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(Ans der Universitgtsklinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Erlangen [Direktor: Prof. Dr. •. Specht].) Beitr~ige zur pathologischen Anatomie des Ohres. YI. Uber das sublabyrinth~ire EmpyemL Otitis media acuta mit sub- labyrinth~irem Empyem, dreifachem Labyrintheinbruch, extraduralem und peribulb~irem AbszeB und labyrinthogener Meningitis. Von Privatdozent Dr. med. Hehnuth Richter, Ober~i'zL der Klinik. Mit 6 Textabbildungen. (Eingegangen am 11. August 1936.) Wenn eine alcute Mittelohrentzfindung unter konservativen all- gemeinen und 6rtlichen Mal3nahmen nicht in einigen Woehen heilt, so ist dies fast immer in dem Vorhandensein eitriger Einschmelzungen im Schls begriindet. In diesen Fs hs der weitere Ver- lauf der Mittelohrentzfindung und das SchicksM des Kranken yon 3 Um- st~nden ab, n~m]ich 1. yon der pers6nlichen Heilkra/t des Kranken, 2. yon einer sorgf~tltig aufgebauten Indikation zum Eingriff und 3. yon der Gri~ndlichkeit der Operation. Der Hinweis auf diese Voraussetzungen des Erfolges scheint mir notwendig, weil die Heilkraft des K6rpers oftmals unbeachtet bleibt, die Sorgfalt der Indikationsstellung nicht se]ten zu wiinschen iibrig und gar manche Nachoperation einen Mangel an Grfind- liehkeit beim ersten Eingriff erkennen l~[~t. Nach sorgsumer Indikation ist die griindliche, d. h. m6glichst restlose Ausrs des pneumatischen Zellensystems (Mastoidectomic) die Methode der Wahl. Sie mul3 es aueh dann sein, wenn in den obeffli~ch- lichen Teilen des Proc. mastoid, eine Einschmelzungsh6hle (Empyem) gefunden wird, denn wir k6nnen niemals mit einiger Sicherheit voraus- sehen, ob nicht mehrere Empyeme vorhanden sind, deren Aul~eracht- lassung zu lebensgefs Folgen fiihren kann. Nachoperationen aul3erhalb der Klinik operierter Kranker zeigen aul~erdem, dal~ sich weitere Empyeme in jenen pneumatischen Rs bilden k6nnen, die bei der ersten Operation nieht beriicksichtigt wurden. Die Empyeme, die in den meisten F/~llen akuter katarrhalischer Mittelohrentziindung die Uberleitung der Infektion zum Schs erm6glichen, k6nnen sich bekanntlich in allen Zellengebieten des Sch]s beines als Folge der Eiterstauung entwickeln. Deshalb mul3 der Operateur seine Aufmerksamkeit nieht nur dem Proc. mastoid., sondern ebensosehr 1 Die Beitr~ge I--V sind erschienen in Arch. Ohr- usw. Heilk. 139, It. 2; 140, It. 1/2; 140, H.4; 141, H. 2/3, 141, H.4.

Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres

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(Ans der Universitgtsklinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Erlangen [Direktor: Prof. Dr. •. Specht].)

Beitr~ige zur pathologischen Anatomie des Ohres. YI. Uber das sublabyrinth~ire EmpyemL Otitis media acuta mit sub- labyrinth~irem Empyem, dreifachem Labyrintheinbruch, extraduralem und

peribulb~irem AbszeB und labyrinthogener Meningitis. Von

Privatdozent Dr. med. Hehnuth Richter, Ober~i'zL der Kl in ik .

Mit 6 Textabbildungen.

(Eingegangen am 11. August 1936.)

Wenn eine alcute Mittelohrentzfindung unter konservativen all- gemeinen und 6rtlichen Mal3nahmen nicht in einigen Woehen heilt, so ist dies fast immer in dem Vorhandensein eitriger Einschmelzungen im Schls begriindet. In diesen Fs hs der weitere Ver- lauf der Mittelohrentzfindung und das SchicksM des Kranken yon 3 Um- st~nden ab, n~m]ich 1. yon der pers6nlichen Heilkra/t des Kranken, 2. yon einer sorgf~tltig aufgebauten Indikation zum Eingriff und 3. yon der Gri~ndlichkeit der Operation. Der Hinweis auf diese Voraussetzungen des Erfolges scheint mir notwendig, weil die Heilkraft des K6rpers oftmals unbeachtet bleibt, die Sorgfalt der Indikationsstellung nicht se]ten zu wiinschen iibrig und gar manche Nachoperation einen Mangel an Grfind- liehkeit beim ersten Eingriff erkennen l~[~t.

Nach sorgsumer Indikation ist die griindliche, d. h. m6glichst restlose Ausrs des pneumatischen Zellensystems (Mastoidectomic) die Methode der Wahl. Sie mul3 es aueh dann sein, wenn in den obeffli~ch- lichen Teilen des Proc. mastoid, eine Einschmelzungsh6hle (Empyem) gefunden wird, denn wir k6nnen niemals mit einiger Sicherheit voraus- sehen, ob nicht mehrere Empyeme vorhanden sind, deren Aul~eracht- lassung zu lebensgefs Folgen fiihren kann. Nachoperationen aul3erhalb der Klinik operierter Kranker zeigen aul~erdem, dal~ sich weitere Empyeme in jenen pneumatischen Rs bilden k6nnen, die bei der ersten Operation nieht beriicksichtigt wurden.

Die Empyeme, die in den meisten F/~llen akuter katarrhalischer Mittelohrentziindung die Uberleitung der Infektion zum Schs erm6glichen, k6nnen sich bekanntlich in allen Zellengebieten des Sch]s beines als Folge der Eiterstauung entwickeln. Deshalb mul3 der Operateur seine Aufmerksamkeit nieht nur dem Proc. mastoid., sondern ebensosehr

1 Die Beitr~ge I--V sind erschienen in Arch. Ohr- usw. Heilk. 139, It. 2; 140, It. 1/2; 140, H.4; 141, H. 2/3, 141, H.4.

Beitr~ge zur pathologisehen Anatomie des Ohres. V?/, 29

aueh dem Ansatz des Joehbogens, der Basis der Sehuppe, der i, er'lab/rin- thS~ren Gegend des Felsenbeines und den peribulbg~ren Zellen widmen.

Ieh habe die Erfahrung gemaeht, dab besonders jene pneumatisehen Zellen zu wenig beaehtet werden, die sieh bei vielen XV[ensehen unterhalb des Labyrinthes, d. h. zwisehen Laby- rinth und Paukenboden einerseits, Bulbus und hinterer Sehgdelgrube andererseits befinden. Der Operateur e r re i eh t sic an der in der ange f i i g t en b i ld l i ehen D~trs te lhmg (Abb. 1) ge- k e n n z e i e h n e t e n Stelle. Die genaue B e a e h t u n g dieser ,subl<sbyrinthiiren Zel- len is t n i ch t nut deshMb yon gr6iSter B e d e u t u n g , wail u n m i t t e / b a r von ihnen - - racis t m~eh E n t w i e k l u n g eines <s~b- laby~'inthiiren Empyem<~ - - sehwers te endokra~lielle, se l tener ]~byr in th / i re Abb. 1. Itih[ ohl(l �9 Ohropomlth)ns],5]lle Verwiokh l t l ge l / e l l t , s t e h e n , so i /der l l well na,h vollendoter Mastoide(~to]nie. (Aus

c P , ,~ [ (7 f i r :#" l l a l i d l ) l l ( : h tlc!l' I luls;-, X~lsl n- sieh auoh ! l l l t o r V e r m i t t h l n g einer sub- 111111 ()] irenkr'n,nlch( i l en vt~lt l ) ( ' o / , : ( ' r

tabvrinth/iren -Eitor'llng ausgedehni:e a ' . l , le,:, I/d. 7. S. lfHh) " (JOlZCll(1, h i n t e r iI(~l' (tll~ sltlllu, by l ' i n i h i i re

E m p , y e l l l e , der Felsenbc+inspitze o n t - l , ]u l t l )e in l i o~ i ,

wickehl kiJnliell. Auf (l~s l e t z t e r e Er- eignis ti~vbe ioh in Tei l l I I und V m e i n e r ,,Beitr/~ge j " an H a n d yon mehrfi~ehen B o o b a c h t u n g e n hinweise:n kSnnen .

Die Aus b i / dung e iner sublt~byrinth/~ren E i n s c I l m e l z u n g ist ke inosuegs ein se l tenes Ere ign is . Um dies zu zeigen, h a b e ieh im fo lgenden ( l iojenigen i)ol ikl inisohen B e o b a c h t u n g e n unsere r K l i n i k zusanunengos te l l t , die im , Iahre ] ,(135 irn Laufe einer akulon M i t te lohrontz i indung opr~riert w/ir(l(tll.

4Sinai E nwyome . . . . . . . . 2

131m~l ohne nr~ehweisb~res I~]mpyenl 3

lmM Osteomyelitis des S~hlfifen- beines

62 operierte Kr~mke . . . . . . . 5~ 2

43ram 1 Empyem. ]6ram subhbyr. 5In~l mehrere Empyem.

l~n/l;)ye me.

W i r sehen, daf3 bei 16 v o n 62 o p c r i e r i c n Kr tmkon , d. h. bei e t w a 1/4 dcr Beob~u~htungen, ein s u b l a b y r i n t h S r e s E m p y c m - al le in odcr neben

Arch. Ohr- usw. Heilkunde 140, H. 4; 141, H.4 . 2 Todesursache unserer 5 im Jahre 1935 verstorbenen Kranken mit ~kuter

Mittelohrentziindung w~r stets eine eitrige Meningitis, die 3m~l bereits bei der Auf- nahme bestand. Bei 2 Kx'~mken ging sic von ein(c Thrombose ~ms, einmal war sic die Folge eines Empyems tier Velsenboinspitze. Von den beiden fibrigen Kr~mken ist der Uberleitungsweg vor Absehlug der histologisehen Untersuehung nieht fest- stellbar. Unter den geheilten Kranken befinden sieh u. a. 2 Beob,~ehtungen otogener Sepsis ohne Thrombose.

30 Ilelmuth l~iehter:

anderen E m p y e m e n - - vorhanden war. Diese Feststel lung, die yon unseren Er fahrungen aus friiheren J ah ren und der neues ten Zeit bestgt igt wird, beweist die Notwendigkei t einer grfindliehen Beaehtung der sub- labyr in thgren Zellen. Daher wird jeder Assistenzarzt wghrend seiner ope- ra t iven Sehulung zu sorgfgltigster Ausrgumung dieser Zellen angehalten.

Die histologisehe Unte rsuchung einer Beobaehtung aus dem Jahre 1931 ha t reich zu diesen Ausf i ihrungen erneut angeregt. Obgleich ich bei Durchsieht der betreffenden Schnit tserie den E indruek gewonnen habe, daft in diesem Falle das snblabyr in thgre E m p y e m infolge seiner s tark medialen Anordnung aueh bei sorgfgltigster Operat ion nur sehwer er- reiehbar war, dfirfte die Mittei lung der Beobaehtung im Hinbliek auf die vors tehenden Ausf i ihrungen yon prakt isehem Nutzen sein. Da sie aufter-

J k

-4 , . J',- ' ,r ~ .jvx~- 27. Z~.23. Zg. 25.2~ 2Z 23.29. 2313..1. 2. 3. ~. 5. 8.. 7.8..~1931

Abb . 2, FIarg . D., 63 J . T e m p e r a t u r k u r v e . To(I a n l a b y r i n t h o g e n e r Meningi t i s in fo lge <Ireifaehen (Yber t r i t t s e iner a k u t e n M i t t e l o h r e i t e r n n g in das L a b y r i n t h .

dem dureh das seltene Vorhandensein yon drei eitrigen Einbrfiehen in das Labyr in th ausgezeiehnet ist, habe ich reich zu ihrer Darstel lung ent- sehlossen 1.

Margarete D., 63 J. alt. Klinikaufnahme am 21.1.31. Friiher angeblich nie- mals ohrenleidend. Am 15.12.30 pl6tzlieh starke Ohrenschmerzen lks.; in der Naeht veto 17./18.12. 30 aueh reehts. Das lk. Ohr war angeblich nach 8 Tagen geheilt. Das r. Ohr fing 1 Woehe naeh Beginn der Erkrankung zu eitern an; damit h6rten die reehtsseitigen Ohrenschmerzen auf. Die Ohreiterung dauerte reehts bis zum 19. 1.31. Am 17.1.31 erstmals Erbrechen mit Sehwindelgeftihl; Seheindrehung der Umgebung naeh reehts. Am 21.1.31 Frostgeffihl. In den Tagen vor der Aufnahme zuweilen Sehli~fenkopfsehmerzen r. Aufnahme-Be/uTtd: L. T'fell reizlos, t~. Ohr: Weiehteile hinter dem Ohr leieht verdiekt bei geringem Drueksehmerz. Geh6rgang troeken. T'fell mazeriert, gerStet, hint. oben vorgewSlbt. F1.Spr. r. o, lks. 6 m. Umg.Spr. r. unsicher am Ohr (LArmtrommel). a 1 naeh reehts lateralisiert, dureh Luftleitung r. geh6rt. Kein Spontan- oder Kompressions- nystagmus. R6ntgenaufnahme: Beiderseits ziemlich gute Pneumatisation; lks. klare Zellenzeiehnung, rechts leiehte allgemeine Verwaschenheit ohne erkennbare Einsehmelzung. Temperaturs. Kurve (Abb. 2). Verlau[: 22.1.31. Kopf frei beweglieh. Kein Erbreehen oder Sehwindel. Kein Nystagmus. Beim Au/sitzen leichter Sehwindel. Beim Drehen des Kopfes naeh r. starker horizont.-rotator. Nystagmus nach r. mit erheblichem Schwindel. Gleiche Erseheinungen beim Drehen des ganzen K6rpers naeh r. Bei Einnehmen der horizontalen Lage h6ren diese Er- seheinungen auf. - - Dreltpr'ii/ung: Naeh 10 Reehtsdrehungen deutlicher Nystagmus naeh lks.; naeh 10 Linksdrehungen kein Nys t agmus . - Kalorische Pri~/ung mit 75 ecru Wasser von 3~ l~echts deutlieher Nystagmus naeh lks. auslSsbar.

24. 1.31. Im allgemeinen kein Sehwindel, auch nieht beim Aufriehten des K6rpers. Beim Drehen des Kopfes naeh r. deutl. Nystagmus naeh r. - R. Ohr troeken;

1 Die histologische Sehnittserie wurde im Jahre 1936 hergestellt.

13eitrage zur pathologischen Anatomie des Ohres. VI. 31

leiehte Senkung der oberen Geh6rgangswand. GehOr r. erhalten. Bei Wiederholung der kalorisehen Priifung reagiert das lk. Labyrinth auf Wasser yon 160 ,nit deutl. Nystagmus; rechts keine l~eaktion. 26. 1. 31. Umg.Spr. r. mit Lgrmtrommel 3 era. Wassermann negativ. 28. 1.31. Im r. Geh6rgang Spur Ei ter (Pneumoe. mueosus. - - Bakt. Inst.). 31.1.31. Augen: Unscharfe Grenze der r. Papille ,nit vermehrter Gefggfiillung. Erneut Sehlgfenkopfsehmerzen r. Kein Erbreehen. Leiehtes Fr6steln. Keine Ataxie. Kein sieherer Nystagmus auslOsbar.

Operation in Narkose (Prof. Brock): Knoehen allgemein sehr weich; Zellenaufbau makroskopiseh erhalten. Meist kleinere Zellen mit erhaltener, dicker Sehleimhaut und grauem, diinnfliissigem Eiter. Bei lq'reilegung yon Sinus und Dura der mitt l . Sehgdelgrube nirgends Eiter; aueh nieht im Bereieh der hint. Seh/tdelgrube. Kn6eher- net horiz. Bogengang nicht siehtbar vergndert. 3. 2. 31. Keine wesentliehen Klatch. Wunde friseh. Sinus ziemlieh derb. GehOrgang troeken, T'fell hint. oh. noeh vor- gewOlbt. Gehbr r. erhalten. Kopf frei beweglieh. Kein Nystagmus ausl6sbar bei Bewegung des Kopfes. 6.2.31. Naehts Frostgefiihl. Erneute Schlgfenkopfsehmerzen r. Naekenstarre. Lumbalpunlction: Druek 300mm, Liquor triib (Pneumoe. mueosus). Punktion d. r. Setfl/~fenlappens o .B . Sinuspunktion ergibt Blur. & 2.31 Exitus.

Sektion (l?athol. Inst i tut Erlangen; Nr. 37/1931): ,,Eitrige Basahneningitis naeh akuter Otitis media. Etwas sehlaffes Herz, geringes Lungen6dem und Em- physem. M/iBig starke Fettleber, leiehte Angmie; Adipositas."

tlistologische U n t e r s u c h u n g des r e ch t en Fe l senbe ines .

Mittdohr. Trommeifcii aiigemein infiitrativ verdiekt, besondcrs hinten oben. Keine erkennbare Durehlbeherung. Sehleimhaut der PaukenhOhle vorwiegend an der Promontorialwand und im Attieus zottig w;rdiekt, stellenweise in Granulierung begriffen. In der l)aukenhOhle Eiter. Exsudat teilweise bereits in Organisation. Hammer und Ambog erhalten. An den Wandungen des epitympanisehen Raumes reiehlieh Knochenneubildung. Tegmen sehr diinn. Oberhalb des tymt)analen Tubenostiums eiterhaltige pneumatisehe Zellen.

JRingbancl des ow~len Fensters eitrig eingeschmnlzen; Fu[lplatte des Steigbiigels hierdureh gel6st und paukenwgrts verlagert. Membran des runde'n Fensters teilweise yon Eiter zerstOrt. Eitereinbrueh dureh beide Fenster ins Innennhr.

Labyrinth. Beide Sealen der Schnecke sowie der Duetus eoehlearis in allen Windungen yon Eiter ausgeffillt. Uortisehes Organ zerstOrt. Ggl. spirale eitrig infiltriert, hn inneren Geh6rgang reiehlieh Eiter. Dura des inneren GehOrganges eitrig infiltriert. Perineurale Infiltration des N. VI I I und des Facially', letzterer besonders in seinem horizontMen Verlauf. Faeialisdehiszenz.

Im Daeh des inneren Geh6rgangs gr6gere pneumat i sehe Zelle mit leicht verdick- ter Schleimhaut, ziemlieh zeltarmen Fliissigkeitsgehalt und m/iBiger Knoehenneu- bildung an der Innenwand.

Grol3e ,s'ublabyrinthiire A.b,~ze/3hShle; diese steht mit einer Empyemh6hle unter der Sehneeke in Verbindung, an deren erhaltener Wand sieh stgrkster Knoehenabbau in typiseher Form naehweisen lgBt. Naeh vorn grenzt diese H6hle an einige citer- haltige sublabyrinth/ire pneumatisehe Rgume. Die grebe EiterhOhle ist unter Resorption des benaehbarten Knoehens in die M~u'krgume an der medialen Flgehe des Labyrinthes eingebroehen, die yon Eiter iiberflutet sind. Aueh einige I)neuma - tisehe Rgume ~m der medialen Labyrinthflgehe werden von dem Empyem aufge- nommen. Imiibrigen grenztder Abszeg unmittelbar andie Durader hinteren Sehgdel- grube (extraduraler Absce/l) und an die h/iutige Wand des Bulbu,s der V. jugularis.

An seiner oberen Fl/~ehe hat das sublabyrinthgre Empyem zu einem regen Abbau der AuBenflgehe der knOehernen LabyrinthkapseI gefiihrt. Hierdureh ist in typiseher Weise ein fistul6ser ])urehbru(b des Empyemeit(rs in das ]nnenohr im Bereieh des hinteren Bogenganges entstanden. Die zugespitzt geformten Fistel-

32 ttehnuth Richter:

r~nder weisen Knochenabbau in starkem Mage auf. Bogeng~inge und Vestibulum yon Niter ausgefiillt. Kn6cherne Wand des horizontalen Bogenganges nicht nennens- wert ver&ndert. Im Ductus endolymphaticus Niter.

Felsenbein-Npitze gr68tenteils spongiSs. Nut wenige peritubare Zellen mit zellarmem Sekret und nicht verdickter Schleimhaut. Karotischcr Kanal frei; Be- gleitvenen der Karotis stark blutgeftillt. Medial der vertikalen Karotis perivaskuli~re Infiltration der Markr&ume mit auffallend reichlich Knochenneubildung. Dura der nfittleren und hinteren Sch~delgrube hyper~misch, jene der hinteren Sch&delgrube auch m~Big verdickt.

tIistologische Diagnose. Sub~kute Otitis media rechts mit grol~em sublabyrinth~rem Empyem.

Dreifacher Einbruch des Eiters ins Innenohr, n~mlich infolge eitriger Einschmelzung der Membran des runden Fensters, des Ringbandes sowie durch fistul6sen Durehbruch des Empyems in den hinteren Bogengang. Labyrinthitis purulenta. Labyrinthogene Meningitis. Extraduraler Ab- szeg der hinteren SchS~delgrube nnd des Bulbus der V. jugularis.

Riiekbliek. Wir stellen feat, dag eine reehtsseitige Mucosusotitis bei einer Frau

yon 63 Jahren nach etwa vierw6chiger Dauer zu einer schweren Laby- rintherkrankung fiihrte, und zwar bezeichnenderweise zu jener Zeit, als die Eiterung des Ohres aufh6rte. Schon hieraus k6nnen wir schliegen, dab eine Stauung des Exsudates die Ver~nlassung der ernsten Verwicklung war.

Ich enthalte mich aus naheliegenden Griinden einer epikritischen Behand[ung der klinischen Einzelheiten der Beobachtung und m6chte hinsichtlich des Verlaufes nur folgendes erwS~hnen. Wghrend das Geh6r der Kranken bis kurz vor dem Tode rechts erh~lten war, bestand bereits bei den ersten Untersuchungen eine erhebliche Herabsetzung der Erregbar- keit des rechten Gleichgewichtsapparates, verbunden mit einer Schwindel- und Nystagmusbereitschaft bei ]~nderungen der Kopf- und K6rperlage im Raume. Wir diirfen diese Erscheinung wohl als Ausdruck eines soge- nannten Otolithenschwindels bezeiehnen.

Der wegen Temperatur~nstieges, Halbseitenkopfschmerzen, leiehtem I0r/3steln und geringen Stauungserscheinungen am rechten Augenhinter- grund vorgenommene Eingriff ergab - - abgesehen von dem fiir die Mu- cosusotitis typischen Befund besonders weichen Knochens bei stark ver- dickter Schleimhaut und Eitergehalt der Zellen - - nirgends ein typisches Empyem oder gar eine extradurale Eiteransammlung. 6 TaRe sparer begann unter pl6tzlichem Temperaturanstieg die rasch zum Tode fiihrende eitrige Meningitis, deren Genese erst die Untersuchung der histologischen Schnittserie kl~ren konnte. Ihr Studium erlaubt folgende Feststeliungen:

~)berleitunffsweg der Eiterung des Mittelohrs, d .h . der Paukenh6hle und der fibrigen pneumatischen g~ume zu den Hirnh~uten war das Labyrinth. Die in ~hnlich unklar gelagerten Fallen eine besondere Rolle spielende Felsenbeinspitze kam als (Jberleitnngsweg sch0n deshalb nicht

Bei~rSoge zur 1oa~hologisehen Ana~omie de~ Ohres. u 33

in Frage, weil sie - -abgesehen yon wenigen peritubaren Zellen - - spon- gi6sen Aufbau besaB. Die Eiterung der pneumatisehen g~ume land den Eintritt zum Labyrinth auf drei Wegen.

Zun~ehst k6nnen wit feststellen, dab die Eiterung der Pauke beide Fenster durehbroehen hat (Abb. 3). Das Ringband des Steigbiigels wurde

Abb. 3. M . D . , 63 J . Roe'hies Fe lsenbein (Sehn i t t 500, Vergr . 13maJ). l.]igerr ins L a b y r i n t h du tch beide JJ~enster bei ak l t te r Mittelohrent, ziin<llmg.

vollstgndig, (lie Membran (los runden Pensters zu einem grolten Teit zerst6rt, wodureh das in tier Pauke enthaltene Exsudat in d~s innere Ohr eindringen konnte. Im Gegensatz zu den meisten ]~'/tllen operativer Stapesluxal)ion 1 kam es zu einer Riiekwgrtsverlagerung des Stripes in die PaukenhShle, ein Vorgang, der offenbar infolge der erhebliehen Ver- diekung und Wueherung der P~mkensehleimhaut nur beschrS~nkt m6glieh war. Es ist anzunehmen, dab der ;Eitereinbrueh durch die Membran des runden Fensters etwt~ gleiehzeitig mit der Durehbreehung des Ring- bandes erfolgte.

lleichter, H.: Arch. Ohr- usw. Hcilk. 11~9, H. 2 (1935). Archly f. Ohcen-, Nt~sen- u. ](ehlkoI~fheilkunde, Bd. 112. 3

34 Helmuth l~ichter:

Die Untersuchung der Schnittserie ergab im fibrigen Ms wesentlichen und besonders lehrreichen Befund ein gro~es Empyem unterhalb der Labyrinthkapsel (Abb. 4). Diese Abszel~h5hle erstreckte sich yon den die vertikale Karotis umgebenden Markr/iumen, in die sie durch Resorption ihrer knSchernen Wandung eingebrochen war, unterhalb yon Schnecke und Bogengangsapparat nach hinten bis nahe an das Trautmannsche Dreieck. Ihr Wachstum fiihrte nicht nur zur Aufnahme weiterer sub- und retrolabyrinth/irer Zellen in das Empyem, sondern such zu einer gef/ihr-

A b b . 4. M. D., 63 ft. l~ech tes Fe l senbe in ( S c h n i t t 310, Vergr . 4real) . S u b l a b y r i n t h ~ r e E i t e r h f b l e ( E m p y e m ) .

lichen Ann~herung all lebenswichtige Gebiete, und zwar an drei Stellen. Entsprechend ihrem nach hinten zunehmenden Umfang entstand durch den iiberaus starken lakun~ren Abbau ihrer knSchernen Hiille eine Frei- legung der Dura der hinteren Sch~delgrube und des Bulbus der V. jugu- laris (Abb. 5). Beide reagierten auf das Vorhandensein dieser extra- duralen bzw. peribulb~ren Eiterung mit entziindlicher Verdickung, die h~utige Bulbuswand aueh mit erheblicher Infiltration. Es ist wohl anzu- nehmen, dab das vonde r Kranken ab und zu ge~uBerte Frostgefiihl in der Ann~herung des Abszesses an die Bulbuswand begrfindet war. Indessen war eine Thrombose oder intradurale Eiterung an Bulbus und Dura aueh histologisch nieht erkennbar.

Die beiden beschriebenen Beziehungen des sublabyrinth~ren Empyems zum Bulbus und der hinteren Seh/~delgrube treten an Bedeutung zurfiek gegenfiber einer dritten AusdehnungsmSgliehkeit, die die Abszel]hShle

Beitrgge zur pathologisehen Anatomie des Ohres. gI. 35

fund. Besonders regen Abbau der kn6ehernen Hiille des Empyems finden wit an der sein Daeh bildenden Labyrinthkapsel. Wie erheblieh der Bin nendruek des Empyems war, erkennen wit daran, dab der massive Knoehenmantel des Innenohres im Bereieh des hinteren Bogenganges nieht nur erheblieh verdtinnt, sondern sogar in einer Weise durehbroehen wurde (Abb. 6), wie wit dies yon Empyemfisteln in der gul]eren Kortikalis des Proe. mastoid, zu sehen gewohnt sind. Der lakungre Abbau ist vor Mlem an den Fistelrgndern deutlieh feststellbar. ])ieser Einbrueh des

Abb. 5. M. 1)., 63 J . Rech tes l 'e lseubein (Schnitt~ 380, Vergr. 4rm~l). E x t r a d u r a l e r AbszeB der h in tc ren Schi~delgTube, gleiehzei t ig peribulb/irc Eiterung' .

Empycms in d~s Labyrinth multt e zu einer (~berfLutung des lnneT~ohres mit Ei~,er, zur Zerst6rung seiner Fm~ktion und lotztcn Endes zur Meningitis ffihreu. Dementsprechend sind Bogeng'ange und Schnecke sowie alle tibrigen Anteile des Labyrinthes yon Eiter vollkommen ausgefiillt, l)a.s Fortse!lreiton der Eiterung fiber den inneren Geh6rgang zu den weichen Hiri~hguten bedoutete den letzten Schritt vor dem bedaucrliohen Ende.

Bei fItiokblick auf den klinisehen Verlauf und d~,s Ergebnis der histolo- gischen Untersuehung glaube ieh, dab der zule/zt gesehi/derte Labyrinth- einbruch des sublabyrinttdtren Emi)yems etwas ]g~ger bestand Ms der doppelte Fensterdurchbruoh. Vielleicht sprieht hierf(ir neben der (]r6Se des Emt)yems aueh (lie bis kurz vor (lem Tode erh~fltene, wenngleieh hoehgradig gestSrte H6rfunktion.

Die Untersuehungen v(m J. Zange 1 iiber die Entstehung und Histologie der tympanogenen Labyrinthitis haben uns neben vielen anderen weft-

3*

36 I-Ielmuth l~ichter.

vollen Aufschliissen u. a. gezeigt, dai~ gerade bei der Mucosusot i t is Ein- briiche yon Empyemen in das Labyrinth dutch die kn6cherne Labyrinthkapsel hs Ms sonst vorkommen. Er zeigte bereits, dab dieser Labyrinth- einbruch vorwiegend die Bogengs un4 yon ihnen besonders die beiden vertikalen, vor allem den hinteren, betreffen. Wir sehen dies auch insofern bests Ms in der mitgeteilten Beobachtung wiederum eine

A b b . 6. M . D . , 63 J . l~echtes Fe l senbe in ( S c h n i t t 550, Vergr . 42raM). F i s tu l6se r E i n b r u c h des s u b l a b y r i n t h f i r e n Eln!oyems in d e n h i n t e r e n v e r t i k a l c n B o g e n g a n g .

subl~byrinths Einschmelzung der pneum~tischen Rs die Ursache des Einbruches w~r.

Ich hoffe, d~B diese ldinische Beob~chtung vor ~llem einen pr~ktischen Nutzen d~rin h~ben wird, d~l~ sie die Erinnerung an die beachtenswerten subl~byrinth~ren Zellen ~uffrischt. Bei ihrer sorgfs Beriicksichti- gung wird ohne Zweifel in vielen F~llen Ungliick verhiitet. Zw~r ist mir klar, dab es immer wieder Beobachtungen geben wird, die trotz grSI~ter operativer Erfahrung verlorengehen; indessen ist die Zahl der sublaby- rinth/s Eiterungen, wie ich anfangs gezeigt habe, so betr/s daI~ mir der erneute Hinweis auf sie im Interesse unserer Kranken notwendig schien.

1 Zange, J.: Pathologische Anatomie und Physiologie der mittelohrentspringen- den Labyrinthentziindungen. Wiesbaden: J. F. Bergmann 1919.