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Beitr~tge zur normalen und pathologischen Ana- tomie des Auges. VoIt Dr. A. Iwanoff aus Moskau. Die bier vorliegendc Untersuchung bildet einen kleinen Theil der Resultate, welche ich im Laufe meiner zwei- jahrigen Beschfdtigungen mit der pathologisehen Anato- mic des Auges gewonnen babe. Ein gauzes Jahr dieses Zeitraumes habe ich unter der unschatzbaren Leitung des Herrn Prof. H. Miiller gearbeitet, und ein Jeder, der sich bei ihm besch~ftigt hat, wird auch leicht jenes tiefe Geftihl der I)ankbarkeit, mit welchem meine Er- innerungen an ihn verwebt sind, verstehen. Die Anzahl der yon mir untersuchten enucleirten Augen bel~uft sich auf die nicht unbedeutende Zahl 63, ffir deren Ueberlassung ich kS mir zur Pflicht rechne, meinen aufrichtigsten Dank den Herren Hofrath Pagen- stecher, Dr. KnaplJ, Dr. Schmitz, Dr. Hesse und Dr. Wecker zu bringen.

Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie des Auges

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Beitr~tge zur normalen und pathologischen Ana- tomie des Auges.

VoIt

Dr. A. Iwanoff aus Moskau.

Die bier vorliegendc Untersuchung bildet einen kleinen Theil der Resultate, welche ich im Laufe meiner zwei- jahrigen Beschfdtigungen mit der pathologisehen Anato- mic des Auges gewonnen babe. Ein gauzes Jahr dieses Zeitraumes habe ich unter der unschatzbaren Leitung des Herrn Prof. H. Miiller gearbeitet, und ein Jeder, der sich bei ihm besch~ftigt hat, wird auch leicht jenes tiefe Geftihl der I)ankbarkeit, mit welchem meine Er- innerungen an ihn verwebt sind, verstehen.

Die Anzahl der yon mir untersuchten enucleirten Augen bel~uft sich auf die nicht unbedeutende Zahl 63, ffir deren Ueberlassung ich kS mir zur Pflicht rechne, meinen aufrichtigsten Dank den Herren Hofrath Pagen- s techer , Dr. KnaplJ, Dr. Schmitz , Dr. Hesse und Dr. Wecker zu bringen.

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A. Zur pathologischen Anatomic der Retina.

Die chronisehe Entziindung der Retina charakterisirt sich durch Hypertrophie und Hyperplasie ihrer Binde- substanz und dutch einen allmiiligen, parallel gehenden Schwund ihrer l'lervenelemente. Das Endresultat dieses Prozesses ist eine Verwandlung der ganzen Netzhaut in eine Masse yon Bindegewebsfasern. Bei dieser Degene- ration der Retina ist die/iussere KOrnerschicht derjenige Theft, der seine Integrit~tt am l~tngsten, am hartniickigsteu beibeh/ilt. Eiu solches Verhaltniss haben schon S c hie s s- G e m u s e u s (in seiner Arbeit: zur pathologischen Ana- tomie des Keratoglobus, S. 176. Arch. f. Ophth. Bd. IX, III) und dann noch mehrere Andere beobaehtet. Am Ende wird sich ein Jeder leicht davon tiberzeugen kSnnen, tier sich Bur die Mtihe machen will, die erste beste atro- phisehe Netzhaut zu untersuehen. Wenn schon an der Peripherie der Aequatoria]gegend die Retina g~tnzlich zu Bindegewebe umgewandelt ist, so wird man in einiger Entfernung um den Sehnerven sicher noch die itussere KSrnerschicht nachwcisen kiinnen. Zu derselben Zeit hat auch die Mehrzahl der Forscher, die sich mit der pathologischen Anatomie der Netzhaut besch~ftigten (S~misch, Sehweigge r , Pope, Virchow)*), noch eine zweite Thatsache bemerkt, nitmlich, dass die Entztindung der Retina und hauptsiichlieh in ihrem chronischen Ver- laufe (Pope) besonders haufig, gerade yon der ~tusseren KSrnerschicht ausgehe. Davon kann man sich ebenfalls leieht iiberzeugen an einem Querschnitte einer abgel(isteu Netzhaut. Eine solche Form der Entztindung ist an der

*) S~imisch, Beitr//ge zur normalen und pathologisehen Anatomie des Auges. Leipzig 1862. Schweigger , Vorles. iib. d. Gebraueh des Augenspiegels. Berlin 1864, u. Arch. f. Ophth. Bd. VI. S. 324. Pope, Ueber Retinitis pigmentosa. Wiirzb. reed. Zeitschrift, Bd. III. Vi r - chow, Die krankhaften Gesehwiilste. Bd. II, die 13te u

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genannten Retina eine sehr hiiufige Erscheinung. Auf diese Weise treten uns aus einer Reihe sehon bekannt gewordener Untersuchungen zwei interessante Thatsachen hinsichttich der Netzhauterkrankungen entgegen: die eine, dass die iiussere KSrnerschicht der z u l e t z t erkrankende Theil der Retina ist, dass sie wenigstens ihre Form, ihr �9 3usseres Aussehen noch beibehalt, selbst bei vollkomme- ner Vernichtung aller fibrigen Schichten; die andere, dass die Erkrankung der Netzhaut gerade yon dieser Schicht ausgeht, dass sie z u e r s t untergeht. Und in der That lassen sich bei der Untersuchung der pathologischen Veriinderungen in der Retina ziemlich scharf zwei For- men ihrer chronischen Entzfindung unterscheiden: die eine, wo der krankhafte Prozess yon den innersten Schichten ihres Baues, v o n d e r unteren Hiilfte der ra- diliren Fasern, yon tier limitans interna beginnt, wobei ihre ~tusseren Schichten einen sehr untergeordneten An- theil nehmen; die andere Form bilden jene F~tlle, wo der Prozess sich haupts~tchlich auf die ~tusseren Schich- ten wirft. Wie dort, so auch bier, spielt die Bindesub- stanz eine sehr active Rolle.

Ueber die sogenannte Wucherung der ~tusseren KSr- nerschicht werde ich in einer meiner folgenden Mitthei- langea zu sprechen kommen, erlaube mir aber hier blos wenige Worte fiber einige bei der Untersuchung der crsten Form der Netzhautentztindung yon mir gewonnene Resultate anzuftihren.

Wie es schon oben erw~thnt worden, ist diese Form durch eine haupts~tchlich in den inneren Schichten der Retina beginnende Hyperplasie der Bindesub- stanz charakteristisch. Das Erste, was in den frtihe- sten Perioden, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, bemerkt werden kann, ist die H y p e r t r o p h i e i h r e s S t r o m a ' s und alas A u f t r e t e n yon K e r n e n in der N e r v e n f a s e r n s c h i c h t , haupts~tchl ich

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zwischen den N e r v e n z e l l e n . In cinernormalenRe- tina gelingt es bisweilen bei einer aufmerksamen Unter- suchung, hier und da zwischen den Nervenfasern eine Zelle zu constatiren, welche sich durch einen mehr oder mimer deutlichen Kern legitimirt. Aehnliche Kerne sind unweit der limitans interna und zwisehen dem molecularen und der Ganglienzellenschicht am deutlichsten sichtbar. In einem gesunden menschlichen Auge sind diese Kerne nur mit grosser Schwierigkeit nachweisbar. Es ist hSchst wahrscheinlich, dass diesc Zellen, oder besser Kerne, die bei den leichtesten Erkrankungen der Retina in einer bedeutenden Quantit~it auftreten, wenigstens ificht yon Anbeginn neugebildete Zellen, sondern schon frtiher in dem Bindegewebsstroma vorhanden gewesen sind, welche blos in Folge der Hypertrophie der letzteren deutlicher sichtbar wurden. Urspriinglich racist r um oder oval, dehnen sie sich mit dem Fortschreiten des Prozesses in die L/~nge, werden spindelfSrmig, theilen sich alsdann u. s. w. Gleichzeitig hiermit tritt in der Nervenfasern- schicht eine immer betri~chtlicher werdende Menge Binde- gewebsfasern auf. Dieser ganze Hergang des Prozesses ist bisweilen an einem und demselben Auge ziemlich deutlich zu verfolgen. Diese Entziindungsform der l~e- tina tritt sehr oft als Begleiterin der Iridocyclitis und Iridochorioiditis auf und beginnt in der Regel an der Peripherie, an ihrem Citiarabschnitte, an der ora ser:'ata. Eine und dieselbe hIetzhaut kann gleichzeitig an der Peripherie fast vollkommen degenerirt sein, withrend sie in dem Hintergrunde beinahe intakt und normal geblie- ben ist. Zwischen beiden genannten Punkten lokalisirt sieh bisweilen der Prozess in allen seinen Entwickelungs- stadien.

Die wuchernde und schwellende Bindegewebsmasse vernichtet durch Druck die Nervenfasern. Uebrigens sind diese letzteren auch nicht so ganz leicht zerstSrbar

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und biswcilcn kann man trotz des starken Vorschreitens des Prozesses hicr und da an einem zerzupften I)riipa - rate deutlich varriki]se Nervenfaserchen treffen. Solche Bindcgewebsfasern liegen ill Biindeln, welchc perpcndi- culiir auf der Richtung der Radi/~rfasern stchcn. Die einzelnen Biindel gehen Anastomosen mit einander ei~, so dass sic, yon dcr Fl/tche, gesehen in Form tines dich- ten Netzes erscheinen. Allem Anscheine nach dient als Hauptquelle ftir das Entstehen dieser Fasern das Gewebe der Bindesubstanz, das im ersten Stadium der Entziin- dung, im Stadium der Hypertrophic, ungemein deutlich hcrvortritt; doch ist auch jener Umstand zweifcllos, dass auch die gewucherte adventitia der Gef~ssc einigcn An- theil dabei hat. Die radiiiren Fasern s~erden stark hy- pertrophiscll und bei vielcn derselben erscheint tier ver- grSsserte Kern oval und feinkSrnig. Das Mitwirken des Ksrnes der radi'/iren Fasern beschr~tnkt sich tibrigens nicht blos auf sine einfachs GrSssenzunahme, sonderu cr erscheint auch oft proliferirt. In den mehr acutsn Ffillcn tier Nctzhautentzilndung, wobei bisweilsn eine cnorme Entwickelung der Kerne und Zellen in der Nerven- fasernschicht beobachtet wird, wsrden in einigen l,'i~llsn ziemlich regclm'Sssige Itaufchen yon Zellcn bemerkt, wslche zwischen dem untcrsn Rande der inneren KSr- nerschicht und der Gauglienzellenschicht zu beidcn Seiten der radifiren Fassrn liegen. Eine solche h~tufchenweise Anordnung dieser Kerne und an sinem solchen Orte (zwischen der Nervenfasern- und der inneren KSrner- schicht), mit gleichzeitigem, sehr oft vorkommendem Schwunde tier Ganglienzellen, fiihrt uns unwillktirlich zu der Vermuthung, ob es nicht proliferirte Ganglienzellen seien. Alle racine auf die LSsung dieser Frage geriehtet gewesenen Untersuchungen haben reich jedoch zu negati- yen Resultaten geftihrt. Ein Paar Ganglienzellen mit zwei Kernen, die es mir zu diesem Zwecke an einer grossen Anzah[

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zerzupfter bTetzhaute bis jetzt zu sehen gelungen war, liefern hier nur ein sehr schwaches Argument zu Gun- sten ihrer activen Mitwirkung. Dafiir wird aber mit ungemein mehr Leichtigkeit die Theilnahme der Kerne der Radifirfaser an diesem Prozesse beobachtet. An zer- zupften Pr~tparaten gelingt es hier oft, bald einen einge- schntirten, bald einen hufeisenfSrmigen, bald zwei voll- kommen getheilte Kerne in einer Faser zu beobachten, so dass es allen Anschein hat, die Proliferation dieser Kerne sei die haupts~chlichste, wenn nicht die einzige Quelle der in Rede stehenden Hi~ufchen. Der, der in- neren K6rnerschicht angrenzende Theil der radiiiren Fa- sern zerfiillt in eine grosse Anzahl Aeste, yon denen einige nach oben dutch die KSrnerschicht dringen und sich in der ZwischenkSrnerschicht verlieren; andere abet einen horizontalen Verlauf annehmen und sich mit iihn- lichen Ausl~ufern benachbarter radi~rer Fasern verflech- tend in der molecularen Schicht ein fiberaus deutliches, dichtes Nctz bilden. Die interessantesten Verlinderungen dieser Form tier Retinitis betreffen iibrigens die Basis der radiiiren Fasern und die Membrana ]imitans interna an. H. Mti l ler und K S l l i k e r rechnen die Limitans den Glash~tuten zu; M. Sc t lu l tze hielt sie fiir Binde- gewebe und erkl~trt ihr Entstehen durch Verliithung der innersten Enden der radi~tren Fasern. Klebs ') Sche l ske**) und in der neuesten Zeit auch Ritter***) schliessen sich der Meinung M. S c h u l t z e ' s an. Die bei tier Retinitis beobachteten pathologischen Vei,~tnderungen in der Limitans sprechen auch zum Theil zu Gunsten dieser Meinung. Bei tier sich in den inneren Netzhaut- schichten localisirenden Retinitis erscheint bisweilen an

~) Yi rehow's Archly. Bd. XIX. ~'~) Ibid. l~d. XXVIII.

~ ) Die Structur der Retina. Leipzig 1864.

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queren Durchschnitten die Limitans, nicht in Form einer scharf markirten Linie, sondern in Form dicht miteinan- der Yerflochtener, bogenfSrmig sich umbiegender Fasern (Fig. 1). Diese Fasern sind mit Kernen versehen und zuweilen finden sich aueh zwei Kerne in einer Faser (Fig. 1 a), sO dass es sehr wahrseheinlich ist, dass diese anseheinenden Fasern gar nicht eigentliche Fasern, son- dern blos zusammengelSthete Zellen seien, lhr Zusam- menhang mit den radii~ren Fasern kann an mehreren Stellen ziemlich deutlich verfolgt werden. Yon den sich bogenf0rmig umbiegenden Fasern gehen Auslaufer in die Retina aus. Die dfinncn, sich ver~tstelnden, die dreieckige Basis der inneren Enden der radiSren Fasern bildenden AuslSufer geben hicr in solchen FSllen eine ganze Reihe Schlingen. Solche Schlingen und die zerkltiftete Limi- tans verweben sich mit einander und bilden, indem sie bisweilen auf eine kleine Strecke beschrankt bleiben, einen dichten und weit iiber die normale Grenze der Retina hinausgehenden Auswuchs. Ausser diesen spin- delfSrmigen und mit einander versehmolzenen Zellen wcrden auf der Limitans manehinal auch noch grosse, fiache und iiusserst dtinne, einen runden oder etwas ova- len Kern und einen feingekSrnten Inhalt enthaltende Zellen beobachtet (Fig. lb). Dic Grenzen dieser Zellen sind in der Regel sehr stark, jedoch undeutlich ausge- zackt. Bei tier Wueherung der Limitans wird auch in ihnen eine Proliferation des Kerns gefunden.

Znweilen hat es auch den Anschein, als ob yon ihnen Ausl~ufer in die bogenfSrmig angelegten Fasern der Li- mitans ausgingen. Eine solche Wucherung der Limitans wird gew5hnlich auf unbedeutende Strecken besehriinkt beobachtet. Selbst bei einer sehr starken Entwickelung des Prozesses bieten die St~bchen und die Kiirnerschicht in einzelnen F~llen nur hSchst unbedeutende Yer~tnde- rungen. Die St~tbehen erseheinen bisweilen etwas ge-

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schrmnpft, andere zum Theil wieder verdickt; und in der un- teren, an die M. limitans externa angrenzenden Partie dieser Schicht entwickeln sich bisweilen kleine Hohlr~ume (Fig. 4 a). Die Ki)rncr erleiden noch unbedeutendere Alterationen, sic bfissen ihren normalen Glanz und die normale Homo- geneitiit ihres Inhalts ein ~md ftillen sich mit eiuer fein- gekSrnten Masse. Doch bleiben dabei die Schichten als solche in ihrem allgelneineu Aussehen unangetastet. Nut an jenen Stellen dcr inneren KSrnerschicht, wo die Aus- l~tufer der radi~tren Fasern durch sie himlurchdringen, erscheinen die KSrner mehr auseinander gedrangt, als es im Normalzustande der Fall zu sein pfiegt. Jedoch trotzdem, dass sie bei dieser Form tier Retinitis so lange Zeit hindurch ihr Aussehen erhalten, tritt auch ftir sie die Zeit der Atrophie ein. Dieser Schwund wird in der Regel in dem allerspiitesten Stadium des Prozesses beob- achtet, niimlich in dem Stadium der vollkommenen Atro- phie aller tibrigen Nervenelemente tier Retina und g~nz- lichen Degeneration letzterer zu Bindegewebe. Der Schwund dieser Schicht geht auf dem Wege eines feiu- kiirnigen Zerfalles der KSruer vor sich.

Mir ist es bis .ietzt kein einziges Mal gelungen, we- der die Proliferation der ~tusserelJ noch der inncren KSr- nerschicht zu sehen. Die Veranderungen, welche hier bemerkt werden kSnnen, bestehen in einer Hypertrophie der Zwischensubstanz. Die Hypertrophie dieses inter- stitiellen Gcwebes wird Anfangs haupts~tchlich in radi~trer Richtung beobachtet, so dass die KSrner in Form yon Siiulchen erscheinen. Spiiter betheiligt sich an der Hy- pertrophic auch die in querer Richtung zwischen den KSruern angeor(lnete Bindesubstanz. In dem Grade, als die sehr deutlich hypertrophirende Bindesubstanz dieser Schicht zunimmt, werden die KSrner selbst bleicher und immer mehr und mehr yon ciner sehr feingek(irnten Masse erftillt, bis sie endlich ganz in dieselbe zerfallen.

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Es ist mir mehrmals gelungen, Retinaschnitte zu gewin- nen, all welchen statt der KSrnerschicht nut die oben- erwithute hypertrophirte Bindesubstanz und in derselben eine gauze Reihe regelm~tssig angeordneter, in Gestalt und Griisse den bier vorhandcn gewesenen KSrncrn voll- kommen entsprechender kleiner ttohlr~tume beobachtet wurden. Ein anderer Wcg des Zerfalles tier KSrner ist der der colloiden E n t a r t u n g . - Dartiber hatte ich schon Gelegenheit, in mciner vorliiufigen Mittheilung reich aus- zusprechen und well sit haupts:~tehlich bei einer ganz anderen Form der Retinitis vorzukommen pfiegt, so werde ich davon in meinem tblgenden Beitrage Ausftihrlieheres angeben. Was jedoch die Ganglienzellen anbelangt, so leiden sie bei dieser Form tier Retinitis in einem hShe- ten Grade mit, denn sehon in einem ziemlich friihen Stadium diesel- Erkrankung kann man blos hier und da eine anscheinend gesunde Zelle vorfinden; grSssten- theils sind sic aber gfinzlich geschwunden, andere heftig degenerirt, noch andere hingegen zu einem Fettkliimp- chen umgewandelt, behalten noch das ~ussere Ausschen der gewesenen Zelle und erscheinen an erh~trteten Augen gleichsam sclcrosirt. Das Interessantestc in diesel" Form der Retinitis sind tibrigens einige ihrer Folgezustii, nde, nitmlich v e r s c h i e d e n a r t i g e Auswi ichsc , welche man bisweileu an tier inneren Oberfi~tche tier Netzh~tut vor- findet. Solehe Auswiichsc sin(l nichts Anderes als eine weitere Fortsetzung des bereits erw:~thnten Prozesscs der Wuchcrung der Limitans und der inneren Enden der Radiitrfasern. GrSsstentheils erscheincn diese Auswiichse auf einige Stellen tier Netzhaut beschrSnkt und stellen unregelm~ssige, in den GlaskSrpern hinein prominirende Htigelehen vor (Fig. 2). Die Punkte, an denen ich sie besonders hiiufig beobachten konnte, sind del" periphe- rische nnd der ~tquatoriale Abschnitt der Retina. Die L~tnge des grSssten yon mir beobachteten Auswu('hses

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betrug im queren Durchmesser 2 - - 3 Mm. Seine HShe yon der normalen Grenze der Netzhaut bis in die Tiefe des GlaskSrpers hinein war 0,6 Mm. Doch die Mehrzahl der huswfichse ist kleiner. Die Textur, aus der sie bestehen, sind dicht verflochtene Bindegewebs- fasern, niemals konnten yon mir Gefi~sse darin nachge- wiesen werden. An den bogenfSrmig gekrtimmten Fasern lagert sich bisweilen Pigment ab. Von den drei bis jetzt yon mir untersuchten und mit solchen Auswtichsen versehenen Augen will ich beispielsweise blos das eine yon Dr. Schmi t z erhaltene beschreiben.

Patientin, 23 Jahre alt, welche mit gesunden Augen geboren sein will, giebt an, dass das reehte Auge all- m~tlig vom l l. Jahre an trtiber geworden und sie schon seit 11 Jahren nichts mehr damit sehe. Die Ursache des Verlustes des SehvermSgens ist eine pannSse Keratitis gewesen, die bei ihr durch vollstiindiges Entropium beider Lider hervorgerufen wurde. Die Enucleation wurde ge- macht, weil auf dem linken Auge ein ~thnlicher Zustand war (Patientin konnte nur Finger in 3--4 Fuss zi~hlen) und eine sympathische Reizung einzutreten drohte und sich schon ein linkseitiges Kopfweh, wie es auf der rech- ten Seite sehon lange bestanden, mit heftigen Schmerzen im rechten Auge einstellten. Das in Mfiller 'scher Fltissigkeit erh~rtete Auge wurde in horizontaler Rich- tung auf zwei H~tlften durchschnitten. Eine Ectasie der ganzen vorderen Augenhi~lfte, so dass der yon der Netz- haut fiberkleidete Theil nicht viel bedeutender, als der yon ihr nicht bekleidete vordere Ahschnitt war. Die vollst~tndig atrophische Linse und Iris sind mit der be- tri~chtlich verdickten Hornhaut verwachsen. Solche Hy- pertropbie der Cornea ist nicht durch Verdickung ihrer mittleren Schicht, der eigentlichen Hornhaut, welehe im Gegentheil bedeutend atrophirt ist, sondern durch Wucherung des Epithels ihrer Conjunctiva entstanden.

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Die ganze vordere Oberfi~che der Hornhaut ist durch- gehends mit einer i Mm. dicken Schicht ausgezeichnet entwickelter Papillen iiberzogen, unter denen sich in be- tr~chtlicher Mengc neugcbildete Gef~tsse befinden. Die Lamina elastica antica ist versehwunden. Ein ziemlich ansehnlicher Zwischenraum, yon der lris bis zur Ora serrata, ist yon den Falten der stark ausgedehnten und abgefiachten Ciliarforts~tze cingenommen. Der Cilia> muskel ist in eint dfinne, bindegewebige Lamelle, in welcher sich hier und da stark veriinderte Muskelfasern vorfinden, umgewandelt. Die vordere H~lfte der Chorioi- dea ist in eine itusserst dtinne Membran, in welcher man unter dem Mikro~kope blos schwache Contouren voll- kommen leerer Gefiisse sehen kann, verwandelt. Der tibrige Theil der Chorioidea, obwohl er ebentlalls, jedoch in einem unvergleichlich geringeren Grade atrophiseh ist, l~tsst die Gef~sse, insbesondere die Sehieht der gr0- beren GeNsse, mit Blut erfiillt und mit etwas verdiekten W~tnden sehen. Zwischen der Gefasshaut und Selera iicgt eine an der Peripherie ~tusserst dtinne und gegen den Eingang des Sehnervcn zu sieh allm~tlig verdiekende und aus einem diehten Netze elastisehen Gewebes beste- hende Membran, zwisehen deren Fasern an mehreren Stellen entf/~rbte sternfbrmige Pigment-Zellen liegen. Ueberdies befinden sieh hier noeh eine grosse Anzahl runder und spindelf0rmiger Zellen, sowie aueh die Ci- liarnerven. - - Die interessantesten Abweiehungen dieser Augen lokalisiren sieh im Glask0rper und in der Netz- haut. I)er Glask0rper erseheint verfltissigt als normal und es sehwimmt in ihm eine enorme Anzahl grosser runder und mit Blasen versehener Zellen. Die Wiinde erseheinen abnorm verdiekt, die in ihnen sitzende Blase regelm~tssig fund und seharf contourirt. Bei mehreren (lieser Zellen sind die W~nde knit einer rein gek6rnten Masse durehtrtmkt, bei manchen k0nnen sogar in der

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Blase selbst einige, den Fettkfigelchen sehr i~hnlich se- hende KSrnchen beobachtet werden. Ein, selten zwei Kerne sitzen zwischen Wand und Blase. Die sternfSr- migen Zellen, deren Anzahl relativ mit den oben erw~thn- ten eine hSchst geringe ist, sind ebenfalls mit einer fein- gekSrnten, gleichsam in einer fettigen Degeneration be- findlichen Masse erfiillt. Ueberdies sind bier und da auch noch i~usserst lange, spindelfSrmige Zellen anzu- trefibn. Die Grundsubstanz ist yon einem spiirlichen, aus Bindegewebsfasern bestehenden Netze, zwischen welchen an einzelnen besonders in der vorderen Hi~lfte des huges liegenden Stellen auch elastische Fasern vorkommen, ein- genommen. In der ~etzhaut kann schon bei einfacher LoupenvergrSsserung eine ganze Reihe Abnormitiiten be- merkt werden. Ihre Dicke erscheint nicht tiberall gleich- fSrmig; stellenweise ist sie zu einer dtinnen Membran, dutch welche das Pigment tier Chorioidea durchscheint, umgewandelt, an anderen Stellen ist sie drei- und vier- mal dicker als normal. Solche Yerdickung ist besonders an tier Ora serrata (2 Mm.) und in tier Umgegend des Sehnerveneintrittes (gegen 2 Mm.) bemerkbar. In tier inneren Oberfiache der Retina werden an mehreren Stel- len mohnkorngrosse KSrnchen angetroffen, welche haupt- s~tchlich an der Peripherie des Auges liegen. Unweit des Randes der Ora serrata und der Retina parallel zieht sich ein Wall hin, welcher bei einer oberfiiiehlichen Be- trachtung leicht ftir eine Falte gehalten werden kSnnte; er zieht sich ringfiirmig l~tngs der inneren Oberfi~iche der :Netzhaut hin und nimmt gegen einen Dritttheil ihres ganzen Verlaufes ein.

Die mikroskopische Untersuchung erwies, dass: Die Verdickung an der Ora serrata yon einer colloiden In- filtration abh~tngt und ~'on dem retinalen Gewebe hier blos noch die stark hypertrophischen radi~tren Fasern zuiirckgeblieben. Sie sind zu s~tulenartigen Btindeln

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grul~pirt, deren eines ausgebreitetes Ende auf der Limi- tans interna fusst, w5hrend das andere ebenfalls aus- gebreitete - - die Limitans externa stiitzt. Die yon ihnen gebihleten grossen ovalen ZwischenhShlen .~ind yon einer vollkommen amorphen colloiden Masse erftillt. Von den Nervenelementen fehlt jede Spur. Diese colloide Ent- artung der Nervenelemente geht yore Ende der Ora ser- rata auf 3---4 Mm. gcgen den Aequator hin und nimmt ~", der peripherischen Circumferenz der Retina ein. An jenen Often der Ora serrat:t aber, wo eine solchc Blase nicht vorhanden ist, ist tier entsprechende Abschnitt tier Netzhaut gfinzlich in ein areolgres Bindegewebe um- gewandelt. Eben an dieser Stelle, sowie aueh in der pars ciliaris I[et. kommen ziemlieh h~tufig zellige Auswiiehse vor. Sic entspringen, wenn sic iiberhaupt yon der Re- tina ausgehen, yon dem oberen Theile der Nervenfaser- sehicht und in den GlaskSrper eindringend, gehen sic in schr~kger I~ichtung sich etwas nach vorn umbiegend; ihre Grgsse variirt zwischen 0,2--0,6 Mm. Sic sind ausschlicss- lich aus eylindrischen Zellen gehildct. Der Wall selbst erscheint an queren Durchsehnitten in Form einer aus tier Retina ausgehenden Schlinge und die Netzhaut ist an dieser Stelle stark atrophisch und gSnzlich zu Binde- gewebe entartet gcwcsen. Die Fasernbiindel, nachdem sic die Itetina verlassen, n~tlnnen einen bogenf0rmigen Verlauf, um wieder in dieselbe zuriiekzukehren. Seitlich davon entsprang ans der Retina tin anderes Bfindel, das gleichfalls, sich bogenf6rmig krammend, sich mit dem ersteren vereinte und beide einen mit serSser Flfissigkeit geftillten Hohlraum bildeten Der Wall selbst war auc':: eine Blase, bestehend aus radi~ren Fasern, welchc fiber die Grenze der Limitans interna hinausgewuehert waren. Die soleherweise gebildete Blase drang nieht in den GlaskSrper hinein, sondern hatte ihn blos vcrdr'Xngt.

Die oben erw~thnten KOrnehen auf der inneren Ober- 10 ~

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fl~tche der Retina haben sich bei der mikroskollischen Untersuchung als Auswiichse auf der Limitans interna herausgestellt und bestehen aus dichtem, areolhrem BiMe- gewebe. Es war sehr leicht, den Zusammenhang der diese Auswiichse bildenden Fasern mit den radifiren zu verfolgen. Je n~.hcr dem Eintritt des Sehnerven war tier normale Bau der Retina um so deutlicher hervortretend. ])as Erste, was schon am Aequator bemerkt werden konnte, war die ~tussere KSrnerschieht, darauf konnten hier und dort zwar stark ver~tnderte Ganglienzellen an- getroffen werden. Auf einige Millimeter um die Ein- trittsstelle des Sehnerven herum konnten sehon s'~mmt- liche Schichten deutlich unterschiedcn werden. Alle die Elemente waren sehr wesentlich verttndert; die Ganglien- zellen waren mit Fettkiigelchen strotzend angefiillt; die KSrner waren gequollen und yon einer feinkSrnigen Masse voll; die StSbchenschicht liess sich yon der Re- tina leicht abl6sen und dabei waren einzelne StSbchen und Zapfen aufgedunsen~ andere wieder geschrumpft u. dgl. m.; die radi~tren Fasern waren stark hypertrophisch, in der Nervenfasernschicht ist eine grosse Quantittit neu- gebildeter Zellen vorhanden.

Ungleich 5fter als diese Auswiichse war es mir ge- lungen, andere, sehr stark in die LSnge gedehnte und auf diinnen Stielchen sitzende Gebilde naehzuweisen. Mich in der letzten Zeit mit dieser Frage bescMftigend, habe ich sie auch in Augen mit sonst gesnnder Retina angetroffen, so dass ich einige Zeit unschliissig blieb, ob ich sie nicht fiir etwas ganz Normales halten solle. Eines solcher Augen wurde yon Dr. K n a p p behuh eines gros sen, auf der Hornbaut sitzenden Epithelioms exstirpirt. Im Innern war das Auge vollkommen gesund geblieben, trotzdem aber wurden an der Peripherie 2--'3'" yon der Ora serrata entfernt, auf dem ganzen Verlaufe, wo die Retina mit dem GlaskSrper innig verw~chst, stellenweise

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diesc kleinen Auswiichse angetroffen. In diesem Augc sassen die Auswiichse (der grSsste unter ihnen hetrug o,3 Mm) auf einem diinnen Stielchen und untersehieden sich yon solchen anderen Augen durch eiue ungemeine Zartheit und Dtinnheit der Fasern ihres Kih'pers. In einem andcren, gleiehtalls ~ollkommen gesund crhaltenen Auge, das ich yon Dr. I Icsse bekommen und das wegen einer Gesehwulst in der Orbita und des (htrauf eriblgten Exophthalmus exstirpirt worden war, land ich auch an dem entsprechenden Orte der Netzhaut dieselben doch schon bedeutend grSsseren Auswttchsc. (Fig. 3.1 Es sind gestielte birnfiirmigc KSrper, deren dickercs Ende in den GlaskSrpcr hineinragt. Das Clewebe, aus dem diesc Warzen bcstehen, ist ein dichter Zug mchr longitudinal verlaufender und unter sich anastomosirender Binde- gcwebsfasern Unter diesen Fasern sind bier und da runde und spindelfiirmige vorzufinden. In diesen beiden Augen itusscrtc tier Glask(irl)cr auf ein solches Hineinragen der Warzen gar keine Reaction. I)ie Netzhaut selbst, aus der ,liese Neubildungen entsl)rangen, bot durchaus keinc Abnormitaten ([at'. i)as drittc Auge, welches wegen tines Krebses (ler Lider, dec sich auf (lie Conjuncti~'a bulbi und auf die corne~t verbreitete, v()m l)r. Knapl) exstirpirt wordcn, besass einc g~mz b('~sonders ,~t~trkc Ent- wickelung dieser Warzen. \Veil (lie kreb~,ige [';ntartung blo~, noch den l~and (let' Iiornhaut eilmahm, so hatte auch das Sehvermdgen schr wcnig dadm'ch gelitten und Paticntin konnte noch ~ehr gut stilton. Dic Untersuchung ergab tblgendc StSrungcn: I)as Pigment der Ciliaribrt- .~ttze und des peril)h(,rischen Theiles der Chorioidea war zu unregelm~tssigen Ihmfchen angesammelt und durch eine gelbliche Masse leicht verklebt. Mehrere epitheliale Pigmentzellen vollkommen entNrbt, andere hingegen stark gesc]H'mnpft. Wed('r in den Ciliarforts'htzen und ,lem ?~i. tensor chorioideae, noch in der Chorioidea selbst

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konnten die geringsten wahrnehn~baren StSrungen ent- deekt werden. Die Fasern des Ciliarabsehnittes der Retina sind stark hypertrophisch, die in normalem Zu- stande an deren unterem Ende sich befindendcn gabel- fSrmigen Fortstttze sind tiber ihre Grenze hinausgewu- chert und bildeten auf der dem GlaskSrper zugekehrten Flttche ciae ganze Reihe Schlfilgen. Auf diesen letzte- reu, sowie auch auf den Fasern selbst, haben sich ganzc Massen Pigments angehttuft. Eine Proliferation noch anderer Zellen in dicsem Theile der l'~etzhaut in Form yon Htmfchen gruppirt, bildeten zellige Auswtichsc, welche in Gestalt eiaes Horns in den GlaskSrper hineinragten. Mit ihrer breiten Basis sitzen dicse Auswtiehse auf dem Ciliartheile tier Retina, mit ihrem zugespitzten Ende abet ragen sie in den GlaskSrper hinein, wahrend sie zugleich bestttndig etwas nach vorn gerichtet sind. Nach hinten yon der Ora serrata ist die Retina selbst gttnzlich zu Bimtegewebe umgewandelt, alle ihre Elemente sind atro- phisch und sie ist bedeutend verdiinnt. An vielen Stellen finden sich in ihr Pigmenthttufchen vor. Auch gehen hier, yon ihrer inneren Oberflttche aus warzenf0rmige Auswiichse in den GlaskGrper hinein. Da in diesem Auge die Auswiichse in einer ziemlich grossen hnzahl vorhanden und sie in so verschiedenen Stadien ihrer Entwickelung waren, so habe ich dabei sehr leieht auch den Prozess ihres Entstehens verfolgen kGnncn. Zu allererst f~llt die Spaltung der Limitans und das daraus resultirende Auftreten der Schlingen in's Auge, die n i t ihrer convexen Oberflitche dem GlaskGrper zugerichtet sind. In dem diesen Schlingen entsprechenden Theile des GlaskSrpers wird an manchen Stellen das Auftreten kleiner, stark lichtbrechender KSrnchen beobachtet. Diese feingekSrnte Masse geht in Form eines diinnen, allmalig breiter werdenden Strahles yon der Peripherie den cen- tralen Theilen des GlaskSrpers zu. Mit der Massenzu-

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nahme der Schlingen, werden in ihnen auch die Kerne deutlicher und die Ver~stelung der Fasern immer mehr und mehr bedeutend. Nachdem sie in den GlaskSrper cingedrungen, ~'ird eine solche Schlinge au ihrer Ein- trittsstelle gleichsam eingesclmfirt. Ein solcher vollkom- men entwickelter Auswuchs hat eine ann~hernd birnfSr- mige Gestalt und ist yon einer Masse dicht durchitoch- tenet Bindegewebsfasern erfiillt. Diese Fasern bilden die Fortsetzung der radittren, es wird wenigstens tier Zusammenhang der einen mit den anderen an vielen Stcllea ziemlich leicht nachweisbar. Ausser diesen soeben beschriebenen Ver~ndcrungen konnten an diesem Auge durchaus keine anderen bemerkt werden. Linse, Glas- kSrper, Iris und der ganze iibrige Theil der Retina, so wie auch der Chorioidea zeigten vollkommen normale u

Ganz dieselben warzenfSrmigen Auswtiehse hatte ich Gelegenheit, Hoeh an mehreren anderen ~etzh~uten zu untersuchen. Ieh fiihre ihre Beschreibung hier blos des- halb nicht an, weil sic sich in nichts Wesentlichem yon den uoeben besproehenen unterscheiden.

Aeusserst interessante Abweichungcn bot mir in dieser Hinsicht ein Auge, welches ich yore Dr. Pagen- s t e c h e r erhalten hatte. Es war in Folge eines enormen Staphylomcs der cornea exstirpirt worden. Die Hornhaut war stark vorgetrieben, ihre Wandung gleichmhssig und ~ehr unwesentlich verdfinnt. Die Iris, mit einer vollst~ndig verwachsenen Pupille, war zu einer dfinnen Membran umgeartet und bedeckte die ganze hintere Fl~che der Cornea. In der Mitte liegt sie der Descemet'schen Haut blos an, doch an der Pcripherie ist sic vSllig mit ihr verwachsen, so dass beim Abreissen ein Theil des Iris- gewebes der Cornea adherent bleibt. Die Ciliarforts~tze, sowie auch die Linse sind ~ollst~tndig atrophisch. Der Rest letzterer, 1,7 Mm. dick, ist yon der verdickten und

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stark ausgedehnten Zonula Zinnii dicht umgeben und bildet die hinterc Wand der stark erweiterten hinteren Kammer. Vom Ciliarmuskel ist nicht die geringste Spur vorhanden. Der peripherisehe Theil der Chorioidea ist gleichfalls stark atrophisch. Das Pigment, zu unregel- m~tssigen, amorphen Haufen angesammelt, liegt zwischen ihr und der Retina zerstreut. Die hintere Parthie der Chorioidea hat keine so grosse VerSnderungen aufzu- weisen. Die Wiinde der Gef~sse sind nur etwas verdickt. In dem Stroma der Chorioidea liegen den EiterkSrperchen sehr i~hnliche Zellen, doch sind die sternfSrmigen Pig- mentzellen durchaus intact geblieben. Auch das Epithel liegt vollkommen regeh'echt, in Form einer einscbichtige~ Membran und blos die Grenzen der einzelnen Zelleu sind etwas undeutlich ausgesprochen, sowie aueh die An- ordnung der Pigmentmasse in ihm nicht ganz die nor- male ist. In vielen darunter sieht man zwei, sogar drei Kerne. Der GlaskSrper ist verflfissigt. Die ganze innere, dcm GlaskSrper zugekehrte Fl~che der Retina ist yon tier Ora serrata an, bis zur Einmtindung des Schnerven yon einer hSckerig geformten, stellenweisc pigmentirten, neugebildeten Masse fiberschichtet. Die mikroskopische Untcrsuchung hatte ergeben, dass diese ganze neugebil- dete Masse aus gewucherten radiSren Fasern besteht (Fig. 4). Diese stark hypertrophisehen Fasern gaben Aus- l~tufer, welche, nachdem sie die Hyaloidea durchbroehen, ~i~h in den GlaskSrper einsenkten. An anderen Stellen sieht man ftinf bis sechs Fasern zu einem feinen Bfindel zusammentreten und auch in den GlaskSrper sich ein- senken. Im GlaskOrper angelangt, bildeten sic ein dich- tes bindegewebiges Flechtwerk, welches Maschen bildete, die am Orte des Austritts der Radiarfasernbtindel in den Glask(irper wieder zur Netzhaut gehoben wurden. Diese Maschen, yon einer sehr variirenden GrSsse, nahmen die ganze inhere Oberfl~che tier Retina ein. An vielen Stellen

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liegen sie der Nctzhaut so dicht an, dass zwischen ihr und ihnen blos die etwas verdickte ttyaloidea gelagert war. An anderen Punkten hingcgen, vornehanlich an der Peripherie, wo die oberfiachliche Schicht des GlaskSrpers sehr dicht ist, hatte sich zwischen der Schlinge und der Retina, neben der Hyaloidea, auch noch eine dtinne Schicht GlaskSrpers anit seincn Zellen eingeschaltet. Endlich sind ian hinteren Abschnitte des Auges mehrere Maschen, durch ein aus der Retina getretenes Exsudat yon ihr abgedriingt worden und all eben diesen Stellen war tier Zusaananenhang der radim'cn Fasern anit solchen Maschen besondcrs deutlich ausgesprochen. Es versteht sich yon selbst, dass die Auswiiehse blos all senkrechten Schnitten den Eindruek yon Maschen machen konnten; yon der Fl~tche gesehen, sind es htigelige Erhabenheiten, welche sich mit ihrer Periphcrie ill die Retina einsenken. An einigen Stellen lagen an den Fasern tier dean Glas- kSrper zugekehrten Oberfi~iche der Auswtichse kleine Hitufchen Pigments, welches l~tngs dcr radii~ren Fasern in Form eincs diinnen Zugcs verlief, in welch letzterean [lie Piganentanolekiile sich manchanal ~tusscrst regelm~tssig cinschichtig gelagert hattcn. Yon dieseln angenoanmenen Vcrlaufc wich das Pigment alleanal ab, woes nur irgend tin Hinderniss traf. So blicb es z. B. bisweilen in dcr Zwischenk6rnerschicht, oder auch in den sehr entwickel- ten seitlichen Ver~tstelnngen der radiitren Fasern, in der molecularen Schicht, jedoch am (iftersten in der Nervcnfasernschicht, woselbst cs die sehr stark gewu- cherte Adventitia der GefSsse traf, stecken. Jedoch einige dieser Piganentztigc passirten ungehindert die ganze Retina bis zu den Auswiichsen selbst. Die Ge- stalt, welche das an den Fascrn h~tngen gebliebene Pig- ment angenoananen hatte, war eine ungeanein verschiedene. [)as Charakteristische seiner Anordnung war eigentlicb, dass aus dean bisweilcn angehauften Kliianpchen feine

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Ausl~tufer abgingen, so dass die der ganzen Masse eigene Form in der Regel eine sternfSrmige, der bei der Retinitis pigmentosa nachweisbaren, sehr i~hnliche Gestalt annahm. In der Retina waren s~tmmtliche Schichten bis zur inueren Kiirnerschicht vollkommen verschwunden und dieser ganze Raum yon Bindegewebsfascrn eingcnommen. Dafiir waren aber die tibrigen Schichten, d. h. die K~irner- und Stiib- chenschicht, an mehreren Stellen, vorztiglich aber im Hintcrgrunde, deutlich erhalten geblieben. Wo die StS- rungen auch ill die KSrnerschicht drangen, dort gingen sie in der Regel yon der unteren Grenze der inneren Schicht aus. An tier Peripherie des Auges war an vie- len Orten yon der ganzen Retina nut dis hussere KSr- nerschicht allein zuriickgebtieben.

In dem Capitel yon den Gliomen der Retina hi~lt V irc h o w*) die Bindesubstanz letzterer ftir das Material dieser in ihr vorkommenden Neubildung und sich auf die schon existirenden, so wie auf seine eigenen Unter- suchungen stiitzend, nimmt er die 5ussere der Chorioi- dea zugekehrte Oberfl~che der Retina als den Hauptort ihres u an (KSrncr- und ZwischenkSrner- schicht, $. 113). Die yon mir beschriebenen StSrungen dcr Retina zeigen es aber, dass die Geschwfilste ebenso wohl auch an ihrer anderen, dem GlaskSrper zugekehr- ten ()berti~iche vorkommen kSnuen. Welche Dimensionen diese im gegenw•rtigen Falle mehr mikroskopischen Gliome woh] erreichen kSnnten, dies ist schwer zu ent- scheiden. Die ifitcren Beobachtungen bieten in der Be- schreibung jener Theile der Retina, aus denen die yon ihnen beschricbenen Geschwfilste derselben sich entwickel- ten, nicht die gewtinschte Genauigkeit.

Von den neueren Forschern, so weit es mir bekaunt, erwiihnt blos Dr. P a g e n s t e c h e r eine yon ihm beobach-

~) Loc. cit.

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tete Wucherung der Bindesubstanz der Retina fiber die Grenze der Limitans interna hinaus und ausserdem sehreibt noeh S t e l l w a g yon Carion*) yon warzen- und zotten'ahnliehen bindegewebigen Auswfiehsen ausder Ober- flaehe der Nervenhaut oder Sehnervenpapille, welehe in den Glaski)rper hineindringen. Soleh eine geringe Zabl yon Beobaehtungen, hinsiehtlieh der aus der inneren Netzhautfl~tehe entspringenden Auswfiehse, scheint zum Theil zu Gunsten tier Ansieht zu spreehen, dass diese Auswachse nur unbedeutende Dimensionen erreiehen ki)nnen. Uebrigens will ieh hier blos noeh erw~thnen, dass die Sehwierigkeiten, mit denen ein zur Unter- suehung, besonders der Anfangsstadien der retinalen Neubildungen taugendes 3Iaterial erlangt wird (das Auge muss vollkommen friseh self) und die Verwirrtheit des Bildes, das bei vollkommen entwiekelten Gesehwfilsten gesehen wird, eiue hinlangliehe Erkl~irung t'fir die so geringe Zahl tier bisher gemaehten Untersuehungen tiber derlei Auswfiehse auf der Netzhaut geben.

B. Zur normalen und 1,athologischen Anatomic des

Glaskbrl}ers.

Obgleich die Litcratur des GlaskSrpers zu den reieh- sten in der Anatomie des Auges geh6rt, so sind dennoeh die darin vorhandeneu Streitt)'agen bis jetzt unentsehieden geblieben, und haben bis heute noeh nieht die genfigende Li)sung erhalten. Als tier beste Beweis dieser jetzt noeh andauernden Uneinigkeit der Ansiehten fiber den Glas- kSrperbau kSnnen die drei letzten speeiellen Untersu- ehungen fiber denselben, welehe beinahe gleiehzeitig er- sehienen waren, dienen.

Zu derselben Zeit, wo A. Coee iu s , wenigstens an

*) Lehrbuch der Augenheilkunde Wien 1861. S. 142.

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den Hausthieren, vom Pflasterepithelium bedeckte Meln- branen*) deutlich gesehen hatte, hat C. O. W e b e r weder das Epithel, noch die ill Rede stehenden Membranen jemals beobachtet; nach seiner Meinung ist das Gertist des Glask(irpers aus eigenthtimlichcn, yon ihm selbst zum ersten Male beschricbeneu, unter sich anastomosirend,~u Zellen**), an dencn schleimige AnMngsel sitzen, gebil- det. R i t t e r *~*) endlich hat nicht die Zellen W e b e r ' s , nicht die Membranen yon C o cc ius nachweisen kSlmCH, und er bringt die Meinung w)r, der Gh~skSrl~er sei eiu cystenShnliches, (lurch die Chorioidea geliefertes Product; cs sei yon einer structurlosen Membran umschlossen, (lie auf ihrcr Innenfl~tche ein Epithel besitzt. Im Einklang mit dieser Divergenz der Meinungen, beziiglich des nor- malen Baues des GlaskSrpers, sind genannte Forscher auch in der Frage yon seiner Erkrankungsfgthigkeit nicht vollkommen unter sich einverstanden. Wgthrend C o c c i u s und W e b e r <lie Erkrankbarkeit des GlaskSrpers als kei- nero ZwciM unterlegen l,etrachtcn, und dcr erste die Ursachc der Affection in den Epithelien sieht, dcr zweitc aber sic in die yon ihm beschricbeneu Zellen versctzt, lautet die Meinung i t i t t e r ' s dahin, dass selbst die eiu-

*) Ueber das Gewebc und die Entziindung des menschlichen Glas- kSrpers. Leipzig 1860. ,, . . . . die Epithelien aus den Bindegewebs- zellen des embryonalen Glusk6rpers, die feinen GlasMute abet arts der Versehmelzung yon den zu Epithelien umgestalteten Bindegewebskilr- peru entstanden sind."

**) V i r e h o w ' s Archly f. pathol. Anat. u. Yhys. Bd. XIX. Ueber den Bau des GlaskSrpers und die pathologischen, namentlieh entziind- lichen Ver~inderungen desselben. S. 376. ,,Es sind dies zarte, spindei- fSrmige, irt feine Fiiden auslaufende und unter sieh anastomoslrende mit einem ovalen, sehr zarten Kerne verseheae Zellen, besetzt mit ver- schieden grossen Schlelms~cken, als ob zwischen den Ausliiufcrn der Zelle Schlcimmasse sitzen geblieben w~/re, oder, als ob diese se!bst mit Schleim erfiillt wSren."

~*-) Arch. i: Ophthalm. Bd. VIII. 1.

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grcifcndsten Vcrletzungen des GlaskSrpers stets otme alle Folgen verlaufen.

Solchc Widerspriiche ill den Resultaten maehen es einem Jeden, dcr sich mit der pathologi,~chen Anatomic des 61ask6rpers bescbaffigen wollte, zur Pflicht, sich vor- hiufig seinen eigenen Gesichtspunkt fiber den normalen Bau dieses Gebildes zu bilden. Die in diesel' 15ehtung yon nfir vorgenommenen Untersuchungen habcn mit zu Schlus,~folgerungen geffihrt, welche im Wesentlichen die Ansichten Y i r c h o w ' s , K S l l i k e r ' s , D o u k a n ' s und W ebc r ' s bestatigen, blos in einzclnen Details yon ihnen ab~veichen, oder sic ergSnzen. Doch wo ich dell erkrank- ten GlaskSrper beobachtet, babe ich immer einc beson- dere hufmerksankeit auf den hauptsSehlichsten Factor seiner Erkrankung, auf die Zelle, gerichtet. Vor Vir- chow beschrieben t Iaanover~ Henle , P a p p e n h e i m , H u s c h k e u. A. bald das die Ityaloidea fiberkleidende El)ithel, bahl die innerhalb des GlaskSrpers sich befin- denden Zellen, bald auch beide Itildungen zugleich, doch bieten uns alle gcnannten Beschreibungen nicht die ge- ~'iinschte Genauigkeit und Ausffihrlichkeit.

Die erste specielle, im Jabre 1852 erschienene Unter- suchung fiber die Zellen des GlaskSrpers verdanken wir u Iln 10. Bandc seines Arehivs sehreibt die- ser Forscher, dass er bei einem Schweinsembryo von 4 Zoll in der bomogcncn Intercellularsubstanz des Glas- k/Jrpers, die alle Eigenscbaften des Schleims darbot und an einzelnen Stcllen leicht streifig erschien, in ziemlich regehnSssigeIJ Abst~mdcn runde, kernhaltige, zuweilen mehrkernige, stark granulirte Zellen gesehen habe. Am Umfange fand sich cine feine Haut mit sehr zierlichen Gefassnetzen und einem feinfaserigen areolSren Maschen-

*) Arohiv fl pathol. Anat, u. Physiol. Bd. IY. Notiz fiber den Gl~sk6rper. S. 468.

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werk, welches an den Knotenpunkten Kerne enthiclt. Der Meinung u r c how' s zufolge schcinen nile fernercn Veriinderungen des GlaskSrpers darin zu bestchen, class die Zellen untergehen und die Intercellularsubstanz allcin zurtickbleibt. Den GlaskSrper rechnet V i rchow zu den Schleimgeweben. Ira. folgenden Bande seines Archivs*) sagt er, dass er bei den wcitercn Untcrsuchungen fiber die menschlichen Embryonen stets dassclbc gefunden habe, was yon ihm im 4. Bande ausgesagt ward. Was abet die areol~tre Membran anbctrifft, so habe er dieselbc nicht best~ndig vorgefnnden, so dass es mSglich sei, dass sic nicht constant vorkomme, oder schncll ablebe. Ein- mal hatte Virchow im Inncrn des GlaskSrpers auch sternfSrmige und sehr zahlrcich vcrtretene Zellen ge- sehen. K S l l i k e r land**), dass im GlaskSrper mensch- licher und thierischer Embryonen, so wie bei Kindern und jungen Thieren nirgends etwas Anderes nachzuwei- sen sci, als eine gleichartigc, schleimhaltendc Grund- substanz und viele in ziemlich regelmiissigen Abst~nden in derselbcn vertheiltc runde oder l~tngliche, kSrnige, kcrnhaltige Zellen yon 0,004--0,01'". SternfSrmige, netz- fSrmig vcrbundcne Zcllen sah er zwar auch, allein immer nur an der Aussenseite der Membrana hyaloidca, hn Glas- kSrpcr der Erwachsenen war yon den frtihercn Vcrh~lt- nissen racist nur die gleichartige Grundsubstanz geblie- ben und die Zellen verschwunden, doch traf er die lctz- tcren in manchen Fallen auch hier noch sp~rlich und undeutlich, namentlich in den an die Linsc und dic M. hyaloidea tiberhaupt angrenzenden Theilen des Organs. F i n c k b e i n e r * * * l ist der Ansicht, dass das platte Epi-

~) 1. c. Bd. V. Ueber den menschlichen GlaskSrper. S. 278. ~*) Mikroskopische Anat. 1852. II. S. 716 u. ]:[andb. der Gewebe-

lehre. 1863. S. 680. ~ * ) Vergleicb.ende Untersuchungen der Structur des GlaskSrpers

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thel der Hyaloidea nut sehr schwcr zu sehen sei, dennoch war es ihm gelungen, dasselbe nachweisbar machen zu kSnnen, und in seinen Resultaten best~tigt er alle An- sichten H a n n o v e r ' s , wie fiber den Bau des GlaskSr- pers, so auch fiber die F4~ithelien. Die Epithelien des GlaskSrpers seien sehr gross, polygonal, meistens sechs- eekig, haben oft unregelm~ssig gezackte R~nder, die sich gewShnlich eng an einander legen. Die grSssten Zellen besitzen cinch Kern mit KernkSrperchen. Die GrSsse der Zellen ist an einenl und demselben Individuum sehr wechselnd; an der Eintrittsstelle des Sehnerven sind sic am grSssten, w~hrend sic gegen die Ora serrata zu im- mer kleiner und kleiner werden. F i n k b e i n e r konntc die Epithelien auch leicht an den Fasern der Zonula Zinnii aufliegend verfolgen, so wie auch an den Scheide- w~nden im GlaskSrper selbst. In einer ausgezeiehneten Arbeit Doukan ' s* ) , welche er unter der Leitung v. Don- d e r s ' ausftihrte, wird den colloiden, bleichen, stark lichtbrechenden Zellen eine genaue Aufmerksamkeit ge- widmet. Aus ihnen entstehe, wie Verfasser hervorhebt, theils durch Transudation, theils durch ZerstSrung der Zellen selbst, die schleimige Grundsubstanz des Glas- kSrpers. Ueberdies wurden versehieden grosse KSrner- h~ufehen und feine Faden, auf welchen auch ~hnliehc KSr- her sassen, bemerkt. Der letzten Arbeiten W e b e r ' s , Ri t t c r ' s und C o c c i u s' ist schon erw~thnt worden.

Ehe ich aber zur Beschreibung der GlaskSrperzellen fibergehe, erlaube ich mir noch einige Worte fiber die zwischen dem GlaskSrper und der Retina bei Embryonen und Erwachsenen befindlichen Theile zu beriehten.

bei den Wirbelthieren. (v. 8 i e b o l d und K S l l i k e r ' s Zeitschr. f. wiss. Zoologic. Bd. VI. $. 330. 1854.)

~) Dissert. de corporis vitrei structura. Utrecht 1854.

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In dell Augen der Saugethier-Embryonen kann man bis zu cinem gewissen Alter zwischen der Nctzhaut und tier Hyaloidea best~tndig das yon Vir chow beschriebenc areolSrc Gewebe beobaehten. Die Bedeutung dieses Netzes ist bercits durch H. Mti l ler bestimmt wordcn, es ist das Rudiment der kiinftigen lX'etzhautgef,tsse*). Letztere entwickeln sich yon der Eingaugsstelle des Seh- nerven gegen die Peripherie hin, so dass zu jener Zeit, wo dieses arcoliirc Netz sich durch eine Differenzirung seiner Zellen, um die Stelle des Eintrittes des Sehnerven herum, schon in Gcfitsse verwandelt hat und diesclben auch schon mit Blut' gefiillt sind, besteht es noch immer als Netz an dem Aequator und weiter an der Peripherie des Auges fort. Spiiter, wenn diesc GefSsse sieh sehon entwickelt, gehen sic in die Retina selbst ein. Z~ischen ihnen und den GefSsscn des GlaskSrpers, vornehmlich der pupill~ren Membran, herrseht ein umgekehrtes Verhalten, d. h. je weiter sic sich entwickeln, wird die Membrana pupillaris und das Gef~tssnetz des GlaskSrpers, welches sich in der tellerfSrmigen Grubc entwickclt, iu demscl- ben Grade mehr und mehr atrophisch und ihre "r dige Entwickelung errcichen sic im Momente der voll- kommencn Atrophic der Pnpillarmembran. Solchc Ge- fitsse der Retina sind schon mehrmals als aussere Gefasse des Glask51])ers beschrieben worden und in neuester Zeit noch hat W e b e r denselben Fehler wiederholt.

Dic Gef~tsse des G]askOrpcrs sind blos ein Aestchen der Arteria centralis retinae, und circuliren unter sehr

*) Wiirzburger naturwissenschaftl. Zeitschr. Bd. 1I. Heft 3. 1861. Ueber die 57etzhautgef~sse yon Embryonen. - - Ich halte es filr noth- wendig, hier bemerkcn zu miissen, dass ich fiber die Gef~sse des Glas- kSrpers zusammen mit Prof. H. M i i l l e r arbeitete, der zu gleichcr Zeit mit den Gef~issen der Ne~zhaut beschiiftigt war. Das Wesentlichste des hier Gesagten war schon in der angefiihrten vorli/ufigen Notiz be- sprochen worden.

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verschiedener Benemmng, als wie: art. corporis vitrei, art. hyaloidea, art. capsularis, art. Albini u. dgl. m. Diese Arterie geht mehr oder minder durch die Mitte des Glas- kSrpers und, ohne bier Zweige abzugeben, erreicht sie die tellerfSrmige Grube. In dieser letzteren, zwischen dem GlaskSrper und der Linse, theilt sie sich dichoto- misch und bildet so ein dichtes, sternfSrmiges Netz, das die hintere Linsenkapsel umgreift. An der Peripherie der Linse bildet dieses Netz Maschen, yon welchen Zweige zur vorderen Kapsel der Linse zum inneren Rande der Iris (membr. capsulo-pupillaris) und endlich zur Zonula Zinnii abgehen. Diese letzteren (circulus arterios. Mor- gagnii) bilden auf der Zonula Zinnii Maschen, yon denen abermals feine Aestchen ausgehen. Mit welchen Gef~ssen eigentlich diese hestchen anastomosiren, dies ist mir bis jetzt nicht gelungen, zu beobachten. Nach W e b e r gehen sic mit den ~usseren Gefassen des GlaskSrpers Anastomosen ein; da aber letztgenannte Gef~tsse hSchst wahrscheinlich ffir nichts Anderes, als fiir solche der Netz- haut zu betrachten sind, so mtissten diese Aestchen auch mit den retinalen Gef~tssen communiciren, welches mir aber ebenfalls zu beobachten nicht gelungen war. An der Peripherie kommen die Netzhautgef~sse nur ziemlich sp~tt zm' Ausbildung und scheinen in keiner Verbindung mit anderen Gef~tssen des Auges zu stehen. Die Gefiisse des GlaskSrpers atrophiren erst in der letzten Periode des ibetalen Lebens. Diese Obliteration der Gef~sse be- ginnt an der pupillaren Membran und schreitet allm~lig zu den Gef~tssen der tellerf0rmigen Grube vor. Die art. corpor, vitrei ist die zu allerletzt verschwindende. Beim Kalbe ~) und Pferde bleibt sie noch lange bestehen und ist sogar bei schon ziemlich Erwachsenen wie ein zapfenartiger, yon der Eintrittsstelle des Sehnerven zum

~) I:[. M i i l l e r , Archiv f. Ophth. Bd. II. Abth. 2, S. 65. Archiv fiir Ophthahnologic. XI. 1. 11

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Glaskiirper gehender Vorsprung sichtbar. Ein ~hnlicher Ueberrest von Gefiissen kann auch bei einem erwachse- nen Menschen vorhanden bleiben, wie denn solches auch Si imisch*) und Z e h e n d e r ophthalmoskopisch beobach- tet hatten. Ein ganz ithnliches Vorkommen wurde schon 1854 yon M e i s s n e r beschrieben, eine solche persisti- rende art. hyaloidea sah er bei der pathologisch anato- mischen Untersuchung des Auges eines ganz alten Man- nes**). Es ist wahrscheinlich, dass zwischen der Retina und der Hyaloidea von dem embryonalen areoliiren Netze bisweilen einige Zellen zuriickbleiben. Bei Kindern we- nigstens, wenn schon die retinalen Gef~tsse in die Tiefe der Netzhaut gedrungen sind, wo schon die Limitans vollkommen ausgebildet ist, ist es mir bisweilen gelungen, einige zwischen dem GlaskSrper und der Retina liegende Zellen zu sehen. Bei Erwachsenen gelingt es manchmal gleichfalls, hier und da auf der Limitans fiache, grosse Zellen mit einem kleinen, runden Kerne zu finden. Sie erscheinen bald rund mit ausgesprochen gezackten Ran- dern, bald sternfiirmig. Bei Erwachsenen babe ich sie bis jetzt grSsstentheils an pathologischen, exstirpirten Augen angetroffen. Wie es scheint, nehmen sic auch einen Antheil an den Erkrankungsprozessen der Netz- haut. In atrophischen hugen werden zuweilen ebenfalls, bald auf der Hyaloidea, bald auf der Limitans, H~tuf- chen grosser, fiacher, mit einem grossen, flachen Kerne versehener Zellen gefunden. Was jedoch das Epithel an- belangt, wie es Hen le , H a n n o v e r und F i n k b e i n e r be- schreiben, so war es mir bisher nicht gelungen, dasselbe ein einziges Mal zu sehen. An erhiirteten Augen kann man

*) Klin. Monatsbl~itter f. Augenheilk. 1363. Juni 8. 258 u. August S. 351.

**) Hen le und Pfeufer , Zeitsehr. f. rationelle Mediein, 3. Reihe. I. Bd. Leipzig u. Heidelberg 1857. S. 562, Anmerkung.

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schon mit einfacher LoupenvergrSsserung bisweilen eine sich zwischen der Retina und der Hyaloidea einschaltende feine Membran beobachten. Unter dem Mikroskop er- scheint sie in Form ~usserst regclmSssiger, einschichtig gelagerter hexagonalcr Figuren. Die GrSsse einer jeden einzelncn dicser Figuren ist um ein Etwas bedeutender als die des Pigmentepitheliums der Chorioidea; der Inhalt ist feingekSrnt. Einzelne von ihnen sind, besonders bei der Katze u~ld dem Kaninehen, bestiindig mit einem kur- zen, dtinneu Ausl~tufer versehen. In wieder andereu F~tllen ist diese Membran nicht vorhanden und auf der Hyaloidea sind blos die mehr oder minder regelmassigen, sechseckigen Contouren noch bemerkbar. Endlich trifft es sich zuweilen, dass diese Gebilde in Form, in Gestalt und GrSsse versehiedener Figuren, oder einfach in Form einer dtinnen Schicht einer feingekiirnten, amorphen Masse crscheinen. Daftir, dass cs keine Zellen sind, spricht schon das constante Fehlen der Kerne, So wie auch die Mannigfachheit der Form, die an ihuen bemerkt wird. Es ist mit grosser Wahracheinlichkeit anzunehmen, dass die Zeichenerscheinungen in der Retina als die Quelle ihres Entstehens anzunehmen sind. Nimmt man ein Stiickchcn fi'ischer Netzhaut und legt man sie so, dass die Limitans interna uaeh oben gerichtet blcibt, bringt man cs darauf unter eincm Deckgktschen unter das Mikros- kop, so sieht man, dass dic Limitans sich allmi~lig mit durchsichtigen TrSpfchen bedeckt, welche sich bald in so grosser MeJ~ge an~ammeln, dass sie gezwuugen werden, cinander yon den Seiten zu eomprimiren uud nehmen solcberweise eine relativ ziemlich regehnassige polygonale Gestalt an. Verschiebt man nur leicht das Deckgl~tschen, so ~ird man ohne Schwierigkeit bemcrken, wie sic in Form eines diinnen, zahen F~tdchen~ sich mit der Basis der Mtiller 'schen radi~tren Fasern ver- binden.

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Ob diese Gebilde oder Zellen des Glask5rpers, wie es Klebs meint, bisher ftir das Epithel gehalten worden sind, ist schwer zu entscheiden. Uebrigens erschweren die obenerw~thnten, bisweilen in pathologischen Augen auf tier Limitans beobaehteten Zellen, der kurze Zeitraum, in welchem hier die cadaverSsen Erscheinungen schon auf- treten und die davon abhiingende Regelm~tssigkeit der Figuren, wie auch endlich die Festigkeit, mit welcher in frischen hugen die Limitans mit der Hyaloidea verbun- den sind, den Untersuchungsgang der betreffenden Frage so sehr, dass Alles, was ich gegenwiirtig dariiber zu entscheiden mir erlauben kann, sich blos auf Folgendes beschriinkt: bisher wollte es mir nicht ein einziges Mal gelingen, ein Epithel auf der iiusseren Oberflache der Hyaloidea zu beobachten.

Wenden wir uns nun zu den sich im Innern des GlaskSrpers befindenden Zellen. Bis jetzt habe ich noch nicht ein Thier getroffen, bei welchem sie nicht vorhan- den w~tren; doch will ich mich hier nicht in ihre Be- schreibung, wie sie bei den Thieren vorkommen, ein- lassen, weil sie sich bei ihnen nur unwesentlich yon de- hen bei Menschen unterscheiden. Bei Menschen trifft man sie durch a|le Lebensalter hindurch und kSnnen in fol- gende drei Arten eingetheilt werden: 1) Runde Zellen ohne Ausl~tufer, mit einem oder zwcien Kernen versehen. Sic liegen unmittelbar unter der Hyaloidea und die Membran dieser Zellen umfasst eng den feinkSrnigen Inhalt, in an- deren Fallen erscheint sie stark geschrumpft und liegt un- mittelbar dem Kerne an. Der Kern selbst ist gross und nimmt einen betrachtlichen Theil der Zelle ein. Diese Form yon Zellen kommt in grSsster Quantiti~t bei Em- bryonen vor und sie nehmen mit dem Wachsthum tier Frucht ab.

2) Die zweite Form bilden die sternfSrmigen und die spindelfSrmigen Zellen, die bei Kindern die Hauptmas~e

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der GlaskSrperzellen ausmachen. Diese Zellen sind in der Regel mit 3--5 Ausl/iufern versehen, welchc dick und wenig gezweigt sind. Der Inhalt der Zellen ist fein ge- kSrnt und besitzt 2 - -3 und noch mehr Kerne. Uebri- gens ist ihre Form nicht immer streng sternf6rmig, son- dern es finden sich hier auch hufeisenfSrmige und spin- delfSrmige, mit langen, dicken, sehr unregelm~ssigen Ausl~tufera. Solche Zellen kSnnen als eine weitere Ent- wickelung der ersten Form betrachtet werden und unter den runden Zellen trifft man schon einige mit sehr kur- zen Ausl~ufern.

Schon bei Kindern kann man eine noch andere Form sternfSrmiger Zellen finden, die die haupts/ichlichste, charakteristisehe Eigenthtimlichkeit in dem GlaskSrper Erwaehsener und Greise bildet. Solche Zellen sehen dell Ganglienzellen sehr /ihnlich, nur dass sic viel klei- her, z~trter und in ihrem /iusseren Aussehen unge- mein mannigfifltiger sind. Sic erscheinen gr6sstentheils mit zwei sehr diinnen, langen, yon den beiden entge- gengesetzten Enden ausgeheaden AuslSufern versehen, welche ihrerseits ebenfalls in sich verastelnde Zweig- then zerfallen. Eine interessante Eigenthiimlichkeit dieser Ausl/iufer ist, (lass sic ~m vielen Punkten mit Varicosit~ten versehen sind. Ueberdies sitzen an ihnen vollstSndig durehsichtige, constant regelm~ssig-runde Bl~schen, welehe bald klein, bahl unvergleichlich grSsser als die Zellc selbst sind. Solche Blitschen gehen zuwei- len yon dem KSrper der Zelle selbst ~tus, sind yon der 6rundsubstanz des GlaskSrpers scharf abgegrenzt und treten in keine Communieationen, weder untereinander, noeh mit den ihnen benachbarten Bl~schen. Biswei- len fehlen sie aueh, doeh bilden die Varicosit/iten eine sehr h~ufige Eigenthtimlichkeit dieser Zellen. Der In- halt ist feink6rnig, der Kerne sind zwei, drei und noeh mehr, hSchst selten aber blos ein einziger vorhanden.

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Zuweilen kann man zwei, durch die Ausl~tufer mit einan- tier verbundene Zelleu beobachten, doch ist dieses eine mehr zuf~tllige Erscheinung. Ich will es abet hier be- merken, dass ich an gesunden Augen miteinander ana- stomosirende Zellen, wie solche W e b e r beschreibt, hie- reals beobachtet habe. Die Begrenzungen einer jeden Zelle sind immer scharf und deutlich, und dieses nicht allein an den in der Mfil ler 'schen Flfissigkeit erhiirte- ten, oder an den mit Karmin gef~trbten, sondern auch an ganz frischen Augen. Aehnliche sternfSrmige, mit Vari- cositiiten versehene Zellen kann man auch bei Thieren vorfinden, und besonders originell sind sie beim Pferde, bei dem sie zuweilen (hSchst wahrscheinlich in patholo- gischen Fallen) kolossale Dimensionen erreichen, ferner ausgezeichnet schSn bei Friischen und den menschlichen sehr ~thnlich bci Hunden.

3) Die dritte Form bilden die mit einem Bl~tschen im Innern versehenen Zellen. 8ie sehen jenen sehr ~ihnlich, welche zum e~'sten Male yon Vi rchow in seinen Untersuchungen fiber die Entwickelung des Sch~tdelgrun- des beschrieben wurden. Er hatte sie in den Neubil- dungen auf dem Clivus beobachtet und nannte sie die Physaliphoren, die in ihnen enthaltenen Bliischen aber die Physaliden. Sp~ter sind diese Zellen in verschiedenen normalen Geweben, vornehmlich bci Embryonen, beschrie- ben worden. In dem GlaskSrper wurden sie zuerst yon D o u k a n genauer besprochen und sind die grSssten aller drei Formen. Sie sind in jedem Alter und bei allen Thieren nachzuweisen, doch sind sie bei Embryonen und bei Kindern nicht so scharf hervortretend, weil dort ausser ihnen noch eine grosse Quantitat runder und stern- fiirmiger Zellen zu finden ist. Dabei sind sie bei Kin- dern kleiner als bei Erwachsenen, sowohl tier Anzahl als auch der Gr(isse nach. Bei Erwachsenen und bei Greisen (besonders bei letzteren) machen diese Physaliphoren und

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die sternfSrmigen Zellen, mit den ihnen yon aussen auf- sitzenden Blaschen, die Hauptmasse der Zellenanzahl aus. Die in den Zellen sitzenden Bl~tschen sind best~indig kreisrund und vollkommen durchsichtig. In einem gut entwickelten Physaliphoren befindet sich blos ein, den ganzen Raum einnehmendes Bliischen und es bleibt nur ein ganz kleiner Raum tibrig, der yon den Ueberresten des frtiheren feinkiirnigen Inhalts der Zelle, welcher sich um den noch gut erhaltenen (in der grSssten Zahl der Fiille sind es zwei) und yon dem Bliichen zur Zellen- ~'and verdriingten Kern anlegt, eingenommen wird. Es scheint das Bliischen seine eigene Membran zu besitzen, wenigstens erscheint die eigentliche Zellenwand stets doppelt contourirt. Das Bli~schen nimmt manchmal keinen grossen Theil der Zelle ein und dieses ist wahr- scheinlich in eiuem noch nicht vollkommen reifen Physa- liphoren der Fall; manchmal sind es zwei grSssere und in einem solchen Falle sind sie in tier Mitte wie durch eine Linie getheilt; bisweilen endlich sind dort ihrer viele und es scheint alsdann, als siissen sis alle in einem gesonderten Bliischen, wenigstens ist dann ihre gemein- schaftliche Contour stets ziemlich kreisrund. Neben diesen I)hysaliphoren sitzen manchmal noch Bliisehen, welche mit der Zelle selbst in Verbindung stehen. Sie sind in einigen Fallen klein und dies ist hiiufig der Fall, doeh zuweileu aueh ebenso gross, als die Zelle, der sie adhiiriren.

Meistentheils besitzen die Physaliphoren keine hus- liiufer, doch trifft es sich auch, dass aus ihnen gleichfalls diinne, lange, mit u versehene husl~iufer austreten.

Die Physaliphoren und die sternfSrmigen, mit Bl~is- chert ausgeriisteten Zellen, sind in der Regel tiefer als die tibrigen in dem GlaskSrper gelagert. Um sie herum, oftmals mehr in die Tiefe, sind bald freie Kerne (etwas

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atrophische), bald aber Blaschen I zuweilen stark ge- schrumpfte), bald endlich einfache Zellenhiillen sichtbar, so dass allem Anscheine nach in den spateren Lebens- perioden diese Zellen innerhalb des GlaskSrpers zu Grunde gehen.

Aus einigen insbesondere pathologisch-anatomischen Thatsachen lasst sich der Schluss ziehen, dass die Be- deutung dieser Zellen ffir die Lebensfrage des Glask(ir- pers nicht ganz gleichgttltig sei.

Die runden Zellen sind Bildungszellen, aus welchen sich durch eine weitere Differenzirung ihre fibrigen For- men entwickeln. Die spindelffrmigen und die sternfSr- migen Zellen dienen, wie es scheint, als Material far die Bildung des Gertistes des Glaskfrpers, Weiter unten werden wir sehen, dass in jenen Fallen, wo die Er- krankungen des GlaskSrpers in ihm in einer enormen Masse Bindegewebsfasern auftreten, gewShnlich in einer vor anderen Formen vorwaltenden Quantitat, spindel- und sternfSrmige Zellen beobachtet ~erden. Hiermit pa- rallel verlaufend wird eine Schrumpfung des GlaskSrpers mit einem Seltenerwerden, ja sogar vSlligen Verschwin- den der Physaliphoren beobachtet. Die runden Zellcn mit den innerhalb sitzenden, so auch die sternfSrmigen mit den yon aussen an ihnen haftenden Blaschen sind, wie es scheint, in ihrer Function identisch. Die Bestim- mung beider liegt in der Schleimbereitung und dafiir scheint auch die frtiher erwiihnte Thatsache, ihr Schwun(l bei der Schrumpfung des Glaskfrpers, zu sprechen. Noch mehr aber spricht daftir ihr copiSses Auftreten in allen Fallen, wo die Masse des Glaskiirpers.vergrSssert ist, in glaucomatSsen Augen, bei allen Arten der Staphylome, bei Keratoconus u. dgl. m. An allen GlaskSrperzellen wird noch eine sehr interessante Erscheinung wahr- genommen, dies ist die amoebenartige Veriinderung ihrer Gestalt. Diese Bewegung solcher Zellen beschrankt sich

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auf eine Verktirzung und darauf folgende Wiederaussen- dung ihrer Fortsiitze. Die im frischen Zustande dell Inhalt bildenden feinen KSrnchen und kleinen Blitschen der Zelle leiden bei ihrer Contraction gleichfalls eine Ortsver~nderung, doch habe ich in ihnen weder die tan- zende noch die moleculare Bewegung bemerken kSnnen. Zu Zeiten erfolgt wiihrend der Contraction der Zelle ein Platzen und ein Zusammenfiiessen mehrerer Bliischen; die Ausdehnung der Forts~ttze geht nur sehr langsam vor sich. Es ist mir mehrmals zu sehen gelungen, wie die Fortsi~tze einer und derselben Zelle sich gegenseitig begegneten und dabei sich verlStheten, confiuirten. :Nach- dem sie sich ausgedehnt, beginnen die Fortsatze sich zu c~ntrahiren und manchmal trifft es sich so, dass wi~hrend die einen sich verkiirzen, die anderen erst art's Licht trcten. Bei der Contraction nehmen die Zellen eine runde odor ovale Gestalt an; einige bleiben aisdann als so]che bestehen, an andercn erscheinen aber die Fort- s~ttze yon Neuem, anfangs langsam, dann aber immer rascher und raschcr; w~hrend die Zelle nun eine stern- i~hnliche Form angenommen hat, bleibt sie grSsstentheils als solche und die Bcwegung hSrt in ihr auf.

Diese Bewegung kann man am leichtesten bei den Embryonen verfolgen. Den GlaskSrper tines zehnti~gigen Htihnerembryo's kann man vollst~ndig auf das Object- gliischen bringen und der Bcobachter entdeckt hier im Schfelde eine ganze Masse Zellen. Bei erwachsenen Thieren, bei denen die Zellen viel weniger dicht beisam- men liegen, als bci dem Foetus, ist es bisweilen sehr schwer, eine Zelle aufzufinden, tibrigens habe ich diese Bewegung, wie bei erwachsenen Thieren, cbenso auch bei Menschen geschen, Dank der Gefiilligkeit des Herrn Dr. Knapp, welcher mir die Gelegenheit geboten, ein von ihm soeben exstirpirtcs huge untersuchen zu kSnnen. Es ist ganz leicht, diese Bewegung zu beobachten; man

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hat dazu ein Stfick des GlaskSrpers zusammen mit der Hyaloidea unter ein Deckgliischen zu bringen und unter- sucht es mit dem siebenten, noch besser mit dem achten Hartnack'schen System.

(Fortsetzung folgt.)

Erkl~rung der Abbildungen.

Fig. I. Wueherung des Limitans interna, I VergrSsse- Fig. 2. Ein Auswuehs auf der Limitans interna. ~ rung bei hem Fig. 3, F, in warzen~ihntieher Auswuehs der Limit, int, | 7. System yon

Fig, 4. DieGlaskSrper'WUeherunghinein.der radi~ren Fasern in den H a r t n a e k .

Fig. 5. Die Zellen des GlaskSrpers. - - 8. System yon Hartnack .