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1 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
Basiscurriculum Psychotherapie im ZfP Südwürttemberg
(80 Stunden)
Gemeinsam für die WB zum Facharzt/Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie,
Facharzt/Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie und zum
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Grundelemente der Didaktik
1. Psychotherapeutisches Grundwissen.
2. Anreicherung des Grundwissens mit Beispielen aus der Praxis.
3. Reflexion des beruflichen Handelns im Hinblick auf die zu behandelnden
psychotherapeutischen Themen.
4. Einsatz von Rollenspielen zur Veranschaulichung bestimmter
Behandlungssituationen und zur kreativen Auseinandersetzung mit
offenen Fragen.
5. Erarbeitung unterschiedlicher psychotherapeutischer
Herangehensweisen und Methoden jeweils an einem identischen
exemplarischen Beispiel.
6. Studium und Diskussion von Primär- und Sekundärliteratur zum
jeweiligen zu behandelnden Thema.
7. Einladung von Patienten (nach Aufklärung) zur Exploration.
8. Videoaufnahmen realer therapeutischer Einzelgespräche und
gruppentherapeutischer Sitzungen.
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2 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
Teil I des Basiscurriculums: Grundlagen der Psychotherapie
(ca. 40 Stunden)
1. Geschichtliche Einführung, Hauptverfahren, Anwendungsfelder und
Wirksamkeit der Psychotherapie
A) Grundwissen:
a) Kurze geschichtliche Einführung.
b) Die wichtigsten Therapieverfahren im Überblick: Psychodynamische
Verfahren, Verhaltenstherapie, Systemische Ansätze, Humanistische
Positionen, erlebnisorientierte Verfahren.
c) Wirkfaktoren der Psychotherapie: Konzept der Allgemeinen Psychotherapie.
d) Indikationsstellung: prognostische vs. adaptive Indikation.
e) Behandlungssettings: Praxen, multiprofessionelle und spezielle Ambulanzen,
Konsile, Liaisondienst, Krisenintervention stationär und ambulant, Tag- und
Nachtklinik, stationäre Akutbehandlung, stationäre Rehabilitation,
Angehörigenarbeit, Selbsthilfegruppen, Wohnumgebung.
f) Ergebnisse der Outcome-Forschung.
B) Grundfertigkeiten:
Kompetenz in der Einordnung der Hauptkonzepte der Psychotherapie. Kritische
Würdigung der Beziehung zu anderen Bereichen der Medizin (Psychiatrie, Innere
Medizin, etc.) und zu anderen Wissensbereichen (Philosophie, Soziologie, Künste,
Belletristik, etc.). Identitätsmerkmale von Psychosomatik und Psychotherapie
erkennen und differenzieren. Aspekte der Psychotherapie als Wissenschaft würdigen
lernen.
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3 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
2. Für die Psychotherapie relevante Ergebnisse aus der Psychologie
A) Grundkenntnisse
a) Emotionspsychologie.
b) Motivationspsychologie.
c) Bindungsforschung.
d) Lernpsychologie.
e) Entwicklungspsychologie.
f) Familienpsychologie.
B) Grundfertigkeiten
Wichtige Texte (z.B. Freud, Erikson, Bowlby, Piaget, Maslow, Klein, Mahler, Spitz,
Skinner, Kohlberg, Lichtenberg, Fonagy, Stierlin, von Sydow, Esser etc) lesen und
kommentieren. Reflektieren von lernpsychologischen und bindungstheoretischen
Kenntnissen anhand eigener Erfahrungen im klinischen Alltag.
3. Grundlagen der psychotherapeutischen Hauptverfahren
A) Grundwissen
a) Tiefenpsychologische bzw. psychodynamische und psychoanalytische
Verfahren: Das Es und die Abwehr, das Ich und seine Funktionen, Das Selbst
und seine Struktur sowie Objektbeziehungen.
b) Verhaltenstherapie: Das Individuum, seine Lerngeschichte und der
Stellenwert der Konditionierung..
c) Systemtheoretische Ansätze: Der Mensch und die Gruppe als
selbstregulierende Systeme, das familiale Selbst, die Kommunikation und die
Kontextualisierung der Handlung.
d) Humanistische verfahren: Die Person, ihre Existenz und ihr Werden.
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4 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
B) Grundfertigkeiten
Systematische Durcharbeitung der wichtigsten Prinzipien und der relevantesten
Konzepte der vier psychotherapeutischen Hauptverfahren. Übersetzung einer
Fallgeschichte in vier psychotherapeutische Grundrichtungen: tiefenpsychologisch,
verhaltenstherapeutisch, systemisch und humanistisch. Dem Verständnis der
psychischen Störungen im Rahmen der vorgestellten Modellbildungen folgt die
differentielle Betrachtung der therapeutischen Ansätze in der Behandlungsplanung
und -durchführung.
4. Diagnostik in der Psychotherapie
A) Grundwissen
a) Psychopathologischer Befund: AMDP-System/CASCAP.
b) Psychodynamischer Befund: OPD-2 bzw. OPD-KJ. Psychodynamische
Grundbegriffe.
c) Testpsychologie: Klinische, Leistungs- und Persönlichkeitstests in der
Psychotherapie.
B) Grundfertigkeiten
Zentrales Anliegen dieses Abschnittes ist die Überschneidung von Psychiatrie und
Psychotherapie/ Psychosomatik über die systematische Psychopathologie
(Psychiatrischer Pol, AMDP-System) und über die Operationalisierung des
psychodynamischen Befundes entlang der Dimensionen Beziehung, Konflikt und
Struktur (psychotherapeutischer Pol, OPD-II). Die Teilnehmer lernen die wichtigsten
Testverfahren und ihre Einsatzmöglichkeit kennen.
Verhaltensanalyse, Genogramme, Funktionsdiagnostik (ICF) werden in anderen
Abschnitten durchgenommen.
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5 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
5. Soziologische Aspekte der Psychotherapie
A) Grundwissen:
a) Welche Ressourcen stehen dem Gesundheitssystem zur Verfügung?
b) Gibt es einen Rationalen in der Ressourcenallokation?
c) Wie wird der Versorgungsbedarf ermittelt?
d) Versorgungsethische Fragen in der Psychotherapie.
e) Postmoderne Gesellschaftsverhältnisse und gesundheitliche Risiken.
f) Das (widersprüchliche) Bild der Psychiatrie und der Psychosomatik in der
Gesellschaft.
B) Grundfertigkeiten:
Ziel dieses Abschnittes ist eine Reflexion über das eigene Handeln, dessen
soziologischen Einflüssen und gar Determinanten, sowie wiederum die
Einflussmöglichkeit und die Verantwortung von Psychiatern und
Psychotherapeuten in der Gesellschaft. Wie ist das eigene Selbstbild als
Arzt/Ärztin, wo werden Grenzen und moralische Dilemmata erlebt? Wie verhält
es sich zwischen Ethik (das medizinisch Gebotene) und „Monetik“ (das
Wirtschaftliche)? Ärzte zwischen Abgrenzung und (Selbst)ausbeutung.
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6 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
Teil II des Basiscurriculums: Erweiterte Grundlagen der
Psychotherapie und spezielle Bereiche des
psychotherapeutischen Handelns
(ca. 40 Stunden)
6. Wiederholung der psychotherapeutischen Hauptverfahren mit Hinblick
auf Therapie und Interventionstechniken
A) Grundwissen
e) Tiefenpsychologische bzw. psychodynamische und psychoanalytische
Verfahren: Das Es und die Abwehr, das Ich und seine Funktionen, Das Selbst
und seine Struktur sowie Objektbeziehungen.
f) Verhaltenstherapie: Das Individuum, seine Lerngeschichte und der
Stellenwert der Konditionierung..
g) Systemtheoretische Ansätze: Der Mensch und die Gruppe als
selbstregulierende Systeme, das familiale Selbst, die Kommunikation und die
Kontextualisierung der Handlung.
h) Humanistische verfahren: Die Person, ihre Existenz und ihr Werden.
B) Grundfertigkeiten
Systematische Durcharbeitung der wichtigsten Prinzipien und der relevantesten
Konzepte der vier psychotherapeutischen Hauptverfahren. Übersetzung einer
Fallgeschichte in vier psychotherapeutische Grundrichtungen: tiefenpsychologisch,
verhaltenstherapeutisch, systemisch und humanistisch.
Der Schwerpunkt bei dieser vertiefenden Wiederholung liegt in der differentiellen
Betrachtung der therapeutischen Ansätze in der Behandlungsplanung und die
wichtigsten Interventionstechniken in der Behandlungsdurchführung.
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7 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
7. Erstinterview und Anamneseerhebung
A) Grundkenntnisse
a) Basiselemente einer strukturierten psychiatrisch/psychotherapeutischen
Anamnese (Erhebungsbogen).
b) Grundaspekte der untersuchenden Interaktion.
c) Selbstbild, Erwartungen, Motivation, Krankheitsmodell, wirksame
Überzeugungen.
B) Grundfertigkeiten
Vorbereitung im Vorfeld einer Anamneseerhebung anhand eines strukturierten
Bogens. Praktische Darstellung über Videoaufnahme. Diskussion in der Gruppe über
Haltung und Technik des Interviews.
8. Biographische Arbeit
A) Grundkenntnisse
a) Kategorien der Lebensgeschichte.
b) Biographie als verstehbare, verarbeitende und identitätsstiftende Narration.
c) Lebensgeschichte und Lebenszyklus.
d) Das gelebte und das „ungelebte“ Leben.
e) Gründe für eine biographische Anamnese.
f) Systematik des biographischen Verstehens in Psychiatrie und Psychotherapie.
B) Grundfertigkeiten
Die Relevanz der biographischen Anamnese für die Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik wird in der Gruppe herausgearbeitet. Die Teilnehmer erhalten Einblick
in die verschiedenen Strategien der Anamneseerhebung und in die relevantesten zu
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8 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
eruierenden Kategorien. Die Spannung zwischen gelebtem und „ungelebtem“ Leben
als Ausgangspunkt für das verstehende Einordnen von psychiatrisch/psychosomatisch
relevanten Symptomen wird reflektiert. Einübung der Anamneseerhebung im
Rollenspiel oder als Videoaufnahme.
9. Spezielle Behandlungssettings
A) Grundkenntnisse
a) Grundprinzipien der Gruppentherapie.
b) Psychoedukation zur Erarbeitung eines funktionalen Krankheitskonzeptes.
c) Psychoonkologie.
d) Mutter-Kind-Behandlungskonzepte.
e) Nicht-verbale bzw. erlebnisorientierte Behandlungsverfahren: Kunsttherapie,
Musiktherapie und körperorientierte Psychotherapie.
f) Konsiliarpsychosomatik.
g) Spezielle psychosomatisch orientierte Schmerztherapie.
B) Grundfertigkeiten
Praktische Arbeit mit Spezialtherapeuten (Kunsttherapie, körperorientierte
Psychotherapie, etc.). Kasuistiken aus der Psychoonkologie, Palliativmedizin und
Konsiliarpsychosomatik. Vorstellung von Behandlungskonzepten in der
Schmerztherapie und in der Mutter-Kind-Behandlung.
Wie sind eine Schwerpunktambulanz und eine psychosomatische Sprechstunde
inhaltlich sinnvoll und wirtschaftlich zu konzipieren und zu implementieren?
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9 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
10. Rechtliche Aspekte der Psychotherapie
A) Grundwissen
a) Unerwünschte Effekte von Psychotherapie.
b) Dokumentation: Fokus Arztbrief stationär und im Konsiliardienst.
c) Schweigepflicht und Akteneinsicht.
d) SGB V, Rehabilitation, Rente.
e) Behandlungsverträge und Zivilrechtliche Aspekte der
Behandlungsverantwortung.
f) Spezifizierungen bei Minderjährigen und Patienten unter Betreuung.
g) Formale Aspekte der Weiterbildung in psychosomatischer Grundversorgung,
Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie, fachgebundene Psychotherapie.
h) Psychotherapieantrag.
i) Supervision in der Weiterbildung.
B ) Grundfertigkeiten
Die formalen Aspekte der Psychotherapie gewinnen zunehmend an Bedeutung mit
der Professionalisierung der Psychotherapie, aber auch bei knapper werdenden
Ressourcen, bei überbordenden juristischen und administrativen Zwängen und bei
Zunahme des Dienstleistungsaspektes der Psychotherapie.
Diskussion von schwierigen Schweigepflicht- und Dokumentationssituationen.
Spezialsituationen bei Minderjährigen und bei Patienten unter Betreuung.
Artikulation eigener Bedürfnisse in der Weiterbildung mit Schwerpunkt
Lehrsupervision.
Erörterung der Abschnitte eines Regelpsychotherapie-Vertrages mit konkretem
Beispiel.
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10 Basiscurriculum Psychotherapie ZfP Südwürttemberg. Version 2.1 (16.05.2014)
III. Weiterführende psychotherapeutische Ausbildung
a) Fachspezifisches Curriculum Kinderpsychiatrie und-psychotherapie
b) Fachspezifisches Curriculum Psychiatrie und Psychotherapie (noch 20
Stunden krankheitsspezifische Theorie).
c) Fachspezifisches Curriculum Psychotherapeutische Medizin und
Psychotherapie (s. laufendes Programm in der Homepage von SINOVA
Kliniken unter der Rubrik „Fort- und Weiterbildung“).
Lehraufbau des Basiscurriculums Psychotherapie
Ausbildungsblock I (40 Stunden kompakt in einer Woche)
Ausbildungsblock II (40 Stunden kompakt in einer zweiten Woche
innerhalb eines Jahres)
Redaktion: Prof. Dr. R. Schepker und PD Dr. J. Valdes-Stauber