die Betroffenen können Vorurteile und Diskriminierung Auswirkungen auf ihre

Gesundheit und ihre Lebensqualität haben. Beispielsweise zeigen die Ergebnisse

der offenen Umfrage, dass es Vorurteile gegenüber dem Krankheitsbild eines Al-

koholabhängigen gibt. Durch diese Vorurteile verheimlichen die Betroffenen ihre

Krankheit oder leugnen sie sogar. Die Folgen der Verheimlichung sind ebenfalls

gravierend. Hierdurch kann die Suche nach Hilfe erschwert werden. Der Be-

troffene akzeptiert seine Diagnose nicht und ist nicht bereit für eine Therapie.

15

3 Forschungsprojekt „Vorurteile der Gesellschaft

gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers"

Dieses Kapitel befasst sich mit dem Projekt „Vorurteile der Gesellschaft gegen-

über dem Krankheitsbild eines Alkoholikers“. Eingangs wird das Projekt und des-

sen Durchführung kurz vorgestellt und im zweiten Teil dieses Kapitels wird auf die

Antworten der offenen Umfrage und auf das Ergebnis der Beantwortung des

Fragebogens eingegangen.

3.1 Fragestellung und Entstehung des Forschungsprojekts

In dem Studiengang „Soziale Arbeit“ gab es im 5. und 6. Semester des Bachelor

Studiums die Aufgabe, in einem Bereich der "Sozialen Arbeit" ein Forschungs-

projekt durchzuführen. In Zusammenarbeit mit meiner Kommilitonin haben wir uns

für den Bereich „Soziale Arbeit mit Abhängigen“ für das Thema „Vorurteile der Ge-

sellschaft gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers“ entschieden und ge-

forscht.

Ziel dieses Projektes ist es herauszufinden, ob die Bevölkerung Vorurteile gegen-

über dem Krankheitsbild eines Alkoholikers hat.

3.1.1 Aufbau des Forschungsprojekts

Das Forschungsprojekt ist in zwei Teile gegliedert. Für die Erhebung der Daten

besteht der erste Teil aus einer offenen Umfrage mit dem Thema "Wie würden Sie

einen für Sie typischen Alkoholiker beschreiben?".24

24 siehe Anhang I

16

Den zweiten Teil bildet der Fragebogen25, der aus den mehrfach getroffenen Ant-

worten der offenen Umfrage besteht, welche zu Hauptaussagen umformuliert und

in Kategorien eingeteilt sind (Einstellungen und Wertvorstellungen, Ursachen, Ent-

zug, Krankheitsverständnis). Die Fragen sind in Form einer Tabelle von "stimme

voll und ganz zu" bis "stimme überhaupt nicht zu" und in Form von geschlossenen

Fragen mit der Möglichkeit der Mehrfachauswahl formuliert.

3.1.2 Stichprobe

Die Zielgruppe besteht aus allen Bevölkerungsschichten mit einem Alter von min-

destens 18 Jahren und wohnhaft im Befragungsort Neubrandenburg. An der Be-

fragung nahmen insgesamt 53 Personen teil. 60 % davon waren weiblich und 40

% männlich.�

3.1.3 Durchführung

Sowohl die offene Umfrage als auch der Fragebogen wurden in Form von Hand-

zetteln in der Hochschule Neubrandenburg, im Wohnheim des Studentenwerks

Greifswald und in der Innenstadt Neubrandenburgs verteilt.

Der Befragungszeitraum für die offene Umfrage wurde auf 2 Monate und der des

Fragebogens auf 3 Monate festgelegt.

25 siehe Anhang II

17

3.1.4 Verwendete statistische Methoden

Die Datenauswertung der offenen Umfrage erfolgte mit dem Programm Microsoft

Office Word 2003 und die des Fragebogens mit dem Programm Microsoft Office

Excel 2003.26 Die Ergebnisse des Fragebogens sind durch Diagramme grafisch

dargestellt (Anhang III).

3.2 Auswertung der ausgewählten Fragen

Da die offene Umfrage und der Fragebogen sehr umfangreich sind und die Arbeit

Bezug auf die Entstehung, die Ursachen und die Wirkung von Alkoholabhängigkeit

auf die Bevölkerung nimmt, wird im weiteren Verlauf ausschließlich auf die Aus-

sagen und Fragen zum Thema „Allgemeines und Krankheitsbild“, „Ursachen“ und

„Folgen“ eingegangen.

Das Forschungsprojekt ist, wie bereits erwähnt, in eine offene Umfrage27 und in

einen Fragebogen28 unterteilt und die Ergebnisse werden im weiteren Verlauf die-

ser Arbeit ausgewertet.

Im Verlauf der Auswertung der Ergebnisse der Befragung kam es interessanter-

weise dazu, dass die diese aus der offenen Umfrage und des Fragenbogens nicht

identisch sind. In dieser Arbeit lassen sich die Gründe nur vermuten. Um heraus-

zufinden, warum es dazu gekommen ist, dass bei fast jeder Frage gegensätzliche

Antworten gegeben worden, müsste die Forschungsgruppe mit den Ergebnissen

aus dem Forschungsprojekt „Vorurteile der Gesellschaft gegenüber dem Krank-

heitsbild eines Alkoholiker“, die Beteiligten die an diesem Projekt teilgenommen

haben, erneut befragen. In den folgenden Unterpunkten wird daher kurz erläutert,

welche Gründe es geben könnte.

26 Koch/Köppen: Projekt „Vorurteile der Gesellschaft gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers“

27 Es nahmen 26 Personen an der offenen Umfrage teil. Die Teilnehmer wurden der Übersicht wegen von 1 – 26 durch nummeriert. Im Weiteren Verlauf der Arbeit werden sie hinter den Antworten in Form einer Fußnote gekennzeichnet und

erläutert. Beispiel: 1 B. 1-3, 5-8

28 Am Fragebogen nahmen 53 Personen teil.

18

3.2.1 Illusorische Korrelation

Eines der Ursachen für die unterschiedlichen Antworten der beiden Umfragen des

Projekts könnte die illusorische Korrelation nach Hamilton und Gifford29 (1976)

sein.

Hamilton und Gifford gehen davon aus, dass ein angeblicher Zusammenhang zwi-

schen zwei Gruppen, Eigenschaften oder Verhaltensweisen gesehen wird, der

aber in Wirklichkeit nicht vorliegt.30 Beispielweise liegt für das Thema Alkoholab-

hängigkeit eine illusorische Korrelation vor, wenn der Befragte einen Alkoholiker

sieht, der seiner Meinung nach nicht auf sein Äußeres achtet und den ganzen Tag

nur Alkohol konsumiert. Aus diesen beobachteten Eigenschaften und Verhaltens-

weisen des einen Alkoholikers zieht der Befragte den Schluss, dass alle Alkoholi-

ker unsauber sind und den gesamten Tag Alkohol konsumieren.

An diesem Beispiel wird ein weiteres Merkmal der illusorischen Korrelation deut-

lich. Das fehlerhafte Urteil wird anhand von bestimmten, auffälligen Merkmalen

getroffen. In diese, Beispiel sind es das ungewöhnliche Aussehen (unsauber) des

Alkoholikers und sein Verhalten (trinkt den gesamten Tag). Dieses Urteil wird von

einer einzelnen Person auf die gesamte Gruppe, die als Alkoholabhängige be-

zeichnet werden, übertragen.

Das Problem bei dieser Art von Vorurteilen ist, das wenn eine Korrelation einmal

gebildet wurde, sie schwer rückgängig zu machen ist. 1992 gab es an der Uni-

versität Marburg ein Experiment zur illusorischen Korrelation mit dem Thema

Asyl.31 Dabei ging es darum, dass die Bürger (108 Befragte) schätzen sollten, wie

viel Flüchtlinge es in Deutschland gibt. Die tatsächliche Zahl lautet 1,4 % Flücht-

linge kamen 1991 nach Deutschland. Die Bürger gaben durchschnittlich 24,4 % an

und haben sich dadurch weit überschätzt.

In der statistischen Auswertung kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass es

einen Zusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit (Vorurteil) und der Fehl-

informiertheit zum Thema Asyl.

29 David L. Hamilton und Robert K. Gifford

30 Güttler, 2000, S. 125

31 Güttler, 2000, S. 131

19

Dieses Beispiel lässt sich auch auf das Thema Alkoholabhängigkeit übertragen.

Wenn man die Bevölkerung fragt, wie weit Alkoholabhängigkeit verbreitet ist, ist

die Mehrheit der Meinung, dass es nur die Abhängigen gibt, die jeden Tag be-

trunken vor der Kaufhalle stehen. Die tatsächlichen Zahlen sind jedoch

gravierender. 9,5 Millionen Menschen konsumieren Alkohol in gesundheitlich

riskanter Form und 1,3 Millionen Menschen gelten als alkoholabhängig.

3.2.2 Selbstüberwachung

Neben der illusorischen Korrelation könnte auch das Konzept der Selbstüber-

wachung (Self – monitoring) von dem amerikanischen Psychologen M. Snyder

eine Ursache sein. Selbstüberwachung kurz SÜW bedeutet, dass eine Person

bewusste Strategien anwendet, um sich selbst, seine Aussagen, Handlungen und

sein Ausdrucksverhalten bei dem Interaktionspartner günstig darzustellen. Snyder

unterscheidet dabei einen hohen und einen niedrigen Selbstüberwacher.

Der hohe Selbstüberwacher passt sein soziales Verhalten der Situation oder dem

Interaktionspartner an. Dabei werden ihm verschiedene Hinweisreize gegeben, die

dem Selbstüberwacher eine Richtlinie für sein Verhalten und somit seine Selbst-

darstellung bilden. Die Selbstüberwacher sind dadurch gekennzeichnet, dass sie

sich selbst als flexibel und anpassungsfähig beschreiben.

Der niedrige Selbstüberwacher verhält sich nicht wie der hohe Selbstüberwacher

der Situation entsprechend, sondern ihr Verhalten spiegelt seine eigenen Werte

und Normen wieder. Sie geben sich so, wie sie sind und ignorieren die Situations-

anforderung. Bei diesen Personen richtet sich die Selbstdarstellung nach ihren

eigenen Eigenschaften und sie bevorzugen Situationen, die wenig strukturiert

sind, damit sie nach ihren eigenen Einstellungen handeln können.

20

3.3 Alkoholabhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert im Jahr 1952 Alkoholismus als

offizielle Krankheit. In Deutschland hat das Bundessozialgericht Alkoholismus am

18. Juni 1968 als Krankheit anerkannt.32 Das bedeutet vor allem für die Be-

troffenen, dass sie sich seit der Anerkennung in eine Entziehungskur in Form von

ambulanter oder stationärer Behandlung begeben können und diese von ihren

Krankenkassen und den Rentenversicherungen bezahlt wird.

Hierbei stellt sich die Frage, ob die Krankheit nicht nur im Gesetz, sondern auch in

der Bevölkerung anerkannt ist. Laut den Befragten des Forschungsprojektes lässt

sich diese Frage mit „ja" beantworten. Ein Großteil (94,34 %) stimmten der Aus-

sage, dass Alkoholabhängigkeit eine Krankheit ist, zu. Lediglich 5,66 % der Be-

fragten stimmten nicht zu.33 Anhand dieser Zahlen lässt sich vermuten, dass die

Betroffenen aufgrund der Anerkennung der Krankheit, ihre Abhängigkeit nicht

mehr verheimlichen müssen und sich von der Bevölkerung unterstützt fühlen kön-

nen.

Allerdings kann in dieses Ergebnis auch das Konzept der Selbstüberwachung als

Ursache interpretiert werden. Demnach hat der Großteil der Befragten ein hohes

Selbstüberwachungskonzept. Sie wollen sich bei der Beantwortung des Frage-

bogens gut darstellen, obwohl vielleicht doch vereinzelt ein Vorurteil gegenüber

der Alkoholabhängigkeit besteht. Auf die 5,66 % der Befragten würde demnach

das Konzept der niedrigen Selbstüberwachung zutreffen. Ihr Ziel ist es dabei, sich

nicht der Situation anzupassen, sondern ihre persönliche Meinung in Form ihrer

Antwort darzustellen.

32 Feuerlein, 1989, S. 7 33 siehe Anhang III, Abb. 1

21

3.4 Alkoholismus ist eine Krankheit der „Unterschicht“

Diese Aussage aus dem Fragebogen ist aufgrund verschiedener Antworten der

offenen Umfrage entstanden. Darin beschreiben die Befragten einen Alkoholiker

als arbeitslos, wenig gebildet, ohne Familie, ohne Job und als „typischen Pen-

ner“.34 Des Weiteren geben die Befragten an, dass die Krankheit abhängig von der

sozialen Schicht ist.35

Die von den Befragten genannten Merkmale eines Alkoholabhängigen, sind eine

voreilig getroffene Einstellung, die meist nur darauf beruht, dass sie einen Alko-

holabhängigen, der den gesamten Tag vor der Kaufhalle steht und Alkohol kon-

sumiert, täglich oder häufig gesehen haben. Diese Einstellung über eine Person

führt zu der Einstellung, dass jede Person, die sich wie der beobachtete Alkohol-

konsument vor der Kaufhalle verhält, einer Personengruppe, die als Alkoholiker

bezeichnet wird zuzuordnen ist. Das Verhalten eines Alkoholikers entspricht nicht

dem Bild eines Durchschnittsbürgers von Normalität. Alkoholiker werden der Un-

terschicht zugeordnet. Durch diese Einstellung geht ein Großteil der Bevölkerung

davon aus, dass es nur Alkoholabhängige in der Unterschicht gibt. Im Gegensatz

dazu stehen die Antworten aus dem Fragebogen. Auf die Aussage „Alkoholismus

ist eine Krankheit der Unterschicht“ ist die Mehrheit der Befragten (86,79 %) der

Ansicht, dass Alkoholismus keine Krankheit der Unterschicht ist. Nur 13,21 % der

Befragten stimmen dieser Aussage zu.36

Aus diesem unterschiedlichen Ergebnis der Umfrage und des Fragebogens wird

deutlich, dass die Bevölkerung uneinig im Hinblick auf die soziale Schicht als Ur-

sache für die Krankheit ist. Die Ursachen dafür lassen sich nur vermuten. Im ers-

ten Teil der Befragung (offene Umfrage) häufen sich die Antworten, dass die Be-

troffenen aus der „Unterschicht“ kommen. Die Aussage, ein Alkoholabhängiger sei

ein „typischen Penner“ weist auf eine illusorische Korrelation hin. Die Befragten

der haben wahrscheinlich vermehrt Alkoholabhängige gesehen, die auf der Straße

leben und beispielsweise um Geld betteln. Diesen Eindruck übertragen sie auf die

gesamte Gruppe, die als Alkoholabhängigen bezeichnet wird.

34 siehe Anhang I, B. 2-6, 10, 20-25

35 siehe Anhang I, B. 14-17 36 siehe Anhang III, Abb. 2

22

Im zweiten Teil (Fragebogen), in dem die Befragten direkt auf das Thema Alkohol

und „Unterschicht“ angesprochen werden, verneinen sie die Aussage. Bei diesem

Ergebnis trifft das Konzept der Selbstüberwachung zu. In der offenen Umfrage

konnten sich die Befragten frei äußern und im Fragebogen fühlten sie sich viel-

leicht direkt angesprochen, da sie in der vorherigen Umfrage diese Aussage ge-

äußert haben. Um sich aber der Situation anzupassen, haben die Befragten im

Fragebogen bewusst das Gegenteil ausgesagt um sie bei ihrem Interaktions-

partner (Forschungsgruppe) günstig darzustellen.

Anhand dieser Aussage lassen sich die mesosoziale Ebene und die makrosoziale

Ebene, als Ursachen für eine Alkoholabhängigkeit, näher erläutern.

Die mesosoziale Ebene beinhaltet die schulische und berufliche Situation des Be-

troffenen. Kinder und Jugendliche verbringen die meiste Zeit in der Schule, die zur

Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und die Bildung von Normen und Werten

dient. Wie kann aber die Schule eine Ursache für Alkoholabhängigkeit sein? In der

Schule steigen die Anforderungen an die Schüler immer mehr. Je höher der Bil-

dungsabschluss, desto besser sind die Berufschancen. Dadurch steigt der Leis-

tungsdruck, unter dem die Schüler leiden. Sie haben Angst in der Schule zu ver-

sagen und somit nicht den Anforderungen von Schule, Eltern und Gesellschaft

gerecht zu werden, um auf dem späteren Arbeitsmarkt zu bestehen. Alkohol als

Droge, ist ein Mittel unter Jugendlichen sich dem Leistungsdruck und den daraus

resultierenden Problemen, zu entziehen. Der Konsum hat bei jedem eine andere

Wirkung. Er dient dazu, die Angstzustände vor Problemen zu verdrängen oder

eben dazu, ihre Leistung zu steigern.

Die berufliche Situation ist von zwei wesentlichen Merkmalen gekennzeichnet:

Alkohol als Entspannung und Alkohol zum Unterdrücken von Belastungs-

situationen. Nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch der Konsum danach

kann eine Ursache für eine Abhängigkeit sein. Nach der Arbeit beginnt die Zeit der

Erholung, bei der Alkohol zur Entspannung dient und somit einen hohen Stellen-

wert hat. Ebenfalls wie in der Schule sind Betroffene in ihrem Arbeitsverhältnis

hohen Belastungen ausgesetzt. Zu diesen zählen unter anderem: überdurch-

schnittliche Anforderungen, die die Belastungsgrenze des Betroffenen über-

steigen, hoher Erwartungsdruck/Erwartungshaltung, die Angst den Forderungen

eines Vorgesetzten nicht zu entsprechen.

23

Weiterhin hat der Betroffene Angst den Arbeitsplatz zu verlieren, Angst zu ver-

sagen, die langen überdurchschnittlichen Arbeitszeiten und Sorge Beruf und

Familie nicht zu kompensieren. Um diesen Belastungen für einen kurzen Moment

zu entfliehen, greifen Betroffene zum Alkohol und sehen in ihm eine Lösung.

Die makrosoziale Ebene als Ursachen beinhaltet die Einbindung des Betroffenen

in ein soziales Netz, ein Arbeitsverhältnis und in eine Wohnbedingung.37 Sind eine

oder mehrere Bedingungen für den Betroffenen nicht gegeben, kann es dazu füh-

ren, dass er seinen Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren kann, es zu Konflikten

in der Beziehung kommt, Wohnungsverlust, soziale Kontakte abbrechen und er

mit seinem Leben unzufrieden ist. Zu beachten ist dabei, dass nicht wie in der

Hauptaussage die soziale Schicht als eine Ursache Auslöser für eine Abhängigkeit

ist, sondern das meist mehrere Ursachen zusammen den Auslöser bilden.

Dieser Meinung sind auch Feuerlein, Küfner und Soyka. Sie beschreiben in ihrem

Buch „Alkoholismus, Missbrauch und Abhängigkeit. Entstehung, Folgen, Thera-

pie“, dass Alkoholabhängigkeit keine Krankheit der „Unterschicht“ ist, sondern in

allen sozialen Bevölkerungsschichten auftritt. Nicht die Schicht allein, sondern ver-

schiedene andere Faktoren sind Ursachen. Alkoholabhängigkeit bei Männern

kommt sowohl in der Unterschicht sowie auch in der Oberschicht vor und hat ver-

schiedene Gründe wie zum Beispiel Eintönigkeit im sozialen und beruflichen Le-

ben. Die Abhängigkeit bei Frauen liegt in den unteren Schichten bei ca. 9 % und in

den höheren Schichten bei 30 %. Gründe sind unter anderem der Tod eines Part-

ners, Scheidung oder der Auszug der Kinder aus dem elterlichen Zuhause.38 Ju-

gendliche, die in eine Abhängigkeit geraten, kommen ebenfalls aus allen Schich-

ten der Bevölkerung. Sie geben an, dass es ihnen an Zuneigung der Eltern fehlt

und sie im Alkohol eine Lösung sehen, oder durch den Konsum die belastende

Situation ausblenden können.

37 Schmidt, Alte – Teigeler, Hurrelmann, 1999, S. 65

38 Feuerlein/Küfner/Soyka, 1998, S. 89

24

3.5 Alkoholiker haben weder Frau noch Kinder

In der offenen Umfrage wurde mehrfach geantwortet, dass ein „typischer Alkoholi-

ker“ aufgrund seiner Abhängigkeit seinen Job und seine Familie verloren hat. Wei-

terhin sind die Befragten der Meinung, dass der Betroffene seine sozialen Kontak-

te vernachlässigt, da sein Lebensmittelpunkt der Alkohol, seine Beschaffung und

dessen Konsum ist.39

"Alkoholiker haben weder Frau noch Kinder" bildet die dritte Aussage in dem Fra-

gebogen. Die Mehrheit der Befragten (18,87 % „stimme eher nicht zu“, 81,13 %

„stimme überhaupt nicht zu“) lehnten die Aussage ab und sind der Meinung, dass

Alkoholiker eine Familie haben.40

Im Vergleich der offenen Umfrage und des Fragebogens wird deutlich, dass das

Ergebnis erneut gegensätzliche Antworten enthält. Hier lässt sich vermuten, dass

entweder das Konzept der Selbstüberwachung die Ursache bildet, oder dass es

für die Bevölkerung keinen typischen Alkoholiker gibt, da ihnen bewusst ist, dass

eine Abhängigkeit jeden treffen kann.

Für die Betroffenen kann ein ansteigender Alkoholkonsum gravierende soziale

Folgen wie Arbeitsplatzverlust, sozialer Abstieg, Krisen in der Beziehung bis zu

Scheidung, haben.

Abschließend ist zu sagen, dass diese Hauptaussage auf die sozialen Folgen

(Familie, Kinder, Freunde) einer Alkoholabhängigkeit zutrifft. Es gibt den Ab-

hängigen, der seine Abhängigkeit nicht las Krankheit wahrnimmt und es verheim-

liche. Auch wenn seinem sozialen Umfeld bewusst wird, dass der Betroffene ab-

hängig ist, decken sie ihn anfangs häufig, da auch sie sich nicht eingestehen, dass

„einer von ihnen“ alkoholabhängig ist. Durch Verdrängung des Problems und viel-

leicht auch durch Arbeitsplatzverlust des Betroffenen, kommt es in vielen Familien

zu gravierenden Problemen und Konflikten. Die finanzielle Situation der Familie ist

nicht mehr gesichert, der soziale Abstieg vorprogrammiert. Durch emotionale Ab-

wendung des Alkoholabhängigen gegenüber dem Partner und der Kinder kommt

es im schlimmsten Fall zur Trennung oder Scheidung. Im Gegensatz dazu steht

der Alkoholabhängige, der seine Krankheit anerkennt und von seiner Familie

unterstützt wird und eine Therapie beginnt. 39 siehe Anhang I, B. 2, 14-16, 21-26 40 sieh Anhang III, Abb. 3

25

3.6 Alkoholabhängige Menschen sind ungepflegt, dauerhaft

betrunken und aufdringlich

Die offene Umfrage des Projektes ergab, dass es für die Bevölkerung zwei unter-

schiedliche Typen von Alkoholikern gibt. Zum einen Betroffene, die es offen zei-

gen und zum anderen die, die es vor sich selbst und ihrem sozialen Umfeld ver-

heimlichen. Die Mehrheit beschreibt die Betroffenen, die ihre Krankheit nicht ver-

heimlichen, als unangenehm riechend, sie hätten dauerhaft eine Fahne, haben

fettige Haare, eine rote Nase, porige Haut und sehen „verlottert“ (ungepflegtes

Äußeres) aus.41

Der Grund für die Formulierung dieser Aussage im Fragebogen war neben den

getroffenen Antworten der Umfrage auch die Definition von Abhängigkeit im ICD-

10 in dem beschrieben ist, dass eine Person die abhängig ist, ihr soziales Leben

und Interessen vernachlässigt. Für den Betroffenen bilden die Beschaffung der

Substanz Alkohol und die Konsumierung von Alkohol seinen Lebensmittelpunkt.

Der Alkohol bestimmt sein ganzes Leben und somit kann es sein, das er sein Äu-

ßeres vernachlässigt und sein Sozialverhalten nicht den gesellschaftlichen Nor-

men entspricht. . Diese Aussage geht, ebenfalls wie die in Abschnitt 3.5 genannte

Aussage, auf die Folgen einer Alkoholabhängigkeit ein. Wichtig ist dabei, dass die

Abhängigkeit verschiedene Folgen hat und nicht bei jedem Abhängigen zutreffen

das heißt, sie können nicht verallgemeinert werden.

Im Fragebogen sind 86,79 % der Befragten der Auffassung, dass die Aussage

nicht zutrifft. Ausschließlich 14,21 % sind der Meinung, dass diese Aussage der

Wahrheit entspricht.42 Anhand des Ergebnisses der offenen Umfrage lässt sich

auch hier die illusorische Korrelation vermuten. Die Befragten schließen von einer

alkoholabhängigen Person, von der sie sich einen Eindruck verschafft haben, auf

alle alkoholabhängigen Betroffenen. Im Gegensatz dazu steht der Fragebogen.

Hier wird die Hauptaussage, die aus den Mehrfachantworten der offenen Umfrage

gebildet wurde, von der Mehrheit der Befragten verneint. Diese Mehrheit versucht

durch ihre Antworten das Bild, welches die Forschungsgruppe nach der Aus-

wertung von ihnen hat, durch gezielte und der Situation entsprechende Antworten

zu beeinflussen. 41 siehe Anhang I, B. 3-23 42 siehe Anhang III, Abb. 4

26

3.7 Alkoholabhängige Menschen haben kein Lebensziel mehr

Ein dauerhafter und nicht mehr kontrollierbarer Konsum von Alkohol kann für den

Betroffenen folgenschwere körperliche, soziale und psychische Folgen haben.43

Im Zusammenhang mit der Aussage „Alkoholabhängige Menschen haben kein

Lebensziel mehr" wird in diesem Abschnitt erneut die sozialen Folgen und psychi-

schen Folgen erläutert.

Ein „typischer Alkoholiker“ ist laut der offenen Umfrage jemand, der viel schläft,

keine Interessen und wenig soziale Kontakte hat. Sein Leben richtet sich nur nach

dem Alkohol. Dies zeigt sich dadurch, dass er für Alkohol, alles was er noch be-

sitzt geben würde und sein Äußeres nebensächlich wird und es somit ver-

nachlässigt. Weiterhin wird ein Abhängiger, als mit allem unzufrieden, unglücklich

und von der Gesellschaft isoliert beschrieben.44 Aufgrund dieser Beschreibung

eines Alkoholabhängigen stellt sich nun die Frage, ob alkoholabhängige

Menschen kein Lebensziel mehr haben. Darauf antworteten 37,26 % der Be-

fragten mit "ja" und 62,74 % lehnen diese Aussage ab.45

Anhand der Aussagen der offenen Umfrage wird deutlich, welche Vorurteile es

gegenüber dem Krankheitsbild „Alkoholabhängig“ gibt. Ein Alkoholiker wird mit

diesen Merkmalen und dem Verhalten gesehen und sofort übertragen die Be-

fragten diesen Eindruck auf alle Alkoholabhängigen (illusorische Korrelation). Aus

diesem Ergebnis wurde eine Aussage für den Fragebogen gebildet, gegen die die

Befragten Einwände haben. Für dieses Ergebnis kann es verschiedene Ursachen

geben. Eine Ursache wäre, dass die Forschungsgruppe aus den mehrfach ge-

troffenen Antworten ein vom Sinn her falsche Hauptaussage gebildet hat und

somit der Sinn der Antworten nicht mit dem der Hauptaussage übereinstimmen.

Eine weitere Ursache, die aber nur vermutet wird, kann auch in diesem Fall das

Konzept der Selbstüberwachung sein.46 Um die genaue Ursache herauszufinden,

müsste das Forschungsteam die Befragten erneut kontaktieren und sie mit diesem

Ergebnis konfrontieren.

43 siehe Kapitel 1, 1.2

44 siehe Anhang I, B. B. 3-6, 10-15, 19-26 45 siehe Anhang III, Abb. 5

46 siehe Kapitel 3, 3.2.2

27

Um zurück auf die Folgen einer Alkoholabhängigkeit zu kommen, werden im nach-

folgenden Abschnitt die sozialen Folgen hinsichtlich der beruflichen Situation und

die psychischen Folgen erläutert.

Bei einem seit längerer Zeit konsumierenden Alkoholabhängigen bildet der Alkohol

den Mittelpunkt seines Lebens. Durch den vermehrten Konsum wird die Leistung

stark beeinflusst. Neben der verminderten Leistung durch die Alkoholfolge-

erkrankungen kommt es zur Gefährdung der beruflichen Situation.47 Immer mehr

Fehlzeiten am Arbeitsplatz und letztendlich der Arbeitsplatzverlust sind die Folge.

Dies führt zu einem sozialen Abstieg, welcher Auswirkungen auf den Betroffenen

und auf sein soziales Umfeld haben kann. Durch die entstandene fehlende Zu-

kunftsperspektive und dem sozialen Abstieg kommt es häufig zu Konflikten inner-

halb der Familie.

Der chronische Alkoholkonsum über Monate oder Jahre schadet neben dem Kör-

per und dem sozialen Umfeld auch der Psyche des Abhängigen. Durch den Kon-

sum kommt es, wie in der Tabelle aus Abschnitt 1.3 aufgelistet, zu Entzugs-

erscheinungen, Alkoholentzugsdelir und Störungen des zentralen Nervensystems.

Der Betroffene leidet unter Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen,

Antriebslosigkeit, Angstzuständen und Depressionen. Im fortgeschrittenen Stadi-

um kommt es verhäuft zu Verfolgungswahn und Desorientierung, welches die

Kennzeichen des Wernicke - Korsakow - Syndroms sind.48 Bei dieser Krankheit

kommt es zu Funktionsstörungen von Hirnstrukturen, welche absterben und als

Folge einen dauerhaften Verlust vom Gedächtnis und der Orientierung haben.

Kann der Betroffene sich diese Symptome nicht erklären und ist ihm nicht be-

wusst, dass er abhängig ist, führen die psychischen Folgen dazu, dass er sich für

die Symptome schämt und sich isoliert. Eine Folge davon kann sein, dass der Be-

troffene im Selbstmord den einzigen Ausweg sieht.

47 siehe Kapitel 3, 3.5

48 Mann/Rommelspacher,1999, S. 198

28

3.8 Die Ursachen für Suchterkrankung liegen in der Kindheit

Die Befragten der offenen Umfrage nannten als Ursachen für eine Alkoholab-

hängigkeit: Familie, Job, Einsamkeit oder soziale Herkunft.49 Im Forschungsprojekt

spezialisierte sich die Aussage „Die Ursachen für Suchterkrankung liegen in der

Kindheit" näher auf die sozialen Beziehungen des Abhängigen. Daraufhin antwor-

teten 83,02 %, dass die Ursachen für eine Suchterkrankung nicht in der Kindheit

liegen. Dagegen stimmten 16,98 % der Aussage zu.50 Durch dieses Ergebnis wird

deutlich, dass es für die Bevölkerung verschiedene Ursachen für eine Alkoholab-

hängigkeit gibt und nicht eine Ursache allein ausschlaggebend für die Entwicklung

dieser Krankheit ist. Zu den sozialen Beziehungen als Ursache für eine Abhängig-

keitserkrankung gehören der Einfluss der Familie und der sogenannten Peer –

Group.

Der Kreuzbund, eine Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und An-

gehörige, gibt an, dass 2 bis 3 Millionen Kinder in suchtbelasteten Familien leben

und 50 – 70 % von ihnen selbst abhängig werden.51 Hierbei ist noch nicht geklärt,

zu wie viel Prozent die Vererbung und die Lernerfahrung (das Erlernen des Alko-

holmissbrauchs durch Vorleben der Eltern) Auswirkungen auf den Alkoholmiss-

brauch der Kinder ausmachen. Aber nicht auf alle Jugendlichen treffen diese Stu-

dien zu. Zahlreiche andere Faktoren, wie zum Beispiel die Erziehung, haben Aus-

wirkungen auf den späteren Alkoholmissbrauch der Kinder. Kinder und Jugend-

liche, deren Eltern nicht in der Lage sind, mit ihnen adäquat umzugehen und sie

zu erziehen, weisen ein erhöhtes Risiko für eine Abhängigkeit auf. Nach empi-

rischen Untersuchungen hat sich ergeben, dass durch vier Merkmale der Er-

ziehung, das Kind in eine Abhängigkeit geraten kann. Diese Merkmale sind

Gleichgültigkeit, Verständnislosigkeit, Überbesorgtheit der Mutter und In-

konsequenz im Verhalten der Eltern.52

49 siehe Anhang I 50 siehe Anhang III, Abb. 6

51 URL 3

52 Shedler und Block, 1990. zit. n. Böhmer, Bühringer, Janik – Konecny, 1993, S. 25

29

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Peer – Group, eine Gruppe von Jugendlichen

gleichen Alters und meist ähnlicher sozialer Herkunft. In der Entwicklungspsycho-

logie wird davon ausgegangen, dass sich Kinder zwischen 12 und 16 Jahren stär-

ker zu Menschen ihres Alters zugehörig fühlen und sich somit an ihnen statt an

ihren Eltern orientieren. Das bedeutet für den Alkoholmissbrauch, dass Jugend-

liche deren Freundeskreis Drogen in Form von Alkohol konsumieren ein erhöhtes

Risiko aufweisen, selbst Drogen zu nehmen.53 Um zur Gruppe zu gehören, ver-

suchen die Jugendlichen ihr Verhalten den Normen und Werten der Gruppe anzu-

passen. Gelingt ihnen dies nicht, kann es auch dazu kommen, dass der Faktor

Gruppe für sie zu einer Belastung wird und der Alkohol als Lösung der Probleme

angesehen wird.

53 Feuerlein, Küfner, /Soyka, 1998, S. 80

30

3.9 "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Das gilt auch bei

Alkoholikern.

Ebenso wie die Hauptaussage aus dem Punkt 3.8 ist die Meinung der Befragten

„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, das gilt auch bei Alkoholikern“. Die Ursache

für diese Aussage ist häufig im Bereich der Familie zu finden.54 Die Befragten führ-

ten dies auf Kindheitserinnerungen und Erfahren in der Kindheit zurück.

In der Zeit des Alkoholkonsums der Eltern wurde Einsamkeit und fehlende Für-

sorge durch die Eltern erlebt. Der Alkoholkonsum der Eltern führte häufig dazu,

dass die Kinder und Jugendlichen mit ihren Problemen und Sorgen im schulischen

sowie privaten Bereich sich selbst überlassen fühlten. In ihrer Hilflosigkeit diente

der Alkohol, als Mittel aus dieser Problematik zu finden.

Alkohol dient als Rauschmittel, Trauer, Schmerz, nicht lösbare Probleme und Ein-

samkeit zu vergessen. In den Fragebögen stimmen 67,93 % der Aussage „Der

Apfel fällt nicht weit vom Stamm, das gilt auch bei Alkoholiker“ nicht zu und 32,07

% stimmen zu.55 Anhand dieses Ergebnisses wird deutlich, dass die Bevölkerung

der Meinung ist, dass wenn beispielsweise die Eltern alkoholabhängige waren,

nicht zwangsweise die Kinder ebenfalls abhängig werden. Zu diesem Problem gab

es zahlreiche Studien, in denen aber kein Merkmal zur Vererbung der Krankheit

festgestellt wurde.56 Familien mit Problemen, wie Missbrauch von Alkohol oder

sonstigen Drogen durch die Eltern, familiäre Spannungen zwischen Eltern und

Kindern beispielsweise im schulischen Bereich (es werden durch Eltern und

Schule zu hohe Anforderungen an die Kinder gestellt), das Gefühl der Ausweg-

losigkeit, Erfahrungen von körperlichem und sexuellem Missbrauch sind Faktoren,

die den Missbrauch von Alkohol als Rauschmittel zum Vergessen der an-

stehenden Probleme begünstigen. Ohne Hilfe, ein Weg zur Abhängigkeit in den

Konsum von Alkohol für Kinder.

54 siehe Anhang I 55 siehe Anhang III, Abb. 7

56 siehe Kapitel 3, 3.11

31

Im Gegensatz dazu verhindern Familien, in denen die Eltern von Geburt an führ-

sorglich mit den Kindern umgehen, nicht nur Forderungen an diese stellen, son-

dern sich gemeinsam mit anstehenden Problemen der Kinder außerhalb und in-

nerhalb der Familie auseinandersetzen, den Absturz in die Sucht. Dazu gehören

weitere Merkmale wie, dass die Kinder als gleichberechtigte Partner in einer

Familie anerkannt und in der Schule und Freizeit unterstützt werden.

Die Aufklärung über den Konsum von Alkohol als Droge innerhalb der Familie und

Schule spielt hierbei eine besonders große Rolle und ist ein Mittel zur Vorbeugung

des Missbrauchs von Alkohol durch Kinder.

3.10 Wer täglich sein Feierabendbier trinkt, ist Alkoholiker

In vielen Kulturen ist der Konsum von Alkohol gesellschaftlich anerkannt. In ge-

wissen Situationen, wie beispielsweise bei Feiern oder Festen, ist Alkohol fest in-

tegriert und wird sogar von den Anwesenden erwartet. Gerade bei Männern ist

häufig das tägliche Treffen und Trinken eines sogenannten „Feierabendbiers“ ver-

breitet. Durch diese Art von Konsum gewöhnt sich der Körper schnell an die Wir-

kung des Alkohols und es kann unbewusst aus dem „Feierabendbier“ eine Alko-

holabhängigkeit werden. Hierbei ist die Definition des ICD - 10 zu beachten. Ist der

Betroffene in der Lage, den Beginn und die Beendigung seines Konsums zu kon-

trollieren und kann er auf den Konsum zu verzichten, liegt keine Alkoholabhängig-

keit vor.

Für die Bevölkerung ist ein Alkoholabhängiger der, der dauerhaft betrunken ist und

sein Leben nach dem Alkohol richtet.57 Diese Aussagen sind identisch mit der De-

finition eines Abhängigen aus dem ICD und mit den Antworten des Fragebogens.

Dabei gaben 62,27 % an, dass sie in einem täglichen „Feierabendbier" keine Ge-

fahr für eine Alkoholabhängigkeit sehen. Im Gegensatz dazu sind 37,73 % der

Ansicht, dass der tägliche Konsum Auswirkungen hat.58

57 siehe Anhang I, B. 1-4, 8-10, 19-26 58 siehe Anhang III, Abb. 8

32

Diese Problematik bildet eine Ausnahme in der Auswertung des Projekts. Sie ist

die einzige Hauptaussage, bei der die Antworten der offenen Umfrage und die des

Fragebogens identisch sind. Es wird deutlich, dass Alkohol und das tägliche „Fei-

erabendbier“ bei den Befragten gesellschaftlich anerkannt ist. In der offenen Um-

frage wird jedoch deutlich, dass die Befragten wissen, dass, wenn die Grenze

überschritten ist, eine Alkoholabhängigkeit vorliegen kann. Die Grenze wird dabei

wie im ICD – 10 definiert. Solange der Konsument den Alkohol nicht jeden Tag

braucht und er alkoholfreie Tage berücksichtigt, liegt keine Gefahr für eine Ab-

hängigkeit vor.

33

3.11 Ist Alkoholismus vererbbar?

Während der Untersuchungen und Recherchen für das Forschungsprojekt wurde

festgestellt, dass Betroffene einer Abhängigkeit meist aus Familien kommen, in

der bereits Alkoholabhängigkeit vorliegt. Aus diesem Grund wurde die Frage, ob

Alkoholismus vererbbar ist, in den Fragebogen aufgenommen. Die Mehrheit der

Befragten gehen nicht von einer Vererbbarkeit aus (71,43 %). 18,87% be-

antworteten die Frage mit „ja" und 11,32% machten keine Angaben.59

Das Ergebnis zeigt, dass die Befragten diese Frage nicht eindeutig beantworten

konnten. Dabei sind die Befragten keine Einzelfälle. Es gab zahlreiche Unter-

suchungen zum Thema „Vererbung von Alkoholabhängigkeit“, doch ein ein-

deutiges Merkmal für die Vererbung konnte nicht festgestellt werden. Laut

Adoptionsstudien besteht bei zur Adoption gegebenen Kindern, deren Eltern

regelmäßig Alkohol konsumierten, ein 3 bis 4 Mal höheres Risiko für die Ent-

stehung einer Abhängigkeit. Übermäßiger Alkohol in der Schwangerschaft kann

dazu führen, dass das Neugeborene bereits als Alkoholiker zur Welt kommt. Bei

Frauen liegt eine Vererbung des Alkoholismus von 50% und bei Männern von

sogar 64% vor.60 Hierbei ist zu ergänzen, dass nicht nur das genetische Material,

sondern auch Umwelteinflüsse berücksichtigt werden müssen.

Man spricht von einer "doppelten Vererbung". Das heißt, dass neben der Ver-

erbung auch die Lernerfahrung der Kinder eine entscheidende Rolle spielt.

59 siehe Anhang III, Abb. 9

60 Krampe, Ehrenreich, S. 450

34

4 Zusammenfassung

Im Rahmen dieser Arbeit galt es herauszufinden, ob es Vorurteile in der Be-

völkerung gegenüber der Krankheit Alkoholabhängigkeit gibt. Das zu Beginn der

Arbeit theoretisch erläuterte Krankheitsbild, seine Ursachen und Folgen bildeten

die Grundlagen für den praktischen Teil in Form des Forschungsprojektes „Vor-

urteile der Bevölkerung gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers“.

Es wurde gezeigt, wie vielfältig die Ursachen und Folgen der Krankheit Alkoholab-

hängigkeit sind und wie weit die Krankheit in Deutschland verbreitet ist.

Die Ausgangsfrage, ob es Vorurteile in der Bevölkerung gegenüber Alkoholab-

hängigen gibt, kann eindeutig beantwortet werden. Bei der Auswertung der offe-

nen Umfrage wurde deutlich, dass es die verschiedensten Vorurteile der Be-

völkerung gegenüber der Krankheit Alkoholabhängigkeit gibt. Im Gegensatz dazu

zeigen die Ergebnisse des Fragebogens keine Vorurteile der Bevölkerung auf,

sondern, dass die Befragten nicht genug über die Krankheit informiert sind, jedoch

Verständnis gegenüber den Betroffenen zeigen.

Während der Auswertung wurden einige mögliche Fehlerquellen und Probleme

sichtbar. Die Mehrheit der Ergebnisse aus der offenen Umfrage und die des Fra-

gebogens waren nicht identisch. Ursachen hierfür sind, dass an der offenen Um-

frage nur 26 Personen teilgenommen haben und die Umfrage nicht repräsentativ

dafür ist, aus ihr einen Fragebogen zu entwickeln. Durch diese geringe Beteiligung

entstanden wenige Aussagen über das typische Bild eines Alkoholikers. An den

Fragebögen beteiligten sich 53 Personen. Eine weitere Fehlerquelle ist, dass die

vorgegebenen Antwortmöglichkeiten des Fragebogens nicht komplex genug

waren, um sich bei der Beantwortung umfangreich über die Einstellung des Be-

fragten gegenüber dem Krankheitsbild äußern zu können. Des Weiteren haben

einige Befragte abweichende Antworten gegeben, indem sie zusätzliche Kästchen

mit „keine Angabe“ zeichneten. Zur Wahl standen laut Fragebogen: „stimme voll

und ganz zu“, „stimme zu“, „stimme nicht zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“. Die

Fragebögen, bei denen die Befragten hinzufügten „keine Angabe“, wurden aus

Gründen der Ergebnisverfälschung nicht berücksichtigt.

35

Es ist folglich nahe liegend, dass bei zukünftigen Umfragen im Bereich Vorurteile,

die Umfragen oder Fragebögen genauere Instruktionen enthalten. Den Befragten

und der Forschungsgruppe wird damit der Umgang erleichtert.

Es wurde festgestellt, dass es sinnvoll ist, dass sich die Forschungsgruppe an die

Beantwortung der Fragebögen durch die Forschungsteilnehmer beteiligt. Eventuell

entstehende Fragen derselben, könnten gleich beantwortet werden. Dies setzt

jedoch voraus, dass eine persönliche Befragung auch erwünscht ist. Es wurde

festgestellt, dass hauptsächlich der Wunsch zur Anonymität bestand und nur so

eine Beantwortung der Befragung zur Problematik Alkoholabhängigkeit erfolgte.

Ergebnis der Forschungsarbeit ist, dass das Thema Alkoholabhängigkeit noch

einen erhöhten Bedarf an Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung benötigt. Die For-

schungen zeigen, dass nicht allen Befragten bewusst ist, wie, ab wann und vor

allem warum eine Abhängigkeit vorliegt und das es sich bei einer Alkoholab-

hängigkeit auch um eine Krankheit handelt. Festgestellt wurde, dass das soziale

Umfeld, ausschlaggebend für die Entwicklung und Verhalten eines Menschen ist.

Die Befragung hat ergeben, dass es besonders wichtig ist, dass Eltern gemeinsam

mit ihren Kindern in die Aufklärungsarbeit zu dem Thema Alkohol mit einbezogen

werden. Alkoholiker gehen aus allen Schichten der Gesellschaft hervor. Um he-

rauszufinden, ob es einen Zusammenhang zwischen Alkoholabhängigkeit und

Vererbung gibt, ist eine weitere Erforschung notwendig. Wie in Punkt 3.11 er-

wähnt, gibt es dazu wenige Forschungen.

Die mit einem Fragebogen erhobenen Antworten stammen ausschließlich aus Be-

fragungen von Einwohnern des Stadtgebiets Neubrandenburg. Bundesweite For-

schungen und Befragungen wären angebracht, um hier Vergleiche vor allem zum

Thema Vorurteile in der Bevölkerung herstellen zu können.

Problematisch gestaltete sich der Versuch, einen persönlichen Kontakt mit Be-

troffenen Alkoholabhängigen herstellen zu wollen. Der Forschungsgruppe war es

nicht möglich, Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe herzustellen. Über Sozialarbeiter

von Selbsthilfegruppen von Alkoholikern konnte kein Kontakt zu Alkoholab-

hängigen aufgenommen werden. Hier ist ein Vertrauensverhältnis zu den Be-

troffenen ausschlaggebend, was nicht aufgebaut werden konnte. Vertrauen ist die

Basis der Zusammenarbeit, woraus folgte, das Mitgliedern der Forschungsgruppe

ablehnende Haltung durch Alkoholabhängige entgegengebracht wurde.

36

Es ist noch nicht ausreichend erforscht, inwieweit die illusorische Korrelation und

das Konzept der Selbstüberwachung Einfluss auf die Beantwortung einer Umfrage

oder eines Fragebogens haben. Um diesen Einfluss zu messen, sollte auf eine

Befragung mittels Fragebögen verzichtet werden, da ein persönliches Gespräch

wesentlich aufschlussreicher ist. Nur durch eine persönliche Befragung ist es mög-

lich, Antworten durch den Interviewführer zu hinterfragen. Die Befragten wünsch-

ten Anonymität, worauf die Fragebögen entstanden.

Schlussfolgernd ist hier festzustellen, dass das Forschungsprojekt „Vorurteile in

der Gesellschaft gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers" nur durch die

offene Umfrage und dem Fragebogen erarbeitet werden konnte.

37

Literaturhinweis

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40

Anhang I - Antworten der offenen Umfrage

Die offene Umfrage lautet: "Wie würden Sie einen für Sie typischen Alkoholiker

beschreiben?". Die hier angebenden Antworten wurden identisch abgeschrieben.

Die in den Fragebögen enthaltenen Rechtschreib- und Grammatikfehler wurden

von mir nicht hinzugefügt. Sie sind direkt den Fragebögen entnommen.

1. Befragter:

� Also da ich an der Kasse arbeite, kann ich sagen, dass diese Menschen

häufig unangenehm riechen, ungepflegt sind (sprich fettige Haare, Hände

sehr ungepflegt) und sind sehr selten nicht betrunken. Sprich, sprechen

Leute einfach an und sind meistens auch sehr aufdringlich. Und sie brau-

chen sehr oft Nachschub, sprich oft Bier und Kräuter.

2. Befragter:

� Ich würde sagen, es gibt offensichtliche Alkoholiker, denen man es quasi

ansieht, der quasi schon früh am Kiosk wach wird, unangenehm riecht, evtl.

arbeitslos und weniger gebildet ist. Viel typischer finde ich aber die, von de-

nen man es nicht denkt, denen es man also überhaupt nicht ansieht, die

sogar Kinder haben und einen gut bezahlten Job und halt ziemlich gut "ver-

tuschen" solange das möglich ist!

3. Befragter:

� Ich gehe erst einmal von einem Alkoholiker aus, der schon länger (mehr als

2 Jahre) trinkt und keiner Arbeit mehr nachgeht. Aussehen: rote Nase, pori-

ge u. fleckige Haut, dünne Haare. Sprache: verlangsamt, inhaltlich ober-

flächlich und belanglos, leiernde raue o. ganz helle Stimme. Lebensstil: viel

schlafen, wenig essen, dafür viel Bier trinken, keine oder wenig soziale

Kontakte, keine Interessen, dagegen gibt es aber auch Alkoholiker, die

noch recht "frisch" in der Szene sind: Aussehen: unauffällig. Sprache: häu-

fig negativ, lustlos, wenig fantasievoll oder genau entgegengesetzt (auf-

brausend, überschwänglich, womöglich aggressiv, unnatürlich gut drauf).

Lebensstil: womöglich als Ursache Familie o. Job verloren. Einsamkeit,

41

trinken, um Trauer und Schmerz zu unterdrücken, bzw. manche haben es

so vorgelebt bekommen, wollen Geselligkeit erleben (denn Alkohol steht oft

im Zusammenhang mit Geselligkeit), langsamer Übergang zum Bild eines

Menschen, wie ich ihn oben beschrieben habe.

4. Befragter:

� Meiner Meinung nach unterschieden sich Alkoholiker von der Kleidung her

nicht von anderen. Das einzige, was anders ist, ist der Lebensstil. Alkoh.

planen ja schon im voraus, wo sie ihren "stoff" her bekommen. Sie haben

immer was zu Hause. Da wird nicht noch mal zum nächsten Supermarkt

gerannt und ma schnell eine Flasche geholt. Ihr ganzes leben richtet sich

danach, wie, wann und wo man am schnellsten an den Alkohol heran

kommt. Also wird geplant. Um aus der Sucht wieder herauszukommen

würden Ihnen dann nur ein Entzug helfen oder vielleicht eine Selbsthilfe-

gruppe.

5. Befragter:

� Aussehen ist normal, rennen rum wie jeder andere. Das einzige woran man

es sieht, wär aber auch nur aus der nähe zu sehen, die Hände, ab einem

gewissen Punkt bekommen die einen tattrig, evtl hin und wieder eine Fah-

ne, die versuchen ja selbst nicht aufzufallen, die wissen ja was los ist auf

Arbeit, Sprache ist auch normal (nur die Fahne halt hin und wieder),

manchmal ist die Sprache auch komisch, wenn die zu viel haben, Lebens-

stil, kein plan, die versuchen wahrscheinlich mit ihrem Problem, was sie

selber nicht wirklich als solches oder Krankheit bemerken oder anerkennen,

so gut wie möglich durchs Leben zu komm

6. Befragter:

� Das typische Aussehen was man sich denkt ist eigentlich verlottert, fettige

Haare, unangenehmer Körpergeruch, sprachen: der eigenen Sprache nicht

mehr mächtig, Lebensstil ist schlicht, haben nur das nötigste, unordentlich,

typischer Penner eben, aber ich glaube in der Realität kann es jeder von

uns sein...ohne das man es ihm wirklich ansieht bzw. anmerkt, nur die

engste Bekanntschaft könnte es frühzeitig mitbekommen und erst wenn es

zu spät ist der Rest der Welt.

42

7. Befragter:

� also ich finde es gibt bei Alkoholikern 2 Gruppen. Einmal denen man es

gleich ansieht und einmal denen den man es überhaupt nicht ansieht. Zur 1

Gruppe: dreckige runter gekommene Klamotten, ungepflegtes Äußeres

(Bart, fettige Haare, Körpergeruch), sprechen nicht sehr viel, weil sie sich

von der Außenwelt isoliert haben und falls sie mal doch sprechen kurze,

abgehackte Sätze und verwaschen, der Lebensstil ist eher LMAA Ein-

stellung, kaum soziale Kontakte, auch nicht zur Familie (nur mit gleich-

gesinnten). Zur 2. Gruppe: äußerlich ganz normale Klamotten (nichts

außergewöhnliches), beim Anfang des Alkoholismus noch Kontakt mit An-

gehörigen, Verwandten, Bekannten etc. und dann führt es zur Isolation wie

bei der 1 Gruppe, es werden nach und nach die Interessen und der Beruf

vernachlässigt, führt dann alles irgendwie zur 1. Gruppe

8. Befragter:

� ich sehe mehrere arten von Alkoholikern. die die ihr leben trotzdem eini-

germaßen im Griff haben und die die es nicht mehr schaffen. Gruppe 1 ist

sehr unauffällig und sich der Erkrankung bewusst, stets darum bemüht,

nicht aufzufallen. wirkt gelegentlich etwas ungepflegt und verkatert, ver-

nachlässigt Freunde Hobbys etc. Gruppe 2: siehe Bahnhofsvorplatz

9. Befragter:

� Nummer 1: Normale unauffälliger Mensch, arbeitet, geht seinen normalen

Alltag nach, trinkt jeden Tag steht aber auch jeden Morgen auf und geht

auch wieder zur Arbeit. Meist ist es niemanden wirklich bekannt, das der-

jenige trinkt. Nummer 2: Ungepflegter Mensch, achtet nicht auf sein Aus-

sehen, eigentlich ist ihm alles egal, er lebt nur noch für/mit und vom

Alkohol, zusammen mit Leuten die das Leben genauso verbringen.

10. Befragter:

� Ein typischer Alkoholiker ist für mich einer der es jeden tag braucht, selbst

wenn er früh aufsteht, bzw besoffen auf Arbeit geht und dadurch seinen Job

verliert, dann verliert er viell. noch seine Familie und Wohnung, dann lan-

den sie in der Gosse und bekommen nicht genug vom Alkohol und kommen

nie wider raus, weil ein Entzug das schwerste is und die meisten wenn sie

einen machen, wider abrutschen.

43

11. Befragter:

� Ein Alkoholiker besitzt im Endstadium seiner Trinkerchariere ein gelbliche

Hautfarbe, gelbe gefärbte Augen, ledrige Haut, zitternde Hände, starker

Körpergeruch (auf Grund von Nierenschädigung), undeutliche, ver-

schwommene Sprache, schwachsinniger Syntax, trinkt heimlich, versucht

soviel Geld wie möglich in Alkohol umzuwandeln, Pegeltrinken, so früh als

auch, reizbar; ungepflegt; versucht anderen eine heile Welt vorzuspielen;

u.U. aggressiv; sieht ungesund aus; gibt sich vor seinen Trinkkumpanen

großzügig, obwohl er vielleicht selbst wenig Geld hat; findet immer eine

Ausrede um an Alkohol ran zu kommen und immer einen Anlass welchen

zu trinken; spielt zu Hause "heile Familie"

12. Befragter:

� Aussehen: rot gefärbte Pupillen, manchmal sogar die sogenannte

"Schnapsnase", ungepflegt, Sprache: kann sich schlecht artikulieren, lallen.

Lebensstil: ungeordnet, chaotisch, nur auf die nächste Flasche aus-

gerichtet. Lebensmittelpunkt: Alkohol

13. Befragter:

� Aussehen: normal bis liederlich (kein Anzugträger). Sprache: normal bis

hart, verwaschen naja und Lebensstil halt normal bis liederlich wieder...also

von der normalen Wohnung, wo es niemand mitbekommt bis hin zur

Bruchbude mit Pfandflaschen/ Verwahrlosung oder halt Obdachlos.

14. Befragter:

� Aussehen: Otto-Normalverbraucher, keine spezifischen Merkmale, in allen

sozialen Schichten vertreten. trägt normale Kleidung bis zerlumpt da evtl.

obdachlos. Sprache: halt auch normal. Lebensstil: fixiert auf Alkohol, ande-

re Dinge werden zunehmend nichtig, bis hin zur Existenzbedrohung, bezüg-

lich Vernachlässigung Verwandter, Bekannter, Lebenspartner, Job. Verhält

sich in seiner Umgebung eher isoliert.

15. Befragter:

� Sprache egal da sich Alkoholismus durch alle Bevölkerungsgruppen zieht.

Aussehen und Lebensstil ist abhängig vom Grad des Alkoholismus und de-

ren Lebensstile. Wenn Alkohol nur noch der Hauptgrund des Lebens ist,

habe ich ein Bild der typischen aldi-sky Alkoholikers im Kopf, die nur noch

draußen mit anderen Suffkompanen stehen und jeden Tag ihr leben be-

44

saufen, rumpöbbeln, dummes zeug labbern, ihr Kötter an der kurzen Leine

halten, stinken, abgefuckt aussehen und in die ecken pissen. Aber dann

gibt es ja noch die anderen typen, die sich in bestimmten regelmäßig

Situationen das leben schön und erträglich trinken, die zuhause in der

Familie stehen, wie Mutter oder Vater, die Alkohol in gewissen Lebens-

situationen benötigen, denen es man aber auf der Straße nicht gleich un-

bedingt an sieht. Sie haben einen Job, Freunde, Familie, stehen nur in

einen gestörten Hinsicht zu sich selbst, sie können nicht geregelt trinken,

sondern wenn dann richtig und können die Situation nicht mehr

kontrollieren, sie saufen sich den tag schöner.

16. Befragter:

� Aussehen: Ich glaube, dass man nicht generell charakterisieren, weil alle

Schichten betroffen sind, wenn auch prozentual anders verteilt. An der

Sprache: eventuell lallend, zusammenhanglos, laut, leise. Schwankender

Gang, schleppender Gang. „Alkoholfahne“

17. Befragter:

� abhängig von sozialer Herkunft

18. Befragter:

� Aussehen: unreine Haut, kein gepflegtes Äußeres, glasige, rote Augen, rote

Stupsnase, Sprache: genuschel, sinnlos, aneinander gereihte Wörter (SPO

spielt keine Rolle), aggressive Sprachweise, Betroffene unter sich ver-

stehen sich immer, Lebensstil: wenn mittags noch nicht voll, dann

schlechten Tag erwischt, liebt Flatrate saufen (Pegelsaufen), A und O �

niemals nüchtern, vergesslich, können mitunter gepflegte, gebildete

Personen sein

19. Befragter:

� planlos durch die Gegend laufend, versiffte Klamotten/teilweise auch nor-

mal, ungepflegte Haut, rote, glasige Augen, fettige Haare, lieber Schnaps

als Essen kaufen, leichte Sprachstörungen bis sinnlos aneinander gereihte

Worte, Leben in ihrer eigenen Welt und sind glücklich damit

20. Befragter:

� Aussehen: dünnes, schütteres Haar, schlechte Zähne, dünne Erscheinung,

dreckig, ungepflegt, ledrige Haut, Sprache: konfuse Ausdrucksweise, stän-

dige Wiederholungen, Lebensstil: Arbeitslos, aufs Minimum beschränkt, tut

45

für Alkohol alles, müssen früh aufstehen, um sich besten Platz vorm Netto

zu sichern

21. Befragter:

� Aussehen: fettige Haare, zittern, extrem dünn, achtet kaum auf äußeres

(kaputte Klamotten), Sprache: lallen, unverständlich, Fahne, stottern, Le-

bensstil: gibt sein letztes Hemd für Alkohol, täuscht seine Mitmenschen,

Aggressiv im täglichen Leben, kaum soziale Bindungen

22. Befragter:

� unkoordiniertes Starren, gelb und leicht rot unterlaufene Augen, un-

gepflegtes Gesicht („Drei-Tage-Bart“, rote Flecken), ungepflegtes Äußeres

(Haare, Finger, Kleidung), keine klare Aussprache, nicht verständliche Ge-

dankensprünge, unkoordiniertes Verhalten in der Gruppe � kann Ge-

sprächen nicht folgen, weiß nicht, was von ihm verlangt wird, verhält sich

selbst in Gesellschaft isoliert (Einzelgänger-Verhalten), Lebensstil: kann

sich ändern mit der Zeit

23. Befragter:

� Aussehen: asozial, Augenringe, ungepflegt, schlecht riechend, immer eine

Flasche in der Hand, Sprache: leicht alkoholisiert, schlechte Aussprache,

stockend, Lebensstil: mit allem unzufrieden, unglücklich, im schlimmsten

Fall verhält er sich, wie alle anderen normal

24. Befragter:

� schwankend, orientierungslos, andere vorbeikommende Menschen an-

pöbeln, undeutliche Sprache, dreckige Sachen, verbrauchte Kleidung, un-

angenehmer Geruch, keine Körperpflege, schon morgens starker Alkohol-

konsum, glasige Augen, Augenringe, sitzend auf der Parkbank, wirkt auf

mich aggressiv, dünn bis magerer Körperbau, immer kleine oder größere

Flaschen dabei (Alkohol)

25. Befragter:

� abhängig von den verschiedenen Typen und dem Fortschritt der Krankheit,

manche trinken regelmäßig um sich zu beruhigen, keine Einschränkung

Sprache und Aussehen, manche sehen noch einigermaßen gepflegt aus,

haben aber schon Spuren im Gesicht (glasige Augen, geplatzte

Adern)+zittern, manche sind schon total „runtergekommen“, abgemagert,

dreckig, ungepflegt, orientierungslos, pullern+koten ein, arbeitslos

46

26. Befragter:

� ein Alkoholiker trinkt ständig Alkohol und ist schnell besoffen, die Tageszeit

ist für ihn egal, der Lebensraum ist meist unordentlich und auch sonst gibt

es keine geregelten Verhältnisse (Job, Beziehung), Alkoholiker sind einfach

nur schwach. Sie schaffen es nur schwer, allein mit dem Trinken aufzu-

hören ( ohne z.B. Selbsthilfegruppe AA), viele Alkoholiker lallen, sie tragen

meist ungewaschene Kleidung, oft auch mit Löchern � einfach ungepflegt,

sie benutzen oft tagelang keine Dusche � stinken deswegen, sie haben

keine Kontrolle über ihren Körper, rote Augen und Schatten unter den Au-

gen sind keine Seltenheit, sie haben ständig eine Fahne

47

Anhang II - Fragebogen

Sehr geehrte Damen und Herren!

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und uns bei unserem Projekt unter-

stützen!

In unserem Projekt der Hochschule Neubrandenburg möchten wir die Vorurteile in

der Gesellschaft gegenüber dem Krankheitsbild eines Alkoholikers untersuchen.

Demnach haben wir einen Fragebogen entwickelt, den wir Ihnen hiermit zusenden

wollen.

Sie wurden in Anwendung des Zufallsprinzips ausgewählt und wir möchten Sie

hiermit als Bürger/in Neubrandenburgs einladen, an dieser Befragung teilzu-

nehmen.

Ihre Teilnahme ist freiwillig und Ihre Daten werden nach datenschutzrechtlicher

Richtlinie anonymisiert. Es erfolgt keine Zuordnung von Name und Fragebogen

und Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben.

Mit freundlichen Grüßen

Conny Köppen und Julia Koch

(Studentinnen der 5. Semester der Fachrichtung Soziale Arbeit an der Hochschule

Neubrandenburg)

48

Vorurteile in der Gesellschaft gegenüber dem Krankheitsbild

eines Alkoholikers

�� Fragebogennummer

1. Demographische Angaben

1.1 In welchem Jahr sind Sie geboren?

1.2 Geschlecht

� männlich

� weiblich

2. Einstellungen und Wertvorstellungen

2.1. Es gibt verschiedene Einstellungen zur Alkoholabhängigkeit. Bitte kreuzen

Sie für jede Aussage an, inwieweit Sie dieser zustimmen.

stimme

voll und

ganz zu

stimme

eher zu

stimme

eher

nicht zu

stimme

über-

haupt

nicht zu

A

Allgemeines/

Krankheitsbild

Alkoholabhängigkeit ist

eine anerkannte Krank-

heit.

49

B Alkoholismus ist eine

Krankheit der „Unter-

schicht“.

� � � �

C

Alkoholabhängige haben

weder Frau noch Kinder.

D

Wenn ein Suchtkranker

keinen eigenen Willen

hat, braucht er Druck von

außen.

E

Alkoholabhängige Men-

schen sind ungepflegt,

dauerhaft betrunken und

aufdringlich.

F

Alkoholabhängige Men-

schen haben kein Le-

bensziel mehr.

G

Ursachen

Die Ursachen für Sucht-

erkrankungen liegen in

der Kindheit.

H „Der Apfel fällt nicht weit

vom Stamm“. Das gilt

auch bei Alkoholikern.

I Wer täglich sein „Feier-

abendbier“ trinkt, ist ein

Alkoholiker.

50

J

Entzug

Mit genug Willensstärke

kann jeder aufhören zu

trinken.

K Der Weg aus der Sucht

führt nur über eine

Selbsthilfegruppe.

L Suchtkranke müssen ei-

nen harten Entzug

durchmachen. Erst dann

sind sie bereit, ihr "Las-

ter" aufzugeben.

2.2. Sind sie davon überzeugt, dass sie einen Alkoholiker auf der Straße sofort

erkennen würden?

� ja

� nein

� keine Angabe

2.3. Bitte beantworten Sie kurz die nachfolgenden Fragen.

Gibt es nach Ihrer Meinung mehr Alkoholiker, die Ihre Krankheit nach au-

ßen präsentieren oder eher die, die versuchen Ihre Krankheit zu verheim-

lichen.

____________________________________________________________

____________________________________________________________

51

Welches ist Ihrer Meinung nach die hauptsächlichste Ursache für eine Al-

koholabhängigkeit?

____________________________________________________________

____________________________________________________________

____________________________________________________________

Was geschieht Ihrer Meinung nach zuerst? Soziale Isolation oder Alkohol-

abhängigkeit? (Bitte mit kurzer Begründung)

____________________________________________________________

____________________________________________________________

3. Krankheitsverständnis

3.1. Welche der folgenden Merkmale sind Formen von Entzugserscheinungen?

Bitte kreuzen Sie einen oder mehrere der folgenden Punkte an.

� zittern

� schwitzen

� Aggressivität

� Gefühle von Unruhe

� Schlafprobleme

� keine Kontrolle über ihren Körper

� Blutdruckveränderungen

3.2. Ist Alkoholismus vererbbar?

� Ja

� Nein

� Keine Angabe

� Sonstige Bemerkungen: _____________________________

52

Anhang III - statistische Auswertung des Fragebogens

Die Auswertung erfolgt mittels des Programms Microsoft Excel 2003, seit Ende November

2009. Im Folgenden finden Sie die statistische Auswertung der Ergebnisse des Frage-

bogens bis einschließlich 31. März 2010 - dargestellt in Form von Tabellen und Grafiken.

Abbildung 1

Alkoholabhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Alkoholabhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit

53

Abbildung 2 Alkoholismus ist eine Krankheit der „Unterschicht“

0

5

10

15

20

25

30

35

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Alkoholismus ist eine Krankheit der "Unterschicht"

Abbildung 3 Alkoholabhängige haben weder Frau noch Kinder

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Alkoholabhängige haben weder Frau noch Kinder

54

Abbildung 4 Alkoholabhängige Menschen sind ungepflegt, dauerhaft betrunken und auf-dringlich

0

5

10

15

20

25

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Alkoholabhängige Menschen sind ungepflegt, dauerhaft betrunken und aufdringlich

Abbildung 5 Alkoholabhängige Menschen haben kein Lebensziel mehr

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Alkoholabhängige Menschen haben kein Lebensziel mehr

55

Abbildung 6 Die Ursachen für Alkoholismus liegen in der Kindheit

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Die Ursachen für Alkoholismus liegen in der Kindheit

Abbildung 7 "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Das gilt auch bei Alkoholikern.

0

5

10

15

20

25

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

"Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Das gilt auch bei Alkoholikern.

56

Abbildung 8 Wer täglich sein Feierabendbier trinkt, ist Alkoholiker

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

Anzahl der Stimmen

stimme vollund ganz zu

stimme eherzu

stimme ehernicht zu

stimmeüberhauptnicht zu

Antwortmöglichkeiten

Wer täglich sein Feierabendbier trinkt, ist Alkoholiker

Abbildung 9 Ist Alkoholismus vererbbar?

Antwort Ist Alkoholismus vererbbar?

Ja 18,87%

nein 71,43%

Keine Angabe 11,32%

57

Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig an-

gefertigt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und wörtlich ent-

lehnte Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Ich erkläre weiterhin, dass die vorliegende Arbeit noch nicht im Rahmen eines an-

deren Prüfungsverfahrens eingereicht wurde.

Neubrandenburg, den 24.06.2010

Julia Koch

58

Danksagung

An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei allen Personen, die mich bei der

Erstellung dieser Bachelorarbeit unterstützt haben.

Für inhaltliche und technische Hilfestellungen sowie eine fortwährende moralische

Unterstützung geht ein ganz besonderer Dank an meine diesem Projekt beteiligte

Kommilitonin Conny Köppen, an den Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Er-

ziehung und an Prof. Dr. med. habil. Peter Schwab.

Bedanken möchte ich mich zudem bei meinen Freunden insbesondere Manuel

Prager, Enrico Rosner und Franziska Götze die bereitwillig mit mir diskutierten,

mich motivierten und dadurch andauernd eine große Stütze waren. Ein großer

Dank gilt zudem den Korrektoren Madeleine Koch, Janine Plahl und Monika und

Frank Koch.

Zuletzt möchte ich mich zudem ganz herzlich bei meinen Interviewpartnern der

Stadt Neubrandenburg sowie allen Teilnehmer der Umfrage bedanken, ohne de-

ren aufgewendete Zeit und bereitwillige Mitarbeit diese Arbeit nicht möglich ge-

wesen wäre.