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1 Historisches Seminar der Universität Mannheim WS 1996/97 HS „Oliver Cromwell und die Englische Revolution“ Leitung: Herr Dr. … Student: … Oliver Cromwell und Thomas Hobbes

Beispiel Einer Hausarbeit

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Ausführliches Beispiel des Aufbaus einer Hausarbeit

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Historisches Seminar der Universität Mannheim WS 1996/97 HS „Oliver Cromwell und die Englische Revolution“ Leitung: Herr Dr. … Student: …

Oliver Cromwell und

Thomas Hobbes

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Inhaltsangabe

1. Oliver Cromwell und Thomas Hobbes. 1.1. Fragen und Meinungen. 1.2. Alte Ansichten und neue Erkenntnisse. 2. Warum schrieb Hobbes seinen Leviathan? 2.1. Hobbes’ Wunsch, heimzukehren. 2.2. Hobbes’ Schriften vor dem Leviathan. 2.3. Die „Skinner-Kontroverse“. (Hobbes’ „Review and Conclusion“ im Leviathan) 2.4. Was ist eine „de facto-Herrschaft“? 3. Warum floh Hobbes nach England? 3.1. Hobbes’ Verhältnis zu Karl II. 3.2. Hobbes’ Verhältnis zu den Royalisten und der Geistlichkeit. 4. Hobbes und die Republik. 4.1. Wie Hobbes in England empfangen wurde. 4.2. Wie stand Hobbes zur neuen Regierung? 5. Cromwells Verhältnis zu Hobbes. 5.1. Das Problem. 5.2. Ähnlichkeiten zwischen Cromwell und Hobbes. 6. Schlußbetrachtungen.

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1. Oliver Cromwell und Thomas Hobbes.

1.1. Fragen und Meinungen.

Bei einer intensiveren Beschäftigung mit der Person des Oliver Cromwell stößt man mit

Sicherheit irgendwann auf den Namen Thomas Hobbes. Und bei allem, was man über Hobbes

weiß, stellt sich die Frage, was beide miteinander zu tun haben. Sie waren Zeitgenossen, doch

hatten sie auch Kontakt, oder haben sie sich gar gegenseitig beeinflußt? Und wenn ja, wie

verlief dieser Kontakt oder diese Beeinflussung? Anfangs mag man noch davon ausgehen,

daß beide sich unmöglich freundlich gesinnt sein konnten, da sie auf den ersten Blick so

unterschiedliche Standpunkte vertraten. Cromwell war Verfechter einer Religion, sah sich

selbst als Erwählten, sprach sich für die Glaubens- und Gewissensfreiheit aus; alles Dinge, an

die Hobbes, der vermeintliche Atheist, nicht glaubte oder für Unfug hielt. Zudem floh Hobbes

aus England nach Frankreich wegen des Bürgerkrieges, an dem Cromwell maßgeblich

beteiligt war. Diesen Krieg, den Hobbes als die Rückkehr in den Naturzustand (ein Krieg aller

gegen alle) betrachtete, wovor er sich am meisten fürchtete, und die Verurteilung und

Hinrichtung König Karls I., die von Cromwell veranlaßt wurden, verurteilte Hobbes aufs

schärfste. Es gab tatsächlich in diesem Fall keine rechtliche Handhabe gegen den König, aber

rein juristisch gesehen hätte es eine geben können; doch laut Hobbes war eine rechtliche

Verurteilung oder gar Hinrichtung eines Souveräns ein Ding der Unmöglichkeit.

Um so mehr überrascht es dann, wenn man beim Durchsehen der Literatur feststellt, daß

sowohl Zeitgenossen von Hobbes, als auch modernere Autoren davon ausgehen, Hobbes habe

seinen Leviathan nur verfaßt, um Cromwell zu gefallen, damit er unbeschadet aus Frankreich

nach England zurückkehren konnte. Und gerade der Leviathan spielt eine zentrale Rolle im

Verhältnis zwischen Hobbes und Cromwell, denn was noch unglaublicher scheint, ist, daß

Cromwell vermutlich Gefallen an Hobbes’ Werk fand und ihn nicht nur nach seiner Rückkehr

nach England nicht in irgendeiner Weise belangte, sondern ihm angeblich auch noch eine

Stelle als Minister (Secretaryship) angeboten habe.

Und tatsächlich, bei genauerem Studium lassen sich Ähnlichkeiten in den Systemen des

Philosophen und des Staatsmannes finden. Zum Beispiel bezieht sich Cromwells viel

gepriesene Glaubens- und Gewissensfreiheitfreiheit nur auf Angehörige innerhalb der

protestantischen Lehre, wobei teilweise sogar die Presbyterianer ausgeklammert werden. Das

und der Kampf Cromwells gegen die Papisten und Katholiken wiederum entspricht Hobbes’

Vorstellung von einer vom Staat geregelten Religion, denn letzten Endes durfte selbst die

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Glaubens- und Gewissensfreiheit innerhalb der Independenten nur soweit gehen, wie sie den

Souverän nicht gefährdete.

1.2. Alte Ansichten und neue Erkenntnisse.

Hier soll jedoch diese übliche Meinung, daß Hobbes Cromwell gefallen wollte, als er den

Leviathan schrieb, widerlegt werden. Zwar gibt es zwischen beiden, wie schon erwähnt,

zweifelsohne eine ganze Reihe von Übereinstimmungen, doch sind diese nicht etwa darin zu

suchen, daß sich der Theoretiker Hobbes nach dem Praktiker Cromwell ausrichtete. Vielmehr

liegen die Berührungspunkte und Gemeinsamkeiten in der Zielsetzung, die sich beide gestellt

hatten: nämlich ein politisches Gemeinwesen in Frieden zu regieren.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, dies zu beweisen, indem wir aufzeigen, warum Hobbes

seinen Leviathan tatsächlich geschrieben hat, welche Auswirkung diese Schrift in Frankreich

am Hofe hatte, in Verbindung damit, warum Hobbes aus Frankreich nach England

zurückkehrte, wie er in England aufgenommen wurde, wie Hobbes zu Cromwell und wie

dieser zu jenem stand. Um das zu erreichen, werden an mancher Stelle alte bisher vertretene

Stellungen untersucht und, wenn nötig, widerlegt (so zum Beispiel die Meinung Quentin

Skinners). Die Ansichten, die dem Verfasser richtiger erscheinen, sollen hier verknüpft

werden, in der Hoffnung, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Am Ende wird sich somit ein Bild

zusammenfügen lassen, welches ermöglicht, die wahre Beziehung, die zwischen Cromwell

und Hobbes bestand, zu erkennen.

2. Warum schrieb Hobbes seinen Leviathan?

2.1. Hobbes’ Wunsch, heimzukehren.

Julius Lips meint hierzu1, daß Hobbes nicht gut mit den Royalisten und der Geistlichkeit des

exilierten Hofes stand und somit daran dachte, wieder nach England zurückzukehren. Als

Beweisgrund dafür dient Lips ein Brief Hobbes’ an Samuel Sorbière vom 22. März 1647, in

dem Hobbes schreibt, daß er gerne wieder nach England zurückkehren würde.2 Um diese

Aussage zu untermauern, wird auch immer wieder eine Bemerkung Edward Hydes, später

bekannt unter dem Titel Earl of Clarendon, herangezogen. Hyde berichtet darüber, wie er im

Winter 1650/51 mit Hobbes zusammentraf und dieser ihm scheinbar scherzhaft mitgeteilt

1 Julius Lips, Die Stellung des Thomas Hobbes zu den politischen Parteien der großen englischen Revolution, Darmstadt 1970, S. 82-86. 2 Noel Malcolm (Hrsg.), The Correspodence of Thomas Hobbes, Oxford 1994, Vol. I, Letter 52, S. 156.

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habe: „The Truth is, I have a mind to go home.“3 Hyde stellt zwar die Sache so hin, als habe

Hobbes den Leviathan nur geschrieben, um seine Rückkehr nach England sicherzustellen, und

auch Tönnies schließt sich in seinem Hauptwerk über Thomas Hobbes dieser Argumentierung

an, indem er ebenfalls Hyde zitiert und schreibt, Hobbes habe sich den Weg zur Heimat

bereiten wollen, und mit diesem Gedanken habe er den Leviathan geschrieben4, jedoch geht

er dann darauf nicht weiter ein, was uns als Fehler erscheint. Denn bei genauerer Betrachtung

des Briefes an Sorbière wird klar, daß Hobbes seine Rückkehr von bestimmten Bedingungen

abhängig macht. Dort heißt es nämlich:

Secundò hoc titulo reditus meus in patriam si me quando redeundi voluntas ceperit praeclusus est; nec cur redire [> non] velim si liceat quomodocumque pacata Anglia non video;5

Hobbes schreibt also, der Titel eines Tutors des Prinzen von Wales könnte ihm eine Rückkehr

nach England erschweren, falls (si) er zurückkehren wollte. Gleichzeitig bemerkt er, wann das

der Fall sein könnte, wenn nämlich der Friede in England wieder hergestellt ist. Und da der

Friede und die Sicherheit des Lebens das Hauptziel aller Hobbesschen Philosophie sind, ist

das nur vernünftig. Er kehrt also nicht direkt wegen Cromwell nach England zurück, sondern

weil die Gefahr dort vorüber ist, und es in Frankreich langsam bedrohlich wird, wie wir später

noch sehen werden.

Auch Julius Lips neigt mehr zu dieser Interpretation. Er bezweifelt, daß der Wunsch,

heimzukehren, der Hauptgrund des Hobbes’ war, seinen Leviathan zu schreiben. Gewiß

wollte er heimkehren, doch er konnte ebensogut ohne diese positive Unterstützung der neuen

Regierung sicher in England leben; war doch eine Amnestiebill seit Juli 1649 in

Vorbereitung, wenn diese auch erst im Februar 1652 durchging. Außerdem war das

Rumpfparlament nicht das Lange Parlament, und die Independenten hatten die Presbyterianer

abgelöst. Die Presbyterianer aber waren es, die ihn zur Flucht nach Frankreich gezwungen

hatten.6

Auch seine unter dem Königtum veröffentlichten Schriften Elements of Law und De Cive

wurden ihm laut Lips nicht als politische Belastungen im Sinne der Parteinahme für die

3 Edward Hyde, Earl of Clarendon, A Brief View and Survey of the Dangerous and pernicious Errors to Church and State, in Mr. Hobbes’ Book, Entitled LEVIATHAN, London 1676, S. 7, zitiert nach John Bowles, Hobbes And His Critics, London 1951, S. 126 und Lips, S.83. 4 Ferdinand Tönnies, Thomas Hobbes. Leben und Lehre, Stuttgart 1925, dritte vermehrte Auflage, S. 35. 5 Malcolm, Vol.. I, Letter 52, S. 156. 6 Hobbes, English Works, IV, S. 414 und Opera Philosophica, Vol. I, S. xcii-xciii.

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Royalisten ausgelegt. Die Elements erschienen ja zuerst 1650 in England, sowohl als Buch

wie in einer Cromwell nahestehenden Zeitung.7

Die Gründe für die Veröffentlichung seines Leviathan waren doch tieferer Art. Er stand von

Anfang an den independistischen Ideen wohlwollend gegenüber, nicht etwa als Parteimann,

sondern weil diese ähnliche Ziele in politischer und religiöser Beziehung verfolgten wie er;

vor allem aber, weil die faktische Macht, die nötig war, um einen Staat nach Hobbesschen

Prinzipien zu errichten, in ihren Händen lag. Deshalb hatte er jedoch nicht den Leviathan

geschrieben.

Innenpolitisch waren die Independenten durch Reformen dabei, das Land zu beruhigen. Das

Rumpfparlament hatte die Gewissensfreiheit proklamiert, hatte durch den Grafen Philipp von

Pembroke die Universitäten reformieren lassen, Preßfreiheit gewährt und eine Amnestie in

Vorbereitung.8 Die Macht der Kirche war in dem neuen Staatswesen auf ein niedrigeres

Niveau herabgedrückt worden. Alles das waren Forderungen, die Hobbes lange vorher

aufgestellt hatte, schon unter der monarchischen Regierung, ohne daß es den damaligen

Trägern der Staatsgewalt gelungen wäre, Abhilfe zu schaffen. Ihm mußten als dem größten

Gegner der hierarchischen Einwirkungen auf den Staat auch gerade diese kirchlichen

Reformen sympathisch sein. Hinzu kam, daß Hobbes sich letzten Endes als Nationalengländer

fühlte, daß er das englische Volk als das auserwählte Gottes ansah, und daß eine

zentralistische, nationalenglische Politik seinem naturalistischen Denken am besten lag, was

er auch im Leviathan ständig bestätigte.

Diese nationale Politik hatte die neue Regierung auch nach außen tatkräftig unternommen. Es

ist bekannt, daß zu diesem Zeitpunkt die Navigationsakte und der Krieg mit Holland sich

vorbereiteten. Die Verhältnisse in England mußten Hobbes mächtige Anregung geben, auf

sein Volk als Lehrer und Politiker einzuwirken und es vor Schaden zu bewahren, dessen sich

die bisherigen Regierungen nicht erwehren konnten. Vielleicht war jetzt auch durch die

Verhältnisse die Vorbedingung für ein besseres Verstehen und eine bessere Anwendung

seiner Lehre gegeben, als zur Zeit seiner ersten Veröffentlichungen. Damals waren ja seine

Elements of Law nicht gedruckt worden9, sondern nur in Kopien verbreitet, und De Cive war

in lateinischer Sprache - also nur für die Gelehrtenwelt - geschrieben worden.

Augenscheinlich bestand auch ein Zusammenhang zwischen der 1650 erfolgten Drucklegung

der Elements und der Niederschrift des Leviathan.

7 Lips, S. 83. 8 Hobbes, English Works, VI, „Behemoth“ Part IV, S359-418. 9 Hobbes, English Works, IV, S. 414.

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Zuletzt sollte man auch einer Bemerkung Hobbes’ in seinen Considerations Upon The

Reputation Of T. Hobbes Beachtung schenken, in der es heißt:

It is true that Mr. Hobbes came home, but it was because he would not trust his safety with the French clergy.10

2.2. Hobbes’ Schriften vor dem Leviathan.

Hier setzt auch Winfried Försters Argumentation ein. Er geht davon aus, daß der Vorwurf des

Opportunismus gegen Hobbes durch die Tatsache entkräftet werden kann, daß Hobbes’

staatspolitische Schriften vor 1660 im Grundgehalt übereinstimmen.11 Als Hobbes seine

ersten beiden Schriften verfaßte, gab es noch keinen Lordprotektor, und selbst Clarendon, der

den Leviathan strengstens verurteilte, hatte nichts gegen die Elements und De Cive

einzuwenden. Richard Tuck schreibt hierzu: „Even Clarendon, minister to both Charles I and

Charles II, admired the Elements of Law and De Cive, though he too was repelled by

Leviathan.“12 Die Behauptung gar, daß Hobbes seinen Leviathan speziell für die

Unterstützung Cromwells und seiner Anhänger geschrieben habe, geht am Kern der

Hobbesschen Staatslehre vorbei. Sie trifft nicht zu, weil der Leviathan grundsätzlich für jeden

zu gebrauchen ist, dessen faktische Macht etabliert ist. Jeder Herrscher, der die von Hobbes

genau definierten Grundsätze erfüllen kann, ganz egal, ob es sich dabei um einen Cromwell

oder einen König handelt, kann den Leviathan zur Unterstützung seiner Herrschaft

heranziehen, solange er an der unteilbaren Souveränität festhält.

Man muß viel eher zu der gegenteiligen Ansicht des Vorwurfs gelangen, wenn man erkennt,

daß Hobbes diejenigen Souveräne tadelt, die im Vollbesitz ihrer Macht nicht alle ihre Rechte

wahrgenommen haben, die sie für sich aus dem Begriff der Souveränität ableiten mußten, so

zum Beispiel zur Unterbindung falscher (religiöser) Doktrinen, die ihnen gefährlich werden

konnten:

For without their authority there could at first no seditious doctrine have been publicly preached. I say they might have hindered the same in the beginning: [...] But I blame those, that in the beginning, when their power was entire, by suffering such doctrines to be forged in the universities of their own dominions, have holden the stirrup to all the succeeding Popes,

10 Hobbes, English Works, IV, S. 415. (Hobbes schrieb von sich in der dritten Person.) 11 Winfried Förster, Thomas Hobbes und der Puritanismus, Berlin 1969, S. 169-170. 12 Richard Tuck, Hobbes, Oxford und New York 1989, S. 29.

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whilst they mounted into the thrones of all Christian sovereigns, to ride, and tire, both them, and their people at their pleasure.13

Gerade die offene Rebellion gegen die bestehende Staatsgewalt, wie sie auch von Cromwell

durchgeführt wurde, ist nach Hobbes’ Meinung am wenigsten geeignet, die Souveränität im

Staate zu erobern und steht im vollen Widerspruch zur Vernunft, „[...] because by gaining it

so, others are taught to gain the same in like manner [...]“.14 Im Schlußwort des Leviathans

(die „Review and Conclusion“), das Clarendon als „a sly address to Cromwell“15 verstand,

betont Hobbes ausdrücklich als Ergänzung seiner Naturgesetze, „[...] that every man is bound

by nature, as much as in him lieth, to protect in war the authority, by which he is himself

protected in time of peace.“16 Der Souverän vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges ist für

Hobbes zweifellos der König gewesen.

2.3. Die „Skinner- Kontroverse“. (Hobbes’ „Review and Conclusion“ im Leviathan.)

Sehr intensiv beschäftigt sich Quentin Skinner mit dem Problem der „Review and

Conclusion“ des Leviathans.17 Wie gesagt, galt dieser Schluß des Leviathans als „a sly

address to Cromwell“. Und Skinner baute vor allem darauf auf, um zu beweisen, daß Hobbes

seinen Leviathan für Cromwell schrieb. Jules Steinberg kritisiert jedoch Skinner aufs äußerste

und beruft sich dabei nicht nur auf seine eigene Meinung, sondern zieht auch noch

Äußerungen anderer Hobbes-Experten heran18. So zitiert er zum Beispiel Leslie Stephens, der

davon ausgeht, daß Hobbes seinen Leviathan weder Cromwell noch dem Rumpfparlament zu

Liebe modifiziert habe, da die Prinzipien die gleichen sind, die Hobbes schon in älteren

Schriften, vor allem in De Cive, vertrat. Und da diese Schriften überhaupt nicht modifiziert

wurden, wurden sie auch nicht jemandem zu Gefallen verändert.

Steinberg beruft sich zudem auf Jonathan M. Weiner, der zu dem Schluß kam, daß Hobbes’

politische Philosophie nicht als Antwort auf die Engagement-Kontroverse ausgearbeitet

worden sei, sondern viel früher, in den 1630ern, und sie schienen im Großen und Ganzen

schon vor seiner Flucht aus England vervollständigt gewesen zu sein.19

13 Hobbes, English Works, III, S. 694-695. 14 Hobbes, English Works, III, S. 134. 15 Clarendon, S. 13, zitiert nach Förster, S. 165. 16 Hobbes, English Works, III, S. 703. 17 Quentin Skinner, „Conquest and Consent: Thomas Hobbes and the Engagement Controversy.“ In G.E. Aylmer (Hrsg.): The Interregnum: The Quest of Settlement 1646-1660, London 1972, Seiten 79-98. 18 Jules Steinberg, The Obsession of Thomas Hobbes, New York 1988. 19 Stephens und Weiners Ansichten wurden aus Jules Steinbergs The Obsession of Thomas Hobbes übernommen, S.215-216.

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Doch auch Steinberg selbst weiß einige Argumente gegen Skinners Meinung, Hobbes habe

den Leviathan eigens für Cromwell geschrieben, einzubringen: „In fact, the most damaging

evidence against the validity of Skinner’s argument is Hobbes’s explicit reference in

Leviathan to the ideological circumstances associated with James I. and to the disputes

between royalists and parliamentarians. What this indicates, contrary to Skinner’s claim, is

that Hobbes’s preoccupation with the issue of political obligation, as expressed in Leviathan,

is addressed to the pre-1649 ideological controversies that led to the civil war itself.“20

Eine weitere Anmerkung erscheint uns wichtig genug, ebenfalls zitiert zu werden, da sie

sowohl Skinner widerlegt, als auch weiteren Aufschluß über den Grund des Erscheinens und

vor allem des Erscheinungsdatums des Leviathans gibt: „Skinner’s failure to offer evidence to

confirm his position from the more substantive parts of Leviathan, strongly suggests, I

contend, that Hobbes added these remarks at the end of the work because he was aware that

his previously developed doctrine about ‘sovereignty by acquisition’ had acquired a new and

an additional relevance because of the ideological controversy over submission to the new

regime. This, I submit , explains why Hobbes chose to publish Leviathan in 1651, but in no

way explains why the work itself was written.“21

All das legt auch einen Gedanken nahe, auf den wir gleich zurückkommen werden, nämlich

daß Hobbes Cromwells Vorgehen gegen den König, die Rebellion, den Bürgerkrieg,

verurteilte, aber später in Cromwell die Macht sah, die seine Theorien verwirklichen konnte.

Dennoch schrieb Hobbes den Leviathan ursprünglich nicht für Cromwell, sondern für die

Anhänger des Königs, die die eigentlichen Inhaber der Macht sein sollten. Auch das wird

durch eine Bemerkung Hobbes’ in seinen Considerations bestätigt:

To that other charge, that he writ his Leviathan in defence of Oliver’s title, he will say, that you in your own conscience know it is false. What was Oliver, then that book came forth? It was in 1650, and Mr. Hobbes returned before 1651. Oliver was then but General under your masters of the Parliament, nor had yet cheated them of their usurped power. For that was not done till two or three years after, in 1653, which neither he nor you could foresee. What title then of Oliver’s could he pretend to justify? But you will say, he placed the right of government there, wheresoever should be the strength; and so by consequence he placed it in Oliver. Is that all? Then primarily his Leviathan was intended for your masters of the Parliament, because the strength was then in them. Why did they not thank him for it, both they and Oliver in their turns? There, Doctor, you deciphered ill. For it was written in the behalf of those many and faithful servants and subjects of his Majesty, that had taken his part in the war, or

20 Steinberg, S. 216-217. 21 Steinberg, S. 217.

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otherwise done their utmost endavour to defend his Majesty’s right and person against the rebels: whereby, having no other means of protection, nor, for the most part, of subsistence, they were forced to compound with your masters, and to promise obedience for the saving of their lives and fortunes; which in his book he hath affirmed they might lawfully do, and consequently not lawfully bear arms against the victors. They that had done their utmost endeavour to perform their obligation to the King, had done all that they could be obliged unto; and were consequently at liberty to seek the safety of their lives and livelihood wheresoever, and without treachery. But there is nothing in that book to justify the submission of you, or such as you, to the Parliament, after the King’s being driven from them, or to Oliver; for you were the King’s enemies, and cannot pretend want of that protection which you yourselves refused, denied, fought against, and destroyed.22

Die Länge dieses Zitats scheint ungewöhnlich, entspricht aber seiner Bedeutung, weil Hobbes

darin nicht nur den Grund dafür angibt, warum er den Leviathan geschrieben hat, sonder auch

noch seine Stellung zum König und dem Parlament preisgibt. Obwohl er sich hier gegen den

Vorwurf wehrt, seinen Leviathan für Cromwell geschrieben zu haben, kommt der recht wenig

beachtet davon, das Parlament und seine Anhänger werden jedoch schwer kritisiert. Zudem

wird klar, was Hobbes damals vermutete, daß er nicht unbedingt davon ausging, daß

Cromwell an die Macht kommen würde, wodurch folgende Argumentation bestätigt wird.

2.4. Was ist eine „de facto-Herrschaft“?

Das Problem der de facto-Herrschaft wird vor allem wichtig, wenn es darum geht, Hobbes’

Ansicht über Cromwell zu bestimmen. Allerdings wirkt sich dieser Aspekt auch auf die

Interpretation des Leviathans aus. Wie oben erwähnt, hatte Hobbes die Prinzipien seiner

Philosophie schon früh zu Grunde gelegt. Seinen Leviathan hat er jedoch in den ersten

Monaten des Jahres 1651 fertiggestellt.23 Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Royalisten

noch die Hoffnung auf eine Rückkehr des Königs nach England. Zwar sind Spekulationen im

Rahmen einer historischen Arbeit immer etwas Gefährliches, doch berufen wir uns hier auf

Hans-Dieter Metzger, der eben diese Spekulation anstellt. Außerdem darf man auch nicht

vom tatsächlich passierten ausgehen, wenn man Spekulationen der geschichtlichen

Persönlichkeiten selbst mit einbeziehen möchte; schließlich wußte damals niemand, wie der

Krieg wohl ausgehen würde. Nehmen wir also einmal an, die für den König kämpfende

schottische Armee unter General David Leslie wäre am 3. September 1650 bei Dunbar nicht

vom viel kleineren Cromwells geschlagen worden. Laut Metzger wäre dies durchaus

22 Hobbes, English Works, IV, S.420-421. 23 Nach Lips’ Ansicht wurde das Werk noch vor dem Winter 1650/51 abgeschlossen (S. 63).

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denkbar24. Nehmen wir ferner an, Karl II. wäre nicht am 3. September 1651 in Worcester

besiegt worden. Dann wäre er als triumphierender Sieger in London eingezogen und hätte als

Eroberer, der Schutz bietet, Gehorsam von den unterworfenen Anhängern des Parlaments

fordern können. Wie würden wir den Leviathan im Lichte dieser immerhin möglichen

Entwicklung lesen? Das Charakteristische des Leviathan ist nicht das Plädoyer für eine

Unterwerfung unter die Republik, sondern die Unterwerfung unter eine de facto-Herrschaft,

d.h. unter eine Herrschaft, die die tatsächliche Macht in Händen hält und fähig ist, Schutz zu

gewähren.

Eine solche Interpretation von Hobbes’ Ansichten ist gar nicht so abwegig, da sie sich

durchaus auf feudale Rechtsvorstellungen beziehen könnte. Der feudalen Rechtsvorstellung

zufolge stehen Herr und Untertan in einem Gegegenseitigkeitsverhältnis mit Pflichten und

Rechten nach beiden Seiten hin. Der Herr hat dominium quoad protectionem. Er schuldet dem

Unterworfenen Schutz und Schirm, hat aber dafür Anspruch auf Gehorsam. Der Untertan

hingegen hat sich unter den Schirm eines Herrn zu begeben und ist ihm deshalb

obödienzpflichtig. Das schutzobrigkeitliche Verhältnis gilt als aufgehoben, wenn die Leistung

einseitig nicht mehr erbracht wird. Dabei ist es gleichgültig, ob die Vertragsverletzung eines

Partners oder eine Eroberung das Verhältnis beendet. Sowohl der vertragsrechtliche Charakter

als auch die gegenseitige Leistungsbeziehung bilden bei dem feudalrechtlichen Rechtsinstitut,

aber auch bei Hobbes den Kern des de facto-Arguments.25

Hobbes hat - wie er selbst auch sagte26 - den Leviathan für die Royalisten geschrieben. Damit

sind jedoch nicht die Royalisten im allgemeinen gemeint, sondern die, die damals an der

Macht waren, und deren Macht es als de facto-Macht zu erhalten galt. Er hat, das gilt es zu

beachten, laut Metzger das Manuskript nach der Niederlage von Dunbar, zum Zeitpunkt einer

erneuerten Chance für eine Rückkehr des jungen Monarchen in den ersten Monaten 1651 und

vor der dann endgültigen Niederlage im September 1651 fertiggestellt.27 Die Offenheit des de

facto-Arguments läßt das Buch gleichermaßen geeignet erscheinen sowohl für den Eroberer

Karl II. als auch für die hoffnungslos besiegten Getreuen des Königs. Möglicherweise hat

Hobbes bei der Endredaktion seines Leviathans geschwankt zwischen seiner Hoffnung auf

eine völlige Neubegründung der Monarchie durch die Eroberung Karls II. und der Furcht vor

der Vergeblichkeit des Bemühens um eine Restauration. Wie keine andere Stelle im Werk des 24 Hans-Dieter Metzger, Thomas Hobbes und die Englische Revolution, Stuttgart-Bad Cannstatt 1991, S. 156. 25 Metzger, S. 154. 26 Hobbes, English Works, IV, S. 415. 27 Metzger, S. 157.

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Philosophen ist das schon erwähnte und überaus wichtige (und deutungsfähige) Schlußwort

des Leviathans geprägt vom persönlichen Schicksal Hobbes’, davon, daß der Philosoph, der

theoretisch für das Recht des Mächtigen eintrat, sich 1651 auf der Seite der Stuarts und damit

bei der vom September an endgültig als unterlegen gebrandmarkten Bürgerkriegspartei

befand.

Daß Hobbes tatsächlich solche Vermutungen gehabt haben könnte, zeigen Bemerkungen aus

dem Behemoth. Er gibt den Schotten die Schuld für die Niederlage bei Dunbar (English

Works VI, „Behemoth“ S. 374). Außerdem beklagte der Philosoph die Haltung Londons. Karl

II. hätte auf die Hilfe der Londoner auf seinem Zug nach der Hauptstadt fest gebaut. Da sie

keine Unterstützung leisteten, seien sie für die Niederlage von Worcester verantwotlich zu

machen (English Works VI, „Behemoth“ S. 377).

Es ist das 20. Kapitel des Leviathans, in dem Hobbes konkret auf die Unterwerfung unter eine

de facto-Macht eingeht. Der Titel „Von elterlicher und despotischer Gewalt“ mag zuerst

irreführen, aber gemeint ist mit dieser ‘despotischen Herrschaft’ eine souveräne Macht, die

sich diese mittels Gewalt erworben hat; im Gegensatz zu einer souveränen Macht, die mittels

Einsetzung oder Nachfolge zustande kam. Wichtig ist hierbei nur, daß man sich sowohl der

einen wie auch der anderen unterwerfen muß. In Kapitel 19 hat Hobbes dies für die

eingesetzte und die geerbte Macht ausgeführt, in Kapitel 20 schreibt er, daß die Rechte und

Folgen der Souveränität in beiden Fällen die gleichen sind. Die Gewalt des Inhabers der

Souveränität kann nicht ohne seine Zustimmung auf einen anderen übertragen werden, er

kann sie nicht verwirken, er kann von keinem seiner Untertanen wegen eines Unrechts

angeklagt werden, er kann von ihnen nicht bestraft werden, er beurteilt, was zur Erhaltung des

Friedens notwendig ist und welche Lehren zugelassen werden sollen, er ist der einzige

Gesetzgeber und oberster Richter bei Streitigkeiten sowie über Zeit und Anlaß von Krieg und

Frieden, bei ihm liegt es, Beamte, Räte und alle anderen Amtsträger und Staatsdiener

auszuwählen und Belohnungen, Strafen, Ehren und Rang festzusetzen. Die Gründe hierfür

seien dieselben wie diejenigen, die Hobbes im vorhergehenden Kapitel für die gleichen

Rechte und Folgen der Souveränität durch Einsetzung angeführt hat.

Die genauen Gründe für die Unterwerfung unter einen Souverän werden ausführlich im 17.

Kapitel des Leviathans („Von den Ursachen, der Erzeugung und der Definition eines

Staates“) dargestellt, wobei der Hauptgrund zu sein scheint, sich zur Vermeidung von Streit

und um des lieben Friedens Willen unter eine allen überlegene Macht, die für Schlichtung

sorgt, zu unterwerfen. Die Alleinherrschafft eines absoluten Souveräns scheint Hobbes am

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geeignetsten, da zwar auch Versammlungen die souveräne Gewalt innehaben können, dort

kann es aber auf Grund der Mehrheit und dadurch zwangsläufig auch Verschiedenheit der

Meinungen zu Streitereien kommen, was zunächst zur Lähmung, dann zur Auflösung der

souveränen Gewalt und somit zurück zum Naturzustand (ein Krieg aller gegen alle) führen

würde. Selbst ein Leben unter einem Tyrannen (denn die Gefahr des Machtmißbrauchs

erkennt auch Hobbes) scheint ihm lebenswerter als ein Leben im Naturzustand, in dem das

Leben des Menschen einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz ist (Kapitel 13, „Von der

natürlichen Bedingung der Menschheit im Hinblick auf ihr Glück und Unglück“).

Ebenfalls in Kapitel 17 schreibt Hobbes explizit, warum man einer de facto-Macht bedarf.

Verträge ohne das Schwert seien bloße Worte und besäsen nicht die Kraft, einem Menschen

auch nur die geringste Sicherheit zu bieten. Und gerade um diese Sicherheit geht es Hobbes.

Falls keine Zwangsgewalt errichtet worden oder diese für unsere Sicherheit nicht stark genug

sei, würde und dürfe deshalb jedermann sich rechtmäßig auf seine eigene Kraft und

Geschicklichkeit verlassen. Im Gegensatz zum bisher Zitierten, das man sowohl zur

Rechtfertigung Karls I. wie auch Cromwells heranziehen könnte, kann das letzte Argument

ganz speziell für Cromwell eingesetzt werden, wenn man davon ausgeht, daß Cromwell Karls

Macht nicht als ausreichend ansah, um seine Untertanen vor drohendem Unheil zu schützen.28

3. Warum floh Hobbes nach England?

3.1. Hobbes’ Verhältnis zu Karl II.

Nach dem Erscheinen des Leviathans, der noch während Hobbes’ Pariser Aufenthalt

herauskam, konnte er nicht mehr am Exilhof Karls II. bleiben. Der Zutritt zum Hofe wurde

ihm untersagt, und eine Audienz bei Karl II. nach der Schlacht von Worcester wurde ihm

abgelehnt. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, daß das Herrschaftsrecht des Souverän

im Leviathan nicht auf dem Gottesgnadentum, sondern auf rein rationalen Gründen beruht.

Somit schaffte sich Hobbes Feinde sowohl im Lager der Royalisten, die eine rationale

Begründung als zu schwach ansahen, als auch im Lager der Geistlichkeit, die einen

Machtverlust in den eigenen Reihen befürchteten, wenn der König ihrer nicht mehr bedürfe

(was ja auch der Fall gewesen wäre).

28 Wir haben uns hier mit der Angabe der Kapitel begnügt, da es um deren Gesamtaussage und nicht um einzelne Zitate ging; zudem erleichtert es das Nachschlagen in jeder beliebigen Ausgabe des Leviathan.

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Warum nun allerdings Hobbes seinen Abschied von Paris zu einem unfreiwilligen werden

ließ, entzieht sich unserer Kenntnis. Er behauptete später nämlich, daß er weder Lust noch

Sehnsucht hatte, nach England zurückzukehren29, was ja im eindeutigen Widerspruch zu dem

steht, was wir vorher schon über seinen Wunsch, heimzukehren, erwähnten. Wollte er damit

seine Aufnahme in England günstiger gestalten, wenn er als Flüchtling vor Papisten und

Royalisten in London ankam? Vielleicht resultuierte seine Heimkehr aber tatsächlich nur aus

der Angst um sein Leben. Unverständlich ist auch, warum er dem zurückkehrenden König

Karl II., dem König der Schotten, eine Kopie des Leviathans in einer wunderschönen

Abschrift auf Velin überreichte.30 Ob er so gut Freund mit dem König war, oder ob er diesen

für politisch so leidenschaftslos hielt? Das widerspricht aber seiner oftmals geäußerten

Ansicht über Karl II. Den Abruch der Beziehungen nimmt Hobbes dem König nicht übel,

denn er sagt später, er habe kein Recht gehabt, sich über den König zu beklagen, denn er

schenke Glauben denselben Leuten, denen früher sein Vater Glauben geschenkt habe.31

3.2. Hobbes’ Verhältnis zu den Royalisten und der Geistlichkeit.

Mit großer Genugtuung wurde das Verschwinden des Hobbes’ vom Hofe in St. Germain

begrüßt. In einem Brief vom 1./11. Januar 1651/52 schrieb Sir Nicholas an Edward Hyde,

dem nachmaligen Earl of Clarendon, der zu jener Zeit die Stellung eines bevollmächtigten

Ministers und Generalagenten der royalistischen Agitation innehatte:

All honest men here who are lovers of monarchy are very glad that the K(ing) hath at length banisht his court that father of atheists, Mr. Hobbes, who, it is said, hath rendered all the Queen’s court and very many of the D(uke) of York’s family atheists and, if he had been suffered, would have done his best to have likewise poisoned the K(ing)’s Court.32

Und weiter schreibt derselbe Verfasser am 8./18. Januar 1652 an Edward Hyde:

I hear, Lord Percy is much concerned in the forbidding Hobbes to come to court and says it was you and other episcopal men that were the cause of it. But I hear, that Wa(l)t(er) Montagu and other Papists (to the shame of the true Protestants) were the chief cause that that grand atheist was sent away. And I may tell you, some say the Marqu. of Ormonde was very slow in

29 Hobbes: English Works, IV, S. 415. 30 Lips, S. 85 und Bowle, S. 163. 31 Hobbes, Opera Philosophica, I, S. xciii 32 Sir Edward Nicholas: The Nicholas Papers. New York u. London 1965, Bd. I, S. 284. (Zusätze in Klammern von A.E.)

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signifying the K(ing)’s command to Hobbes to forbear coming to court, which I am confident is not true, though several persons affirm it.33

Die Lage des Hobbes’ in Frankreich wurde immer gefährdeter. Der Bund zwischen

Geistlichkeit und Royalisten bedrohte ihn, und seine Furcht vor den Royalisten geht so weit,

daß er glaubte, wie Dorislaus und Asham auch ermordet zu werden34. Seinen Hauptfeind aber

sieht er nach wie vor in der Geistlichkeit, von der ihn die Presbyterianer gezwungen hatten,

von England nach Frankreich und die Bischöflichen, von Frankreich nach England zu fliehen.

Nach einigen Berichten soll bereits der Haftbefehl der französischen Regierung gegen ihn

ausgestellt worden sein. Der Verhaftung entzog sich Hobbes durch die Flucht. Er ging nach

England und unterwarf sich dem Staat.

33 Nicholas, Bd. I, S. 285. (Zusätze in Klammern von A.E.) 34 Hobbes, Opera Philosophica, I, S. xciii.

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4. Hobbes und die Republik.

4.1. Wie Hobbes in England empfangen wurde.

Hobbes wurde bei seiner Ankunft in London mit Respekt von der herrschenden Partei

empfangen. Sir Nicholas schrieb an Lord Hatton am 12./22. Februar 1652:

Mr. Hobbes is at London much caressed, as one that hath by his writings justified the reasonableness and righteousness of their arms and actions.35

Nun ist Sir Nicholas’ Standpunkt schon aus früher erwähnten Schreiben bekannt, was seine

Wortwahl durchaus erklärt. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Cromwell, wie berichtet wird,

Hobbes eine hohe Staatsstellung, um genau zu sein eine Stelle als Minister (Secretaryship)36,

angeboten hat. Cromwell hatte allen Grund, die Rückkehr Hobbes’ zu begrüßen, es war eine

Prestigefrage für ihn, wie er auch alles tat, um fähige Leute dem neuen Staatswesen dienstbar

zu machen37. War doch Hobbes einer der ersten der bedeutendsten Gelehrten, die sich auf die

Seite des neuen Staates stellten. Tatsache ist, daß er im Jahre 1652 aus der Emigration nach

England zurückkehrte, und damit seine äußere Unterwerfung unter die Republik anerkannte.

In seiner Autobiographie berichtet er selbst über diesen Schritt:

Frigus erat, nix alta, senex ego, ventus acerbus; Vexat equus sternax et salebrosa via. Londonium veniens, ne clam venisse vererer, Concilio Status conciliandus eram. Quo facto, statim summa cum pace recendo, Et sic me studiis applico, ut ante, meis.38

Die Independenten nahmen den alten Staatsphilosophen also gut auf. Und wie schon erwähnt,

ließ Cromwell im Jahre 1650 Teile der Elements of Law in seinem offiziellen Staatsjournal

Mercurius Politicus zum ersten Male drucken.39 Ein Zeichen, daß die neue Regierung auch

De Cive für ihre Zwecke geeignet hielt, geht aus einem Brief des Dichters Waller an Hobbes

aus dem Jahre 1657 hervor. Wir hatten leider keinen Zugriff zu diesem Brief, aber Ferdinand

Tönnies besaß eine Abschrift davon und schrieb dazu: „Waller gehörte zu den Vertrauten

Cromwells. Er hegte eine Zeitlang den lebhaften Wunsch, die Schrift De Cive ins Englische

35 Nicholas, Bd. I, S. 285-286. 36 John Dowell, The Leviathan Heretical, London 1683, S. 137, zitiert nach Förster, S. 165; Lips, S. 87; Tönnies, S. 283, Anmerkung 39. 37 Gilbert Burnet, Bishop Burnet’s History Of His Own Time, London 1724, Vol. I, S. 82. 38 Hobbes, Opera Philosophica, I, S. xciii. 39 Förster, S. 165 und Lips, S. 38-39, 83.

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zu übersetzen, nahm aber nachher davon Abstand, weil es doch niemand so gut könne, wie

der Verfasser selber, der es dann auch getan hat.“40

4.2. Wie stand Hobbes zur neuen Regierung?

Tönnies zieht dasselbe Schreiben auch dazu heran, um Hobbes positive Einstellung zu der

neuen Regierung zu beweisen. Von Hobbes’ Schriften, die unter dem Protektorat erschienen,

interessieren uns vor allem die, worin er seine politische Stellungnahme kundgibt. Auch

hierin ist eine offenkundige Sympathie mit der Politik Cromwells zu erkennen, besonders in

den Fragen des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche, der Reform der Universitäten und

auch der Cromwellschen Außenpolitik. Hobbes hatte in seinen Schriften die Autorität des

Staates sowohl über die der Universitäten wie auch über die der Kirche proklamiert. Das hatte

ihm schon in Frankreich viele Feinde geschaffen, und ebenso erging es ihm in England. An

der Spitze seiner Kritiker in England standen Seth Ward und John Wallis, die die

Repräsentanten der bestehenden Universitäten waren. Gegen diese nimmt Hobbes vor allen

Dingen Stellung in den Six Lessons to the Savilian Professors of the Mathematics41 und

verteidigt noch einmal seine Stellungnahme im Leviathan.

Cromwell wollte damals eine neue Universität im Norden Englands gründen, die in der Art

der modernen Volkshochschulen ausgerüstet und deren beherrschendes Prinzip die

independentistische Idee sein sollte, und Hobbes unterstützte das mit seinen Ausführungen zu

den Universitäten (wenn er auch die alten reformieren und keine neuen gründen wollte).42 Ein

weiteres Mal begründete er seinen Leviathan, indem er verlauten ließ, die Ursache, daß er

dieses Buch geschrieben habe, war die Erkenntnis, wieviel die Geistlichkeit vor und bei

Beginn des Bürgerkrieges durch Wort und Schrift zu diesem beigetragen habe. Er habe ferner

gesehen, wie sie, die Geistlichkeit, versucht habe, die damalige Regierung zu ihrer eigenen

Machtstärkung zu vernichten, und daß gerade viele Edelleute, die gegen die Staatsraison

agierten, ihre Lehren von den Universitäten mitbrachten. Deshalb wünschte er, daß zum

Wohle des Staates die Lehren der Universitäten überwacht wurden. Um die Staatsgewalt zu

stärken, habe er seine Schriften geschrieben. Aus dem Folgenden geht zudem ganz klar

hervor, daß Hobbes nicht nur seinen Leviathan, sondern auch seine anderen Schriften nur für

die Regierung geschrieben hat, die seine Lehren verwirklichen konnte. Das waren weder der

König noch die Presbyterianer, sondern inzwischen die Independenten und Cromwell. Wenn 40 Tönnies, Thomas Hobbes. Leben und Lehre. S. 283, Anmerk. 39. 41 Hobbes, English Works, IV, S. 400. 42 Lips, S. 88 und Richard Hönigwald, Hobbes und die Staatsphilosophie, Darmstadt 1971, S. 204, Anmerkung 9.

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er auch ursprünglich vor allem seinen Leviathan für die Royalisten geschrieben hatte, so

waren diese nun nicht mehr in der rechten Position, um seine Forderungen zu erfüllen:

For me therefore that never did write anything in philosophy to show my wit, but, as I thought at least, to benefit some part or other of mankind, it was very necessary to commend my doctrine to such men as should have the power and right, to regulate the Universities. I say my doctrine; I say not my Leviathan.43

Und gleich im Zusammenhang rühmt er sich, wie seine Lehre dazu beigetragen habe, der

jetzigen Regierung viele tausend Edelleute als treue Untertanen zuzuführen:

For wiser men may so digest the same doctrine as to fit it better for a public teaching. But as it is, I believe it hath fraimed the minds of a thousand gentlemen to a conscientious obedience to present government, which otherwise would have wavered in that point. This therefore was no vaunting, but a necessary part of the business I took in hand.44

Auch Chritopher Hill bezieht sich auf dieses Zitat, wenn er schreibt, Hobbes habe behauptet,

mit seinem Leviathan Royalisten zur Unterwerfung unter das Protektorat überredet zu haben;

ebenso wie der Erfolg des neuen Regime ihn überredet habe, nach England zurückzukehren.45

Die Worte „This therefore was no vaunting, but a necessary part of the business I took in

hand.“ könnte man sogar dahin deuten, daß Hobbes vielleicht sogar einmal in Erwägung

gezogen hatte, tatsächlich aktiv in die Politik einzugreifen, wie auch seine Lehren selbst an

den Universitäten zu lehren (das erwähnt er im Schlußwort des Leviathans), was jedoch im

Widerspruch steht zu der Aussage in seiner Autobiographie, wo er verlauten läßt, daß er nur

nach England zurückgekehrt sei, um sich im höchsten Frieden zurückzuziehen und sich

seinen Studien zu widmen.46

Gerade wegen dem eben Erwähnten scheint es wichtig, daß Hobbes sich persönlich letzten

Endes doch von einem aktiven Eingreifen in die Politik zurückhielt. Zustatten kam ihm dabei,

daß er seit 1653 wieder bei seinem früheren Schüler, dem Grafen Devonshire, auf dem Lande

lebte und sich dort in Ruhe seinen Studien hingeben konnte; ganz so wie er es in seiner

Biographie später äußerte. Hobbes dichtete Cromwell nicht an, wie es Milton tat, er widmete

ihm auch nicht eines seiner während der Republik erschienen Werke, wie es Harrington in

überschwenglicher Form mit seiner Oceana tat. Aber wie intuitiv Cromwell trotzdem 43 Hobbes, English Works, VII, S. 335. 44 Hobbes, English Works, VII, S. 335-336. 45 Christopher Hill: God’s Englishman. Oliver Cromwell and the English Revolution. London ³1970, S. 248. 46 Siehe lateinisches Zitat auf Seite 14.

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empfand, daß die Hobbessche Theorie für die gegenwärtige Regierung ihm bessere Dienste

leisten konnte, zeigt, daß er Harrington die Veröffentlichung der Oceana verbot und erst auf

die dringenden Bitten seiner Tochter, bei der Harrington antichambrierte, die Druckerlaubnis

erteilte.47 Und aus solchen Aktionen kann man Cromwells Stellung zu Hobbes und dessen

Werk herauslesen, worauf man auch angewiesen ist, wie wir gleich sehen werden.

5. Cromwells Verhältnis zu Hobbes.

5.1. Das Problem.

Wie Hobbes zu Cromwell stand, wissen wir aus nicht vielen, aber doch einigen Briefen,

Bemerkungen seitens Hobbes’ und vor allem aus dem Behemoth, in dem sich der Philosoph

ganz konkret über Cromwell äußert, wenn man auch in diesem Text zwischen den Zeilen

lesen muß, was durch Widersprüche zu früheren Äußerungen und die Tatsache klar wird, daß

Hobbes den Behemoth erst zur Zeit der Restauration geschrieben hat und sich deshalb ganz

offensichtlich nicht frei über Cromwell äußern konnte. Dagegen ist es schwierig

herauszufinden, wie Cromwell über Hobbes dachte. Es besteht schlicht und ergreifend ein

Mangel an Äußerungen Cromwells über Hobbes. Und wir wollen hier nicht den Fehler

begehen, aus der Abwesenheit von Sympathiebekundungen eine Ablehnung

herauszuinterpretieren; man könnte nämlich aus demselben Grund auf Sympathie schließen:

Da Hobbes mehr oder minder Cromwells Meinung war, konnte er sich unter dem Schutz des

Lordprotektors problemlos positiv über ihn äußern. Während der Restauration wäre ihm sogar

eine negative Äußerung oder gar Verurteilung möglich gewesen, aber Hobbes hielt sich im

Behemoth sehr mit Kritik zurück, man kann sogar eine gewisse Bewunderung für Cromwell

herauslesen. Cromwell selbst konnte sich hingegen nicht über den verrufenen Hobbes positiv

äußern. Das hätte seinem Ruf geschadet, und Cromwell war viel zu sehr Realpolitiker, um so

ein Risiko einzugehen. Wie wir später sehen werden, schien er aber doch Hobbes geneigt, und

wollte sich somit auch nicht der Kritik über ihn anschließen. Daraus resultierte, daß sich

Cromwell eher bescheiden, wenn überhaupt, über Hobbes äußerte.

Die Auseinandersetznug mit dieser Problematik fand in der Cromwell-Literatur bisher

entweder gar nicht oder nur mäßig statt. In jeder größeren Biographie über Hobbes wird sein

Verhältnis zu Cromwell wenigstens kurz angesprochen. In Cromwell-Biographien wird

Hobbes oft nicht einmal erwähnt. Scheinbar schließen die meisten Interpreten aus der

47 Nachzulesen in Lips, S. 91.

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erwähnten Abwesenheit von sowohl Sympathie-, als auch Antipathiebekundungen auf ein

absolutes Desinteresse Cromwells an Hobbes. Aber auch das kommt nicht ganz hin, wenn

man die Feinheiten beachtet. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf kleine Anmerkungen

Cromwells und noch viel mehr auf sein Handeln, seine Aktionen, den Aufbau seines Systems

und auf andere Ähnlichkeiten.

5.2. Ähnlichkeiten zwischen Cromwell und Hobbes.

Lips geht davon aus, daß die Verwaltung Cromwells manche Ähnlichkeit mit der

Hobbesschen Auffassung vom Staat hatte. Auch die Sicherung des Staatswesens durch ein

absolutes Polizeisystem mit Spähern und Spionen, um Revolten und Verschwörungen

aufzudecken (von Hobbes in De Cive, Kap. XIII empfohlen) war von Cromwell bis ins

einzelne ausgeführt worden; der innere Frieden war gesichert.48

Ebenso befolgte Cromwell die ‘Ratschläge’ Hobbes’, indem er durch Handelsgesetze, wie die

Navigationsakte, den Wohlstand des eigenen Volkes förderte und mit dem von Hobbes längst

geforderten Plan einer Kodifizierung des gesamten Rechts begann (beides fordert Hobbes

nicht nur in De Cive, sondern auch immer wieder im Leviathan). Als Lordprotektor

verkörperte Cromwell außerdem geradezu die erste Forderung der Hobbesschen Lehre,

nämlich die Einheit der Souveränität (auch diese Forderung ist mehr als einmal im Leviathan

zu finden).

Cromwell sah scheinbar wie Hobbes in der unteilbaren Souveränität die Garantie für Ruhe,

Ordnung und Sicherheit im Staate, da er den Sitz der Souveränität eindeutig festlegen wollte,

indem er erst das Königtum und dann das Oberhaus abschaffte. Beide stießen aber auch sehr

schnell bei eingehendem Studium der „Bauelemente“ (Matter) ihres Gemeinwesens auf die

Schranken aller irdischen Gewalt: auf das menschliche Gewissen. Gegen Ende seiner Karriere

mußte auch der „christliche Absolutist“ Oliver Cromwell einsehen, daß der Herrscher sich im

Grunde mit der Unterwerfung des „outward man“ begnügen müsse, „but not to meddle with

the inward“49, ganz so wie es auch Hobbes in seiner Staatslehre dargelegt hatte.

Lips fand sogar heraus, daß sich die Übereinstimmungen der Hobbesschen Anschauung über

das Verhältnis von Staat und Kirche und über die maßlosen Ansprüche der Presbyterianer

selbst oft wörtlich mit der persönlichen Auffassung Cromwells deckt, „so daß man annehmen

48 Lips, S. 90. 49 Wilbur C. Abbott, The Writings and Speeches of Oliver Cromwell, Clarendon Press, Oxford ²1988, Vol. III, S.436. Rede Cromwell’s an das Parlament vom 4. September 1654.

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muß, daß Cromwell eifrig Hobbes gelesen hat.“50 Zur Beweisführung zieht Lips einen Brief

Cromwells an den Gouverneur der Edinburger Festung vom 12. September 1650 heran, in

dem Cromwell schreibt:

But if these gentlemen which do assume to themselves to be the infallible expositors of the Covenant, as they do too much to their auditories of the Scriptures, counting a different sense and judgement from theirs breach of covenant and heresy, no marvel they judge of others so authoritatively and severly. But we have not so learned Christ. We look at ministers as helpers of, not lords over, the faith of God’s people. I appeal to their consciences, whether any trying their doctrines, and dissenting, shall not incur the censure of sectary? And what is this but to deny Christians their liberty, and assume the infallible chair? What doth he whom we would not be likened unto (gemeint ist der Papst, A. E.) do more than this?51

Der unterstrichene Ausspruch deckt sich sinngemäß haargenau mit einer Äußerung Hobbes’

in einem Brief an den Grafen Devonshire vom 23. July / 2. August 1641, in dem er schreibt:

I am of the opinion, that Ministers ought to minister rather than gouerne;

[...]52

Es würde allerdings eine sinnlose Annahme sein, daß Cromwell sich in seinen Entschlüssen

etwa habe von einer Theorie leiten lassen. Dazu war er, wie gesagt, viel zu sehr Realpolitiker

und wußte, daß die Politik die Lehre des Möglichen war. Aber fand er für seine Ziele und

Handlungen die wissenschaftliche Begründung, um so besser für ihn und um so gefährlicher

für seine Feinde. Besonders in den Reden Cromwells gelangten jetzt die Gesichtspunkte der

gesamten Staatswohlfahrt mehr zur Geltung, da die politischen Interessen neben die

kirchlichen traten.

Wie Cromwells Glaubensfreiheit wirklich zu verstehen ist, und wie ähnlich sich beide

tatsächlich waren, zeigen die Fortsetzungen der oben begonnen Zitate:

Cromwell:

„[...] It will be found an unjust and unwise jealousy, to deny a man the liberty he hath by nature upon a supposition he may abuse it. When he doth abuse it, judge. If a man speak foolishly, ye suffer him gladly because ye are

50 Lips, S. 90. 51 Abbott, Vol. II, S. 337. 52 Malcolm, Vol. I, Letter 37, S. 120.

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wise; if erroneously, the truth more appears by your conviction. Stop such a man’s mouth with sound words that cannot be gainsayed; if [he speak] blasphemously, or to the disturbance of the public peace, let the civil magistrate punish him; if truly, rejoice in the truth.“53

Hobbes:

„[...] at least that all Church gouverment depend on the state, and authority of the Kingdome, w(i)th out w(hi)ch there can be no vnity in ye church. your Lo(rdshi)p may perhaps thinke this opinion, but a fancy of Philosophy. but I am sure that Experience teaches, thus much, that the dispute for [precedence] betweene the spirituall and civil power, has of late more then any other thing in the world, bene the cause of civil warres, in places of Christendome.“54

53 Abbott; Vol. II, S. 339. Fortsetzung desselben Briefes. 54 Malcolm, Vol. I, Letter 37, S. 120.

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6. Schlußbetrachtungen.

Am Ende bleibt festzustellen, daß man sich Mangels ausdrücklicher Hinweise auf

Vermutungen verlassen muß. Folglich ändern sich die Meinungen über das Verhältnis

zwischen Cromwell und Hobbes ständig, wobei doch auffällt, daß die neuere Forschung mehr

dahin tendiert, was hier zum Ausdruck gebracht werden sollte: Hobbes und Cromwell waren

beide Realisten und fanden sich mit dem Tatsächlichen ab, um ihre Vorstellungen zu

verwirklichen. Sie waren beide Kinder ihrer Zeit und ihr doch voraus.

Leider kennen wir, abgesehen von der Darstellung Cromwells im Behemoth, keine weiteren

expliziten Aussagen von Hobbes über den Protektor. In einer sich widersprechenden Weise

hat Hobbes dort Cromwell einerseits fast schablonenhaft und in einer für die Restaurationszeit

typischen Weise als durchtriebenen Ränkeschmied und Lügner porträtiert, der ehrgeizig einen

langfristigen Plan mit dem Ziel des Thronerwerbs für seine Person verfolgte. Andererseits

schwingt in diesem außerordentlich holzschnittartigen Bild auch wieder die Bewunderung mit

für diesen erfolgreichen Mann, den Hobbes auf der letzten Seite seines Behemoth indirekt als

den größten militärischen Strategen aller Zeiten bezeichnete. Hobbes sah durchaus, daß

Cromwell es geschafft hatte, England zu einer Größe zu führen, wie es die Stuarts nicht

vermocht hatten. Cromwells Verdienst lag in den Augen von Hobbes neben dem der

Bereitstellung eines effizienten Militärapparats (New Model Army) vor allem in der

Bündelung der Souveränität und der Modernisierung der Verwaltung. Hobbes hob es im

Behemoth lobend hervor, daß Cromwell die drei Reiche England, Schottland und Irland

gleichberechtigt in eine Nation zu überführen verstanden hatte. Hobbes sah in Cromwell ein

militärisches Genie, das er Karl II. gewünscht hätte.

Weiter ist festzuhalten, daß Hobbes Cromwells anfängliches Vorgehen durchaus verurteilte,

denn man dürfe sich nicht an der Macht vergehen, die einen schützt. Das war in den Augen

des Philosophen ein sträflicher und unrechtmäßiger Akt. Hernach aber befand sich Cromwell

im Zustand der Selbstverteidigung. Und auf Selbstverteidigung hat jeder ein Recht, auch der

Schuldige. Zudem hatte Cromwell die Macht, Hobbes’ Theorien zu verwirklichen.

Daß es um Cromwells Aussagen über Hobbes noch schlechter bestellt ist, haben wir schon

festgestellt. Doch konnte an Hand der Ähnlichkeiten zumindest eine Affinität zwischen

beiden gefunden werden. Das einzig wahre Problem ist, daß selbst die gefundenen

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Äußerungen ständig in Bezug darauf betrachtet werden müssen, wie frei sich der eine über

den anderen äußern konnte, ohne sich selbst dadurch zu gefährden.

Worin sich Cromwell und Hobbes letzten Endes wirklich ähnlich sind, ist der Wunsch,

endlich Frieden herbeizuführen und zu erhalten. Im gespannten Verhältnis zwischen dem

neuen Regime in England und den alten Gewalten im Pariser Exil müssen wir Hobbes

zugestehen, daß er auf einen Ausgleich bedacht war. Im Streit um die Frage, ob nun Hobbes

mit Cromwell sympathisierte oder eher den König im Exil unterstützte, sollte man vielmehr

diese auf Vernunftgründen beruhende vermittelnde Haltung des Staatsphilosophen betonen,

die zum Beispiel auch im Leviathan zum Ausdruck kommt, wenn er fordert, daß man dem,

der Unrecht getan hat und sich deshalb in dem eben erwähnten Zustand der

Selbstverteidigung befindet, verzeiht und ihm somit den Grund zur Selbstverteidigung nimmt

(Leviathan, S. 143).

Cromwell selbst muß ebenso immer unter dem Aspekt der Notwendigkeit betrachtet werden.

Nicht im Sinne dessen, was er unter „Notwendigkeit“ verstand, sondern auch im Sinne

dessen, was wirklich notwendig schien, um Ruhe und Ordnung zu erhalten. Nach dem

zweiten Bürgerkrieg wurde der König auch deshalb hingerichtet, um einen weiteren Krieg zu

vermeiden. Es war keine reine Rachsucht oder Blutrunst.

Am Ende sah Hobbes alles nur als eine Kreisbewegung an: Von Karl I. zum Langen

Parlament, von da zum Rumpfparlament, vom Rumpf zu Oliver Cromwell, von Oliver über

Richard Cromwell wieder zurück zum Rumpf, von dort zum Langen Parlament und dann zu

Karl II. (Behemoth, S. 204).

So kann man denn zuletzt nicht von einer realiter bestandenen gegenseitigen Beeinflussung

reden, sondern eher von einer zufälligen Verwandtschaft zweier großer Geister, die ihre

gegenseitige Zustimmung in der Zeit, in der sie lebten, nicht offen äußern konnten.

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Quellen Abbott, Wilbur Cortez: The Writings and Speeches of Oliver Cromwell. Vol. I-IV, Oxford ²1988 (zuerst veröffentlicht 1945). Burnet, Gilbert: Bishop Burnet’s History Of His Own Time. London 1724. Dowell, John: The Leviathan Heretical. London 1683. Hobbes, Thomas: The English Works Of Thomas Hobbes Of Malmesbury. Now First Collected And Edited By Sir William Molesworth. Vol. I-XI, London 1839-1845 (zweiter Neudruck, Aalen 1966). Hobbes, Thomas: Thomae Hobbes Malmesburiensis Opera Philosophica Quae Latine Scripsit Omnia In Unum Corpus Nunc Primum Collecta Studio Et Labore Gulielmi Molesworth. Vol. I-V, Londini 1839-1845 (zweiter Neudruck, Aalen 1966). Hyde, Edward, Earl of Clarendon: A Brief View and Survey of the Dangerous and pernicious Errors to Church and State, in Mr. Hobbes’ Book, Entitled LEVIATHAN. London 1676. Malcolm, Noel (Hrsg.): The Correspondence of Thomas Hobbes. Vol. I 1622-1659, Vol. II 1660-1679, Oxford 1994. Nicholas, Sir Edward: The Nicholas Papers. The Correspondence of Sir Edward Nicholas, Secretary of State. Edited by George F. Warner. Vol. I, 1641-1652, printed for the Camden Society. London 1886. New York und London 1965 (erster Neudruck). Übersetzungen: Hobbes, Thomas: Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates. Herausgegeben und eingeleitet von Iring Fetscher. Übersetzt von Walter Euchner. Frankfurt am Main 1996 (siebente Auflage). Stählin, M. (Hrsg.): Oliver Cromwell. Briefe und Reden, mit einer Einleitung und erläuterndem Text v. Paul Wernle. Basel 1911. Literatur Bowle, John: Hobbes And His Critics. A Study in Seventeenth Century Constitutionalism. London 1951. Förster, Winfried: Thomas Hobbes und der Puritanismus. Grundlagen und Grundfragen seiner Staatslehre. Berlin 1969. Hill, Christopher: God’s Englishman Oliver Cromwell and the English Revolution. London ³1970.

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Hönigwald, Richard: Hobbes und die Staatsphilosophie. Darmstadt 1971 (unveränderter reprographischer Ausdruck der Ausgabe München 1924). Metzger, Hans-Dieter: Thomas Hobbes und die Englische Revolution 1640-1660. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991. Martinich, A.P.: A Hobbes Dictionary. Cambridge, Mass., USA und Oxford 1995. Shelton, George: Morality and Sovereignty in the Philosophy of Hobbes. London 1992. Skinner, Quentin: „Conquest and Consent: Thomas Hobbes and the EngagementControversy:“ In G.E. Aylmer (Hrsg.): The Interregnum: The Quest for Settlement 1646-1660. London 1972, Seiten 79-98. Skinner, Quentin: „Some Problems In The Analysis Of Political Thought And Action.“ In Political Theory, Vol. II, No. 3 (August 1974), Seiten 277-303. Skinner Quentin: Reason And Rhetoric In The Philosophy Of Hobbes, Cambridge 1996. Steinberg, Jules: The Obsession of Thomas Hobbes. The English Civil War in Hobbes’s Political Philosophy. New York 1988. Tönnies, Ferdinand: Thomas Hobbes. Leben und Lehre. Stuttgart 1925 (dritte vermehrte Auflage). Tuck, Richard: Hobbes. Oxford und New York 1989.