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Baukultur aktiv Mein Dorf, meine Stadt MODUL 2 Mein Dorf, meine Stadt Architektur im eigenen Ort erleben und bewusst wahrnehmen: Schulweg, Bauten, Baudenkmäler, Siedlungsentwicklung. Einblick in ein Architekturbüro und ein Archiv erhalten. Themen Baudenkmäler in der eigenen Umgebung und ihre Entwicklung Baudenkmäler und andere Attraktionen im Ort Architekten im Ort und Architekten der Baudenkmäler im Ort Baugeschichte wichtiger Bauten im Ort, schriftliche Quellen und Pläne, Besuch im Gemeindearchiv Architekturgeschichte im eigenen Ort: Praxis Ziele Den eigenen Schulweg bewusst erleben Baudenkmäler im Ort erkennen und festhalten Sich zu ausgewählten Baudenkmälern Gedanken machen und mehr darüber erfahren Kompetenter werden im Umgang mit Lesen und Interpretieren von Karten und Plänen Einblick in ein Architekturbüro erhalten Auseinandersetzung mit der Arbeit eines Architekten Ev. Kennenlernen weiterer, für den eigenen Ort wichtiger Architekten Baudenkmäler & andere Attraktionen im eigenen Ort aus einem anderen Blickwinkel betrachten Kompetenter werden im Umgang mit Karten Kennenlernen des Gemeindearchivs Umgang mit schriftlichen Quellen und Plänen, wichtige Informationen herauslesen Siedlungsentwicklung und wichtige Bauwerke der eigenen Stadt / des eigenen Ortes kennen lernen Den eigenen Ort mit anderen Augen wahrnehmen Architektur im Ort praktisch erleben Den Blick für Details schärfen 2 Stand: 1.3.2015

Baukultur aktiv

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Baudenkmäler im Unterricht praxisorientiert erleben

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Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

MODUL 2

Mein Dorf, meine Stadt

Architektur im eigenen Ort erleben und bewusst wahrnehmen: Schulweg, Bauten, Baudenkmäler, Siedlungsentwicklung. Einblick in ein Architekturbüro und ein Archiv erhalten.

Themen

– Baudenkmäler in der eigenen Umgebung und ihre Entwicklung– Baudenkmäler und andere Attraktionen im Ort– Architekten im Ort und Architekten der Baudenkmäler im Ort– Baugeschichte wichtiger Bauten im Ort, schriftliche Quellen und Pläne, Besuch im Gemeindearchiv– Architekturgeschichte im eigenen Ort: Praxis

Ziele

→ Den eigenen Schulweg bewusst erleben→ Baudenkmäler im Ort erkennen und festhalten→ Sich zu ausgewählten Baudenkmälern Gedanken machen und mehr darüber erfahren→ Kompetenter werden im Umgang mit Lesen und Interpretieren von Karten und Plänen→ Einblick in ein Architekturbüro erhalten→ Auseinandersetzung mit der Arbeit eines Architekten→ Ev. Kennenlernen weiterer, für den eigenen Ort wichtiger Architekten→ Baudenkmäler & andere Attraktionen im eigenen Ort aus einem anderen Blickwinkel betrachten→ Kompetenter werden im Umgang mit Karten→ Kennenlernen des Gemeindearchivs→ Umgang mit schriftlichen Quellen und Plänen, wichtige Informationen herauslesen→ Siedlungsentwicklung und wichtige Bauwerke der eigenen Stadt / des eigenen Ortes kennen lernen→ Den eigenen Ort mit anderen Augen wahrnehmen→ Architektur im Ort praktisch erleben→ Den Blick für Details schärfen

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Stand: 1.3.2015

Page 2: Baukultur aktiv

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2

Spielideen

Thema: Architektur im OrtFach: NMM / BG / DEUTSCHUmfang: Nach Bedarf

Ziele→ Förderung der Motivation durch spielerischen Zugang zum Thema→ Erweiterung und Festigung des erworbenen Wissens

Ideen– Memory herstellen: Je nach Schwierigkeitsgrad gehören immer zwei identische Abbildungen (Bauwerke oder Baudetails) zusammen oder eine Karte mit dem Bauwerk als Ganzem und eine Karte mit einem Detail des Bauwerks.– Quartett herstellen: Die vier zusammengehörenden Karten bestehen beispielsweise jeweils aus drei Karten mit unterschiedlichen Bauteilen eines Bauwerks und auf der vierten Karte wird das Gebäude als Ganzes abgebildet.– Puzzle aus einem grossen Bild eines Bauwerks herstellen: Kopie der Abbildung laminieren oder auf Karton kleben, schneiden.

Page 3: Baukultur aktiv

Baudenkmäler auf dem Schulweg

2.1Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Auf einem Ortsplan zeichnest du deinen Schulweg ein und markierst die Baudenkmäler, die sich auf diesem Weg befinden. Informationen dazu erhältst du von deiner Lehrperson oder auf der Seite→ www.bit.ly/bauinventar-online oder auf der Gratis-App denkmappBE.

Auf deinem Schulweg hältst nun bei einem oder mehreren dieser Objekte an und versuchst die Antworten auf folgende Fragen zu finden:

→ Weshalb hast du dieses Gebäude ausgewählt?

→ Wann ist es entstanden? Was kannst du über seine Geschichte herausfinden?

→ Wem gehört es?

→ Weshalb befindet es sich wohl gerade an diesem Standort?

→ Warum ist es ein Baudenkmal?

→ Stell dir vor, es sollte abgerissen werden, du bist aber dagegen. Mit welchen Argumenten würdest du versuchen, den Abriss zu verhindern?

→ Wenn du willst, kannst du das Gebäude auch abzeichnen oder fotografieren.

In der Klasse besprecht ihr, was ihr herausgefunden habt, du kannst (wenn du welche gemacht hast) deine Bilder oder Zeichnungen den anderen zeigen und erklären.

Schulhaus, Jungfraustrasse 2, Thun

Page 4: Baukultur aktiv

Informationen für die Lehrperson

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2.1

Baudenkmäler auf dem Schulweg

Anstelle eines Ortsplans kann – wenn vorhanden – auch der Plan des Bauinventars der Denkmalpflege verwendet werden. Informationen auf → www.bit.ly/denkmalpflege oder www.bit.ly/bauinventar-online (Bauinventar der Gemeinde). Das Inventar findet sich auch auf der Gratis-App «denkmappBE» oder auf dem Geoportal: www.bit.ly/geoportal- kanton-bern.

Weiterführung:

Mit den entstandenen Produkten können ein Plakat oder ein kleines Buch für das Klassen-zimmer zusammengestellt werden.

Die Kopie einer Schwarzweiss-Aufnahme eines Gebäudes oder Strassenzugs wird nach den Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler umgestaltet, koloriert und/oder überarbeitet (ev. sogar auf dem Computer). Die Endprodukte werden vorgestellt und diskutiert.

Vereinfachte Variante:

Die Klasse bestimmt einen möglichst interessanten Schulweg einer Schülerin oder eines Schülers. Gemeinsam mit der Lehrperson begeht man diesen, wählt ein Gebäude aus und versucht, die Fragen zu beantworten. Vielleicht gibt es noch andere spannende Orte auf diesem Schulweg?

Bilder: Denkmalpflege des Kantons Bern

Page 5: Baukultur aktiv

2.2Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Entwicklung der Baudenkmäler im Ort

Auf einem Plan des Bauinventars markierst du die Baudenkmäler im Ort und schreibst ihre Entstehungsdaten dazu. Informationen dazu erhältst du von deiner Lehrperson.

Überlege dir nun folgende Fragen, welche ihr anschliessend in der Klasse besprechen werdet:

→ Wie sieht die Verteilung der Standorte und der Entstehungs- daten aus?

→ Findest du Gründe für die jeweiligen Standorte der Gebäude?

→ Kann dadurch etwas über die Siedlungsgeschichte des Ortes herausgefunden werden?

→ Wie hat sich der Grundriss der Stadt / des Dorfes verändert?

Ofenhaus, Köniz

Page 6: Baukultur aktiv

Informationen für die Lehrperson

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2.2

Entwicklung der Baudenkmäler im Ort

Informationen zum Bauinventar und den Entstehungsdaten der Gebäude: Internetadressen → siehe Auftrag 2.1

Weitere Hintergrundinformationen erhält man allenfalls auch vom Lokalhistoriker und/oder auf dem Gemeindearchiv.

Weiterführung:

Inzwischen nicht mehr vorhandene, aber bekannte Baudenkmäler können ebenfalls im Plan eingetragen werden. Sie tragen so zusätzlich zur Interpretation der Standortfrage bei.

Gibt es historische Ereignisse, die den Ortsplan beeinflusst haben? Wenn ja, welche und wie?

Lokalhistorische Ereignisse und Abbildungen von Bauwerken aus dem eigenen Ort im Zeitstrahl einordnen. Was geschieht zu dieser Zeit in der restlichen Schweiz und in der Welt, welche berühmten Bauwerke entstehen?

→ Siehe auch Modul 3, Auftrag 3.1

Bilder: Denkmalpflege des Kantons Bern

Page 7: Baukultur aktiv

Architekten im Ort

2.3Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Denkmalpflegepreis 2012, Köniz-Wabern, Sprengerweg: vorher – nachher

Mit deiner Klasse besuchst du einen Architekten in deinem Ort.

Er stellt euch seine Arbeit vor und erläutert, worauf er beim Entwurf eines neuen und der Renovierung eines alten Gebäudes achten muss, was ein «gutes» und ein «schlechtes» Gebäude ausmacht etc.

→ Überlege dir vorher genau, was du den Architekten / die Architektin in Zusammenhang mit seiner Arbeit und vor allem auch bezüglich Baudenkmäler fragen möchtest.

Page 8: Baukultur aktiv

Informationen für die Lehrperson

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2.3

Architekten im Ort

Auswahl des Architekten:

– Wenn möglich einen Architekten / eine Architektin aus dem Ort anfragen; so kann er/sie auch über Gebäude sprechen, die die Schülerinnen und Schüler kennen.– Idealerweise ist es jemand, der bereits mit Baudenkmälern zu tun und der Denkmal- pflege zusammengearbeitet hat.

→ Dieser Auftrag kann auch mit Modul 3, Auftrag 3.1 «Schulhausarchitekten» kombiniert werden.

Weiterführung:

Ausgehend von ausgewählten Bauten suchen die Schülerinnen und Schüler Informationen zu den Architekten und erstellen damit Porträts (Text und Bild).

Variante: Ausgehend von lokalen Architekten/Architektinnen suchen die Schülerinnen und Schüler Informationen zu deren Bauten und Person und erstellen damit Porträts (Text und Bild). Die Porträts werden in der Klasse erläutert und besprochen.

Die Schülerinnen und Schüler planen selber ein Gebäude und/oder stellen ein Modell her (Karton, Holz). Mit den Einzelgebäuden kann beispielsweise auch ein ganzes Quartier inkl. Umgebung / Aussenräume zusammengestellt und gestaltet werden.

Informationen zu den lokalen Architekten und zu den Architekten der lokalen Baudenkmäler finden sich im Internet, im (Gemeinde)Archiv, in der Bibliothek etc.

Bilder: Denkmalpflege des Kantons Bern

Page 9: Baukultur aktiv

Ortsführung für Touristen

2.4Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Diese Arbeit erledigst du mit einem Partner / einer Partnerin oder in einer kleinen Gruppe.

→ Ihr versetzt euch in die Rolle eines Touristenführers / einer Touris- tenführerin und überlegt euch, was ihr einer Touristengruppe in eurem Ort präsentieren würdet. Welche Orte sind euch persönlich wichtig? Welche findet ihr sehenswert?

→ Ihr zeichnet auf dem Ortsplan eine Route ein und stellt ein Programm für die Besucherinnen und Besucher zusammen. Dieses beinhaltet nebst dem Tagesprogramm auch Essen, Abendunterhaltung und Übernachtung.

Das Verkehrs- oder Tourismusbüro hat vielleicht Prospekte mit hilfreichen Informationen, wichtig ist aber, was ihr persönlich jemandem zeigen würdet.

KirchbühlKirchbühl

PfisterngasseNeuengasse

Kreuzgraben

Schmiedengasse

Grabenstrasse

Hofstatt

Rütschelengasse

Schlossgässli

Alter Markt

Hohengasse

Staldenstrasse

Hohe

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Kronenhalde

Halden

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Metzgergasse

KornhausgasseMühlegasse

Platanen

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Informationen für die Lehrperson

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2.4

Ortsführung für Touristen

Vereinfachte Variante:

Diesen Auftrag (mündlich) als Klassenarbeit durchführen. Dazu kann die Lehrperson als Vorbereitung mit der Klasse beispielsweise einen Durchgang durch den Ort machen und die Baudenkmäler, Attraktionen und andere, den Schülerinnen und Schülern wichtige, Punkte vor Ort anschauen.

Weiterführung:

Übertragen des Auftrags in die Fremdsprachen, beispielsweise zu Themen wie Weg- beschreibungen, Sehenswürdigkeiten etc. → siehe Beispiel.

Die Schülerinnen und Schüler bieten in Kleingruppen in ihrem Ort Führungen für die Bevöl-kerung an. Diese können je nach Interesse und Alter der Klasse nebst Baudenkmälern und Attraktionen auch andere Themen beinhalten, beispielsweise Lieblingsort, Un-Orte etc.

Beispiel:

Berthoud – informations importantes pour les touristes

Tu es un / une guide à Berthoud. La semaine prochaine, un groupe de 20 touristes de la France (enfants, adolescents et adultes) va visiter ta ville pendant quatre jours.

Maintenant, il te faut préparer le programme pour ce groupe.

– Quels monuments et lieux est-ce que vous allez visiter ?– Quel est votre tour de ville ?– Où est-ce que vous allez manger ?– Qu’est-ce que vous faites le soir ?

Bild: Stadtplan von Burgdorf (Denkmalpflege des Kantons Bern)

Page 11: Baukultur aktiv

Baugeschichte

2.5Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Mit der Klasse besucht ihr das Archiv in eurer Gemeinde. Hier erfährt ihr mehr über die Baugeschichte wichtiger Bauten im Ort und könnt schriftliche Quellen, Abbildungen und Pläne studieren.

Die Archivarin /der Archivar stellt das Archiv vor und erzählt etwas über ihre/seine Arbeit in einem Archiv.

Page 12: Baukultur aktiv

Informationen für die Lehrperson

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2.5

Baugeschichte

Die Schülerinnen und Schüler bekommen einen Einblick in die vorhandenen Quellen und Pläne zu den Baudenkmälern im Ort.

Falls vorhanden, zeigt der Archivar / die Archivarin besonders wertvolle, lustige, skurrile, … Dokumente.

Für Fortgeschrittene:

Falls genügend Material vorhanden ist, können sich die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen mit ausgewählten Gebäuden beschäftigen und diese porträtieren.

Die Erkenntnisse werden später in der Klasse besprochen, die Porträts der Bauten gezeigt und erläutert.

Falls nötig, finden sich weitere Informationen zu den Baudenkmälern im Ort auch im Inter-net, im Bauinventar (Internetadressen → siehe Auftrag 2.1), in «Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern», im «Kunstführer durch die Schweiz – Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Solothurn» (→ siehe weitere Downloads «Literaturliste»).

Weiterführung:

Mit den entstandenen Produkten können ein Plakat oder ein kleines Buch für das Klassen-zimmer zusammengestellt werden.

Lokalhistorische Ereignisse und Abbildungen von Bauwerken aus dem eigenen Ort im Zeitstrahl einordnen. Was geschieht zu dieser Zeit in der restlichen Schweiz und in der Welt, welche berühmten Bauwerke entstehen?

→ Siehe auch Modul 3, Auftrag 3.1

Bild: Archiv Bauinspektorat Thun

Page 13: Baukultur aktiv

Architekturgeschichte im Ort

2.6Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Deine Lehrperson oder eine Fachperson der Denkmalpflege begleitet euch auf einer Besichtigung im Ort. Dabei geht es um Geschichte und wichtige Bauwerke.

Vorher überlegst du dir aber die folgenden Fragen (ihr werdet sie auch in der Klasse diskutieren).

→ Wann / wieso sehen Gebäude «alt» aus? Sind sie ungepflegt? Haben sie eine andere Form als «neue» Häuser? Wenn ja, welche? Bestehen sie aus anderen Materialien als «neue» Häuser? Wenn ja, aus welchen? Wann findet man ein altes Haus «schön», wann gilt es als «heruntergekommen»?

→ Was macht ein Gebäude / Ort zu einem «besonderen Gebäude / Ort»?

→ Was spricht dafür / dagegen, alte Gebäude, die nicht mehr den modernen Standards entsprechen, zu erhalten?

Das Tätschdachhaus in Schwarzenburg vor der Sanierung

Page 14: Baukultur aktiv

Informationen für die Lehrperson

Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt 2.6

Architekturgeschichte im Ort

Exkursion / Besichtigung im eigenen Ort: Geschichte, Siedlungsentwicklung, wichtige Bauwerke. Bei Bedarf kann eine Fachperson der Denkmalpflege des Kantons Bern dafür engagiert werden.

Als Vorbereitung werden in der Klasse die Fragen im Auftrag für die Schülerinnen und Schüler besprochen.

Im Lehrmittel «Gebaute Geschichte» von Gerd Kähler, S. 30/31 (→ siehe weitere Downloads «Literaturliste») werden im Zusammenhang mit der Thematik «Heutige Probleme im Um-gang mit einer gut erhaltenen mittelalterlichen Stadt» folgende Überlegungen angestellt:

→ Problem: Unterschiedliche Interessen prallen aufeinander– Wirtschaftliche Interessen (z.B. Tourismus)– Attraktivität für Touristen– Denkmalpflegerische Interessen – Praktisches Funktionieren für die Bürger/innen– Ökonomische Vorstellung von der Nutzung eines Hauses (Eigentümer)

→ Belegbarer Bauzustand ↔ Herrichtung alter Bauten

→ Gelungene Sanierung:– Technik: Wärmedämmung, Stand- und Feuersicherheit– Nutzung verträgt sich mit Struktur des Altbaus

Dies lässt sich generell auf eine Ortschaft übertragen; zeigt das Spannungsfeld, in dem sich u.a. die Denkmalpflege bewegt. Die Fachperson der Denkmalpflege in diese (Klassen)- diskussion einbeziehen.

Weiterführung:

Lokalhistorische Ereignisse und Abbildungen von Bauwerken aus dem eigenen Ort im Zeitstrahl einordnen.

→ Dieser Auftrag kann mit Modul 1, Auftrag 1.4 «Baudenkmäler – Denkmalpflege: Was ist ein Baudenkmal?» kombiniert werden.

Bild: Denkmalpflege des Kantons Bern

Page 15: Baukultur aktiv

Foto-OL: Baudenkmäler im Ort

2.7Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Du bekommst von deiner Lehrperson einen Foto-OL zu den Baudenkmälern im Ort und

→ findest heraus, um welche Bauten es sich handelt.

→ findest heraus, wo sich diese befinden.

→ hältst den genauen Standort im Grundrissplan des Schulhauses oder im Ortsplan fest.

Vielleicht stellt dir deine Lehrperson auch noch zusätzliche Aufgaben.

Page 16: Baukultur aktiv

Informationen für die Lehrperson

2.7Baukultur aktivMein Dorf, meine Stadt

Foto-OL: Baudenkmäler im Ort

Die Lehrperson erstellt einen Foto-OL mit den wichtigsten (Bau)denkmälern (und/oder Gebäuden, die sie als Baudenkmal erachtet) im Ort.

Anhand der Fotos und Hinweise finden die Schülerinnen und Schüler heraus, um welche Bauten es sich handelt, können die eventuell dazu gestellten Aufgaben lösen und die Gebäude / Denkmäler im Ortsplan eintragen.

Alternativvariante:

Die Schülerinnen und Schüler gestalten selber einen Foto-OL mit den wichtigsten (Bau)denkmälern: In Kleingruppen suchen sie geeignete Bauten (ev. in ihnen zugewiese-nen Quartieren), fotografieren diese und stellen einen Foto-OL für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler her.

→ Dieser Auftrag kann mit Modul 1, Auftrag 1.5 «Bauteile: Foto-OL» kombiniert werden.

Bilder: Schulhaus in Riggisberg; Bauernhaus in Langnau; ehem. Cartonnage-Fabrik in Nidau; Bauernhaus in Iffwil (Denkmalpflege des Kantons Bern)

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Baukultur aktivBaustoffe und Konstruktionsarten 4A

Der kleine36 Samstag, 5. November 2011 —

Hintergrund

Walter Däpp (Text) und Hansueli Trachsel (Bilder)Die Waldegg, das einst beliebte Ziegelrie-der Dorfbeizli, gibt es nicht mehr. Auch das Dorflädeli ist verschwunden. Und auch die Käserei. Doch ausgerechnet das seit Jahren heftig umstrittene skurrile Haus des spleenigen ungarischen Archi-tekten Elemér Zalotay steht noch. Zum Leidwesen etlicher Nachbarn, die dieses «Forschungshaus», wie Zalotay es nennt, als «unordentlich zusammengebastelte Hütte» und als «Schandfleck» betrachten. Und die es, samt seinem eigenwilligen Er-bauer und Bewohner, endlich weg haben möchten – «lieber heute als morgen».

Dieses «Ghütt» habe nie hierherge-passt, hört man. Ein Liegenschaftshänd-ler, der nebenan mit konventionellen Ein-familienhäuschen geschäftete, befand einmal, Zalotays Gebäude wirke «auf einen Beobachter mit durchschnittlichem Geschmacksempfinden abstossend und provokativ».

Und der 79-jährige Zalotay selber, der

in der Zeit des Ungarn-Aufstands 1956 eigenen Angaben zufolge in seiner Hei-mat mehrfach inhaftiert war und 1973 «endlich eine Ausreisegenehmigung in die Schweiz» erhielt, bekommt bis heute hautnah zu spüren, dass er hier, im klei-nen bernischen Dörfchen Ziegelried in der Gemeinde Schüpfen, für viele noch immer ein Fremder ist. Und ein «Queru-lant». Einer, der mit seiner eigenwilligen «Ghüder-Architektur» seit Jahren eben provokativ kundtut, dass ihm jedes durch-schnittliche Geschmacksempfinden egal ist.

«Reizvolles Märchenhaus»Doch immerhin: Franziska Würsten, eine von Elemér Zalotays direkten Nachbarinnen, findet sein «Märchen-haus» reizvoll. Und sie hat auch «zu ihm selber einen guten Draht». In die-ser ansonsten doch so properen Einfa-milienhaussiedlung am Westrand des Schüpfener Dörfchens Ziegelried sei Zalotays Haus ein erfrischend unkon-ventioneller Akzent: «Das Haus lebt. Und ich bin froh, dass mein Onkel Heinz Würsten es 2003 kaufen konnte.»

Würsten, Baumeister in Zweisimmen, hat offensichtlich Gefallen gefunden an diesem speziellen Objekt. Solange es Elemér Zalotays Zuhause sei, sagt er, werde er jedenfalls nur die notwendigs-ten Renovationsarbeiten ausführen. So habe er – zusammen mit Zalotay – so-eben begonnen, «das Dach abzuräumen,

ein neues Flachdach zu erstellen und mit einer undurchlässigen Kautschukfo-lie abzudecken». Später werde er – im Rahmen der denkmalschützerischen Vorgaben – weiterschauen. «Wer in die-sem Haus wohnt», sagt er, «muss hand-werkliches Geschick haben. Da wird man immer etwas zu basteln haben.» Zalotay selber bastelt seit 1979 daran. Mit scharfkantigen Blechstücken, mit

spitzen Glasscherben, mit Stahlseilen, mit Ketten, mit Holzbauteilen, mit Stei-nen, mit Recyclingmaterial, das er ir-gendwo zusammengesucht hat, mit herbeigeschleppten flauschigen Polster-sesseln und sonstigem Mobiliar. Und mit Mörtel und Zement.

Der Eingangspfad in sein Zauber-schloss führt über wild überwucherte Treppenstufen und über eine Art Hän-gebrücke, die der filigranen Miniatur einer mittelalterlichen Festungsbrücke gleicht und der Belastung erstaunlich gut standhält. Drinnen droht man über unebene Bodenmosaike zu stolpern, hätte aber allenfalls die Chance, sich an ungezählten kreuz und quer aufge-spannten Drähten, Seilen, Stricken und Schnüren zu halten oder von Wandbe-hängen und Teppichen weich aufgefan-gen zu werden.

Es ist staubig hier, aber trotz faszi-nierendem Durcheinander erstaunlich sauber, sogar recht ordentlich und wohnlich. Es gibt Verblüffendes zu sehen: das Bett, das, an Seilen aufge-hängt, in der Luft schwebt und sich per Flaschenzug heben und senken lässt. Skulpturen, Vasen, Kerzenständer, Körbe. Den mit grün oxidiertem Blech eingefassten Tisch, den Zalotay aus einer Frienisberger Buche geschreinert hat. Eine seiner drei Katzen, die sich vor den ungewohnten Eindringlingen duckt. Bilder, die an Seilen hängen und mit rostigem Blech eingerahmt sind. Steine, die am Ofenrohr hängen –

«zwecks Wärmespeicherung», wie Zalotay erklärt. Apfelschnitze, die auf dem Ofen schmoren. Gestelle, die nicht hingestellt, sondern an Hanfseilen auf-gehängt sind. Auch ein riesiger Leuch-ter hängt an einem langen, dünnen Drahtseil.

«Wie Musik von Pink Floyd»Und wenn man nach oben blickt, an die wie ein permanentes Provisorium an-mutende Glas- und Blechdecke, dann staunt man, dass diese zusammenge-bastelte Herrlichkeit den Gesetzmäs-sigkeiten der Statik zu entsprechen und auch Wind und Wetter zu trotzen ver-mag. So ganz dicht scheint das Haus-gebilde zwar nicht zu sein, da und dort rinnt manchmal etwas Wasser durch Ritzen und Löcher. Und die Küche, das Reich von Zalotays Wohnpartner, ist reizvoll umrankt mit Efeu, das vor Jah-ren schon begonnen hat, ins Haus hin-einzuwuchern. Statt es daran zu hin-dern, hat man es willkommen geheis-

Zalotays ZauberschlossArchitektonische Trouvaille oder provokativer Schandfleck? Gewiss ist nur, dass das denkmalgeschützte Haus des ungarischen Lebenskünstlers Elemér Zalotay in Ziegelried bei Schüpfen allen Stürmen trotzt.

Elemér Zalotays Gesamtkunstwerk: Seit 1979 bastelt er an seinem Zuhause – mit scharfkantigen Blechstücken, spitzen Glasscherben, Stahlseilen, Ketten, Holzbauteilen, Steinen und Recyclingmaterial.

«Abstossend und provokativ»? Detailansicht des «Forschungshauses».

«Das Haus lebt. Ich bin froh, dass mein Onkel es kaufen konnte.»Franziska Würsten, Nachbarin

«Schön wäre, wenn Zalotay punkto Ord-nung etwas mehr Flair hätte.»Ueli Hunziker, SVP-Gemeindepräsident

Artikel aus: «Der Bund», 5.11.2011, S. 36 Stand: 1.3.2015

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Baukultur aktivBaustoffe und Konstruktionsarten 4A

Artikel aus: «Der Bund», 5.11.2011, S. 37

Der kleine — Samstag, 5. November 2011 37

sen: Auch die Natur soll in Zalotays Wohnparadies ihren Platz haben. Das Grün der Pflanzen verträgt sich gut mit dem Grünspan des recycelten Kupfer-blechs.

Doch von Harmonie hält Elemér Za-lotay wenig. Er schwärmt von Dissonan-zen: «Schönheit findet man in Dissonan-zen. Mein Haus ist wie Musik von Pink Floyd. Archaisch und modern.» Es sei «ein Zufallsprodukt», das eigentlich Ver-gangenheit sei. «Das hier», meint er, mit Blick auf Zeichnungen, Skizzen und Pläne, die er plötzlich ausbreitet, sei die architektonische Zukunft. Er brummt etwas von einem «160-stöckigen Wol-kenkratzer aus Wasser, abgefüllt in Hun-derte von Blechbehältern», womit sich der Bau von Hochhäusern revolutionie-ren und der Durchschnittsmietzins um fünfzig Prozent reduzieren liesse. Dass noch immer niemand da ist, der seine kühne Vision umsetzen würde, kann er nicht verstehen. Denn er hält nach wie vor für genial, was andere schon als «abstrus», «unrealisierbar» und als reine «Art Vision» abqualifiziert haben.

«Wie aus dem Brockenhaus»Doch auch wenn Zalotays Streben nach später Anerkennung für seine wirr an-mutenden Hochhausvisionen wohl er-folglos bleiben wird, kann er sich im-merhin darüber freuen, dass seine ver-wunschene Bauakrobatik in Ziegelried auch nach über dreissig Jahren und ebenso vielen nachbarlichen Anfein-dungen noch immer Bestand hat. Sie hat schon faustgrosse Steine überlebt, mit denen Unbekannte einst die Schlaf-

zimmerscheibe seines «Palais ideal« zertrümmerten. Und sie hat auch einer Petition getrotzt, in der über dreihun-dert Bürgerinnen und Bürger einst ver-langten, das Haus sei «mit Bulldozern niederzuwalzen».

«Diese Nachbarn fühlen sich durch Elemér Zalotays Haus in ihrem Wertsys-tem direkt angegriffen», sagt der Archi-tekturkritiker und Stadtwanderer Bene-dikt Loderer: «Das Haus könnte aus einem architektonischen Brockenhaus stammen, es ist undicht, unperfekt», sagt er. Damit führe Zalotay den Nach-barn vor Augen, dass es neben ihren «Hüsli», die sie doch liebevoll aufgebaut hätten, auch andere Wertvorstellungen gebe. Wenn dabei um Formen gestritten werde, sei das nur ein Vorwand. Denn eigentlich sei für die Kritiker nicht das unkonventionelle Nachbarhaus nicht dorfgerecht, sondern «der Typ, der es gebaut hat».

«Ein schönes Stück Architektur»Dieser «Typ», der unbeirrbare und streitbare Elemér Zalotay, erhielt im Laufe der Jahre aber auch Sukkurs – aus dem In- und Ausland. So sagte etwa der Architekt Urs Grandjean 1984 in einem Interview, Zalotays Haus sei «wertvol-ler als alle anderen in unmittelbarer Umgebung». So bewunderte die Fach-zeitschrift «The Architectural Review» 1986 Zalotays «experimental house» und schwärmte vom neuen Geist («new spirit»), der hier «wie ein Zeichen der Hoffnung» spürbar sei. So riefen Archi-tekturstudenten aus Neapel, die 1984 nach Ziegelried gepilgert waren, in der italienischen Zeitschrift «Domus» dazu auf, das Haus zu retten.

So liess der französische Architek-turhistoriker Michel Ragon aus der Ferne verlauten, er sehe da «ein Stück schöne Architektur», neben «bemitlei-denswerten» umliegenden Häusern. So brachte es Zalotays Zauberschloss sogar in eine japanische Fachzeitung. Und so setzte sich der bekannte frü-here SBB-Architekt Uli Huber 1991 in einem Brief an seine BSA-Architekten-kollegen für Zalotays Haus ein: «Es ist nicht nur andersartig. Es ist viel besser, viel diskreter als alles andere, was dort an gebauter trostloser Biederkeit her-umsteht. Das gebastelt-gebaute Kunst-werk scheint mir eins mit der Natur zu sein. Wenn es dereinst zerstört ist, wird das grosse Wehklagen anheben. Bitte unternehmt jetzt etwas.»

Hubers Warnruf und die begeistern-

den Stimmen aus nah und fern verhall-ten nicht ungehört. Im Juni 1992 bean-tragte die kantonale Kunstaltertümer-kommission, das «Objekt Nr. 366, Schüpfen/Ziegelried, Stapfacker» in das Inventar der geschützten Kunstal-tertümer aufzunehmen – befristet auf vierzig Jahre. Die Kommission machte geltend, das «höchst eigenwillige, 1979 gebaute und stark umstrittene Ge-bäude» werde in verschiedenen Fach-publikationen sehr gelobt. Die massive Überschuldung des Bauherrn und Architekten lasse «eine Zwangsverwer-tung wahrscheinlich erscheinen», wes-halb dieser um Unterschutzstellung des Gebäudes ersucht habe.

Der Regierungsrat stimmte der Unterschutzstellung zu. Und Jürg Schweizer, der damalige kantonale Denkmalpfleger, ist noch heute «froh, dass dieser ästhetisch eigenwillig-ein-zigartige Bau noch steht» – dass es da-mals gelungen sei, ihn für einen befris-teten Zeitraum unter Denkmalschutz zu stellen.

Als Recycling-Pionier gewürdigtMichael Gerber, der heutige Denkmal-pfleger des Kantons Bern, pflichtet Schweizer bei. Er befürwortet den da-maligen Schutzentscheid, zeigt aber auch Verständnis dafür, dass Nachbarn Zalotays es anders sehen – und dass es für gewöhnliche Passanten nicht unbe-dingt leicht nachvollziehbar ist, dass «ausgerechnet dieses Haus unter Denk-malschutz steht». Gerber ist deshalb froh, «nicht ästhetisch, sondern denk-malpflegerisch urteilen zu müssen». Da würdigt er vor allem Zalotays Bauen mit Recyclingmaterial: «Er hat pionier-haft bewiesen, dass man aus Abfall, aus unserer Hinterlassenschaft, etwas bauen kann. Es ist also durchaus denk-malwürdig, dass dieses spezielle Haus heute noch steht.»

Andererseits müsse man aber auch feststellen, dass das Weiterbauen im Laufe der Jahre nicht konsequent wei-tergeführt worden sei: «Elemér Zalotay hat verschiedene Verpflichtungen nicht erfüllt, die er durch die Unterschutz-stellung hätte erfüllen müssen. Mit der Erhöhung des Daches zum Beispiel hat er sich über Vorgaben hinweggesetzt. Die Veränderungen, die er vorgenom-men hat, sind massiv. Für mich ist des-halb die 1992 erfolgte Unterschutzstel-lung heute nicht mehr gegeben.» Ihre Auflösung stehe allerdings nicht zur Diskussion, da der heutige Besitzer derzeit keine Absicht habe, etwas zu verändern.

«Wir können damit leben»Das nimmt Landwirt Ueli Hunziker, als SVP-Vertreter seit elf Jahren Gemeinde-präsident von Schüpfen, einigermas-sen gelassen zur Kenntnis. Er gibt zwar murrend zu bedenken, dass «dieses Haus immer zu Diskussionen Anlass gegeben hat» und dass Zalotay sich wiederholt über Bauvorschriften hin-weggesetzt und damit die Dorfbevölke-rung «vertäubt» habe – vor allem mit der zweiten Fassade, die er ohne Bau-bewilligung über die wasserdurchläs-sige erste Holz-Glas-Fassade gestülpt habe. Der Regierungsstatthalter hatte daraufhin den Abbruch der zweiten Fassade verfügt, doch das Verwaltungs-gericht stützte dann Zalotays Beschwerde.

Heute sei der Widerstand in der Ge-meinde nicht mehr so gross wie früher, sagt Gemeindepräsident Hunziker, es werde kaum noch «von Schandfleck oder so» geredet. Man könne «im Dorf damit leben, obschon halt nicht nur das Haus speziell sei, sondern auch sein Erbauer und Bewohner». Persön-lich habe er mit Zalotay allerdings nie Probleme gehabt.

«Das Haus ist sein Kind»Und nach all den Jahren verstehe er nicht nur die verärgerten Anwohner (von denen sich einer unlängst wieder öffent-lich über Zalotays Bäume beklagt hat, die ihm die Aussicht versperren würden), er habe sogar auch «e Blätz wyt» Verständ-nis für ihn: «Das Haus ist sein Kind. Er möchte so lange wie möglich dort leben. Da begreife ich ihn. Schön wäre aller-dings, wenn er zumindest punkto Ord-nung etwas mehr Flair hätte.» Nach dem jüngsten Gespräch mit dem neuen Besit-zer scheine es aber, dass «da endlich etwas geht».

Er selber möchte allerdings nicht in Zalotays «Verschlag» leben, lacht Hunzi-ker: «Nein, ums Himmels willen nicht. Ich wohne in einem 1806 erbauten, also über zweihundertjährigen stattlichen Berner Bauernhaus. So lange wird Zalotays Hütte nicht Bestand haben.»

Es ist staubig hier, aber trotz faszinierendem Durcheinander erstaunlich sauber, sogar recht ordentlich und wohnlich.

«Das Haus könnte aus einem architektonischen Brockenhaus stammen», sagt Stadtwanderer Benedikt Loderer.

«Nein, ums Himmels willen nicht»: Gemeindepräsident Hunziker möchte nicht in Zalotays «Verschlag» leben.

«Er hat bewiesen, dass man aus Abfall etwas bauen kann.»Michael Gerber, Denkmalpfleger

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Baustilkunde

Erziehungsdirektion des Kantons Bern Amt für Kultur/Denkmalpflege Münstergasse 32 3011 BernTelefon 031 633 40 [email protected]

Frühchristliche Architektur 3.–6. Jh

Romanische Architektur 800/1000–1150

Gotische Architektur 1150–1500

Renaissance Architektur 15./16. Jh.

Architektur des Barock 1600–1770

Klassizistische Architektur 1750–1850

Architektur des Historismus 1830–1900

Architektur des Jugendstils 1895–1910

Architektur des Heimatstils um 1900–1940

Ingenieurarchitektur 1850/70–heute

Die Moderne – Neues Bauen 1910–1940

Architektur der Fünfzigerjahre 1950–1959

Neuere Architekturströmungen ab 1960

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Barock ist Kunst und Architektur der Gegenreformation → «barocco» heisst «unregelmässig».

Die absolutistischen Herrscher inszenieren ihren Reichtum, ihre weltliche und kirchliche Macht; Barock ist extravagant.

Aufwändige Verzierungen als Gegenbewegung zur eher strengen Architektur der Renaissance.

Baukultur aktiv – BaustilkundeArchitektur des Barock 1600–1770

Typische Merkmale:

Pathos, Prunk, Fülle

Kuppeln

ineinander greifende Formen

→ gedreht und gebogen

kaum gerade Linien

plastische Fassaden

Bewegung

Licht- und Schatteneffekte

Stukkaturen und Vergoldungen

Hauptkuppel des Petersdoms, Rom, Italien, 1590

Architektur des Barock1600–1770

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Stand: 1.3.2015

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farbiger Marmor

symmetrische Gestaltung

→ Gebäude und Gärten

Putten

starke Betonung der Mittelachse

Ellipse als Grundriss

Deckengemälde in Kirchen

→ Darstellung von Himmel, Gott, Engeln

grosse Treppenanlagen

Natur als formbare Masse

Baukultur aktiv – BaustilkundeArchitektur des Barock 1600–1770 2

Von-Wattenwyl- Haus, Bern

Das Béatrice-von-Wattenwyl-Haus (ursprünglich Frisching-Haus) an der Junkerngasse 59 ist ein aus drei ehemaligen Gebäudeeinheiten zusammen-gewachsenes Stadtpalais, welches ab 1705 unter Samuel Frisching umfassend umgestaltet und in den Jahren 1949, 1957/58 und 2006 renoviert worden ist. 1838 kommt das Haus in den Besitz der Familie von Wattenwyl und geht 1934 durch ein Legat (Schenkungsvertrag) an die Schweizerische Eidgenossenschaft über. Zu diesem Zeitpunkt erhält es den Namen der Ehefrau des verstorbenen Jakob Emanuel von Wattenwyl. Heute finden hier Empfänge des Bundesrates und die Von-Watten-wyl-Gespräche (zwischen Bundesrat und Regie-rungsparteien) statt.

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Baukultur aktiv – BaustilkundeArchitektur des Barock 1600–1770 3

Die Hauptfassade ist gegen Süden gerichtet, die Gartenanlage erstreckt sich in fünf Terrassen über den Aarehang bis in die Matte. Die äusserst reiche Innenausstattung gehört verschiedenen Stilrichtungen an, welche aber wegen einer Legatsbestimmung nicht vereinheitlicht wurden. Die Mittelachse des Gebäudes wird durch einen Mittelrisaliten mit Giebel betont.

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1 Estrade2 Freitreppen3 Sockelgeschoss4 Hochparterre5 Hauptgeschoss6 Lisenen7 Gurtgesims8 Gebälk9 Kranzgesims10 Mittelrisalit11 Freitreppe12 Hauptbalkon mit Konsolen13 Hauptfenster mit Bekrönung14 Giebelfeld mit Kartusche15 Dachfenster16 Dachreiter

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Weitere Beispiele:

Hauptwache, Bern

1766–1770 wurde das Gebäude als Wachthaus am Theaterplatz 13 erbaut. Es ist eines der bedeu-tendsten Werke des Architekten Niklaus Sprüngli, Umgestaltungen erfolgten im 19. Jahrhundert, 1909/1910 (Umbau zum Geschäftshaus) und 1938.

Residenz Würzburg, Deutschland

1719–1746 von Johann Balthasar Neumann errich-tet, ist dieser Bau ein bemerkenswertes Beispiel der Verschmelzung von Architektur, Plastik und Malerei. Im Innern befindet sich das grösste zusammenhängende Fresko (= Wandmalerei auf Kalkputz) der Welt, gestaltet von Tiepolo. Es zeigt die Personifikationen der vier Kontinente. In Auf-trag gegeben wurde die Residenz für den Fürst- bischof Johann Philipp Franz von Schönborn.

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1 Doppelsäule2 Kranzgesims3 Lukarne mit Ochsenauge4 Lukarne mit Rundgiebel5 Mansarddach

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Benediktiner-Abtei, Einsiedeln

934 entstand in Einsiedeln ein Männerkloster, welches noch heute in Betrieb ist. Der barocke Klosterbau wurde ab Anfang 18. Jahrhundert nach Plänen von Caspar Moosbrugger erbaut, 1735 fand die Weihung der Kirche statt. Anziehungs-punkt für Pilger und Touristen ist auch die Schwar-ze Madonna (Einsiedler Muttergottes) aus dem 15. Jahrhundert.

Schloss Versailles, Paris, Frankreich

Die heute riesige Schlossanlage wurde 1623– 1631 als Jagdschloss für Louis XIII. erbaut. 1661 beschloss Louis XIV. den Bau zum Sitz des fran- zösischen Hofes und der Regierung zu machen, was unzählige (Aus)baumassnahmen bis ins 18. Jahrhundert zur Folge hatte. Dabei wurde unter anderem auch der 70 m lange Spiegelsaal gebaut (Architekten → Louis Le Vaux, Jules Har-douin-Mansart).

Petersdom Rom, VorbauItalien, Grundsteinlegung 1506, Weihe 1626

Kuppel des PetersdomsRom, Italien, Grundsteinlegung 1506, Weihe 1626

Il GesùRom, Italien, 1576–1584

Isola BellaLago Maggiore, Schweiz, 1632–1671

Petersplatz RomItalien, 1656–1667

InvalidendomParis, Frankreich, 1675–1706

BenediktinerstiftMelk an der Donau, Österreich, 1702–1746

Palais BesenvalSolothurn, Schweiz, 1703–1706

Trevi-BrunnenRom, Italien, 1732–1762

Kathedrale von St. GallenSchweiz, 1756–1761

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Wichtige Architekten:

Gian Lorenzo Bernini 1598–1680

Francesco Borromini 1599–1667

Louis Le Vau 1612–1670

Jules Hardouin-Mansart 1646–1708

Johann B. Fischer von Erlach 1656–1723

Andreas Schlüter 1659–1714

Johann Balthasar Neumann 1687–1753

Niklaus Sprüngli 1725–1802

Elemente der Renaissancearchitektur

Rocaille (Muschelwerk) mit Putten Treppengeländer mit Rocaillemotiven

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Dreieckgiebel, verkröpft Segmentgiebel, gesprengt, mit Ochsenauge

Hauptkuppel des Petersdoms, Rom, Italien, 1590

1 Tambour 2 Säulenpaare vor Strebepfeilern3 Gebälk4 Dreieck- und Segmentgiebel im Wechsel5 Attika6 Rippen7 Laterne

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Parkanlage Schloss Versailles Paris, FrankreichPuzzle: Bilder in Stücke schneiden

Selber einen Schlosspark entwerfen (Grundrisspläne finden sich zahlreich im Internet)

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