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Bakterielle ZNS-Infektionen im Kindes-und Jugendalter OA Dr. Schober Harald LKH Feldkirch

Bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter · –Fokale Neurologie (Hemiparese, Facialisparese, Gesichtsfeldausfälle) ca. 15-30% –Hauteffloreszenzen: Petechien, Purpura meist

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Bakterielle ZNS-Infektionen im Kindes-und Jugendalter

OA Dr. Schober Harald

LKH Feldkirch

Niger, 11.05.2015: Im Rahmen der Meningitis Epidemie die seit Jänner im Niger herrscht, sind bereits 352 Menschen verstorben. Bis 8. Mai wurden von den Behörden insgesamt 5.273 Fälle registriert.

© Sylvain Cherkaoui/MSF

Mittlerweile 745 Tote durch Meningitis-Epidemie in Nigeria

19. April 2017, 22:14 Uhr Quelle: afp

Abuja (AFP) Durch eine Meningitis-Epidemie sind in Nigeria nach jüngsten Angaben binnen fünf Monaten 745 Menschen gestorben. Insgesamt gebe es landesweit mehr als 8000 Verdachtsfälle, teilten die Behörden in Abuja am Mittwoch mit. Demnach traten 93 Prozent der Fälle in fünf Bundesstaaten des westafrikanischen Landes auf. In der vergangenen Woche war die Zahl der Todesopfer noch mit 489 angegeben worden.

Bakterielle ZNS-Infektionen im Kindes-und Jugendalter

1) Eitrige ZNS Infektionen:

ausgeprägte klinische Symptomatik ,

deutliche Liquorveränderungen, Zellzahl meist über 1000/l, vorwiegend granulozytär.

Gesamteiweiß- und Laktaterhöhung.

Erreger: Hämophilus, Pneumokokken, Meningokokken, Streptokokken,

Enterokokken,..

2) Nichteitrige ZNS Infektionen

klinische Symptomatik heterogen und vom Erreger abhängig,

im Liquor geringe Zellzahlerhöhung, buntes Zellbild.

Gesamteiweiß und Laktat erhöht.

Erreger: Borrelien, Mykobakterien tub., Treponema

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Medizinischer Notfall !!

• Frühzeitige Diagnose entscheidend für Outcome

• Mortalität unbehandelt nahe 100%

• Auch bei optimaler Therapie erhöhte Mortalität und Morbidität

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Epidemiologie

– Nach Einführung Hib- und Pneumokokkenimpfung sank die Inzidenz der bakteriellen Meningitis deutlich

– <2 Monate- 80/100.000

– 2-23 Monate-7/100.000

– 2-10 Jahre-0,5/100.000

– 11-17 Jahre-0,4/100.000

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Pathogenese:

– Hämatogen: Streuung aus Eiterherden

– Fortgeleitet: Otitis, Mastoiditis, Sinusitis

– Direkte Infektion: offene Hirnverletzung, Schädelbasisfraktur

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Wahrscheinlicher Erreger nach Erkrankungsalter – 1-3 Monat: gram. neg. Enterobakterien ca. 30%,

Streptokokken ca. 40% – 3 Monat-3 Jahre: Pneumokokken 45%,

Meningokokken 34% – 3-10 Jahre: Meningokokken 32%, Pneumokokken 47% – >10 Jahre: Pneumokokken 21%, Meningokokken 55%

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Prädisponierende Faktoren – Wiederholter Kontakt mit betroffenen Personen

– Penetrierendes Kopftrauma

– Wiederholte Reisen in Endemie Gebiete

– Rhinorrhoe, Otorrhoe (bei angeb. Defekten)

– Cochlea Implantate

– Wiederholte neurochirurgische Eingriffe (Shunt,..)

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Klinik:

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Klinik:

– Fieber

– Meningeale Zeichen wie Nackensteifigkeit (60-80%)

– Kopfschmerzen

– Lichtempfindlichkeit

– Übelkeit/Erbrechen

– Veränderter mentaler Status (80%)

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Klinik: – Stauungspapille ungewöhnlich

Cave: Sinusvenenthrombose, Subduralempyem, Hirnabszess

– Krämpfe ca. 20-30%

– Fokale Neurologie (Hemiparese, Facialisparese,

Gesichtsfeldausfälle) ca. 15-30%

– Hauteffloreszenzen: Petechien, Purpura meist bei Meningokokken

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

Cave Klinik:

• Je jünger die Kinder desto unspezifischer die Symptome

• Säuglinge: Hypothermie, Lethargy, RDS, Ikterus, Trinkschwäche, vorgew. Fontanelle

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-

und Jugendalter

• Bevor Start der Therapie – Rasche Anamnese und Status

– Blutuntersuchung und LP

Bei fulminanten Verlauf mit Hypotension, Organversagen schnelles Handeln vordringlich

Abnahme Blutkultur vor Antibiose

LP sobald möglich

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Diagnostik: – Anamnese: Impfungen!, Krämpfe, Vorerkrankungen wie

Shunt, rezid.Otitis,..

– Klinik: Volumenstatus, Schocksymptome, Vigilanz,..

– Labor: KBB+Tc, CRP, Elyte, Glucose, Krea, Harnstoff

– Blutkultur (bei 50% positiv)

– Liquor: Zellzahl, Glucose, Eiweiss, Kultur, Gramfärbung

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Diagnostik: – Indikationen für Bildgebung

• Koma • Shuntpatient • Hydrocephalus in der Anamnese • Papillenödem • Fokal neurologisches Defizit Jedoch keine Verzögerung der Therapie durch Bildgebung!! BK abnehmen und empirische antibiotische Therapie starten

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Differentialdiagnosen:

– Meningitis durch Viren, Pilze, Mykobakterien

– ZNS Abszesse

– Subduralempyem

– Hirntumore

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Behandlung: – Sicherstellung adäquater Perfusion und Ventilation – Hämodynamisches Monitoring – Bei septischen Schock-Flüssigkeit! – Dexamethason? (bevor od. mit der ersten Antibiotikagabe 0,15mg/kg

alle 6h für 2-4d) – Antibiose (z.B. Ceftriaxon 100mg/kg/d in 2ED (plus ev. Vancomycin

60mg/kg/d in 4 Dosen)) – bei Gram neg. zusätzlich Aminoglykosid (z.B. Gentamicin 7,5mg/kg/d

in 3 ED) – Ausgleich Hypoglykämie, Azidose – Behandlung von Krampfanfällen

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Cave Behandlung:

Neugeborene: muss neben B-Streptokokken, Listerien+ gramnegative Erreger beinhalten

– Cephalosporin der Gruppe 3 (z.B. Cefotaxim, 150-200 mg/kg KG)

– + Ampicillin (200-300 mg/kg KG)/Piperacillin (200-300 mg/ kg KG)

– + ggf. Aminoglykosid (Gentamicin, 5 mg/kg )

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

Jährlicher %-Anteil an Resistenzen von Isolaten invasiver Pneumokokken-Erkrankungen gegen die Antibiotika Erythromycin, Clindamycin, Tetrazyklin und Ceftriaxon, 2010-2014

http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/8/7/9/CH1470/CMS1426082563865/jb_pneumokokken_2014_-_format_elbel_10032015.pdf

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Therapiedauer:

Infectious Diseases Society of America: – Pneumokokken: 10-14d – Meningokokken: 5-7d – Hämophilus: 7-10d – St. Aureus: 2 Wochen – Gram. Neg. Bacillen: 3 Wochen

American Academy of Pediatrics:

Duration of therapy should not be shorter than – 5 d für Meningokokken, – 10 d für Hämophilus – 14 d für Pneumokokken

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Komplikationen: – Kognitive Beeinträchtigung – Epilepsie – Fokale Defizite (Hörverlust, Hirnnervenausfall,

Hemiparese,.. – Ataxie – Psychologische Auffälligkeiten – Hydrocephalus – Hormonelle Störungen

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Komplikationen+Prognose: -Abhängig: – Alter (je jünger desto schlechter) – Erreger (Pneumokokken) – Dauer der Erkrankung und Start der Therapie – Allgemeinzustand

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Follow up:

– Hörprüfung bei/oder kurz nach Entlassung

• (Hörverlust bei 4% der Meningitiden)

– Kleinkinder haben ein erhöhtes Risiko für Entwicklungsverzögerung-Entwicklungsneurologische Testung im Verlauf

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

Chemoprophylaxe nach Exposition (Meningokokken):

• alle Haushaltsmitglieder,

• Personen, die mit oropharyngealen Sekreten des Patienten in Berührung

gekommen sind, z.B. Intimpartner, enge Freunde, evtl. feste Banknachbarn in der Schule, medizinisches Personal

• Kontaktpersonen in Kindereinrichtungen mit Kindern unter 6 Jahren – bei guter

Gruppentrennung nur die betroffene Gruppe,

• enge Kontaktpersonen in sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen mit haushaltsähnlichem Charakter, z. B. Internaten, Wohnheimen sowie Kasernen.

Empfehlungen der STIKO

Eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Chemoprophylaxe nach Exposition (Meningokokken):

Rifampicin: (z.B. Rifoldin ®) bei NG im 1 LM: 2x5mg/kgKG für 2d ab 2 LM: 2x10mg/kgKG für 2d (max ED 600mg) Jugendliche ab 60kg/Erwachsene: 2x600mg für 2d bei Schwangeren Ceftriaxon (i.m.) Mittel der Wahl 250mg einmalig

Daten RKI

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Borrelien

-durch Zecken übertragene Infektion mit Borrelia burgdorferi

-2 -20% der gesunden Normalbevölkerung haben Borrelien AK im Serum

-Stadienhafter Ablauf

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Borrelien:

Das Bannwarth Syndrom (Meningoradikuloneuritis) ist nach dem Erythema migrans die häufigste Manifestation der akuten Lyme-Borreliose bei Erwachsenen in Europa. Die isolierte Meningitis wird überwiegend bei Kindern beobachtet. Bei ZNS Beteiligung sind Hirnnervenausfälle sehr häufig. Mit Ausnahme des Nervus olfactorius können alle Hirnnerven beteiligt sein. In > 80% ist der N.facialis betroffen. Kinder haben generell ein höheres Erkrankungsrisiko für eine Neuroborreliose, was mit der viel häufiger im Kopfbereich liegenden Stichstelle zusammenhängt

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

LIQUOR

Liquor Farbe klar Liq Farbe Üstd klar Zellzahl 587 /3 Zl/µl 0-12 Mononukleäre Zl 456 /3 Zl/µl Polynukleäre Zl 131 /3 Zl/µl Erythrocyten negativ Liquor Eiweiß 258.1 mg/dl 20.0-40.0 IL-6 im Liquor 1627.0 pg/ml Liquor Glucose 26 mg/dl 40-70 Lactat 4.02 mmol/l 1.10-2.40 Albumin 1354 mg/l 100-300 IgG 704.0 mg/l 10.0-30.0 Q-Albumin 27.9 0.0-5.0 Q-IgG 51.9 BLUTSENKUNG -------- BSG nach 1 h 7 mm 3-8 BSG nach 2 h 19 mm 5-18

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Therapie bei früher disseminierter Erkrankung:

– ab 9 Jahre Doxycyclin p.o. für 14 Tage (4mg/kg/d in 2ED

– < 9 Jahre Ceftriaxon i.v. 14 Tage (50-75mg/kg 1x tgl; max 2g)

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Tuberkulöse Meningitis:

-Inzidenz 0,1 -2/100000

-in allen Altersstufen jedoch mit Häufung zwischen dem 3. und 6. sowie dem 20. und 40. Lebensjahr

-Symptomatik zumeist über Wochen bis Monate schleichend, nur selten akut

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Tuberkulöse Meningitis -Stadium 1:Prodromal Phase ohne neurologische Ausfälle, Kopfschmerzen, Fieber, Mattigkeit, Unwohlsein -Stadium 2:Meningitische Phase mit meningealen Zeichen, geringe Bewusstseinsstörung, Lethargie, geringe neurologische Störungen (z.B.: Hirnnervenausfälle) -Stadium 3: Paralytische Phase; schwere Bewusstseinsstörung, Anfälle, deutliche herdneurologische Ausfälle (z.B.: Hemiplegie)

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Tuberkulöse Meningitis

-Pathogenese: Hämatogene Aussaat einer miliaren Tuberkulose oder Ruptur eines Tuberkuloms

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Tuberkulöse Meningitis Liquor: –chronische Meningitis –initial granulozytäre, später monozytäre Pleozytose mit 100 bis 500 Zellen/µl –Liquoreiweiß zwischen 100 -500mg/dl nur bei 5% der Patienten normal –Glucose deutlich erniedrigt (<45mg/dl in 80%)

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Tuberkulöse Meningitis Erregernachweis –aus Sputum, Bronchiallavage, Liquor –mikroskopisch in der Ziel-Neelson Färbung –Löwenstein-Jensen Kultur –PCR Bildgebung –MRT, CCT: Kontrastmittelspeicherung in den basalen Meningen (38%), Hirnödem , Infarkte (15-30%), Hydrocephalus (75%), Tuberkulome (5-10%)

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

• Tuberkulöse Meningitis

– Differentialdiagnosen

• Pilzmeningitis

• Virale Meningoenzephalitis

• Neurosyphilis

• Neurosarkoidose

• Neoplastische Meningitis (Lymphome,..)

• Anbehandelte bakt. Meningitis

Nicht eitrige bakterielle Meningitis im Kindes-und Jugendalter

Tuberkulöse Meningitis Therapie:

Initialphase: 4 Tuberkulostatika für 3 Monate Isoniazid + Rifampicin + Pyrazinamid+Fluoroquinolone (Moxifloxacin/Levofloxacin) oder ein Aminoglycosid Dexamethason: <25kg 8mg/d für 2 Wochen, ausschleichen über 4-6 Wochen Prednisolon: 2-4mg/kg KG /d für 2 Wochen, dann ausschleichen über 6 Wochen Stabilisierungsphase: 2 Tuberkulostatika für 9-12 Monate Isoniazid +Rifampicin (bei Tuberkulome bis zu 18 Monate) Ethambutol: schlechte Penetranz

• Take Home Message eitrige bakterielle Meningitis:

-Medizinischer Notfall -frühzeitige Diagnose und Therapie entscheidend für Outcome -Keine Therapieverzögerung durch langwierige Diagnostik -Stauungspapille ungewöhnlich (Empyem, Abszess, SV-Thrombose)

-Bildgebung bei Koma, Shuntpatient, Papillenödem, fokal neurologisches Defizit, Hydrocephalus -Hörprüfung!

• Take Home Message nicht eitrige bakterielle Meningitis

– klinische Symptomatik heterogen und vom Erreger abhängig

– Borrelien sind für alles gut (Paresen, epileptische Anfälle, Stroke,..)

– TBC in der DD nicht vergessen.