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Beitrdge zur pathologischen Anatomie des Auges und der Orbita. Yon Prof. Dr. Schiess-Gemuseus in Basel. (Hierzu Abbildungen auf Tafel 1[.) I. Gliom der Retina, Fibrom der Chorioidea mit wahrer u fibr0se Degeneration des Glask~rpers, be- ginnende sympathische Erkraukung des zweiten Auges. Es ist bekanntlich das Verdienst yon Virchow, darauf mit Nachdruck hingewiesen zu haben, dass ein Theil der Geschwiilste des Auges, die man bis jetzt gewShnlich als Fungus oder Markschwamm bezeichnet und als yon der Aderhaut ausgegangen sich gedacht hatte, dem reti- nalen Gewebe entstamme und zwar wesentlich der binde- gewebigen Partie derselben, der Neuroglia, weshalb er sie Gliome nannte. In Bezug auf die Literatur dieses Gegenstandes verweise ich auf das V i r c h o w' sche Werk "). Die Anzahl genau beschriebener Fiille dieser Art ist aber *) Virchow~ krankhafte Geschwfilste. ]L Bd. pag. 151 ft.

Beiträge zur pathologischen anatomie des Auges und der Orbita

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Beitrdge zur pathologischen Anatomie des Auges und der Orbita.

Yon

Prof. Dr. S c h i e s s - G e m u s e u s in Basel.

(Hierzu Abbildungen auf Tafel 1[.)

I. Gliom der Retina, Fibrom der Chorioidea mit wahrer

u fibr0se Degeneration des Glask~rpers, be-

ginnende sympathische Erkraukung des zweiten Auges.

E s ist bekanntlich das Verdienst yon Virchow, darauf mit Nachdruck hingewiesen zu haben, dass ein Theil der Geschwiilste des Auges, die man bis jetzt gewShnlich als Fungus oder Markschwamm bezeichnet und als yon der Aderhaut ausgegangen sich gedacht hatte, dem reti- nalen Gewebe entstamme und zwar wesentlich der binde- gewebigen Partie derselben, der Neuroglia, weshalb er sie Gliome nannte. In Bezug auf die Literatur dieses Gegenstandes verweise ich auf das V i r c h o w' sche Werk "). Die Anzahl genau beschriebener Fiille dieser Art ist aber

*) Virchow~ krankhafte Geschwfilste. ]L Bd. pag. 151 ft.

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bis jetzt eine sebr geringe; es ist, soviel ich weiss, der Fall yon S i c he l und Rob in* ) , yon Schwe igge r** ) , R i n d f l e i s e b und t to rner***) : yon H u l k e t ) und einige F~ille, die V i r c h o w an der oben citirten Stelle n~iher beschreibt. S z o k a l s k i t t ) beschreibt ebenfalls einen Fall der Glioma malignum retinae, doch ist bier die Wucherung bereits eine extraocult~re geworden und jede Spur der inneren HtLute geschwunden, so dass eigentlich der directe Nachweis der Entstehung aus retinalem Ge- webe nicht mehr gefiihrt werden kann.

Ich erlaube mir deshalb nachfoigenden Fall mitzu- tbeilen, der auch kliniseh ein besonderes Interesse gewtihrt.

Gustav B. yon G., 9 Jahre alt~ sehr kr~iftig und gut entwickelt~ wurde mir zuerst 1865 im Mai mehr gelegentlieh vorgestellt, da er mit dem linken Auge etwas naeh aussen schielte. Das Auge erschien gusser- lich normal; doch batten die Eltern schon in den ersten Lebensmonaten einen gl~nzenden Reflex des Augen- hintergrundes bemerkt und sptLter constatirt, dass mit dem Auge nicht viel gesehen wurde. Im fttnften Jahre stellte man den Knaben einem Augenarzte vor, welcher fund, class naeh einer Seite bin noeh Lichtempfindtmg bestand. Als ich den Knaben zum ersten Male sah, war jede Spur yon Lichtempflndung geschwunden; yore Augenhintergrunde bekam ich einen sehr starkenweissen Liehtreflex, tier yon membrant~sen Gebilden herzurtihren schien; yon Netzhaut oder Optieuseintritt war wegen der weissen, unregelm~sslg in einander verlaufenden Membran nichts zu sehen; da der Knabe absolut keine Schmerzempfindungen oder entztlndliche Ersehei-

~) Sichel, gaz. m6d. de Paris 1857, No. 39, p. 47"2. ~) Schweigger, Arch. fiir Ophthalm. Bd. VI, 2. p 824.

~*) Kllnisehe Monatsbl. f. Augcnheilkunde, 1863, S. 341. t) J. W. Hulke, Retinal glloma in each eye. Ophthalmic hos-

pital reports. Vol. V. part III. pug. 171. J't) Szokalski, Klin. Monatsb~ f. Augenheilkunde 1865, S. 396.

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nungen darbot, wurde er kein Gegenstand irgend einer Behandlung. Ich glaubte es dazumal mit einem wahr- seheinlich abgelaufenen Process zu thun zu haben.

Am 4. April 1866 wurde mir der Kleine wieder vor- gestellt; er hatte seit einigen Tagen fiber etwas Stechen in beiden Augen und Ermiidung beim Arbeiten geklagt. Rechts: Sehscharfe und Accommodation normal, das linke Auge eine Spur weicher, Conj. bulbi ganz leicht injicirt; Auge beim Druek nicht schmerzhaft, nach innen eine ganz schwaehe parenchymatSse ttornhaut- trttbung. Bei tier Augenspiegeluntersuehung wieder der auffallende weisse Reflex; nur nach unten und vorn eine kleine Stelle~ yon der ein etwas r(ithlicher Reflex ausging; die r(ithliche Farbung liess sich fibrigens aueh bei sehiefcr Beleuchtung eonstatiren, stammt also wahr- scheinlich yon einem Extravasat. Pupille frci.

Ich verordnete Ruhe und leiehte locale Antiphlo- gese~ auf die nach einigen Tagen alle Erscheinungen zurilckgingen.

8. Mai. Wieder leichte Injection, Iris ganz leicht verfttrbt; bei mydratiseher Pupillenerweiterung zeigen sich mchrere Adhasionen~ die abet mit Hinterlassung yon etwas Pigment auf der Kapsel reissen. Atropin.

23. Mai. Die schleichende Iritis hat trotz Atropin und Ruhe fortbestanden undes bleiben nur drei Adhii- sionen z u r f i e k . - Die Injection sehr unbedeutend, die r(ithliehe Farbung hinter der Linse geschwunden, Atro- pin, ein jodhaltiges Wasser innerlieh, das litngere Zeit fortgetrunken wird. 8o blieb sieh der Zustaud ungefahr gleich; hier und da kam wieder etwas Injection, die jedesmal bci Ruhe in einigen Tagen wieder sehwand.

Im August war es m(iglich, eine undeutliche Ge- schwulsteontour in der inneren Bulbushalfte zu unter- scheiden; die Linse fangt an, sieh etwas zu trfiben; im December bildetea sich bei einer frisehen Exacerbation wieder einige neueAdhitsionen, ohne dass reehts irgend beunruhigende Symptome aufgetreten waren; die inner- lichen Mittel hatten also nicht vermocht, tier weiteren Ausbreitung des Processes Einhalt zu thun.

Ende Januar 1867 waren die unteren zwei Drittel dcr Pupille adhaerent; die Trfibung des Linsensystems

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schreitet langsam vorw~rts, so dass yon den hinterlie- genden Theilen nichts Deutliches mehr gesehen werden kann. In der oberen Ciliargegend eine gegen Druck etwas empfindliche Stelle. Im Februar hatte die Em- pfindlichkcit wieder abgenommen und auch die R~the war geschwunden. W~hrend einiger Monate trat nun ein Stillstand ein; der Patient arbeitete wieder etwas und die Eltern gaben sich bereits dcr Hoffnung hin~ dass der Process wieder zum Stillstand gekommen, was ich frcilich bet dem Verhalten der Iris nicht glaubte.

Am 17. Juli 1867 wurde mir der Knabe wicder vor- gestellt, well sich wieder eine frische Riithung links eingestellt; neue Empfindlichkeit in der Ciliargegend beim Druek; die Untersuehung des rcehten Auges er- giebt bedeutende Accommodatiosbesehriinkung (A 1,'4o), bet gutem SehvermSgen (8. 1). Die Iris ist rechts ganz intact; fibcrhanpt zeigt das Auge ausscr der hochgradi- gen Accommodatiosbeschr~inkung keinerlei Abnormitltt; Pupillencontraetion vollstandig intact. Ich erbliekte in tier auffallenden Accommodationsbeschrltnkung das erste Symptom eines sympathischen Leideus und rieth daher dringend zur Enuclcatiou des prim~tr erkrankten Auges.

22. Juli. Status idem: Aecommodationsparese dauert fort; Enueleation in der Chloroformnarkose ausgefiihrt, die bet der engen Lidspalte und dem tiefen Stand des Bulbus ungewiihnlich schwierig war.

Am 31. Juli konnte der Patient nach Hause ent- lassen werden; in der Tiefe noeh eine Granulation. - - Am 24. August stellte sieh der Patient wieder vor; noch eine kleine Granulation in der Tiefe; das rechte Auge wieder vollstandig normal, (A '/4), die Accommodation ganz gut. 23. September sehe ieh den Kranken noeh- reals; er wird jetzt ganzlieh aus der Behandlung ent- lassen und angewiescn~ ein kllnstliches Auge zu tragen.

S e c t i o n s b e r i c h t .

Das Augr erseheint eher etwus kleiner als normal, auch etwas weicher; ieh erfiffne es dutch einen aqua- torialen Schnitt~ wobei sich die Chorioidea schon yon selbst yon der 8clcra trennt, wahrend sic mit den tiefer liegenden Partien sehr innig zusammenh~gt,

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Sehneidet man tiefer, so kiimmt man unmittelbar unter der Aderhaut auf eine harte Masse von knorpeliger Consistenz und weisslicher Farbe, die naeh aussen auf's Innigste mit der Chorioidea zusammenh~ngt. Weiter naeh innen sehliesst sieh hieran an eine mehr gelbliche, gefaltete Masse von weichem Geffige und noeh welter nach innen wieder eine weissliehe Substanz yon z~her Consistenz. Von dieser Masse, aus obigen drei Com- ponenten zusammengesetzt, wird das Cavum bulbi ge- ffillt. Betraehten wir das vordere Drlttheil des Bulbus yon hinten, so sehen wir die Aftermasse im I)urch- schnitt und kiinnen sehr deutlieh verfolgen, wie dieselbe sieh theilweise fiber die hintere Fliiehe des Linsen- systems fortspinnt und ungeflthr zwei Drittheile der pars eiliaris verdeek L w~hrend das iibrige Drittel frei bleibt. (Siehe Figur.)

Nicht iiberall ist der Zusammenhang der Aderhaut mit tier unterliegenden Geschwuist ein so intensiver; an einigen SteUen liegt die Geschwulst, mit glatter Contom', nur sehwaeh pigmentirt, nackt da; fiber ihr, ohne Zweifel frtther durch Flflssigkeit getrennt, die Chorioidea, die noeh ihr Pigmentepithel tritgt.

Der O p tie u s erscheint etwas atrophisch und durch- bohrt als dttnner Strang die Chorioidea, um in der Ge- schwulstmasse zu verschwinden. Nirgends findet eine innigere Verbindung der Chorioidea mit der Selera statt.

Betraehten wir die Geschwulstmassen etwas naher, so halten wir vor Allem an jener bereits oben erwRhnten I)reitheilung fest, die sich freilich nicht tiberall an jedem einzelnen Punkte durchftihren liisst, da an einzelnen Orten die Versehmelzung bereits eine zu innige ge- worden ist, als dass die Grenzen der einzelnen Factoren noeh auseinandergehalten werden k~tnnten.

Also zun~ehst die ~iusserste, w e i s s l i e h e P a r - thie. - - Sie tritt theilweise in innigen Zusammenhang mit der Aderhaut, knirscht unter demMesser wieKnorpel. Unter dem Mikroskop zeigt sie ein durehaus fibr(ises Geffige, ein derbes, diehtes Bindegewebe, yon einzelnen Streifen amorphen Pigmentes durchzogen, die hier und da mit einer gewissen Regelm~ssigkeit wiederkehren, und gerade diese Stellen sind es, die fttr diesen harten

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Geschwulst'theil die ~Ssste Dicke weisen; hier ist auch der Zusammenhang mit der Chorioidea am innigsten~ doch so, dass tiberall wenigstens die ,~tusseren Schichten der Chorioidea sieh mit der Pincette in continue ab- ziehen lassen. Bei geringer VergrSsserang macht Einem e~ne solche Stelle gerade den Eindruek, als wenn das Stromapigment dutch eine weissliche, fibr0se Masse auseinandergedriingt ware; in Wirklichkeit verhiilt sieh freilieh die Saehe anders.

Zwischen hinein kommen in den harten Stellen, die ein eigentliches F i b r o m darstellen, kleinere und griis- sere Erweichungsherde vor mit vielem freien Fett~ also Stellen, wo bereits eine regressive Metamorphose ein- geleitet worden. Jo dichter und harter dic Intercellular- substanz sieh gestaltet, desto schmaler und spiirlieher werden auch die Bindegewebszellen~ und umgekehrt, je zarter dieselbe, um so zahlreicher und rundlicher die Zellen, so zwar~ dass der Charakter des F broms aueh an diesen Stellen gewahrt wird.

Gerade an den dicken Theilen der Geschwulst llisst sieh dieselbe in feine Bliitter auseinanderziehen, in denen und zwischen denen dann einzelne Zellen sitzen, die untereinander hier und da zu communiciren seheinen.

Untersuehen wir jene Stellen etwas nliher, die eine b edeutende Resistenz zeigte, so sind dies nicht gerade immer diejenigen, wo die Gesehwulst dig gr0ssteDicke erlangt. Hier finden sieh dann kleinere Bl~tttehen yon w a hr em Kno e h e n g e w e b e mit wohlentwiekelten Kno- chenkSrpern; diese kleinen Knochenscheiben gehSren der Gesehwulstmasse selber aa~ nicht mehr der Cho- rioidea, die nach aussen vor ihaen liegt.

Offenbar stammt d i e se r T h e i l der G e s e h w u l s t yon der Chorioidea her; es batten reich zwar jene Theile~ wo eine fiaehe, glatte Gesehwulstoberflaehe dutch ein freies Intervall yon einer mit Pigmentepithel bedeekten, also relativ intacten und eompleten Aderhaut getrennt ist, stutzig gemaeht und reich zu der Annahme binge- driingt~ dass die ganze Gesehwulst ursprtinglich yon der Retina ausgehe; jenes eigenthtlmliche, regelmassig geschiehtete Verhalten des Pigments dagegen und beson- ders die VerknSeherung~ ferner die theilweise sehr in-

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nige Verbindung mit der Aderhaut brachte reich zu der Ueberzeugung, dass dieser fibr6se, weissliche Theil der Geschwulst gewiss zum gr6ssten Theil der Chorioidea sein Dasein verdanke. Es sind al/erdings einige F~lle yon bedeutender, pigment~ser Wucherung der Retina yon S ~mi s e h ~) und C o p e**) beschrieben worden, dis aber immer nur auf einen beschr~nkten Theil der Re- tina sieh bezogen, und zu diesen kann man unsern Fail wohl nicht zithlen, da die Wucherung eine zu ausge- dehnte ist; aueh war das Verhalten der Chorioidea dabei ein anderes, gleichgilltigeres.

Geradezu entseheidend freilieh ist das Verhalten in der vordersten, jilngsten Partie der Gesehwulst, die wahrscheinlieherweise erst im Laufe des letzten Jahres sich gebildet hat. Hier lassen sieh namlieh ganz seharf drei Theile der Geschwulst im Ganzen unterscheiden, yon denen der innerste das gr6sste Volumen hat, n~tm- lich eine weissliche, fibrSse Masse, nach aussen in die pars eiliaris chorioideae iibergehend, naeh innen dutch etwas Pigment yon tier gelbliehen, der Retina entsprun- genen Masse abgegrenzt, dann die retinale und dann sine neue fibriise, ziemlich m•ehtige Masse, dem Glas- k(irper angeh6rend.

Betrachten wir nun die C h o r i o i d e a etwas n~iher, so wurde schon erwahnt, dass ihr Zusammenhang mit der Geschwulst ein intimerer sei, als mit der Sclera i an manehen Stellen findet eine innige Verwachsung start, an anderen entfernt sieh wieder die Aderhaut yon der iiusseren Oberilache der Gesehwulst. In der vor- deren Ciliarpartie, da, wo die proeessus ciliaris anfangen aufzusteigen~ hiirt die weitere Entwiekelung der Ge- schwulst auf and sind also die processus ciliares zwar theilweise, wie die Figur zeigt, yon der Geschwulst- masse bedeckt~ aber nieht in sie hineingezogen i in circa 1/3 der pars eiliaris erseheint die ganze pars eiliaris noeh frei.

*) S~imisch, Beitr~ige zur normalen mad pathologisehen Anatomie des Auges. Leipzig, Engelmann 1862, p. 29 ft.

**) Cope, OphthaImic hospital reports. Vet. IV. Part 1. pag. 76.

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Durchschnittlich zeigt sich die A d e r h a u t etwas brlichiger als sonst; ausserdem finder sich besondcrs in den mehr vorderen Partien eine sehr bedeutende Pro- liferation der p i g m e n t l o s e n S t romaze l l en~ die an einzelnen Stellen so dicht aneinander liegen, wie bei be- ginnender Eiterbildung. Ausserdem stossen wir auf eine theilweise ziemlich weit gesehrittene fettige Degenera- tion, besonders der pigmentirten Stromazellen, die an- flngen, in ihren Contouren undeutlich zu werden uud ihr Pigment z u verlieren. In den grSsseren Chorioidea- gef~ssen ist zudem eine Verdickung und Trfibung der Wandungen leicht nachweisbar, ohne dass ich eigentlich obturirte Stellen h~tte auflinden kSnnen.

l~irgends ist die Verwachsung mit dem unterliegen- den s pigmentirten Fibrom so intensiv e dass nicht die Aderhaut abgezogen werden k~nnte~ wobei Chorioea- pillaris und Gliommembran manchmal mit dem Mutter- boden abgeht, w~hrend an anderen Stellen die Chorio- capillaris nieht mehr in den abgezogenenPartien naeh- ~uweisen und zu pr~tsumiren ist, dass sie in das Fibrom llbergegangen; an keiner einzigen Stelle siud also die ~usseren Sehiehten der Aderhaut in Geschwulstmasse umgewandelt oder von derselben durehbroehen, so dass also die S e l e r a n i r g e n d s von der G e s e h w u l s t - ma s se be r t t h r t wird.

Gehen wit nun zur zweiten Componenten tier Ge- sammtgesehwulst fiber, so finden wir da eiue gelbliehe, leieht zerzupfbare, weiche Masse, die in einzelnen Par- tien aussieht wie eine dieke, gefaltete Membran, und als solehe sich nach innen und anssen isolirt, F~Lhrend anderw~rts ein ganz allmithliger Uebergang und eine innige Verwaehsunp mit der Itusseren, fibrSsen Partie stattfindet, so dass ganz leieht Quersehnitte dureh beide Massen gemaeht werden k~nnen; an einzelnen wenigen 8tellen finder keine Bedeekung durch die fibr~se Masse statt und der retinale Tumor ist nur durch eine Fltlssig- keitssehicht yon der mit ihrem Epithel bekleideten Cho- rioidea getrennt. Sie bildet hn Ganzen den grSssten Theil der Gesammtgesehwulst und ist es nieht unwahrschein- lieh, dass sie aueh den ersten Anstoss zur Gesammt- ver~inderung gegeben. Was nun die Natur dieser Masse

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anbetrifft, so beweist sowohl die Lage und Farbe, als aueh die histologische Zusammensetzung, dass w i r e s mit einem Gl ioma, mit einer Netzhautgesehwulst, zu thun haben; besonders deutlich in Bezug auf die Lage spricht der jllngste Theil der Gesehwulst~ wo ver~in- derter Glaskiirper, ver~nderte Retina und ver~nderte Chorioidea yon innen naeh aussen sieh folgen. Die Ge- sehwulstmasse besteht aus einem Netzwerke yon feinen Fiiden, die in ihrer Dicke yon 0,001--0,003 Mm. va- riiren, so zwar, dass ein und derselbe Faden maneh- real ziemlieh bedeutend in seiner Breite weehselt. Con- sistenz und Form dieser Fitden hat am meisten Aehn- lichkeit mit den Miiller 'sehen Fasern, deren Derivat sie auch sein dfirften. Zwischen diesen Fasern sind dann eine Anzahl von runden oder l~nglichen Zellen einge- bettet yon einem Durehmesser, der zwischen 0~(D46 und 0,016 ram. weehselt und die die griisste Aehnliehkeit mit den KSl~ern der Retina haben. An einzelnen Stellen werden dig Fasern breiter und scheinen mit einander zu versehmelzen und ein Masehenwerk zu bilden, in welchem die rundlichen und ovalen Zellen in griisserer Anzahl eingebettet erseheinen. Das Verh~iltniss der Zellen zu den Fasern ist nieht liberall dasselbe; je zellenreieher~ desto weieher, je mehr die Fasern~ be- sonders die breiten und s~arren, vorwiegen, desto h~rter ist die Geschwnlst. Ausser den beiden angeftlhrten Ge- webstheilen kommen noch sehr viele Gef~sse vor, theils Capillaren~ theils griissere Gef~sse bis zu 0~05mm. Dicke- und zwar finden sieh diese Gefiisse in sehr auffallender Anzahl, wiihrend dagegen in den fibromatSsen Stellen der Gesammtgesehwulst die Gef~sse fast vollstitndig feh- len. Es ffihrte also offenbar das Gliom ein sehr ge- sichertes Dasein~ und dieses reiehe Gef~issnetz erhielt die ganze Masse in derjenigen Sueeulenz~ dig eine mittlere Consistenz des Bulbus ermSglichte.

Es bleibt nun noch librig, die i n n e r s t e Partie der Gesehwulst~ dig besonders in den vorderen Gesehwulst- theilen die grSsste Masse ausmaeht, zu betrachten. Es litsst sich dieselbe liberall ziemlich leicht yon der um- gebenden~ gliomat~isen Masse abl~isen; sie hat wieder eine fibri/se Beschaffenheit, ist hart~ zahe nnd besteht

Archly flir Ophthalmologiej XIV. 1. 6

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ebenfalls wieder aus ziemlich z~hen Fasern mit mehr oder weniger reichliehen Kernen besetzt. Es ist diese Masse s die anf~ngt, die Linse yon hinten her zu uber- spinnen und ein eigenthttmliches Faserwerk darstellt~ wie in tier Figur zu sehen.

Zerzupft man diese harte Masse, die dem verminder- ten G la sk~rpe r entsprieht, so finder sich ein starres, sehr verfilztes Bindegcwebe mit wenig Zellen; zwischen einzelnen Bl~ttern liegen jcdoch Zellcnnetze~ die ~hn- lich wie bei der Cornea eine Communication ftir die er- n~hrende Fliissigkeit abgeben und das Leben der gan- zen Masse erhalten. Freilich treten sic in ihrem Volu- men sehr gegen die bindegewebige Grundsubstanz zu- rttck; die Vitrina ist g~nzlich gesehwunden. Die j~ingste Wucherung ging mit Chorioideal- und Retinalwucherung Hand in Hand und fand an der Zonula ihre Begranzung.

Von besonderem Interesse ersehien mir noch die Untcrsuchung der C i l i a r n e r v e n , denen man das Amt einer Vermittelung sympathiseher Affection zu- scllreibt. Ich fand sic makroskopisch nicht ver~ndert, dagegcn ist allerdings eine fettige Degeneration der eiuzclnen Fasern leieht zu eonstatiren. Die tibrigen Gebilde, wie Linse, Iris, Cornea, zeigen die bekannten und sehon oft beschriebenen Ver~tnderungen einer chro- nischen Entziindung~ auf die ich daher nicht weiter eingehen will; nur fiir die processus eiliares bleibt zu bemerken~ dass sie etwas atrophisch sind. In dem Kammerwasser sind membran6se Niederschl~ge yon zer- fallenden Epithelzellen nachzuweisen.

E p i k r i s e .

Nach der vorausgehenden Beschreibung ist auch der Verlauf der Krankheit ein ziemlieh klarer. Die retinale Geschwulst wird sich ohne Zweifel schon in den ersten Monaten des Lebens entwickelt haben und nach und nach die eigenthiimliche Degeneration des GlaskSrpers herbei- geftihrt haben; doch scheint l~.ngere Zeit ein Theil der Retina functionsf~hig und ein Theil des Glask~rpers auch trans- parent geblieben zu sein, da ja im 5. Jahre nach einer

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Seite hin noch Lichtempfindung vorhanden war. Es ist schon nach dieser Seite bin der ganze Verlauf ein un- gewShnlicher, d,~ solche Geschwfilste, wenn sie fiberhaupt schon in den ersten Monaten auftreten, gewShnlich einen viel rascheren Verlauf nehmen und iifters schon im ersten Lebensjahre, oder doch im zweiten und dritten zur Per- foration und fungSser Entwickelung in tier Orbita und damit auch 5fters zu deletarem husgang ffihren. Ent- zfindliche Erscheinungen waren in unserem Falle hie auf- getreten; es batten sich wahrscheinlich friihzeitig die fibrSsen Neubildungen in der innersten Schicht der Cho- rioidea eingestellt mit beginnender theilweiser Verkn~iche- rung und fibrSser Umwandlung der GlaskSrper. Diese liessen natfirlich einen Ueberblick fiber das eigentliche Gliom der Retina nicht zu und brachten den weissen Reflex zu Wege bei der ophthalmoskopischen Unter- suchung, der natfirlich jedes bestimmte Urtheil fiber die Ver~nderungen in den tiefen Gebilden des Auges geradezu abschnitt.

Der langsamen Entwickelung des Netzhauttumors und der gleichzeitigen Schrumpfung im GlaskSrpcr und der fibromatSsen Verfinderung in der inneren Cho- rioidalschicht ist es zuzuschreiben, dass die Bulbusten- sion immer eine etwas verminderte blieb. Bekanntlich ist eines der wichtigsten diagnostischen Kennzeichen ffir Tumoren im Innern des Auges gegeniiber einfacher Netz- hautablSsungen das, class bei ersteren die Spannung des Bulbus, respective der intraokul~tre Druck wiichst. Unser Fall bildete denn eine Ausnahme u n d e r beweisst, dass d i e se s p a t h o g n o m o n i s c h e M e r k m a l ke in un t r t ig - l i ches ist.

Offenbar trat in unserem Auge, nachdem einmal der grSsste Theil der Netzhaut in eine gliomatSse Wucherung sich umgewandelt, nachdem der angrenzende Aderhauttheil fibromatiis degenerirt und in innige Beziehung zum Netz-

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hautgliom getreten, der eingeschlossene Glaski~rper sich auch in eine fibrSse Masse umgewandelt, ein Stadium der Ruhe ein, in welchem ich das Augen vor zwei Jahren beobachtet hatte.

Von da an schritt die Veranderang wieder langsam vorw~rts und zwar ziemlich gleichmassig in alle drei Componenten der Geschwulst, Retina, Chorioidea und GlaskSrper, welcher letztere die das Linsensystem yon hinten iiberziehenden F~den lieferte. Hand in Hand mit diesem Wachsthum, das man auf tier beigegebenen Figur sehr gut ~ibersieht, gingen die entztindlichen Vor- gauge in der Regenbolgenhaut, die schliesslich zu einer sehr ausgedehnten Verklebung mit der Linsenkapsel fiihr- ten und die, h~tte man das Auge sich selbst iiberlassen, gewiss zum vollst~ndigen Pupillenabschluss gefiihrt haben wiirde.

Es ist zwar bei den Ophthalmologen eine l~ngst be- kannte Sache, dais Verletzungen der Ciliargegend be- sonders i'remde K6rper in dieser Gegend ganz besonders geffLhrlich ftir das zweite Auge sind, eiue ganz besondere Tendenz haben, eine sympathische Affection des zweiten Auges hervorzurufen. Doch ist mir kein Fall erinner- lich, wo es wenigstens genauer constatirt worden w~re, dass bei Tumorenbildung erst in jenem Stadium, wo ein Uebergreifen auf die pars ciliaris entstanden, die sym- pathische Affection sich gezeigt habe. Ueberhaupt ist es selten, dass bei Geschwulstbildungen sympathische Oph- thalmic sich zeigt. Es scheint, dass gerade die langsame Entwickelung und die eigenthiimliche fibroide Gestaltung tier bleubildung, insofern sie vom uvealen tractus aus- ging, bier bestimmend wirkte. Gewiss ist der gauze Verlauf ein neuer, schSner Beweis, wie bei chronischen Reizungen eines Auges erst dann die sympatische Affec- tion auftritt, wenn der Process sich gegen die processus ciliares hin erstreckt. In unserem Falle war die ~eu-

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bildung in der Chorioidea bis zum Beginn des processus ciliares vorger~ckt und gegen ihre inhere Fl~che legte sich bereits der fibrSs degenerirte GlaskSrper; auch die Empfindlichkeit in der Ciliark~rpergegend, auf die v. Grae fe besonders an verschiedenen Orten aufmerksam gemacht, fehlte bei uns nicht.

Ein Symptom sympathischer Affection, das bei uns das einzige war, und das mir bis jetzt bei der Lehre sympathischer AffEction noch zu wenig scheint hervor- gehoben zu werden, ist die h o c h g r a d i g e Accommo- d a t i o n s p a r e s e ; die Accommodation war yon 1/4 auf 1/40 herabgesunken und kleinere Schrift konnte ohne Brille nicht mehr gelesen werden, w~hrend die Seh- priifung ft~r die Ferne ein durchaus intaktes SehvermSgen nachweise. P a g e n s t e c h e r * ) spricht zwar yon einer Einengung der Accommodationsbreite, ohne jedoch in der beigegebenen Casuistik bestimmte Zahlen hierfiir anzu- geben, nur zuweilen bemerkend, dass in dcr N~he nicht mehr deutlich gesehen wurde, oder dass der Accommoda- tionsbereich eingeengt sei. Mo or en**) schreibt ihr nur in Verbindung mit der Ciliarneurose eine Bedeutung zu. Die Beschr~nkung war in unserem Falle so bedeutend, dass ich im ersten Momente an eine Atropinwirkung dachte, welche freilieh das vSllig freie Pupillenspiel so- gleich ausschloss. Ich babe iibrigens seither einen ~hn- lichen Fall beobachtet, wo ebenfalls die Accommodations- parese die einzige Erscheinung auf dem zweiten Auge war. In Betreff der Augen eines Eisenarbe.iters, das eine perforirende Cornealwunde mit ringfSrmiger IrisverlSthung und sp~tterer Zerrung der Iris und offenbar auch des Ciliarsystems durch secund~re Narbencontraction erlitt.

*) Kllnische Beobaehtungen. Wiesbaden 1862, p. 49. **) Ophthalmlatrische Beobachtungcn. Hirsehwald, Berlin 1867,

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Es war ihm wegen Accommodationsparese unmOglich, seiner Arbeit nachzugehen, die er jetzt nach geschehener Enucleation wieder ungestiirt verrichtet. Ich mSchte mir daher erlauben, die Aufmerksamkeit der Collegen etwas mehr auf diesen Punkt zu richten.

Ueber die Recidivfithigkeit muss natfirlich die Zu- kunft entscheiden; doch glaube ich ffir meine Person nicht an eine solche, da schon der langsame Verlauf und die Beschaffenheit besonders auch des chorioidealen Ge- schwulstantheiIs wenig daffir spricht. Ein Recidiv k(~nnte noch am ehesten vom optieus aus entstehen, aber seine hochgradige Atrophie beim Durchtritt durch Sclera und Chorioidea lassen dies auch nicht wahrscheinlieh erschei- hen. - - Ich versprach mir yon der Untersuchung der Ciliarnerven in diesem Falle einige kufkli~rung fiber die noch immer dunkle Art und Weise der Einwirkung des erkrankten huges auf das gesunde, konnte aber an derselben, ausser der beginnenden u l~ichts entdecken.

Erklarung der Abbildtmgen.

Vierfache LinearvergrSsserung, vorderes Drittel des Bulbus, dutch einen aequatorlalen Schnitt yon den hinteren Partien getrennt, um den Fortschrit t der Gesehwulst iiber die pars ciliaris genauer zu iibersehen.

a a. Selera. b b. Pars ciliaris chorioideae. c o . Aeusserer yon der Chorioidea herstammender Theil der Ge-

sehwuls% ausseu pigmentirt. dd . Retlnaler, gliomatSeer Theil. e e. Fibr~iser GlaskSrper, der theilweise die Linse yon hinten

verdeekt. f. Linse. g. Proeessus ciliares.

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1I. Grosses cystoides Fibrom der 0rbita, hoch- gradiger Exophthalmus, Heilunff mit Erhaltunff

des Bulbus.

Martin H. yon Degenheim, 35 Jahre a|t, stellte sieh im Juli 1867 wcgen seines reehten hochgradig vorge- triebenen Auges vor. Seine Eltern leben noch Beide~ hat 10 gesunde Gesehwister. Sonst ganz gesund, erlitt Patient 1860 im Walde einen heftigen Sehlag auf die rechte innere Augenbrauengegend durch einen herab- fallenden Ast. Das Auge blieb einige Woehen ger~thet; seit jener Zeit besteht eine leiehte Epiphora. Ungef~hr ein Jahr darauf bemerkte Patient in der betroffenen Gegend einen kleinen Knoten, der sich unter den Or- bitalrand erstreekte und allm~hlig etwas vergrOsserte, so dass zwei Jahre nach der Verletzung das Auge be- reits ein wenig hervorstand. 1864 wurde ausw~rts der Versuch einer Entfernung der Geschwulst gemacht~ welche aber~ da sie ohne Chloroformnarcose begonnen worden, nicht zum Ziele ffihrte~ sondern nur eine ver- mehrte Schwellung der hinterliegenden Partien verur- sachte, welehe jedoch sp~iter zuriickging. Seit jener Zeit bemerkt Patient eine fortwahrende langsame Ver- grSsserung der Geschwulst mit Vermehrung des Ex- ophthalmus. Ungefahr vor 4 Jahrea beobaehtete Patient eine allmiihlige Abnahme des Sehverm(igens rechts; wi~hrend ungefahr oines Jahres bestand auch Doppelsehen.

S ta tus p raesens . Das rechte Auge des Patienten ist ungefahr 25 Mm. naeh unten und aussen vorgedritngt, so dass fast der ganze Bulbus ausserhalb der Orbita liegt. Die Bewegliehkeit ist hauptsaehlich nach innen beschritnkt~ wiihrend naeh den iibrigen Seiten ziemlieh ausgiebige Excursionen m~iglieh sind; irrige Projection der naeh links liegenden Gegenstfinde. Das Auge di- vergirt etwas; kein gemeinschaftlieher Seh~et, keine Doppelbilder hervorzurufen. Es kann ohne Mtihe dureh das sehr ausgedehnte obere Lid geschlossen werden; Epiphora, leiehte allgemeine Conjunetivalinjeetion~ am nnteren Cornealrande leiehte Trfibangen, Pupillareon-

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traction auf Liehteinfall und bei accommodativer Thg. tigkeit normal; brechende Medien durchsichtig, Papille zicmlich roth mit etwas verwischten Grenzcn~ starkc geberftlllung dcr ven6sen Gef~sse, leichtc Chorioideal- atrophic; Sehverm6gcn herabgcsetzt (S ~--1/~), geringe Kurzsichtigkcit (M 1/2o) , Spannung normal. Unterhalb des inneren 0rbitalrandes ragt eino sehon yon aussen leicht bemerkbarc~ nicht bewegliche~ etwas h6ekerige Geschwulst, fiber welche die Narbe der frfiheren Ope- rationswunde verlSuft; die Haut l~tsst sieh fiber der Ge- schwulst verschieben. Die Geschwulst setzt sich l~tngs des Orbitalrandes nach aussen und hinter den Butbus fort und ist es hier nicht m~glieh~ sic genauer zu um- grenzen, nach unten yon dem protrodirten Auge ist nichts yon Geschwulstmassc zu spfiren, Compression dcr Geschwulst nieht m~glich; sic war hie schmerzhaft ge- weseu. Linkes Auge normal.

19. Juli. Die Lidspalte wird naeh aussen erweitert, vom inncren Lidwinkel wird ein senkreehter Schnitt naeh oben geffihrt, das obere Lid zurfiekgeschlagen und ein horizontaler Schnitt durch die Gegend tier Ueber- gangsfaltc der Conjunctiva gemaeht. Nun wird die Ge- schwulst nach dem Bulbus hin m~gliehst rein prRparirt, wobei der Internus durchschnitten wcrden musste. Hicr- auf wird die frei liegende Geschwulst theils mit dem Messer, mit der Cooper 'scben Seheere, theils mit dem Finger und einer stumpfen Sonde yore Orbitaldaeh, an dem sic lest anliegt, ohne innigere Verwaehsung, abge- l~st; dann die beiden Verbindungen gegen hintere Bul- buspartie und Opticus getrenn L wobei der 0ptieus auf einc ziemlichc Strecke blossgelcgt wird. Nun fasst man die Geschwulst mit der Muzeux'schen Zange und zieht sic vor~ wobei sic platzt und eine ziemliche Masse einer hell gelbliehen~ klaren Flllssigkeit sich crgiesst und die Gesehwulst zusammenfallt. Jetzt gelang es leieht, die Geschwulst yon den hinterliegenden Partien zu trcnnen und aus der Augenh6hle vollst~ndig zu entfcrnen. Nach geschehenerExstirpation tlberzeugt man sich~ dass nichts Fremdartiges mchr zurilekgeblieben. Der Bulbus~ der nach Beseitigung des Tumors sieh sogleieh zurfiekzog, wird m6gliehst in eine normale Lage zurfickgebraeht,

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die beiden Enden des Internus durch Naht vereinigt; Conjunctiva und ~ussere Haut durch 18 Knopfn~hte zu- sammengebraeht; Druckverband. Bedeutendere Blutung war keine aufgetreten. Die Heilung verlief ohne st~- rende Zwisehenf~lle; in den ersten Tagen etwas Con- junetivaloedem; Schmerz und Fieber nicht vorhanden; die Behandlung bestand wesentlich in der Application eines einfaehen Druekverbandes. - - Am 6. August wurde der Patient, der hie an eine Erhaltung seines Auges geglaubt hatte, geheilt entlassen. Das Auge hat wieder ziemlieh seine normale Stellung eingenommen; die Be- wegliehkeit naeh innen freilieh hat gelltten, das obere Lid ist sehon bedeutend zusammengesehrumpft, die Lid- spare kann dureh die Levatorwirkung 3 Mm. breit ge- ~ffnet werden.

Die Gesehwulst, die nach der Herausnahme bedeu- teud zusammengefallen ist, zerfiillt wesentlich in zwei Theile: in eine vordere, kleinere, h~rtere Partie, die vor tier Operation bereits als harte, h~ckerige Gesehwulst unter der oberen inneren Orbitalwand zu fiihlen gewesen war; und in eine grosse, jetzt zusammengefallene Cyste, die eine Art yon fibr~sem 8tiel gegen die hinteren Par- lien des orbitalen Zellgewebes aussehiekte, wahrenddem die Cyste selber den gr~sseren Theil der Orbita aus- flillte und den Bulbus naeh vorn und aussen verdrangte.

Wenden wir uns zunaehst zur vordersten, eonsi- stenten, harten Masse der Gesehwulst, die zun~ehst in tier Gegend des Traumas sich entwickelt und daseibst zuerst yon dem Patienten ist wahrgenommen worden. Wir finden hier ill einer z~ihen, weissliehen Grundsub- stanz einzelne weichere Stellen yon einer mehr gelb- lichen F~irbung. Besptllt man diese Partien mit einem Wasserstrahle, so lassen sich die gelblichen Massen leieht entfernen u n d e s bleiben kleine H5hlungen zuritek; es sind dies offenbar ebenfalls die Anflinge yon kleinen Cysten. Betraehtet man diese Partien unter dem Mi- kroskope, so findet man eine streifige, fibrhse Grund- substanz in alien m~gliehen Uebergangen yon der Struc- tur eines reinen Fihroms mit verhiiltnissm~ssig seltenen langspindeligen Zellen, bis zu Partien, wo die streifige Grundsubstanz dutch die Wucherungen der Zellen

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schwindet. Gegen die gelblichen, erweichten Stellen hin tritt immer mehr freies Fett auf, bis eine vollstiin- dige Aufl~sung des Gewebes mit H~hlenbildung auftritt. Mit der Zellenwucherung Hand in Hand geht eine st~r- kere Vascularisation, und obwohl die Wandungen der Gefitsse thcilweise aueh in den Process hineingezogen werden, bleiben sie doeh l,~tnger versehont und durch- ziehen frei den H6hlenraum. Ohne Zweifel wiren diese vorderen HShlungen bei weiterer Entwickelung im Laufe tier Zeit ebenfalls zu gr~sseren Cysten aufgewachsen.

I)er eigentliche flilssige Inhalt der grossen Cyste hatte sich, wie bcreits erwKhnt, schon bei der Operation entleert; jctzt treten uns bei weiterer Spaltung gelbe~ br~cklig bl~tterige Massen entgegen, die aber nirgends einen eigentliehen Brei, wie bei atheromat~sen Ge- schwttlsten, mit denen das Ganze eine oberfl~tchliche Aehnlichkeit hat~ darstellen. Bringt man das Ganze unter Wasser, so 16sen sieh beim SchiRteln zwar ein- zelne der gelben Conglomerate ab. Es sind dies eben die innersten Partien, wo der fettige Zerfall bereits seine Acme erreicht hat.

Die Hauptmasse dieses festen Inhaltes aber bleibt mit der Wandung der Cyste in directem Zusammenhang. Untersuchcn wir einzelne kleinerc Stttcke dieses Inhalts nnter dem Mikroskope, so finden wir in einem zellen- reiehen, bindegewebigen 8troma eine grosse Masse freien Fettes, theilweise zu massenhaRen Cholestearinplatten crystallisirt. Alle Zellen des Stromas, die meistens rund- lieh sind, erscheinen mit vielem Fett gefilllt; die ganze Masso ist durchzogen yon vielen Gef~tssen kleineren und grt~sseren Kalibers~ die alle bereits in ausgebildeter fet- tiger Degeneration begriffon sind. UeberaU stehen die Inhaltsmassen in direetester Beziehung zur innerenWand der Cyste, so zwar~ dass die blittterig aufgelockerte Wandung direct in die weiss gelblichen, krtimeligen Massen des Inhaltes sich fortsetzt. Es zeigen dicse Massen nirgends einen epidermoidalen Charakter und wir haben es daher gewiss weder mit einem Hygroma noch mit einer folliculiren Cyste zu thun, sondern es liegt uns hier eine eigentliche Erwcichuugscyste, se- cundir in einem reinen Fibrom entstanden, v o r . - - Die

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Umhtillung der Cyste, wena wir sic iiberhaupt so nennen d~irfen, ist theilweise eine doppelte, und setzt sich in den oben erw~hnten, nach hinten gehenden Stiel fort. Sie enthltlt ziemlich viel elastischcs Gewebe, ist 1~/2 .bis 3 Mm. dick. Ihre inhere Wandung ist, wie schon ge- sagt, keineswegs glatt, sondern 16st sich in tlberein- anderliegende, unregelmitssige Bl~.tter auf, die naeh inner direct mit dem gelblichen Inhalt zusammenh~ngen.

W~thrcnd die Follicularcysten ziemlich hitufig beob- achtet werden, kann ich ftlr unsern Fall in der mir zu- gltnglichen Literatur nur ein einziges Analogon finden in einem Falle, den M a c k e n z i e ~) anftlhrt, wo in einem orbitalen, yon C r i t e h e t t operirten Fibrom ausser bedeutender VerknSeherung auch einige kteine Cysten sich vorfanden.

III. Ausgedehnte Scleralnarbe, Vorlust der Linse sammt Kapsel, beginnende Phthisis, bindegowebiges Diaphragma zwischen Glasksrper und humor aqueus,

Nachstaar. Irideromie. Georg Jehly v. Mtllhausen, 56 Jahre air, tritt am

76. September ill unsere Anstalt, hatte zu:Ostern einen Messerstich in's linke Auge erhalten, klagt ilber einen ,,Schein" dieses Auges, das ihn beim Arbeiten genire und w{lnscht deshalb die Enucleation.

S ta tus p raesens : Linker Bulbus cntschieden klei- her, weieh, beim Druck nicht empfindlieb. Etwa 1 Mm. yore Cornealrand entferzlt und eine starkes Drittel des- selben umkreisend, eine stark eingezogene Scleralwunde. Cornea kleiner als normal; vorderc Kammer sehr tief. Von der Iris ist nut nach unten noeh ein kleiner Rest erhalten, sonst liegen die KSpfe der processus ciliares fret da, und yon ihnen spa~mt sich eine streifige, weiss- liche Membran quer dureh den Bulbus, den Einblick in die hinteren Theile des Auges verwehrend! quantitative Licbtcmpfindung, keine Projection.

e) M a c k e n z i e . Practlca[ Treatise on the diseases of the eye. London 18~4, pag. 325.

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Der Bulbus wird in der Chloroformnarcose enucleirt. S e c t i o n s b e fun d. Bulbusdurchmesser: sagittaler

13 Mm., vertiealer 15 Mm., horizontaler 15 Mm. Naeh- dem das Auge 14 Tage in Spiritus gelegen, wird es durch einen ~lquatorialen Schnitt in zwei H~ilften ge- theilt und jede wieder dureh einen meridionalen Schnitt gespalten; auffallend ist besonders die sehr verdiekte Sclera~ deren Durchmesser an einzelnen Stellen bis auf 5 Mm. steigt, and zwar sind die verdickten Stellen hauptsRchlieh ~iquatoriale.

Bei einer kurzen Beschreibung k~nnen wir die C o r n e a ausser Aeht lassen; nut ihre Peripherie bietet dureh ein starkes Einapringen nach innen eine Eigen- thiimliehkeit, auf die wir bei Betrachtung des binde- gewebigen Naehstaars werden zu sprechen kommen.

Die vordere Kammer, deren Inhalt kein besonderes Interesse gew~hrt, ist sehr tief und naeh hinten nur an einer Stelle dureh einen sp~irlichen Rest yon Iris. sonst tiberall dureh ein starres, weissliches, membranartig ausgespanntes Diaphragma begrenzt, das sieh, von den proeessus ciliares ausgehend~ quer durch den Bulbus ausspannt. Es sind dies jene balkig streifigen Massen, die man sehon am Lebenden gesehen und die ich als ver~inderte Reste der Linsenkapsel aufgefasst hatte~ als einen N a e h s t a a r , wenn man will. Pinselt man den Detritus~ der in den seitlichen Partien der Kammer liegt, aus, so sieht man, wie oben yon der vorderen Flache der Processus, die dutch die Verletzung yon der hier entspringenden Iris losgerissen worden~ diese Masse entspringt, hier am miichtigsten ist und hier und da dureh starker vorspringende, weissliche Balken verstarkt wird. Von der L i n s e und ihrer K a p s e l ist keine Spur mehr vorhanden. Es gelingt ziemlich leicht, Schnitte dutch diese Masse zu legen~ und si, nd die VerhRltnisse ziemlich einfaehe; auch yon der Zonula kann ich keine deutlichen Spuren finden. Das Dtaphragma, das zu- niichst aus dem Corpus ciliate seinen Ursprung genera- men, verdtlnnt sieh allmiihlig gegen die Mitte bin und litsst aueh einzelne Lticken; es hat durchaus einen bindegewebigen Charakter mit schmalen, spii.rliehen Bindegewebskfrpern. Nach hinten steht es in innigster

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Beziehung zum CiliarkSrper und ist das oborfl~chliche Pigment desselben, sowohl in zerstreuten, amorphen KOrnern, als auch in langgestreckten, theilweise stern- f6rmigen Zellen in dasselbe hineingewaehsen~ so dass gar keine bestimmte Grenze mehr durchzuf'dhren ist. Otfenbar fand hier in analoger Weise, wie es bei Iritis in der Urea stattfindet, eine eigentlieho, Wueherung veto Pigment aus start. - - Es ist die neugebildete, weissliehe Masse, die jctzt start des Linsensystems Glask6rper veto Kammerwasser trennt, bereits in einem S c h r u m p fun g s- p roce s s begriffen. Wahrend sic nach hinten in der angegebenen Weise mit dem CiliarkSrper, dem sic ihr Dasein verdankt, verwaehsen ist~ steht sic nach aussen in innigster Beziehung zur Hornhautperipherie, also zu deljenigen Stelle, we die Membr. Descemeti als deut- liche Glaslamelle entspringt, u n d e s erscheint diese Stelle in auffallender Weise eben dureh die bewusste Schrumpfung nach innen gezogen.

Es sind tlbrigens nieht nur die vordersten Partien tier corpus ciliare, resp. die proeessus ciliares, welehe in Folge der bedeutenden Trauma's eine Aufquellung und oberflttchliche Wucherung zeigen, sondern auch der glatte Theil des CiliarkSrpers hat eine iihnliehe Ver- itnderung und Aufquellung aufzuweisen; gerade hier finder sich ein freier Erguss zwisehen Chorioidea und Retina. Ueberhaupt ist die ganze C h o r i o i d e a in cinem Zustande eines leichten Oedems.

Die N e t z h a u t erseheint faltig yon der Aderhaut abgehoben und befindet sich besonders die Gegend der Papille in einem Zustande bedcutender, seriiser Infiltration, so dass sie eine nieht unerhebliche ErhShung in das Cavum bulbi hinein darstellt. In dcr lamina cribrosa markirt sieh eine beginnende, fettige Degeneration des 0 p t i c u s .

Schon oben erw~thnten wir der ganz fiberm~tssigen Dicke der Selera~ wobei sich diesclbe in einzelne, fiber- einanderliegende Blatter aufzultisen scheint mit einer etwas dunkler gef~trbten~ weicheren Zwisehensubstanz. Es verschicbt sich dabei das innere Blatt fiber das iiussere and zeigt dabei eine eigenthiimliehe, wellige Contour. E s s che inen a lso die a u s s e r e n P a r t i e n

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der Sclera oine griissere Elastieiti~t zu be- sitzen als die inneren. Die rSthlich-braune, mehr durehseheinende Substanz, welehe die versehiedenen Sehiehten, die iibrigens keineswegs eoncentriseh wie Zwiebelsehalen verlaufen, trennt und theilweise etwas pigmentirt ist, ist ein erweichtes, kaum mehr streifiges Bindegewel~e, in welehem theilweise die Gefasse ver- laufen, wohl hauptsiiehlieh die grossen, rilckftihrenden Venen~ da diese Interstitien theilweise mit der Cho- rioidea zu communiciren scheinen und am ausgebildet- sten in der iiquatorialen Region sind, we aueh die Dieke tier Sclera ihr h(ichstes Maass erreicht. Glask(irper normal~ nur sehr vermindert.

Die Genese des ganzen Falles ist nach obiger Be- schreibung klar. Grosse Scleralverletzangen durch welche die Linse sammt der Kapsel entweicht, wohl mit einem Theil des GlaskSrpers, sammt der Iris; auch die Zonula muss hierbei theilweise mitgegangen sein. Die Zerrung der vordere Bulbusparthien, in specie des Ciliarkiirpers war so gross, dass eine starke reactive Wucherung, be- senders an der Stelle, yon der die Iris abgerissen wurde, entstand und sich, nachdem die Scleralwunde wieder ge- schlossen, jene bindegewebige Wueherung einstellte, die den bulbus wieder in eine vordere und hintere Parthie sehied und secund~ir durch ihre Schrumpfung ein Herein- ziehen der Cornealperipherie bewerkstelligte. Denken wir uns die Verletzung weniger betriichtlich, so dass z. B. nur das Linsensystem durch die Wunde entfernt worden ware, so w~tre gewiss die Wucherung doch erfolgt und wir hiitten dann einen mit der Kapsel verwaehsenen, bindegewebigen Nachstaar. Bei der jetzt gebriiuchlichen Scleralextraction des grauen Staars wird bekanntlieh ebenfalls durch eine Scleralwunde das Linsensystem ent- fernt, nachdem die Iris bis zn ihrem Ursprunge an der betreffenden Stelle veto Ciliark~rper abgelSst worden; es ist daher in iihnlicher Weise die MSglichkeit einer solchen bindegewebigen Wucherung aus der Wunde des

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CiliarkSrpers gegeben undes kommen auch in Wirklich- keit solche feste Nachstaare vor, die in der Gegend des processus ciliares so innig anhaften, dass beim Versuch der Extraction derselben die entsprechende Scleralparthie eher sich einzieht, ehe sie reissen. Ich habe noch letzten Herbst einen solchen :Nachstaar mit glficklichem Erfolge operirt.

In unserem Falle war die Schrumpfungstendenz der neugebildeten Masse eine so betr~chtliche, dass sie hin- reicht, um selbst in der Configuration eines so festen Gewebes, wie die Cornea ist, Veranderungen hervorzu- rurufen. Es ist demnach nicht zu verwundern, dass, wenn die Iris in den Bereich solcher bindegewebigen Masse gelangt, auch bei der jetzt so breit angelegten Iridectomie doch wieder vollst~tndige Pupillenanwachsung zu Stande kommen kann.

B~:kanntlich giebt es zwei Haupttypen der Nach- staarbildung, W u c h e r u n g de r i n t r a c a p s u l ~ r e n Ze l l en , wie ihn H. Mfiller*), Schweigger**) und ich***) beschrieben und abgebildet haben, und b inde - g e w e b i g e N e u b i l d u n g e n yon der Innenfi~iche der Kapsel, resp. den intracapsulfiren Zellen oder der Iris und vom corpus ciliare ausgehend. Mit Unrecht hat S te ffan t ) die Wucherungen der intracapsuliiren Zellen als Ursache des Nachstaars geleugnet, indem er sich theils auf die Yexsuche yon R i t t e r an Kaninchen, theils auf I v a n o f f ' s Untersuchungen stfitzte. Nun sind abet Untersuchungen fiber Nachstaar au Kaninchen iiberhaupt nicht recht zu machen und nicht beweisend, da gerade schteichende Entzfindungeu an Kaninchenaugen nicht recht hervorzurufen sind und gerade bei schleichender Iritis bekanntlich Nachstaare am ehesten auftreten. Auch

t) Archly f. Ophth. Bd, 1[I. Abth. 1. t*) Archiv f. Ophth, Bd. VIII. Abth. 1.

~ * ) Archly f. patho[, Anatomie. Bd. XX1V. J') Erfshrungen u. Studien fiber die Staaroperation. :Erlangen 1867.

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hat Ri t t e r in der citirten Arbeit die Linsenverletzungen nur nebenbei behandelt; es war ihm um Hervorrufung yon Panophthalmitis zu thun, und dass hierbei kein giinstiges Terrain fiir Beobachtung der Wucherung intra- capsul~rer Zellen vorlag, let~chtet Jedermann ein. Was die Untersuchungen yon Ivanoff*) anbetrifft, so beziehen sic sich durchaus nicht auf Nachstaare, sondern auf Lin- sen, die entweder extrahirt werden oder in enucleirten bulbis vorgefunden wurden; beim Nachstaar kann es sich aber nat~irlicherweise nur um Wucherung der in der Kapsel zuriickgebliebenen Zellen handeln, nachdem sie dem Einflusse des Kammerwassers ausgesetzt sind, und davon handelt I vano f f an der yon S t e f f a n angefiihrten Stelle iiberhaupt nicht.

Als Hauptargument ftihrt endlieh S t e f f a n an, dass ja nach der Extraction die Zipfel der vorderen Kapsel sich zuriickziehen, sich also im grSssten Theil des Pu- pillargebietes nur die keine Zelle ffihrende hintere Kapsel finde. Nun haben aber sowohl H. Mi i l le r als S c h w e i g g e r am angefiihrten Orte nachgewiesen, dass die Wucherungen der intracapsul~ren Zellen sich auf die hintere Kapsel ausbreiten und S c h w e i g g e r fand bei der Section, einige Tage nach vorausgegangener Extrac- tion, wahrend sich die Kapsel nach der Peripherie zu- rfickgerollt, bereits neu gebildet, intracapsulare Zellen als feine Membran hinter der Iris auf dem Boden der tellerfSrmigen Grube sich ausbreiten. Dass die intra- capsul~tren Zellen sich wirklich theilen und wuchern, da- yon kann sieh Jedermann fiberzeugen, d e r n u r eine ge- ringe Zahl yon Nachstaaren genauer untersucht bat. Bei festen Nachstaaren werden freilich bindegewebige Neu- bildungen sich stets zu diesen Zellenwucherungen gesellen.

*) Wiesbadener klJn[sche Beobachtungen, pag. 141. Wiesb. 1866.

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Figur Y. 1. Bindegewebszellen. 2, 3, 4. Uebergaug in plgmen- tirte Stromazellen (yore Kinde); 5, 6, 7, 8. yore Erwachsencn.

F i g u r VI. Den Lymphk~rperchen ~hnllche Stromazellen.

F i g u r YIL Epithelartige Zellen aus der menschllchen Chorloldea. Grosse und klelne Platten.

F i g u r YIII. Tapeta~zellcn yon der Katze.