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Beitr ge zur pathologJschen Anatomie des 01aucoms. Vorl~ufige Mittheilung yon Dr. Alois Birnbaeher und Dr. Wilhelm Czermak in Graz. (Aus dem patho]ogisch~anatomlschen Institute.) Die anatomische Untersuchung einer Reihe yon Bulbi, welche ~n prim~rem Glaucom gelitten batten, ergab Be- funde, deren wichtigste wit in Folgendem in gedr~ngter Kt~rze mittheilen, da die YerSffentlichung tier Arbeit selbst durch die tIerstellung zahlreicher Tafeln sich noch dutch einige Zeit verz~gern dtlrfte. Die untersuchten Bulbi betrafen saramtlich F~lle yon chronisch entztindlichem Glaucom, keiner befand sich in vor- geschrittenerem Stadium degenerativum, einer besass noch Seh- verm~gen; kliniseh boten dieselben abet immerhin genug Differenzen. Wit finden n~mlich in allen F~llen im Uveal- und Scleraltraetus ecla~aate Ver~ndernngen, hervorgegangen aus noch bestehender oder abgelaufene~ En~zt~ndung. Es is~ bier nicht der Ort, uns t~ber die Natur und die Art der so sehr wechselnden AusbreRung dieser entzandlichen ¥org~nge des N~heren auszuspreohen. Das wichtigste

Beiträge zur pathologischen Anatomie des Glaucoms

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Beitr ge zur pathologJschen Anatomie des 01aucoms.

Vorl~ufige Mi t t he i l ung yon

Dr. Alois B i rnbaehe r und Dr. Wi lhe lm Czermak in Graz.

(Aus dem patho]ogisch~anatomlschen Institute.)

Die anatomische Untersuchung einer Reihe yon Bulbi, welche ~n prim~rem Glaucom gelitten batten, ergab Be- funde, deren wichtigste wit in Folgendem in gedr~ngter Kt~rze mittheilen, da die YerSffentlichung tier Arbeit selbst durch die tIerstellung zahlreicher Tafeln sich noch dutch einige Zeit verz~gern dtlrfte.

Die untersuchten Bulbi betrafen saramtlich F~lle yon chronisch entztindlichem Glaucom, keiner befand sich in vor- geschrittenerem Stadium degenerativum, einer besass noch Seh- verm~gen; kliniseh boten dieselben abet immerhin genug Differenzen.

Wit finden n~mlich in allen F~llen im Uveal- und Scleraltraetus ecla~aate Ver~ndernngen, hervorgegangen aus noch bestehender oder abgelaufene~ En~zt~ndung. Es is~ bier nicht der Ort, uns t~ber die Natur und die Art der so sehr wechselnden AusbreRung dieser entzandlichen ¥org~nge des N~heren auszuspreohen. Das wich t igs te

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ist , dass die E n t z a n d u n g sich l~ngs der Venen und zwar auf 's Evidentes~e nachweisbar l~ngs der Vortexst~mme in deren sc le ra len E m i s sa r i en etab]ir t .

Man sieht n~mlie.h in der Venenwand und deren periva- seu!arem Spaltraum entweder j angeres Granula~tions- gewebe sich entwiekeln, oder es ist erstere und ihre n~chste Umgebung bereits in ein s t raf fes , festes N~rbengewebe umgewandel~. Ausserdem wuohert das Venenendothe l und w~tchst in vielen F~llen zu knospen=, balken-, j~ pfropf- artigen Fallungsmassen des Lumens aus, in welchem nur mehr spaltfUrmige R~ume far die Blutekculation ~ibrig bleiben. Es sind nicht die ~ltest.en F~tile, bei denen man die auh massigste entwiekelten Endothelwuchemngen finder; es scheint im Gegenthefle sehr h~ufig im sp~teren Verlaufe durch einen Rareficirungsprocess in diesen Ffiltmassen zur Herstellung eines neuen~ allerdings aueh sehr schmalen Lumens zu kommen.

Ebenso finder man aueh Entzandung um die Venen des Schlemm'schen Kanals, die zur Verwaehsuag des Fon- tana'schen Raumes in Beziehung steht, und um die vor= deren Ciliarvenen, ferner im aquatoriellen Gebiete der Sctera neuri~ische Herde in einzelnen Ciliurnerven, die neben und mit den Vortexvenen die Scleru passiren.

Dieser entzt~ndliehe Process ergreift bald einen grUssern, bald einen kleinern Theil der Venen und sind die in ihrem Lumen unbesehr~nkten an ihrer stro~zenden Pallung schon makroskopisch zu erkennen.

Urn sich einen sieheren Einblick in die Beschaffenheit de r Abflusswege zu verse.haffen, ist es nothwendig, die beh'effenden Abschnitte der Sclera auf's genaueste und ins= besondere die Can~le tier Vortexst~mme an tackenlosen 8chnit~s erien zu untersuchen.

Die ~brigen pathologiseheu Befunde, die wit machten,

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fallen alle in das Gebiet chronischer Entztindung, dana Blur- and Lymphstauung.

Aus allen diesen Vorgiingen resultirt unzweifelhaft eine hochgradige Beeugung meist mehrerer Venenlumina; es ist daher wohl auf diesen Process das Hauptgewicht zu legen, den man yore pathologisch-anatomischen Staadpunkt als eine Pe r iph leb i t i s chronica hype rp l a s t i c a mit conse- cu t ive r Endoph leb i t i s bezeichaea muss.

Ats veranlassendes Moment dieser Geffisserkrankung in den Emissarien sehen wit herdweise auftretende Entztlndungen an, die sich im Uvealtractus einerseits und aadererseits im Scleralgeffige nachweisen lassen.

Auf diese Processe, die alas geme inscha f t l i ehe Moment besi tzen, dass sie zu einer ¥ e r e n g e r u n g ven0ser Abfliisse nnd somit ilberhaupt der Abfltisse in- traocularer Fltissigkeiten ffihren, beziehen wit in den yon uns untersuchtea F~llen die stationi~ren glaucomat0sen Zustande, insbesonders den e rhOhten i n t r aocu l a r en Druck.

Weitere Befande, besonders yon acuten Glaucomen mtlssen lehren, in welchen Beziehungen all' diese ¥organge zu den hnfangsstadien des Glaucoms stehen und ob auch vortibergehende Drucksteigerungen in ihnen ihre Ursache finden, insbesondere abet, ob und in welcher Beziehung die Erkrankung einzelner Ciliarnerven zum acuten Anfalle steht.

Denn wit sind weir davon entfernt, hiermit eine neue Glaucom-Theorie aufstellen zu wollen, da ja auch ein anderer Entstehungs- Modus a priori nicht ausgeschlos- sen ist.

Wir wollen auch nicht im Detail entscheiden, auf welche Weise die verschiedenen Arten des acuten uad chronischen entztlndlichen Glaucoms zu Stande kommen. Doch kOnnte man sich den ¥organg im Allgemeinen etwa. so denken:

Es etablirt sich im Gebiete der Vortexstamme, eventuell

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auch der vorderen Ciliarvenen die oben besprochene Entzaudung. Sie entwickelt sioh chronisch and in sehr verschiedener Ausdehnung and Vertheilung und ist sub- jectiv und objectiv noch nicht nachweisbar. Sowie abet im weitereu Verlaufe eine Beengung der Venenlumina zu Stande kommt, beginnen ausgiebigere circulatorische 8tSrungen im Auge. Bei ihnen finder entweder durch (tie specielle Vertheilung der auftretendeu Stromhindernisse eine Compen- sation f~lr gew0hnlieh start (dutch einzehe vordere Ciliar- venen etwa, wenn der Process im aquatoriellen Gebiete be- ginnt) und nur zeitweise wird dutch besondere Gelegenheits- ursachen (arterielle Fluxion, Reizzustand yon Cilarnerven dutch die besprochenelTeuritis etc.) eine pl0tzlich einsetzende Drucksteigerung ausgel0sf. Oder es ist dutch mehr atlge- meines Auftreteri des Processes die husgleichsfi~higkeit yon vorne herein schaelIer verloren gegangen, wesha]b die Drack- steigerung eine continuirliche bIeib~, sowie dies auch bei den Fallen der ersten Art sieh mit der Zeit entwickelt. Sobald abet die Compensation pliitzlich oder nach und nach aufgehoben ist, ~ritt der Symptomeneomplex ein, den man klinisch als Glaueom bezeiehnet.

Es ~allt somit die chronische Periphlebitis hyper- plas~ica n ieh t mit dem Begriffe des Glaucoms zusammen sondern letzterer ist ein wesentlich k l in i scher , es ist der Ausdruck der N i c h t c o m p e n s i r u n g der du tch die ~ n a t o m i s c h e n V e r ~ u d e r u n g e n g e s e t z t e n c i r cu l a - to r i schen S t0rung .

Wir briugen diese Bef~nde schon jetzt zur Kennt~.iss der geehrten Herrn Fachgenossen, da wit dereu Aufmerk- samkeit bei der Untersuchung entspreehenden Materiales auf obige Funkte lenken mSchten. Vielleieht finden sieh einzelne derselben, welche die Bearbeitung yon in ihrem Besitz befindlichen Glaueom-Bulbis nicht selbst vorzunehmen gedenken, bereit, uns dieses Material zur Verf~lgung zu ste]len, was uns zu gressem Danke verpflichten wiirde.