14
Beitriige zur Anatomie der ¢apillaren. I1. Weitere Untersuchungen tiber contractile Elemente in der Geliigwand der Blutcapillaren. Von Bj. Vimtr~lp. ~Aus dem Zoophysiologischen Laboratorium [Direktor: Professor A. K~vgh] der Universit~t I~openhagen.) Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 8. Februar 1923,) Im AnsehluB an die w~i, hrend der letzten Jahre im Zoophysiologischen Laboratorium der hiesigen Universitht mit groBem Eifer durchgef/ihrten Unter- suehungen auf dem Gebiet der Pbysio]ogie der Capillaren habe ieh reich schon seit mehreren Jahren dem speziellen Studium der Anatomie derselben gewidmet. In einer frfiher erschienenen Arbeit dieser Serie habe ieh die yon mir erreiehten •esultate fiber die Capillaren der Kaltbl/itigen -- Rana und Triton, Larven, sowie Erwaehselle -- ausfiihrlieh auseinandergesetzt. -- Eigentlich war es meine Absicht, mit Forsehungen fiber die Capillarendothelien bet kaltbliitigen Tieren fortzuse~zen; da jedoch die C~pillaren der ~Iaut yon einem physiologischen Ge- sich~spunkt a, us ganz besonders interessant sind, und aus dem Grunde in letzter Zeit das Objekt eifriger Forsehungen yon seiten zahlreicher Kliniker und Physio- togen yore Fach gewesen sind, habe ieh auf den Wunsch Kroghs die Frage tiber den histologischen Bau derselben neuen Untersuehungen unterworfen. In erster Reihe habe ieh mich bemiiht, tiber das anatomisehe Substrat der Contractititgt der Capiltaren Al~fsch]/isse zu geben, weshalb ieh reich bis jetzt nut in geringerem Mate mit der Anordnung der ttautgefgge beseh~ti~ habe, worfiber Spalteholz sehon 1893 ein ~5rerk schrieb, das an gewissenhafter Aus- f~ihrliehkeit ~uld Zuverlgssigkeit noch yon keinem spgteren tibertroffen worden ist. Wie altgemein bekannt, gibt es -- nach Spaltehdz -- in der Itaut zwei Arteriennetze, die yon Arterienstgmmen gespeist werden, die, yon der Subeutis aufsteigend, auf der Grenze zwischen Curls und Subcutis eta wirkliches Netz yon anastom0sierenden Gefiigbbgen -- das cutane Arteriennetz -- bilden; ~us diesem Netz entspringen zuhlreiche kteinere 3xterien, die im Bogen znr Oberfl~iehe ziehen, indem sie sieh etwas unter den l%pillen, meist auf der Grenze zwischen dem mittleren und gugeren Drittel der H~ut zu einem zweiten, dem subpapillaren Arteriennetz, vereinigen. Aus dem subpapillaren Netz ziehen kleine Gefi~l~e zu den Papilhn (Op. cir. S. 18). ,,Diese Gefi~13e teilen sich auf ihrem Verlauf zur Papillensehieht fortgesetzt so, daG sie sehlieglich dieht unter der Basis der Papillenleisten in meist o geiserehen zerfatlen, welehe mit Vorliebe in der Lgngsriehtung der Riffen ~-erl~ufen, und aus denen nun senkrecht naeh oben Zeits0hr. I. d. ges. Anat, L AblL ~d. 68. ~1

Beiträge zur Anatomie der Capillaren

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

Beitriige zur Anatomie der ¢apillaren. I1. Weitere Untersuchungen tiber contractile Elemente in der Geliigwand

der Blutcapillaren.

Von

Bj. Vimtr~lp.

~Aus dem Zoophysiologischen Laboratorium [Direktor: Professor A. K~vgh] der Universit~t I~openhagen.)

Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 8. Februar 1923,)

I m AnsehluB an die w~i, hrend der letzten Jahre im Zoophysiologischen Laboratorium der hiesigen Universitht mit groBem Eifer durchgef/ihrten Unter- suehungen auf dem Gebiet der Pbysio]ogie der Capillaren habe ieh reich schon seit mehreren Jahren dem speziellen Studium der Anatomie derselben gewidmet. In einer frfiher erschienenen Arbeit dieser Serie habe ieh die yon mir erreiehten •esultate fiber die Capillaren der Kaltbl/itigen -- Rana und Triton, Larven, sowie Erwaehselle -- ausfiihrlieh auseinandergesetzt. -- Eigentlich war es meine Absicht, mit Forsehungen fiber die Capillarendothelien bet kaltbliitigen Tieren fortzuse~zen; da jedoch die C~pillaren der ~Iaut yon einem physiologischen Ge- sich~spunkt a, us ganz besonders interessant sind, und aus dem Grunde in letzter Zeit das Objekt eifriger Forsehungen yon seiten zahlreicher Kliniker und Physio- togen yore Fach gewesen sind, habe ieh auf den Wunsch Kroghs die Frage tiber den histologischen Bau derselben neuen Untersuehungen unterworfen.

In erster Reihe habe ieh mich bemiiht, tiber das anatomisehe Substrat der Contractititgt der Capiltaren Al~fsch]/isse zu geben, weshalb ieh reich bis jetzt nut in geringerem Mate mit der Anordnung der t tautgefgge b e s e h ~ t i ~ habe, worfiber Spalteholz sehon 1893 ein ~5rerk schrieb, das an gewissenhafter Aus- f~ihrliehkeit ~uld Zuverlgssigkeit noch yon keinem spgteren tibertroffen worden ist. Wie altgemein bekannt, gibt es - - nach Spaltehdz -- in der I t au t zwei Arteriennetze, die yon Arterienstgmmen gespeist werden, die, yon der Subeutis aufsteigend, auf der Grenze zwischen Curls und Subcutis eta wirkliches Netz yon anastom0sierenden Gefiigbbgen - - das cutane Arteriennetz - - bilden; ~us diesem Netz entspringen zuhlreiche kteinere 3xterien, die im Bogen znr Oberfl~iehe ziehen, indem sie sieh etwas unter den l%pillen, meist auf der Grenze zwischen dem mittleren und gugeren Drittel der H~ut zu einem zweiten, dem subpapillaren Arteriennetz, vereinigen. Aus dem subpapillaren Netz ziehen kleine Gefi~l~e zu den Papi lhn (Op. cir. S. 18). ,,Diese Gefi~13e teilen sich auf ihrem Verlauf zur Papillensehieht fortgesetzt so, daG sie sehlieglich dieht unter der Basis der Papillenleisten in meist o geiserehen zerfatlen, welehe mit Vorliebe in der Lgngsriehtung der Riffen ~-erl~ufen, und aus denen nun senkrecht naeh oben

Zeits0hr. I. d. ges. Anat, L AblL ~d . 68. ~1

Page 2: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

470 Bj. Vimtrup :

die arteriellen Teile der Capillarsehlingen aufsteigen. ])iese kleinen vor- eapill~ren, meist l~ngs verlaufenden ~4stehen anastomosieren aber nieht mit- einander.

Die venSsen Capillaren (Op. eit. S. 19) der Papillen m/inden an der Fuft- some Mle in eb~ Venennetz ein, welches sieh in der H6he der Basis der Haut- rfffen befindet."

~ber den histologisehen Baude r Gef~13wand sprieht Spalteholz sieh folgender- inal~ei1 aus :

S. 16. ,,An den zum subpapilli~ren Netz aufsteigenden Arterien ist ungef~hr his zur Mitre des Curls eine deutliehe gingmuskulatur naehweisbar"; und

S. 35. ,,Die Gefi~Bmuskulatur . . . existiert ja an den Arterien der menseh- lichen Haut nur in der unteren t t~lf te der Cutis, hSrt aber noeh un te r dem sub- papillaren Netz auf; an den Venen seheint sie aber gar nur auf das Netz zwisehen Cutis urid Subeutis besehr/inkt zu sein," uild im Ansehlug hierzu bemerkg er S. 36:

,,Dabei sind wit gezwungen, fiir die fiber diesen Lagen vorhandenen Blut- geff~13e eirie Ver~nderung des Lumens anzunehmen, Mlein wohl dureh Vermitt- lung der Gef/~Beloithelien und in einem Umfange, wie wir uns sonst nur Ms dureh Beihilfe der 5iuskulatur mSglieh vorstelien pflegen."

Aus diesefi tetzteia ~uf3erungen geht deutlieh hervor, wie der grofte Anatom nut" mit gr63ter Vot:sicht und nicht ohne ernsthaftes Bedenken seine Resultate ver6ffentlieht. Dutch Injektionsprgparate, Mlerdings augerordentlieh wohl- gelungene Prgloarate, kam Spalteholz zu diesen, seinem Ergebnis; es kann jedoeh nieht wunderr/, dab diese Prgparate den gewShnliehen histologisehen Prgparaten gegentiber in gewissen Beziehungen im Naehteil stehen, ganz besonders, wenn es au~ den B a u d e r Gef~gwand ankommt. DeshMb habe ieh reich der gew6hn- liehen histotogisehen Methoden bedient. Das Material ist frisehe Menschen- haut (Opera;tionsmateriM) mit Subeutis;' fixiert ixi Sublimat- oder Osmium: tSsungen (Formol-Sublimat; Formol-Zenker, Zenker-Essigs'~ure, Fletmnixlgs Flfissigkeit), Aus'w&sserung; H~rtung in Alkohol, Cedern61, Benzin, Benzin- paraff~-Paraffin : 56 ° ; Sehnitte yon versehiedener Dieke, 7--20 ,u, t~rbung mit Hansens Eisentrioxyh~matein und Naehfi~rbung mit Eosin oder PikrinS~ure, Si~urefuehsin (Hart.sen) oder Fi~rbung naeh Callaja mit Safr~nin-Indigoearmin- Pikrinsi~ure, welehe Methode sieh Zum vorliegenden Zweek besonders gfinstig bewghrg, doeh mit der Modifikation, dM~ mari die Fgrbung mit Safranin mit einer l proz. L6snng naeh Babes und im Thermosta t 1--6 St~mden bei 56% vornimmt.

Die Sehwierigkeiten, womit die Mikxoskopie der t Iaut im Mlgemeinen verbunden ist, kier ngher zti erSrtern, w-~re wohl fiberflfissig. Ieh m6ehte doeh gerne evtt. Interessierte daraui anfmerksam maehen, dab die Kerne /iberfgrbt werden mtissen; die Entf~t.rbung wird so weir getrieben, dab die Muskelzelten auf dem Epithel der I£nfmeldrtisen mit deutlieh safraningef~rbtem (dunkelrotem) Kern nnd PrbtoplaSma seharf hervort re ten. .Oft ist dann das derbfaserige Binde- gewebe in den tiefen' Sehiehten der C.~tis noeh stark gefgrb~, w:~hrend das Binde- gewel~e i in Strattim papitlare et subpapitlare ganz deiltliek "dffferenzierg ist. l~bersiehgspriiparate werden mit obengenanntem Safranin eine Stunde im

Page 3: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

Beitrage zur Anatomie der Capiliaren. 471

Thermost.at gefgrbt., dann so welt differenziert, bis die Epithelzellen im Stratum germinativum einen gelb-orangefarbigen Ton annehmen mid mit deutlichen Inter- eellularbrfieken hervortre~en; man sieht dann almh die Meissnersehen Tast- k6rperehen, die zu ihnen fiihrenden Nerven' sowie die Zellkerne der Capillaren, wghrend das Protoplasma in der Wand der Capillaren sieh der Beobaehtung entzieht.

Um m6gliehst vide Papitlen im Prgparag zu bekommen, habe ich den 8ehnitt vertikal zn den Hautriffen des Fingers gelegt. Es liBg sieh dann unsehwer feststellen, dag auf der Grenze zwisehen Cutis und Subeutis zahtreiehe sehr grebe GelgBe gelegen sind, die haupts£ehl:eh iiber den Kngueldrtisen verlaufen. Ebenfalls sieht man deutlieh die Anwesmlheit zahh'eieher subpapilt~rer GefgBe. ~Iit der ausf{ihrlieheren Anordnung dieser gr6beren Verhgltnisse babe ieh reich nieht abgegeben, da ich in meinen Untersnehungen niehts fand, das den zuver- lessigen Angaben yon Spalteholz widerspreehen k6nnte.

Ebenfalls gemgt3 S.palteholz IgBt es sich leieht Ieststellen, dab die subpapiI- l iren Gef~ge in 3 Sehiehten geordnet sind (2 Venennetze und 1 dazwischen- liegendes arterielles Netz).

Aus dem cutanen Netz steigen arterielle Gefil~e auf, die in das subpapillare Netz iibergehen, und von jenen oder diesem entspringen papillire Gefil~e, von denen jeder kteine Stature 1--4 Papillen speist (welches ich jedenfa]ls in meinen Sehnitten beobaehtet babe). -- In jeder Papille liegt mindestens eine Gefgl3- schleife, aus einem afferenten Gefgg bestehend, das im unt.ersten Tell der Papille einen geraden Verlauf hat und, an der Spitze mehr oder weniger gedreh~ und gewunden, in ein efferentes Gefgg umbie~. Nur selten finder man in einer Pa- pille mehrere solcher Gef~Bsehleifen; befindet sieh in derselben ein Tastk6rper- chen, trifft man sehr orb den Fall, dag ein kleines Capiltar, vom Papilleneapillar eben naeh dessen Abgang veto snbpapillaren Netz entspringend, lgngs des Nerven zum TastkSrperehen z[eht., w~hrend die Papillenschteife selbst am Tastk6rper- ehen vorbeil~uft und einen Bogen fiber den oberen, abgerundeten Pol desselben besehreibt. Bisweilen tiegen die beiden Sehenkel der Sehteife wghrend ihres ganzen Verlaufes in der Papille umeinandergewunden, scheinbar wie eine 8; in anderen Fhtten finder man die ganze C4ef5flsehleife in der Papille eben unter- halb dert, iefsten Sehicht des Epithels gelegen. Es gibt sehlieglieh auch Papillen, in denen das afferente und efferente Gef~g dem _&nsehein naeh etwas fiber der Mitre der PapHlenh6he ineinander iibergehen, indem sieh hier ein kleines Ge- fg/3ehen abzweigt ~md zur Spitze der Papilte steigt. In einigen Fgtlen sind beide Gef5ge in der Papille verengert, in anderen sind sie beide dilatiert, mit roten ]~lutkSrperehen geffillt, wihrend: man bisweilen auch eine Schteife finden kann, deren eL~er Sdhenkel in kontrahiertem, der andere in diiatiertem Zustand ist (s. Abb. !)" Der {)'bergang voh dem einen zum anderen finder in meinen Prip~/- rationen ganz pl6tzlich start und entspricht der Spitze der Papille, d .h . dem Seheitel der Sehleife.

G-roBe Arteriensti~mme mit wohlausgebildeter, mehrsehich~iger Nuskulatur tassen sieh im eutanerl Ne~z leicht naehwdsen; Yon diesen zweigen sieh ldeinere Gefgl3e ab, die zum Epithet aufsteigen, und deren anIangs ebenfMls in mehreren Schichten angeordnete Nuseularis Mlmihlieh in eine einzelne dem Endothel

31"

Page 4: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

472 Bj. Vimgrup :

unmitte[bar anliegende Schicht tibergeht. Ein solches Gef~B yore S t ra tum sub- papillare sieht man in der Abb. 2. Die l~gl ioh schlanken End0thelzellenkerne treten im ganzen Umkreis der Gefggwand hervor, und das Endothelrohr selbst sieht man yon einem Mantel yon dicht aneinandersehliel3enden Zellen umgeben,

d eren Kerne armghernd ~t/~beherdSrmig sind, mit leicht abgerunde- ten Enden, und die das Endothel genau zirku- l~r uml~gern, so dab man sie bei abweeh- selnd hoher und tiefer Einstellung (Immer- sion) entweder an der oberen (gegen die Linse gekehrten) Flgehe oder an der unteren Flgche des Gefgl~es (s. Abb. 2) oder im optisehen Durehschnitt (s. Abb.3) sitht. Be/ passendcr Abblendung zeigt sieh das zugehSrige Proto- plasma deuttieh abge- grenzt, meist spindel- f6rmige Zellk6rperehen bildend, die so dieht aneinandergeftigt sind, dab sic seheinbar zu einer v61Hg gleiehm/~gi- gen Sehieht zusammen- schmelzen. Folgt man nun dem Verlauf des

Abb. 1. ~Ienschliche Haut.. Fix.: Fomnol-Sublimat. Fgrbung: Gefgges et, wa.s welter, 8afranin-tndigocarmin-Pikrins/ture. Papillarschleife mit einem 8iehg man, wie sich das afferenten kontrahierten Sehenkel, der am Scheitel der Schteifo th'otoplasma einiger etwas weiter wird und in den efferenten weiten 8chenkel um- biegt. Mikrophotogramm. Zeig Apoetn-om. 4 ram. Komp.-0k. 4. Zellen gewissermaf~en

Kameraauszug 50 era. Vergr6Berung etwa 380 : 1. aufspaltet, in 2 Spitzen ausNufg, w'ghrend die

Umrisse der Zellen an der Gef~gwand hervorspringen, am weitesten ungefa~hr an der Mitte jeder Zelte (der Gage des Kernes entspreehend). DaB es ~ieh hier um eine kleine Arterie mit efi~er einzehmn ~'[uskelsehieht handelt, geht ohne. Zweifel aus dem ~)%eNang yon einer grSgeren Arterie, der Lagerung und l%rm, ja dem ganzen Aussehen der Zellen hervor.

Die zusammenhSngende Sehieht der g~ugeren Zellen (~usketzellen) 16st sieh nun im weiteren Verlauf des Gefg~ges, auf dessen Weg zum subpapillgren

Page 5: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

Beitr~ige zur Anatomie der Capillaren. 473

Netze, in einzelne Zellen auf, die mehr oder weniger voneinander abgeriick~ sind, jedoeh in ihrer Lagerung im Verh~ltnis zur Gef~gwand keinerlei Ver- ~nderungen unterworfen sind. Dieser Ubergang yon einer gleiehmagigen Sehieht gIatter Muskehetlen zu vereinzelten Zellen yon ganz genau demselben Bau und Aussehen geschieht beinahe plOtzlich -- in. den yon mir beobaehte~en F:Mlen unt.er dem subpapillaren Netz. oder ca. 100--400 :~, unterhMb des tiefsten

/'~ m

:?

Abb. 2. Fingerhaut,. Technik wie ibb. 1. 5chnittdicke 15 :~. Kleine Arterie aus dem subpapillaren Netz. Flhchenansicht. Die mehr oder weniger spindelf6rmigen ~Iuskelzellen (m) bilden eine zusammenhgngende 8ehicht., wodureh man die (ira Prgparag stark gef~trbten) gndothelzellenkerne durehsehimmem ~ieht.. Obj. ZeiB Apoehromat 2 mm 01-Imm.

Komp.-Ok° 4. ZeiB Zeiehenprisma. Vergr6gerung 880 :I.

Teiles des E p i t h e l s . - Von nun an isis die Ge- f~flwand wie ein Endo- thelrohr gebaut, auf dem einzelne Muskehellen gelagerg sind, die, je nachdem man sich dem subpapilt~ren Netz n~hert, sich immer schr~ger zur L~ngs- riohtung des Gef~oges stellen. Auch im subpa- pill'~ren Ne~z ~rifft man nooh diese mehr oder

; :,' :.. :,, ,,,,

Abb. 3. Dasselbe Pr;¢~par~t, im olotischen Durchscbnitt. Endothetzellenkerne (e), Muskelzellenkerne (m). Optik usw.

,vie AbK 2. 660 : 1.

werdger sohr~g oder zirkul/~r an der Gef~Bwand gelagertea Zetlen. Wie verh~it es sich nun mit den papillaren Gef~,Ben '.~ Hier sind die Verh~ltnisse bedeutend schwieriger zu deu~en. Erstens h~ben die Gef~l]e oft ehlen unregelm/~Big ge- schl/~ngelten Vertauf, dazu kommt, dab d~s Iockere Bindegewebe reicher an Zellen ist, lind dab die Dimensionen der Gef'~Be bedeutend kleiner sind. Endlich ist es j~ einleuchgend, dM3 die Aussiohg, an diesen Gef~Ben sehr~g oder zirkul~r get~ger~e ~ugere Capillarwandzellen zu linden, eine verh~l tn i sm~ig geringe isg,

Page 6: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

474 Bj. Vimtrup :

wenn wir uns die festges~ellten Verh~iltnisse, n~mlieh den Ubergang yon der zirkul~ren Lagerung auf den Art.erich zur sehr/~gen Lage der Zellen im subpapil- Ifu'en Netz sowie aueh das allmihlieh sparsamere Auftreten der bert. Zetlen, im Bereieh des Papillengef~ges fortgesetzt denken. I)anaeh sollte man akso erstens nut ?venige Zellen finden; zweitens :~'i~re demnaeh die Mehrzahl derselben vor- wiegelid in der Lblgsdchtung des Gef&ftes zu suehen, und nur ganz wenige

zirkul~r gelagert. Aus diesem Grunde muf3 m~n, um T/~uselaungen sieher aus dem Wege zu gehen, diejenigen Gef~Be, deren Verlauf sieh dureh vietfaehe Windungen auszeiehnet., als dem Zweek ungeeignet erkliren. Nut in einigermaBen gestreekg ~-er- laufenden Papfllarsehlingen wh'd es sieh mit Sieherheit konstatieren lassen, ob ein iru Verh~lt.nis zum Papillar- gef~G in schr~iger Lage ge- fundener Kern wirklich dem bert. Capillar ~ngeh6rt.

Man finder nun wirklich an zahlreiehen Papillargef/~ Ben sotehe IKerne, die sieh etwas schrgg um das Endoghelrohr herumbiegen; man finder sic

m sogar bis ganz ~uf den Scheit.el der Papillarsehleife hinaus, so dab man in gewissen Fglten auf einem Sehenkel der 8ehlinge bis 8 Kerne zghlen

Ahb. 4. Fingerhaut. Technik, Optik usw. wie Abb. 2. kann (die Endothelkerne P~piltarschleife mit zahlreichcn Endothelzellenkernen (e) nieht einbegriffen). Abb. 4 und deutlieh hers~ortretenden, auBen am Endotheh'ohr zeigt~ eine vollstgndige Ba- et, wa.s schd~g gelagerten t{ernen (m) der I~m~getschen pillarsehteifemiteinergroBen

gellen. VergrOflertmg 500 : 1. g a h l tier herr. Ze]lenkerneo

Ferner l~gt sich eine _:4nderung ih der Gestalt dieser Kerne unsehwer naeh- weisen, indem sic am kont.rahierten Gef~%f~ dicker sind, trod deuttieher an der Wand hervortreten, w~hrend ihre Form am dilatierten GefiG f laeher isg, sieh dem ox-alen n~hem~d; em Verht~ltnis, welches an ~ypisehen S~el[en konstant auf- gritt. SohlieGlieh diirfte ieh hervorheben, dab die Zahl der bert. Zetten gr6Ber in der N~he des subpapillaren Net, zes als an der Sl0itze ist.

Um e~G1. Zweifel vorzubeugen, mSehte ieh gem hinzuffigen, dab man solehe Beobaela~ungen ~fieht als einen zuf~lligen Fund ansehen darf. Ieh h~be oben sehon die Tedhnik besproehen, ftihle mieh aber dazu veranlaf~, nochmMs

? n - -

Page 7: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

;Be{tr'age zur Anatomie der Cai)illarem 475

zu pointieren, was schon Sigm. Mayer, den Nachweis yon Muskelze]len dutch F~rbung mit Methylenblau betr., hervorhebt: dal~ nur, wer mit der histologischen Teehnik vSllig ve/'traut und aut3erdem ein Kenner der einsehthgigen Struktur- verh~ltnisse ist, At, ssich~ zum Gelingen dieser l%rsChungen haben wit& Die ~'grbung und Differenzierung ist yon allergrSi~ter Bedeutung, aber nur ver- bunden mit einer ernsthaften, kritisehen Durehmusterung (mit 01-Immersions- objektiv) jeder einzelnen Papilte vieter Sehnitte werden diese ein Result.at in positiver oder neg~tiver l~iehtung ausmachen kSnnen.

~Veleher Art sind nun diese pericapitl/iren Zellen ? Sol~nge man sich nur darauf altein besehr~nkt, die Auwesenheit der besproehenen ZeIlenkerne bis auf den kteinsten Papillargef~Ben zu konst~tieren, kann man sich sdbstver- st~tndtieh fiber die Natur der bert. Zellen nieht ausspreehen. Von verschiedenen Forsehern sind ghnliehe Zellen auf den Capillaren verschiedener Gewebe beob- aehtet worden, yon diesen aber au~ reeht verschiedene Art ausgelegt worden, haulats~ehlich doeh als Nerven oder Bindegewebezellen. (D~B das Beobachten der gei'~trbten histologischen Prgp~rate allein keine sichere Anleitung zar LSsung der vorliegenden Fragen ist, ist jedenfatLs dem geiibten Forscher wohl bekannt.) Es kommt darauf an, lebende Capillaren unter physiologischen und im iibrigen giinstigen Verh'altnissen wahrzunehmen. An der mensehtichen H~ut wind die physiologisehen Beobacht~ngen so zahh~eieh und miteinander (ibereinstimmend, daf~ man die unter verschiedenen Verhgltnissen und Reizen weehselnde Weite der Papillargef~f3e als eine unumstSl~liehe Tatsaehe auffassen darf. Bei direkter CapiHaroskopie hat man gesehen, wie sieh die Papillargef5Be 5ffneten und sieh mit BlutkBrperchen ffitlten, wie sich das GefMl dana plStzlieh an einer Stelle bis zur Undurehdringlichkeit zusammenzeg und die Verengerung sieh yon hier aus ~uf die ganze Gefhltschlinge fortpflanzte. Aber den Mechanismus selbst, der das Gelid3 schlol~, hat man nieht entdeckt. Die meisten sind wohl noch der Meinung, ,_t~1] es sieh um eine Quellung der Endothelzellen handelt, due Contracti]it~t im ~5trickerschen 8inn; diese Auffassuag wird noeh yon O. Migller in seinem grot]en Werk behauptet. Und doeh gibt es viele ~Iomente, die dieser Theorie wider- sprechen, worauf ich gleich zuriickkommen werde.

In einer fefiheren Arbeit habe ieh den i~achweis contractiler Elemente in der Gefg~wand der Capillaren be[ kaltblfitigen Tieren besprochen; ich nannte sic Ro,tgstsche Zellen. Ihre Contractili~%t ist durch langwierige Beobachtung nnter dem Mikroskop sowohl unter physiologischen Verhgltnissen als nnter Nervenreizung naehge~desen worden, indem man feststelten konnte,

da/3 die Kontraktion immer an einer oder mehreren Rougetsehen Zellen beginnt und sich yon da aus wei%er verbreitet,

daft die l%eaktionnach einer Reizung desto konstanter eintritt, je grSfter die Zaht dieser Zellen im betr. O-efgt~absehnitt ist,

daft man stets unter gtinstigen Verh'altnissen wghrend der Kontraktions- gnderung des Capiltars ein versehiedenes Aussehen einer und derselben Zelle be0baohten kann, ,welches auf eine Umlagerung des Protoptasmas, das sieh unter Verkiirzung and allmghlichem Diokerwerden der :Protoplasmaaustgu~er am den Kern h e r u m sammelt, zuriiekzMiihren ist. Auch der Kern vergndert seine Form, erst ist er flach -- am dilatierten Capillar -- sp'~ter -- am

Page 8: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

476 Bj. Vimtrup :

kontrahierten Gef~g -- mehr aufgedunst eif6rmig und auBerhalb der Endothel- wand prominierend.

P. Brar~l~-l?et~be~q hat neuerdings dutch direkte elektrisehe Reizung der Niekhaut des Frosehes eine bedeutende Capillarverengerung mit Faltung der Endothelwand beobaehtet. Ich babe seine Experimente naehgemacht und karm seine lgesultate durehweg best~tigen. Aueh hier begann die gontrakt ion an einer /?ottf/e~ sch en Zelle gerade an dem Kema; wenn sieh das Gef~/3tumen his unter 8 ,~ lichte Weite verengerte, ersehien regelm~gig eine deutliehe Faltung der Capillarwand,

e

; i J ,

/ I i i

t ,

Abb. 5. Fingerhaut. Kleinstes GefS~13, das, aus subpapiHarem Netz aufsteigend, sich in mehrere ~stchen ftir die Papillensehleifen teilt. Endothelzellenkerne (e), Xerne der

Rmtgetschen Zellen ())~,), rote ]31utkOrperchen (r). Vergr61~erung 10t?0 : ].

Eh~e sotche Faltung im Anschlug an eine Verengerung des Gefgl3es und Abnahme des Tot~dquerschn~ttes ]g[~t, sich mit einer Quellung der Endothelien nicht in Einkl~ng bringen; deshalb dtirften diese ]~efunde, die mit denjenigen Stei,nachs nnd Kah.ns some K~t~k~.dk~ v6liig ttbereinstimmen, noch dazu yon der Beobachtung ges~iitzt, da~ der Totaldurchmesser des Cefgl~es unter Ab- nahme der liehten Weite bedeutend kleiner wird, ats ein ]3eweis daftir gelten, da~ das Capillar seine Verengerung yon ~u.~en wirkenden Kr~f~en verdankt. Die ~tri&ersche Theorie, da~ ,,die echte Contractilitgt der C~pillaren auf einer Qnellung der Endothelzellen beruht", griindete sich darauf, dal~ die Capill~rwand

Page 9: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

Beltr~ge car Anatomfe der Capillaren. 477

nur aus einer einzelnen Sehicht yon Endothelzellen best~nde, und dab der Totalquersehnitt w~hrend der Verengerung des Lumens keinerlei Ver~inderungen unterworfen w~re. DaB die erste dieser Voraussetzungen nieht richtig ist, habe ich sehon oben besprochen; daf3 aueh die tetzte ebensowenig der Wh'klichkeit entsprieht, davon kann man sich unschwer fiberzeugen, am leichtesten wohl an der Frosehzunge, indem man z. B. den ~uBeren Durchmesser eines gew6hnlichen Capillars und denselben I)urchmesser naeh der Urethanreizung miBt.

Auf der Abb. 1 sieht man eine gikrophotographie airier Papilla der mensch- lichen t t au t mit einem engen und einem erweiterten Sttick der Gef~Bsehlfilge. Es ist hier leicht, den bedeutenden Untersehied im ~ugeren Durehmesser der beiden Sehenkel zu sehen. Hhlt man nun damit die Beobachtungen zusammen, dag man unter physiologischen Vcrh~ltnissen beide SehenkeI erweitert oder verengert oder einen seharf abgegrenzten verengerten Abschnitt beobachten kann, der sieh yon hier aus auf die gauze Gef~iI3sehlinge fortpflanzt, kann man wohl kaum glauben, daft es sich hier um einen engen und einen weiten Capillar- absehnitt handelt, sondern vietmehr nur um im Fixationsmoment verengerte und erweiterte Stiieke, so dab also aueh beim Mensehen der Totaldurehmesser des Capillars mit der lichten Weite abnimmt.

Die Annahme, dal3 die l~ouge~sehen Zellen ~[uskelzellen sind, sttitzt sich auf 1. die anatomischen Verhiiltnisse, indem man, wie gesagt, beim Froseh alle

l~berg~nge in bezug auf die F o r m and L a g e r u n g der betr. Zellen finder, yon den spindelfSrmigen, zirkul~ir gelagerten glatten 5iuskelzellen der Arteriolae und Venulae zu den reich ver/istelten, perieapill~r ann~hernd in der Langsriehtung des Gefi~ges gelagerten Rougetsehen Zellen der kleinsten Capillaren, genau mit den Beobachtungen Nitro. Mayers im Darm des Frosches iibereinstimmend.

2. Ihr Verhalter~ gewissen Farbsto//en gegeniiber. Mit Supravitalmethylen- blau lassen sich die glatten Muskelzellen bei passender Konzentration und Fi~rbe- dauer elektiv f&rben, und bei diesem Verfahren f~rben sich eben aueh die Ro~tget- schen Zelten.

3. Ihr Verhalten unter Nervenreizung. Bei etektrischer t~eizung der betr. sympathisehen Ganglien tri t t nach einer gewissen Latenzzeit -- 10--20 Sek. - - prompt eine Kontrakt ien der Zellen und des Gef~Bes ein. DiG Kontrakt ion er- reicht ziemHeh sehnell ihr ~[aximum, hiilt sich eine Zeitlang und n immt dann ganz langsam ab, genau in der den glatt.en ~Iuskelzellen eigenen Weise.

4. Ihr Verhalten gegeniiber Pituitrin. A. Krogh und Rehberg hat nach- gewiesen, dal~, werm man das Hinterbeh~ eines Frosches kiinsttich mit physio- logiseher Kochsalzl6sung durchst.rSmt, sieh die Capillaren stark erweitern. Setzt man nun zu dieser L6snng Pituitrin in passender Mange (0,01 corn Pituitrin P. D. & Co. pro Liter Koehsalz), t r i t t die normale Weite der Capillaren ein. tlei stiirkerer Konzentration kontrahieren sieh die Capillaren und die kleinen Arte- riolae und Venulae ad maximum1).

5. Noah ein Verh~ltnis, niimlich dab die Capillaren Tonus haben, kann zur Stiitze der Muskeltheorie dienen.

1) ~[an steht slcher hier gegentiber der Aufkl~rung tiber die so vorziigliche stimu- lierende Wirkung des Pituitrins, die man erfahrungsgem~B gefunden hat, und die sich h~ der Ther~pie beim Kollaps so ausgezeiehnet bewi~hrt.

Page 10: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

478 Bj. Vimta'up :

Hiernach k a n n man nicht mehr da ran zweifeln, daft sich a~ den Capillaren kaltbligtiger Tiers glatte MuslcelzeIIen be/inden, die dutch ihre Kontraktion die Jl'nderungen in der Lichtung des CapilZara verursachen. :Die Stric]cersche Theorie yon der , ,echten Contracti l i t~t der Capillaren" bet~raf gerade die Capillar- verengerung bei kal tbl i i t igen Tieren; man wiirde dem ausgezeichneten :Forscher s in ~ o b e s Unreeht an tun , falls man seine Theorie li~nger, als wir sic mi t unse rem Beobachtungssehatz in Einkl~ng br ingen k5nnen , zur Erkt~rung heranz6ge.

Sis war der Anstol] Vieler vorzfiglicher Arbei ten, gehSrt aber j e t z t nu r noch der Gesehiehte an. Die ]~ontraktion wird dutch spezi/ische Zellen auflen an/der Capillarwand bewirkt, so wie es zuerst yon t~ouget a~gegeben u~a~'de.

Mit dieser Auffassung, wozu man haupts~ehlich yon ana tomischen Ge- s ich t spunkten aus getangt is% s t immen alle die physiologischen Beobaeh tungen iiberein, ja, es gibt in der Ta t keine einzige, die ihnen direk~ widerspricht.

ibis je tzt ist es noch nicht gelungen, die ~ougetschen Zellen in den mensch- lichen Capillaren in lebendigen Pri~p~raten naehzuweisen, ~ber aus den oben- genann t en Beobaehtungen geht hervor, dal] es in der menschlichen H a u t Vero hi~]tnisse gibt, die genau den]enigen der ~ i c k h a u t entsprechen~).

z) Schon Rouget meinte 1874, daJ3 das ganze BlutgefgBsystem vom Herzen bis zu den Capillaren inkl. in ehae ,,Tunique contractile" eingehifllt ist, da die yon ihm nachgewiesenen Zellen nur als sine Fort.setzung der ,,Tuniq ue musculaire" an Arterien und Venen anzusehen sei. Seine Resultate sind indessen mit Riieksieht aui die Verh/iltnisse bei S/iugetieren nicht fiberzeugend. Nachdem Sigmund 'Mayer 1902 contractile Zellen an den Capillaren im ])arm des Frosehes und des Salamanders naehgewiesen hatte, sind einzelne Physiologen der Mei- nung gewesen, dab die Existenz solcher Zellen anch an der Wand der Hautcapillaren eine wirkliehe Tatsache ist; so nimmt Weiden/eld an, dal3 sis bei dem Zustandekommen des kiinstlich erzeugten ])ermographismus eine ~oTot3e ~olle spielen, und dieser Auffassung schlieBt sich auch L. R. Mi~ller an, wenn er folgendermal~en schreibt (S. 415): . . . . . Seit den Untersuchungen yon S. Mayer sind wir ja berechtigt, den Hautcapillaren contractile Ele- mente zuzuschreiben. Diese sind es wohl, welehe sich auf einen leichten, streifenden Reiz nach einer Latenzzeit yon 15--30 Sek. zusammenziehen und durch ihre Kontraktion den Eintritt und den Durchtritt yon Blur fiir 1--2 ~ n . hemmen. Nieht selten tritt, bevor es zur An~kmie kommt, noch fiir wenige Sekunden sine R6tung des gereizten Hautstreifens auf: Vor der Kontraktion kann es also zur Erschlaffung der contractilen Capillarzellen kommen." Es sind aber nur einzelne Forscher, die diese Auffassung vertreten. Auch kommt wohl G~nther yon wissensehaftlichem Gesicht.spunkte aus der damaligen L~ge unseres Wissens am nhchsten, wenn er 1918 hervorhebt, dab die Exis~enz der Rouget-Maysrschen Zellen an den Capillaren der menschliehen Haut nut noeh sine Hypothese ist. Wit sind nieht dazu berechtigt, aus dem Dasein der besa~o~en Zellen an dec Capillarwand in einzelnen Re- gionen bei kaltbltitigen Tieren zu folgern, dai~ es aueh bei Menschen ~hn]iche Zellen gibt. Ehensowenig k6nnen wit abet dieses leugnen. Mit ]iter~ren Untersuchungen werden wit bier nicht auskommen. ~,Verm O. M,~lter behauptet, da[~ die Capfllaren, die man in den Hautpapfllen beobachtet, ausschlieSlich aus Endothelzellen aufgebaut sind, and zur Stiitze dieser Behauptung sin Capillar aus dem Fettgewehe abbildet, kommt mir dies aus versehie- denen Grtinden sonderbax vor. Schon deshatb, well dieses Capillar fiber den Bauder Papillen- eapillaren nichts beweist ~md nut sehr wenig mit ihrer Dilatation and Kontraktion zu tun hat, abet auch well dem negati~en F~nd keine absolute Beweiskrait innewohnen kann, besonders nicht in diesem Falls, wo man sich nut, dem Anschein naeh, einer ganz gew6hn- lichen F~rbung bedient hat und keine Riicksicht auf besondere histologiseh-technische Y[at]nahmen genommen hat. (Gleichzeitig mSohte ieh darauf aufmerksam machen, dal~ die Ver~51~erungen der Abbildungen Tafel I i m obengenannten Werk Miillers kaum den angegebenen Zahlen entsprechen k6rmeu.)

Page 11: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

BeitrAge zur Anatomic der Capillaren. 479

Folgt man den Gef~l~en yon den grS~eren Sti~mmen aus, sieht man, wie die Muskulatur nach und naeh dfinner wird, nur aus einer einzetnen Schicht glatter, spindelfSrmiger, dicht aneinander liegender Zellen bes~ehend, die im weiteren Verlauf immer spirlieher werden, sich dem Gef~l] mehr oder weniger zirkul~r anlegen und allmihlieh ganz vereinzelt viele # voneinander entfernt liegen, wihrend ihr Kern meistens parallel der L~ngsrichtung des Gef~Ses oder etwas schrhg zu derselben gestellt ist, und auf den kontrahierten Abschnitten dick prominierend, auf den dilatierten Abschnitten diinner und sehm~ler hervortrit t , diese Zellenkerne Iindet man selbst an den kleinsten Capillaren.

'£~hnliche Be funde hat E. MiilZer in Stockholm erreieht. In einem mit Supra- vitalmethylenblau gefiirbten Katzendarm land er auf kleinen A_rterien glatte ~Iuskelzellen, die sieh dem {Jbergang auf das Capillar zu nach und naeh ver- einzelt schr~g zur L~ngsaehse des Gef~t3es lagert.en.

Endlieh babe ich sehon 1920 im Darm der Maus densetben Fund gemaeht, und ebenfalls hier ver~stelte, pericapillare Zellen naehgewiesen.

H~lt man diese Tatsaehen mit den obengenannten Beobaehtungen in der Wand der Capillaren kaltblfitiger Tiere (Frosch mad Wassersalamander) -- ausfiihrlieh besproehen loc. cir. -- zusammen, kann es keinem Zweifel mehr unterwoffen sein, dab wit aueh hier mit Musketzellen zu tun haben, mit anderen Worten: Es gibt selbst in den kleinsten GefiBen der mensehtiehen Hau t ~Iuskel- zellen, die die Kontrakt ion der Gefige verarsaehen. Dies wird in gewissem MaBe yon Iolgender Beobaehtung Hockers gestiitzt. ~Vird eine Katze dutch fibermgl?ige Mengen yon Anaesthetics getStet, werden im Laufe weniger Minuten die Capillaren und die kleinsten Venulae ihr Blur nach den Venen zu ausleeren. Ungefghr 15 Min. sp i ter fliel~t yon der ven6sen Seite aus Blur zur/ick und fiillt wieder die Capillaren. Naeh Ablauf lgngerer Zeit werden sich die Capillaren aufs neue entleeren etwa gleichzeitig mit dem Auftreten des Rigor morgis. Da- naeh bleiben die Capillaren leer i).

Aber wie steht es n~n mit der Einteilung der Gefiifte in Arterien, Venen und Capillaren. Es fiel mir sehr schwer, die Grundsitze zu verstehen, naeh denen Spattelmlz die unterscheidenden Grenzen zieht. Gerade bei den ttautgefMten sind die Verhhltnisse besonders sehwierig. Derm die zusammenh~ngende Mus- kula tur der Arterien h6rt ein Stiiek unter dem sublaapili~ren Netz auf, yon nun an haben die GefiBe, wie wit sahen, nur mehrere oder wenige einzeln ge- lagerte Muskelzellen, w~hrend ihr Durchmesser im allgemeinen bedeutend grSl3er ist wie derjenige der gew6hnlichen Capillaren. Das subpapillare Netz karm man im Grunde genommen bezfiglieh des Wandbaues am besten mit Capitlaren ver- gleiehen, in bezug auf die Weite aber mit Arterien und Venen. Da die ~¢geite aber sehr'ofg weeh~elt, wi~re es ein vom anatomisehen Gesiehtspunkt aus vSllig be- reehtigter Standpunkt, die Gef'gBe als grebe Capiliaren zu bezeiehnen; da sic

l) ,,Of the two post-mortem capillary constrictions above described, the first is in all probability asphyxial in origin and may contribute in no small degree to the welLreeognized msphyxial rise of arteriat and venous blood pressure. So ready an explanation of the second constriction ks not at hand. Itn onset coincident with the development of skeletal muscle rigor suggests the possibility of a relationship to some similar change in endothelium. There is howewer, at the present time, no scientific basis ~or such a suggestion." (Hocker, op. cir. pag. 134.)

Page 12: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

4-80 Bj. Vimtrup :

ebenfalls in ihrer Wirkungsweise und Funktion den Capillaren ganz nahestehen, sprechen auch physiologische Verhgltnisse dafiir, sie als Capillaren anzusehen. Die muskellosen Arterien Spalteholzs sind also sowohl yon einem anatomisehen als einem physiologisehen Gesiehtspunkt aus wohl als Capillaren zu bezeiehnen.

Im allgemeinen sieht man sie jedoeh nieht fiir Capillaren an; man ist fiber- haupt -- ganz mit Unreeht -- der Meinung, dab die Capillaren in der I-Iaut recht selten sind.

Spalteholz sehreibt: ,,So zahlreieh auch sonst die Gefgge sein mSgen, man sieht nie Blutcapillaren, welehe das eigentHehe Cutisgewebe zu versorgen be- stimmt seheinen, auch nieht im unteren Teile desselben, wo die Arterien noch muskul6sen Charakter besitzen, wo also dutch die Gefggwandung hindurch jedenfalls nut ein geringerer Gas- und Flfissigkeitsaustauseh stattf inden kann. In dot oberen H~lfte der Curls, wo eine eigentliche ~[useularis fehlt, und wo wit h6ehstens eine geringe Adventitia haben, und im und fiber dem ,,subpapilI&ren Arteriennetz", wo fast nut eine Endothellage vorhanden is~, wo also die GefgBe fast eapillgren Charakter tragen, ist dagegen eine direkte Ernghrung des Ge- webes dutch die GefgBwand hindureh m6glich."

Auger diesen muskellosen Arterien erwghnt Npalteholz, dab besonders aueh die muskellosen Venen, die in besonders groger Zahl teils als abfiihrende Venen, die das Blur aus dem subpapillaren und dem tieferliegenden Netz zum eutanen Netz ftihren, teils als ganz kleine, die grSBeren und kleineren Venen begleitende Nebenvenen vorkommen, direkt zur Ernghrung der Haut beitragen. Er schreibt hierfiber (op. cir. pag° 27):

,,Es ist allerdings noch eine Frage, ob nieht etwa namentlieh in der unteren H~lfte der Curls die vielen kleinen Kollateralgef~ige und die vielen zwisehen den gr6Beren St&mmehen naeh abw~irts ziehenden kleinen Venen, die doch file sieher 5iuseularis entbehren, wenigstens teilweise die Aufgabe haben, direkt der Cutis Nahrstoffe zuzufiihren, und damit doeh eigentliehe Ern~hrungsgefgge ffir das Bindegewebegertist der Haut darstellen. Aber auch eine zweite }ISgtichkeit ist vorhanden, dab ngmtich diese Gefgge in besonderen Beziehungen zu der Lymphabsonderung stehen und dab sie also nur indirekt, dutch den Lymph- strom, der gewissermaBen yon ihnen ausgehen wiirde, der Ern~hmng des Cutis- gewebes dienen."

0hne Zweifel hat Spalteholz reeht, wenn er annimmt, dab die Ern~hrung des Gewebes nicht nur durch die eigentliehen Capitlaren, sondern auch dureh die sog. muskellosen Arterien und Venen geschieht. Aber wo befindet sieh denn die Grenze zwisehen Capillaren, Arterien und Venen ?

Gew5hnlich bezeichnet man ats Arterien die Gel&Be, welche das }~lut yore Herzen zu den Geweben ffihren, und aN Venen diejenigen Gef&ge, die das ]~lut zurfieldfihren, whhrend das verteilende, den Stoffaustauseh zwisehen Blur und Gewebe vermittelnde Organ Capillarsystem genannt ~%d. Die Arterien haben bekanntlieh eine mehrsehiehtige, a u s Endothel, 5Iuscularis und Adventitia best~hende Wand. Abet die kleinsten pr~eapillaren Arterien -- Arteriolae -- sind allein yon einem Endothel, einem fragliehen strukturlosen Grundhtiutehen und einer einzelnen Sehieht zirkul~r geordneter Muskelzellen aufgebaut. Nun aber die muskellosen Venen und muskellosen Arterien ? -- J~, solange die Wand

Page 13: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

Bei~riige zur Anatomie tier Oapillaren. 481

aus Endothel, Gmmdhgutchen und einer zusammenh~ngenden Zellenschieht, Bindegewebe oder Muskulatur besteht, kann man vielleieht mit Beeht yon Arterien und Venen sprechen; wem~ aber die Wand nur noeh aus einem einfachen Endothelrohr mi~ wenigen vereinzelt Iiegenden Adventitiazellen besteht, wenn das Gefh~ yon ,,fast capfllgrem Bau" ist, mug man es yon einem anatomisehen Standpunkt aus ein Capillar nennen.

~¢leistens findet man, dab die zusammenhangende Muske]~schicht nicht auf einmal aufhSrt. So wie es an Organen des Frosches und des Wassersalamanders sowie an dan Hautgefitgen des Menschen yon mir, yon Sigm..}layer auBerdem an den Gef~il3en im Dt~rm der Salamander und Rana, und yon E. l~Ii~ller an Gef~gen im Katzendarm nachgewiesen worden ist, finder ein Ubergang yon den dieht aneinandersehlieBenden Muskelzellen an den Axterien zu den immer vereinzelter hegenden perivaseui~iren reich veriistelten 5[uskelzellen an den kleinsten Capillaren start. Die Capillaren unterseheiden sieh yon den Arterien und Venen far nieht dureh das vollst~ndige Fehlen einer ~[uscularis, sind jedoeh dureh die Abwesenhe[t einer zusammenh:~%ngenden Sehieht ~iugerer Wandbe- kleidung (Muskulatur oder Bindegewebe) charakterisiertl).

I)adureh, di~B die Wand nut noeh aus einer einzelnen Endothelzellenschieht mit einer unvollst~ndigen ~uger,m Hfille besteht, werden den Capillaren die Bedingungen ffir ihre lebenswiehtige Funktion, den Stoffaustauseh zwischen Blur und Gewebe zu vermitteln, eben in dem i~.¢[age, wie es der vorliegende Fall fordert, gegeben.

Es lieg~ nahe, zu schhegen: dab dieser Austauseh durch die Gef~gwand hindureh um so leichter zustande kommt, je einfaeher ihr Bau ist; fernerhin ist es hSehst wahrscheinheh, dab der stark ver~stelte Bau jeder einzelnen Muskel- zelle des Capillars (bet kaltblfitigen Tieren sicher konstatiert) nieht nur eine kontrahierende Wirkung auf einen verhglt.nismhgig langen Gef~l~abschnitt be- dingt, sondern aueh einen Anstauseh dutch die Gefggwand zwischen den ein- zelnen Ausliiufern gestattet. Es wgre dann Yon grogem Interesse, nicht nut fiber die Zahl der Muskelzellen, sondern aueh ihre Flgehendimensionen an Capitlaren auf verschiedenen Gebieten und unter versehiedenen Verhi~ltnissen Aufkl~rung zu bekommen. Es ist wohl yon gToger Wahrseheinliehkeit, dab nhhere Aufsehliisse hierfiber ihren EinfluB auf die Betraehtungen fiber die Durch- dringliehkeit der Gef/~gwand ausiiben werden.

Zusamrnen/ass'~ng.

:Die an den Capiltaren der kaltblittigen Tiere naehgewiesenen perieapillaren, contraetilen Zellen (Rougetsehen Zellen) sind echte Muskelzellen, die die Ver- engerung des Lumens verursaehen.

Die papil[aren nnd subpapillaren Gef~Be der menschliehen Hau t sind Endothelrohren mit auBen aufgetagerten, zur GefgI~riehtung mehr oder weniger sehrgg liegenden Zellen.

1) Die bier erwhhnten Angaben fiber die Anatomie der Capillaren referieren sich selbst- verstgndhch nur zu den un~ersucht~n Gebieten, indem der Bau der kleinsten Gef~fle mut- mal31ich in den verschiedenen Organen yon verschiedener A_r~ ist, z. ]3. fehlten w~hrscheinhch in den Capillacen des Lungen die contractilen Elemente.

Page 14: Beiträge zur Anatomie der Capillaren

482 Bj. V.imtrup: Beitrige zur Anatomie der Capillaren.

Die ber t . ~uBeren Zel len s ind a]s Nuske l ze l l en aufzufassen, i n d e m sie ih re r L a g e r u n g n a e h eben mi t den eongrae t i ten CapiUarmuske lze l len - - d e n .I:louget- schen Zel len - - d e r ka l tb l f i t igen Tiere h o mo log u n d ana log sind.

Die pap i l l a r en u n d s u b p a p i l l a r e n Gef~Be df i f fen n i eh t als muskel lose A r t e r i e n u n d V e n e n aufgefal3t werden, w~ren eher v o m a n a t o m i s e h e n sowie v o m phys io- logisehen G e s i e h t s p u n k t e aus als Capi l ta ren zu beze iehnen , i n d e m w i t u n t e r Capi l la ren die d en S to f faus tauseh zwischen B l u r u n d Gewebe v e r m i t t e l n d e n Gef~fJe, die e inen e in fachen W a n d b a u aufweisen , ve rs tehen .

L i t e ra tu rve rze ichn i s ~).

U i~nther, H., Die mechanische Erregbarkeit der Hautmuskeln und Hautgefige. Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk: 15, 620. 1917. - - Hooker, D. R., Evidence of functional activity on the part of the capillaries and venules. Physiol. review I, 112. Baltimore 1921. - - Krogh, A., '['he Anatomy and Physiology of the Capillaries. New Haven (U. S. A.) 1922. - - Kukulka, J., (~ber die mikroskopisch feststellbaren funktionellen Verinderungen der Gefigcapillaren nach Adrenalinwirkung. Zeitschr. f. exp. Pathol. u. Therap. 21. 1920. - - Mayer, S., Die Muskularisierung der capillaren Blutgefi~Be. Anat. Anz. 21, 442. 1902. - - Mi~ller, 0., Die Capillaren der menscMichen K6rperobeffliche. Stuttgart 1922..-- Mi~ller, L. }~., Studien fiber den Dermographismus und dessen diagnostisehe J3edeutung. Dtsch. Zeitscbx. f. Nervenheilk. 47--48, 413. 1913. - - Spaltetwlz, W., Die Verteilung der Blutgefgd]e in der Haut. Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgeschichte 1893, S. 1. - - Steinach und Kahn, Echte Contractilit/~t und motorische Irmervation der Blutcapillare. l?fliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 9~(, 105. - - Strieker, S., Untersuehungen fiber die Contractilitgt der Capillaren. Sitzungsber. d. \giener Akademie d. Wissenseh., math.-naturw. K1. 74, 3. Abt., S. 313. 1876. - - Weiden/eld, St., l~ber mechanische l~eizbarkeit der }taut (Dermographismus), zu- gleich eine Studie tiber Adrenalinwirkung auf die Haug. Arch. f. Dermatol. u. Syphilis 99, 229. - - gimtrup, B]., Beitrige zur Anatomie der Capillaren. I. ~ber contractile Elemente in der Gefil]wand der Blutcapillaren. Zeitsehr. f. Anat. u. En~wicklungsgesehichte 65. 1922.

i) Da es in verschiedenen die Capillaren bezfiglichen Arbeiten aus 'ilterer und neuester Zeit eine Fiille yon Literaturangaben und Zitaten gibt, fiihre ieh nut einzeLne Werke an, die ieh direkt zitiert habe; iibrigens darf ieh zu den reichhaltigen Literaturverzeichnissen in Kroghs, 3IqiIlers und Spalteholca unten zitierten Arbeiten referieren.