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Neurokognitive Forschung zu Lernstörungen:
Befunde und Konsequenzen für die Intervention
Karin LanderlUniversität Salzburg
Lesen/Rechtschreiben & Rechnenzentrale Kulturtechnikenwichtig für Schulerfolg und Chancen am Arbeitsmarktkönnen spezifisch gestört sein:“umschriebene Lern-/Entwicklungsstörung”: – Lesen/Rechtschreiben: Legasthenie/Dyslexie– Rechnen: Dyskalkulie
Drei Annahmen über neurologischbedingte Entwicklungsstörungen
•Die meisten kognitiven Komponenten sind intakt
• ein kognitives Defiziterklärt vieleProbleme
• Kompensationaber Schwierigkeiten bleiben
Annahme bei einerneuro-kognitiven Theorie
• Es gibt einen angeborenen Mechanismus für die kritische Fähigkeit, die man zum Lesen / Rechnenbraucht• Angeborene start-up Mechanismen ermöglichenFast-track Lernen (Mit normaler Stimulation von derUmwelt)
• Was passiert, wenn der start-up Mechanismusnicht funktioniert? Vielleicht durch genetischeProgrammfehler?
• Es folgt eine Entwicklungsstörung
Was ist der kritische‘Start-up’ Fehler by Legasthenie?
Phonologieermöglicht fast-track Lernen von Sprache
Der start-up Mechanismus derPhonologie ist gestört...
Kein fast-track Lernen von gesprochener Sprache
Kein fast-track Lernen von geschriebener Sprache
Kein fast-track Lernen von Fremdsprachen
Langsames kompensatorisches Lernen
Störung der Leseflüssigkeit und Rechtschreibstörung treten isoliert auf und sind mit unterschiedlichen kognitiven Defizitenassoziiert (Wimmer, Mayringer & Landerl, 2000; Mayringer & Wimmer, 2002)
N= 530 Kinderisolierte RS: 4 % isolierte LS: 5% LRS: 7 %
Warum ist langsames Lesen ein Problem?
Landerl (2000):österreichweite Erhebung des Leseverständnisses und der Lesegeschwindigkeit (N=2604 Kinder am Ende der 3. Schulstufe)
Leseflüssigkeit (Anzahl gelesener Sätze)Satzlesetest: Anzahl bearbeiteter Sätze
80706050403020100
HA
MLE
T 3-
4 (R
ohw
ert)
40
30
20
10
0
Lese
vers
tänd
nis
(Anz
ahl k
orre
kter
Ant
wor
ten) r=.64
Leseflüssigkeit: Anzahl bearbeiteter Sätze (SLS 1-4)
Dyskalkulie:
Welches kognitive Defizit ?
Domäneübergreifende Verursachungshypothesen• Problemlöseverhalten• Arbeitsgedächtnis• Abruf aus dem semantischen Gedächtnis• allgemeine kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit• visuell-räumliche Verarbeitung
Dyslexie Dyskalkulie
?
Domäne-spezifische Erklärung:
Number sense (Dehaene, 1992)Number module (Butterworth, 1999)
PhonologischesDefizit
Defizit inZahlen-
repräsentation
Dyslexie Dyskalkulie
Basale Zahlverarbeitung bei Kindern mit Rechenschwäche und/oder LeseschwächeLanderl, Bevan, & Butterworth (2004), Cognition
Annahme: Dyskalkulie ist durch ein subtiles Defizit der basalen kognitiven Verarbeitung von Numerosität verursacht
Prädiktionen: • Nur bei Vorliegen einer Rechenschwäche sind entsprechende Auffälligkeiten der Zahlenverarbeitung festzustellen. • Komorbide Lese- (oder sonstige) Auffälligkeiten haben keinen wesentlichen Einfluss auf das Störungsbild
Basale Zahlverarbeitung bei Kindern mit Rechenschwäche und/oder LeseschwächeLanderl, Bevan, & Butterworth (2004), Cognition
Control (N=18)
Reading disabled
RD
(N=10)
Maths disabled
MD (N=10)
Double deficit
MD/RD (N=11)
Age in mths 108.7 (8.6) 110.1 (5.9) 103.7 (6.0) 103.9 (5.7)
IQ (percentile) 50th - 75th 75th 75th – 90th 75th
BAS reading (RA-CA in mths) -0.94 (6.9) -19.90 (4.8) -6.30 (6.4) -19.73 (6.6)
BAS numeracy (NA-CA in mths) 5.72 (8.1) 0.90 (5.5) -8.20 (10.4) -7.18 (8.3)
Digit span standard score 10.24 (2.3) 8.60 (1.5) 10.80 (4.0) 8.22 (1.6)
Mazes standard score 9.88 (2.5) 10.60 (2.5) 12.10 (3.5) 10.11 (2.7)
Arithmetic facts: RTs
2000
4000
6000
8000
10000
12000
14000
addition subtraction multiplication
RTs
in m
s Contr
RD
MD
MD/R
Arithmetic fact
23456789
101112
addition subtract
Num
ber c
orre
ct
s: accuracy
ion multiplication
Control
RD
MD
MD/RD
Welche Zahl ist größer?
3 9 3 9Size and number comparison
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
size comparison number comparison
RTs
in m
s Control
RD
MD
MD/RD
Number sequences
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
1 - 20 45 - 65 2 - 20 20 - 1
Tim
e in
sec
onds Control
RD
MD
MD/RD
Zählgeschwindigkeit
dot counting
010002000300040005000600070008000
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
no. of dots
RTs
in m
s
double deficitdyscalculicdyslexiccontrol
Dot counting: subitizing range
1000
1100
1200
1300
1400
1500
1600
1700
1 2 3
no. of dots
RTs
in m
s double deficit
dyscalculic
dyslexic
control
Subitizing -empirische Evidenz für Start-up Fehler?
500
700
900
1100
1300
1500
1700
1900
1 2 3 4
no. of dots
RTs
in m
s
control dyscalculic dyslexic/dyscalculic
Landerl & Reitsma (in prep.)
Bruandet, Molko, Cohen, & Dehaene (2003)
• Kinder mit umschriebener Rechenschwäche zeigen Schwierigkeiten im Bereich der basalen Zahlverarbeitung – ansonsten unauffällig
• Kinder mit umschriebener Leseschwäche unterscheiden sich in basalerZahlverarbeitung nicht von der Kontrollgruppe - abgesehen von beeinträchtigter Artikulation
• Kinder mit kombinierter Lese- und Rechenschwäche zeigen ein ähnliches Muster wie Kinder mit isolierter Rechenschwäche – keine spezifischen Auffälligkeiten, die sich aus Leseschwierigkeiten ableiten ließen
Evidenz fü Unabhängigkeit der beiden Entwicklungsstörungen:
PhonologischesDefizit
Defizit inZahlen-
repräsentation
Dyslexie Dyskalkulie
Neurologische Evidenz
Dyslexie: geringere Aktivierung im linken Temporallappen
Paulesu et al. (2001)
Molko et al. (2003)
Dyskalkulie: geringere Aktivierung im intraparietalenSulcus
OkzipitotemporalesSystem
TemporoparietalesSystem
Frontales System
Kognitives Modell der Leseverarbeitung(Patterson & Shewell, 1987)
Neurologische Lesezentren
Neurokognitive Befunde weisen auf Unabhängigkeit derLeseleistung, Rechtschreibleistung und Rechenleistung hinWichtig: Berücksichtigung von Komorbidität!z.B. Zahlennachsprechen als Test des verbalen KZG,Ziffernbenennen als Test der Benennungsflüssigkeit
Problem der komorbiden Aufmerksamkeitsproblemez-
Wer
te
2
1
0
-1
-2
-3
Störung
Kontrollkind
Neurokognitive Befunde weisen auf Unabhängigkeit derLeseleistung, Rechtschreibleistung und Rechenleistung hinWichtig: Berücksichtigung von Komorbidität!z.B. Zahlennachsprechen als Test des verbalen KZG,Ziffernbenennen als Test der Benennungsflüssigkeit
Problem der komorbiden Aufmerksamkeitsproblemez-
Wer
te
2
1
0
-1
-2
-3
Störung
Kontrollkindz-W
erte
2
1
0
-1
-2
-3
kombinierte Störung
isolierte Störung
Kontrollkind