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Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 23) Andreas Storm (Herausgeber) Kinder- und Jugendreport 2018

Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

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Page 1: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 23)Andreas Storm (Herausgeber)

Kinder- und Jugendreport 2018

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Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 23)

Kinder- und Jugendreport 2018Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen in DeutschlandSchwerpunkt: Familiengesundheit

Herausgeber:Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstandes der DAK-Gesundheit

Autoren:Prof. Dr. Wolfgang Greiner, Manuel Batram, Oliver Damm, Stefan Scholz, Julian Witte

Gastautoren:Dr. Benjamin Kuntz Prof. Dr. Reiner Hanewinkel

PD Dr. Thomas Lampert Dr. Julia Hansen

Elvira Mauz PD Dr. Matthis Morgenstern

Unter Mitarbeit von:Dr. Mark Dankhoff, Dr. Melanie Klein, Stefanie Wobbe-Ribinski (DAK-Gesundheit), Inga Hönemann, Jennifer Lehnchen (Universität Bielefeld)

Redaktion: Martin Kordt, Dorothea Wiehe (DAK-Gesundheit)Idee: Rüdiger Scharf (DAK-Gesundheit)Nagelsweg 27 – 31, D-20097, Hamburg

Bielefeld & HamburgAugust 2018

Page 4: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

Bibliografische Informationen der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2018 medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg www.medhochzwei-verlag.de

ISBN 978-3-86216-448-6

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druck: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, PaderbornTitelgestaltung: Natalie DegenhardtTitelbild: © shapecharge/istockphoto.com; Sasiistock/istockphoto.comPrinted in Germany

Page 5: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

V

Vorwort

In Deutschland werden wieder mehr Kinder geboren: 792.000 wa-ren es laut Statistischem Bundesamt 2016, 7,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Insgesamt leben hierzulande rund 13 Millionen Kinder und Jugendliche. Wie gesund sind sie – oder wie krank?

Der neue Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit analysiert die gesundheitliche Situation der nachwachsenden Generation. Da-für wurden am Lehrstuhl für „Gesundheitsökonomie und Gesund-heitsmanagement“ an der Universität Bielefeld Daten von rund 600.000 Kindern und Jugendlichen ausgewertet, die 2016 bei der DAK-Gesundheit versichert waren: Abrechnungsdaten von Kliniken und Ärzten, Arznei- und Hilfsmittelverordnungen sowie weitere Rou-tinedaten. Es ist damit eine der bislang umfangreichsten Untersu-chungen zur Kindes- und Jugendgesundheit in Deutschland. Und sie zeigt: Etwa ein Viertel der Kinder leidet unter chronischen Be-schwerden wie Neurodermitis oder Asthma. Auch seelische Proble-me, die das soziale Leben von Kindern und Jugendlichen beeinflus-sen, wie z. B. Schulangst und Depressionen, sind verbreitet: Mehr als jedes vierte Kind ist von einer psychischen Erkrankung sowie einer Verhaltens- oder Entwicklungsstörung betroffen – bei knapp jedem Zehnten mit potentiell chronischem Verlauf.

Der Kinder- und Jugendreport wird künftig jedes Jahr eine umfas-sende Analyse zum aktuellen Krankheitsgeschehen präsentieren. Die DAK-Gesundheit ist die erste große gesetzliche Krankenkasse, die eine derartige Report-Reihe ermöglicht. Diese Pionierarbeit ist gerechtfertigt angesichts der hohen Relevanz: Viele gesundheitliche Probleme im Erwachsenenalter haben ihren Ursprung in Kindheit und Jugend. Um späteren Gesundheitsproblemen frühzeitig zu be-gegnen, ist es wichtig, präventive und gesundheitsförderliche Maß-nahmen sowie eine abgestimmte medizinische Versorgung zielge-richtet zu planen und einzusetzen. Das ist nur möglich auf Grundla-ge umfassender Forschung.

Seit 2017 unterstützt die DAK-Gesundheit bereits die Berichterstat-tung über die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen mit dem DAK-Präventionsradar. Dafür werden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel (IFT-Nord) jährlich mehr als 7.000 Mädchen und Jungen zu ihrem Le-bensstil und Gesundheitsverhalten befragt. Die bekannteste Studie, bei der ebenfalls Gesundheitsdaten vor allem mittels Befragungen erhoben werden, ist die vom Robert Koch-Institut durchgeführte KiGGS-Studie. Beide Studien liefern repräsentative Daten. Sie sind jedoch anfällig für bestimmte Formen von Verzerrungen. Selektions-effekte beispielsweise, die dadurch zustande kommen, dass eher solche Bevölkerungsgruppen mitmachen, die sich in der Regel ge-sünder verhalten. Die Auswertung von Routinedaten einer großen gesetzlichen Krankenversicherung minimiert diese Selektionseffek-

Page 6: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

VI Vorwort

te. Beide Studienansätze sind für die Forschung wertvoll und verhal-ten sich zueinander komplementär. Ergebnisse des DAK-Präventi-onsradars werden deshalb zukünftig mit der systematischen Analy-se der DAK-Abrechnungsdaten im Kinder- und Jugendreport zu-sammengeführt.

Der aktuelle Report gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste gibt einen umfassenden Überblick über die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen. Ausgewertet wurden dafür alle zur Ver-sorgung im Jahr 2016 in Anspruch genommenen Leistungen und die damit zusammenhängenden Diagnosen. Dies ermöglicht einen detaillierten Blick auf Erkrankungshäufigkeiten und die Leistungsin-anspruchnahme in verschiedenen Versorgungssektoren.

Der zweite Abschnitt widmet sich dem Schwerpunktthema Familien-gesundheit und beleuchtet innerfamiliäre Zusammenhänge. Die Er-gebnisse zeigen, dass sich die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Erkrankungen bei den Kindern erhöht, wenn ihre Eltern bereits be-troffen sind; ganz deutlich beispielsweise die Wahrscheinlichkeit für Adipositas. Auch der sozioökonomische Familienstatus wirkt sich aus, insbesondere der Bildungshintergrund: So ist die Karies-Häu-figkeit bei Kindern studierter Eltern um 74 Prozent geringer als bei Kindern von Eltern ohne Ausbildungsabschluss. Eine kurze Darstel-lung der entsprechenden Ergebnisse aus der KiGGS-Studie kom-plettiert diesen Abschnitt. Wir freuen uns, dass wir dafür Gastauto-ren des Robert Koch-Instituts gewinnen konnten.

Der dritte Abschnitt umfasst die Ergebnisse des DAK-Präventionsra-dars, welche beispielsweise hinsichtlich Fragen des Suchtmittelkon-sums im frühen Jugendalter spannende Anknüpfungspunkte an die sonstigen Reportergebnisse bieten.

Für die geplante Report-Reihe hoffen wir auf ein breites Interesse der (Fach-)Öffentlichkeit. Ziel ist, das wichtige Thema der Kinder- und Jugendgesundheit noch stärker in den Vordergrund der gesund-heitspolitischen Diskussion zu rücken.

Prof. Dr. Wolfgang Greiner und Andreas Storm

Bielefeld & Hamburg, August 2018

Page 7: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

VII

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V

Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . XXII

1 Hintergrund und Zielsetzung des Reportes . . . . . . . . . 1

2 Evidenzübersicht Kinder- und Jugend gesundheit . . . . . 3

3 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.1 Datengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.2 Analyse des Krankheitsgeschehens und der

Inanspruchnahmehäufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 83.3 Abbildung innerfamiliärer Interaktionen . . . . . . . . . . 9

4 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . 144.1 Häufigste Erkrankungsdiagnosen und Behandlungs-

anlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144.2 Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede im

Erkrankungs geschehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 184.3 Chronische Erkrankungen bei Kindern und

Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214.4 Atemwegserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 264.5 Infektionskrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314.6 Augenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354.7 Psychische und Verhaltensstörungen . . . . . . . . . . 364.8 Hautkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474.9 Ohrenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504.10 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechsel-

krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514.11 Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und

Chromosomenanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . 554.12 Sonstige, seltenere Erkrankungsdiagnosen bei Kin-

dern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . 645.1 Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen . . . . . 645.2 Kosten der Leistungsinanspruchnahme aus

Perspektive der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675.3 Arzneimittelverordnungen für Kinder und Jugendliche . 715.4 Hintergründe stationärer Aufenthalte von Kindern

und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845.5 Heilmittelversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915.6 Arbeitsunfähigkeit der Eltern in Folge einer

Erkrankung des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

Page 8: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

VIII Inhaltsverzeichnis

6 Schwerpunkt Familiengesundheit – Einflüsse des sozio ökonomischen Familienstatus . . . . . . . . . . . . 956.1 Abbildung des sozioökomischen Familienstatus . . . . 956.2 Zusammenhang von Erkrankungsprävalenz und

sozioökonomischem Familienstatus . . . . . . . . . . . 976.3 Zusammenhang der Inanspruchnahme von

Versorgungsleistungen und sozioökonomischem Familien status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

7 Schwerpunkt Familiengesundheit – Familien-assoziierte Determinanten für die Gesundheit . . . . . 1077.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077.2 Familienstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1087.3 Leistungsinanspruchnahme im innerfamiliären

Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1097.4 Erkrankungen der Eltern als Determinanten für die

Erkrankungswahrscheinlichkeit ihrer Kinder . . . . . . 1137.5 Literatur (Kapitel 1–7) . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

8 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts: Studiendesign, Erhebungsinhalte und Ergebnisse zur gesundheitlichen Ungleichheit im Kindes- und Jugendalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1318.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1318.2 Design der KiGGS-Studie . . . . . . . . . . . . . . . 1338.3 Die Erhebungsinhalte der KiGGS-Studie . . . . . . . 1358.4 Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen sozialer

und gesundheitlicher Lage von Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

8.5 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1428.6 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

9 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars . . . . . . . . 1479.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1479.2 Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1479.3 Ausgewählte Ergebnisse der ersten Erhebungswelle . 1529.4 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

Anhang I – Erkrankungsprävalenz von Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Page 9: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

IX

Abbildungsverzeichnis

Erkrankungshäufigkeiten

Abbildung 1: Altersverteilung der Studienpopulation im Jahr 2016 in Relation zur bundesweiten Ver-teilung (Bezugszeitpunkt: 01.07.2016) . . . . . . 7

Abbildung 2: Anteil der Kinder und Jugendlichen mit we-nigstens einer ambulanten oder stationären Krankheitsdiagnose im Jahr 2016 . . . . . . . 15

Abbildung 3: Häufigste Erkrankungsarten (Prävalenz) unter Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Abbildung 4: Häufigste Erkrankungsarten (Prävalenz) unter Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Abbildung 5: Prävalenz von Krankheiten des Atmungs-systems (ICD-10 J00 – J99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . 26

Abbildung 6: Prävalenz relevanter akuter Atemwegser-krankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Abbildung 7: Prävalenz der allergischen Rhinopathie (ICD-10 J30.1 – J30.4) bei Kindern und Ju-gendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . 30

Abbildung 8: Prävalenz des Asthma bronchiale (ICD-10 J45) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Abbildung 9: Prävalenz infektiöser und parasitärer Erkran-kungen (ICD-10 A00 – B99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . 32

Abbildung 10: Prävalenz impfpräventabler Erkrankungen . . . 33

Abbildung 11: Prävalenz von Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde (ICD-10 H00 – H59) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Abbildung 12: Prävalenz psychischer und Verhaltensstö-rungen (ICD-10 F00 – F99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . 37

Abbildung 13: Verteilung der Fälle mit Entwicklungs- und Verhaltensstörungen je Altersgruppe (Dop-pelzählung möglich) . . . . . . . . . . . . . . 38

Page 10: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

X Abbildungsverzeichnis

Abbildung 14: Prävalenz von Entwicklungsstörungen (ICD-10 F80 – F89) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Abbildung 15: Prävalenz von Verhaltensstörungen (ICD-10 F90-F98) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Abbildung 16: Prävalenz hyperkinetischer Störungen (ICD-10 F90) sowie die Verordnungsprävalenz von Psychostimulanzen bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . 43

Abbildung 17: Prävalenz von Krankheiten der Haut und der Unterhaut (ICD-10 L00 – L99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . 48

Abbildung 18: Prävalenz der Neurodermitis bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . 49

Abbildung 19: Prävalenz von Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes (ICD-10 H60 – H95) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . 50

Abbildung 20: Prävalenz einer Otitis media (ICD-10 H65 – H67) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Abbildung 21: Prävalenz von endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (ICD-10 E00 – E90) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . 52

Abbildung 22: Adipositas-Prävalenz (ICD-10 E66) bei Kin-dern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . 53

Abbildung 23: Anzahl der Kinder und Jugendliche mit einer diagnostizierten Laktoseintoleranz im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Abbildung 24: Prävalenz bösartiger Neubildungen (ICD-10 C00 – C97) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Abbildung 25: Prävalenz von Zahnkaries (ICD-10 K02) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . 60

Abbildung 26: Prävalenz nicht näher bezeichneter Allergien (ICD-10 T78.4) bei Kindern und Jugendli-chen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . 61

Leistungsinanspruchnahme und -kosten

Abbildung 27: Boxplot zur Kontakt- /Verordnungshäufigkeit je Versorgungssektor und Altersgruppe . . . . . 66

Page 11: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XIAbbildungsverzeichnis

Abbildung 28: Durchschnittliche Kosten der Leistungsinan-spruchnahme von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Abbildung 29: Verteilung der Leistungsausgaben auf Per-sonen und Versorgungssektoren . . . . . . . . 70

Abbildung 30: Verteilung der Leistungsausgaben auf Per-sonen und nach Geschlecht . . . . . . . . . . 71

Abbildung 31: Durchschnittliche Anzahl verordneter Arznei-mittel zur Behandlung verschiedener Erkran-kungen (ATC-Dreisteller) für Jungen (M) und Mädchen (W) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Abbildung 32: Verordnungsprävalenz der fünf häufigsten Wirkstoffgruppen je Altersgruppe im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Abbildung 33: Verordnungsprävalenz von Wirkstoffen zur Behandlung von Atemwegserkrankungen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Abbildung 34: Verordnungsprävalenz von Antibiotika bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . 79

Abbildung 35: Verordnungsprävalenz von Cephalospo-rinen der 2. und 3. Generation (Reserve-antibiotika) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Abbildung 36: Verordnungsprävalenz von Kontrazeptiva bei Mädchen ab elf Jahren im Jahr 2016 . . . . . . 83

Abbildung 37: Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen mit we-nigstens einem Krankenhausaufenthalt im Jahr 2016 (in %) . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Abbildung 38: Prävalenz (Fälle je 1.000 Kinder mit Kran-kenhausaufenthalt) der fünf häufigsten Hospitalisierungsgründe in Abhängigkeit des Alters der Kinder und Jugendlichen . . . . . . . 85

Abbildung 39: Durchschnittliche Verweildauer im Kranken-haus nach Alter und Geschlecht . . . . . . . . 91

Schwerpunkt: Familiengesundheit

Abbildung 40: Verteilung der gebildeten Bildungsklassen der Eltern innerhalb der Altersgruppen der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Page 12: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XII Abbildungsverzeichnis

Abbildung 41: Verteilung der gebildeten Einkommensklas-sen der Eltern innerhalb der Altersgruppen der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Abbildung 42: Adipositas-Prävalenz bei Kindern und Ju-gendlichen in Abhängigkeit des Bildungsab-schlusses der Eltern . . . . . . . . . . . . . . 99

Abbildung 43: Karies-Prävalenz bei Kindern und Jugendli-chen in Abhängigkeit des Bildungsabschlus-ses der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Abbildung 44: Asthma-Prävalenz bei Kindern und Jugendli-chen in Abhängigkeit des Bildungsabschlus-ses der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Abbildung 45: Durchschnittliche Anzahl von Kontakten mit dem Versorgungssystem in Abhängigkeit des Ausbildungsgrades der Eltern . . . . . . 101

Abbildung 46: Verteilung der in Anspruch genommenen Versorgungsleistungen in Abhängigkeit des Ausbildungsabschlusses der Eltern . . . . . 103

Abbildung 47: Anzahl durchschnittlich in Anspruch genom-mener Versorgungsleistungen von Kindern und Jugendlichen nach Versorgungssektor und Einkommen der Eltern . . . . . . . . . . 104

Abbildung 48: Kosten der Gesundheitsversorgung von Kin-dern und Jugendlichen in Abhängigkeit des Einkommens der Eltern . . . . . . . . . . . . 105

Abbildung 49: Kosten der Gesundheitsversorgung von Kin-dern und Jugendlichen in Abhängigkeit des Ausbildungs-abschlusses der Eltern . . . . . 106

Abbildung 50: Anzahl Kinder je Familie (Anteile in %) . . . . 109

Abbildung 51: Durchschnittliche Pro-Kopf-Kosten der Kin-der und Jugendlichen in Abhängigkeit der Geburtenreihenfolge . . . . . . . . . . . . . 110

Abbildung 52: Durchschnittliche Kontaktanzahl in Abhän-gigkeit der Geburtenreihenfolge . . . . . . . 110

Abbildung 53: Prävalenz potentiell chronisch-psychischer Erkrankungen bei Kindern suchtkranker Eltern im Vergleich zu Kindern ohne sucht-kranke Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Abbildung 54: Odds Ratio für das Vorhandensein einer ge-sicherten Influenza (ICD-10 J10) nach Al-tersgruppen und Geschlecht bei Vorhanden-sein mindestens einer Influenza-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . 116

Page 13: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XIIIAbbildungsverzeichnis

Abbildung 55: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Grippe ohne Influenza-Virusnachweis (ICD-10 J11) nach Altersgruppen und Ge-schlecht bei Vorhandensein mindestens ei-ner Grippe bei den Eltern des Kindes . . . . 117

Abbildung 56: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Atemwegsinfektion (ICD-10 J06) nach Al-tersgruppen und Geschlecht bei Vorhanden-sein mindestens einer J06-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . 118

Abbildung 57: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Varizellen-Diagnose (ICD-10 B01) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhan-densein mindestens einer B01-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . 119

Abbildung 58: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Ka-ries (ICD-10 K02) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhandensein mindestens einer Karies-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Abbildung 59: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Heuschnupfenallergie (ICD-10 J30) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhan-densein mindestens einer J30-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . 121

Abbildung 60: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Allergie (ICD-10 T78.4) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhandensein mindes-tens einer Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Abbildung 61: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Laktoseintoleranz-Diagnose (ICD-10 E73) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vor-handensein mindestens einer E73-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . 122

Abbildung 62: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhan-densein mindestens einer E66-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . 123

Abbildung 63: Odds Ratio für das Vorhandensein eines Typ 1 Diabetes mellitus (ICD-10 E10) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhan-densein mindestens einer E10-Diagnose bei den Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . 124

Page 14: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XIV Abbildungsverzeichnis

Gastbeitrag des Robert Koch-Institutes

Abbildung 64: Studiendesign der KiGGS-Studie (nach Mauz et al. 2017, aktualisiert) . . . . . . . . . 134

Abbildung 65: Erhebungsinhalte der KiGGS-Studie (Kurth et al. 2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

Abbildung 66: Mütterliches Rauchen in der Schwanger-schaft und Stillverhalten bei 0- bis 6-jährigen Kindern nach sozioökonomischem Status (Lampert et al. KiGGS Study Group 2015). . . 138

Abbildung 67: Allgemeiner Gesundheitszustand („mit-telmäßig“ bis „sehr schlecht“) bei 3- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen nach sozioökonomischem Status (Lampert et al. KiGGS Study Group 2015) . . . . . . . . . . 139

Abbildung 68: Psychische Auffälligkeiten (SDQ-Gesamt-wert) bei 3- bis 17-jährigen Kindern und Ju-gendlichen nach sozioökonomischem Status (Hölling et al. 2014) . . . . . . . . . . . . . . 140

Abbildung 69: Sportliche Aktivität bei 3- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen nach sozioöko-nomischem Status (Lampert et al. KiGGS Study Group 2015) . . . . . . . . . . . . . . 141

Abbildung 70: Vollständige Inanspruchnahme der Früher-kennungsuntersuchungen U3 bis U9 (ohne U7a) bei 7- bis 13-jährigen Kindern nach sozioökonomischem Status (Lampert et al. KiGGS Study Group 2015) . . . . . . . . . . 142

Ergebnisse des DAK Präventionsradars

Abbildung 71: Veranschaulichung des Designs, Kombina-tion aus Quer- und Längsschnittstudie . . . . 148

Abbildung 72: Stichprobenübersicht, getrennt nach Bun-desland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Abbildung 73: Häufigkeit des Frühstücks vor der Schule . . 152

Abbildung 74: Häufigkeit des Verzehrs verschiedener Nah-rungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Abbildung 75: Anteil an übergewichtigen Schülerinnen und Schülern (> 90. Perzentil) . . . . . . . . . . . 154

Page 15: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XVAbbildungsverzeichnis

Abbildung 76: Anteil an übergewichtigen Schülerinnen und Schülern in Abhängigkeit der Frühstücksge-wohnheiten und der gemeinsamen Familien-mahlzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Abbildung 77: Konsumhäufigkeit von Fastfood, Obst oder Gemüse in Abhängigkeit der Häufigkeit ge-meinsamer Familienmahlzeiten . . . . . . . . 155

Abbildung 78: Anteil Schülerinnen und Schüler, die jeden Tag mindestens 60 Minuten aktiv sind . . . . 155

Abbildung 79: Selbstberichtete Häufigkeit von somatischen Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

Abbildung 80: Selbstberichtete Häufigkeit von somatischen Beschwerden bei weiblichen und männli-chen Befragten . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Abbildung 81: Häufigkeit von Stress . . . . . . . . . . . . . 158

Abbildung 82: Somatische Beschwerden in Abhängigkeit des Stresserlebens . . . . . . . . . . . . . . 158

Abbildung 83: Somatische Beschwerden in Abhängigkeit des Stresserlebens und Geschlechts . . . . . 159

Abbildung 84: Wahrgenommene schulische Belastung . . . 159

Abbildung 85: Häufigkeit erlebter oder verursachter Gewalt im letzten halben Jahr . . . . . . . . . . . . 160

Abbildung 86: Energydrinks: Lebenszeitprävalenz, getrennt nach Klassenstufe . . . . . . . . . . . . . . 161

Abbildung 87: Energydrinks: Konsumhäufigkeit . . . . . . . 161

Abbildung 88: Übergewicht, Stress und Schlafprobleme in Abhängigkeit des Konsums von Energydrinks . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Abbildung 89: Energydrinks: Übersicht über handelsübliche Größen Energydrinks . . . . . . . . . . . . . 162

Abbildung 90: Energydrinks: Übliche Trinkmengen . . . . . 163

Abbildung 91: Energydrinks: Konsumgelegenheiten (Mehr-fachantworten möglich) . . . . . . . . . . . . 163

Abbildung 92: Alkohol: Lebenszeitprävalenz . . . . . . . . . 164

Abbildung 93: Alkohol: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen Alkohol konsumiert haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Abbildung 94: Rauschtrinken: Lebenszeitprävalenz . . . . . 165

Abbildung 95: Häufigkeit des Rauschtrinkens . . . . . . . . 165

Page 16: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XVI Abbildungsverzeichnis

Abbildung 96: Zigaretten: Lebenszeitprävalenz . . . . . . . 165

Abbildung 97: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen mindestens eine Zigarette geraucht haben . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Abbildung 98: E-Zigaretten: Lebenszeitprävalenz . . . . . . 166

Abbildung 99: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen ein E-Produkt verwendet haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Abbildung 100: Cannabis: Lebenszeitprävalenz . . . . . . . . 167

Abbildung 101: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

Page 17: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XVII

Tabellenverzeichnis

Erkrankungshäufigkeiten

Tabelle 1: Größe der gebildeten Altersgruppen . . . . . . . . . 8

Tabelle 2: Prototypische Struktur einer Kreuztabelle . . . . . 10

Tabelle 3: Klassifikation der Variablen zur Beschreibung des sozioökonomischen Statuts der Eltern . . . . . 13

Tabelle 4: Häufigste Behandlungs- bzw. Leistungsdiagno-sen (ICD-Dreisteller) im Jahr 2016 (Diagnose-prävalenz in %) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Tabelle 5: Häufigste Behandlungsdiagnosen bei Jungen . . . 19

Tabelle 6: Häufigste Behandlungsdiagnosen bei Mädchen . . 19

Tabelle 7: Die vier häufigsten Behandlungsdiagnosen bzw. Kontaktanlässe je Altersgruppe . . . . . . . . . . . 20

Tabelle 8: Konzeptionelle Übersicht über nonkategoriale Klassifikationsmerkmale chronischer Erkrankun-gen im Kindes- und Jugendalter . . . . . . . . . . 22

Tabelle 9: Häufigkeit potentiell chronisch-somatischer Er-krankungen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . 24

Tabelle 10: Häufigkeit potentiell chronisch-psychischer Er-krankungen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . 25

Tabelle 11: Häufigkeit der fünf relevantesten Atemwegser-krankungen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . 27

Tabelle 12: Häufigkeit der fünf relevantesten infektiösen und parasitären Erkrankungen (Fälle je 1.000) . . . . . 32

Tabelle 13: Häufigkeit der fünf relevantesten Augenerkran-kungen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . . . 36

Tabelle 14: Prävalenz (Fälle je 1.000) psychischer und Ver-haltensstörungen nach Diagnosegruppe bei Kin-dern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . 38

Tabelle 15: Häufigkeit der fünf relevantesten psychischen Verhaltens- und Entwicklungsstörungen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Tabelle 16: Prävalenz (Fälle je 1.000) von Entwicklungsstö-rungen Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . 41

Tabelle 17: Verordnungsprävalenz von Psychostimulanzen bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

Page 18: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XVIII Tabellenverzeichnis

Tabelle 18: Prävalenz (Fälle je 1.000) psychischer und Ver-haltensstörungen durch psychotrope Substan-zen bei Jugendlichen ab dem 14. Lebensjahr . . . 45

Tabelle 19: Häufigkeit der fünf relevantesten Hauterkrankun-gen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Tabelle 20: Häufigkeit der fünf relevantesten Ohrenerkran-kungen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . . . 51

Tabelle 21: Häufigkeit der fünf relevantesten Stoffwechsel-krankheiten (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . . . 52

Tabelle 22: Häufigkeit der fünf relevantesten angeborenen Fehlbildungen und Deformitäten (Fälle je 1.000) . . 55

Tabelle 23: Prävalenz (Fälle je 100.000) bösartiger Neubil-dungen bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Tabelle 24: Häufigkeit der fünf relevantesten Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äu-ßerer Ursachen (Fälle je 1.000) . . . . . . . . . . . 61

Leistungsinanspruchnahme und -kosten

Tabelle 25: Anteil von Kindern und Jugendlichen mit wenigs-ten einer Leistungsinanspruchnahme je Versor-gungssektor und Altersgruppe im Jahr 2016 . . . . 65

Tabelle 26: Inanspruchnahme ambulanter und stationärer ärztlicher Leistungen nach Geschlecht und Al-tersgruppe im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . 67

Tabelle 27: Gesamtkosten je Versorgungssektor . . . . . . . . 68

Tabelle 28: Wirkstoffgruppen mit der höchsten Verordnungs-prävalenz unter Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Tabelle 29: Wirkstoffgruppen mit hoher Verordnungspräva-lenz in Abhängigkeit des Alters der Kinder und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Tabelle 30: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häu-figsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Kin-dern im Alter von unter einem Jahr . . . . . . . . . 76

Tabelle 31: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häu-figsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Kin-dern im Alter von 1 – 4 Jahren . . . . . . . . . . . 77

Tabelle 32: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häu-figsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Kin-dern im Alter von 5 – 9 Jahren . . . . . . . . . . . 77

Page 19: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XIXTabellenverzeichnis

Tabelle 33: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häu-figsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Kin-dern und Jugendlichen im Alter von 10 – 14 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Tabelle 34: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häu-figsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Ju-gendlichen im Alter von 15 – 17 Jahren . . . . . . . 78

Tabelle 35: Verordnungsprävalenz von Antibiotika bei Kin-dern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . 80

Tabelle 36: Verordnungsprävalenz (Fälle je 1.000) von An-tipsychiotika bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Tabelle 37: Inanspruchnahme von Impfleistungen (Abrech-nungsprävalenz in %) im Kindes und Jugendalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Tabelle 38: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufenthalte (Fälle je 1.000) bei Kindern im Alter von unter einem Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Tabelle 39: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufenthalte (Fälle je 1.000) bei Kindern im Alter von 1 bis 4 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Tabelle 40: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufenthalte (Fälle je 1.000 Kinder) bei Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren . . . . . . . . . . . . . 87

Tabelle 41: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufenthalte (Fälle je 1.000 Kinder) bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 14 Jahren . . 87

Tabelle 42: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufenthalte (Fälle je 1.000) bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren . . . . . . . . . . . . . 87

Tabelle 43: Top-5 stationäre Behandlungen mit den höchs-ten Gesamtkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Tabelle 44: Top-5 stationäre Behandlungen mit den höchsten durchschnittlichen stationären Pro-Kopf-Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Tabelle 45: Hauptdiagnosen für einen Krankenhausaufent-halt mit der durchschnittlich längsten Verweildauer 90

Tabelle 46: Hauptdiagnosen für einen Krankenhausaufent-halt mit der durchschnittlich längsten Verweil-dauer (exklusive psychischer Erkrankungen) . . . . 90

Page 20: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XX Tabellenverzeichnis

Tabelle 47: Verordnungsprävalenz (Fälle je 1.000) ausge-wählter Heilmittel für Kinder und Jugendliche im Jahr 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Schwerpunkt: Familiengesundheit

Tabelle 48: Prävalenz häufiger Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter in Relation zum Ausbildungsabschluss der Eltern . . . . . . . . . . 98

Tabelle 49: Durchschnittliche Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen von Kindern suchtkran-ker Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

Tabelle 50: Wahrscheinlichkeit (OR) einer Erkrankung des Kindes bei entsprechender Erkrankung eines Elternteils auf Basis allgemeiner Erkrankungs-gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Tabelle 51: Odds Ratios für das Vorhandensein einer psychischen Erkrankung bei Vorhandensein mindestens einer psychischen Erkrankung der Eltern des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Gastbeitrag des Robert Koch-Institutes

Tabelle 52: Die Erhebungswellen der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) (nach Kurth et al. (2016), aktualisiert) . . 133

Ergebnisse des DAK Präventionsradars

Tabelle 53: Alters- und Geschlechtsverteilung in den einzel-nen Klassenstufen . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Tabelle 54: Befragungsinhalte der Welle 2016/2017 . . . . . 151

Anhang I – Erkrankungsprävalenz von Kindern und Jugendlichen

Tabelle A1: Anteil der Kinder und Jugendlichen mit wenigstens einer ambulant oder stationär dokumentierten Erkrankungsdiagnose . . . . . . .168

Tabelle A2: Diagnoseprävalenz der ICD-10-Oberkapitel bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 . . . . . .168

Page 21: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XXITabellenverzeichnis

Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Tabelle B1: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreisteller bei Kindern im Alter von < 1 Jahr . . . . . . . . . .170

Tabelle B2: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreistel-ler bei Kindern im Alter von 1 – 4 Jahren . . . . . .171

Tabelle B3: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreistel-ler bei Kindern im Alter von 5 – 9 Jahren . . . . . .172

Tabelle B4: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreistel-ler bei Kindern im Alter von 10 – 14 Jahren . . . . .173

Tabelle B5: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreistel-ler bei Kindern im Alter von 15 – 17 Jahren . . . . .175

Page 22: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XXII

Zusammenfassung der Ergebnisse

Häufigste Erkrankungen und Behandlungsdiagnosen von Kin-dern und Jugendlichen

Bei Kindern und Jugendlichen ist die Nutzung des Gesundheitssys-tems je nach Alter und Geschlecht sehr unterschiedlich. Das zeigen die Daten der DAK-Gesundheit für das Jahr 2016. Während bei den unter 1-Jährigen noch 98 % aller Jungen und Mädchen wenigstens einen ambulant-ärztlichen oder stationären Kontakt mit dem Versor-gungssystem hatten, sinkt dieser Anteil bis zum 12. Lebensjahr auf 85 % ab. Dieser positive Trend setzt sich bei Jungen auch im späte-ren Jugendalter fort. Dagegen steigt die Häufigkeit der Diagnosen für Mädchen mit Beginn des Jugendalters wieder an.

Die fünf häufigsten Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, die ambulant oder stationär behandelt wurden, sind unabhängig von Al-ter und Geschlecht Atemwegskrankheiten, Infektions- und Augener-krankungen sowie psychische Erkrankungen bzw. Verhaltensstörun-gen und Hauterkrankungen:

• Mehr als jedes zweite Kind (57 %) hatte eine Atemwegser-krankung. Besonders häufig traten Atemwegsinfekte bei Jungen (80 %) bzw. Mädchen (70 %) im frühen Kindesalter (bis zum 4. Lebensjahr) auf.

• Mehr als jedes dritte Kind (37 %) unter 18 Jahren hatte eine in-fektiöse Erkrankung wie z. B. Viruserkrankungen oder Gastroen-teritiden. Dies betrifft vor allem sehr junge Kinder: Während 60 % aller Kinder im Alter von einem Jahr eine infektiöse oder parasitä-re Erkrankung hatten, liegt dieser Anteil bei Jugendlichen im Alter von 14 bzw. 15 Jahren bei ca. 1 %.

• Knapp jedes dritte Kind (30 %) wurde aufgrund einer Augener-krankung behandelt. Im frühen Kindesalter wird bei einem von fünf Kindern mindestens einmal eine Bindehautentzündung diag-nostiziert, während z. B. im frühen Jugendalter Korrekturen der Kurz- bzw. Weitsichtigkeit die häufigste Krankheitsdiagnose ist.

• Psychische und Verhaltensstörungen zählen mit einer Prävalenz von 26 % zu den vier häufigsten Krankheitsbildern bei Kindern und Jugendlichen. Verhaltensstörungen, wie z. B. ein ADHS, tre-ten vermehrt im späten Kindes- bzw. frühen Jugendalter und z. T. doppelt so häufig bei Jungen wie bei Mädchen auf. Dabei ist zu erkennen, dass auf entsprechende Verhaltensstörungen zu-nächst durch therapeutische oder abwartende Maßnahmen re-agiert wird. Ein verstärkter Einsatz medikamentöser Behand-lungsoptionen ist erst mit fortschreitendem Alter beobachtbar.

• Hauterkrankungen treten vermehrt im frühen Kindes- und späte-rem Jugendalter auf. Zu den häufigsten beobachteten Erkran-

Atemwegs-erkrankungen

Infektions-krankheiten

Augen-erkrankungen

Psychische Erkrankungen

Haut-erkrankungen

Page 23: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XXIIIZusammenfassung der Ergebnisse

kungsbildern zählen dabei die Neurodermitis sowie – erwar-tungsgemäß im Jugendalter – die Akne.

• Für jedes vierte Kind wurde im Jahr 2016 eine Behandlungsdiag-nose gestellt, welche auf eine potentiell chronisch-somatische Erkrankung hindeuten kann. 9 % aller Kinder haben darüber hin-aus eine potentiell chronisch-psychische Erkrankung.

Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen

Mit zunehmendem Alter werden konstant weniger Versorgungsleis-tungen durch Kinder bzw. Jugendliche in Anspruch genommen. Am-bulant-ärztliche Leistungen und Arzneimittel gehören dabei unab-hängig vom Alter zu den am häufigsten abgerechneten medizini-schen Leistungen.

Die bei der DAK-Gesundheit abgerechneten Versorgungskosten für Kinder und Jugendliche betrugen im Jahr 2016 über 527 Millio-nen Euro. Die Hälfte aller Kosten wurde für nur 3 % aller Kinder und Jugendlichen ausgegeben. Wesentlicher Ausgabentreiber sind da-bei Krankenhausaufenthalte, unabhängig von Alter und Geschlecht.

• Die durchschnittliche Anzahl verschriebener Arzneimittel ist stark altersabhängig. Während Kleinkinder innerhalb eines Jahres durchschnittlich sechs verschiedene Arten von Medikamenten zur Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen einnehmen, liegt die Anzahl im späten Jugendalter mit durchschnittlich drei verschiedenen Medikamenten nur halb so hoch.

• Antibiotika gehören zu den häufig verordneten Arzneimitteln, ins-besondere bei Kleinkindern. Insgesamt erhielt jedes vierte Kind bzw. Jugendlicher im Jahr 2016 ein Antibiotikum. Besonders hoch war der Anteil bei den 3-Jährigen: Zwei von fünf Kindern im die-sem Alter bekamen ein Antibiotikum verschrieben. Im Alter von einem Jahr erhielt zudem jedes sechste Kind wenigstens einmal ein Reserveantibiotikum verordnet.

• Der Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen, die 2016 stationär be-handelt wurden, variiert in Abhängigkeit des Alters und liegt zwi-schen 5 % (frühes Jugendalter) und 16 % (Kleinkindalter). Die durchschnittliche Verweildauer variierte dabei zwischen 11 und 4,3 Tagen in den gleichen Altersgruppen. Es zeigt sich, dass die durchschnittliche Anzahl der Krankenhausaufenthalte je Kind mit zunehmendem Alter sinkt, deren Länge jedoch steigt.

Jungen und Mädchen nehmen je nach Alter auf unterschiedliche Art und Weise Leistungen des Gesundheitssystems in Anspruch. Auf-fällig ist z. B., dass Jungen im Alter von 5 bis 9 Jahren doppelt so häufig wie Mädchen ergotherapeutische Leistungen verordnet be-kamen. Der Anteil der Mädchen, die im späten Jugendalter fachärzt-liche Leistungen in Anspruch nehmen, ist wiederum 17 Prozent-punkte höher.

Chronische Erkrankungen

Inanspruch-nahme von Versorgungs-leistungen

Geschlechts-spezifische Unterschiede

Page 24: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

XXIV Zusammenfassung der Ergebnisse

Jedes vierte Elternteil war im Jahr 2016 wenigstens einmal aufgrund einer Erkrankung des Kindes arbeitsunfähig (AU) gemeldet. Die durchschnittliche Anzahl der AU-Meldungen lag bei 2,1, die durch-schnittliche Dauer bei 2,3 Tagen. Knapp 98 % aller AU-Meldungen dauerten dabei nicht länger als fünf Werktage.

Schwerpunkt: Familiengesundheit

Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im innerfamiliären Kontext kann zum einen über den Zusammenhang von Bildung und Einkommen der Eltern und der gesundheitlichen Lage deren Kinder beschrieben werden. Zum anderen kann untersucht werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens bestimmter Erkran-kungen bei Kindern und Jugendlichen ist, wenn die Eltern selbst an einer entsprechenden Erkrankung leiden.

• Der höchste Bildungsabschluss der Eltern ist als Prädiktor für die gesundheitliche Lage der Kinder besser geeignet als das Ein-kommen. Dies ist ggf. darauf zurückzuführen, dass die Gesund-heitskompetenz der Eltern („Health Literacy“) in größerem Aus-maß die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen beein-flusst als finanzielle Ressourcen. Gleichwohl ist von einer engen Korrelation beider Erklärungsansätze auszugehen.

• Die Wahrscheinlichkeit, Versorgungsleistungen als Kind oder Ju-gendlicher in Anspruch zu nehmen, ist höher, wenn der Bildungs-abschluss der Eltern niedrig ist. So ist die Anzahl an Kranken-hausbesuchen oder Medikamenten-Verordnungen bei Kindern von Eltern niedrigeren Ausbildungsstandes höher als bei Eltern mit hohem Bildungsabschluss.

• Kinder von Eltern mit hohem Bildungsabschluss verursachen ge-ringere Kosten als Kinder von Eltern mit niedrigerem Ausbil-dungsabschluss. Die Versorgungskosten von Kindern mit Eltern mit hohem Bildungsabschluss liegen bis zu 16 % unterhalb derer von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss.

• Im Krankheitsgeschehen von Kindern gibt es deutliche Zusam-menhänge zur Erkrankungshäufigkeit bei Eltern. Der stärkste Zu-sammenhang zwischen den Diagnosen von Eltern und Kindern ergibt sich, wie zu erwarten, für akute Infektionskrankheiten. Ein besonders deutlicher Zusammenhang zwischen den Diagnosen der Eltern und der Kinder ergibt sich zudem bei Adipositas (ca. zwei- bis vierfach erhöht) und Zahnkaries (ca. drei- bis vierfach erhöht).

• Eine elterliche Suchterkrankung ist ein bedeutendes Risiko für die gesundheitliche Lage und Entwicklung von Kindern und Ju-gendlichen. Mit durchschnittlichen Gesundheitsversorgungskos-ten von 1.205 Euro im Jahr 2016 weisen diese Kinder z. B. durch-schnittlich 32 % höhere Gesundheitsversorgungskosten auf.

Arbeits-unfähigkeit

der Eltern

Innerfamiliäre Zusammenhänge

Bildung vs. Einkommen

Inanspruch-nahme von

Versorgungs-leistungen

Kosten der Kranken-behandlung

Eltern- und Kindes-

erkrankungen

Kinder von Eltern mit Sucht-

erkrankungen

Page 25: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1

1 Hintergrund und Zielsetzung des Reportes

Mit dem Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit liegt eine aktuelle, systematische Übersicht zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland auf Basis von Routinedaten der Ge-setzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Der Report enthält eine Querschnittsanalyse für das Jahr 2016 hinsichtlich des Krankheits- und Versorgungsgeschehens, soweit dies mit GKV-Routinedaten abbildbar ist. Der Report ist als regelmäßig erscheinende Reihe ge-plant und soll mittelfristig neben Querschnittsanalysen für einzelne Jahre auch Längsschnittanalysen enthalten, die unter anderem die Darstellung von Veränderungen im Krankheitsgeschehen sowie der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen im Zeitverlauf ermög-lichen.

Der vorliegende erste Report verfolgt neben einer systematischen Darstellung der Kinder- und Jugendgesundheit sowie den damit ver-bundenen Leistungsinanspruchnahmemustern und Versorgungs-kosten das Ziel, Zusammenhänge zwischen der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und ihrer Eltern(teile) auf Basis von GKV-Routinedaten zu untersuchen. Dazu gehören auch Analysen des Krankheits- und Versorgungsgeschehens in Abhängigkeit des so-zioökonomischen Status. Beiträge zur zweiten Welle der vom Ro-bert Koch-Institut durchgeführten KiGGS-Studie („Studie zur Ge-sundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“) sowie zu den im Rahmen des DAK-Präventionsradars erhobenen Daten zum Lebensstil und Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schü-lern ergänzen die Routinedatenanalysen in diesem Report. Zukünf-tig ist zudem eine stärkere Verzahnung der Primärerhebungen des Präventionsradars und der Schwerpunktanalyse der Abrechnungs-daten der DAK-Gesundheit geplant. Bereits heute zeigen jedoch schon die Ergebnisse zur Prävalenz von Übergewicht oder zum Ge-brauch von Suchtmitteln das Potential einer inhaltlichen Verknüp-fung beider Analysen.

Die Verwendung von GKV-Routinedaten als Datenbasis für Untersu-chungen zur Versorgungssituation der Bevölkerung geht mit einer Reihe von Vorteilen, aber auch mit einigen Limitationen einher. Zu den Vorteilen gehört, dass die Datengrundlage approximative Re-präsentativität bietet und in der Regel wenig anfällig für Verzerrun-gen aufgrund von Selektionseffekten ist. GKV-Routinedatenanaly-sen ermöglichen darüber hinaus vielfältige bevölkerungsbezogene Analysen mit diversen Differenzierungsmöglichkeiten (z. B. nach Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status und Region). Die Da-tenerhebung erfolgt kontinuierlich und gestattet eine vollständige Abbildung von gegenüber der GKV abrechenbaren Leistungen. Die verfügbaren Daten umfassen Diagnose- und Leistungsdaten aus der vertragsärztlichen Versorgung, der Krankenhausversorgung, der Arzneimittelversorgung, der Heil- und Hilfsmittelversorgung so-wie der durch die GKV getragenen Rehabilitationsleistungen. Hinzu

Gastbeiträge

Vorteile von GKV-Routinedaten

Page 26: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

2 Hintergrund und Zielsetzung des Reportes 1

kommen Daten zur Arbeitsunfähigkeit der Erziehungsberechtigten sowie zu (Kinder-)Krankengeldzahlungen.

Nicht möglich ist hingegen die Abbildung von verhaltensbezogenen Einflussfaktoren (z. B. Ernährungs-, Bewegungs- oder Rauchverhal-ten). Auch lassen sich Schweregrade der zu analysierenden Krank-heiten häufig nicht adäquat differenzieren, da der ICD-10-Katalog zur Diagnosekodierung diesbezüglich nur eingeschränkte Möglich-keiten bietet. In Erkrankungsbildern, in denen der ICD-10 wiederum eine Schweregraddifferenzierung ermöglicht, wurde in der Vergan-genheit für ausgewählte Krankheitsbilder beobachtet, dass eine ent-sprechende Differenzierung nicht dokumentiert wurde, sondern re-gelhaft „unspezifische“ Erkrankungsdiagnosen kodiert wurden.1 Ei-ne weitere Limitation besteht darin, dass Selbstzahlerleistungen sowie andere nicht über die GKV finanzierte Versorgungsleistungen nicht in GKV-Routinedaten enthalten sind. Darüber hinaus ist zu be-rücksichtigen, dass Routinedaten keine explizit zu Forschungszwe-cken erhobenen Daten darstellen und die Validität und Vollständig-keit der Diagnosedaten eingeschränkt sein kann.

Gleichwohl bleiben GKV-Daten ein Schatz, der nunmehr auch für die Kinder- und Jugendgesundheit gehoben werden soll. Der Report soll auf dieser Grundlage dazu beitragen, die gesundheitliche Situa-tion von jungen Menschen besser zu verstehen, um daraus ggf. auch Anregungen für eine sachgerechtere und zielgruppenspezifi-schere Versorgung abzuleiten. Die neue Report-Reihe soll insofern zukünftig durch Einladungen an Gastautoren auch ein Diskussions-forum für innovative Ideen zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen bieten.

1 IGES (2012).

Nachteile von GKV-

Routinedaten

Page 27: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

3

2 Evidenzübersicht Kinder- und Jugend-gesundheit

Zur Beschreibung der gesundheitlichen Lage von Kindern und Ju-gendlichen in Deutschland liegt eine Vielzahl von Studien vor. Dar-unter sind bekannte große nationale Surveys, wie z. B. die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert Koch-Instituts oder die HBSC-Studie („Health Behaviour in School-aged Children“). Im Wesentlichen unterschei-den sich diese Surveys im Alter der betrachteten Zielgruppen. Wäh-rend die KiGGS-Studie Kinder und Jugendliche von 0 bis 17 Jahren einschließt und neben der subjektiven Einschätzung zur Gesundheit von Kindern ab 11 Jahren auch die Bewertung des Gesundheits- und Ernährungsverhaltens der Eltern aller Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren umfasst, fokussiert die HBSC-Studie auf Heranwachsen-de im Alter zwischen 11 und 15 Jahren. Angelegt sind beide Studien als Längsschnitterhebungen, welche so Auskunft über zeitliche Trends im Gesundheitsverhalten geben können.

Während die KiGGS-Studie auf einer nationalen Erhebung basiert, wird die HBSC-Studie in insgesamt 42 Ländern Europas und Nord-amerikas durchgeführt. Daneben gibt es eine Reihe weiterer inter-nationaler Gesundheitssurveys von Kindern und Jugendlichen, wel-che zum Teil in regelmäßigen Abständen von drei Monaten bis hin zu zehn Jahren wiederholt werden. Die Zahl der Studienteilnehmer reicht dabei von 2.500 Kinder und Jugendliche im „Canadian Health Survey on Children and Youth“ bis hin zu mehr als 120.000 Befrag-ten in der „What About Youth Study“ in Großbritannien. Der Großteil internationaler Surveys umfasst jedoch weniger als 10.000 Proban-den. Zum Vergleich: An der kürzlich abgeschlossenen 2. Welle der KiGGS-Studie in Deutschland nahmen ca. 23.000 Kinder und Ju-gendliche teil.

Diese Surveys richten sich zudem an unterschiedliche Altersgrup-pen: Während so z. B. das „Early Childhood Longitudinal Survey – Birth Cohort“ (ECLS-B) in den USA den Gesundheitsstatus von Kin-dern von der Geburt an bis zum Eintritt in den Kindergarten über-wacht, werden in der „What About Youth Study“, Großbritannien 15-Jährige zu ihrer Gesundheit befragt. Im Großteil dieser Surveys oder Langzeituntersuchungen wird dabei die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in einem ganzheitlichen Sinne erhoben. Es wer-den zum einen Aspekte der physischen Gesundheit, wie das Vorlie-gen von chronischen Krankheiten oder Übergewicht, abgefragt, zum anderen wird aber auch der mentale Gesundheitszustand in Form von Erhebung psychischer Erkrankungen, wie Depressionen oder Verhaltensstörungen, ermittelt. Eine weitere große Rolle spielt in den verschiedenen Reporten die Erfassung des Gesundheitsverhal-tens der Kinder und Jugendlichen. So wird zum einen Drogen- und Alkoholkonsum als auch das Essverhalten oder das Ausmaß kör-perlicher Aktivität untersucht.

Kinder- und Jugendsurveys

Internationale Studien

Page 28: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

4 Evidenzübersicht Kinder- und Jugend gesundheit 2

Eine wichtige Säule zur Beurteilung der gesundheitlichen Lage von Kindern- und Jugendlichen stellt vielfach der Einbezug des sozialen Umfelds sowie dessen gesundheitsrelevanten Determinanten dar. So werden zum einen Informationen zum Sozialleben gesammelt; das Spektrum reicht hierbei von der Häufigkeit des Freundetreffens über Mobbingerfahrungen in der Schule, das Verhältnis zu den El-tern bis hin zur empfundenen Sicherheit („National Study of Health and Wellbeing: Children and Young People“, Großbritannien) oder der Verfügbarkeit von Versorgungsangeboten („Longitudinal Study of Australian Children“ (LSAC), Australien) in der eigenen Wohnum-gebung. So wird nicht nur der Gesundheitsstatus oder das -verhal-ten an sich abgefragt, sondern auch in Bezug zur sozialen Umwelt gesetzt. Der Einbezug entsprechender Kontextvariablen ist der gro-ße Vorteil von Survey-Studien. Ein Nachteil entsprechender Erhe-bungen sind in der Regel die fehlenden Möglichkeiten zur exakten Quantifizierung der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen. Hierfür sind Analysen auf Basis von GKV-Abrechnungsdaten, wie sie der vorliegende Report enthält, besser geeignet.

Für den deutschen Versorgungskontext liegen eine Reihe von Daten über das Inanspruchnahmeverhalten von Versorgungsleistungen bei Kindern und Jugendlichen auf Basis von GKV-Routinedaten aber auch auf Basis von Auswertungen größerer Forschungsdaten-banken (z. B. die pharmakoepidemiologische Forschungsdatenbank des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS) bzw. Datenauswertungen anderer deutscher Panelstudien (z. B. das Sozio-oekonomische Panel – SOEP) vor. Daneben haben viele Kostenträger in der gesetzlichen Krankenversicherung eigene Schwerpunktanalysen zur Kindergesundheit veröffentlicht, jedoch in der Regel mit einem thematischen Fokus auf eine Erkrankungsindi-kation und in der Regel ohne Längsschnittbezug. Der nun vorliegen-de Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit leistet insofern einen wichtigen Beitrag zur routinemäßigen Beschreibung der ge-sundheitlichen Lage in dieser besonders vulnerablen Zielgruppe. Die Verknüpfung eines kontinuierlichen Reportings mit inhaltlichen Schwerpunktthemen, welche bislang nur sehr unsystematisch oder noch sehr wenig in der Fachöffentlichkeit aber auch in den für die Versorgung relevanten Settings, wie Kindergärten, Schulen oder Ausbildungsbetrieben, diskutiert wurden, sollen diesen Report künf-tig be gleiten.

So lagen inhaltliche Schwerpunkte vieler Veröffentlichungen zur Kin-der- und Jugendgesundheit bislang in der Beschreibung der Präva-lenzen bestimmter Krankheitsbilder. Besonders häufig wurden hier-bei zuletzt die Erkrankungshäufigkeit psychischer Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten (insb. ADHS2) oder gesundheitsschäd-liches Konsumverhalten beschrieben.3 Der vorliegende Report

2 Exemplarisch: Bachmann et al. (2017); Hoffmann et al. (2012); Sauer et al. (2014); Schlack et al. (2014).

3 Lampert et al. (2014b); Wiesner et al. (2007).

Soziale Determinanten

der Gesundheit

Sekundärdaten-analysen

Page 29: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

52 Evidenzübersicht Kinder- und Jugend gesundheit

knüpft an dieser Stelle z. B. an entsprechende Analysen an und ver-knüpft sie mit einer Analyse der Verschreibungshäufigkeiten rele-vanter Psychostimulanzien.

Die Erhebung und Darstellung inzidenter, also in einem bestimmten Zeitraum neuerkrankter Kinder und Jugendlichen hingegen bleibt in Deutschland bisher die Ausnahme. Die Analysen im vorliegenden Report differenzieren ebenfalls nicht zwischen prävalenten und inzi-denten Fällen, sondern beschreiben als Querschnittstudie die Ver-sorgungssituation von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016. Mit der Fortsetzung dieser Reportreihe ist zukünftig auch die Abbildung jährlicher Neuerkrankungsraten geplant, sodass sukzessive auch die Beschreibung von Erkrankungs- und Versorgungstrends möglich wird.

Wenige Analysen zu Neuerkrankungs-raten

Page 30: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

6

3 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse

3.1 Datengrundlage

Für die vorliegenden Analysen wurden bundesweite anonymisierte Abrechnungsdaten aller Versicherten der DAK-Gesundheit aus dem Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 berücksichtigt. Dabei wurden Daten aus den Bereichen

• Mitgliederstatistik (Stammdaten),

• ambulante vertragsärztliche Versorgung,

• stationäre Versorgung,

• Arzneimittel,

• Heilmittel,

• Hilfsmittel,

• Rehabilitation und

• Arbeitsunfähigkeit der Eltern

analysiert. Diese Daten geben Auskunft über die zulasten der GKV abrechenbaren Leistungen. Nicht berücksichtigt werden folglich in-dividuelle Gesundheitsleistungen oder sonstige privat abgerechnete Leistungen, die nicht von der GKV erstattet werden.

Das im vorliegenden Report betrachtete Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen basiert als Querschnittsanalyse auf Daten von 587.977 Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren, darunter 300.819 Jungen (51,2 %) und 287.158 Mäd-chen (48,8 %), die im Jahr 2016 wenigstens einen Tag bei der DAK-Gesundheit versichert waren. Die Analysen des Schwerpunktthe-mas Familiengesundheit berücksichtigen zusätzlich Leistungsda-ten aller über die DAK-Gesundheit verknüpfbarer Familienmitglie-der (Eltern, ältere Geschwister; zur Methodik siehe Abschnitt 3.3). Eine Aussage über Familienstrukturen, z. B. eine Identifikation von Alleinerziehenden, ist damit jedoch nicht möglich.

In den anonymisierten Versichertenstammdaten liegt zur Beschrei-bung des Alters der Studienpopulation das Geburtsdatum vor. Um das Alter zum Zeitpunkt der Leistungsinanspruchnahme in Relation zur jeweiligen Grundgesamtheit aller versicherten Kinder und Ju-gendlichen zu setzen, ist das Alter der Kinder bzw. die Anzahl aller Kinder und Jugendlichen im jeweiligen Alter in Relation zu einem spezifischen Bezugszeitpunkt zu berechnen. Als Bezugszeitpunkt der Altersberechnung ist grundsätzlich der erste Kalendertag eines Jahres (01.01.2016), die Jahresmitte (01.07.2016) oder das Jahres-ende (31.12.2016) möglich.4 Für die im vorliegenden Report berück-

4 Neubauer et al. (2014).

Umfassendes Leistungs-geschehen

Stichproben-größe

Datenaufgriff

Page 31: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

73 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse

sichtigten Kinder und Jugendlichen wurde das Alter der Personen in Bezug auf die Jahresmitte berechnet. Dies hat den Vorteil, dass der Informationsverlust bei den Randgruppen (Alter < 1 und 17 Jahre) minimiert wird. Insgesamt ergibt sich damit folgende Altersverteilung (vgl. Abb. 1). Ein Abgleich mit der bundesdeutschen Altersverteilung auf Basis des Mikrozensus5 zeigt dabei nur geringfügige Abwei-chungen:

Abbildung 1: Altersverteilung der Studienpopulation im Jahr 2016 in Relation zur bundesweiten Verteilung (Bezugszeitpunkt: 01.07.2016)

Während in der Beschreibung der Krankheitslast in der Regel auf die jeweiligen Altersjahrgänge abgestellt wird (siehe hierzu Kap. 4), werden zur Beschreibung der Leistungsinanspruchnahme Alters-gruppen gebildet (siehe Tab. 1). Diese orientieren sich in Teilen an Altersgruppen, die auch in Berichten des Statistischen Bundesam-tes Verwendung finden. Im Kern werden Neugeborene und Säuglin-ge (< 1 Jahr), Kleinkinder und Kinder im frühen Kindesalter (1 bis 4 Jahre), Schulkinder (5 bis 9 Jahre sowie 10 bis 14 Jahre) und Ju-gendliche im späten Jugendalter (15 bis 17 Jahre) differenziert.

5 Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Grundlage des Zensus 2011. Destatis (2018).

Altersgruppen

Page 32: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

8 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse 3

Tabelle 1: Größe der gebildeten Altersgruppen

Alter Jungen Mädchen gesamt

<1 8.303 7.983 16.286

1 – 4 63.064 60.543 123.607

5 – 9 83.874 79.333 163.207

10 – 14 94.919 89.834 184.753

15 – 17 50.659 49.465 100.124

Gesamt 300.819 287.158 587.977

3.2 Analyse des Krankheitsgeschehens und der Inan-spruchnahmehäufigkeit

Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse zur Diagnosehäufigkeit von Erkrankungen sowie die Aufschlüsselung der Leistungsinan-spruchnahme von Gesundheitsleistungen zielen auf eine deskripti-ve Beschreibung des administrativen Krankheitsgeschehens von Kindern und Jugendlichen ab. Da sowohl die ermittelte Diagnose- als auch Behandlungsprävalenz von der Kodierqualität bzw. Genau-igkeit der Diagnosestellung abhängt, kann eine Über- oder Unter-schätzung der tatsächlichen Morbidität nicht ausgeschlossen wer-den. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass insbesondere bei leichte-ren Erkrankungsbildern eine Unterschätzung der Prävalenz zu erwarten ist, da davon auszugehen ist, dass nicht jedes Erkran-kungssymptom eine Leistungsinanspruchnahme auslöst.

Die berichteten Prävalenzen (in %) bzw. Fälle je 1.000 bis 100.000 Personen sind insofern als administrative bzw. dokumentierte Be-handlungsprävalenz zu interpretieren. Analysen zur Krankheitshäu-figkeit sind aufgrund des einjährigen Analysezeitraumen ferner als Periodenprävalenz (oder auch kumulative Prävalenz) zu verstehen.

Periodenprävalenz = Anzahl Fälle in definierter Population in 2016Anzahl Personen in dieser Population

Prävalente Fälle einer interessierenden Erkrankung oder Diagnose wurden über das Vorliegen mindestens einer gesicherten ambulan-ten Diagnose oder einer stationären Haupt- oder Nebendiagnose in den Abrechnungsdaten der DAK-Gesundheit aufgegriffen.

In der Analyse der bei Leistungsinanspruchnahme anfallenden Kos-ten werden die zuvor genannten Versorgungsbereiche einbezogen. Eine Zuordnung abgerechneter Leistungen zu einzelnen Erkran-kungsdiagnosen ist dabei in der Regel nicht möglich. Lediglich im Rahmen der Betrachtung stationärer Aufenthalte ist eine Zurech-nung der Hauptdiagnosen zu einer Erkrankung mit ausreichender Plausibilität möglich. Die erkrankungsspezifische Zuschlüsselung

Prävalenz-berechnung

Kosten der Leistungs-

inanspruch-nahme

Page 33: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

93 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse

von Arzneimittelverbräuchen und -kosten ist wiederum nur dann möglich, wenn die zur Behandlung einer bestimmten Erkrankung eingesetzten Wirkstoffe nicht auch für andere Erkrankungsbilder in Frage kommen. Für ambulant-ärztliche Kontakte kann eine entspre-chende Zuordnung in der Regel ebenfalls nicht sicher vorgenom-men werden. Ursächlich dafür ist die Datenstruktur ambulant abge-rechneter Leistungen und dokumentierter Diagnosen (entsprechend § 295 SGB V). Denn während erbrachte medizinische oder diagnos-tische Leistungen mit Datumsbezug gespeichert werden, erfolgt die Dokumentation von Diagnosen nur mit Quartalsbezug.

3.3 Abbildung innerfamiliärer Interaktionen

3.3.1 Beschreibung von Familienzusammenhängen

Eine große Herausforderung bei der Betrachtung von Familien und Kindern in Routinedaten stellt die Zuweisung bzw. Erkennung der Familienrollen dar. So ist aus den Routinedaten lediglich die gene-relle Zuordnung von Einzelpersonen zu einem Identifikationsschlüs-sel der Familie ersichtlich. Die Zuordnung von Kindern zu deren El-tern ist über die Versichertennummer möglich. Weitere Zuordnungs-schlüssel können eine Kombination aus Familienname und Wohn-adresse darstellen. Für nachfolgende Analysen erfolgte zusätzlich eine Absicherung der Zuordnung der Mutter über einen Kranken-hausaufenthalt zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Dafür standen Daten von 426.073 bei der DAK-Gesundheit versicherten Personen zur Verfügung, welche den betrachteten Kindern als Elternteile zu-geordnet werden konnten.

Welche Familienrolle die jeweilige Person im Familienverbund hat, muss jedoch heuristisch aus den Informationen zu Alter und Ge-schlecht ermittelt werden. Hierfür wurde die Annahme getroffen, dass der minimale Altersabstand zwischen Eltern und Kind 12 Jahre beträgt, d. h. eine Person kann frühestens mit 12 Jahren Vater oder Mutter werden. Aufbauend auf dieser Annahme wird ein iterativer Prozess zur Identifikation zur Anwendung gebracht.

1. Personen unter 12 Jahren werden eindeutig als „Kind“ identifi-ziert.

2. Die verbleibenden Personen über 11 Jahren und unter 18 Jah-ren werden als „Kind“ berücksichtigt, wenn das eigene Alter min-destens 12 Jahre unter dem Alter des ältesten Familienmitglieds liegt.

3. Personen werden ohne Altersbeschränkung als „Kind“ klassifi-ziert, wenn sie mindestens die drittjüngste Person in der Familie sind.

4. Personen, die die zweitälteste Person der Familie sind und das gleiche Geschlecht wie die älteste Person der Familie haben,

Abbildung von Familien in GKV-Abrechnungs-daten

Familienrolle

Page 34: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

10 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse 3

werden als „Kind“ kategorisiert, wenn ihr Alter mindestens 12 Jahre unterhalb der ältesten Person liegt.

5. Personen, die nicht als „Kind“ identifiziert wurden, werden je nach Geschlecht als „Mutter“ bzw. „Vater“ gekennzeichnet.

Die Anwendung dieser Heuristik auf den Datensatz produzierte kei-ne Familie mit mehr als zwei Elternteilen und ist in der Lage, gleich-geschlechtliche Paare mit Kindern zu identifizieren. Als problema-tisch erwiesen sich jedoch Familien mit einem Mehrgenerationen-haushalt, da hier oftmals nur der Großelternteil als Eltern identifiziert wird. Die teilweise volljährigen Eltern, die noch in einem Haushalt mit ihren Eltern leben, werden jedoch ebenso als Kinder kategori-siert wie ihre eigenen Kinder. Entsprechende Fälle machten eine manuelle Nachkategorisierung erforderlich.

Im Rahmen von Kapitel 7 wird die Assoziation zwischen Bedingun-gen und Ereignissen analysiert (z. B. das Auftreten einer Diagnose bei Kindern (Ereignis), wenn deren Eltern eine gleichlautende Diag-nose aufweisen (Bedingung)). Zur Beschreibung entsprechender Zusammenhänge können zunächst Kreuztabellen genutzt werden. Dabei wird in den Spalten jeweils dokumentiert, ob die in Frage ste-hende Bedingung erfüllt wird oder nicht. In den Zeilen findet sich die Information, ob das Ereignis eingetreten ist oder nicht. Aus dieser Struktur ergeben sich vier disjunkte Gruppen, denen jeweils ein Feld in der Kreuztabelle zugeordnet wird (vgl. Tab. 2). In der linken Spalte finden sich die Personen, bei denen die Bedingung nicht vorlag und das Ereignis nicht eingetreten ist (a), und die Personen, bei denen die Bedingung nicht vorlag, aber das Ereignis eingetreten ist (c). In der rechten Spalte finden sich die Personen, bei denen die Bedin-gung vorlag, aber das Ereignis nicht eingetreten ist (b), und die Per-sonen, bei denen die Bedingung vorlag und das Ereignis eingetre-ten ist (d). Da die Gruppen disjunkt sind, kann für eine gegebene Population die absolute Häufigkeit einer jeden Gruppen eindeutig bestimmt werden (dabei gilt: a + b + c + d = Populationsgröße).

Tabelle 2: Prototypische Struktur einer Kreuztabelle

Bedingung

liegt nicht vor liegt vor

Ereignisnicht eingetreten a b

eingetreten c d

Auf Basis der Kreuztabelle können nun Maßzahlen berechnet wer-den, welche es erlauben die Assoziation zu quantifizieren. Eine die-ser Maßzahlen ist das Chancenverhältnis bzw. Odds Ratio, wobei in den nachfolgenden Kapiteln stets die englische Bezeichnung ver-wendet wird. Hierbei wird zunächst getrennt für die beiden Spalten die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass das Ereignis eintritt, also b/a

Innerfamiliäre Zusammenhänge

Interpretation von Odds Ratios

Page 35: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

113 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse

bzw. d/c. Sollte eine Assoziation zwischen der Bedingung und dem Ereignis vorliegen, so ist davon auszugehen, dass diese Wahr-scheinlichkeiten sich unterscheiden. Um diesen Unterschied zu un-tersuchen, wird das Verhältnis der beiden Wahrscheinlichkeiten, das Odds Ratio, als (a*d)/(b*c) gebildet.

Ein Odds Ratio von unter 1 drückt aus, dass die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis in der Gruppe, für die die Bedingung vorliegt, gerin-ger ist als in der Gruppe ohne Bedingung. Insbesondere in der Epi-demiologie spricht man bei einem Odds Ratio von unter 1 deshalb von einem „schützenden Effekt“, den die Bedingung bzgl. des Ereig-nisses ausübt. Ein Odds Ratio von über 1 bedeutet hingegen, dass die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis höher ist, sobald die Bedin-gung vorliegt. Das Odds Ratio erlaubt es zudem, diesen Zusam-menhang direkt zu quantifizieren, so bedeutet ein Odds Ratio von 4 beispielweise, dass die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Ereig-nisses bei vorliegender Bedingung viermal höher ist. Ist das Odds Ratio 1, was gleichbedeutend ist mit gleicher Chance in beiden Spalten, liegt keine Assoziation zwischen der Bedingung und dem Ereignis vor.

3.3.2 Beschreibung des sozioökonomischen Familienstatus

Ein inhaltliches Schwerpunktthema des vorliegenden Reportes ist die Analyse interfamiliärer Zusammenhänge auf das Krankheitsge-schehen von Kindern und Jugendlichen. Dabei ist die Abbildung so-zioökonomischer Zusammenhänge von hervorgehobenem Interes-se. Viele Studien haben in den letzten Jahren auf den engen Zusam-menhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit hingewie-sen. Für Kinder und Jugendliche kann sich der sozioökonomische Status ihrer Herkunftsfamilie in mannigfaltiger Weise auf ihre soziale und gesundheitliche Entwicklung auswirken.6

In auf GKV-Abrechnungsdaten basierenden Analysen muss auf ei-ne für einen anderen Zweck als zur Abbildung der wirtschaftlichen Lage der Zielpopulation erhobene Datenbasis zurückgegriffen wer-den. Die Informationsbasis ist im Gegensatz zu Primärerhebungen grundsätzlich eingeschränkt. So nutzt beispielsweise die KiGGS-Studie des RKI eine an den Winkler-Sozialschichtindex angelehnte Operationalisierung, welche Angaben der Eltern zur schulischen und beruflichen Ausbildung, zur beruflichen Stellung sowie zum Haushaltsnettoeinkommen enthält und schließlich in einer dreistufi-gen Ausprägung (niedrig, mittel, hoch) zusammenfasst.7 Die HBSC-Studie verwendet hingegen Selbstangaben der Kinder zum familiä-ren Wohlstand und errechnet daraus einen Index. Dieser setzt sich aus vier Fragen zusammen, welcher über die Verfügbarkeit von Computern und Autos im Familienhaushalt, der Verfügbarkeit eines

6 Klocke, Lampert (2005).7 Lampert et al. (2014a).

Sozio-ökonomischer Familienstatus

Limitierte Datenbasis

Page 36: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

12 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse 3

eigenen Kinderzimmers sowie der Anzahl von Familienurlauben den sozioökonomischen Familienstatus abbildet.

In GKV-Abrechnungsdaten stehen zur Beschreibung des sozioöko-nomischen Status‘ der Versicherten im Wesentlichen zwei Informati-onen zur Verfügung:

• Einkommensklasse,

• Tätigkeitsschlüssel.

Einkommensklassen sind als kategorielle Variable in Schritten von 500 € beginnend mit „< 500 €“ bis zur Kategorie „> 4.500 €“ verfüg-bar. Aufgrund einer besseren Übersichtlichkeit wurden jeweils zwei Klassen zusammengefasst, sodass alle Auswertungen nach Ein-kommen anhand der Kategorien „< 1.000 €“, „1.000 – 1.999 €“, „2.000 – 2.999 €“, „3.000 – 3.999 €“ und „> 4.000 €“ stratifiziert dar-gestellt werden. Um Personen mit fehlenden Werten ebenfalls mit in die Analysen nach Einkommen einbeziehen zu können, wurde die Kategorie „Keine Angabe“ erstellt. Allen Mitgliedern einer Familie wurde die höchste Einkommensklasse aller Familienmitglieder zu-gewiesen.

Als Tätigkeitsschlüssel werden Informationen über Art und Umfang der Tätigkeit vom Arbeitgeber nach dem „Schlüsselverzeichnis“ der Bundesagentur für Arbeit an die Sozialversicherungsträger übermit-telt. Dieser enthält in Form einer neunstelligen Ziffer Informationen über:

1. die ausgeübte Tätigkeit (Beschreibung der aktuell im Betrieb ausgeübten Tätigkeit anhand einer 5-stelligen Schlüsselzahl),

2. den höchsten allgemeinbildenden Schulabschluss (z. B. Abitur/Fachabitur),

3. den höchsten beruflichen Ausbildungsabschluss (z. B. Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung, Bachelor oder Promotion),

4. eine Arbeitnehmerüberlassung (Unterscheidung zwischen Zeit-arbeitern und Stammpersonal),

5. die Vertragsform (z. B. unbefristeter Arbeitsvertrag in Vollzeit).

Der (Aus-)Bildungsabschluss einer versicherten Person ist aus der 7. Stelle des Tätigkeitsschlüssels extrahierbar. Die sieben Kategori-en lauten in den Originaldaten:

• Ohne beruflichen Ausbildungsabschluss,

• Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung,

• Meister-/Techniker- oder gleichwertiger Fachschulabschluss,

• Bachelor,

• Diplom/Magister/Master/Staatsexamen,

Höchstes Einkommen

Höchster Ausbildungsgrad

Page 37: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

133 Methodik der Datenaufbereitung und Analyse

• Promotion und

• Abschluss unbekannt.

Für die Analysen zum Einfluss des sozioökonomischen Status der Familie auf die Gesundheit und Leistungsinanspruchnahme wurde den Kindern, analog zum Vorgehen der Einkommensklassen, der höchste Bildungsstand der Eltern zugewiesen. Zu berücksichtigen ist, dass für knapp 40 % der im Datensatz enthaltenen Kinder keine Angaben zum Bildungsabschluss der Eltern vorliegen. Ob die feh-lende Angabe eines Bildungsabschlusses systematisch bestimmte sozioökonomische Statusgruppen im Datensatz unterrepräsentiert, kann nicht ausgeschlossen werden.

Zur besseren Interpretierbarkeit der Ergebnisse wurden die den so-zioökonomischen Familienstatus beschreibenden Variablen wie folgt zusammengefasst:

Tabelle 3: Klassifikation der Variablen zur Beschreibung des sozio-ökonomischen Statuts der Eltern

Aggregierte Kategorie Beinhaltete Ausprägungen

Beruflicher Ausbildungsabschluss

Keine Angabe Abschluss unbekannt

Kein Abschluss Ohne beruflichen Ausbildungsab-schluss

Mittlerer Bildungsabschluss Abschluss einer anerkannten Be-rufsausbildung,

Meister-/Techniker- oder gleichwer-tiger Fachschulabschluss,

Hoher Bildungsabschluss Bachelor/Diplom/Magister/Master/Staatsexamen

Promotion

Einkommen*

Keine Angabe Keine Angabe

Niedriges Einkommen Bis 1.500 €

Mittleres Einkommen 1.500 € bis 3.500 €

Hohes Einkommen Ab 3.500 €

* Klassifikation in Anlehnung an die Abstufung des Institut für angewandte Wirtschaftsforschung anhand des relativen Abstandes zum Medianein-kommen. Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der fehlen-den Angaben zum Familienkommen hier nur eine näherungsweise Abbil-dung des Einkommensniveaus erfolgen kann. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2015).

Fehlende Daten

Aggregation der Daten

Page 38: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

14

4 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

1. Atemwegserkrankungen sind die häufigste Krankheitsursache bei Kindern und Jugendlichen. Mehr als jedes zweite Kind war im Jahr 2016 wenigstens einmal mit einer entsprechenden Er-krankung beim Arzt.

2. Für jedes dritte Kind bzw. Jugendlichen wurde wenigstens ein-mal eine Infektions- oder Augenerkrankung diagnostiziert.

3. Primär-präventable und häufig lebensstilassoziierte Erkran-kungen wie Adipositas treten im Kindes und Jugendalter im Vergleich zu akuten Erkrankungen deutlich seltener, jedoch immer noch zu häufig auf. Knapp eines von zehn Kindern war im Jahr 2016 krankhaft übergewichtig.

4. Jedes vierte bis zehnte Kind ist potentiell chronisch somatisch oder psychisch krank.

5. Ab dem 12. Lebensjahr haben mehr Mädchen als Jungen Kon-takt mit dem Versorgungssystem. Bis zum 12. Lebensjahr ist der Anteil von Jungen mit wenigstens einer Erkrankungsdiag-nose geringfügig höher als bei Mädchen.

4.1 Häufigste Erkrankungsdiagnosen und Behandlungs-anlässe

Im Durchschnitt hatten neun von zehn aller bei der DAK-Gesundheit versicherten Kinder und Jugendlichen (89,6 % der Jungen, 90,8 % der Mädchen) im Jahr 2016 eine abrechnungsrelevante ambulante oder stationäre Krankheitsdiagnose (vgl. Abb. 2). Dem liegt jedoch eine alters- und ab dem Beginn des Jugendalters auch geschlechts-abhängige Verteilung zugrunde. Während bis zum 5. Lebensjahr für 95 % bis 98 % aller Kinder eine ärztliche Diagnosestellung entwe-der beim Haus oder Facharzt oder im Rahmen eines Krankenhaus-aufenthaltes erfolgte, sank der Anteil von Kindern mit einer diagnos-tizierten Erkrankung bis zum 12. Lebensjahr auf 85 % ab. Während sich dieser Trend bei Jungen auch im späteren Jugendalter weiter fortsetzt, stieg die Diagnoseprävalenz für Mädchen mit Beginn des Jugendalters wieder an. Dies ist im Wesentlichen auf die Inan-spruchnahme fachärztlicher gynäkologischer Leistungen zurück zu führen.

Allgemeines Krankheits-geschehen

Page 39: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

154 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Abbildung 2: Anteil der Kinder und Jugendlichen mit wenigstens ei-ner ambulanten oder stationären Krankheitsdiagnose im Jahr 2016

Unabhängig vom Alter und Geschlecht der Kinder bzw. Jugendli-chen lassen sich deutliche Schwerpunkte im Krankheitsgeschehen identifizieren (vgl. Abb. 3).

Abbildung 3: Häufigste Erkrankungsarten (Prävalenz) unter Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Eine differenzierte Übersicht der Prävalenz aller berichteten Er-krankungsarten findet sich in Anhang I.

Häufigste Erkrankungs-arten

Page 40: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

16 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Atemwegserkrankungen sind mit einer Prävalenz von 57 % im Jahr 2016 die häufigste Krankheitsursache. Darüber hinaus wurde bei knapp jedem dritten Kind bzw. Jugendlichen im Jahr 2016 eine be-stimmte infektiöse Erkrankung diagnostiziert und behandelt. Auch Augenerkrankungen sind mit einer Prävalenz von knapp 30 % ein vergleichsweise häufiger Grund zur Inanspruchnahme des Versor-gungssystems. Psychische Erkrankungen – darunter subsummie-ren sich sowohl psychische und Verhaltensstörungen als auch Ent-wicklungsstörungen – zählen neben Hauterkrankungen zu den ins-gesamt fünfthäufigsten Erkrankungsursachen unter Kindern und Jugendlichen. Knapp jedes vierte Kind hatte im Jahr 2016 wenigs-tens einmal aufgrund einer entsprechenden Diagnose einen Be-handlungsanlass.

Mit einer Prävalenz von unter 10 % kommen Stoffwechsel- oder Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen vergleichsweise selten vor. Auch Erkrankungen des Nerven- oder Herz-Kreislauf-Systems sind ebenfalls seltener Grund für ambulante oder stationä-re Behandlungen.

Die häufigsten einzeln abgerechneten Behandlungsdiagnosen un-ter Kindern und Jugendlichen (ICD-Dreisteller) spiegeln die zuvor gezeigte Häufigkeit der Erkrankungsarten wieder (vgl. Tab. 4). So ist die sowohl unter Jungen als auch Mädchen häufigste Behandlungs-diagnose im Jahr 2016 der grippale Infekt. Mit der akuten Bronchitis, welche ca. dreimal seltener als der grippale Infekt diagnostiziert wird, ist eine weitere Atemwegserkrankung unter den fünf häufigs-ten Behandlungsdiagnosen. Diese tritt jedoch häufiger bei Jungen (Prävalenz: 12,2 %) als bei Mädchen (10,6 %) auf. Vergleichsweise häufig treten auch als „Viruskrankheit mit nicht näher bezeichneter Lokalisation“ dokumentierte Infektionserkrankungen auf (Gesamt-prävalenz: 11,2 %). Darunter fallen verschieden virusbedingte Infek-tionen. Besonders häufig im Kindesalter treten Infektionen mit dem Adenovirus auf, welche für eine Vielzahl verschiedener Erkran-kungsbildung z. B. der Atemwege, des Magen-Darm-Traktes oder der Augenbindehaut verantwortlich sein können.

Die Korrektur einer Kurz- bzw. Weitsichtigkeit zählte darüber hinaus im Jahr 2016 zu den häufigsten Behandlungsanlässen für Jungen und Mädchen. Ebenfalls häufig aber mit deutlichen Unterschieden zwischen Jungen und Mädchen erfolgte im Jahr 2016 die Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen und Entwicklungsstö-rungen.

Seltenere Erkrankungs-

arten

Häufigste Behandlungs-

diagnosen

Page 41: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

174 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 4: Häufigste Behandlungs- bzw. Leistungsdiagnosen (ICD-Dreisteller) im Jahr 2016 (Diagnoseprävalenz in %)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Akute Infektion der oberen Atemwege (grippaler Infekt)

J06 29,3 30,2 29,7

Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Perso-nen ohne Beschwerden oder angegebene Diagnose

Z00 24,9 25,0 24,9

Akkommodationsstörungen und Refraktionsfehler

H52 16,9 19,1 18,0

Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen Kombinationen von Infekti-onskrankheiten

Z27 12,4 12,8 12,6

Akute Bronchitis J20 12,2 10,6 11,4

Viruskrankheit unspez. B34 11,0 11,4 11,2

Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Infektions-krankheiten

Z26 8,7 12,3 10,5

Sprach-/ Sprechstörungen F80 11,4 7,6 9,5

Bindehautentzündung H10 9,2 8,7 9,0

Gastroenteritis unspez. A09 9,0 8,3 8,6

Unter den häufigsten abgerechneten Diagnose-Dreistellern sind ne-ben Behandlungsdiagnosen auch solche Schlüssel, welche die Art der Leistungsinanspruchnahme beschreiben (Z-Diagnosen). Diese umfassen Vorsorge- und Impfleistungen ebenso wie Probleme am Arbeitsplatz, in der Familie oder in der Lebensführung oder auch unspezifische Beschwerden ohne Krankheitswertigkeit.

Unter die Diagnose Z27 fallen dabei Kombinationsimpfungen gegen Infektionskrankheiten, z. B. gegen Diphtherie-Pertussis-Tetanus (DPT) oder gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR, vgl. hierzu den Abschnitt zu Infektionskrankheiten in Kap. 4.5). Ebenfalls häufig ab-gerechnet wird eine Notwendigkeit der Impfung gegen nicht näher bezeichnete Infektionskrankheit (ICD-10: Z26.9), welche als unspe-zifische Kodierung bei nur einer verimpften Impfkomponente, also keiner Kombinationsimpfung, in der Regel verwendet wurde.

Inanspruch-nahme des Versorgungs-systems

Page 42: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

18 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

4.2 Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede im Erkrankungs geschehen

Das Erkrankungsgeschehen bei Jungen und Mädchen ist unter-schiedlich. Hinsichtlich der Häufigkeit beobachteter Atemwegser-krankungen liegen Jungen und Mädchen auf annähernd vergleich-barem Niveau (vgl. Abb. 4). Unter den häufigsten Erkrankungsarten werden für Mädchen jedoch in geringfügigem Ausmaß häufiger In-fektionserkrankungen, Augenerkrankungen und Hauterkrankungen beobachtet. Psychische Erkrankungen, darunter sowohl Verhaltens- und Entwicklungsstörungen, treten jedoch in bedeutendem Ausmaß häufiger bei Jungen als bei Mädchen auf. Zudem wurden bei Jungen mehr chronische Erkrankungen beobachtet (vgl. Kapitel 4.3).

Abbildung 4: Häufigste Erkrankungsarten (Prävalenz) unter Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die Tabellen 5 und 6 zeigen darüber hinaus die jeweils fünf häufigs-ten Behandlungsdiagnosen bei Jungen und Mädchen. Dargestellt ist der Anteil (Prävalenz) der Kinder und Jugendlichen mit einer ent-sprechenden Diagnose an der Grundgesamtheit (alle berücksichtig-ten Jungen und Mädchen). Darüber hinaus wird die erkrankungsbe-zogene Hospitalisierungsquote berichtet. Diese bezieht sich auf die prävalenten Fälle und ist als Anteil der Kinder mit der jeweiligen Di-agnose zu interpretieren, welche hospitalisiert bzw. mit einer ent-sprechend als Hauptdiagnose (HD) kodierten Erkrankung hospitali-siert waren.

Dabei fällt auf, dass die 2016 angefallenen Behandlungsdiagnosen von Jungen und Mädchen in vielerlei Hinsicht vergleichbar sind. Vier der fünf häufigsten Behandlungsdiagnosen finden sich sowohl für Jungen als auch für Mädchen, allerdings zum Teil in unterschiedlicher Häufigkeit. Es kann zudem beobachtet werden, dass die häufigsten Behandlungsdiagnosen bei Jungen schwerwiegender sind, da sie (in geringfügigem Umfang) häufiger zu einer Hospitalisierung führen.

Geschlechts-spezifische

Unterschiede

Page 43: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

194 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 5: Häufigste Behandlungsdiagnosen bei Jungen

Diagnose ICD-10Präva-

lenz

Hospitalisierung

Gesamt Als HD

Grippale Infekte J06 29,7 % 1,5 % 0,5 %

Akkommodationsstörungen H52 16,9 % 0,2 % 0,0 %

Akute Bronchitis J20 12,6 % 3,8 % 2,1 %

Sprach-/ Sprechstörungen F80 11,4 % 1,1 % 0,3 %

Viruskrankheit, unspez. B34 11,1 % 0,9 % 0,5 %

Unterschiede im Erkrankungsgeschehen sind auf Detailebene ebenfalls beobachtbar. So ist der Anteil der Jungen mit einer diag-nostizierten akuten Bronchitis im Vergleich gut eineinhalb Prozent-punkte höher als bei Mädchen. Darüber hinaus werden für Jungen mehr als doppelt so häufig Sprachstörungen diagnostiziert. Auf der anderen Seite werden für Mädchen dreimal so häufig Bauch- und Beckenschmerzen als Grund für eine ambulante oder stationäre Be-handlung angegeben.

Tabelle 6: Häufigste Behandlungsdiagnosen bei Mädchen

Diagnose ICD-10Präva-

lenz

Hospitalisierung

Gesamt Als HD

Grippale Infekte J06 30,5 % 1,3 % 0,4 %

Akkommodationsstörungen H52 19,1 % 0,1 % 0,0 %

Viruskrankheit, unspez. B34 11,4 % 1,0 % 0,5 %

Akute Bronchitis J20 10,9 % 3,1 % 1,7 %

Bauch-/ Beckenschmerzen R10 9,6 % 7,9 % 2,7 %

Unabhängig davon zeigen die nachfolgenden Kapitel für eine Reihe von Erkrankungsarten einen bereits in der Literatur berichteten An-stieg der Prävalenz bei Mädchen ab dem Ende der Pubertät. So liegt z. B. die Adipositas-Prävalenz bei Mädchen ab dem 16. Le-bensjahr 29 % oberhalb der von Jungen (33 vs. 26 Fälle je 1.000). Auch bei psychischen Erkrankungen ist ein Trendwechsel im späten Jugendalter zu beobachten (vgl. Kap. 4.7.1).

Weitere altersabhängige Unterschiede im Erkrankungs- und Be-handlungsgeschehen zeigt Tabelle 7. Auffällig ist zunächst, dass der Anteil der Kinder mit gleicher Erkrankungsdiagnose bzw. Behand-lungsanlass in den jüngeren Altersjahrgängen höher ist. In späteren Altersjahrgängen kommen die häufigsten Behandlungsdiagnosen nur noch bei einem Fünftel aller Kinder bzw. Jugendlichen vor.

Altersabhängige Unterschiede

Page 44: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

20 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Als einzige Behandlungsdiagnose findet sich der grippale Infekt (ICD-10: J06) unter allen betrachteten Altersgruppen unter den häu-figsten Erkrankungsdiagnosen wieder. Die ärztliche Allgemeinunter-suchung (ICD-10: Z00) ist zudem bis einschließlich der Altersgruppe der Fünf- bis Neunjährigen unter den drei häufigsten Behandlungs-diagnosen. Im Säuglingsalter dominieren erwartungsgemäß noch die impfspezifischen Abrechnungsziffern. Im späten Kindesalter kommen dann weitere Erkrankungsdiagnosen gehäuft hinzu. Hierzu zählen in der Altersgruppe der Fünf- bis Neunjährigen die Korrektur der Kurz- bzw. Weitsichtigkeit (Akkommodationsstörungen und Re-fraktionsfehler) sowie diagnostizierte Sprach- und Sprechstörungen. Im frühen Jugendalter treten wiederum allergische Atemwegsreakti-onen z. B. auf Pollen oder Hausstaubmilben („allergische Rhinopa-thie“) sowie Akne-Behandlungen gehäuft auf.

Tabelle 7: Die vier häufigsten Behandlungsdiagnosen bzw. Kontakt-anlässe je Altersgruppe

Alters-gruppe Diagnose ICD-10 Prävalenz

< 1 Allgemeinuntersuchung Z00 91,0 %

Impfung Z27 73,8 %

Grippaler Infekt J06 59,5 %

Impfung Z23 59,3 %

1 – 4 Allgemeinuntersuchung Z00 67,5 %

Grippaler Infekt J06 52,9 %

Akute Bronchitis J20 24,6 %

Bindehautentzündung H10 21,9 %

5 – 9 Grippaler Infekt J06 32,8 %

Akkommodationsstörungen und Refraktionsfehler

H52 22,3 %

Allgemeinuntersuchung Z00 18,3 %

Sprach-/ Sprechstörungen F80 17,9 %

10 – 14 Akkommodationsstörungen und Refraktionsfehler

H52 21,2 %

Grippaler Infekt J06 21,2 %

Allergische Rhinopathie J30 10,8 %

Impfung Z26 9,8 %

Page 45: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

214 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Alters-gruppe Diagnose ICD-10 Prävalenz

15 – 17 Kontrazeptive Maßnahmen Z30 19,5 %

Grippaler Infekt J06 17,8 %

Akkommodationsstörungen und Refraktionsfehler

H52 15,9 %

Akne L70 11,8 %

4.3 Chronische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen

Chronische Erkrankungen sind Erkrankungen, bei denen eine län-ger oder lebenslang andauernde gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt. Eine konsequente Anpassung der Lebensweise und eine adäquate Handhabung therapeutischer Maßnahmen sind deshalb unabdingbar. Damit werden chronische Erkrankungen zu einem Thema und zu einer Herausforderung nicht nur für die Betroffenen selbst und ihre Eltern, sondern auch für Dritte in den institutionali-sierten Settings wie Kindergärten oder Schulen.

Eine Krankheit gilt gemäß der „Chroniker-Richtlinie“ des Gemeinsa-men Bundesausschusses (G-BA) dann als schwerwiegend chro-nisch, „[…], wenn sie wenigstens ein Jahr lang, mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde (Dauerbehandlung) und eines der folgenden Merkmale vorhanden ist:

a. Es liegt eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 nach dem zweiten Kapitel des SGB XI vor.

b. Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 nach § 30 des Bundesversorgungsgesetzes oder eine Minde-rung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 % nach § 56 Abs. 2 des SGB VII vor, wobei der GdB bzw. die MdE zu-mindest auch durch die Krankheit nach Satz 1 begründet sein muss.

c. Es ist eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln) erfor-derlich, ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbe-drohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenser-wartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqua-lität durch die aufgrund der Krankheit nach Satz 1 verursachte Gesundheitsstörung zu erwarten ist.“8

Eine entsprechende Einteilung ist jedoch im Kindes- und Jugendal-ter nicht immer als Klassifikationssystem geeignet. Insbesondere 8 G-BA (2004).

Definition chronischer Erkrankungen

Alternative Klassifikation

Page 46: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

22 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

hinsichtlich der sozialen und psychologischen Entwicklung, aber auch der Erkrankungsverläufe, kann eine diagnoseübergreifende Klassifikation potentiell chronische Erkrankungen besser beschrei-ben. In der Kinder- und Jugendmedizin hat sich deshalb der sog. „nonkategoriale Klassifikationsansatz“ entwickelt, welcher versucht, „die psychosozialen, behavioralen und entwicklungsbedingten Kon-sequenzen betroffener Kinder in den Blick zu nehmen und sie in Beziehung zu setzen mit den Charakteristika der Erkrankung wie Dauer, Alter bei Krankheitsbeginn, Einfluss auf altersbezogene Akti-vitäten, Sichtbarkeit der Erkrankung, erwartete Lebensprognose, Verlauf (stabil vs. progressiv), Sicherheit der Diagnose (episodisch vs. vorhersagbar), Mobilität, physiologischer und sensorischer Ein-fluss, Einfluss auf Kognition und Kommunikation sowie Einfluss auf psychologische und soziale Lebensbereiche und das Wohlbefin-den.“ Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zur Klassifikation chronischer Erkrankungen angelehnt an dieses Modell die Internati-onal Classification of Functioning (ICF) eingeführt:

Tabelle 8: Konzeptionelle Übersicht über nonkategoriale Klassifika-tionsmerkmale chronischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter

Dimension Beurteilungskriterien

Aktivität (ICF) Beeinträchtigung bei der Durchführung von Alltags-aktivitäten

Partizipation (ICF) Probleme beim Einbezogensein in eine Lebenssitu-ation

Schmerz (ICF) Schmerzbelastung bei einer chronischen Erkran-kung

Stigma (ICF) Belastung durch Vorurteile/Stigmatisierung der Er-krankung durch die Gesellschaft

Sichtbarkeit Belastungen durch das Ausmaß der Sichtbarkeit der Erkrankung sowie durch Wachstumsverzöge-rungen oder Abweichungen im Erscheinungsbild durch die Erkrankung; ebenfalls Sichtbarkeit durch Medikamenteneinnahme

Prognose Belastungen durch den Verlauf der Erkrankung (chronisch, progredient, stabil), Remissions- und Mortalitätswahrscheinlichkeit der Erkrankung

Kontrolle Kontrollfähigkeit der Erkrankung, d. h. inwieweit die Erkrankung durch Therapiemaßnahmen (Medika-mente, OPs etc.) beeinflussbar und kontrollierbar ist; eigene Einflussmöglichkeiten in akuten Phasen der Erkrankung

WHO-Klassifikation

Page 47: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

234 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die Prävalenz chronischer Erkrankungen bei Kindern wird in Nord-amerika und Europa auf Basis verschiedener Klassifikationsansätze mit 10 – 20 % angegeben, wobei die Mehrzahl der Kinder nur leicht betroffen ist.9 Die wenigen existierenden epidemiologischen Studien differieren darüber hinaus in den Angaben zur Prävalenz und Inzi-denz sehr stark.10 Aktuelle Daten für den deutschen Versorgungs-kontext liegen zum Teil aus dem KiGGS-Survey vor. In der ersten Erhebungswelle der KiGGS-Studie wurden die teilnehmenden El-tern beispielsweise befragt, ob „[…] Ihr Kind eine oder mehrere lang andauernde, chronische Krankheiten oder Gesundheitsprobleme [hat]“. Die beobachtete Prävalenz variierte dabei je nach Altersgrup-pe und Geschlecht des Kindes zwischen 7,7 % (Mädchen zwischen 0 und 2 Jahren) und 22,5 % (Jungen im Alter von 11 bis 13 Jahren).11 Das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesund-heit Brandenburg hat basierend auf Ergebnissen der Schulein-gangsuntersuchungen wiederum errechnet, dass 2014 12,8 % aller Kinder eine chronische Erkrankung hatten.12

Um die Prävalenz chronisch-somatischer Erkrankungen auf Basis von Daten der DAK-Gesundheit abzuschätzen, muss auf eine diffe-renzierte Aufgriffslogik zurückgegriffen werden. Eine entsprechende Klassifikation als „chronisch erkrankt“ bzw. „Chroniker“ erfolgt in GKV-Abrechnungsdaten nicht. Chronische Erkrankungen werden deshalb zunächst in somatische und psychische Erkrankungsbilder unterteilt. Bei chronischen somatischen Erkrankungen handelt es sich unter anderem um Funktionsstörungen eines Organsystems (z. B. von Herz- und Kreislauforganen), des Stoffwechsels (z. B. bei Diabetes mellitus), der Immunabwehr (z. B. bei Allergien) oder um Tumorerkrankungen. Andere mitunter auch chronisch verlaufende Erkrankungen, wie z. B. ansteckende Infektionserkrankungen oder Suchterkrankungen, werden dabei nachfolgend nicht berücksichtigt.

In nachfolgender Analyse werden vielmehr verschiedene Störungs-bilder, welche eine bedeutende Beeinträchtigung des Alltags der betroffenen Kinder und Jugendlichen mit sich bringen können, in der Regel aber nicht so beeinträchtigend sind, dass sie grundsätzlich zu einem anerkannten Behindertenstatus führen müssen oder in je-dem Fall einem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt zugeord-net werden können, zusammengefasst. Einen Anspruch auf Voll-ständigkeit erhebt dies nicht. Zur Abschätzung der Prävalenz poten-tiell chronisch-somatischer Erkrankungen werden insgesamt 14 verschiedene Erkrankungsbilder berücksichtigt (vgl. Tab. 9).

Im Jahr 2016 hatten innerhalb der DAK-Gesundheit 26 % aller Kin-der und Jugendlichen eine körperlich manifeste potentiell chronisch verlaufende Erkrankung. Jungen sind dabei häufiger betroffen (28 %) als Mädchen (24 %). Eine nach Schweregrad differenzierte

9 Newacheck, Taylor (1992).10 Van der Lee et al. (2007).11 Poethko-Müller (2015).12 Vgl. Ellsäßer (2016).

Häufigkeit chronischer Erkrankungen

Erfassung chronisch kranker Kinder

Jedes 4. Kind mit chronisch-somatischer Erkrankung

Page 48: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

24 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Betrachtung erfolgt nicht. Insgesamt fünf verschiedene potentiell chronisch-somatische Erkrankungsbilder bestimmen dabei im We-sentlichen das diagnostische Geschehen. Dazu zählen die Erkran-kungsbilder Neurodermitis, Asthma, eine allergische Rhinopathie, chronisch entzündliche Darmerkrankungen sowie Allergien allge-mein (vgl. Tab. 9). Es ist dabei anzunehmen, dass nicht alle potenti-ell chronisch verlaufenden Erkrankungen gleichermaßen Einfluss z. B. auf die soziale Interaktions- oder Schulfähigkeit von Kindern und Jugendlichen haben.

Tabelle 9: Häufigkeit potentiell chronisch-somatischer Erkrankungen (Fälle je 1.000)

Chronische Erkrankung Jungen Mädchen Gesamt

Neurodermitis 81,1 81,3 81,2

Asthma 84,7 57,4 71,4

Allergische Rhinopathie 79,2 55,6 67,7

Chronisch entzündliche Darm-erkrankungen

46,1 43,7 44,9

Allergie, unspez. 40,5 33,7 37,2

Aphasie (Sprachlosigkeit) 25,7 15,0 20,5

Angeb. Herzfehler 10,6 11,7 11,1

Migräne 8,2 11,7 9,9

Epilepsie 7,8 6,8 7,3

Diabetes 3,0 2,9 3,0

Rheuma 1,2 2,0 1,6

Leukämie 0,5 0,4 0,5

Mukoviszidose 0,3 0,3 0,3

Chronisches Fatigue Syndrom 0,2 0,2 0,2

9 % aller Kinder und Jugendlichen hatten im Jahr 2016 darüber hin-aus eine potentiell chronisch verlaufende psychische Erkrankung. Orientiert an der Häufigkeit der Erkrankungsbilder sowie der poten-tiellen Relevanz innerhalb des Settings Schule im Kindes- und Ju-gendalter werden darunter neun verschiedene Erkrankungsbilder gefasst (vgl. Tab. 10). Zwei davon (ADHS und Schulangst) sind hin-sichtlich ihrer Prävalenz vergleichsweise häufig. Insgesamt sind Jungen (11 %) deutlich häufiger als Mädchen (7 %) betroffen.

Knapp jedes 10. Kind mit chronisch-

psychischer Erkrankung

Page 49: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

254 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 10: Häufigkeit potentiell chronisch-psychischer Erkrankun-gen (Fälle je 1.000)

Chronische Erkrankung Jungen Mädchen Gesamt

ADHS 59,8 20,9 40,8

Schulangst und Schulphobie 38,4 31,7 35,1

Depressionen 6,9 12,7 9,8

Tourette-Syndrom 7,2 3,2 5,2

Zwangsstörungen 1,8 1,8 1,8

Borderline-Persönlichkeitsstörungen 0,6 1,5 1,0

Anorexia nervosa 0,2 1,9 1,0

Schizophrene Psychosen 0,4 0,5 0,5

Bulimia nervosa 0,0 0,5 0,3

Eine detaillierte Beschreibung des psychischen Erkrankungsge-schehens erfolgt in Kapitel 4.7. Nach Entwicklungsstörungen sind Verhaltens- und emotionale Störungen die insgesamt häufigsten psychische Erkrankungsform von Kindern. Angststörungen zählen dabei nach Ergebnissen der BELLA-Studie des RKI mit einer Präva-lenz von 10 % zu einer der häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter.13 Potentiell besonderen Einfluss auf die relevanten Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen kann eine spezielle Art dieses Erkrankungsbildes, die Schulangst bzw. Schul-phobie, haben.

Bei der Schulangst handelt es sich um eine starke Angst vor der Schule selbst, d. h. Angst vor den Leistungsanforderungen, den Lehrerinnen und Lehrern und/oder den Mitschülerinnen und Mit-schülern. Diese körperlichen Beschwerden können die Schülerin-nen und Schüler dazu veranlassen, während des Unterrichts nach Hause zu gehen oder (mit Wissen der Eltern) die Schule gar nicht zu besuchen. Bei der Schulphobie, die vor allem im Grundschulalter vorkommt, handelt es sich hingegen nicht um eine Angst vor der Schule, sondern um eine emotionale Störung mit (als existenziell bedrohlich erlebter) Trennungsangst, die es der Schülerin oder dem Schüler schwer bis unmöglich macht, sich von einer engen Bezugs-person zu lösen. Bei der Schulphobie kann es zu Wochen oder Mo-nate dauernden Fehlzeiten kommen, da die Symptome, insbeson-dere die körperlichen, immer dann auftreten, wenn es ansteht, die Schule zu besuchen. Zur Identifikation von Kindern mit Schulangst und Schulphobie musste ein differenzierter Aufgriff der betroffenen Kinder in GKV-Abrechnungsdaten erfolgen, da diese keine eigen-ständigen im ICD-10 klassifizierten Erkrankungsbilder sind. Berück-

13 Quelle: Ravens-Sieberer et al. (2007).

Schulangst und Schulphobie

Page 50: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

26 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

sichtigt werden in vorliegenden Berechnungen Diagnosen, die auf eine Störung des Sozialverhaltens (ICD-10: F91), auf phobische Störungen des Kindesalters (F93.1), Störungen mit soziale Über-empfindlichkeit (F93.2), soziale Phobien (F40.1), andere Angststö-rungen (F41.–) sowie auf emotionale Störungen mit Trennungsangst (F93.0) hinweisen. Basierend auf den vorliegenden Daten der DAK-Gesundheit weisen 3,5 % aller Kinder und Jugendlichen eine ent-sprechende Angststörung auf.

4.4 Atemwegserkrankungen

Atemwegserkrankungen zählten zu den häufigsten Krankheitsdiag-nosen, insbesondere im Kindes-, aber auch noch im Jugendalter. Die durchschnittliche beobachtete Prävalenz unabhängig vom Alter lag bei 57,2 %. Bis einschließlich des 4. Lebensjahres lag die admi-nistrative Prävalenz von Atemwegsinfekten jeweils über 70 %, bei Jungen im Alter von einem Jahr sogar bei knapp 80 % (vgl. Abb. 4). Die im Vergleich niedrigste Erkrankungshäufigkeit war im Jugend-alter bei 17-Jährigen mit geschlechtsübergreifend 372 Fällen je 1.000 zu verzeichnen. Insgesamt lagen die beobachteten Fälle über alle Altersgruppen hinweg bei Jungen und Mädchen auf vergleich-barem Niveau. Bis zum 14. Lebensjahr wurden für Jungen im Durch-schnitt ca. 20 Fälle je 1.000 je Altersjahrgang mehr beobachtet. Ab dem 15. Lebensjahr verändert sich jedoch dieser Zusammenhang und es wurden ca. 20 bis 50 Mädchen je 1.000 und je Altersjahr-gang mehr mit einer Atemwegserkrankung diagnostiziert.

Abbildung 5: Prävalenz von Krankheiten des Atmungssystems (ICD-10 J00-J99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Häufigste Krankheits-ursache im Kindesalter

Page 51: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

274 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

In der Diagnosestellung der Atemwegserkrankungen wird hinsicht-lich der Lokalisation in oberen und unteren Atemwegserkrankungen unterschieden. Zu den oberen Atemwegen zählen die Nase und die Nasennebenhöhlen, der Mund, der Rachen (Pharynx) und der Kehl-kopf (Larynx). Zu den unteren Atemwegen zählen die Luftröhre (Tra-chea) und die Lunge. Zu den Atemwegserkrankungen werden zu-dem gleichermaßen akute wie auch chronische Erkrankungen ge-zählt, wobei akute Atemwegserkrankungen deutlich häufiger für Kinder und Jugendliche dokumentiert werden.

Unter den fünf häufigsten Erkrankungsdiagnosen sind ausschließ-lich akuten Infektionen der oberen und unteren Atemwege (vgl. Tab. 11). Die häufigste Einzeldiagnose war dabei die unspezifische akute Infektion der oberen Atemwege, worunter insbesondere ein grippaler Infekt gezählt wird. Für knapp 30 % aller Kinder und Ju-gendliche wurde 2016 wenigstens einmal eine entsprechende Diag-nose gestellt.

Tabelle 11: Häufigkeit der fünf relevantesten Atemwegserkrankungen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Akute Infektion der oberen Atemwege (grippaler Infekt)

J06 293,2 301,9 297,5

Akute Bronchitits J20 122,2 106,3 114,4

Akute Mandelentzündung J03 82,0 88,9 85,4

Erkältungsschnupfen J00 71,8 74,7 73,2

Akute Rachenentzündung J02 67,8 75,4 71,5

Akute Atemwegserkrankungen

Akute Atemwegserkrankungen kommen vor allem im frühen und mittleren Kindesalter vor (vgl. Abb. 6). Dabei gehen die diagnosti-zierten Fälle eines diagnostizierten Erkältungsschnupfens ebenso mit steigendem Alter zurück wie die der akuten Bronchitis. Die An-zahl der Kinder mit Mandelentzündungen ist in der Altersgruppe der Ein- bis Vierjährigen sowie der Fünf- bis Neunjährigen ebenfalls am höchsten und geht dann schrittweise zurück. Im Gegensatz dazu steigt die Anzahl der Kinder mit einer Nasennebenhöhlenentzün-dung mit steigendem Alter an.

Häufigste Erkrankungs-bilder

Grippale Infekte häufigste Atemwegs-erkrankung

Page 52: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

28 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Abbildung 6: Prävalenz relevanter akuter Atemwegserkrankungen

Die häufigste Diagnose akuter Atemwegserkrankungen ist die un-spezifische Gruppe der akuten Infektionen. Hierzu zählt vor allem der grippale Infekt. Mit einer Gesamtprävalenz von 30,9 % erhielt im Durchschnitt fast jedes dritte Kind bzw. dritter Jugendlicher eine Di-agnose dieser Gruppe. Geschlechtsspezifische Unterschiede gab es kaum, jedoch konnte eine deutliche Altersabhängigkeit festge-stellt werden. Die höchste Prävalenz wurde mit 554 Fällen je 1.000 bei 1-jährigen Kindern verzeichnet. Mit steigendem Alter sank die Prävalenz fast linear auf 173 Fälle in der Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen ab. Die ICD-10-Gruppe J06 machte über 75 % aller akuten Infektionen der oberen Atemwege (J01 bis J06) aus.

Bei der akuten Rhinopharyngitis handelt es sich um den Erkältungs-schnupfen. Insgesamt lag die administrative Prävalenz der akuten Rhinopharyngitis im Jahr 2016 bei 7,4 %. Die höchste Prävalenz fand sich mit 186 Fällen je 1.000 bei den unter 1-Jährigen. Anschlie-ßend erfolgten ein Absinken auf 35 Fälle je 1.000 im Alter von 15 Jahren sowie ein erneuter, jedoch schwacher Anstieg. Ge-schlechtsspezifische Unterschiede konnten kaum festgestellt wer-den.

Getrennt von akuten Infektionen der oberen Atemwege können dia-gnostizierte Grippefälle in GKV-Daten identifiziert werden. Da die Grippe von ihrer Symptomatik anderen Erkrankungen der Atemwe-ge ähnelt, gibt es verschiedene Analyseverfahren zur sicheren Er-kennung. Hierfür ist ein Nasenabstrich nötig. Bei 1,6 % aller Kinder und Jugendlichen wurde im Jahr 2016 eine Infektion mit Influenzavi-ren diagnostiziert, wobei in über 80 % der Fälle kein konkreter Virus-nachweis erfolgte (ICD-10 J11.-). Der Erkrankungsgipfel lag mit 21 Fällen je 1.000 im Alter von 4 Jahren. Die geringste Prävalenz konnte mit 10 Fällen bei den 13- bis 14-Jährigen verzeichnet wer-

Grippale Infekte

Erkältungs-schnupfen

Grippe

Page 53: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

294 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

den, gefolgt von einem erneuten Anstieg. Geschlechtsspezifische Unterschiede konnten kaum identifiziert werden.

Die akute Bronchitis ist eine Entzündung der unteren Atemwege, die meist durch Viren hervorgerufen wird. Sie äußert sich durch trocke-nen Husten, der im Verlauf in Husten mit Auswurf übergeht. Insge-samt wurde bei 11,8 % aller Kinder und Jugendlichen eine akute Bronchitis diagnostiziert. Mit steigendem Alter sank die Inzidenz ausgehend von 27,9 % im Alter von einem Jahr auf 4,6 % im Alter von 15 Jahren. Anschließend erfolgte ein erneuter, jedoch nur leich-ter Anstieg. Jungen waren fast durchgehend etwas stärker betroffen als Mädchen (12,6 % versus 10,9 %). Besonders stark war der Ge-schlechtsunterschied im Alter von einem Jahr ausgeprägt (30,9 % bei Jungen versus 24,9 % bei Mädchen).

Unter einer akuten Sinusitis ist eine Nasennebenhöhlenentzündung zu verstehen. Eine akute Sinusitis trat bei Kindern und Jugendlichen mit einer Prävalenz von 1,9 % relativ selten auf. Es zeigte sich je-doch ein stetiger altersabhängiger Anstieg der Erkrankungshäufig-keit, der besonders stark im Jugendalter ausfiel. Die höchste Präva-lenz wurde dementsprechend mit 35 Fällen je 1.000 auch bei den 17-Jährigen festgestellt. Mädchen waren ab einem Alter von 10 Jah-ren stärker betroffen als Jungen.

Bei 8,9 % aller Kinder und Jugendlichen wurde eine akute Tonsillitis, also eine Mandelentzündung, diagnostiziert. Der Erkrankungsgipfel lag mit einer Prävalenz von 13,9 % bei den 4-Jährigen. Anschlie-ßend sank die Prävalenz auf 5,7 % im Alter von 13 Jahren, bevor ein erneuter Anstieg folgte. Mädchen waren mit einer Prävalenz von 9,3 % insgesamt etwas stärker betroffen als Jungen (8,5 %), obwohl sie bis zum Alter von 4 Jahren eine geringere Prävalenz aufwiesen.

Neben den zuvor genannten Erkrankungsbildern gibt es weitere akute Atemwegserkrankungen, welche gehäuft im Kindes- und Ju-gendalter auftreten. Dazu zählen z. B. Entzündungen der Rachen- und Kehlkopfschleimhäute sowie allergische Reaktionen auf Heu-schnupfen und Hausstaubmilben.

Eine Pharyngitis ist eine meist virusbedingte Entzündung der Ra-chenschleimhäute. Eine akute Pharyngitis wurde im Durchschnitt bei 7,5 % aller Kinder und Jugendlichen diagnostiziert. Der Präva-lenzgipfel befand sich mit 101 Fällen je 1.000 bei den 1-jährigen Kin-dern. Die geringste Prävalenz wiesen mit 58 Fällen je 1.000 die 14-jährigen Jugendlichen auf, gefolgt von einem erneuten Anstieg der Prävalenz. Ab dem fünften Lebensjahr waren Mädchen häufiger betroffen als Jungen.

Der Begriff Laryngitis bezeichnet eine Entzündung der Kehlkopf-schleimhaut, während bei einer Tracheitis die Luftröhrenschleimhaut entzündet ist. Von einer akuten Laryngitis oder Tracheitis waren 3,3 % aller Kinder und Jugendlichen betroffen. Der Erkrankungsgip-fel lag mit 60 Fällen je 1.000 im Alter von 1 Jahr. Mit steigendem

Akute Bronchitis

Nasenneben-höhlen-entzündung

Mandel-entzündung

Übersicht akuter Atemwegs-erkrankungen

Pharyngitis

Akute Laryngitis und Tracheitis

Page 54: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

30 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Alter sank die Prävalenz auf bis zu 20 Fälle je 1.000 im Alter von 14 Jahren, gefolgt von einem erneuten Anstieg. Im Durchschnitt gab es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern; während Jun-gen jedoch im Kindesalter eine leicht höhere Prävalenz aufwiesen als Mädchen, dominierten im Jugendalter die Mädchen.

Die allergische Rhinopathie umfasst vor allem den saisonal auftre-tenden Heuschnupfen sowie die ganzjährig vorkommende Haus-staubmilbenallergie. Unter einer diagnostizierten allergischen Rhinopathie litten 7 % aller Kinder und Jugendlichen. Jungen waren mit 8,2 % stärker betroffen als Mädchen, bei denen die Prävalenz bei 5,7 % lag. Der größte Unterschied zwischen Jungen und Mäd-chen konnte im frühen Jugendalter verzeichnet werden. Bei beiden Geschlechtern stieg die Prävalenz mit zunehmendem Alter stark an, sodass im Alter von 12 bis 13 Jahren ca. jeder zehnte Jugendliche eine entsprechende Diagnose aufwies. Während sich bei Mädchen mit steigendem Alter eine stetige Zunahme der Betroffenen zeigte, ging die Prävalenz bei Jungen ab dem 14. Lebensjahr nach vorheri-gem Anstieg wieder zurück (vgl. Abb. 7).

Abbildung 7: Prävalenz der allergischen Rhinopathie (ICD-10 J30.1 – J30.4) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die Reaktion auf eine allergische Rhinopathie kann die Durchfüh-rung einer Desensibilisierung sein. Eine entsprechende ärztliche Leistung wird im Behandlungsgeschehen über die ICD-10 Z51.6 „Desensibilisierung gegenüber Allergenen“ abgebildet. Eine ent-sprechende Dokumentation fand sich im Jahr 2016 für 0,7 % aller Kinder bzw. für 11,1 % aller Kinder mit einer Pollen- bzw. Hausstaub-milbenallergie.

Allergische Rhinopathie

Desensibili-sierung

Page 55: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

314 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Chronische Atemwegserkrankungen

Bei Asthma bronchiale handelt es sich um eine chronisch-entzünd-liche Atemwegskrankheit, bei der sich die Bronchien verengen. Zu den typischen Beschwerden dieser anfallsartig auftretenden Erkran-kung gehören eine pfeifende Atmung, Husten und Luftnot. Die Prä-valenz von Asthma bronchiale lag bei Kindern und Jugendlichen bei 7,5 %. In allen Altersgruppen war die Prävalenz bei Jungen höher als bei Mädchen (vgl. Abb. 8). Bei Jungen lag die Prävalenz im Durchschnitt bei 8,8 %, während die Prävalenz bei Mädchen bei 6 % lag. Am stärksten betroffen war Jungen im Alter von 10 bis 12 Jahren. Anschließend sank die Prävalenz bei Jungen wieder, während bei Mädchen über das gesamte Altersspektrum hinweg ein vergleichsweise kontinuierlicher Anstieg erfolgte. Die Hospitalisie-rungsquote lag bei 2,2 %.

Abbildung 8: Prävalenz des Asthma bronchiale (ICD-10 J45) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

4.5 Infektionskrankheiten

37 % aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren hatten im Jahr 2016 wenigstens einen ambulanten oder stationären Arztkontakt, bei welchem eine infektiöse oder parasitäre Erkrankung diagnostiziert wurde. Dabei zeigte sich ein deutlicher altersbezoge-ner Zusammenhang (vgl. Abb. 9). Die höchste Diagnoseprävalenz mit 610 Fällen je 1.000 Personen zeigte sich bei Kindern im Alter von 1 Jahr. Die beobachtete Prävalenz sank anschließend konstant bis zum Alter von 14 Jahren bei Mädchen bzw. 17 Jahren bei Jun-gen auf 213 bzw. 164 Fälle je 1.000 ab. Geschlechtsspezifische Un-terschiede zeigten sich dabei zwischen dem vierten und elften bzw. ab dem 15. Lebensjahr, wobei die Differenz im Alter von acht Jahren mit einem Unterschied von 46 prävalenten Fällen je 1.000 (368 Fäl-le je 1.000 bei Jungen, 414 Fälle je 1.000 bei Mädchen) am größten war.

Asthma bronchiale

Infektions-krankheiten

Page 56: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

32 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Abbildung 9: Prävalenz infektiöser und parasitärer Erkrankungen (ICD-10 A00-B99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die Dokumentation infektiöser und parasitärer Erkrankungen erfolgt häufig unspezifisch, das heißt ohne Angabe einer genaueren Diag-nosestellung. Unter den fünf häufigsten Behandlungsdiagnosen sind mit Viruskrankheiten nicht näher bezeichneter Lokalisation (ICD-10: B34) und sonstigen und nicht näher bezeichneten Infekti-onskrankheiten (ICD-10: B99, vgl. Tab. 12). Vergleichsweise häufig diagnostiziert wird unter Kindern und Jugendlichen eine Gastroen-teritis (Prävalenz: 8,6 %) sowie Viruswarzen (4,5 %).

Tabelle 12: Häufigkeit der fünf relevantesten infektiösen und parasitä-ren Erkrankungen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Viruserkrankung unspez. B34 110,4 113,6 112,0

Gastroenteritis unspez. A09 89,9 82,8 86,4

Sonstige Infektionskrank-heiten unspez.

B99 63,2 64,6 63,9

Viruswarzen B07 41,7 48,0 44,8

Virusinfektionen unspez. B08 37,7 35,8 36,8

Impfpräventable Infektionskrankheiten

Im derzeit aktuellen Impfkalender mit Stand August 201714 wird die Impfung gegen impfpräventable Kinderkrankheiten und einige ande-re aus epidemiologischer Sicht wichtiger Erkrankungen empfohlen.

14 RKI (2017).

Häufig unspezifische

Diagnosen

Impfpräventable Kinder-

krankheiten

Page 57: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

334 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Hierzu gehören unter anderem die Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln, Varizellen (Windpocken) und Pertussis (Keuchhus-ten). Dabei erfolgt die Impfung nicht einzeln für jede mögliche Er-krankung. Für einige Infektionskrankheiten gibt es schon lange Kombinationsimpfstoffe. Diese Impfstoffe wirken gleichzeitig gegen mehrere Infektionskrankheiten, sodass gemeinsam mit einer Imp-fung gleich gegen mehrere Krankheiten ein Schutz aufgebaut wird.

Die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln sowie gegen Wind-pocken erfolgt z. B. in zwei Schritten – gegen Ende des ersten und im zweiten Lebensjahr. Es gibt eine 3-fach-Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR-Impfung) oder eine 4-fach Impfung, die zu-sätzlich gegen Windpocken (MMRV) schützt.

Varizellen (Windpocken) und Herpes zoster (Gürtelrose) stellen Ma-nifestationen einer Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) dar. Während sich das Krankheitsbild der Windpocken nach der Erst infektion einstellt, führt die Reaktivierung des Virus zu einer Gürtelrose. Die Prävalenz von Varizellen lag bei Kinder und Jugend-lichen bei 3 Fällen je 1.000. Der Erkrankungsgipfel lag im Alter von 4 Jahren (5 Fälle je 1.000); anschließend sank die Prävalenz mit steigendem Alter. Die Zoster-Prävalenz lag hingegen im Durch-schnitt bei einem Fall je 1.000 und stieg mit zunehmendem Alter auf bis zu 3 Fälle je 1.000 im Alter von 17 Jahren an. Ab dem zehnten Lebensjahr wiesen Mädchen eine höhere Zoster-Prävalenz auf als Jungen.

Varizellen sind damit die häufigste durch Impfungen potentiell ver-meidbare Infektionskrankheit (vgl. Abb. 10). Dabei ist nach Angaben des RKI die Erkrankungshäufigkeit nach Einführung der Impfemp-fehlung im Jahr 2004 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder und Jugendlichen bereits deutlich zurückgegangen.

Abbildung 10: Prävalenz impfpräventabler Erkrankungen

Die Prävalenz von Keuchhusten, Masern, Mumps und Röteln war bei Kindern und Jugendlichen gering und lag jeweils deutlich unter 1 Fall je 10.000 (vgl. Abb. 10). Von Keuchhusten waren knapp sechs Kinder und Jugendliche je 10.000 betroffen. Die Prävalenz von

Seltene impfpräventable Erkrankungen

Page 58: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

34 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Mumps lag bei 6 Fällen und die von Röteln bei 5 Fällen je 100.000. Masern traten mit 3 Fällen je 100.000 noch seltener auf. Jungen und Mädchen waren von diesen impfpräventablen Kinderkrankheiten ungefähr gleich stark betroffen.

Laut aktuellen Auswertungen des Robert Koch-Institutes auf Basis von Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen wird das Ziel einer bundesweiten Impfquote für Masern von über 95 % noch nicht er-reicht. Im Geburtsjahrgang 2014 lag die entsprechende Impfquote für die erste Masernimpfung bei Kindern im Alter von 15 Monaten bei 89,5 %.15

Nicht impfpräventable Infektionskrankheiten

Neben impfprävaentablen Infektionskrankheiten gibt es eine Reihe weiterer Erkrankungen, für die keine Impf-Möglichkeit existiert.

Bei 2 von 1.000 Kindern und Jugendlichen wurde eine infektiöse Mononukleose diagnostiziert. Diese auch als Pfeifferisches Drüsen-fieber bekannte, ansteckende Krankheit wird durch das Epstein-Barr Virus ausgelöst. Während die Infektion bei Kleinkindern oftmals nur mit Symptomen einer leichten Erkältung oder sogar unbemerkt verläuft, weisen Jugendliche häufig grippeähnliche Beschwerden mit starken Lymphknotenschwellungen auf. Die Prävalenz stieg da-her auch ab einem Alter von 14 Jahren steil an; und die höchste Prävalenz fand sich mit 7 Fällen je 1.000 bei den 17-Jährigen. Die Hälfte aller Fälle wurde bei 14- bis 17-jährigen Jugendlichen festge-stellt. Während Jungen im Kindesalter häufiger betroffen waren als Mädchen, kehrte sich dieses Bild bei Jugendlichen um.

Bei 4,5 % aller Kinder und Jugendlichen wurden Viruswarzen diag-nostiziert. Kinder sind häufig von Warzen betroffen, da ihr Immun-system noch nicht so gut entwickelt ist. Meistens treten entspre-chende Hautwucherungen an Fingern, Händen, Fußsohlen oder im Gesicht auf. Über 70 % aller Warzen-Diagnosen entfielen auf Kinder von 5 bis 13 Jahren. Am stärksten betroffen waren 9-jährige Kinder mit 78 Fällen je 1.000. Mädchen wiesen ab dem Alter von 5 Jahren eine höhere Prävalenz auf als Jungen.

Die Prävalenz von Scharlach lag im Durchschnitt bei 1,4 %. Die höchste Prävalenz fand sich mit 43 Fällen je 1.000 im Alter von 4 Jahren. Anschließend sank die Erkrankungshäufigkeit auf bis zu einem Fall je 1.000 im 17. Lebensjahr. Bedeutende geschlechtsspe-zifische Unterschiede konnten nicht festgestellt werden.

Eine Pedikulose (Läusebefall) oder Phthiriasis (Filzläusebefall) wur-de bei 2,5 % aller Kinder und Jugendlichen diagnostiziert. Der über-wiegende Teil der Fälle (ca. 90 %) trat bei Kindern im Alter von 3 bis 12 Jahren auf. Der Erkrankungsgipfel lag mit 51 je 1.000 Fällen im Alter von 8 Jahren. Mädchen waren deutlich stärker betroffen als Jungen (36 versus 14 Fälle je 1.000).

15 Rieck et al. (2018).

Pfeiffersches Drüsenfieber

Viruswarzen

Scharlach

Läuse

Page 59: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

354 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die Prävalenz von Skabies (Krätze, ICD-10: B86) lag insgesamt bei 4 Fällen je 1.000. Bis zu einem Alter von 13 Jahren lag die Prävalenz bei unter 4 Fällen je 1.000; anschließend konnte ein steiler Anstieg auf bis zu 8 Fälle je 1.000 festgestellt werden. Die stärkste Verbrei-tung fanden Krätzmilben bei den 16- und 17-Jährigen. In der Alters-gruppe der 10- bis 16-jährigen wiesen Mädchen eine geringfügig hö-here Prävalenz auf als Jungen. Kinder- und Jugendmediziner haben zuletzt auf einen sprunghaften Anstieg der Krätze-Prävalenz hinge-wiesen. Bereits 2016 teilte der Berufsverband der deutschen Derma-tologen (BVDD) mit, dass in einzelnen Regionen in Deutschland eine deutliche Zunahme von Fällen in Schulen und Kitas gemeldet wur-de.16 So stieg z. B. die Anzahl gemeldeter Fälle in der Städteregion Aachen im Jahr 2016 (316 Fälle) gegenüber 2013 (elf Fälle) um über 2.700 % an. Die BARMER berichtete zudem 2018, dass auch die Ver-ordnungsprävalenz wichtiger Krätzemedikamente im Jahr 2017 ge-genüber 2016 um durchschnittlich 60 % gestiegen ist.17

4.6 Augenerkrankungen

Augenerkrankungen waren eine häufige Krankheitsursache, insbe-sondere im Kindesalter. Die höchste administrative Prävalenz lag mit insgesamt 368 bis 354 Fällen je 1.000 im Kleinkind- und frühem Kindesalter zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr. Die beobachtete Prävalenz diagnostizierter Augenerkrankungen nahm jedoch ab dem Kindesalter konstant ab (vgl. Abb. 11). Beginnend mit dem zehnten Lebensjahr wurden Augenkrankheiten zudem bei mehr Mädchen als Jungen diagnostiziert. Lag die beobachtete Prävalenz sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen im Alter von 9 Jahren noch bei ca. 30 %, sank die Anzahl entsprechender Fälle im Alter von 17 Jahren auf 19 % und 24 % bei Jungen bzw. Mädchen.

Abbildung 11: Prävalenz von Krankheiten des Auges und der Augen-anhangsgebilde (ICD-10 H00 – H59) bei Kindern und Ju-gendlichen im Jahr 2016

16 Ärzteblatt (2016).17 Ärzteblatt (2018).

Krätze

Page 60: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

36 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Die häufigste Behandlungsdiagnose bei Augenerkrankungen stel-len Leistungen zur Korrektur einer Kurz- bzw. Weitsichtigkeit (Ak-kommodationsstörungen und Refraktionsfehler). Mädchen waren geringfügig häufiger betroffen: 17 % aller Jungen und 19 % aller Mädchen wurden im Jahr 2016 aufgrund einer Kurz- bzw. Weitsich-tigkeit behandelt (vgl. Tab. 13).

Tabelle 13: Häufigkeit der fünf relevantesten Augenerkrankungen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Akkommodationsstörungen und Refraktionsfehler

H52 169,2 190,7 179,7

Konjunktivitis H10 92,5 86,7 89,7

Sonstiger Strabismus H50 80,4 86,7 83,4

Sehstörungen H53 54,0 55,3 54,6

Sonstige Affektionen der Netzhaut

H35 8,7 9,7 9,2

Eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) ist die zweithäufigste Au-generkrankung und betraf im Jahr 2016 9 % aller Kinder und Ju-gendlichen. In vergleichbarer Häufigkeit wurden Kinder und Jugend-liche aufgrund eines Schielens (Strabismus) behandelt. Unter der seltener auftretenden Diagnose „Sehstörungen“ (Gesamtprävalenz: 5,5 %) werden hingegen verschiedene Störungsbilder, wie z. B. eine allgemein verminderte Sehfähigkeit, Tag- und Nachtblindheit oder auch Farbenblindheit zusammengefasst. Werden Kinder bzw. Ju-gendliche aufgrund „sonstiger Affektionen der Netzhaut“ behandelt, können verschiedene Erkrankungen der Netzhaut wie z. B. Verän-derungen der Netzhautgefäße oder Degenerationen der Netzhaut vorliegen.

4.7 Psychische und Verhaltensstörungen

4.7.1 Übersicht

Im Jahr 2016 lag die administrative Diagnoseprävalenz psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen bei 259 Fällen je 1.000 Kin-dern und Jugendlichen. Demnach waren mehr als ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen betroffen. Die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose einer entsprechenden Störung war sowohl alters- als auch geschlechtsabhängig verschieden. Die Prävalenz nahm inner-halb des frühen Kindesalters bis hin zum Alter von 5 Jahren zu. Mit 476 Fällen je 1.000 bei Jungen bzw. 344 je 1.000 Fällen bei Mäd-chen war bei Kindern im Alter von 5 Jahren die Erkrankungshäufig-keit am höchsten. Die Anzahl diagnostizierter Fälle sank mit Beginn des mittleren Kindesalters kontinuierlich bis zum Beginn des späten

Sehfehler häufigste

Erkrankungs-ursache

Bindehaut-entzündungen

Häufigkeit psychischer

Erkrankungen

Page 61: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

374 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Jugendalters. Dabei wurden bis zum Alter von 15 Jahren durch-schnittlich 80 Jungen je 1.000 mehr mit einer psychischen oder Ver-haltensstörung diagnostiziert als Mädchen (Jungen bis 15 Jahre: 296 Fälle je 1.000, Mädchen: 216 Fälle je 1.000). Im späteren Ju-gendalter kehrte sich dieser Trend jedoch um. Dies ist im Wesentli-chen auf drei Erkrankungsbilder zurückzuführen, wobei besonders die Prävalenz neurotischer, Belastungs- und somatoformer Störun-gen bei Mädchen im späten Jugendalter gegenüber frühen Alters-jahrgängen und auch Jungen deutlich erhöht ist (vgl. Tab. 14).

Abbildung 12: Prävalenz psychischer und Verhaltensstörungen (ICD-10 F00 – F99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Der ICD-10 unterscheidet im Kapitel zu psychischen und Verhal-tensstörungen insgesamt elf verschiedene Diagnose-Obergruppen, wobei die Diagnose F99 als Sammelgruppe für nicht näher bezeich-nete psychische Störungen dient. Insgesamt werden für Kinder- und Jugendliche überwiegend Entwicklungs- und Verhaltens- bzw. emo-tionalen Störungen diagnostiziert. Entsprechende Störungsbilder werden jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der kindlichen Entwicklung schwerpunktmäßig erfasst. Werden nur diese beiden Erkrankungsbilder betrachtet, so fällt auf, dass Entwicklungsstörun-gen deutlich häufiger im Kindes-, Verhaltensstörungen hingegen deutlich häufiger im Jugendalter diagnostiziert werden (vgl. Abb. 13).

Abbildung verschiedener Erkrankungs-bilder

Page 62: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

38 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Abbildung 13: Verteilung der Fälle mit Entwicklungs- und Verhaltens-störungen je Altersgruppe (Doppelzählung möglich)

Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen traten mit 53 Fällen je 1.000 ebenfalls häufig auf. Darunter fallen z. B. phobi-sche Störungen, Angst- und Zwangsstörungen. Auffällig ist dabei, dass sich bei Entwicklungs-, Verhaltens- und affektiven Störungen deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede in der Diagnosehäu-figkeit zeigten, während diese bei den übrigen Diagnosegruppen nicht oder nur in geringem Umfang zu beobachten waren (vgl. Tab. 14). Deutlichere geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich indes bei differenzierterer Betrachtung der Altersjahrgänge. So sind bei Jungen und Mädchen im Alter bis zu 14 Jahren keine Unter-schiede in der Häufigkeit neurotischer, Belastungs- und somatofor-mer Störungen zu beobachten. Im späten Jugendalter differenziert sich das Erkrankungsgeschehen jedoch deutlich aus, so dass mehr als doppelt so viele Mädchen wie Jungen an einer entsprechenden Störung leiden. Selbiges gilt für affektive Störungen oder Verhalten-sauffälligkeiten wie z. B. Essstörungen (ICD-10 F5).

Tabelle 14: Durchschnittliche Prävalenz (Fälle je 1.000) psychischer und Verhaltensstörungen nach Diagnosegruppe bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Diagnose (ICD-10)Ge-

samt

0-14 Jahre 15-17 JahreJun-gen

Mäd-chen

Jun-gen

Mäd-chen

Entwicklungsstörungen (F8) 148,3 206,3 131,6 52,1 33,2

Verhaltens- und emotionale Störungen (F9) 105,1 140,3 81,9 86,1 57,7

Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4)

52,8 46,6 47,7 53,2 107,8

Persönlichkeits- und Verhal-tensstörungen (F6) 12,9 14,7 10,4 11,4 17,7

Weitere häufige Erkrankungs-

bilder

Page 63: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

394 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Diagnose (ICD-10)Ge-

samt

0-14 Jahre 15-17 JahreJun-gen

Mäd-chen

Jun-gen

Mäd-chen

Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (F5)

12,4 12,4 11,7 6,5 21,1

Affektive Störungen (F3) 10,8 6,1 7,3 17,6 44,6

Intelligenzstörung (F7) 6,3 7,4 4,7 8,7 6,7

Psychische und Verhaltens-störungen durch psychotro-pe Substanzen (F1)

3,1 0,9 1,2 12,3 13,7

Organische, einschließlich symptomatischer psychi-scher Störungen (F0)

1,1 1,2 0,8 1,5 1,3

Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen (F2)

0,5 0,3 0,6 1,0 1,9

In Anbetracht der Häufigkeit von Entwicklungs- und Verhaltensstö-rungen verwundert es nicht, dass sich auch unter den häufigsten abgerechneten Behandlungsdiagnosen entsprechende Störungsbil-der finden (vgl. Tab. 15). Am häufigsten kommen dabei diagnosti-zierte Sprach- und Sprechstörungen vor. Für knapp 10 % aller Kin-der bzw. Jugendlichen wurde im Jahr 2016 eine entsprechende Dia-gnose gestellt. Dabei werden 60 % mehr Jungen als Mädchen mit einer entsprechenden Entwicklungsstörung diagnostiziert. Lediglich halb so häufig wie Sprach- und Sprechstörungen traten Aktivitäts- bzw. Aufmerksamkeitsstörungen („hyperkinetische Störungen“) auf. Entsprechende Störungsbilder treten im diagnostischen Leistungs-geschehen später als Entwicklungsstörungen, zumeist mit Beginn des Schulalters, auf (vgl. hierzu auch 4.7.3).

Auffällig ist insgesamt, dass sämtliche häufig beobachtete Behand-lungsdiagnosen nahezu doppelt so häufig bei Jungen wie bei Mäd-chen auftreten. Eine Ausnahme stellen emotionale Störungen dar, wobei sich diese weniger als eigenständige abnorme Phänomene als eine vorrangige Verstärkung normaler Entwicklungstrends dar-stellen.18 Der ICD-10 subsummiert unter emotionalen Störungen un-ter anderem abnorme Trennungsängste, phobische Störungen oder Probleme der sozialen Funktionsfähigkeit.

Ebenfalls häufig werden andere Verhaltens- und emotionale Störun-gen (ICD-10: F98) diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine Sammelgruppe im ICD-10, unter welcher z. B. Störungsbilder wie Stottern oder Nägelkauen subsummieren.

18 Erläuterung im ICD-10 zur F93- Emotionale Störungen des Kindesalters.

Emotionale Störungsbilder häufig auch bei Mädchen

Page 64: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

40 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Tabelle 15: Häufigkeit der fünf relevantesten psychischen Verhaltens- und Entwicklungsstörungen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Sprach-/ Sprechstörungen F80 114,0 75,6 95,2

Hyperkinetische Störungen F90 59,3 20,8 40,5

Andere Störungen unspez. F98 46,7 27,2 37,1

Motorische Störungen F82 45,4 22,3 34,2

Emotionale Störungen F93 28,0 25,4 26,8

4.7.2 Entwicklungsstörungen

Jedes siebte Kind bzw. Jugendlicher hatte im Jahr 2016 eine im Rahmen der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen diag-nostizierte Entwicklungsstörung (148 Fälle je 1.000). Dabei lag die Diagnoseprävalenz bei Jungen mit 180 Fällen je 1.000 mehr als 56 % oberhalb derer bei Mädchen (115 Fälle je 1.000, vgl. Abb. 14). Knapp die Hälfte der im Jahr 2016 kodierten Fälle entfiel zudem auf Kinder im Alter von 5 Jahren oder jünger. Ab dem Alter von 10 Jah-ren bei Mädchen und 14 Jahren bei Jungen sank die beobachtete administrative Prävalenz auf unter 10 %.

Abbildung 14: Prävalenz von Entwicklungsstörungen (ICD-10 F80-F89) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Zur Beschreibung der Entwicklungsstörungen unterscheidet der ICD-10 zwischen der Art der beobachteten Störung (vgl. Tab. 16). In den meisten Fällen sind unter anderem die Sprache, die visuell-räumlichen Fertigkeiten und die Bewegungskoordination betroffen. Dabei zeigte sich, dass die zuvor beschriebe höhere Prävalenz von Entwicklungsstörungen bei Jungen im Wesentlichen auf Sprach- und Sprechstörungen und motorische Entwicklungsstörungen zu-

Entwicklungs-störungen

Arten der Entwicklungs-

störung

Page 65: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

414 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

rückzuführen waren, die in 2016 50 % häufiger bzw. ca. doppelt so häufig wie bei Mädchen diagnostiziert wurden.

Tabelle 16: Prävalenz (Fälle je 1.000) von Entwicklungsstörungen Kin-dern und Jugendlichen im Jahr 2016

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen gesamt

Sprach-/ Sprechstörungen F80 114,2 75,7 95,4

Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten

F81 25,6 15,5 20,6

Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen

F82 45,8 22,5 34,4

Kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen

F83 22,0 11,6 16,9

Tiefgreifende Entwicklungs-störungen

F84 12,3 5,1 8,8

Andere bzw. nicht näher bezeichnete Entwicklungs-störungen

F88-F89

28,6 16,5 22,7

4.7.3 Verhaltens- und emotionale Störungen

Verhaltensstörungen unterlagen hinsichtlich der Diagnosehäufigkeit einem anderen alters- und geschlechtsbezogenen Trend als Ent-wicklungsstörungen. Während letztere insbesondere im frühen und mittleren Kindesalter diagnostiziert wurden, verschob sich die Prä-valenz von Verhaltensstörungen eher in das späte Kindes- und frühe Jugendalter (vgl. Abb. 15).

Abbildung 15: Prävalenz von Verhaltensstörungen (ICD-10 F90-F98) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Verhaltens-störungen

Page 66: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

42 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Insgesamt wurde im Jahr 2016 bei 105 von 1.000 Kindern und Ju-gendlichen eine entsprechende Diagnose gestellt. Vergleichbar zu Entwicklungsstörungen war auch hier die höhere Diagnosepräva-lenz bei Jungen gegenüber Mädchen (131 zu 78 Fälle je 1.000). Am größten war der geschlechtsspezifische Unterschied im mittleren Kindesalter zwischen 8 und 10 Jahren. Die administrative Diagnose-häufigkeit von Jungen im Alter von 8 Jahren war mit 202 Fällen je 1.000 fast doppelt so hoch wie die von Mädchen (109 Fälle je 1.000).

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gehört zu den häufigsten und hinsichtlich der gesellschaftlichen und medi-alen Wahrnehmung relevantesten kinderpsychiatrischen Verhal-tensstörungen. Im Jahr 2016 lag für 4,1 % aller Kinder und Jugend-liche eine entsprechende Diagnose für Kinder bzw. Jugendliche in-nerhalb der Abrechnungsdaten der DAK-Gesundheit vor. Die im Rahmen der KiGGS-Studie ermittelte Prävalenz unter 3 bis 17-Jäh-rigen auf 5 % liegt auf annähernd vergleichbarem Niveau.19 Eine Di-agnose der ADHS fand am häufigsten mit Eintritt des Schulalters statt, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass betroffene Kinder mit der dort erwarteten Disziplin und Ruhe überfordert sind.20 Jungen waren dabei häufiger von einer ADHS betroffen als Mäd-chen. Innerhalb des Kindes- und Jugendalters lag die Diagnosehäu-figkeit bei Jungen mit 6,0 % dreimal höher als bei Mädchen (2,1 %).

19 Quelle: Schlack et al. (2007).20 Quelle: RKI (2011).

ADHS-Prävalenz

Page 67: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

434 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Abbildung 16: Prävalenz hyperkinetischer Störungen (ICD-10 F90) so-wie die Verordnungsprävalenz von Psychostimulanzen bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Gut ein Drittel (34,9 %) aller Kinder und Jugendlichen mit mindes-tens einer gesichert diagnostizierten hyperkinetischen Störung er-hielt 2016 auch eine diagnosespezifische Medikation (vgl. Abb. 16 für den Verordnungsanteil an allen Kindern bzw. Jugendlichen und Tab. 17 für den Anteil diagnostizierter Personen mit medikamentö-ser Behandlung). Erfasst wurden dabei alle Kinder und Jugendli-chen mit mindestens einer Verordnung einer Psychostimulanz (ATC N06B). In Deutschland sind Methylphenidat, Atomoxetin, Dexamfe-tamin und Lisdexamfetamin zur Behandlung von Kindern (ab dem Alter von 6 Jahren) und Jugendlichen mit hyperkinetischen Störun-gen zugelassen. Berichtet wird in der Literatur auch von einem off-Label-Einsatz atypischer Neuroleptika (z. B. Risperidon), welche hier jedoch nicht berücksichtigt werden. Eine primäre Pharmakothe-rapie ist meist dann indiziert, wenn eine stark ausgeprägte, situati-onsübergreifende hyperkinetische Symptomatik mit einer erhebli-chen Beeinträchtigung des Patienten oder seines Umfeldes und ei-ner ausgeprägten Einschränkung der psychosozialen Anpassung (z. B. drohende Umschulung in Sonderschule, massive Belastung der Eltern-Kind-Beziehung) vorliegt.

Medikamentöse ADHS-Behandlung

Page 68: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

44 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Tabelle 17: Verordnungsprävalenz von Psychostimulanzen bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS im Jahr 2016

Altersgruppe Jungen Mädchen gesamt

< 1 0 % 0 % 0 %

1 – 5 1,4 % 0,3 % 1,1 %

6 – 9 23,6 % 17,9 % 22,1 %

10 – 12 47,4 % 34,3 % 44,0 %

13 – 14 52,1 % 39,7 % 49,2 %

15 – 17 48,5 % 38,4 % 45,9 %

Gesamt 37,5 % 27,6 % 34,9 %

Zu beobachten ist, dass sich Diagnose- und die diagnosespezifi-sche Verordnungsprävalenz innerhalb der Altersjahrgänge unter-schiedlich verteilen (siehe Abb. 16). HKS-spezifische Medikationen in Verbindung mit einer entsprechenden Diagnose sind in relevan-tem Ausmaß erst mit Beginn des Schulalters zu beobachten, was sich mit den Empfehlungen der ADHS-Leitlinie der Deutschen Ge-sellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie deckt.21 Demnach sollte eine medikamentöse Therapie von Vor-schulkindern erst dann erwogen werden, wenn edukative Interventi-onen der Eltern nicht ausreichen. Während die Diagnoseprävalenz unter Acht- bis Neunjährigen am höchsten ist, werden anteilig erst im Alter von 13 bis 14 Jahren die meisten Kinder bzw. Jugendlichen auch medikamentös behandelt.

Zudem konnte beobachtet werden, dass nicht nur mehr Jungen mit ADHS diagnostiziert wurden, sondern auch anteilig mehr Jungen medikamentös behandelt wurden. So wurden ab dem späten Kin-desalter mit Beginn des 10. Lebensjahres ca. 10 % mehr mit ADHS diagnostizierte Jungen medikamentös behandelt als Mädchen.

4.7.4 Substanzmissbrauch und Suchterkrankungen

Der ICD-10 subsummiert unter psychischen und Verhaltensstörun-gen durch psychotrope Substanzen (ICD-10 F10-F19) eine Vielzahl von Störungen mit verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern. Die Gemeinsamkeit besteht im Gebrauch einer oder mehrerer psy-chotroper Substanzen (mit oder ohne ärztliche Verordnung). Im Hin-blick auf die Versorgungsrelevanz wird nachfolgend nach Alkohol-, Tabak- oder sonstigen Substanzmissbrauch (darunter Cannabinoi-de, Kokain oder Lösungsmittel) unterschieden.

21 Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (2007).

ADHS-Versorgungs-

trends

Substanz-missbrauch

Page 69: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

454 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Im ICD-10 werden die verursachenden Substanzen durch die dritte Stelle, die klinischen Erscheinungsbilder durch die vierte Stelle kodiert . Dabei kann zwischen akuten Intoxikationen, grundsätzlich schädlichem Gebrauch, welcher zu Gesundheitsschädigungen führt, oder anderen Störungsbildern (z. B. Abhängigkeits- oder Ent-zugssyndrome) unterschieden werden. Wichtig erscheint an dieser Stelle noch einmal der Hinweis, dass es im Gegensatz zu Primär-erhebungen auf Basis von GKV-Abrechnungsdaten nicht möglich ist, die tatsächliche Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit miss-bräuchlichem Substanzkonsum abzubilden. Während davon auszu-gehen ist, dass z. B. ein missbräuchlicher Alkoholkonsum nur in sel-tenen Fällen diagnostiziert wird, da die entsprechenden Kinder und Jugendlichen nur selten aufgrund eines entsprechenden Verhaltens ärztlich bzw. klinisch vorstellig werden, kann jedoch angenommen werden, dass die Analyse der akuten Alkohol-Intoxikation das reale Krankheitsgeschehen besser abbildet. Entsprechende Angaben auf Basis der Krankenhausdiagnosestatistik werden u. a. auch im Rah-men der Gesundheitsberichterstattung des Bundes diskutiert.

Ein relevanter Beginn klinisch diagnostizierter Störungen in Folge seines Substanzmissbrauches konnte geschlechtsunabhängig ab dem 11. Lebensjahr beobachtet werden. Dies deckt sich mit ande-ren Erhebungsergebnissen.22 Werden im späten Kindes- bzw. frü-hen Jugendalters noch sehr geringe Fallzahlen beobachtet, stieg die Diagnoseprävalenz ab dem 14. Lebensjahr deutlich an. Tabel-le 18 zeigt deshalb die administrative Diagnoseprävalenz von durch Substanzmissbrauch verursachten Störungen nur für Kinder im Ju-gendalter. Auffällig ist, dass Störungen in Folgen von Tabak-Konsum mit 4,9 Fällen je 1.000 am häufigsten beobachtet wurden. Dabei lag die Diagnoseprävalenz von Mädchen gegenüber den Jungen dop-pelt so hoch.

Tabelle 18: Prävalenz (Fälle je 1.000) psychischer und Verhaltensstö-rungen durch psychotrope Substanzen bei Jugendlichen ab dem 14. Lebensjahr

Substanz ICD-10 Jungen Mädchen gesamt

Alkohol F10 4,4 4,1 4,3

Akute Alkohol-Intoxikation [akuter Rausch]

F10.0 3,7 3,3 3,5

Tabak F17 3,3 6,5 4,9

Andere Substanzen F11 – F19* 5,0 3,2 4,1

* exklusive psychischer und Verhaltensstörungen durch Tabak (ICD-10 F17)

22 Exemplarisch: Robert Koch-Institut (2014).

Beginnender Substanz-missbrauch mit dem 11. Lebensjahr

Page 70: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

46 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Aktuelle Survey-Studien, wie z. B. das DAK-Präventionsradar, ha-ben zuletzt auf den erhöhten Alkoholkonsum bereits im frühen Ju-gendalter hingewiesen und Präventionsmaßnahmen angeregt. Der Anteil der Jugendlichen ab 14 Jahren, deren Alkoholkonsum zu ei-ner pathologischen Verhaltensauffälligkeit führt, liegt bei 0,5 %, wo-bei Mädchen davon genauso betroffen sind wie Jungen. Der Anteil an Jugendlichen mit einer akuten, behandlungsbedürftigen Alkohol-Intoxikation liegt in den vorliegenden Daten nur geringfügig niedri-ger.

Neben klassischen substanzbezogenen Suchterkrankungen spie-len mediennutzungsassoziierte Verhaltensstörungen eine zuneh-mend bedeutende Rolle in der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen. Ein Schwerpunkt der Diskussion liegt dabei der-zeit auf der Prävalenz der Computerspielabhängigkeit. Zur Diagno-se einer Computerspielsucht existieren bislang jedoch keine eigen-ständigen Störungsbilder im ICD-10 oder DSM-IV. Um eine klinisch bedeutsame Aussage darüber treffen zu können, ob dem Medien-nutzungsverhalten eine psychische Abhängigkeit zugrunde liegt, kann im ICD-10 gegenwärtig nur auf die Kriterien stoffgebundener Abhängigkeiten oder des pathologischen Glücksspiels zurückgegrif-fen werden. In GKV-Abrechnungsdaten können dabei die ICD-10-Codes F63.0 („Pathologisches Spielen“), F63.8 („Sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“) und F63.9 („Ab-norme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle, nicht näher bezeichnet“) als Proxy dienen. Die darauf basierende administrative Diagnoseprävalenz lag im Jahr 2016 für Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren bei 1,9 Fällen je 1.000 und bei 1,6 je 1.000 für Mädchen deutlich unterhalb der bislang aus Primärstudien berichteten Er-krankungshäufigkeit.

So ermittelte beispielsweise eine empirische Untersuchung aus dem Jahr 2009 basierend auf einer bundesweit repräsentativen Schülerbefragung, dass 3 % der Jungen und 0,3 % der Mädchen als computerspielabhängig und weitere 4,7 % der Jungen und 0,5 % der Mädchen als gefährdet einzustufen sind.23 Neuere Erhebungen weisen inzwischen auf eine deutliche höhere Prävalenz hin. Nach einer aktuellen Studie der DAK-Gesundheit sind in der Altersgruppe der 12- bis 25-Jährigen 5,7 % von einer Computerspielabhängigkeit betroffen.24 Jungen sind mit 8,4 % deutlich häufiger abhängig als Mädchen (2,9 %).

Gleichwohl besteht in einer auf GKV-Abrechnungsdaten basieren-den Analyse gleichzeitig das Risiko, dass die bestehende Klassifika-tionssystematik das klinisch-relevante Krankheitsgeschehen sucht-haften Computerspielens überschätzt, da es sich bei den berück-sichtigen Diagnosen z. T. um Sammelgruppen für unspezifische Verhaltensstörungen mit unbekannter Ursache handelt. Die WHO hat auch deshalb zuletzt die Aufnahme von „gaming disorders“ als 23 Rehbein et al. (2009).24 Forsa (2016).

Computer-spielsucht

Höhere Prävalenz aus Primär-erhebungen

Neue Diagnose-schlüssel

Page 71: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

474 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

eigenes Störungsbild in den ICD-10 vorgeschlagen.25 Interessant wird bei Einführung eines entsprechenden Diagnoseschlüssels in-sofern der Aufbau von Längsschnittanalysen zur Prävalenz sucht-haften Computerspielverhaltens bzw. Spielzwangs sein, um sowohl Entwicklungen in der Erkrankungsprävalenz als auch im Kodierver-halten der medizinischen Leistungserbringer zu untersuchen. Im US-amerikanischen Klassifikationssystem DSM-V ist bereits eine Diagnose für „internet gamings“ verankert.26

Jüngere multinationale Studien haben jedoch gezeigt, dass die mit entsprechenden Instrumenten identifizierbare Prävalenz suchthaf-ten Nutzungsverhaltens im Vergleich zu anderen Suchterkrankun-gen (z. B. Alkohol) um ein Vielfaches geringer ist.27 Die Gründe dafür sind zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. So kann nicht eindeutig differenziert werden, ob die geringe Diagnoseprävalenz tatsächlich auf eine vergleichsweise geringe Fallzahl zurück zu führen ist, oder ob andere Faktoren, z. B. eine sich erst schrittweise Durchsetzung entsprechender „neuer“ Diagnoseziffern im Versorgungsalltag, ggf. auf den Bedarf einer längerfristigen Evaluierung hinweisen.

Eine aktuelle Studie der DAK-Gesundheit und des Deutschen Zen-trums für Suchtfragen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) untersuchte im Kontext dieser moderneren Formen von Suchterkrankungen, wie viele Kinder und Jugendliche ein suchthaf-tes Nutzungsverhalten von Social Media-Diensten, wie Facebook oder Instagram, zeigen. Basierend auf einer repräsentativen Tele-fonbefragung konnte dabei festgestellt werden, dass derzeit bei deutschlandweit rund 100.000 Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren eine Social Media-Abhängigkeit vorliegen könnte.28 Gemessen wurde eine potentielle Abhängigkeit basierend auf einer in den Niederlanden entwickelten „Social Media Disorder Scale“. Demnach gaben 34 % der 1.000 befragten Kinder und Ju-gendlichen an, soziale Medien zu nutzen, um nicht an unangeneh-me Dinge denken zu müssen. 14 % nutzen soziale Medien zudem häufig heimlich, 13 % sind unfähig, die Nutzung zu stoppen. Andere Autoren bewerteten diese Studienergebnisse bzw. die Ableitung ei-nes pathologischen Verhaltens daraus jedoch als kritisch und sehen keine Notwendigkeit für ein eigens abgrenzbares Erkrankungsbild der Social Media-Sucht.29

4.8 Hautkrankheiten

Bei jedem 4. Kind bzw. Jugendlichen wurde im Jahr 2016 im Rah-men eines ambulanten oder stationären Arztkontaktes eine Hauter-krankung diagnostiziert. Es zeigte sich eine u-förmige, altersbezo-

25 WHO (2018).26 American Psychiatric Association (2013).27 Markey, Ferguson (2017).28 Forsa (2017).29 Schulte-Markwort (2018).

Social Media-Abhängigkeit

Page 72: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

48 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

gene Prävalenzverteilung mit über 400 Fällen je 1.000 bei Kinder im Alter von 0 bis 1, einem Rückgang der Prävalenz bis zum Alter von 10 Jahren (192 Fälle je 1.000), sowie ein anschließender Anstieg der Erkrankungshäufigkeit im Jugendalter mit durchschnittlich 233 Fällen je 1.000 im Alter zwischen 14 und 17. Ab dem 10. Le-bensjahr waren dabei deutliche geschlechtsspezifische Unterschie-de zu erkennen, wobei z. B. im Alter von 16 Jahren die administrati-ve Diagnoseprävalenz von Mädchen mit 275 Fällen je 1.000 deutlich oberhalb der von Jungen lag (193 Fälle je 1.000).

Abbildung 17: Prävalenz von Krankheiten der Haut und der Unterhaut (ICD-10 L00 – L99) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Zu den häufigsten Behandlungsdiagnosen bei Hauterkrankungen zählen die Neurodermitis, Akne oder die Nesselsucht bzw. Nessel-fieber (Urtikaria).30 Dabei kommt eine klinisch behandlungsbedürfti-ge Akne bei Mädchen knapp doppelt so häufig vor wie bei Jungen. Ob dies prävalenz- oder verhaltensbezogene Gründe hat, kann hier nicht schlüssig bestimmt werden. Unabhängig davon stellt eine kli-nisch behandlungsbedürftige Akne jedoch ein relevantes Versor-gungsfeld dar, da mit steigendem Schweregrad einer Akne auch das Risiko für psychische Beeinträchtigungen hinein bis in Erwachse-nenalter steigt.31

30 Nicht berücksichtigt werden hier Parasitenbefälle der Haut, z. B. Läuse (siehe hierzu den Abschnitt zu Infektionskrankheiten).

31 Thielitz, Gollnick (2009).

Neurodermitis und Akne

Page 73: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

494 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 19: Häufigkeit der fünf relevantesten Hauterkrankungen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Neurodermitis L20 81,0 81,1 81,0

Sonstige Dermatitis L30 52,3 59,5 55,8

Akne L70 24,7 42,8 33,5

Nesselsucht L50 14,1 15,4 14,7

Windeldermatitis L22 12,9 15,8 14,3

Bei dem atopischen Ekzem handelt es sich um eine chronische Hautkrankheit, die auch als Neurodermitis bezeichnet wird. Diese schubweise verlaufende Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine sehr empfindliche, trockene und oft gerötete Haut, die zu Juckreiz neigt. Bei 8,4 % aller Kinder- und Jugendlichen wurde ein atopi-sches Ekzem festgestellt, wobei Neugeborene und Säuglinge (< 1 Jahr) mit 136 Fällen je 1.000 die höchste Prävalenz aufwiesen. Mit zunehmendem Alter sank die Prävalenz fast linear bis auf 52 Fäl-le je 1.000 im Alter von 17 Jahren. Während Jungen vor allem im Säuglings- und Kleinkindalter deutlich häufiger betroffen waren als Mädchen, kehrte sich das Verhältnis ab einem Alter von 13 Jahren merklich um.

Abbildung 18: Prävalenz der Neurodermitis bei Kindern und Jugend-lichen im Jahr 2016

Eine allergische Kontaktdermatitis wurde im Jahr 2016 deutlich sel-tener diagnostiziert. Die Prävalenz lag geschlechts- und altersüber-greifend bei unter einem Prozent (0,8 %). Höchstwerte fanden sich mit 11 Fällen je 1.000 bei einjährigen Jungen und 12 Fällen je 1.000 zweijähriger Mädchen. Anschließend sank die Prävalenz bei Jungen auf bis zu 4 Fällen je 1.000 im Alter von 16 Jahren, während die Prävalenz bei Mädchen bis zu einem Alter von 11 Jahren ebenfalls

Neurodermitis

Allergische Hautreaktionen

Page 74: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

50 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

sank, um anschließend jedoch erneut auf bis zu 11 Fälle je 1.000 anzusteigen. Der Hauptauslöser der Kontaktdermatitis konnte auf Basis der Abrechnungsdaten nicht identifiziert werden, da bei über 80 % der Fälle die Diagnose L23.9 (Allergische Kontaktdermatitis, nicht näher bezeichnete Ursache) dokumentiert wurde. Die Hospita-lisierungsquote war mit 1,5 % gering.

4.9 Ohrenerkrankungen

Unter den Kindern und Jugendlichen hatte fast jeder Fünfte im Jahr 2016 eine Ohrenerkrankung (18,5 %). Unter Kleinkinder (bis zum 5. Lebensjahr) lag die beobachtete administrative Prävalenz sogar bei 32,1 %. Diese war in höheren Altersgruppen beginnend ab dem 6. Lebensjahr stark rückläufig und lag z. B. bei Kindern und Jugendli-chen im Alter von 13 Jahren bei 10,4 %. Bedeutende geschlechts-spezifische Unterschiede zeigten sich dabei nicht. Zu den relevan-ten Ohrenerkrankungen im Kindesalter zählte die Mittelohrentzün-dung (Otitis media), welche im Folgenden noch detailliert betrachtet wird.

Abbildung 19: Prävalenz von Krankheiten des Ohres und des Warzen-fortsatzes (ICD-10 H60 – H95) bei Kindern und Jugend-lichen im Jahr 2016

Häufigste Ohrenerkrankung, insbesondere unter Kleinkindern, ist die eitrige bzw. nichteitrige Mittelohrentzündung (Otitis media). Er-krankungen des äußeren Ohres betreffen in der Regel die Ohrmu-schel, z. B. in Form einer bakteriell bedingten Entzündung der Knor-pelhaut (Perichondritis).

Häufigste Ohren-

erkrankungen

Page 75: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

514 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 20: Häufigkeit der fünf relevantesten Ohrenerkrankungen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Eitrige Mittelohrentzündung H66 70,0 68,9 69,5

Nichteitrige Mittelohrent-zündung

H65 62,0 58,1 60,1

Krankheiten des äußeren Ohres

H61 33,3 38,3 35,8

Ohrenschmerzen unspez. H92 18,9 23,9 21,3

Gehörgangsentzündung H60 18,6 20,4 19,5

Von einer Otitis media, also einer Mittelohrentzündung, waren 11,4 % aller Kinder und Jugendlichen betroffen. Der Erkrankungs-gipfel lag mit 282 Fällen je 1.000 im Alter von 3 Jahren. Anschlie-ßend sank die Prävalenz auf bis zu 33 Fällen je 1.000 im Alter von 16 und 17 Jahren. Geschlechtsspezifische Unterschiede konnten kaum identifiziert werden. Über 50 % der Fälle bezogen sich auf die Diagnose H66.9, also eine nicht näher bezeichnete Otitis media.

Abbildung 20: Prävalenz einer Otitis media (ICD-10 H65 – H67) bei Kin-dern und Jugendlichen im Jahr 2016

4.10 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten

Die Prävalenz endokriner, Ernährungs- und Stoffwechselkrankhei-ten unter Kindern und Jugendlichen betrug im Jahr 2016 alters- und geschlechtsübergreifend 95,3 Fälle je 1.000. Im ICD-10-Katalog subsummieren sich darunter insbesondere Personen mit Diabetes mellitus, Adipositas und Stoffwechselstörungen. Bei Mädchen (Prä-valenz: 10,2 %) traten entsprechende Erkrankungen häufiger auf als bei Jungen (8,9 %). Darüber hinaus zeigte sich ein klar altersab-hängiger Zusammenhang. Ab dem Alter von 7 Jahren (79 Fälle je

Mittelohr-entzündungen

Häufigkeit von Stoffwechsel-erkrankungen

Page 76: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

52 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

1.000) stieg die Prävalenz bis zum Alter von 13 Jahren konstant an. Während die Diagnosehäufigkeit bei Jungen im späten Jugendalter rückläufig war, stieg die beobachtete Prävalenz unter jugendlichen Mädchen noch einmal deutlich an (177 Fälle je 1.000 im Alter von 17 Jahren).

Abbildung 21: Prävalenz von endokrinen, Ernährungs- und Stoff-wechselkrankheiten (ICD-10 E00 – E90) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Unter den fünf häufigsten Behandlungsdiagnosen unter endokrinen, Ernährungs- bzw. Stoffwechselerkrankungen dominieren diagnosti-zierte Adipositas-Fälle (vgl. Tab. 21). Bereits seltener, aber immer noch häufig werden sonstige endokrine Störungen, worunter z. B. Wachstumsstörungen fallen, beobachtet.

Tabelle 21: Häufigkeit der fünf relevantesten Stoffwechselkrankheiten (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Adipositas E66 31,9 33,3 32,6

Sonstige endokrine Störun-gen

E34 12,2 12,2 12,2

Schilddrüsenunterfunktion E03 6,4 8,9 7,6

Vitamin-D-Mangel E55 5,9 6,9 6,4

Laktoseintoleranz E73 4,0 5,5 4,7

Bei mehr als einem Drittel aller Kinder mit einer endokrinen, Ernäh-rungs- bzw. Stoffwechselerkrankungen lag eine Adipositas-Diagno-se (36 %) vor. Insgesamt wurde die Diagnose Adipositas im Jahr 2016 bei 3,3 % aller Kinder und Jugendlichen gestellt. Die Prävalenz

Adipositas-Fälle besonders häufig

3 % aller Kinder mit Adipositas

Page 77: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

534 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

unterlag einer starken Altersabhängigkeit und stieg bis zu einem Al-ter von 9 bis 13 Jahren an: In dieser Altersgruppe fand sich die höchste Prävalenz mit fast 50 Fällen je 1.000 (vgl. Abb. 22). Ab ei-nem Alter von 14 Jahren sank die Prävalenz jedoch wieder stark ab. Im Mittel waren Mädchen genauso häufig betroffen wie Jungen. In 70 % aller Adipositas-Fälle wurde eine nicht näher bezeichnete Adi-positas ohne Angabe von Grad oder Ausmaß (ICD-10 E66.99) do-kumentiert.

Abbildung 22: Adipositas-Prävalenz (ICD-10 E66) bei Kindern und Jugend lichen im Jahr 2016

Werden endokrine, ernährungs- oder stoffwechselbedingte Erkran-kungen diagnostiziert, ist eine Laktoseintoleranz im Jahr 2016 die fünfthäufigste Behandlungsdiagnose. Für 5 von 1.000 Kindern und Jugendlichen wurde eine entsprechende Diagnose im beobach-tungszeitraum gestellt. Die Prävalenz stieg mit steigendem Alter ste-tig von unter einem Fall bei den unter 1-Jährigen auf bis zu 8 Fällen bei den 17-Jährigen an. Über 60 % der Diagnosen wurde bei 10- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen gestellt. Mädchen waren mit 6 Fällen je 1.000 häufiger betroffen als Jungen (4 Fälle je 1.000). Ein besonders steiler Anstieg der Prävalenz konnte bei Mädchen ab dem 15. Lebensjahr beobachtet werden (vgl. Abb. 23).

Zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der berichteten Prävalenz nicht um die reale Häufigkeit von einer mit Milchzucker assoziierten Unverträglichkeit handelt. Es kann vielmehr lediglich der Anteil der Kinder und Jugendlichen abgebildet werden, bei denen entspre-chende Beschwerden zu einem Kontakt mit dem Versorgungssys-tem und damit verbunden zur Inanspruchnahme ärztlicher Leistun-gen geführt hat.

Laktoseintoleranz

Page 78: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

54 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Abbildung 23: Anzahl der Kinder und Jugendliche mit einer diagnos-tizierten Laktoseintoleranz im Jahr 2016

Nicht unter den häufigsten Stoffwechselerkrankungen und dennoch von hoher versorgungspolitischer Relevanz sind Kinder mit einem Diabetes mellitus. Eine entsprechende Diagnose wurde im Jahr 2016 bei 4 von 1.000 Kindern und Jugendlichen gestellt. Ein Unter-schied zwischen Mädchen und Jungen konnte liegt nicht vor, jedoch stieg die Prävalenz mit zunehmendem Alter auf bis zu 6 Fällen je 1.000 an. Der Typ 1-Diabetes machte unter den hier genannten 73 % aller Fälle aus; auf den Typ 2-Diabetes entfielen 17 % der Fäl-le. Die übrigen 10 % der Fälle wurden als „unspezifischer“ Diabetes kodiert. Ab einem Alter von sechs Jahren ist dabei ein Anstieg der Typ 2-Diabetes-Diagnosen zu beobachten. Dabei sind 60 % aller Kinder bzw. Jugendlichen mit diagnostiziertem Typ 2-Diabetes 13 Jahre oder älter.

Die Ergebnisse von Langzeitsurveys wie der KiGGS-Studie zeigen indes eine höhere/niedrigere Diabetes-Prävalenz, was auf die un-terschiedlichen Samplegrundlagen zurückzuführen sein dürfte. Ent-sprechende Daten deuten unabhängig davon gleichermaßen auf nach wie vor hohes Präventionspotential zur Vermeidung von Typ 2-Diabetikern hin. Jüngste Untersuchungen des DAK-Präventi-onsradars32 sowie der KiGGS-Studie33 haben zudem erneut auf die hohe Prävalenz potentieller Risikofaktoren zur Entwicklung nicht nur einer Adipositas, sondern auch eines Diabetes, wie z. B. einen erhöhten Zuckerkonsum, unter Kindern und Jugendlichen hinge-wiesen.

32 Vgl. hierzu Kapitel 9 des vorliegenden Reportes.33 RKI (2018).

Diabetes mellitus

Page 79: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

554 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

4.11 Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromo-somenanomalien

Häufigkeiten von Fehlbildungen werden nach internationaler Über-einkunft nicht als Inzidenz, sondern als Prävalenz angesehen, denn es handelt sich nicht um eine Neuerkrankung, sondern um einen Istwert bei Geburt.34 Insofern ergibt sich in nachfolgender Darstel-lung nicht das Problem zusammenfallender Prävalenz und Inzidenz in Form einer Periodenprävalenz, sondern es werden die tatsächli-chen administrativen, prävalenten Fälle berichtet.

Von besonderem Interesse ist dabei die Diagnoseprävalenz bei Neugeborenen und Säuglingen, welche im Jahr 2016 für entspre-chende Fehlbildungen geschlechtsunabhängig bei 25 % lag. Hin-sichtlich der beobachteten Fälle in anderen Altersjahrgängen, wel-che ab dem 1. Lebensjahr zwischen 16,7 % und 11,2 % bei 17-Jäh-rigen deutlich unterhalb der berichteten Prävalenz bei Säuglingen lag, ist zu berücksichtigen, dass der Querschnittscharakter der vor-liegenden Analyse nur jene prävalenten Fälle identifiziert, welche im Jahr 2016 gesundheitliche Leistungen in Form ambulanter oder sta-tionärer ärztlicher Kontakte in Anspruch genommen haben. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass bestimmte Fehlbildungen, welche nicht dauerhaft behandlungsbedürftig sind, im späteren Le-bensalter nicht kontinuierlich Arztkontakte mit entsprechender Diag-nosekodierung und damit eine über GKV-Abrechnungsdaten erfass-bare Prävalenz auslösen.

Häufigste angeborene Deformität sind mit einer alters- und ge-schlechtsübergreifenden Prävalenz von knapp 7 % Fehlbildungen der Füße (vgl. Tab. 22). Angeborene Fehlbildungen der Herzschei-dewand treten ebenso wie Fehlbildungen des Muskel-Skelettsys-tems mit ca. 10 Fällen je 1.000 deutlich seltener auf.

Tabelle 22: Häufigkeit der fünf relevantesten angeborenen Fehlbil-dungen und Deformitäten (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Deformitäten der Füße Q66 74,3 68,3 71,4

Fehlbildungen der Herz-scheidewand

Q21 10,2 11,4 10,8

Muskel-Skelett-Deformitä-ten

Q67 9,8 5,1 7,5

Deformitäten der Hüfte Q65 3,9 7,9 5,9

Fehlbildungen der Haut Q82 5,0 6,4 5,7

34 Queißer-Luft, Spranger (2006).

Häufigste Fehlbildungen

Page 80: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

56 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen zeigen sich in der Häufigkeit von Muskel-Skelett-Deformitäten, zu denen u. a. angebo-renen Gesichtsasymmetrien, Deformitäten der Wirbelsäule oder des Brustkorbes („Trichterbrust“, „Hühnerbrust“) gehören. Entsprechen-de Fehlbildungen sind bei Jungen (9,8 Fälle je 1.000) doppelt so häufig zu beobachten wie bei Mädchen (5,1 Fälle je 1.000).

4.12 Sonstige, seltenere Erkrankungsdiagnosen bei Kindern und Jugendlichen

4.12.1 Krebserkrankungen

Bei 5 % aller Kinder und Jugendlichen wurde im Jahr 2016 eine Neubildung diagnostiziert. Darunter fallen sowohl bösartige als auch gutartige Neubildungen sowie In-situ-Neubildungen, also solche Tu-moren, die von der Zellbeschaffenheit her bösartig, jedoch örtlich begrenzt sind, die natürlichen Gewebegrenzen nicht überschreiten und i. d. R. nicht metastasieren. Darüber hinaus sind Neubildungen, bei denen Unsicherheit darüber besteht, ob diese bösartig oder gut-artig sind, berücksichtigt.

Die 1-Jahres-Periodenprävalenz betrug geschlechts- und alters-übergreifend ca. 55 Fälle je 1.000 Personen. Dabei zeigten sich al-ters- und geschlechtsspezifische Unterschiede (vgl. Abb. 6). Wäh-rend die Prävalenz bei Neugeborenen mit 72 erkrankten Personen je 1.000 insgesamt am höchsten war, wurde die niedrigste Präva-lenz bei den 2-Jährigen beobachtet (41 Fälle je 1.000). Ab dem Alter von 3 Jahren stieg die Neubildungsprävalenz jedoch relativ konstant bis zu einem Alter von 15 Jahren an (69 Fälle je 1.000). Besonders groß waren die geschlechtsspezifischen Unterschiede mit jeweils mehr beobachteten Fällen bei Mädchen in den Altersjahrgängen 2, 15 und 17 mit jeweils ca. 12 beobachteten Fällen mehr je 1.000 Per-sonen.

Als Teilgruppe aller Neubildungen sind bösartige Tumorerkrankun-gen bei Kindern und Jugendlichen von besonderer Versorgungsrele-vanz und hohem Public Health-Stellenwert. Dabei wurden mit 96 % der größte Teil der diagnostizierten Neubildungen im Jahr 2016 nicht als bösartige Neubildung kodiert. In 4 % aller berichteten Fälle mit einer Neubildung lag jedoch eine entsprechend gesicherte Dia-gnose-Klassifikation als bösartige Neubildung vor (ICD-10 C00-C75). Dies entspricht einer Prävalenz von 0,2 % bei allen Kindern und Jugendlichen.

Im Gegensatz zur Gesamtverteilung aller diagnostizierten Neubil-dungen folgte die Verteilung der Prävalenz bösartiger Tumorerkran-kungen einem anderen altersabhängen Zusammenhang, wobei die beobachteten Häufigkeiten im frühen Jugendalter deutlich anstie-gen (vgl. Abb. 24). Größere geschlechtsspezifische Unterschiede

Häufigkeit aller Krebs-

erkrankungen

Bösartige Neubildungen

Page 81: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

574 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

zeigten sich ebenfalls erst ab dieser Altersgruppe, jedoch nur in ein-zelnen Altersjahrgängen. So unterscheidet sich die beobachtete Prävalenz z. B. bei 13-jährigen Jungen (3,4 Fälle je 1.000) deutlich von der bei Mädchen (2,2 Fälle je 1.000).

Abbildung 24: Prävalenz bösartiger Neubildungen (ICD-10 C00 – C97) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Hinsichtlich der Lokalisation der bösartigen Neubildungen zeigten sich sowohl insgesamt als auch geschlechtsspezifisch zum Teil deut-liche Unterschiede (vgl. Tab. 23). Während bösartige Neubildungen des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes mit ei-ner Gesamtprävalenz von 0,077 % und damit knapp unter einer er-krankten Person je 1.000 Kinder und Jugendlicher noch vergleichs-weise häufig beobachtet wurden – darunter vor allem Kinder mit Leukämie –, lag die Diagnoseprävalenz der übrigen bösartigen Neubildungen auf vergleichsweise geringem Niveau.

Relevante geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten sich bei bösartigen Neubildungen des Weichteilgewebes mit doppelt so vie-len Fällen bei Jungen oder bei bösartigen Neubildungen des lym-phatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes mit einem Un-terschied von über 50 % mehr diagnostizierten Fälle bei Jungen. Geringfügige Unterschiede zeigten sich auch bei bösartigen Neubil-dungen des Auges mit ca. einem Drittel weniger beobachteten Fäl-len bei Mädchen als bei Jungen.

Lokalisation bösartiger Neubildungen

Page 82: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

58 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Tabelle 23: Prävalenz (Fälle je 100.000) bösartiger Neubildungen bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

ICD-10 Lokalisation Jungen Mädchen gesamt

C00-C14 Lippe, Mundhöhle, Pha-rynx

4 5 5

C15-C26 Verdauungsorgane 3 5 4

C30-C39 Atmungsorgane und sons-tige intrathorakale Organe

3 4 4

C40-C41 Knochen und Gelenkknor-pel

13 10 12

C43-C44 Melanom und sonstige bösartige Neubildungen der Haut

0,22 0,24 23

C45-C49 Mesotheliales Gewebe und Weichteilgewebe

17 9 13

C50 Brustdrüse (Mamma) - 1 -

C51-C58 Weibliche Genitalorgane - 7 -

C60-C63 Männliche Genitalorgane 4 - -

C64-C68 Harnorgane 12 12 12

C69-C72 Auges, Gehirns und sons-tige Teile des Zentralner-vensystems

39 27 33

C73-C75 Schilddrüse und sonstige endokrine Drüsen

13 8 10

C76-C80 Ungenau bezeichnete, sekundäre und nicht näher bezeichnete Lokalisatio-nen

18 15 16

C81-C96 Lymphatisches, blutbilden-des und verwandtes Ge-webes, als primär festge-stellt oder vermutet

91 63 77

C97-C97 Primärtumore an mehre-ren Lokalisationen

0 0 0

Gesamt – 233 202 218

Insgesamt 26 von 1.000 Kindern und Jugendlichen hatten im Jahr 2016 eine Krankheit des Blutes bzw. der blutbildenden Organe (ICD-10 D50-D90). Dazu zählen im Wesentlichen Anämien (Blutarmut) und bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems. In der Gesamtschau wurden entsprechende Erkrankungen geringfü-

Anämien

Page 83: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

594 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

gig häufiger bei Mädchen (27 Fälle je 1.000) als bei Jungen (24 je 1.000) diagnostiziert. Dem liegen jedoch verschiedene altersbezo-gene Zusammenhänge zugrunde. Während im Kindesalter bis ein-schließlich 11 Jahren bei Jungen im Durchschnitt 4 Fälle mehr je 1.000 als bei Mädchen auftraten, stieg die Prävalenz bei Mädchen mit Beginn der Pubertät ab dem 12. Lebensjahr sprunghaft an. Die Diagnosehäufigkeit bei Jungen war im Jugendalter hingegen rück-läufig. Mit 49 je 1.000 diagnostizierten Fällen wurde im Alter von 17 Jahren demgegenüber bei fast dreimal so vielen Mädchen eine entsprechende Diagnose gestellt wie noch im Alter von 10 Jahren (18 Fällen je 1.000). Zurückzuführen ist dieser Anstieg vor allem auf die Anzahl alimentärer Anämien, wie die Eisenmangelanämie, die Vitamin B 12-Mangel-Anämie oder die Folsäuremangelanämie, wel-che bei 17-Jährigen fünfmal häufiger diagnostiziert wurden als bei 10-Jährigen und oftmals als Begleitdiagnose kodiert wurden.

4.12.2 Zahnkaries und Krankheiten des Verdauungssystems

Unter den Kindern und Jugendlichen hatte im Jahr 2016 jeder 6. ei-ne diagnostizierte Erkrankung oder Störung des Verdauungssys-tems (157 Fälle je 1.000). Hinsichtlich der Erkrankungshäufigkeit lag ein deutlich altersbezogener Zusammenhang vor; geschlechtsspe-zifische Unterschiede waren hingegen vernachlässigbar. Während die Prävalenz von Erkrankungen des Verdauungssystems unter Kleinkindern und im frühen Kindesalter (bis zum einschließlich 4. Lebensjahr) bei 263 Fällen je 1.000 lag, sank die administrative Prä-valenz im frühen Jugendalter auf ca. 100 Fälle je 1.000. Mit Beginn des 14. Lebensjahres stieg die beobachtete Prävalenz dann wieder an und lag z. B. bei 16-jährigen Jungen bei 121 Fällen und bei Mäd-chen bei 155 Fällen je 1.000.

Bei 1,1 % aller Kinder und Jugendlichen wurde bei einem Zahnarzt-besuch Karies festgestellt. Die hier identifizierten Karieshäufigkeiten decken sich näherungsweise mit Daten aus der offiziellen Gesund-heitsberichterstattung.35 Mit 3,3 % waren Kinder im Alter von 5 Jah-ren am stärksten betroffen. Anschließend kam es zu einem starken Absinken der Prävalenz. Ab dem 14. Lebensjahr wurde eine Karies-diagnose nur noch bei weniger als 3 von 1.000 Jugendlichen ge-stellt. Bedeutende geschlechtsspezifische Unterschiede konnten nicht identifiziert werden. Mädchen wiesen jedoch bis zu einem Alter von neun Jahren eine etwas geringere Krankheitslast auf (vgl. Abb. 25).

35 DAJ (2009).

Verdauungs-erkrankungen

Zahnkaries

Page 84: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

60 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

Abbildung 25: Prävalenz von Zahnkaries (ICD-10 K02) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

4.12.3 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Fol-gen äußerer Ursachen (z. B. Allergien)

Für jedes vierte Kind bzw. Jugendlichen wurde im Jahr 2016 eine Verletzung oder Vergiftung oder andere Folgen äußerer Einflüsse kodiert. Dem lag sowohl eine alters- als auch geschlechtsbezogene Abhängigkeit zugrunde. Während die Prävalenz entsprechender Di-agnosen bei Kleinkindern im Alter von einem bis zwei Jahren bei 30 bis 31 % lag, sank die Diagnoseprävalenz bei Kindern mittleren Al-ters (sieben Jahre) auf 24 %. Entsprechende Diagnosen traten dann noch einmal vermehrt im späten Kindesalter mit zehn bis elf Jahren auf (270 Fälle je 1.000), sanken jedoch im Jugendalter wieder ab. Dabei lag die administrative Diagnosehäufigkeit bei Jungen (28,0 %) relativ konstant über alle Altersjahrgänge hinweg ca. 3 Prozentpunk-te oberhalb derer der Mädchen (25,2 %).

Zu entsprechenden Diagnosen können

• unterschiedlicher Verletzungen einzelner Körperregionen,

• Verletzungen mehrerer Körperregionen,

• sowie sonstige und nicht näher bezeichnete Schäden durch äu-ßere Ursachen

zählen. Dabei sind entsprechende diagnostizierte Verletzungen häufig eher unspezifisch, also ohne konkrete Angabe einer Lokali-sation (vgl. Tab 24). Vergleichsweise häufig treten noch Kopfverlet-zungen und Sprunggelenksverletzungen auf, erstere geringfügig häufiger bei Jungen, letztere häufiger bei Mädchen.

Verletzungen

Page 85: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

614 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 24: Häufigkeit der fünf relevantesten Verletzungen, Vergif-tungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (Fälle je 1.000)

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Verletzung unspez. T14 78,7 71,6 75,2

Unerwünschte Nebenwir-kung unspez.

T78 47,6 39,7 43,8

Oberflächliche Kopfverlet-zung

S00 24,7 20,7 22,7

Sprunggelenksverletzung S93 18,5 21,7 20,1

Offene Kopfwunde S01 20,5 11,4 16,1

Zweithäufigste dokumentierte Einzeldiagnose in dieser Kategorie sind „andernorts nicht klassifizierte unerwünschte Nebenwirkun-gen“. Dazu zählen z. B. anaphylaktische Schocks oder nicht näher bezeichnete Allergien. Die Prävalenz entsprechender allergischer Reaktionen (ICD-10: T78.4), lag im Jahr 2016 insgesamt bei 3,9 % und stieg ausgehend von 1,3 % bei den unter 1-Jährigen mit zuneh-menden Alter auf bis zu 4,9 % bei den 10-Jährigen an (vgl. Abb. 26). Jungen waren bis zu einem Alter von 15 Jahren häufiger betroffen als Mädchen, während sich dieses Verhältnis bei den 16- und 17-Jährigen umkehrte. Nicht damit erfasst sind definierbare allergi-sche Reaktionen wie z. B. eine Dermatitis (im vorliegenden Report erfasst unter Hauterkrankungen) oder Heuschnupfen (erfasst unter Atemwegserkrankungen).

Abbildung 26: Prävalenz nicht näher bezeichneter Allergien (ICD-10 T78.4) bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Allergien

Page 86: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

62 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 4

4.12.4 Prävalenz weiterer Erkrankungen

Die administrative Diagnoseprävalenz einer Erkrankung des Ner-vensystems lag im Jahr 2016 mit 50 Fällen je 1.000 Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu anderen Erkrankungsbildern auf nied-rigem Niveau. Abgesehen von Neugeborenen lag die Erkrankungs-häufigkeit bis zum Alter von 13 Jahren unterhalb von 5 %. Mit Be-ginn des frühen Jugendalters stieg die Prävalenz jedoch relativ steil an. Geschlechtsspezifische Unterschiede lagen dabei nur in gering-fügigem Umfang und erst im späten Jugendalter vor. Bei jugendli-chen Mädchen im Alter von 16 Jahren lag die beobachtete Präva-lenz beispielsweise bei 93 Fällen je 1.000, die administrative Häufig-keit diagnostizierter Nervenerkrankungen bei Jungen desselben Al-ters bei 66 Fällen je 1.000 und damit ca. 30 Prozentpunkte niedriger. Eine der häufigsten und versorgungspolitisch relevantesten Nerven-erkrankungen im Kindesalter stellt die Epilepsie dar.

Von Epilepsie betroffen waren 7 von 1.000 Kindern und Jugendli-chen. Die Prävalenz war stark altersabhängig und stieg mit steigen-dem Alter von 3 Fällen je 1.000 bei den unter 1-Jährigen auf bis zu 10 Fällen je 1.000 bei den 16-Jährigen. Jungen waren in fast jedem Alter stärker betroffen als Mädchen. Bei ca. 27 % aller Kinder und Jugendlichen mit Epilepsie wurde eine entsprechende Diagnose während eines Krankenhausaufenthaltes dokumentiert.

Erkrankungen des Kreislaufsystems, darunter z. B. Bluthochdruck oder arterielle Erkrankungen, wurden bei Kindern eher selten diag-nostiziert. Die administrative Prävalenz unter allen betrachteten Al-tersjahrgängen lag bei knapp 4 %, wobei geringfügig mehr Fälle bei Mädchen als bei Jungen zu beobachten waren. Bis zum 11. Lebens-jahr lag die Prävalenz noch in allen Altersjahrgängen unterhalb von 4 %. Mit Beginn des 12. Lebensjahres stieg die administrative Prä-valenz jedoch deutlich an. So wurden bei Jugendlichen im Alter von 17 Jahren mehr als doppelt so viele Fälle diagnostiziert (80,7 je 1.000) als noch im Alter von 12 Jahren (37,6 je 1.000).

Ärztlich diagnostizierte Muskel-Skelett-Krankheiten traten vermehrt im Jugendalter auf. Während die Erkrankungshäufigkeit über alle Al-tersgruppen hinweg bei 17 % lag, wurde ab dem elften Lebensjahr durchschnittlich bei jedem vierten Kind bzw. Jugendlichen wenigs-tens bei einem ambulanten oder stationären Arztkontakt eine ent-sprechende Erkrankungsdiagnose gestellt. Dabei stieg die beob-achtete Prävalenz ab dem sechsten Lebensjahr deutlich an. Lag die Prävalenz entsprechender Erkrankungen bis zum Ende des frühen Kindesalters noch bei jeweils knapp unter 100 Fällen je 1.000, stieg diese im späten Jugendalter ab dem 14. Lebensjahr auf 250 bis zu über 300 Fälle je 1.000 Personen an. Mädchen waren in diesem Al-ter zudem häufiger von einer entsprechenden Erkrankung betroffen.

Urogenitale Erkrankungen, darunter z. B. Harnwegs-, Nieren- und Geschlechtserkrankungen, traten bei Jungen gehäuft im Alter von zwei bis fünf Jahren und bei Mädchen mit einsetzender Pubertät ab

Nerven-erkrankungen

Epilepsie

Kreislauf-erkrankungen

Muskel-Skelett-Erkrankungen

Krankheiten des Urogenital-

systems

Page 87: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

634 Krankheitsgeschehen von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

dem 13. Lebensjahr auf. Die alters- und geschlechtsabhängige Dia-gnoseprävalenz lag bei 12 %. Bei Jungen im frühen Kindesalter tra-ten entsprechende Erkrankungsfälle mit 175 bis 215 Fällen je 1.000 mehr als doppelt so häufig auf wie bei gleichaltrigen Mädchen. Wäh-rend die beobachteten Fallzahlen bei Jungen im späten Jugendalter auf unter 50 Fälle je 1.000 zurückgingen, lag die administrative Prä-valenz bei Mädchen um ein Vielfaches höher. So wurden entspre-chende N-Diagnosen bei Mädchen (453 Fälle je 1.000) im Alter von 16 Jahren zwölfmal so häufig gestellt wie bei Jungen (38 Fälle je 1.000).

Page 88: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

64

5 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

1. Die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen ist im Kin-des und Jugendalter verschieden. Während anteilig mehr Kleinkinder den Hausarzt aufsuchen und häufiger wenigstens ein Arzneimittel verordnet bekamen, ist der Anteil der Jugend-lichen mit einem verschriebenen Hilfsmittel höher.

2. Säuglinge verursachen mit durchschnittlich 1.615 € doppelt so hohe Versorgungskosten wie Kinder im Alter von einem bis vier Jahren (812 €). Nach einem Rückgang im Kindesalter steigen die Versorgungskosten bis zum Jugendalter jedoch wieder konstant an.

3. Die Gesamtausgaben aller zu Lasten der DAK-Gesundheit erstattungsfähigen Leistungen für Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 0 bis 17 Jahren betrugen im Jahr 2016 knapp über 527 Millionen €. 3 % aller Kinder bzw. Jugendlichen verur-sachten dabei 50 % dieser Leistungsausgaben.

4. Wesentlicher Treiber sind Ausgaben für Krankenhausaufent-halte. Insgesamt entfielen 34,0 % (179 Millionen €) aller Aus-gaben auf entsprechende Leistungen. Die durchschnittliche Dauer eines Krankenhausaufenthaltes liegt zwischen 4,3 Ta-gen im Kleinkind- und 10,8 Tagen im Jugendalter.

5. Mädchen nehmen ab dem Jugendalter im Durchschnitt mehr Versorgungsleistungen als Jungen in Anspruch.

6. 23 % aller Eltern haben sich aufgrund einer Erkrankung des Kindes im Durchschnitt zweimal für durchschnittlich 2,3 Tage krankgemeldet.

5.1 Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen

Die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen ist kom-plex und umfasst sämtliche Versorgungsbereiche des Gesundheits-wesens. Bei der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen durch Kinder und Jugendliche zeigten sich in Abhängigkeit des Ver-sorgungssektors unterschiedliche alters- und geschlechtsabhängi-ge Zusammenhänge. Einen komprimierten Blick auf das Leistungs-geschehen bietet die nachfolgende Tabelle 25. Dargestellt ist der Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen je Altersgruppe, der im Jahr 2016 wenigstens einen administrativen, also abrechnungsauslösen-den Kontakt in einem der Versorgungssektoren hatte. Dabei ist zu beobachten, dass, unabhängig vom Alter, ambulant-ärztliche Leis-tungen sowie Arzneimittel die am häufigsten in Anspruch genomme-

Mit steigendem Alter mehr

fachärztliche Leistungen

Page 89: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

655 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

nen oder verordneten Versorgungsleistungen darstellten. Während jedoch der Anteil von Kindern bzw. Jugendlichen, die hausärztliche Leistungen in Anspruch nahmen oder Arzneimittel verschrieben be-kamen, mit dem Alter nahezu konstant sank, nahm die Inanspruch-nahme fachärztlicher Leistungen mit steigendem Alter zu. Entschei-dend zur Interpretation der Ergebnisse ist, dass Kinderärzte hier als Fachärzte gezählt werden.

Eine andere Altersabhängigkeit zeigte sich in der stationären Ver-sorgung. Während noch für jeden sechsten Säugling (< 1 Jahr) ein Krankenhausaufenthalt nach der Geburt erforderlich war, sank die-ser Anteil in höheren Altersgruppen sukzessive. Lediglich in der Al-tersgruppe der 15- bis 17-Jährigen war wieder ein geringfügiger Anstieg der Hospitalisierungsquote zu beobachten, jedoch auf ver-gleichsweise niedrigem Niveau. Die Inanspruchnahme von Rehabi-litationsleistungen lag bei Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Alter auf erwartbar sehr niedrigem Niveau.

Tabelle 25: Anteil von Kindern und Jugendlichen mit wenigsten einer Leistungsinanspruchnahme je Versorgungssektor und Al-tersgruppe im Jahr 2016

Alter HA FA KH AM HEM HIM RH

< 1 95,9 % 62,6 % 15,7 % 97,5 % 11,2 % 9,3 % 0,04 %

1 – 4 94,6 % 65,0 % 9,0 % 90,9 % 8,1 % 9,4 % 0,64 %

5 – 9 86,2 % 65,3 % 5,4 % 81,5 % 17,4 % 17,5 % 0,97 %

10 – 14 75,6 % 66,4 % 5,7 % 66,3 % 10,4 % 22,6 % 0,67 %

15 – 17 73,0 % 72,1 % 7,7 % 67,6 % 11,5 % 19,1 % 0,19 %

AM – Arzneimittel, FA – Facharzt, HA – Hausarzt, HEM – Heilmittel, HIM – Hilfsmittel, KH – Krankenhaus, RH – Rehabilitation

Darüber hinaus zeigt sich, dass die Inanspruchnahme von Versor-gungsleistungen in Abhängigkeit des Versorgungssektors zum Teil sehr unterschiedlich durch Kinder und Jugendliche erfolgt. Ab-bildung 27 zeigt als Boxplot hierzu verschiedene Verteilungsmaße der Kontakt- bzw. Verordnungshäufigkeit je Versorgungssektor und Altersgruppe. Die Quantifizierung des Arzneimittelverbrauches ba-siert dabei auf der verordneten Anzahl verschiedener Präparate (ATC-Oberklassen), das heißt erneute Verschreibungen desselben Wirkstoffes oder Dauermedikationen gehen nicht in die Zählung ein. Die abgetragenen Balken zeigen die Lage des unteren und oberen Quartils. So haben beispielsweise 25 % aller Säuglinge weniger als vier verschiedene Arzneimittel verschrieben bekommen, während 25 % aller Säuglinge mehr als zehn verschiedene Arzneimittel er-hielten – innerhalb dieser Altersgruppe lag also tendenziell ein je Kind sehr unterschiedliches Versorgungsmuster vor.

Krankenhaus-aufenthalte im frühen Kindesalter

Kontakthäufigkeit mit dem Versorgungs-system

Page 90: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

66 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Das Ende der senkrechten Linien oberhalb und unterhalb dieser Balken markieren Minimum und Maximum. Die horizontalen Linien innerhalb der Balken zeigen wiederum die Lage des Medians. So haben beispielsweise 50 % aller Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren vier oder weniger Arzneimittel verschrieben bekommen.

Abbildung 27: Boxplot zur Kontakt- /Verordnungshäufigkeit je Versor-gungssektor und Altersgruppe

Die durchschnittliche Anzahl an Krankenhausaufenthalten von Kin-dern und Jugendlichen variierte weder zwischen den betrachteten Altersgruppen noch zwischen Jungen und Mädchen und lag jeweils bei ca. 1,3 stationären Kontakten im Jahr 2016. Selbiges galt für Facharztkontakte. Bis zum Beginn des Jugendalters gingen Kinder durchschnittlich zwei- bis dreimal im Jahr 2016 zum Facharzt. Ledig-lich bei Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren lag die Anzahl der Facharztbesuche erwartungsgemäß mit durchschnittlich knapp un-ter fünf Kontakten deutlich höher (Jungen in dieser Altersgruppe: durchschnittlich drei Facharztbesuche).

Hinsichtlich der durchschnittlichen Anzahl verschriebener (verschie-dener) Arzneimittelwirkstoffe war mit Beginn des Schulalters ein deutlicher Rückgang sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen zu beobachten. Wurden z. B. bei Kindern im Alter von 1 bis 4 Jahren durchschnittlich sieben Arzneimittel verordnet (Jungen: 7,4; Mäd-chen 6,9), sank die Zahl bei jugendlichen Jungen auf 3,0 bzw. auf 3,7 bei Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren.

Auffällig ist, dass insgesamt die Inanspruchnahme von Versorgungs-leistungen in späteren Altersgruppen homogener erfolgt (vgl. Abb. 27). So liegt insbesondere der Verschreibungshäufigkeit von Arzneimitteln im Säuglings- bzw. frühen Kindesalter eine breitere Verteilung zugrunde als in späteren Altersjahrgängen. Demgegen-

Krankenhaus-aufenthalte und

Facharztbesuche

Einnahme von Arzneimitteln

Page 91: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

675 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

über erfolgt die Inanspruchnahme hausärztlicher Versorgungsleis-tungen im Jugendalter heterogener.

Innerhalb der Inanspruchnahme ambulanter und stationärer ärztli-cher Leistungen zeigte sich wiederum grundsätzlich der Trend, dass mehr Jungen als Mädchen entsprechende Versorgungsleistungen in Anspruch nahmen (vgl. Tab. 26). Mit Beginn des Jugendalters kehrte sich dieser Zusammenhang um, hinsichtlich der Inanspruchnahme von Facharztleistungen sogar in bedeutendem Umfang.

Tabelle 26: Inanspruchnahme ambulanter und stationärer ärztlicher Leistungen nach Geschlecht und Altersgruppe im Jahr 2016

Alter Hausarzt Facharzt Krankenhaus

Jungen Mädchen Jungen Mädchen Jungen Mädchen

<1 95,7 % 96,2 % 64,1 % 61,0 % 17,0 % 14,4 %

1 – 4 94,9 % 94,4 % 67,5 % 62,4 % 10,0 % 7,9 %

5 – 9 86,7 % 85,7 % 66,6 % 64,0 % 6,0 % 4,8 %

10 – 14 75,1 % 76,1 % 65,0 % 67,8 % 5,8 % 5,7 %

15 – 17 69,7 % 76,2 % 63,9 % 80,3 % 6,4 % 9,0 %

Bedeutende geschlechtsspezifische Unterschiede in der Leistungs-inanspruchnahme zeigten sich z. B. in der Heil- und Arzneimittelver-sorgung. Während der Anteil der Mädchen, der wenigstens ein Arz-neimittel verschrieben bekommen hatte, bis zum mittleren Kindesal-ter (< 1 bis 9 Jahre) auf mit Jungen vergleichbarem Niveau lag, be-kamen in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen 5 % (69,0 % der Mädchen bzw. 63,7 % der Jungen) und in der Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen sogar 20 Prozentpunkte mehr Mädchen (77,7 % der Mädchen und 57,6 % der Jungen) wenigstens eine Arzneimittelver-schreibung. In der Heilmittelversorgung lag der Trend anders. Dort bekam in der Altersgruppe der 5- bis 9-Jährigen jeder fünfte Junge im Jahr 2016 wenigstens eine entsprechende Verschreibung, bei Mädchen nur jedes Achte (Inanspruchnahmeprävalenz in dieser Al-tersgruppe: 21,4 % bei Jungen, 13,2 % bei Mädchen).

5.2 Kosten der Leistungsinanspruchnahme aus Perspektive der GKV

Ergänzend zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen wer-den nachfolgend die dabei anfallenden und zu Lasten der GKV er-statteten Kosten je Leistungssektor und Altersgruppe beschrieben. Insgesamt fielen im Jahr 2016 für alle Kinder und Jugendlichen Ver-sorgungskosten in Höhe von über 527 Millionen € an (vgl. Tab. 27). Auf Krankenhausleistungen entfiel ein Anteil von 34,0 % der Ge-

Trendwechsel im Jugendalter

Geschlechts-spezifische Unterschiede

Kosten der Gesundheits-versorgung

Page 92: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

68 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

samtkosten, womit diese insgesamt die kostenintensivsten Versor-gungsleistungen repräsentierten. Auf stationäre und ambulant-ärzt-liche Leistungen sowie Arzneimittelverschreibungen entfielen zu-sammengenommen 83 % der erstattungsfähigen Gesamtkosten. Im Vergleich zur Gesamt-GKV-Bevölkerung in Deutschland entfallen bei Kindern und Jugendlichen damit anteilig weniger Kosten insbe-sondere zur stationären Behandlung (vgl. Tab. 27). Ausgeglichen wird dies durch vergleichsweise höhere Ausgaben für ambulant-ärztliche Leistungen sowie Heil- und Hilfsmittelverschreibungen.

Tabelle 27: Gesamtkosten je Versorgungssektor

Versorgungssektor Gesamtkosten Anteil Kin-der DAK-

Gesundheit

Anteil Ge-samt-GKV36

Krankenhaus 179.087.815 € 34,0 % 44,6 %

Ambulant-ärztlich 146.270.820 € 27,7 % 22,4 %

Arzneimittel 112.639.609 € 21,4 % 22,2 %

Heilmittel 45.899.642 € 8,7 % 4,0 %

Hilfsmittel 33.395.121 € 6,3 % 4,8 %

Reha 9.914.506 € 1,9 % 2,0 %

Summe 527.207.513 € 100 % 100 %

Neben den Gesamtkosten sind die durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Versorgungsleistungen von besonderem Interesse, da diese unabhängig von der Versichertenstruktur (Alters- und Ge-schlechtsverteilung) eine Vergleichbarkeit der Versorgungskosten ermöglicht. Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Kosten von bei der DAK-Gesundheit versicherten Kindern und Jugendlichen variierten im Jahr 2016 stark in Abhängigkeit des Alters und folgten einem u-förmigem Zusammenhang (vgl. Abb. 28). Demnach lagen die durchschnittlichen jährlichen Kosten eines Neugeborenen bzw. Säuglings mit 1.615 € im Vergleich mit den übrigen Altersgruppen am höchsten. Die durchschnittlichen Kosten für Kleinkinder lagen mit 812 € nur halb so hoch. In den höheren Altersgruppen stiegen die durchschnittlichen jährlichen Kosten dann wieder sukzessive an (5- bis 9-Jährige: 880 €, 10 bis 14 Jahre: 920 €) und lagen im spä-ten Jugendalter mit durchschnittlich 1.119 € noch 30 % unterhalb den im Jahr 2016 angefallenen Versorgungskosten für Kinder im Al-ter von unter einem Jahr.

36 GKV-Spitzenverband (2017). Eigene Berechnungen auf Basis von GKV-Spitzen-verband (2017).

Pro-Kopf-Kosten

Page 93: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

695 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Abbildung 28: Durchschnittliche Kosten der Leistungsinanspruch-nahme von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Die in den jeweiligen Versorgungssektoren anfallenden Kosten setz-ten sich je Altersjahrgang unterschiedlich zusammen. Die Kosten der Krankenhausbehandlung hatten dabei altersgruppenübergrei-fend den höchsten Anteil an den jeweiligen Ausgabenprofilen. Die-ser Anteil variierte von 59,7 % bei den unter 1-Jährigen bis zu 25,1 % bei den 5- bis 9-Jährigen. In dieser Altersgruppe trug der bereits zuvor beschriebene Verordnungsanstieg von Heilmitteln, ins-besondere ergotherapeutischen Leistungen, maßgeblich zur Ver-schiebung des Kostenprofils bei. Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei zu einem großen Teil um verhaltenstherapeutische Maß-nahmen handelt, die Erkrankungsbilder adressieren sollen, welche sich erstmalig mit Beginn der Schulzeit eines Kindes in relevantem Ausmaß manifestieren (vergleich hierzu auch die Ergebnisse zur Prävalenz von Verhaltensstörungen im Kindes und Jugendalter in Kap. 4.7).

Von Interesse ist darüber hinaus, wie sich die nach Inanspruchnah-me der Leistungssektoren anfallenden Kosten auf die Kinder und Jugendlichen verteilen und wie sich die Inanspruchnahme, gemes-sen an den Ausgaben, auf Teilmengen von Personen konzentriert. Für die Analyse wurden die Ausgaben der umsatzintensivsten Leis-tungsbereiche aufsummiert (vgl. Abb. 29). Dabei zeigt die prozentu-ale Verteilung der Leistungsausgaben eine ausgeprägte Asymmet-rie, wobei 50 % der im Jahr 2016 angefallenen Kosten für Gesund-heitsleistungen in Höhe von 263,6 Millionen € auf lediglich 3 % der Kinder bzw. Jugendlichen entfielen. 75 % der Kosten entfielen wie-derum auf 14,5 % der betrachteten Population.

Kosten je Versorgungs-sektor

Kostenverteilung unter allen Kindern und Jugendlichen

Page 94: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

70 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Maßgeblich verantwortlich für diese Kostenverteilung waren die überproportional hohen Kosten je Krankenhausfall. 50 % der in die-sem Versorgungssektor anfallenden Kosten (89,5 Millionen €) ent-fielen im Jahr 2016 auf gerade einmal 0,5 % der Kinder und Jugend-lichen, also auf insgesamt nur 2.940 Jungen bzw. Mädchen. (75 % der Kosten: 1,8 % der Kinder bzw. Jugendlichen bzw. 10.580 Jungen und Mädchen). Anders verhielt es sich bei der Verteilung der Kosten für Hausarztbesuche. 50 % der durch hausärztliche Leistungen ver-ursachten Kosten (34,8 Millionen €) entfielen auf 19,2 %, 75 % der Kosten wiederum auf 38 % der Kinder und Jugendlichen.

Abbildung 29: Verteilung der Leistungsausgaben auf Personen und Versorgungssektoren

Hintergrund der überproportional hohen Kosten für wenige stationär versorgte Kinder bzw. Jugendliche sind Behandlungsfälle mit einer längeren Beatmungszeit (welche unabhängig vom Alter des Patien-ten stets zu den kostenintensivsten Krankenhausfällen gehören) oder solche, in denen z. B. eine Knochenmarks- bzw. Stammzellen-transplantation erforderlich war (vgl. hierzu auch Kap. 5.4.2).

In der Verteilung der Kostenprofile von Jungen und Mädchen zeigen sich nur geringfügige Unterschiede (vgl. Abb. 30). Die insgesamt be-obachteten Hochkostenfälle führen unabhängig vom Geschlecht des Kindes bzw. der Jugendlichen zur zuvor beschriebenen Vertei-lung. 50 % der Kosten verteilen sich sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen auf jeweils 3 % der aller Personen. In der Verteilung der nächsten 25 % der Kosten, insgesamt also 75 % der angefallenen Kosten für in Anspruch genommene Leistungen, zeigte sich jedoch für Mädchen eine gleichmäßigere Verteilung auf die gesamte Teilpo-pulation. Denn während sich 75 % der Kosten, welche für die Ge-sundheitsbehandlung von Jungen angefallen waren, auf 14 % die-ser Teilpopulation verteilen, lag der Anteil für Mädchen mit 16 % leicht darüber.

Kostenintensive Krankenhaus-

aufenthalte

Geschlechts-spezifische

Kostenprofile

Page 95: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

715 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Abbildung 30: Verteilung der Leistungsausgaben auf Personen und nach Geschlecht

5.3 Arzneimittelverordnungen für Kinder und Jugendliche

Die Arzneimittelversorgung von Kindern und Jugendlichen ist so-wohl im Hinblick auf die Anzahl verordneter Arzneimittel als auch unter Berücksichtigung der Vielfalt verschiedener Wirkstoffe, welche mit unterschiedlichen therapeutischen Zielen eingesetzt werden, ei-ner der komplexesten Versorgungssektoren. Nachfolgend wird des-halb ein differenzierter Blick auf die im Jahr 2016 für Kinder und Jugendlichen zulasten der GKV verschriebenen Arzneimittel gewor-fen. Dies umfasst alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede in Art und Menge der verschriebenen Wirkstoffe (5.3.1), verschrie-bene Antibiotika (5.3.2), verschriebene Antipsychiotika und Antide-pressiva (5.3.3), verschriebene Kontrazeptiva (5.3.4) sowie Impfleis-tungen (5.3.5). Anhang II bietet eine detaillierte Übersicht aller verordneten Arzneimittelgruppen.

5.3.1 Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Arzneimittelversorgung

77 % aller Kinder und Jugendlichen bekamen im Jahr 2016 wenigs-tens einmal ein Arzneimittel verschrieben. Dabei gelten innerhalb der GKV-Versorgung in der Erstattung von Arzneimittel für Kinder andere Regeln als für Erwachsene, welche in der Arzneimittelrichtli-nie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses festgehalten sind. Für Kinder unter 12 Jahren sowie Jugendliche mit Entwick-lungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr gilt, dass grund-sätzlich alle Arzneimittel erstattungsfähig sind, also in der Regel auch nicht rezeptpflichtige Medikamente durch die Krankenkasse

Erstattungs-fähigkeit von Arzneimitteln

Page 96: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

72 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

erstattet werden. Eine Ausnahme stellen traditionell angewendete milde Arzneimittel ohne Indikationsbezug dar, welche wegen Un-wirtschaftlichkeit nur in begründeten Ausnahmefällen erstattet wer-den. So gelten z. B. Immunstimulanzien und Umstimmungsmittel als unwirtschaftlich und dürfen auch für Kinder unter 12 Jahren nicht zulasten der Krankenkasse verordnet werden (Anlage III AM-RL, Nr. 46). Auch die Verordnung von Antidiarrhoika ist bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Elektrolytpräparate) nicht möglich (Anlage III AM-RL, Nr. 12). Für Kinder ab dem 12. Lebensjahr sind apotheken- aber nicht rezeptpflichte Arzneimittel wiederum nicht zu Lasten der GKV abrechenbar.

Die Einnahme wenigstens eines durch die DAK-Gesundheit erstat-teten Arzneimittels unterlag im Jahr 2016 einem deutlichen linearen altersbezogenen Trend: Währen im frühen Kindesalter noch über 90 % aller Kinder wenigstens ein Arzneimittel einnahmen (unter 1-Jährige: 97,5 %, 1 – 4-Jährige: 90,9 %) ging dieser Anteil mit zu-nehmendem Alter deutlich zurück. Im Jugendalter betrug der Anteil der Jungen und Mädchen, die im Jahr 2016 gar kein verschrei-bungspflichtiges Arzneimittel einnahmen 33 % (vgl. hierzu auch Tab. 25).

Die durchschnittliche Anzahl der innerhalb eines Jahres eingenom-menen, verschiedenen Arzneimittel kann grundsätzlich Aufschluss über die Relevanz medikamentöser Therapien in unterschiedlichen Altersgruppen geben. Dabei soll jedoch anders als im Rahmen der Analyse in Kap. 5.1 (Abb. 27) berücksichtigt werden, dass verschie-dene Arzneimittel zur Behandlung derselben Erkrankung eingesetzt werden können. Um dies zu berücksichtigen, sollen nur verordnete Arzneimittel berücksichtigt werden, welche zur Behandlung ver-schiedener Erkrankungsbilder bzw. Symptome gedacht sind (abge-bildet über den ATC-Dreisteller). Dabei zeigt sich, dass die Anzahl verordneter verschiedener Arzneimittel mit steigendem Alter rück-läufig ist (vgl. Abb. 31). Darüber hinaus ist erkennbar, dass Jungen bis zum Beginn des Jugendalters durchschnittlich mehr verschiede-ne Arzneimittel verordnet bekommen, während die Verordnungsprä-valenz für Mädchen im Jugendalter konstant bleibt und damit in die-ser Altersgruppe erstmalig über dem Niveau von Jungen liegt.

Anteil der Kinder mit

verschriebenem Arzneimittel sinkt

mit dem Alter

Anzahl verordneter

Wirkstoffe

Page 97: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

735 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Abbildung 31: Durchschnittliche Anzahl verordneter Arzneimittel zur Behandlung verschiedener Erkrankungen (ATC-Drei-steller) für Jungen (M) und Mädchen (W)

Innerhalb der Arzneimittelversorgung von Kindern und Jugendlichen zeigen sich deutliche Schwerpunkte (vgl. Tab. 28).

Tabelle 28: Wirkstoffgruppen mit der höchsten Verordnungsprävalenz unter Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Wirkstoffgruppe ATC-Code

Verordnungs-prävalenz

Antiphlogistika und Antirheumatika M01 32,8 %

Rhinologika R01 29,3 %

Antibiotika zur systemischen Anwendung J01 28,0 %

Husten- und Erkältungsmittel R05 26,7 %

Schmerzmittel N02 12,9 %

In Abhängigkeit des Alters von Kindern und Jugendlichen zeigen sich zudem Unterschiede in der Form des Arzneimittelverbrauches. Betrachtet man zunächst die fünf innerhalb des Kindes- und Ju-gendalters am häufigsten verordneten Wirkstoffe, so zeigen sich deutliche altersbezogene Zusammenhänge (vgl. Abb. 32). Die unab-hängig vom Alter bzw. Geschlecht am häufigsten verordnete Wirk-stoffgruppe im Kindes- und Jugendalter sind mit einer Verordnungs-prävalenz von 32,8 % Antiphlogistika und Antirheumatika (ATC: M01), welche als Entzündungshemmer zur Behandlung verschie-denster Erkrankungsbilder eingesetzt werden. Für Kinder im Alter von einem bis vier Jahren zeigte sich mit 54,1 % dabei die höchste Verschreibungsprävalenz. Bis zum späten Jugendalter sank die Ver-ordnungsprävalenz deutlich, sodass nur noch jedes 7. Kind (14,3 %) wenigstens einmal einen Entzündungshemmer verschrieben be-kam.

Art der verordneten Wirkstoffe

Page 98: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

74 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Abbildung 32: Verordnungsprävalenz der fünf häufigsten Wirkstoff-gruppen je Altersgruppe im Jahr 2016

Bei Schnupfenmitteln (Rhinologika, ATC: R01) handelt es sich um Wirkstoffe, die zur Behandlung des Naseninneren, d. h. der Nasen-schleimhaut, eingesetzt werden. Zu den Rhinologika zählen u. a. Nasenspray, Nasentropfen oder Inhalations-Aerosole. Entsprechen-de Arzneimittel wurden 2016 für knapp ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen verschrieben (29,3 %), wobei die Verschreibungshäu-figkeit linear mit dem Alter abnimmt. Wird noch für zwei Drittel aller Säuglinge (66,5 %) wenigstens einmal ein Schnupfenmittel ver-schrieben, wurde für lediglich 4,5 % aller Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren eine entsprechende Verordnung verzeichnet. Ein vergleichbarer Trend wird auch für Husten- und Erkältungsmittel be-obachtet (ATC: R05, Gesamtverordnungsprävalenz: 26,7 %). Die Verordnungsprävalenz entsprechender Wirkstoffe liegt im frühen und späten Kindesalter unterhalb der von Schnupfenmitteln, im Ju-gendalter jedoch auf vergleichbarem Niveau.

Ohne deutliche Altersvariation werden Antibiotika zur systemischen Anwendung (ATC: J01) im Kindes- und Jugendalter verordnet. Al-tersunabhängig lag die Verordnungsprävalenz entsprechender Wirkstoffe bei 28,0 %. Bei Kindern im Alter von einem bis vier Jah-ren lag die Verordnungsprävalenz von Antibiotika mit 41,3 % am höchsten, bei Kindern im frühen Jugendalter mit 19,9 % am nied-rigsten. Unabhängig davon sind sie in vier der fünf betrachteten Al-tersgruppen unter den fünf am häufigsten verordneten Wirkstoff-gruppen (vgl. Tab. 30 – 34). Aufgrund der hohen Public Health-Rele-vanz der Antibiotika-Versorgung werden entsprechende Verordnun-gen nachfolgen noch differenzierter betrachtet (vgl. Kap. 5.3.2).

Die Verordnungsprävalenz von Schmerzmitteln (ATC: N02) liegt mit 12,9 % insgesamt deutlich unterhalb der bislang genannten häufig verordneten Wirkstoffgruppen. Dabei zeigen sich jedoch besonders deutlich altersbezogene Zusammenhänge: Während für 72,1 % al-ler Säuglinge wenigstens eine Schmerzmittelverordnung im Jahr

Schnupfen- und Erkältungsmittel

Antibiotika

Schmerzmittel

Page 99: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

755 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

2016 dokumentiert wurde, lag die Verordnungsprävalenz im Ju-gendalter lediglich bei knapp 5 %.

In Kapitel 4 konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass Atemweg-serkrankungen die mit Abstand häufigste behandlungsbedürftige Erkrankungsursache im Kindes- und Jugendalter sind. Erwartungs-gemäß ist deshalb die Verordnungsprävalenz von Medikamenten zur Behandlung von Atemwegserkrankungen ebenfalls sehr hoch. Zur Behandlung entsprechender Erkrankungsbilder werden im Kin-des- und Jugendalter insbesondere vier medikamentöse Wirkstoff-gruppen eingesetzt: Schnupfenmittel (Rhinologika, ATC: R01), Hus-ten- und Erkältungsmittel (ATC R05), Mittel zur Behandlung obstruk-tiver Atemwegserkrankungen (ATC R03) sowie Hals- und Rachen-therapeutika (ATC R02). Dabei zeigt sich über alle Wirkstoffgruppen mit steigendem Alter der Kinder und Jugendlichen eine deutliche Abnahme der Verordnungsprävalenz (vgl. Abb. 33).

Abbildung 33: Verordnungsprävalenz von Wirkstoffen zur Behand-lung von Atemwegserkrankungen im Jahr 2016

Mittel zur Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen werden u. a. bei Asthma oder COPD eingesetzt, also Erkrankungsbildern, die mit einer Verengung der Atemwege einhergehen. Mit einer Ge-samtverordnungsprävalenz von 12,7 % sind sie die am sechsthäu-figsten eingesetzte Arzneimittelgruppe bei Kindern und Jugendli-chen. Allerdings werden entsprechende Wirkstoffe im späten Ju-gendalter im Vergleich zu anderen, in der Regel rezeptfreien Erkäl-tungsmedikamenten häufiger eingesetzt.

Insgesamt am deutlichsten zeigen sich Abweichungen im verordne-ten Arzneimittelspektrum bei Kindern im späten Jugendalter. Dabei ist das Versorgungsspektrum mit Arzneimitteln in den unteren Al-tersjahrgängen insofern homogener, dass ein größerer Anteil der Kinder mit vergleichbaren Wirkstoffen behandelt wird (vgl. Tab. 29). So erhalten z. B. über 50 % aller Kinder im Alter von einem bis vier Jahren Wirkstoffe aus drei verschiedenen Wirkstoffgruppen (vgl. Tab. 29) verschrieben. Im Jugendalter differenziert das Verordnungs-

Medikamentöse Behandlung von Atemwegs-erkrankungen

Altersbezogene Unterschiede

Page 100: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

76 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

spektrum u. a. in Abhängigkeit eines differenzierten Erkrankungsge-schehens hingegen weiter aus. So sind Antibiotika die im Jugendal-ter am häufigsten verordnete Wirkstoffgruppe. Jeder vierte bis fünfte Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren erhielt im Jahr 2016 eine entsprechende Verordnung. Zudem finden sich in diesen Altersgrup-pen keine Wirkstoffgruppen mit einer Verordnungsprävalenz von über 25 %.

Tabelle 29: Wirkstoffgruppen mit hoher Verordnungsprävalenz in Ab-hängigkeit des Alters der Kinder und Jugendlichen

Altersgruppe

Anzahl Wirkstoffgruppen (ATC-Dreisteller) mit einer Verordnungsprävalenz von über …

> 50 % > 25 % > 10 % > 5 %

< 1 3 9 17 > 20

1 – 4 3 6 13 > 20

5 – 9 0 4 7 16

10 – 14 0 0 5 10

15 – 17 0 0 3 7

Auch die Art der häufig verschriebenen Wirkstoffe unterscheidet sich. Einzig Entzündungshemmer finden sich in allen Altersgruppen unter den fünf am häufigsten verordneten Wirkstoffgruppen. Im Ju-gendalter sind hingegen erstmalig Aknemittel (ATC D10) sowie hor-monelle Verhütungsmittel (ATC G03) unter den häufigsten verordne-ten Wirkstoffen zu finden (vgl. hierzu die Tab. 30 – 34).

Tabelle 30: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häufigsten ver-ordneten Wirkstoffgruppen bei Kindern im Alter von unter einem Jahr

Wirkstoffgruppe (ATC-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

N02 Schmerzmittel 73,0 71,2 72,1

A11 Vitamine 71,2 71,1 71,2

R01 Schnupfenmittel 67,6 65,4 66,5

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

45,1 41,7 43,4

M01 Entzündungshemmer 44,0 40,9 42,5

Page 101: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

775 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 31: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häufigsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Kindern im Alter von 1 – 4 Jahren

Wirkstoffgruppe (ATC-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

R01 Schnupfenmittel 57,9 56,5 57,2

M01 Entzündungshemmer 54,8 53,4 54,1

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

50,7 50,4 50,5

J01 Antibiotika 42,4 40,1 41,3

N02 Schmerzmittel 29,6 28,0 28,8

Tabelle 32: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häufigsten verordneten Wirkstoffgruppen bei Kindern im Alter von 5 – 9 Jahren

Wirkstoffgruppe (ATC-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

M01 Entzündungshemmer 42,0 42,8 42,4

R01 Schnupfenmittel 36,9 36,7 36,8

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

35,0 34,7 34,9

J01 Antibiotika 28,6 30,6 29,6

S01 Ophthalmika 12,4 11,5 12,0

Tabelle 33: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häufigsten ver-ordneten Wirkstoffgruppen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 – 14 Jahren

Wirkstoffgruppe (ATC-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

J01 Antibiotika 18,8 21,1 19,9

M01 Entzündungshemmer 18,7 20,4 19,5

R01 Schnupfenmittel 14,7 13,9 14,3

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

14,2 13,9 14,1

A01 Stomatologika 10,5 11,3 10,8

Page 102: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

78 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Tabelle 34: Verordnungsprävalenz (in %) der fünf am häufigsten ver-ordneten Wirkstoffgruppen bei Jugendlichen im Alter von 15 – 17 Jahren

Wirkstoffgruppe (ATC-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

J01 Antibiotika 19,7 28,2 23,9

G03 Sexualhormone 0,1 35,1 17,4

M01 Entzündungshemmer 12,4 16,1 14,3

D10 Aknemittel 6,6 7,0 6,8

R03 Mittel zur Behandlung obst-ruktiver Atemwegserkran-kungen

6,1 6,4 6,3

Doch auch zwischen Jungen und Mädchen lassen sich Unterschie-de im Arzneimittelkonsum abbilden. Im frühen und späten Kindesal-ter liegen die Verordnungsprävalenzen der häufigsten Wirkstoffgrup-pen auf annähernd vergleichbarem Niveau. Im Säuglingsalter liegt der Anteil der Jungen mit einer entsprechenden Wirkstoffverordnung hingegen durchweg höher. Ein Zusammenhang, welcher sich im Ju-gendalter zumindest für einige Wirkstoffgruppen umkehrt, darunter z. B. Antibiotika, Entzündungshemmer oder Stomatologika (Arznei-mittel zur lokalen Anwendung im Mund- und Rachenbereich, z. B. bei Halsschmerzen oder Zahnfleischentzündungen).

5.3.2 Antibiotika-Versorgung bei Kindern und Jugendlichen

Antibiotika gehören in Europa zu der am häufigsten verordneten Arzneimittelgruppe.37 Basierend auf Daten der KM6-Statistik der Ge-setzlichen Krankenversicherung konnte bereits in der Vergangenheit gezeigt werden, dass mit über 600 Antibiotikaverordnungen pro 1.000 GKV-versicherten Kinder im Alter von unter 14 Jahren zu der besonders stark mit Antibiotika versorgten Bevölkerungsgruppe zählen.38 Insbesondere die Gruppe der 4- bis 5-Jährigen bekam laut einer im Auftrag der DAK-Gesundheit durchführten Forsa-Befragung aus dem Jahr 2014 mit einer Verordnungsprävalenz von 41 % über-durchschnittlich viele Antibiotika verordnet.39 Dabei wird der breite Einsatz von Antibiotika insbesondere im Kindes- und Jugendalter kritisch bewertet.40 So sind zum einen verschiedene Risiken und Ne-benwirkungen wie Bauchschmerzen oder Übelkeit mit der unsach-gemäßen Einnahme von Antibiotika bei Kindern assoziiert.41 Unter-suchungen zeigen zudem, dass Kinder, die innerhalb ihrer ersten

37 Eine vertiefende Analyse zum Antibiotikaverbrauch von Kindern und Jugendli-chen findet sich u. a. bei Witte et al. (2018).

38 Hering, Schulz & Bätzing-Feigenbaum (2014).39 DAK-Gesundheit (2014).40 Holstiege et al. (2014).41 Turck et al. (2003).

Unterschiede zwischen Jungen

und Mädchen

Antibiotika-versorgung

Page 103: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

795 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Lebensmonate Antibiotika eingenommen haben, im fortschreiten-den Alter ein erhöhtes Risiko für Asthma haben.42 Zum anderen er-geben sich durch eine unkontrollierte Anwendung von Antibiotika auch Risiken für Resistenzbildungen.43

Zur Ermittlung des Antibiotikagebrauches bei Kindern und Jugendli-chen wurden, vergleichbar zu den Analysen in Kapitel 4, 1-Jahres-Periodenprävalenzen berechnet. Diese entsprechen dem Anteil der Kinder und Jugendlichen, welche im Jahr 2016 wenigstens eine Antibiotika-Verordnung erhielten. Geschlechterübergreifend lag die-ser Anteil bei 28,0 % (vgl. hierzu auch den vorangegangenen Ab-schnitt 5.3.1). Dabei erhielten Jungen durchschnittlich mit 26,9 % etwas seltener ein Antibiotikum verordnet als Mädchen (29,1 %).

In Abhängigkeit des Alters der Kinder bzw. Jugendlichen zeigte die Verordnungsprävalenz von Antibiotika einen u-förmigen Verlauf (vgl. Abb. 34). Die Verordnung von Antibiotika beginnt bereits im frühes-ten Kindesalter. Bei Kindern bis zu einem Alter von fünf Jahren sind die hohen Verordnungsprävalenzen von über 40 % zu beobachten. Diese sinken im Verlauf des Kindes- und Jugendalters kontinuierlich auf einen Anteil von unter 20 % Jugendlicher im Alter von 12 Jahren mit wenigstens einer Antibiotikaverordnung. Im Gegensatz zur Verordnungs häufigkeit bei Jungen steigt der beobachtete Anteil von Mädchen mit Antibiotikagebrauch ab dem Alter von 14 Jahren wieder an.

Abbildung 34: Verordnungsprävalenz von Antibiotika bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Unter den verordnungsfähigen Antibiotika erhielten die meisten Kin-der entweder Breitspektrumpenicilline oder Cephalosporine der 2. Generation verordnet (vgl. Tab. 35).

42 Risnes et al. (2011).43 Simon et al. (2017).

Schwerpunkt: frühes Kindes- und spätes Jugendalter

Verordnete Wirkstoffe

Page 104: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

80 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Tabelle 35: Verordnungsprävalenz von Antibiotika bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Wirkstoffgruppe ATC Jungen Mädchen Gesamt

Schmalspurpenicilline J01CE

J01CF

5,6 % 5,9 % 5,7 %

Breitspektrumpenicilline J01CA

J01CR

9,6 % 9,6 % 9,6 %

Ältere Makrolide J01FA01

J01FA02

J01FA07

1,9 % 1,7 % 1,8 %

Neuere Makrolide J01FA06

J01FA09

J01FA10

J01FA15

4,5 % 4,7 % 4,6 %

Cephalosporine 2. Gen. J01DC 9,1 % 9,7 % 9,4 %

Cephalosporine 3. Gen. J01DD 1,8 % 2,0 % 1,9 %

Sulfonamide und Trime-thoprim

J01EB

J01EE

J01EA

0,6 % 2,0 % 1,3 %

Tetracycline J01AA 0,6 % 0,6 % 0,6 %

Gesamt – 26,9 % 29,1 % 28,0 %

Dies ist insofern von Bedeutung, da Cephalosporine in den Leit-linien der Arzneimittelkommission sowie des Bundesverbandes für Kinder- und Jugendmedizin als im Kindes- und Jugendalter nach-rangig oder gar nicht zu verordnende Wirkstoffe eingestuft werden.44 Dabei zeigen die vorliegenden Daten, dass entsprechende Verord-nungen von Reserveantibiotika insbesondere im Kleinkindalter ge-häuft vorkommen (vgl. Abb. 35). So beträgt die Verordnungsprä-valenz bei Einjährigen geschlechtsübergreifend 17,5 %. Lediglich im späteren Jugendalter zeigten sich Verordnungsunterschiede zwi-schen Jungen und Mädchen, welche jedoch hinsichtlich des Aus-maßes auf vernachlässigbarem Niveau liegen.

44 Quelle: Witte et al. (2018).

Reserve- antibiotika

Page 105: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

815 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Abbildung 35: Verordnungsprävalenz von Cephalosporinen der 2. und 3. Generation (Reserveantibiotika) bei Kindern und Jugend lichen im Jahr 2016

Der Einsatz von Reserveantibiotika bei Kindern und Jugendlichen ist insbesondere vor dem Hintergrund des Risikos von Resistenz-entwicklungen kritisch zu diskutieren. Der Implementierung von Maßnahmen zur Reduktion des Einsatzes entsprechender Wirkstof-fe kommt insofern hohe Bedeutung zu. Eine Abbildung der Entwick-lung in diesem kritischen Verordnungssegment ist dabei nicht nur über die arzneimittelbezogenen Verbräuche möglich. Über zwei Dia-gnoseschlüssel im ICD-10 besteht die Möglichkeit, Antibiotikaresis-tenzen als Teil der Diagnosestellung zu kodieren (ICD-10 U80 und U81). Allerdings ist die Diagnosehäufigkeit entsprechender Resis-tenzen mit 37 Fällen je 100.000 Kindern bzw. Jugendlichen im Jahr 2016 so selten, dass auf eine weitere Auswertung an dieser Stelle verzichtet wird.

5.3.3 Antipsychiotika- und Antidepressiva-Versorgung bei Kindern und Jugendlichen

Neben der Versorgung mit Antibiotika ist die Verordnungshäufigkeit von Antipsychiotika bei Kindern und Jugendlichen von hervorgeho-benem wissenschaftlichem wie versorgungspolitischem Interesse. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass nur wenige antipsy-chiotische Substanzen auch zur Anwendung bei Kindern und Ju-gendlichen zugelassen sind und deshalb regelhaft außerhalb der zugelassenen Anwendungsfelder („off-label“) eingesetzt werden.45 Darüber hinaus gibt es eine Evidenz, welche darauf hindeutet, dass viele eingesetzte Antipsychiotika bedeutende Nebenwirkungsprofile aufweisen, welche bei Kindern und Jugendlichen häufiger als bei Erwachsenen auftreten können.46

45 Bachmann et al. (2014).46 Cohen et al. (2012).

Antipsychiotika

Page 106: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

82 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Zu Abschätzung der Verordnungsprävalenz von Antipsychiotika bei Kindern und Jugendlichen wurden alle Verordnungen mit in der ATC-Klassifikation als Antipsychiotika gelisteten Wirkstoffen (ATC N05A) berücksichtigt. Insgesamt haben im Jahr 2016 3,6 von 1.000 Kindern bzw. Jugendlichen eine entsprechende Verordnung enthal-ten (vgl. Tab. 36). Die Verordnungsprävalenz über alle Altersgruppen liegt 0,36 % oberhalb des noch für 2012 ebenfalls auf Basis von GKV-Abrechnungsdaten berichteten Niveaus von 0,32 %.47

Tabelle 36: Verordnungsprävalenz (Fälle je 1.000) von Antipsychiotika bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Altersgruppe Jungen Mädchen Gesamt

< 1 – – –

1 – 4 0,29 0,15 0,22

5 – 9 3,77 0,83 2,34

10 – 14 8,60 2,63 5,69

15 – 17 7,08 6,35 6,75

Gesamt 5,04 2,18 3,64

Betrachtet man die Verordnungsprävalenz je Altersgruppe und Ge-schlecht, so fällt eine deutliche Zunahme der altersbezogenen Ver-ordnungsprävalenz ab dem frühen Jugendalter auf. Im Vergleich zur Verordnungshäufigkeit bei unter 5- bis 9-Jährigen liegt der An-teil an Personen mit einer Antipsychiotika-Verordnung in der Alters-gruppe der 10- bis 14-Jährigen bzw. der 15- bis 17-Jährigen mehr als doppelt so hoch. Die ist vor allem auf den vergleichsweise ho-hen Anteil an Jungen mit einer entsprechenden Verordnung in den jeweiligen Altersgruppen zurückzuführen. Liegt das Geschlechter-verhältnis in der Verordnungsprävalenz altersgruppenübergreifend noch bei 2,3 zu 1 steigt es in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jähri-gen auf 3,3 zu 1; das heißt, dass auf ein Mädchen mit einer Anti-psychiotika-Verordnung in dieser Altersgruppe 3,3 Jungen mit einer entsprechenden Medikation entfallen.

Im Vergleich deutlich geringer ist die Verschreibungsprävalenz von Antidepressiva (ATC N06A). Insgesamt bekamen im Jahr 2016 2,9 von 1.000 Kindern bzw. Jugendlichen ein entsprechendes Medika-ment verschrieben. Im Verhältnis von Jungen zu Mädchen zeigt sich hier jedoch ein komplett anderer Trend als bei der Verschreibung von Antipsychiotika. So haben im Jahr 2016 Mädchen (Verordnungsprä-valenz 3,9 je 1.000) doppelt so häufig wie Jungen (2,0 je 1.000) antidepressiv wirkende Medikamente verordnet bekommen.

47 Bachmann et al. (2014).

Doppelt so hohe Verordnungs-

prävalenz unter Jungen

Antidepressiva

Page 107: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

835 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

5.3.4 Kontrazeptiva-Verordnungen

Kontrazeptiva einschließlich Notfallkontrazeption sind bei Mädchen bis zu einem Alter von 19 Jahren zulasten der GKV erstattungsfähig. Der Gebrauch von Kontrazeptiva bei Mädchen hat erwartungsge-mäß einen starken Altersbezug. Berücksichtigt werden dabei alle Verordnungen mit einer ATC-Klassifikation als Kontrazeptivum (ATC G02B bzw. G03A).

Erste Kontrazeptiva-Verordnungen sind ab dem Alter von 11 Jahren zu beobachten, nehmen jedoch erst mit Beginn des 12. Lebensjah-res relevante Größenordnungen an (vgl. Abb. 36). Im Alter von 13 Jahren erhielten 3 % aller Mädchen ein Kontrazeptivum. Im Alter von 15 Jahren bekommt bereits gut jedes vierte Mädchen entspre-chende Verhütungsmittel zulasten der GKV verschrieben. Bei Mäd-chen im Alter von 17 Jahren liegt der Verordnungsanteil bei 44 %. Für vier von 1.000 Mädchen aus der Altersgruppe der 11- bis 17-jäh-rigen Mädchen wurde im Jahr 2016 zudem wenigstens einmal ein Notfallkontrazeptivum abgerechnet.

Abbildung 36: Verordnungsprävalenz von Kontrazeptiva bei Mädchen ab elf Jahren im Jahr 2016

5.3.5 Impfleistungen

Die Inanspruchnahme von Impfleistungen kann über verschiedene Kennziffern in GKV-Abrechnungsdaten abgebildet werden. Neben arztspezifischen Abrechnungsziffern stehen ATC-Code sowie inner-halb der ICD-10-Klassifikation entsprechende Schlüssel zur Abbil-dung der Grundimmunisierungsleistungen im Kindesalter zur Verfü-gung. Letztere werden approximativ zur Abbildung des Impfverhal-tens in den hier betrachteten Altersgruppen heranzogen.

Kontrazeptiva

Grund-immunisierung

Page 108: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

84 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Tabelle 37: Inanspruchnahme von Impfleistungen (Abrechnungsprä-valenz in %) im Kindes und Jugendalter

Immunisierung (ICD-10) < 1 1 – 4 5 – 9 10 – 14 15 – 17

Z27 Kombinationen von Infek-tionskrankheiten

70,4 20,7 11,6 7,6 3,9

Z23 Einzelne bakterielle Krankheiten

57,2 13,9 1,4 1,2 0,9

Z25 Andere einzelne Virus-krankheiten

43,5 9,5 3,2 7,8 5,3

Z24 Bestimmte einzelne Virus-krankheiten

8,4 6,7 4,9 5,2 3,2

Z28 Nicht durchgeführte Imp-fung

1,0 0,5 0,3 0,2 0,1

5.4 Hintergründe stationärer Aufenthalte von Kindern und Jugendlichen

5.4.1 Aufnahmegründe für Krankenhausaufenthalte

Der Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen, die im Jahr 2016 aufgrund einer Erkrankung wenigstens einmal stationär behandelt wurde, lag je nach Alter und Geschlecht zwischen 4,8 % und 17,0 % (vgl. Abb. 37). Dabei zeigt sich in Abhängigkeit des Alters ein schwacher u-förmiger Verlauf, wobei Jungen im Säuglings- und Kindesalter und Mädchen im späten Jugendalter jeweils häufiger stationär behandelt werden.

Abbildung 37: Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen mit wenigstens einem Krankenhausaufenthalt im Jahr 2016 (in %)

Hospitali sierungs-quote

Page 109: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

855 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Ein Krankenhausaufenthalt kann im Kindes- bzw. Jugendalter auf-grund verschiedenster Erkrankungsbilder erforderlich sein. Unter allen Krankenhausfällen waren die fünf am häufigsten kodierten Hauptdiagnosen

1. Mandelentzündungen (ICD-10: J35) Gesamtprävalenz: 53,7 Fälle je 1.000 Krankenhausfälle,

2. Gehirnerschütterungen (ICD-10: S06) Gesamtprävalenz: 51,1 Fälle je 1.000,

3. eine Gastroenteritis oder Kolitis (ICD-10: A09) Gesamt prävalenz: 43,6 Fälle je 1.000,

4. eine akute Bronchitis (ICD-10: J20) Gesamtprävalenz: 32,6 Fälle je 1.000,

5. bzw. Bauch- und Beckenschmerzen (ICD-10: R10) Gesamtprävalenz: 29,1 Fälle je 1.000.

Dabei zeigen sich in Abhängigkeit des Alters deutliche Unterschiede (vgl. Abb. 38). Eine akute Bronchitis, vierthäufigster Hospitalisie-rungsgrund insgesamt, ist z. B. unter Säuglingen mit knapp 107 Fäl-len je 1.000 der mit Abstand häufigste Anlass für einen Kranken-hausaufenthalt. Dabei ist auffällig, dass die häufigsten Hospitalisie-rungsgründe vor allem durch hohe Fallzahlen im Säuglings- und Kleinkindalter getragen werden. Einzig Bauch- und Beckenschmer-zen treten als Grund für einen Krankenhausaufenthalt gehäuft mit Beginn des Jugendalters auf.

Abbildung 38: Prävalenz (Fälle je 1.000 Kinder mit Krankenhausauf-enthalt) der fünf häufigsten Hospitalisierungsgründe in Abhängigkeit des Alters der Kinder und Jugendli-chen

Nachfolgende Tabellen beziehen sich auf die Prävalenz je 1.000 Kinder und umfassen damit anders als die vorherigen Analysen auch jene Kinder und Jugendliche, welche im Jahr 2016 keinen Krankenhausaufenthalt hatten. Zu beobachten ist, dass der Stellen-wert der relevantesten Behandlungsgründe für einen Krankenhaus-

Häufigste Hospitalisierungs-gründe

Alters- und geschlechts-spezifische Unterschiede

Page 110: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

86 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

aufenthalt mit steigendem Alter abnimmt. So wird z. B. noch jedes zehnte Kleinkind im Alter von einem bis vier Jahren aufgrund einer Mandelentzündung hospitalisiert. Unter Jugendlichen finden sich die häufigsten Behandlungsdiagnosen nur noch bei knapp 3 % aller Jugendlichen. Auch die Art der dokumentierten Hauptdiagnosen, welche ausschlaggebend für den Krankenhausaufenthalt waren, verändert sich mit zunehmendem Alter (vgl. Tab. 38 – 42). Sind im frühen Kindesalter noch überwiegend akute Atemwegserkrankun-gen oder Verletzungen Grund für einen Krankenhausaufenthalt, sind im Jugendalter z. B. psychische Erkrankungen oder Bauch- und Be-ckenschmerzen häufiger Grund für einen Krankenhausaufenthalt.

Tabelle 38: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufent-halte (Fälle je 1.000) bei Kindern im Alter von unter einem Jahr

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

J20 Akute Bronchitis 20,2 13,2 16,8

S06 Gehirnerschütterung 12,6 9,1 10,9

S00 Oberflächliche Verletzung des Kopfes

10,0 11,1 10,6

A09 Gastroenteritis und Kolitis 11,0 8,5 9,8

J21 Akute Bronchiolitis 10,5 8,0 9,3

Tabelle 39: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufent-halte (Fälle je 1.000) bei Kindern im Alter von 1 bis 4 Jah-ren

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

J35 Mandelentzündung 11,6 7,8 9,7

J20 Akute Bronchitis 7,8 5,5 6,7

S06 Gehirnerschütterung 7,1 6,1 6,6

J18 Pneumonie, n. n. bez. 5,9 4,8 5,4

A09 Gastroenteritis und Kolitis 5,3 4,8 5,1

Page 111: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

875 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 40: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufent-halte (Fälle je 1.000 Kinder) bei Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

J35 Mandelentzündung 4,5 3,6 4,1

A09 Gastroenteritis und Kolitis 2,7 2,4 2,6

S06 Gehirnerschütterung 2,7 2,2 2,5

R10 Bauch- und Beckenschmer-zen

1,6 1,6 1,6

K59 Funktionelle Darmstörungen 1,5 1,4 1,5

Tabelle 41: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufent-halte (Fälle je 1.000 Kinder) bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 14 Jahren

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

R10 Bauch- und Beckenschmer-zen

2,2 3,5 2,8

K35 Blinddarmentzündung 2,6 2,0 2,3

S06 Gehirnerschütterung 2,6 2,0 2,3

A09 Gastroenteritis und Kolitis 2,3 2,2 2,2

K59 Funktionelle Darmstörungen 1,6 2,1 1,9

Tabelle 42: Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen stationärer Aufent-halte (Fälle je 1.000) bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller) Jungen Mädchen Gesamt

F32 Depressive Episode 1,7 5,2 3,4

R10 Bauch- und Beckenschmer-zen

1,4 5,1 3,2

F10 Psychische und Verhaltens-störungen durch Alkohol

3,2 2,7 2,9

S06 Gehirnerschütterung 2,6 2,6 2,6

K35 Blinddarmentzündung 1,8 3,0 2,4

Page 112: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

88 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

5.4.2 Kosten von Krankenhausaufenthalten

Insgesamt entfielen im Jahr 2016 179 Millionen € auf die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Dabei wurden im Jahr 2016 7 % aller Jungen und Mädchen wenigstens einmal im Kran-kenhaus behandelt. Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Kosten eines Krankenhausaufenthaltes lagen in Abhängigkeit des Alters zwi-schen 211 € (5- bis 9-Jährige) und 964 € (unter 1-Jährige, vgl. hier-zu auch Abb. 28).

Im Rahmen der Geburt abgerechnete Behandlungsleistungen (dar-gestellt über die vom Krankenhaus zu Lasten der GKV abgerechne-ten DRGs) waren insgesamt jene, welche die höchsten stationären Versorgungskosten verursachten (vgl. Tab. 43). Daneben führten auch Behandlungen von Erkrankungen der Verdauungs- oder At-mungsorgane aufgrund vergleichsweise hoher Fallzahlen zu hohen Gesamtkosten.

Tabelle 43: Top-5 stationäre Behandlungen mit den höchsten Gesamtkosten

Stationäre Behandlung DRG Summe Kosten Anzahl Fälle

Vaginale Entbindung O60 14.869.784 € 8.370

Kaiserschnitt O01 12.683.929 € 3.872

Ösophagitis, Gastroenteritis, gastrointestinale Blutung, Ulkuserkrankung und verschiedene Erkrankungen der Verdauungsorgane

G67 10.992.135 € 7.102

Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane

E77 6.369.638 € 2.203

Tonsillektomie außer bei bösart. Neubildung oder versch. Eingr. an Ohr, Nase, Mund u. Hals

D30 5.101.255 € 2.285

Im Gegensatz zu Leistungen mit hohen Gesamtkosten treten die Behandlungsfälle mit den höchsten durchschnittlichen Pro-Kopf-Kosten sehr selten auf (vgl. Tab. 44). So sind insbesondere Beat-mungs- und/oder Transplantationsleistungen mit hohen individuel-len stationären Behandlungskosten verbunden. Insgesamt zehn stationäre Behandlungen (DRG-Dreisteller) mit insgesamt 104 Fäl-len hatten im Jahr 2016 durchschnittliche Pro-Kopf-Kosten von über 100.000 €. Darunter sind neben dem in Tabelle 44 gezeigten HIV-Fall ausschließlich Frühgeborene oder Fälle, in denen eine längere Beatmung oder Transplantation erforderlich war.

Hohe Gesamtkosten

für Geburts-leistungen

Hohe Pro-Kopf-Kosten für

Beatmungs-leistungen

Page 113: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

895 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Tabelle 44: Top-5 stationäre Behandlungen mit den höchsten durch-schnittlichen stationären Pro-Kopf-Kosten

Stationäre Behandlung DRG Durch-schnittliche

Pro-Kopf-Kosten

Anzahl Fälle

Beatmung > 999 Stunden und Transplantation

A18 769.277 € 1

Beatmung > 1.799 Stunden A06 269.465 € 3

HIV-Krankheit S01 262.067 € 1

Kardiothorakale oder Gefäß-eingriffe bei Neugeborenen inkl. Beatmung

P02 187.975 € 6

Herztransplantation A05 187.210 € 2

5.4.3 Dauer von Krankenhausaufenthalten

Die Dauer eines Krankenhausaufenthaltes ist in Abhängigkeit der zugrundeliegenden Erkrankung sehr unterschiedlich. Auffällig ist, dass neun der zehn stationären Behandlungsgründe mit der durch-schnittlich längsten Aufenthaltsdauer psychische Erkrankungen zu-grunde liegen (vgl. Tab. 45). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die-sen Behandlungsgründen zum Teil sehr geringe Fallzahlen zugrun-de liegen.

Vergleichsweise häufig unter den Diagnosen mit einer sehr langen durchschnittlichen Verweildauer treten lediglich emotionale Störun-gen im Kindesalter auf. Darunter fallen zum Beispiel phobische Stö-rungen, Trennungsängste oder Störungen mit sozialer Ängstlichkeit. Auf vergleichbarem Niveau sind hyperkinetische Störungen (insb. ADHS) Grund für einen vergleichsweise langen Krankenhausauf-enthalt. Dies betrifft in Anbetracht der Gesamtfallzahl entsprechen-der Störungsbilder jedoch nur einen sehr geringen Teil der betroffe-nen Kinder bzw. Jugendlichen (vgl. hierzu Kap. 4.7). Die einzige nicht-psychische Behandlungsdiagnose mit einer im Durchschnitt sehr langen Verweildauer sind Neugeborene mit sehr niedrigem Ge-burtsgewicht.

Psychische Erkrankungen mit langen Krankenhaus-aufenthalten

Page 114: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

90 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

Tabelle 45: Hauptdiagnosen für einen Krankenhausaufenthalt mit der durchschnittlich längsten Verweildauer

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller)Ø Vwd in

TagenAnzahl

Fälle

F20 Schizophrenie 69 33

F25 Schizoaffektive Störungen 68 14

F94 Störungen sozialer Funktionen 58 127

F40 Phobische Störungen 57 115

F93 Emotionale Störungen des Kindesalters 57 430

F42 Zwangsstörung 55 68

F50 Essstörungen 52 273

F23 Akute vorübergehende psychotische Stö-rungen

51 18

F90 Hyperkinetische Störungen 50 507

P07 Frühgeburt 48 113

Vwd – Verweildauer

Werden nur jene stationären Aufenthalte betrachtet, welche nicht ei-ne psychische Erkrankung als Hauptdiagnose aufweisen, so zeigt sich ein deutlich differenzierteres Bild mit unterschiedlichen Erkran-kungsbildern (vgl. Tab. 46).

Tabelle 46: Hauptdiagnosen für einen Krankenhausaufenthalt mit der durchschnittlich längsten Verweildauer (exklusive psychi-scher Erkrankungen)

Hauptdiagnose (ICD-Dreisteller)Ø Vwd in

TagenAnzahl

Fälle

P07 Frühgeburt 48 113

K74 Fibrose und Zirrhose der Leber 34 12

C93 Monozytenleukämie 25 16

T86 Versagen und Abstoßung von transplan-tierten Organen und Geweben

24 25

Q61 Zystische Nierenkrankheit 22 11

G31 Sonstige degenerative Krankheiten des Nervensystems

21 13

Vwd – Verweildauer

Lange Krankenhaus-

aufenthalte aufgrund anderer

Erkrankungen

Page 115: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

915 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Unabhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung ist zu beob-achten, dass sich die durchschnittliche Dauer eines Krankenhaus-aufenthaltes in Abhängigkeit des Alters der Kinder bzw. Jugendli-chen deutlich unterscheidet. Zur Berechnung der durchschnittlichen Krankenhausverweildauer wurden lediglich Kinder bzw. Jugendliche berücksichtigt, für die wenigstens einen Krankenhausaufenthalt im Jahr 2016 dokumentiert wurde. Darüber hinaus wurden nur jene Hospitalisierungsgründe (ICD-10-Dreisteller) berücksichtigt, für die wenigstens zehn Fälle im Jahr 2016 beobachtet wurden. Dies soll vermeiden, dass sehr seltene, aber besonders aufwändige Kran-kenhausaufenthalte (z. B. mit erforderlicher Beatmung) den Ge-samtdurchschnitt verzerren.

Dabei zeigt sich, dass die durchschnittliche Krankenhausverweil-dauer nach vergleichsweise hohen Werten im Säuglingsalter im Kleinkindalter mit durchschnittlich 4,3 Tagen am geringsten ist (vgl. Abb. 39). Mit zunehmendem Alter steigt die durchschnittliche Hospi-talisierungsdauer bis auf 10,9 Tagen im Jugendalter. Bedeutende geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich dabei im Alter von fünf bis neun Jahren sowie bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren.

Abbildung 39: Durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus nach Alter und Geschlecht

5.5 Heilmittelversorgung

Versicherte haben Anspruch auf Heil- und Hilfsmittel, wenn sie krank oder pflegebedürftig sind. Alle Hilfs- bzw. Heilmittel haben den Zweck, die Einschränkung, die durch eine Krankheit oder Behinde-rung auftreten, zu mindern oder zu kompensieren. Dabei wird unter-schieden zwischen Heilmitteln (z. B. eine Massage) und Hilfsmitteln (z. B. einem Rollstuhl). Jedes zehnte Kind bzw. Jugendlicher hat im Jahr 2016 ein Heilmittel verordnet bekommen. Heilmittel sind per-sönlich zu erbringende, ärztlich verordnete medizinische Leistun-gen. Zu den Heilmitteln zählen Maßnahmen der physikalischen The-

Verweildauer in Abhängigkeit des Alters

1 von 10 Kindern mit Heilmittel-Verschreibung

Page 116: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

92 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

rapie (Massage, Physiotherapie), der Stimm-, Sprech- und Sprach-therapie (logopädische Maßnahmen) und der podologischen Thera-pie (med. Fußpflege). Darüber hinaus werden im Krankenhaus erbrachte Heilmittelleistungen in GKV-Abrechnungsdaten ausge-wiesen. Seit dem 1. Januar 2018 kann die ambulante Ernährungs-therapie ebenfalls zulasten der GKV verordnet werden. Entspre-chende Leistungen sind im Hinblick auf den vorliegenden Analyse-zeitraum jedoch noch nicht abbildbar.

Von den zulasten der GKV erstattungsfähigen Heilmittelleistungen für Kinder und Jugendliche im Jahr 2016 entfielen über 99 % auf physiotherapeutische, logopädische und ergotherapeutische Leis-tungen bzw. auf stationäre Heilmittelanwendungen (vgl. Tab. 47).

Tabelle 47: Verordnungsprävalenz (Fälle je 1.000) ausgewählter Heil-mittel für Kinder und Jugendliche im Jahr 2016

Alters-gruppe Heilmittel Jungen Mädchen gesamt

<1 Physiotherapie 115 98 107

Logopädie 2 2 2

Ergotherapie 2 1 1

Stationäre Heilmittel 3 4 4

1 – 4 Physiotherapie 27 21 24

Logopädie 62 39 51

Ergotherapie 21 9 15

Stationäre Heilmittel 1 1 1

5 – 9 Physiotherapie 32 28 30

Logopädie 117 79 99

Ergotherapie 98 40 70

Stationäre Heilmittel 2 1 2

10 – 14 Physiotherapie 57 72 64

Logopädie 27 21 24

Ergotherapie 29 14 21

Stationäre Heilmittel 1 1 1

Heilmittel-leistungen

überwiegend im Kindesalter

Page 117: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

935 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

Alters-gruppe Heilmittel Jungen Mädchen gesamt

15 – 17 Physiotherapie 71 103 87

Logopädie 10 9 10

Ergotherapie 7 6 7

Stationäre Heilmittel 1 2 1

Auffällig ist dabei die unterschiedlich häufige Inanspruchnahme von Heilmittel-Leistungen in der Altersgruppe 5 bis 9 Jahre, in welcher fast doppelt so viele Jungen wie Mädchen im Jahr 2016 Heilmittel verschrieben bekommen haben, was insbesondere auf die erhöhte Verordnungsprävalenz ergotherapeutischer Leistungen zurückzu-führen ist.

5.6 Arbeitsunfähigkeit der Eltern in Folge einer Erkrankung des Kindes

§ 45 SGB V sieht einen Anspruch auf Krankengeld bei Erkrankung des Kindes für GKV-Versicherte vor. Der Anspruch auf das Kranken-geld besteht nach § 45 Abs. 1 SGB V dann, wenn ein Versicherter zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben muss, dies mit einem ärztlichen Zeugnis bestätigt wird und das Kind durch eine andere im Haushalt lebende Person nicht beaufsichtigt, gepflegt und betreut werden kann. Zudem darf das erkrankte Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder muss behindert und auf Hilfe ange-wiesen sein.

23 % aller Eltern haben sich im Jahr 2016 wenigstens einmal auf-grund einer Erkrankung ihres Kindes arbeitsunfähig (AU) gemeldet. Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitsmeldungen variierte dabei zwi-schen einer und 21 Meldungen je Person. Im Mittel lagen 2,1 Krank-meldungen je Person vor. Die durchschnittliche Dauer der Arbeits-unfähigkeit lag bei 2,3 Tagen (Spanne: 1 – 365 Tage), wobei 97,5 % aller AU-Meldungen nicht länger als fünf Werktage dauerten.

Dabei melden sich überdurchschnittlich häufig Frauen aufgrund ei-ner Erkrankung des Kindes arbeitsunfähig. 89 % aller Eltern, die sich wenigstens einmal im Jahr 2016 aufgrund einer Erkrankung des Kindes arbeitsunfähig gemeldet haben, waren weiblich. Im zu-grundeliegenden Datensatz lag der Frauenanteil unter den zuordba-ren Eltern jedoch bei lediglich 69 %. Allerdings muss einschränkend berücksichtigt werden, dass aufgrund der vorliegenden Datenbasis keine Angaben zur Familienstruktur gemacht werden können und insofern z. B. nicht zwischen alleinerziehenden und nicht alleinerzie-henden Eltern unterschieden werden kann. Das durchschnittliche Alter derjenigen Eltern, welche sich wenigstens einmal aufgrund ei-

Viele Heilmittel im späten Kindesalter

Kinder-krankengeld

Jedes 4. Elternteil mit AU-Meldung

Mehr und jüngere Frauen mit AU-Meldung

Page 118: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

94 Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016 5

ner Erkrankung des Kindes arbeitsunfähig gemeldet haben, lag mit 36,3 Jahren darüber hinaus deutlich unterhalb des Altersschnitts aller Eltern im Datensatz (40,9 Jahre).

Page 119: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

95

6 Schwerpunkt Familiengesundheit – Einflüs-se des sozioökonomischen Familienstatus

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

1. Der Bildungsgrad der Eltern ist ein besserer Prädiktor für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen als das elterliche Einkommen.

2. Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss

• nehmen mehr Versorgungsleistungen in Anspruch,

• gehen tendenziell häufiger ins Krankenhaus,

• gehen seltener zum Haus- und insb. zum Facharzt,

• bekommen tendenziell mehr Arzneimittel verschrieben,

• bekommen häufiger entwicklungsfördernde Maßnahmen (z. B. Sprachtherapie) verschrieben.

3. Ab dem mittleren Kindesalter verursachen Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss durchschnittlich höhere Ver-sorgungskosten.

4. Kinder von Eltern mit niedrigem Einkommen verursachen je nach Alter bis zu 18 % höhere Versorgungskosten als Kinder von Eltern mit hohem Einkommen.

5. Die Unterschiede in der Erkrankungsprävalenz der Kinder in Abhängigkeit des Ausbildungsabschlusses der Eltern sind bei den Erkrankungsbildern Adipositas und Zahnkaries in einzel-nen Altersgruppen am stärksten ausgeprägt.

6.1 Abbildung des sozioökomischen Familienstatus

Wie bereits in Kapitel 3 beschrieben, sind Aussagen zum Zusam-menhang zwischen sozioökonomischen Faktoren und der Gesund-heit bzw. der Leistungsinanspruchnahme von Kindern und Jugendli-chen nur bedingt aussagefähig. Bei den folgenden Auswertungen muss daher beachtet werden, dass für manche Subgruppen nur geringe Fallzahlen vorliegen und einzelne Extremfälle zu Verzerrun-gen des Gesamtbildes führen können. So lagen beispielsweise in der Altersgruppe unter einem Jahr nur insgesamt 140 Datensätze für Kinder promovierter Eltern vor. Auf eine Beschreibung von Zu-sammenhängen auf Ebene des jeweilig höchsten Bildungsabschlus-ses der Eltern eines Kindes wird deshalb in der Regel verzichtet. Es wird stattdessen auf gruppenbezogene Trends zwischen Kindern von Eltern mit niedrigem, mittlerem und hohem Bildungsabschluss abgestellt.

Sozio-ökonomischer Familienstatus

Page 120: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

96 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus 6

Grundsätzlich ließen sich aufgrund des Tätigkeitsschlüssels noch die Merkmale „Vollzeit/Teilzeit-Stelle“, „Schulabschluss“, „unbefris-tete/befristete Stelle“, „Leiharbeiter/festangestellt“ und „Spezialisie-rungsgrad“ differenzieren. Jedoch konnten bis auf die Variable „Schulabschluss“ keine offensichtlichen Zusammenhänge zwischen der Inanspruchnahme und den anderen genannten Variablen gefun-den werden. Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit werden deshalb nur Zusammenhänge mit den gebildeten Einkommens-gruppen sowie der (Aus)Bildung der Eltern beschrieben.

Da der Ausbildungsstand der Eltern (und damit in der Regel auch das Erwerbseinkommen) von deren Alter bzw. Fortschritt im Berufs-leben abhängt, und das Alter der Kinder mit dem Alter der Eltern korreliert, muss das Alter der Kinder bei der Betrachtung sozioöko-nomischer Faktoren wie Bildungsstand oder Einkommen der Eltern einbezogen werden. Die Abbildungen 40 und 41 zeigen insofern die Verteilung der gebildeten Bildungs- bzw. Einkommensklassen inner-halb der Altersgruppen der betrachteten Kinder und Jugendlichen.

Abbildung 40: Verteilung der gebildeten Bildungsklassen der Eltern innerhalb der Altersgruppen der Kinder

Variablen des Tätigkeits-schlüssels

Verteilung der Bildungs- und Einkommens-

klassen

Page 121: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

976 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus

Abbildung 41: Verteilung der gebildeten Einkommensklassen der El-tern innerhalb der Altersgruppen der Kinder

Für nachfolgende Analysen ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der Kinder und Jugendlichen, für deren Eltern keine Angaben zum Ausbildungsabschluss oder zur Höhe des Einkommens vorlagen, über alle Altersgruppen der Kinder hinweg sehr hoch ist. Dabei lie-gen keine Informationen über mögliche Gründe einer fehlenden An-gabe vor, die in der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse be-rücksichtigt werden könnten.

In nachfolgenden Unterkapiteln findet sich eine umfassende Ana-lyse zum Erkrankungsgeschehen von Kindern (Erkrankungsprä-valenz und Inanspruchnahmehäufigkeit) in Relation zum sozioöko-nomischen Familienstatus. Dabei werden aufgrund des Umfanges entsprechender Daten lediglich ausgewählte Erkrankungsgebiete analysiert. Die Auswahl dieser Indikationen erfolgte sowohl in Ab-hängigkeit der beobachteten Prävalenz als auch unter Berücksichti-gung sozialpolitischer Implikationen wie z. B. der Möglichkeit, Prä-ventionsmaßnahmen zu initiieren.

6.2 Zusammenhang von Erkrankungsprävalenz und sozio-ökonomischem Familienstatus

Zur Beschreibung des Einflusses des sozioökonomischen Familien-status auf das Krankheitsgeschehen bei Kindern und Jugendlichen werden nachfolgend relevante, in den Daten identifizierte Zusam-menhänge diskutiert. Diese beziehen sich auf die Erkrankungsbilder Adipositas, Allergien, Asthma, Entwicklungs- und Verhaltensstörun-gen sowie Zahnkaries und damit insgesamt auf Erkrankungsbilder, welche hinsichtlich der Prävalenz zumindest zum Teil auch lebens-stilabhängig sein können.

Eingeschränkte Interpretation der Ergebnisse

Page 122: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

98 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus 6

Dabei zeigen sich in Abhängigkeit des Alters der Kinder bzw. Ju-gendlichen unterschiedlich deutliche Zusammenhänge. Tabelle 48 zeigt für die ausgewählten Erkrankungsbilder jene Altersgruppen, in denen sich die beobachteten Erkrankungshäufigkeiten in Abhängig-keit des Bildungsabschlusses der Eltern am stärksten unterschei-den. Dabei ist auffällig, dass für alle betrachteten Erkrankungsbilder Kinder von Eltern ohne Ausbildungsabschluss die höchste Erkran-kungsprävalenz aufweisen. Die Unterschiede zu Kindern mit Eltern höherer Bildungsabschlüsse sind zum Teil beträchtlich. So ist zum Beispiel die Karies-Prävalenz von Kindern mit Eltern mit hohem Bil-dungsabschluss 74 % geringer als bei Kindern von Eltern ohne Aus-bildungsabschluss (34 Fälle je 1.000 vs. 9 Fälle je 1.000).

Tabelle 48: Prävalenz häufiger Erkrankungen im Kindes- und Jugend-alter in Relation zum Ausbildungsabschluss der Eltern

Erkrankung des Kindes

Größter beobachteter Unterschied in der Prävalenz zwischen den Ausbildungsgruppen der Eltern

Alters-gruppe

Keine Angabe

Kein Ab-schluss Mittel Hoch

Adipositas 5 – 9 –26 % 52/1.000 –34 % –71%

Allergien 15 – 17 –31 % 55/1.000 –7 % –25 %

Asthma 15 – 17 –32 % 94/1.000 –5 % –24 %

Entwicklungs-störungen

5 – 9 –15 % 267/1.000 –14 % –31 %

Verhaltens-störungen

5 – 9 –9 % 159/1.000 –8 % –31 %

Zahnkaries 5 – 9 –23 % 34/1.000 –52 % –74 %

Auf Ebene der einzelnen Erkrankungsbilder lassen sich zudem wei-ter altersbezogene Zusammenhänge abbilden. So wies insbesonde-re die Prävalenz von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen eine deutliche Abhängigkeit vom Bildungsniveau der Eltern auf (vgl. Abb. 42). Die höchste Prävalenz konnte altersgruppenübergreifend bei Kindern und Jugendlichen festgestellt werden, deren Eltern über keinen Abschluss verfügten. Insgesamt lag die Prävalenz hier bei 52 Fällen je 1.000. Die geringste Prävalenz fand sich mit 13 Fällen je 1.000 bei Kindern promovierter Eltern. Bei Kindern von Eltern mit abgeschlossener Berufsausbildung lag die Prävalenz bei 36 Fällen je 1.000, und ein Hochschulabschluss der Eltern ging mit einer Adi-positas-Prävalenz von 18 Fällen je 1.000 einher. Während sich in der altersunspezifischen Analyse ein eindeutiger Bildungsgradient identifizieren ließ, ist die Aussagekraft der altersgruppenspezifi-schen Auswertung aufgrund einer geringen Anzahl von Fällen in be-stimmten Alters- und Bildungsgruppen Einschränkungen unterwor-fen. Eine Differenzierung nach Einkommen ergab, dass Kinder von

Höhere Erkrankungs-prävalenz bei Kindern von Eltern ohne

Bildungs-abschluss

Höhere Adipositas-

prävalenz bei Eltern ohne

Bildungs-abschluss

Page 123: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

996 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus

Eltern mit einem monatlichen Einkommen von über 4.000 € mit 23 Fällen je 1.000 eine geringere Prävalenz von Adipositas aufwie-sen als Kinder von Eltern mit einem geringeren Einkommen (38 Fäl-le je 1.000).

Abbildung 42: Adipositas-Prävalenz bei Kindern und Jugendlichen in Abhängigkeit des Bildungsabschlusses der Eltern

Noch deutlicher als bei Kindern mit Adipositas zeigt sich bei der Prävalenz der Zahnkaries (vgl. Abb. 43). Eine Karieserkrankung wurde bei Kindern von Eltern ohne Abschluss mit 19 Fällen je 1.000 deutlich häufiger festgestellt als bei Kindern von Eltern mit Be-rufsausbildung (9 Fälle je 1.000), Hochschulabschluss (6 Fälle je 1.000) oder Promotion (5 Fälle je 1.000). Die zweithöchste Präva-lenz fand sich mit 15 Fällen je 1.000 bei Kindern von Eltern, für die keine Information zur Bildung vorlag. Besonders ausgeprägt war der Bildungsgradient in den Altersgruppen 1 bis 4 Jahre und 5 bis 9 Jahre. Darüber hinaus war die Karies-Prävalenz bei Kindern vom Einkommen der Eltern abhängig. Die geringste Prävalenz fand sich mit 5 Fällen je 1.000 bei Kindern von Eltern der höchsten Einkom-mensgruppe (> 4.000 €). In der niedrigsten Einkommensgruppe (< 1.000 €) lag die Prävalenz von Karies bei Kindern mit 14 Fällen je 1.000 bei fast dem Dreifachen im Vergleich zur höchsten Einkom-mensgruppe.

Zahnkaries

Page 124: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

100 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus 6

Abbildung 43: Karies-Prävalenz bei Kindern und Jugendlichen in Ab-hängigkeit des Bildungsabschlusses der Eltern

Bei Kindern mit Asthma zeigten sich ebenfalls Zusammenhänge zum Bildungsgrad der Eltern, jedoch auf geringerem Niveau (vgl. Abb. 44). So waren Kinder von Eltern mit einem Hochschulabschluss bzw. einer Promotion seltener von Asthma betroffen (68 bzw. 56 Fäl-le je 1.000) als Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss. War der höchste Bildungsabschluss eine Berufsausbildung, lag die Präva-lenz bei 83 Fällen je 1.000. Eine ähnlich hohe Prävalenz fand sich bei Kindern von Eltern ohne Abschluss (82 Fällen je 1.000). Die Feststellung, dass bei einem Hochschulabschluss die Prävalenz von Asthma bei Kindern geringer war als ohne Hochschulabschluss, galt über alle Altersgruppen hinweg.

Abbildung 44: Asthma-Prävalenz bei Kindern und Jugendlichen in Abhängigkeit des Bildungsabschlusses der Eltern

Asthma

Page 125: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1016 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus

6.3 Zusammenhang der Inanspruchnahme von Versor-gungsleistungen und sozioökonomischem Familien-status

6.3.1 Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen in Abhän-gigkeit des (Aus-)Bildungsstandes der Eltern

Die Inanspruchnahme von mindestens einer Leistung unterschied sich wie bereits beschrieben stark nach Alter und Leistungssektor. Die weitergehende Differenzierung nach dem höchsten Bildungs-stand der Eltern ist in Abbildung 45 dargestellt und zeigt für viele Leistungsbereiche und Altersgruppen ein wiederkehrendes Muster: Kinder und Jugendliche mit Eltern höherer Bildungsabschlüsse wie-sen eine niedrigere Prozentzahl an mindestens einem Kontakt im jeweiligen Leistungssektor auf. Bei der Betrachtung der absoluten Anzahl an Kontakten bzw. Verschreibungen in den verschiedenen Leistungssektoren war für alle Altersgruppen ein hufeisenförmiger Verlauf erkennbar. So stieg die absolute Kontaktzahl bei unter 1-Jäh-rigen von 13,8 Kontakten mit Eltern ohne Angabe des Bildungsstan-des über 14,4 Kontakte bei Eltern ohne Abschluss auf 14,7 Kontakte bei Eltern mit Ausbildung. Anschließend sank die Kontaktzahl über 14,2 („Meister“) und 13,1 („Hochschule“) auf durchschnittlich 12,9 Kontakte bei Kindern mit mindestens einem promovierten Elternteil. Nur in den beiden Altersgruppen „5 bis 9“ und „10 bis 14“ finden sich die höchsten Kontaktzahlen nicht bei der Kategorie „Ausbildung“ (9,8 bzw. 7,7 Kontakte), sondern bereits bei Eltern ohne Abschluss (10,3 bzw. 7,8 Kontakte).

Abbildung 45: Durchschnittliche Anzahl von Kontakten mit dem Ver-sorgungssystem in Abhängigkeit des Ausbildungsgra-des der Eltern

Weniger Versorgungs-kontakte bei Kindern von Eltern mit hohem Bildungs-abschluss

Page 126: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

102 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus 6

In der Tendenz verstärkte sich dieses Muster jedoch mit zunehmen-dem Alter und die relativen Unterschiede nach Bildungsstand waren stark vom Leistungssektor abhängig. Während mindestens ein Be-such bei einem Hausarzt oder die Verordnung eines Arzneimittels bei der jüngsten Altersgruppe bei nahezu allen versicherten Kindern erfolgte (Hausarzt: Minimum 94,8 % bei „kein Abschluss“, Maximum 97,4 % bei „Meister“; Arzneimittel: Minimum 96,4 % bei „Promotion“, Maximum 97,9 % bei „Ausbildung“), nehmen die Unterschiede mit dem Alter zu (Hausarzt: Minimum 69,0 % bei „Promotion“, Maximum 79,0 % bei „Kein Abschluss“; Arzneimittel: Minimum 59,3 % bei „Promotion“, Maximum 70,5 % bei „Kein Abschluss“). Auffällig ist der relative Unterschied nach Bildung hinsichtlich mindestens einer Krankenhausbehandlung. Während 19,5 % aller unter 1-Jährigen von Eltern mit keinem Abschluss eine Krankenhausbehandlung er-hielten, waren es bei promovierten Eltern nur 8,6 %. Diese relativen Unterschiede setzen sich auf niedrigerem absolutem Niveau mit an-steigendem Alter fort. Bei den Personen mit fehlenden Informatio-nen zum Bildungsstand ergab sich hingegen kein eindeutiges Bild.

Auch bei der Zusammensetzung bzw. den relativen Anteilen der Kontakte bzw. Verordnungen nach Leistungssektor zeigte die Strati-fizierung nach Bildungsstand der Eltern ein differenzierteres Bild als die reine Abbildung nach Alter (vgl. Abb. 46). Die Kontakte mit Haus-ärzten nahmen vor allem in den drei jüngsten Altersgruppen mit hö-herer Bildung einen größeren, relativen Anteil an den Gesamtkon-takten ein. Bspw. entfielen in der Gruppe der 1- bis 4-Jährigen 26,2 % aller Kontakte von Kindern mit Eltern ohne Bildungsab-schluss auf den Hausarzt, 27,2 % bei der Kategorie „Ausbildung“, 28,1 % bei „Meister“, 29,7 % bei „Hochschule“ und 31,3 % bei „Pro-motion“. Während der Anteil an Fachärzten ohne erkennbares Mus-ter in derselben Altersgruppe von 14,1 % in den Gruppen „Kein Ab-schluss“ und „keine Angabe“ bis 15,0 % in der Gruppe „Hochschu-le“ variierte, wurde bei Arzneimitteln ein Trend zur Abnahme des relativen Anteils der Verordnungen an allen Kontakten bzw. Verord-nungen mit höherem Bildungsabschluss ersichtlich. Bei Kindern von Eltern ohne Abschluss nahmen Arzneimittel 55,9 % aller Kontakte bzw. Verschreibungen ein. Dieser Anteil sank auf 51,3 % bei min-destens einem Elternteil mit Hochschulabschluss und nochmals auf 49,6 % bei Kindern mit mindestens einem promovierten Elternteil. Der Anteil von stationären Leistungen, Heil- und Hilfsmitteln und Rehabilitationsaufenthalten nahm insgesamt bei allen Gruppen un-ter 5 % ein und folgte keinem erkennbaren Trend. Bei der Gruppe der Personen mit fehlenden Angaben zum Bildungsabschluss war ein Rückgang der Kontaktzahlen über die Altersgruppen zu beob-achten.

Höherer Anteil an Facharzt-

leistungen bei Eltern mit hohem

Bildungs-abschluss

Page 127: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1036 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus

Abbildung 46: Verteilung der in Anspruch genommenen Versor-gungsleistungen in Abhängigkeit des Ausbildungsab-schlusses der Eltern

6.3.2 Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen in Abhän-gigkeit des Einkommens der Eltern

Bei der Analyse des prozentualen Anteils an Kindern mit mindes-tens einem Kontakt je Leistungssektor in Relation zur Einkommens-gruppe der Eltern zeigte sich ein nicht ganz so klares Bild wie bei der Differenzierung anhand des Bildungsstandes der Eltern. So fan-den sich bei der hausärztlichen Versorgung kaum Unterschiede. Zum Beispiel schwankte der prozentuale Anteil bei den unter 1-Jäh-rigen zwischen 94,1 % bei Eltern mit mittlerem Einkommen und 96,7 % bei Eltern mit niedrigem Einkommen. In höheren Altersgrup-pen ließ sich ein wiederkehrendes Muster finden.

Betrachtet man die Summe bzw. die absolute Anzahl an Kontakten bzw. Versordnungen nach Alter und Einkommensgruppe der Eltern, wird – bis in die jüngste Altersgruppe von Kindern unter einem Jahr – ein ähnliches Bild deutlich wie im Fall der Inanspruchnahme von Versorgungsleistung. D. h., Kinder von Eltern mit niedrigem Einkom-men und Kinder von Eltern mit hohem Einkommen nehmen im Durchschnitt jeweils weniger Versorgungsleistungen in Anspruch als Kinder von Eltern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen (vgl. Abb. 47). Dabei ist der Unterschied zwischen niedrigen und mittle-ren Einkommensgruppen jedoch weit weniger stark ausgeprägt.

Ausbildung besserer Prädiktor als Einkommen

Weniger Versorgungs-kontakte bei höheren Einkommens-gruppen

Page 128: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

104 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus 6

Abbildung 47: Anzahl durchschnittlich in Anspruch genommener Ver-sorgungsleistungen von Kindern und Jugendlichen nach Versorgungssektor und Einkommen der Eltern

Auch bei der Betrachtung der relativen Anteile der Leistungssekto-ren an den Kontakten der verschiedenen Einkommensgruppen der Eltern waren weniger Unterschiede zu erkennen als bei der Stratifi-zierung nach dem Bildungsstand der Eltern. Während bei Heilmit-teln (maximale Differenz 0,3 % zwischen den Einkommensgruppen über alle Altersgruppen hinweg) und Hilfsmitteln (max. Differenz 0,8 %), stationären Aufenthalten (max. Differenz 0,3 %) sowie Reha (max. Differenz 0,0 %) keine nennenswerten Differenzen bestan-den, wurden diese vor allem bei Fachärzten und Arzneimitteln sicht-bar. So zeigte sich eine grundsätzliche Zunahme der relativen Häu-figkeit von Facharztkontakten an allen Kontakten bzw. Verordnungen mit zunehmendem Einkommen. D. h., dass der Stellenwert fachärzt-licher Leistungen an der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen mit steigendem Einkommen der Eltern zunimmt.

In der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen entfielen bei Kindern von Eltern mit niedrigem Einkommen auf Facharztbesuche bei-spielsweise nur 27,9 % aller Kontakte. Dieser Anteil stieg bis auf 31,0 % bei Kindern von Eltern mit hohem Einkommen an. Bei Arz-neimitteln war jedoch ein umgekehrter Effekt zu beobachten. Hier sank der relative Anteil in der Gruppe der 10- bis 14-Jährigen von 34,1 % mit Eltern mit niedrigem Einkommen auf 30,5 % bei Kindern mit Eltern mit hohem Einkommen.

Relativer Anteil der Versorgungs-

sektoren

Page 129: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1056 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus

6.3.3 Kosten der Inanspruchnahme von Versorgungsleistun-gen in Abhängigkeit des sozioökonomischen Familien-status

Obwohl die Häufigkeit der Leistungsinanspruchnahme zwischen den verschiedenen Einkommensklassen keinen linearen Trend er-kennen lässt, ist dieser bei der Darstellung der Kosten zumeist er-sichtlich (vgl. Abb. 48). An dieser Stelle sei nochmals auf das Verzer-rungspotential von Extremwerten bei der Betrachtung von durch-schnittlichen Kosten verwiesen. Unter Berücksichtigung einzelner Ausreißerwerte ließ sich jedoch eine generelle Abnahme der Kosten der Kinder und Jugendlichen mit zunehmendem Einkommen der El-tern feststellen. Am stärksten ist dieser Unterschied in der Alters-gruppe der 10- bis 14-Jährigen ausgeprägt. So lagen die durch-schnittlichen Versorgungskosten bei Kindern von Eltern mit hohem Einkommen durchschnittlich 18 % unterhalb der Versorgungskosten derer mit Eltern mit niedrigem Einkommen.

Abbildung 48: Kosten der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen in Abhängigkeit des Einkommens der Eltern

Zieht man zur Erklärung der Versorgungskosten von Kindern und Jugendlichen den Ausbildungsabschluss der Eltern heran, zeigen sich über alle Altersgruppen hinweg stabilere Zusammenhänge (Säuglinge ausgenommen). Ab dem Kindesalter ist dabei zu beob-achten, dass die Höhe der Gesundheitsversorgungskosten, welche im Jahr 2016 zu Lasten der GKV anfielen, mit steigendem Bildungs-grad der Eltern abnimmt (vgl. Abb. 49). Dabei lagen die Versor-gungskosten der Kinder von Eltern mit hohem Bildungsabschluss in allen Altersgruppen bis zu 24 % unterhalb denen mit mittlerem (< 1-Jährige) und 16 % unterhalb denen ohne Ausbildungsabschluss (15 – 17-Jährige). Am deutlichsten ist die Abweichung zwischen al-len drei Ausbildungsgruppen der Eltern in der Altersgruppe der 15-

Bis zu 18 % höhere Versor-gungskosten bei Eltern mit niedri-gem Einkommen

Bis zu 16 % niedrigere Versorgungs-kosten bei Eltern mit hohem Bildungs-abschluss

Page 130: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

106 Einflüsse des sozioökonomischen Familienstatus 6

bis 17-jährigen Jungen und Mädchen. Mit durchschnittlichen Pro-Kopf-Versorgungskosten in Höhe von 1.084 € lagen die Kosten der Kinder von Eltern mit hohem Bildungsabschluss 11 % unterhalb denen von Eltern mit mittlerem und 16 % unter denen von Eltern ohne Ausbildungsabschluss.

Abbildung 49: Kosten der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen in Abhängigkeit des Ausbildungsab-schlusses der Eltern

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die durchschnittlichen Kosten stark von Ausreißern bestimmt sind. Vor allem im Bereich der unter 1-jährigen können vor allem Krankenhausaufenthalte extreme Kos-ten verursachen, die einen starken Einfluss auf die durchschnittli-chen Kosten haben. Grundsätzlich ist auch hinsichtlich der Kosten der grundsätzliche Trend zu erkennen, dass ein höherer Bildungs-abschluss mit niedrigeren Kosten assoziiert ist. Allerdings wurde dies in der Altersgruppe der unter 1-Jährigen und der Gruppe der 1- bis 4-Jährigen durch die Eltern mit Ausbildung, in der Gruppe der 5- bis 9-Jährigen von der Gruppe „Hochschule“ und bei den 10- bis 14-Jährigen durch die Gruppe „Meister“ unterbrochen. Für die Grup-pe der Personen ohne Angabe zum Bildungsstand war – analog zur Entwicklung bei den Kontakten bzw. Verordnungen – ein Rückgang der Kosten mit zunehmendem Alter der Kinder zu beobachten.

Ausreißer

Page 131: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

107

7 Schwerpunkt Familiengesundheit – Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

1. Die Abbildung von Familienzusammenhängen sowohl im Er-krankungsgeschehen als auch in der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen ist auf Basis von GKV-Abrechnungs-daten möglich.

2. Für 85 % aller Kinder konnte lediglich ein Elternteil zugeordnet werden. Eine Abbildung von Familienstrukturen (z. B. Alleiner-ziehende) ist damit nicht möglich.

3. Erstgeborene Kinder nehmen mehr Versorgungsleistungen in Anspruch als ihre jüngeren Geschwister.

4. Kinder von Eltern mit Suchterkrankungen verursachen durch-schnittlich 32 % höhere Versorgungskosten.

5. Die Wahrscheinlichkeit, als Kind an einer bestimmten Erkran-kung zu leiden, ist vielfach mit einer entsprechenden Erkran-kung eines Elternteils assoziiert. Der stärkste Zusammenhang zeigte sich bei akuten Infektionskrankheiten. Wird z. B. bei Eltern eine gesicherte Influenza diagnostiziert, ist die Wahr-scheinlichkeit bis zu 45-mal höher, dass auch das Kind eine entsprechende Erkrankung hat.

6. Hohe innerfamiliäre Assoziationen in der Erkrankungswahr-scheinlichkeit wurden auch für Adipositas, Zahnkaries oder Diabetes beobachtet.

7.1 Einleitung

In diesem Kapitel werden die Wirkungen intrafamiliärer Zusammen-hänge auf die bei Kindern und Jugendlichen beobachteten Diagno-sen näher untersucht. Die Kinder und Jugendlichen sind jeweils in einen Familienverbund integriert, und die individuellen Lebensgege-benheiten des Familienverbundes können einen Einfluss auf die Leistungsinanspruchnahme und zugrundeliegenden Diagnosen ausüben. Dabei gibt es externe Faktoren, welche ihre Wirkung auf alle Mitglieder der Familie entfalten, beispielsweise

• die physische Umwelt, z. B. eine Exposition von Umwelteinflüs-sen,

• die soziale Umwelt, z. B. wenn die Kinder die gleiche Schule be-suchen.

Schlussendlich zeichnet sich das Zusammenleben einer Familie auch durch eine räumliche Nähe aus, sodass z. B. bei Infektionser-

Innerfamiliäre Zusammenhänge

Page 132: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

108 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

krankungen allein diese räumliche Nähe für die gegenseitige Beein-flussung ausreicht. Andere Faktoren sind eher interner Natur:

• psychologische Komponenten, z. B. Stress, aber auch innerhalb der Familie (implizit) geteilte Einstellungen beispielsweise gegen-über Arzneimitteln.

Insbesondere bei diesen internen Faktoren kommt auch die hierar-chische Struktur des Familienverbundes zum Tragen, da Kinder mutmaßlich erst im jugendlichen Alter als Sachwalter ihrer eigenen Leistungsinanspruchnahme auftreten. Die Leistungsinanspruchnah-men im Kindesalter sind also eher als Handlungen der Erziehungs-berechtigten denn des Kindes zu werten. Diese Faktoren, welche auch wechselseitig miteinander interagieren können, führen dazu, dass sich die Beobachtungen, die für Mitglieder eines Familienver-bundes systematisch von den Beobachtungen von Personen, die diesem Familienverbund nicht angehören, unterscheiden können.

7.2 Familienstrukturen

Bevor im nächsten Abschnitt die eigentliche Datenanalyse erfolgt, ist es zweckmäßig, zunächst die Art und Struktur der im Datensatz abgebildeten Familien zu untersuchen. Dabei kann für den größten Anteil der im Datensatz vorhandenen Familien nur ein Elternteil im Datensatz zugeordnet werden. Dies ist eine natürliche Limitation des Datenzuganges, da Elternteile, welche nicht bei der DAK-Ge-sundheit versichert sind, in den Daten nicht abgebildet sind (s. auch Kapitel 3 zur Methodik des Familienaufgriffs). Aus der fehlenden Re-präsentation in den Daten kann also nicht auf die Abwesenheit des Elternteils geschlossen werden. Für einen sehr geringen Anteil von Kindern konnte im Datensatz überhaupt kein Elternteil identifiziert werden. Basierend auf der Familienzuschlüsselung ergeben sich für nachfolgende Analysen damit folgende Familienstrukturen:

• Kinder mit einem Elternteil: 85 % (75 % nur Mutter, 25 % nur Va-ter)

• Kinder mit beiden Elternteilen: 15 %

Im Mittel hatte eine Familie im Datensatz 1,52 Kinder. Dabei haben nahezu 60 % der Familien nur ein Kind (vgl. Abb. 50). In 33,1 % der Familien lebten zwei Kinder, und in 6,9 % der beobachteten Famili-en waren drei Familienmitglieder minderjährig. Auf Familien mit vier oder mehr Kindern entfiel nur ein vergleichsweise geringer Anteil.

Familien-strukturen

Familiengröße

Page 133: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1097 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

Abbildung 50: Anzahl Kinder je Familie (Anteile in %)

7.3 Leistungsinanspruchnahme im innerfamiliären Kontext

7.3.1 Einfluss der Familienstruktur

In diesem kurzen Abschnitt wird zunächst auf die Assoziation zwi-schen der Familienstruktur bzw. primär der Geburtenreihenfolge und der Leistungsinanspruchnahme untersucht. Dabei werden alle Fa-milien betrachtet, wobei aber natürlich nicht in allen Familien Zweit- oder Drittgeborene beobachtet werden.

Die Leistungsinanspruchnahme kann entweder über verursachte Kosten oder die in Anspruch genommene Leistungsmenge (z. B. Anzahl der Arztkontakte) operationalisiert werden. In Abbildung 51 werden zunächst die durchschnittlichen Kosten pro Kopf in Abhän-gigkeit von der Geburtenreihenfolge betrachtet. Hier zeigt sich, dass im Durchschnitt für erstgeborene Kinder mit 830 € bis 1.642 € die höchsten Versorgungskosten anfielen. Dieser Effekt ließ sich mit Ausnahme der höchsten Altersgruppe konstant über alle Altersgrup-pen beobachten. Insbesondere im späten Kindes- und frühen Ju-gendalter ist dieser Trend deutlich ausgeprägt. Die durchschnittli-chen Versorgungskosten von zweit- und drittgeborenen Kindern lie-gen in diesen Altersgruppen mit ca. 780 € bzw. 800 € auf vergleich-barem Niveau, während die Versorgungskosten der Erstgeborenen z. B. in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen knapp 20 % darü-ber liegen. Darüber hinaus ließ sich aber kein systematischer Zu-sammenhang zwischen der Geburtenreihenfolge und den durch-schnittlichen Pro-Kopf-Kosten feststellen, da sich bzgl. der Zweit- und Drittgeborenen keine eindeutige Reihung ergab.

Versorgungs-kosten der Zweit- und Drittgeborenen

Page 134: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

110 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Abbildung 51: Durchschnittliche Pro-Kopf-Kosten der Kinder und Ju-gendlichen in Abhängigkeit der Geburtenreihenfolge

Ein klareres Bild lieferte hier die Mengenkomponente. Diese wird über die Anzahl der Versorgungskontakte operationalisiert, wobei für den ambulanten und stationären Bereich ein Kontakt jeweils ei-nen Arzt- bzw. Krankenhausbesuch darstellt. Bei den Heil- und Hilfs-mitteln zählt jeweils eine Verordnung als „Kontakt“. Bei den Arznei-mitteln wird sowohl die Anzahl der verschiedenen ATCs als Kontakt bzw. Verschreibung operationalisiert, aber auch die Anzahl der ver-ordneten Packungen. In Abbildung 52 wird deutlich, dass sich im Allgemeinen für die Kontakte eine eindeutig absteigende Rangrei-hung bzgl. der Geburtenreihenfolge ergab.

Abbildung 52: Durchschnittliche Kontaktanzahl in Abhängigkeit der Geburtenreihenfolge

Versorgungs-kontakte der

Zweit- und Drittgeborenen

Page 135: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1117 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

Für Säuglinge konnte ein gegenteiliger Effekt beobachtet werden. Hier hatten die an dritter oder noch höherer Stelle der Geburtenrei-henfolge stehenden Kinder die höchste Anzahl an Kontakten. So bekommen Dritt- oder höher geborene Kinder z. B. durchschnittlich 11 % mehr Arzneimittel verschrieben, als ihre erstgeborenen Ge-schwister. In allen Altersgruppen waren die Unterschiede primär auf die Arzneimittel und dort spezifischer auf die Anzahl der verordne-ten Packungen sowie die Anzahl der Besuche beim Facharzt zu-rückzuführen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für erstgeborene Kin-der im Vergleich mit Geschwistern (soweit vorhanden) im Durch-schnitt eine höhere Leistungsinanspruchnahme beobachtet werden konnte. Die Unterschiede bestanden sowohl in den Kosten als auch in den Kontakten und blieben über die Altersgruppen, trotz sinken-dem Gesamtniveau, nahezu konstant bestehen. Über die Ursachen dafür kann nur spekuliert werden. Es ließe sich zum Beispiel vermu-ten, dass Eltern bei der Gesundheitsversorgung des Erstgeborenen Erfahrungswerte aufbauen, welche dazu führen, dass bei später ge-borenen Kindern Versorgungsleistungen selektiver in Anspruch ge-nommen werden.

7.3.2 Kinder vulnerabler Elterngruppen

Eine aus Public Health-Perspektive besonders vulnerable Gruppe stellen Kinder suchtkranker Eltern dar. Dabei können auf Basis der verfügbaren Abrechnungsdaten der GKV sowohl Unterschiede in der Inanspruchnahme des Versorgungssystems als auch hinsicht-lich des zugrundeliegenden Erkrankungsgeschehens abgebildet werden. Für knapp 8 % aller Kinder bzw. Jugendlichen lag eine dia-gnostizierte Suchterkrankung (ICD-10 F1) bei wenigstens einem Elternteil vor. Diese Kinder zeigen im Vergleich zur Gesamtpopulati-on unter Berücksichtigung aller Leistungsbereiche um 32 % höhere durchschnittliche Versorgungskosten (vgl. Tab. 49). Dies ist insbe-sondere auf die erhöhte durchschnittliche Anzahl von Krankenhaus-aufenthalten (+ 17 %) zurückzuführen. Doch auch auf Ebene ande-rer Versorgungsbereiche, z. B. ambulant-ärztlicher Leistungen oder dem Arzneimittelverbrauch, zeigt sich eine erhöhte Inanspruchnah-meprävalenz bei Kindern suchtkranker Eltern.

Erfahrungs-effekte?

Leistungs-inanspruch-nahme von Kindern suchtkranker Eltern

Page 136: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

112 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Tabelle 49: Durchschnittliche Inanspruchnahme von Versorgungs-leistungen von Kindern suchtkranker Eltern

Populations-durchschnitt

Keine Sucht-erkrankung

der Eltern

Sucht-erkrankung

der Eltern

Differenz

Anteil der Kinder 92,1 % 7,9 % –

Gesamtkosten 912 € 1.205 € + 32,1 %

Kontakte Ambulant 2,4 2,6 + 11,2 %

Kontakte Stationär 2,0 2,4 + 16,8 %

Anzahl Arzneimittel-Packungen

5,3 6,2 + 17,5 %

Anzahl verschiedene Arzneimittel

3,9 4,3 + 11,1 %

Auch hinsichtlich der Häufigkeit bestimmter Erkrankungsbildung las-sen sich in deskriptiver Hinsicht Unterschiede bei Kindern sucht-kranker Eltern identifizieren. Werden die in Kapitel 4.3 herangezoge-nen potentiell chronisch-somatisch verlaufenden Erkrankungsbilder zugrunde gelegt, so liegt der Anteil chronisch kranker Kinder von Eltern mit diagnostizierter Suchterkrankung bei 33,6 %. Im Vergleich dazu haben Kinder nicht suchtkranker Eltern eine um sieben Pro-zentpunkte niedrigere Prävalenz entsprechender Erkrankungsbil-der.

Auch hinsichtlich der Prävalenz potentiell chronisch-psychischer Er-krankungen zeigen sich zum Teil deutliche deskriptive Unterschiede. So ist zum Beispiel der Anteil der Kinder, die eine klinisch diagnos-tizierte Suchterkrankung entwickelt haben, um 63 % höher, wenn sie selbst suchtkranke Eltern haben (vgl. Abb. 53). Auch die Präva-lenz von Depressionen (+ 43 %) oder hyperkinetischen Störungen (im Wesentlichen ADHS, + 41 %) ist deutlich erhöht. Angststörun-gen treten ebenfalls gehäuft auf (+ 26 %). Dies gilt insbesondere für das differenzierte Erkrankungsbild der Schulangst bzw. Schulphobie (+ 35 %, vgl. hierzu Kap. 4.3).

Prävalenz chronischer

Erkrankungen

Page 137: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1137 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

Abbildung 53: Prävalenz potentiell chronisch-psychischer Erkran-kungen bei Kindern suchtkranker Eltern im Vergleich zu Kindern ohne suchtkranke Eltern

Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den hier be-obachteten Unterschieden lediglich um deskriptive Zusammenhän-ge handelt. Eine Kontrolle bzw. Adjustierung für potentielle Confoun-der erfolgte nicht. So ist insbesondere anzunehmen, dass der sozio-ökonomische Status der Eltern einen bedeutenden Einfluss sowohl auf das Erkrankungsgeschehen als auch die Leistungsinanspruch-nahme hat (so haben es u. a. die Analysen in Kap. 6 gezeigt). Unab-hängig davon zeigt sich aus Kostenträgerperspektive jedoch auf Basis der vorliegenden Daten erhebliches Präventions- und Steue-rungspotential zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage von Kindern suchtkranker Eltern.

7.4 Erkrankungen der Eltern als Determinanten für die Erkrankungswahrscheinlichkeit ihrer Kinder

7.4.1 Übersicht

In diesem Abschnitt wird der Einfluss von bei Eltern gestellten Diag-nosen auf das Auftreten dieser Diagnose bei den Kindern der Fami-lie beleuchtet. Operationalisiert wird dies darüber, ob bei mindes-tens einem Elternteil die entsprechende Diagnose im ambulanten oder stationären Kontext auftrat. Dabei musste die Diagnose im Da-tensatz für das Jahr 2016 mindestens einmal beobachtet werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Informationen aus dem einleitenden Abschnitt relevant, da für die überwiegende An-zahl der Familien nur Daten zu einem Elternteil vorlagen. Diese In-

Limitationen

Familiäre Zusammen hänge im Erkrankungs-geschehen

Page 138: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

114 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

formation wird ins Verhältnis dazu gesetzt, ob für ein Kind bzw. eine jugendliche Person im Jahr 2016 dieselbe Diagnose (ambulant oder stationär) im Datensatz mindestens einmal anzutreffen war. Die Analyse erfolgt also nicht auf der Ebene der Familie, sondern auf der Ebene des Kindes.

Um den Zusammenhang zu quantifizieren, wird das Odds Ratio be-rechnet (s. Kap. 3 Methodik). Über diese Zahl lässt sich dann erken-nen, ob die Wahrscheinlichkeit, eine Diagnose für Kinder zu beob-achten, in Abhängigkeit davon variiert, ob die Diagnose ebenfalls für mindestens einen Elternteil gestellt wurde. Ein Odds Ratio von über 1 bedeutet dabei, dass für Kinder, bei deren Eltern die Diagnose auftritt, eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten der Diagno-se beobachtet wird als bei den Kindern, für deren Eltern die Diagno-se nicht vorliegt. Ein Odds Ratio von 1 deutet daraufhin, dass kein Zusammenhang zwischen den Diagnosen der Eltern und den Diag-nosen der Kinder besteht. Wird ein Odds Ratio von unter 1 beobach-tet, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Diagnose zu beobachten, für die Kinder geringer, bei deren Eltern diese Diagno-se auftritt.

Aufgrund der vorliegenden Daten lässt sich dabei keinerlei Kausali-tät der Zusammenhänge herleiten (Aussagen wie „Das Vorhanden-sein der Diagnose bei den Eltern ist ursächlich für die Diagnose der Kinder“ sind also nicht möglich), sondern lediglich eine Assoziation beobachten. Diese Assoziationen können potentiell in beide Rich-tungen wirken. Des Weiteren ist es wichtig zu beachten, dass das Odds Ratio als aggregierte Maßzahl keinen Aufschluss mehr über die zugrundliegende Fallzahl gibt. Die Detailinformationen können aber im Einzelfall über das Prävalenzkapitel (siehe Kap. 4) sowie dem Anhang nachvollzogen werden.

Die nachfolgenden Auswertungen erfolgen stets stratifiziert nach dem Geschlecht des Kindes bzw. der Jugendlichen sowie nach Al-tersgruppen. Das Geschlecht der Eltern wird nicht differenziert.

Ein Zusammenhang zwischen der Erkrankungshäufigkeit der Eltern und der Wahrscheinlichkeit einer parallelen Erkrankung der Kinder lassen sich sowohl auf Ebene allgemeiner Erkrankungsgebiete (ICD-Einsteller) sowie auf Ebene jeweils konkreter Erkrankungsbil-der (ICD-Dreisteller) abbilden. Dabei zeigen sich auf Ebene der Er-krankungsgebiete zunächst erste Hinweise auf allgemein häufigere Erkrankungen bei Kindern und Eltern. So treten Tumorerkrankungen (gut- und bösartige) unter Kindern dann mehr als doppelt so häufig auf, wenn auch bei einem der Elternteile eine entsprechende Er-krankung beobachtet wurde (vgl. Tab. 50). Selbiges gilt für Augener-krankungen, wobei der Zusammenhang auf Ebene der Augener-krankungen auf einer deutlich größeren Fallzahl beruht. Bei anderen Erkrankungen zeigt sich aufgrund der zum Teil geringen Fallzahlen erst auf spezifischer Indikationsebene ein belastbarer Zusammen-

Wahrscheinlich-keit „paralleler“

Erkrankungen

Zusammenhänge auf Ebene

allgemeiner Erkrankungs-

gebiete

Page 139: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1157 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

hang. Dazu gehören z. B. bestimmte psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Suchterkrankungen (vgl. hierzu Kap. 7.3.6).

Tabelle 50: Wahrscheinlichkeit (OR) einer Erkrankung des Kindes bei entsprechender Erkrankung eines Elternteils auf Basis all-gemeiner Erkrankungsgebiete

Erkrankungsgebiete Jungen Mädchen Gesamt

Infektionskrankheiten 1,6 1,6 1,6

Neubildungen 2,3 2,2 2,3

Blut- und Immunkrankheiten 1,9 1,9 1,9

Endokrine, Ernährungs- und Stoff-wechselkrankheiten

1,5 1,6 1,6

Psychische und Verhaltensstörungen 1,4 1,5 1,5

Krankheiten des Nervensystems 1,4 1,4 1,4

Augenerkrankungen 2,1 2,2 2,1

Ohrenerkrankungen 1,5 1,5 1,5

Kreislauferkrankungen 1,5 1,6 1,5

Atemwegserkrankungen 1,9 1,9 1,9

Krankheiten des Verdauungssystems 1,3 1,4 1,3

Hauterkrankungen 1,5 1,5 1,5

Muskel-Skelett- und Bindegewebser-krankungen

1,7 1,7 1,7

Krankheiten des Urogenitalsystems 1,4 1,4 1,4

Angeborene Fehlbildungen, Deformi-täten und Chromosomenanomalien

1,6 1,7 1,6

7.4.2 Ausgewählte Infektionskrankheiten

Eine zu erwartende hohe Parallelität von Erkrankungen der Eltern und Kindern ergab sich bei ausgewählten Infektionskrankheiten. Die Auswahl der dargestellten Erkrankungsbilder erfolgte über versor-gungspolitische (Fallschwere sowie mögliche Ansätze zur Präventi-on) sowie epidemiologische (Fallzahlen) Argumente. Zunächst wer-den Influenza (ICD-10 J10, J11) und Varizellen (ICD-10 B01) disku-tiert. Im Anschluss fokussiert sich die Analyse auf die vergleichswei-se häufiger auftretende Mittelohrentzündung (ICD-10 H65 und H66) sowie den grippalen Infekt (ICD-10 J06).

Hohe Assoziation bei Krebs- und Augen-erkrankungen

Fallauswahl

Page 140: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

116 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Für die durch saisonale nachgewiesene Influenzaviren bestätigte Grippe (ICD-10 J10) wurden in nahezu allen Altersgruppen eine sehr hohe Erkrankungswahrscheinlichkeit für Kinder ebenfalls er-krankter Eltern beobachtet (vgl. Abb. 54). So war beispielsweise die Wahrscheinlichkeit eine Influenza zu beobachten für Mädchen im Alter von 2 bis 4 Jahren 45-mal höher, wenn eine entsprechende Diagnose auch für die Eltern vorlag. Für die Gruppe der unter 1-Jäh-rigen lagen zwar insgesamt 43 erkrankte Kinder vor, da aber in kei-nem dieser Fälle eine J10-Diagnose für die Eltern beobachtet wur-de, ergibt sich automatisch ein Odds Ratio von 0. Über die Alters-gruppen hinweg war ein deutlicher Trend erkennbar, der auf einen Anstieg der Odds Ratios im höheren Alter hindeutet. Des Weiteren lässt sich zumindest für die drei letzten Altersgruppen konstatieren, dass die Odds Ratios der Jungen stets über denen der Mädchen lagen.

Abbildung 54: Odds Ratio für das Vorhandensein einer gesicherten Influenza (ICD-10 J10) nach Altersgruppen und Ge-schlecht bei Vorhandensein mindestens einer Influen-za-Diagnose bei den Eltern des Kindes

Wird hingegen die Dreisteller-ICD J11, also Grippe ohne Virusnach-weis betrachtet, ergeben sich jeweils deutlich geringere Odds Rati-os (vgl. Abb. 55). Hier hatte die Diagnose der Eltern also einen deut-lich geringeren Einfluss auf das Vorhandensein der Diagnose bei den Kindern. Die Fallzahlen waren hier deutlich höher als bei der Dreisteller-ICD J10, und es war ein mit dem Alter deutlich anstei-gender Trend über die Altersgruppen erkennbar. Während die Wahr-scheinlichkeit für eine entsprechende Diagnose bei den bis 9-Jähri-gen, ohne große Unterschiede zwischen den Geschlechtern, jeweils ungefähr viermal höher war, sobald eine Diagnose bei den Eltern vorlag, stieg das Odds Ratio für die letzten beiden Altersgruppen deutlich an. Das höchste Odds Ratio wurde für Jungen im Alter von 15 bis 17 Jahren beobachtet und entsprach einer um circa den Fak-

Grippe (Influenza)

Erkältungs-krankheiten

Page 141: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1177 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

tor 9 erhöhten Wahrscheinlichkeit eine Influenza-Diagnose ohne Vi-rusnachweis zu beobachten, sobald eine derartige Diagnose bei den Eltern vorlag.

Abbildung 55: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Grippe ohne Influenza-Virusnachweis (ICD-10 J11) nach Altersgrup-pen und Geschlecht bei Vorhandensein mindestens ei-ner Grippe bei den Eltern des Kindes

Auch bei akuter Infektion an mehreren oder nicht näher bezeichne-ten Lokalisationen der oberen Atemwege (ICD-10 J06) zeigten sich im Vergleich zu den bereits diskutierten Infektionskrankheiten recht niedrige Odds Ratios von maximal 1,89 (vgl. Abb. 56). Der Einfluss einer Diagnose bei den Eltern war in allen Gruppen also so gering, dass sich die Wahrscheinlichkeit, eine Diagnose für das Kind zu be-obachten, durch die vorliegende Diagnose der Eltern nicht einmal verdoppelte. Zudem zeigte sich hier keinerlei Trend bzgl. des Alters oder des Geschlechts.

Grippale Infekte

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118 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Abbildung 56: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Atemwegsin-fektion (ICD-10 J06) nach Altersgruppen und Ge-schlecht bei Vorhandensein mindestens einer J06-Di-agnose bei den Eltern des Kindes

Für Varizellen (Windpocken, ICD-10 B01) können erneut die für eine Infektionskrankheit typischen hohen Odds Ratios beobachtet wer-den (vgl. Abb. 57). Auch hier ergab sich zunächst für die unter 1-Jäh-rigen ein Odds Ratio von 0, da im Datensatz für 2016, trotz 127 er-krankter Kinder dieses Alters, keine Familie mit mindestens einer B01-Diagnose für das Kind und mindestens einen Elternteil beob-achtet werden konnte. In den beiden höchsten Altersgruppen zeigte sich erneut eine deutliche Variabilität. Allerdings basieren die be-rechneten Odds Ratios hier auf einer relativ geringen Fallzahl. So wurden in der höchsten Altersgruppe z. B. insgesamt nur 390 B01-Diagnosen von Jugendlichen und 63 B01-Diagnosen von Eltern be-obachtet. Da aber für einen größeren Anteil der Kinder von Eltern mit B01-Diagnose ebenfalls eine Varizellen-Diagnose beobachtet wurde, ergibt sich jeweils das hohe Odds-Ratio von bis zu 84. Dabei ist auffällig, dass in den Altersgruppen der 10- bis 14-Jährigen und der 15- bis 17-Jährigen für die Mädchen jeweils deutlich höhere Odds Ratios beobachtet werden konnten als für die Jungen. Für Kin-der im Alter von 1 bis 9 Jahren lagen deutlich mehr Beobachtungen vor. Hier wird ohne große Unterschiede zwischen den Geschlech-tern nahezu konstant ein Odds Ratio von circa 14 beobachtet, ein deutlicher Hinweis auf die starke Assoziation der Diagnosen von Eltern und Kindern.

Varizellen

Page 143: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1197 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

Abbildung 57: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Varizellen-Diagnose (ICD-10 B01) nach Altersgruppen und Ge-schlecht bei Vorhandensein mindestens einer B01-Di-agnose bei den Eltern des Kindes

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei Betrachtung aller Altersgruppen die deutlichste Assoziation zwischen den Diagnosen von Eltern und Kindern für Varizellen sowie für Influenza mit Virus-nachweis beobachtet wurde. Hier war die Wahrscheinlichkeit, eine Diagnose für die Kinder zu beobachten, bis zu 50-mal höher, wenn für die Eltern eine Diagnose vorlag. Diese starke Assoziation er-scheint aufgrund des gesicherten Vorhandenseins des Erregers plausibel. Die geringsten Odds Ratios wurden für die Otitis Media und insbesondere für die eher unspezifische Diagnose J06 beob-achtet. Über die Gründe, warum bei einigen Diagnosen für die unter 1-Jährigen ein Odds Ratio von 0 beobachtet wurde, kann nur speku-liert werden. Allerdings erscheint es plausibel, dass aufgrund der engen körperlichen Interaktion die Eltern (neben älteren Geschwis-tern) die wahrscheinlichsten Überträger einer Erkrankung in Rich-tung der Kinder sind. Eine Hypothese wäre also, dass die Eltern beim Vorliegen einer eigenen Erkrankung darauf achten, dass keine Krankheitsübertragung in Richtung des Säuglings stattfindet. Auf-grund der geringen Autonomie des Kindes könnte dies bereits aus-reichen, um einen schützenden Effekt herbeizuführen.

7.4.3 Zahngesundheit (Karies)

In dem nachfolgenden Abschnitt wird analysiert, inwieweit die Diag-nosen von Eltern und Kindern im Bereich der Zahngesundheit zu-sammenhängen. Dazu wird die Dreisteller-ICD K02 verwendet. Bei den unter 1-Jährigen wurden 25 Fälle von Karies beobachtet, aller-dings entfiel keiner dieser Fälle auf Eltern, für welche eine Karies-

Hohe Assoziation bei Infektions-erkrankungen

Zahnkaries

Page 144: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

120 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Diagnose beobachtet wurde, sodass sich ein Odds Ratio von 0 er-gab (vgl. Abb. 58). Auch in der höchsten Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen ergab sich ein Odds Ratio von 0, da in dieser Alters-gruppe in keiner Familie eine Karies-Diagnose für Kinder und Eltern vorlag.

In den verbleibenden drei Altersgruppen konnte beobachtet werden, dass bei den berechneten Odds Ratios deutliche Geschlechterun-terschiede bestehen. So ist das Odds Ratio für die Mädchen in der Altersgruppe der 10- bis 13-Jährigen über dreimal größer als das Odds Ratio der Jungen in derselben Altersgruppe. In den Alters-gruppen der 1- bis 4-Jährigen und 5- bis 9-Jährigen war dieser Un-terschied ebenfalls sichtbar, wenn auch in schwächerer Ausprä-gung. Für diese drei Altersgruppen lässt sich auch zusammenfas-send festhalten, dass das Vorhandensein einer Karies-Diagnose bei mindestens einem Elternteil die Wahrscheinlichkeit, eine Karies-Di-agnose beim Kind zu beobachten, um bis zu Faktor 6 erhöht.

Abbildung 58: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Karies (ICD-10 K02) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vor-handensein mindestens einer Karies-Diagnose bei den Eltern des Kindes

Dabei überraschen die geschlechtsspezifischen Unterschiede zu-nächst, insbesondere, da berücksichtigt werden muss, dass die Ge-samtprävalenz eines Zahnkaries unter Jungen höher ist als unter Mädchen. Über die Gründe einer stärkeren Assoziation zwischen Mädchen und deren Eltern kann erneut nur spekuliert werden. So könnte zum Beispiel vermutet werden, dass Mädchen im Kindesal-ter eher dem (positiven oder negativen) Gesundheitsverhalten der Eltern folgen, Jungen sich unabhängiger davon verhalten.

Höhere innerfamiliäre

Assoziation bei Mädchen

Page 145: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1217 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

7.4.4 Ausgewählte Allergien und Intoleranzen

Für eine vasomotorische und allergische Rhinopathie (also unter anderem Heuschnupfen) zeigt sich, dass für die unter 1-Jährigen keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den Diagnosen von Eltern und Kinder vorlag, da die berechneten Odds Ratios für beide Geschlechter nahe bei 1 lagen (vgl. Abb. 59). In den nachfol-genden Altersgruppen wurde jedoch jeweils eine ca. doppelt so ho-he Erkrankungswahrscheinlichkeit für Kinder beobachtet, deren El-tern selbst unter einer entsprechenden Allergie litten. Geschlechter-unterschiede ließen sich dabei nicht feststellen.

Abbildung 59: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Heuschnup-fenallergie (ICD-10 J30) nach Altersgruppen und Ge-schlecht bei Vorhandensein mindestens einer J30-Di-agnose bei den Eltern des Kindes

Ein sehr ähnliches Bild ergab sich für die nicht näher bezeichneten Allergien (ICD T78.4). Auch hier wurden moderate Odds Ratios von circa 2 berechnet, wobei sich weder über das Alter noch zwischen den Geschlechtern ein systematischer Trend abzeichnete (vgl. Abb. 60). Im Gegensatz zu den vorangegangenen Beobachtungen ließ sich das Odds Ratio von 2 für nicht näher bezeichneten Allergi-en auch für die unter 1-Jährigen beobachten.

Heuschnupfen und Hausstaub-milbenallergie

Unspezifische Allergien

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122 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Abbildung 60: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Allergie (ICD-10 T78.4) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vor-handensein mindestens einer Diagnose bei den Eltern des Kindes

Für eine Laktoseintoleranz (ICD E73) zeigte sich für alle Altersgrup-pen nahezu konstant, dass die Wahrscheinlichkeit, als Kind eine (kli-nisch diagnostizierte) Laktoseintoleranz zu entwickeln, um den Fak-tor 4 erhöht ist, wenn auch ein Elternteil entsprechend diagnostiziert wurde (vgl. Abb. 61). Die Variabilität in der niedrigsten und höchsten Altersgruppe ist dabei wahrscheinlich auf die geringe Fallzahl in die-sen Gruppen zurückzuführen.

Abbildung 61: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Laktoseinto-leranz-Diagnose (ICD-10 E73) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhandensein mindestens einer E73-Diagnose bei den Eltern des Kindes

Laktoseintoleranz

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1237 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

Im Gegensatz zu den Infektionskrankheiten und den Resultaten zur Zahngesundheit ergaben sich für die hier ausgewählten Allergien bzw. Unverträglichkeiten eher moderate Odds Ratios. Mit Ausnahme der jüngsten Altersgruppe im Fall von Heuschnupfen deuteten aber auch diese Resultate auf eine Assoziation der Diagnosen von Eltern und Kindern hin. Für die Laktoseintoleranz ergaben sich höhere Er-krankungswahrscheinlichkeiten als für die Allergien, allerdings wur-den auch hier nicht das Niveau von Karies oder gar den Infektions-krankheiten erreicht.

7.4.5 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen

Adipositas wird über die Dreisteller-ICD E66 abgebildet. In Abbil-dung 62 wird ersichtlich, dass auf Basis der berechneten Odds Ra-tios für alle Altersgruppen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für das Antreffen einer E66-Diagnose bei Kindern von Eltern mit min-destens einer Adipositas-Diagnose vorlag. Es lagen nahezu keine Geschlechterunterschiede vor, aber über die Altersgruppen konnte ein leichter Anstieg der Odds Ratios beobachtet werden. So war ab 5 Jahren die Wahrscheinlichkeit, eine Adipositas-Diagnose zu beob-achten, für die Kinder von Eltern mit E66-Diagnose circa dreimal höher als für Kinder von Eltern ohne Adipositas-Diagnose. Diese erhöhte Wahrscheinlichkeit blieb bis in die höchste Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen hinein nahezu konstant.

Abbildung 62: Odds Ratio für das Vorhandensein einer Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66) nach Altersgruppen und Ge-schlecht bei Vorhandensein mindestens einer E66-Di-agnose bei den Eltern des Kindes

Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, als Kind an einem Typ-1-Diabe-tes zu leiden, wenn auch die Eltern entsprechend erkrankt sind, ist zunächst anzumerken, dass für die unter 1-Jährigen nur die sehr

Hohe innerfamiliäre Assoziation bei adipösen Kindern

Typ-1-Diabetes

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124 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

geringe Fallzahl von 22 Fällen über beide Geschlechter vorlag und entsprechende Analysen damit nur sehr begrenzt aussagekräftig sind (vgl. Abb. 63). Die beobachteten Fallzahlen stiegen aber in den höheren Altersgruppen deutlich an. Demnach ist die Wahrschein-lichkeit, als Kind unter einem Diabetes mellitus Typ 1 zu leiden um den Faktor 6 bis 11 erhöht, wenn auch die Eltern unter der entspre-chenden Erkrankung leiden, sodass die Stärke der Assoziation zwi-schen den Diagnosen von Eltern und Kindern deutlicher ausfiel als bei z. B. Adipositas. Zwischen den Altersgruppen variierten die be-obachteten Zusammenhänge, allerdings nicht in Form eines syste-matischen Trends. Gleiches gilt für Unterschiede zwischen den Ge-schlechtern, da hier abwechselnd die Erkrankungswahrscheinlich-keit der Jungen und Mädchen erhöht waren.

Abbildung 63: Odds Ratio für das Vorhandensein eines Typ 1 Dia-betes mellitus (ICD-10 E10) nach Altersgruppen und Geschlecht bei Vorhandensein mindestens einer E10-Diagnose bei den Eltern des Kindes

Für die Diagnosen von Diabetes mellitus Typ 2 wurden, wie basie-rend auf den Ergebnissen des Kapitels 4 zu erwarten, noch geringe Fallzahlen beobachtet als bei Typ 1. In den ersten beiden Alters-gruppen lagen nur 5 bzw. 23 Fälle vor (keine Abbildung). In den ver-bleibenden drei Altersgruppen zeigte sich ein abnehmender Trend. So sank das Odds Ratio von circa 8 bei den 5- bis 9-Jährigen auf unter 4 bei den 15- bis 17-Jährigen. In der zuletzt genannten Alters-gruppe lagen die Odds Ratios also nahezu auf dem Niveau von Adi-positas. Auch im Falle von Diabetes Typ 2 ließen sich keine Ge-schlechterunterschiede beobachten. Die Odds Ratios für Diabetes überstiegen unabhängig vom Typ die Werte für alle bisher analysier-ten Erkrankungen mit Ausnahme der Infektionskrankheiten. Auf-grund der sehr unterschiedlichen Ursachen der beiden Diabetes mellitus-Typen ist es plausibel, dass die Odds Ratios für Typ 1 deut-lich höher sind als für Typ 2.

Typ-2-Diabetes

Page 149: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1257 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

7.4.6 Psychische Erkrankungen

Das Risiko der Kinder, eine psychische Erkrankung zu entwickeln, wenn die Eltern bzw. ein Elternteil selbst psychisch erkrankt ist, ist Gegenstand umfassender Forschungsarbeiten. Diese beziehen sich auf den kognitiven sowie den emotionalen Bereich. Dabei setzt sich das Risiko der Kinder, selber eine psychische Erkrankung bzw. un-spezifische Störungen zu entwickeln, aus mehreren Faktoren zu-sammen, wobei sich genetische und psychosoziale Faktoren nicht eindeutig von einander trennen lassen.48 Der Einfluss der spezifi-schen Diagnose des kranken Elternteils sei dabei im Vergleich zu anderen Faktoren nicht überzubewerten. Zu diesen gehören u. a. mit der Krankheit verknüpfte Faktoren, wie Schwere und Chronizität sowie soziale Isolation, Armut, Arbeitslosigkeit oder auch Störungen der Beziehung in der Familie. Als wichtigster Einflussfaktor auf das psychische Erkrankungsrisiko des Kindes könne zudem grundsätz-lich die Qualität der Beziehung zum erkrankten Elternteil sowie die zu weiteren Bezugspersonen inner- oder außerhalb der Familie an-gesehen werden.49 Darüber hinaus ist für einige psychische Erkran-kungsbilder, wie z. B. bei schizophrenen wie auch bei affektiven Psy-chosen, eine genetische Komponente untersucht worden.50 Eine determinierende Wirkung genetischer Faktoren kann aber ausge-schlossen werden. So konnte nachgewiesen werden, dass das Risi-ko späterer psychischer Störungen bei Kindern mit einem psychisch kranken Elternteil, die nach der Geburt adoptiert wurden, wesentlich vom Vorhandensein ungünstiger Umweltumstände und familiärer Belastungen in der Adoptivfamilie abhängt.51 Genetische und psy-chosoziale Faktoren wirken also zusammen.52

Auf Basis der DAK-Gesundheit zeigen sich besondere Auffälligkei-ten bei Kindern von Eltern mit schizophrenen Störungen, bei denen das Risiko im Durchschnitt mehr als achtmal so groß ist, selbst eine Schizophrenie bzw. eine schizotype und wahnhafte Störungen zu entwickeln, wenn die Eltern selbst erkrankt sind (vgl. Tab. 51). Eben-falls vergleichsweise hoch ist das Risiko als Kind eine Intelligenzstö-rung aufzuweisen, wenn eine entsprechende Störung auch bei we-nigstens einem Elternteil diagnostiziert wurde. Wurde bei wenigs-tens einem Elternteil eine Depression diagnostiziert, so ist die Wahr-scheinlichkeit als Kind selbst unter Depressionen zu leiden im Vergleich zu Kindern mit Eltern ohne entsprechendes Krankheitsbild dreimal höher. Auffällig ist, dass mit Ausnahme der Schizophrenie bzw. schizotyper und wahnhafter Störungen sowie Verhaltens- und emotionaler Störungen in allen betrachteten Erkrankungsgebieten das Risiko für eine Erkrankung bei Jungen höher liegt als bei Mäd-chen.

48 Ziegenhain, Deneke (2014).49 Ebd.50 Mattejat, Remschmidt (2008).51 Tienari, Wynne (2004).52 Lenz, Kuhn (2011).

Psychische Erkrankungen

Höhere Erkrankungs-wahrscheinlich-keit bei Jungen als bei Mädchen

Page 150: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

126 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit 7

Tabelle 51: Odds Ratios für das Vorhandensein einer psychischen Erkrankung bei Vorhandensein mindestens einer psychi-schen Erkrankung der Eltern des Kindes

Diagnose ICD-10 Jungen Mädchen Gesamt

Substanzmissbrauch F1 3,0 2,4 2,7

Alkohol F10 3,7 3,4 3,5

Tabak F17 3,5 3,4 3,4

Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen

F2 7,3 9,3 8,4

Affektive Störungen F3 2,7 2,7 2,7

Depressionen F32/33 2,9 2,7 2,8

Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störun-gen

F4 1,9 1,9 1,9

Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störun-gen und Faktoren

F5 1,6 1,6 1,6

Persönlichkeits- und Ver-haltensstörungen

F6 2,8 2,5 2,6

Intelligenzstörung F7 15,5 13,8 14,5

Entwicklungsstörungen F8 2,4 2,3 2,3

Verhaltens- und emotiona-le Störungen

F9 2,2 2,3 2,3

Zu berücksichtigen ist, dass den hier beobachteten Zusammenhän-gen zum Teil geringe Fallzahlen zugrunde liegen.

7.5 Literatur (Kapitel 1–7)

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1277 Familien assoziierte Determinanten für die Gesund heit

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Page 155: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

131

8 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Insti-tuts: Studiendesign, Erhebungsinhalte und Ergebnisse zur gesundheitlichen Ungleich-heit im Kindes- und Jugendalter

Dr. Benjamin Kuntz, Elvira Mauz und PD Dr. Thomas Lampert – Robert Koch-Institut, Berlin

8.1 Hintergrund

Im Kindes- und Jugendalter werden die Weichen für die gesundheit-liche Entwicklung im späteren Leben gestellt.53 Störungen während der frühen Phasen des Körperwachstums und der Organreifung ma-chen sich nicht nur unmittelbar bemerkbar, sondern können auch zu langfristigen gesundheitlichen Einschränkungen führen.54 Gesund-heitsbezogene Einstellungen und Verhaltensmuster, die sich im Kin-des- und Jugendalter ausbilden, haben häufig bis ins Erwachsenen-alter hinein Bestand.55 Neben früh erworbenen Risikofaktoren erwei-sen sich oftmals auch Schutzfaktoren und Ressourcen der Gesund-heit als überaus stabil. Vor diesem Hintergrund stellen Kinder und Jugendliche eine wichtige Zielgruppe für Maßnahmen der Präventi-on und Gesundheitsförderung dar.

In den letzten Jahrzehnten haben sich die allgemeinen Lebensbe-dingungen und die Qualität der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland erheblich verbessert. Dies lässt sich unter anderem an einer historisch niedrigen Säug-lings- und Kindersterblichkeit, einer deutlich gesunkenen Verbrei-tung ehemals häufiger „Kinderkrankheiten“ und einer verbesserten Mund- und Zahngesundheit festmachen.56 Aufgrund der niedrigen Geburtenrate und der gestiegenen Lebenserwartung hat sich je-doch der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Gesamtbevöl-kerung stark verringert.57 Zudem ist ein deutlicher Wandel im Krank-heitsspektrum festzustellen, eine Verlagerung von den akuten zu den chronischen Krankheiten, von den typischen Infektionskrank-heiten des Kindesalters hin zu psychischen Problemen und Entwick-

53 Lampert (2010).54 Dragano, Siegrist (2009).55 Lampert et al. (2017).56 Robert Koch-Institut (Hrsg) (2015), Jordan, Micheelis (2016). 57 Im Jahr 2015 lebten rund 13,3 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von 0

bis 17 Jahren in Deutschland. Dies entspricht einem Anteil von 16,2 % an der Gesamtbevölkerung von etwas mehr als 82 Millionen. Zum Vergleich: Im Jahr 1970 lebten noch rund 21,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland, was bei einer damaligen Gesamtbevölkerung von rund 78 Millionen einem Anteil von 27,3 % entspricht. Seit 1972 wurden in Deutschland in jedem Jahr weniger Kinder geboren als Menschen gestorben sind.

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132 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts 8

lungsstörungen. Diese Entwicklung wird in der wissenschaftlichen Diskussion häufig als „neue Morbidität“ bezeichnet.58

Hinzu kommt, dass Kinder und Jugendliche auch in einem reichen Land wie Deutschland unter sehr unterschiedlichen Voraussetzun-gen aufwachsen. Einen Ausdruck erfährt dies darin, dass rund ein Fünftel der Bevölkerung im Alter bis 18 Jahre einem Armutsrisiko ausgesetzt ist, d. h. in Haushalten lebt, die über weniger als 60 % des mittleren gesellschaftlichen Einkommens verfügen.59 Zahlreiche Studien zeigen, dass zwischen der sozialen und der gesundheitli-chen Lage von Kindern und Jugendlichen ein enger Zusammen-hang besteht.60 Ergebnisse aus den Schuleingangsuntersuchungen der Bundesländer belegen beispielsweise, dass frühe Gesundheits-störungen und Entwicklungsverzögerungen vermehrt bei sozial be-nachteiligten Kindern auftreten.61 Jene weisen demnach weitaus häufiger körperliche, psychische, kognitive, sprachliche und motori-sche Entwicklungsdefizite auf als Kinder aus sozial bessergestellten Familien.

Um allen Kindern die bestmöglichen Chancen für ein gesundes Auf-wachsen zu bieten, um Problemlagen und neue Herausforderungen rechtzeitig zu erkennen und um zielgruppenspezifische Maßnah-men zu entwickeln und zu evaluieren, braucht es belastbare Daten zur Kinder- und Jugendgesundheit. Diese sind für Forschung, Praxis und Gesundheitspolitik gleichermaßen von Bedeutung. Zu Beginn der 1990er Jahre wurde die Datenlage noch als „ausgesprochen schlecht“ eingestuft.62 Empirische Untersuchungen zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen lagen nur vereinzelt vor. Gesund-heitsbezogene Studien waren in der Regel regional begrenzt oder bezogen sich nur auf eine bestimmte Altersgruppe (z. B. die 5- bis 6-Jährigen bei den Schuleingangsuntersuchungen) oder auf ein spezifisches Thema (z. B. Substanzkonsum bei den Repräsentativ-erhebungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Eine lebensphasenübergreifende, bundesweite Gesundheitsstudie, in der auch gesundheitsrelevante Lebensbedingungen erfasst wer-den, gab es nicht. Um die Datenlage zu verbessern, hat das Robert Koch-Institut (RKI) unter Beteiligung der Akteure auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendgesundheit die Studie zur Gesundheit von Kin-dern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) konzipiert und in den Jahren 2003 – 2006 erstmalig durchgeführt.63

Im Folgenden werden zunächst das Studiendesign und die wichtigs-ten Erhebungsinhalte der KiGGS-Studie skizziert. Im Anschluss

58 Schlack (2004).59 Der Paritätische Gesamtverband (Hrsg) (2017), Tophoven et al. (2017).60 Lampert, Richter (2009), Lampert (2011), Lampert et. al. (2010), Lampert et al.

(2015). 61 Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg (2018),

Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (2015), Senatsverwaltung für Ge-sundheit und Soziales Berlin (2016).

62 Kolip et al. (1995).63 Kurth et al. (2016).

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1338 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

werden ausgewählte Ergebnisse der Studie zum Zusammenhang zwischen der sozialen und der gesundheitlichen Lage aus der ers-ten, in den Jahren 2009 bis 2012 durchgeführten Wiederholungsbe-fragung (KiGGS Welle 1) präsentiert. Der Beitrag schließt mit einem Fazit und einem Ausblick auf Auswertungsmöglichkeiten, die mit den seit Frühjahr 2018 vorliegenden Daten der neuen KiGGS Wel-le 2 und der KiGGS-Kohorte verbunden sind.

8.2 Design der KiGGS-Studie

Die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) stellt die zentrale Informationsquelle für Aus-sagen zur Gesundheit der heranwachsenden Generation dar.64 KiGGS ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings am RKI und be-inhaltet wiederholt durchgeführte, für Deutschland repräsentative Querschnitterhebungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren (KiGGS-Querschnitt) und die Weiterbeobachtung der Teilnehmenden der ersten Studie bis ins Erwachsenenalter (KiGGS-Kohorte). Neben der KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006) wurden mit KiGGS Welle 1 (2009 – 2012) und KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) bislang zwei weitere Erhebungen durchgeführt (Tab. 52).65

Tabelle 52: Die Erhebungswellen der Studie zur Gesundheit von Kin-dern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) (nach Kurth et al. 2016, aktualisiert)

Studien-zeitraum

Methodik Querschnittkomponente Längsschnittkomponente

Teilneh-mende

Alters-bereich

Teilnah-mequote

Teilneh-mende

Alters-bereich

Teilnah-mequote

KiGGS-Basis2003 – 2006

Be fra-gungen

und Unter-suchungen

17.641 0 – 17 Jahre

ca. 67 % Baseline analog Querschnitt (n=17.641)

KiGGS Welle 12009 – 2012

Be fra-gungen

12.368 0 – 17 Jahre

ca. 56 % 11.992 6 – 24 Jahre

ca. 69 %

KiGGS Welle 22014 – 2017

Be fra-gungen

und Unter-suchungen

15.023 0 – 17 Jahre

ca. 40 % 10.853 10 – 31 Jahre

ca. 62 %

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der KiGGS-Basiserhebung ka-men aus 167 zufällig ausgesuchten Städten und Gemeinden („Sam-ple Points“) in Deutschland und wurden wiederum zufällig aus den

64 Kurth et al. (2016), Hölling et al. (2012).65 Mauz et al. (2017).

Page 158: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

134 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts 8

Registern der dortigen Einwohnermeldeämter gezogen. In der KiGGS-Basiserhebung wurden alle Teilnehmenden in Untersu-chungszentren vor Ort durch eigens dafür geschulte, ärztlich gelei-tete mobile Teams untersucht und befragt. Alle inzwischen 6 bis 24 Jahre alten ehemaligen Teilnehmenden der Basiserhebung wur-den zur Teilnahme an der ersten telefonischen Folgebefragung in KiGGS Welle 1 eingeladen, sofern sie der erneuten Kontaktierung zugestimmt hatten. Die Wiederteilnehmenden im Alter von 7 bis 17 Jahren wurden zudem in die Querschnittstichprobe einbezogen und mit einer neuen zufällig aus den Melderegistern der ursprüngli-chen Studienorte für den Altersbereich 0 bis 6 Jahre gezogenen Stichprobe kombiniert (Abb. 64). Es wurden spezielle Gewichtungs-faktoren erstellt, um mit dieser kombinierten Querschnittstichprobe erneut bundesweit repräsentative Aussagen treffen zu können.66 Die erneut als Untersuchungs- und Befragungssurvey durchgeführte KiGGS Welle 2 setzt sich zusammen aus einer neuen bundesweit repräsentativen Querschnittstudie für 0- bis 17-jährige Kinder und Jugendliche und dem zweiten Follow-up der KiGGS-Kohorte, deren Mitglieder bei der Teilnahme an KiGGS Welle 2 zwischen 10 und 31 Jahre alt waren. Im Rahmen der Querschnittstudie wurde in den Sample Points der Basiserhebung eine nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Teilstichprobe im Alter von 3 bis 17 Jahren zur Unter-suchung und Befragung eingeladen, eine weitere Teilstichprobe von 0 bis 17 Jahren ausschließlich zur Befragung.

0 −17 Jahre

Alte

r

Jahr

2014 − 2017KiGGS Welle 2Untersuchungs- und

Befragungssurvey

Repräsentative Querschnitterhebung

Repräsentative Querschnitterhebung

U + B

U + B = Untersuchung + Befragung B = ausschließliche Befragung

10 − 31 Jahre

U + B B

0 −17 Jahre2. Follow-Up

der KiGGS-Kohorte

U + B B

Schematische Darstellung;entspricht nicht den realen

Stichprobengrößen

2003 − 2006KiGGS-Basiserhebung

Untersuchungs- und Befragungssurvey

2009 − 2012KiGGS Welle 1 Befragungssurvey

(Telefon)

Neu gezogene Stichprobe

0 − 6 Jahre

6 − 24 Jahre

1. Follow-Up der KiGGS-Kohorte

B

Abbildung 64: Studiendesign der KiGGS-Studie (nach Mauz et al. 2017, aktualisiert)

Zur Weiterverfolgung der KiGGS-Kohorte wurden alle Teilnehmen-den der Basiserhebung – unabhängig von ihrer Teilnahme an KiGGS Welle 1 – erneut zur Untersuchung und Befragung eingeladen

66 Lange et al. (2014).

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1358 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

(Abb. 64). Voraussetzung dafür war, dass sie grundsätzlich wieder-befragungsbereit und auffindbar waren und noch im ursprünglichen Sample Point wohnten. Waren sie aus dem ursprünglichen Sample Point verzogen, wurden sie ausschließlich zur Befragung eingela-den.67 Details zur Methodik der KiGGS-Studie und der einzelnen Studienwellen sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben.68

8.3 Die Erhebungsinhalte der KiGGS-Studie

In KiGGS werden umfangreiche Daten zum Gesundheitszustand, zum Gesundheitsverhalten, zu psychosozialen Schutz- und Risiko-faktoren, zur Gesundheitsversorgung und zu den Lebensbedingun-gen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland erhoben (Abb. 65).69 Das Studienkonzept von KiGGS umfasst Gesundheits- und Ernährungsfragebögen für die Eltern der 0- bis 17-Jährigen und für die Teilnehmenden selbst ab dem Alter von 11 Jahren. Zum Un-tersuchungsprogramm der KiGGS-Basiserhebung und KiGGS Wel-le 2 zählten darüber hinaus ärztliche Interviews, anthropometrische Messungen, verschiedene Testverfahren sowie die Bestimmung zentraler Laborparameter aus Blut- und Urinproben.

Zum Erhebungskonzept im Bereich der körperlichen Gesundheit gehören zahlreiche Untersuchungen, Laborparameter sowie Befra-gungsinhalte. Es richtet sich an dem Ziel aus, die Entwicklung von einzelnen Erkrankungen mit hoher Public-Health-Relevanz, von chronischem Kranksein allgemein und von körperlichen Risikofakto-ren bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Trend und im Lebensverlauf zu beobachten (Abb. 65). Die Erfassung der psychi-schen Gesundheit in Kindheit und Jugend und deren Entwicklungs-verlauf bis ins Erwachsenenalter erfolgt vor allem über standardi-sierte Befragungsinstrumente und umfasst z. B. subjektive Einschät-zungen von Gesundheit und Lebensqualität, psychische Auffällig-keiten und präklinische Symptome psychischer Störungen (Abb. 65). Zudem werden selbst- oder elternberichtete ärztliche beziehungs-weise psychologische Diagnosen und damit assoziierte Risiko- und Schutzfaktoren sowie Aspekte der medizinischen Versorgung erho-ben. Das Gesundheitsverhalten wird vor allem über detaillierte Fra-gebögen erhoben, wobei es hierbei insbesondere um die Ernäh-rung, das Bewegungsverhalten und den Substanzkonsum von Kin-dern und Jugendlichen geht (Abb. 65). Ergänzend kommen Untersu-chungskomponenten wie die Fahrradergometrie oder Motoriktests zum Einsatz. Im Bereich „Gesundheitsversorgung/Prävention“ wer-den diverse Aspekte der Gesundheitsversorgung wie die Inan-spruchnahme ambulant ärztlicher und therapeutischer Leistungen sowie die Nutzung stationärer Einrichtungen des Gesundheitssys-

67 Mauz et al. (2017). 68 Kurth et al. (2016), Hölling et al. (2012), Mauz et al. (2017), Lange et al. (2014),

Kurth et al. (2008), Hoffmann et al. (2018), Lange et al. (2018).69 Kurth et al. (2016), Mauz et al. (2017).

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136 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts 8

tems innerhalb der letzten zwölf Monate erfasst. Auch die Inan-spruchnahme der Kinder- und Jugendfrüherkennungsuntersuchun-gen sowie der zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen wird erhoben. Um Zusammenhänge zwischen verschiedenen Einflussfaktoren und der gesundheitlichen Situation von Kindern und Jugendlichen untersuchen zu können, werden darüber hinaus zahlreiche soziale, familiäre und umweltbezogene Determinanten erfasst. Für möglichst differenzierte Informationen zum familiären Hintergrund werden An-gaben zur aktuellen Familienform, zur Haushaltszusammensetzung, zur Anzahl und Reihenfolge leiblicher Geschwister und eine Ein-schätzung des Familienklimas sowohl seitens der Eltern als auch der Teilnehmenden ab 11 Jahren erhoben. Darüber hinaus werden standardisierte Fragen zu Einkommen, Bildung und Beruf der Eltern gestellt, auf deren Grundlage der sozioökonomische Status ermittelt wird. Um den Migrationshintergrund bestimmen zu können, werden Angaben zum Geburtsland des Kindes sowie dem Geburtsland und der Staatsangehörigkeit der Eltern erfasst.

Zusätzlich zum Kernsurvey werden ergänzende Modulstudien zu den Themen Ernährung, Motorik, psychische Gesundheit sowie zu Umwelteinflüssen durchgeführt. Jede dieser Modulstudien stellt ei-ne thematische Vertiefungsstudie mit Befragungs- und/oder Unter-suchungsteil dar, deren Daten mit den Daten des KiGGS-Quer-schnitts beziehungsweise der KiGGS-Kohorte verbunden werden können.70

Die wiederholt repräsentativ erhobenen Querschnittdaten erlauben die Schätzung jeweils aktueller Häufigkeitsangaben (Prävalenzen) für Indikatoren der gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugend-lichen im Alter von 0 bis 17 Jahren in Deutschland und die Identifi-zierung von Entwicklungstrends über die Zeit.71 Zudem können Zu-sammenhänge zwischen verschiedenen Merkmalen, wie beispiels-weise Risiken und Krankheiten, untersucht werden. Darüber hinaus können mit den individuell verknüpfbaren Daten der KiGGS-Kohorte gesundheitliche Entwicklungen im Lebensverlauf dargestellt und de-ren Einflussfaktoren analysiert werden. Von besonderem Interesse sind die Lebensphasenübergänge vom Kindes- ins Jugendalter und vom Jugend- ins junge Erwachsenenalter sowie mögliche Ursachen und Bedingungen gesundheitlicher Veränderung.

70 Mauz et al. (2017).71 Mauz et al. (2017).

Page 161: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1378 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

Abbildung 65: Erhebungsinhalte der KiGGS-Studie (Kurth et al. 2016)

8.4 Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen sozialer und gesundheitlicher Lage von Kindern und Jugendlichen

Ein niedriger bzw. hoher sozioökonomischer Status (SES) ist mit eher nachteiligen bzw. günstigeren Lebensbedingungen und sozia-len Teilhabechancen verbunden.72 In der KiGGS-Studie wird der so-zioökonomische Status der Herkunftsfamilie anhand eines mehrdi-mensionalen SES-Index bestimmt, in den Fragebogenangaben der Eltern zu ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung, ihrer berufli-chen Stellung und zu ihrem Haushaltsnettoeinkommen (bedarfsge-

72 Hradil (2001), Lampert, Kroll (2009).

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138 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts 8

wichtet) eingehen.73 Für Analysen wird häufig eine Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Statusgruppe vorgenommen, wobei die niedrige und hohe Statusgruppe jeweils rund 20 % und die mittlere Statusgruppe 60 % der Studienpopulation umfasst.

Bereits rund um die Geburt treten deutlich ausgeprägte soziale Un-terschiede in der Verbreitung gesundheitsbezogener Risiko- und Schutzfaktoren zutage.74 Wie die Ergebnisse aus KiGGS Welle 1 zeigen, besteht hinsichtlich des mütterlichen Rauchens in der Schwangerschaft ein auffälliger sozialer Gradient: Je höher der so-zioökonomische Status, desto geringer ist der Anteil der Kinder, de-ren Mutter während der Schwangerschaft geraucht hat. Ein ebenso gerichteter Zusammenhang zeigt sich mit Blick auf das Stillverhal-ten. Mit zunehmendem sozioökonomischen Status sinkt der Anteil der Kinder, die nie gestillt wurden (Abb. 66).

Abbildung 66: Mütterliches Rauchen in der Schwangerschaft und Stillverhalten bei 0- bis 6-jährigen Kindern nach sozio-ökonomischem Status (Lampert et al. 2015).

Um Aussagen über den allgemeinen Gesundheitszustand von Kin-dern und Jugendlichen treffen zu können, wurden in KiGGS Welle 1 die Eltern um ihre subjektive Einschätzung gebeten. Geht man von den Elternangaben aus, dann haben insgesamt 51,7 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren einen sehr guten und weitere 42,0 % einen guten allgemeinen Gesundheitszustand. Nur bei 6,3 % der Heranwachsenden wird die Gesundheit von den El-tern als mittelmäßig, schlecht oder sehr schlecht beschrieben.77 El-tern mit niedrigem sozioökonomischen Status schätzen den allge-meinen Gesundheitszustand ihrer Kinder allerdings am häufigsten als nur mittelmäßig bis sehr schlecht ein (Abb. 67). Dies zeigt sich sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen. Da sich auch in der Ein-

73 Lampert et al. (2014).74 Lampert et al. (2015).

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1398 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

schätzung der Eltern aus der mittleren und hohen Statusgruppe deutliche Unterschiede abzeichnen, kann auch mit Blick auf den all-gemeinen Gesundheitszustand von einem sozialen Gradienten ge-sprochen werden: Je niedriger der sozioökonomische Status der Familie, desto häufiger wird der allgemeine Gesundheitszustand der Kinder als nur mittelmäßig, schlecht oder sehr schlecht beurteilt (Abb. 67).

Abbildung 67: Allgemeiner Gesundheitszustand („mittelmäßig“ bis „sehr schlecht“) bei 3- bis 17-jährigen Kindern und Ju-gendlichen nach sozioökonomischem Status (Lampert et al. 2015)

Während bei den meisten körperlichen Erkrankungen nur geringe Unterschiede nach dem sozioökonomischen Status festzustellen sind, treten psychische und Verhaltensauffälligkeiten vermehrt bei Kindern und Jugendlichen mit niedrigem sozioökonomischen Status auf.75 In KiGGS Welle 1 wurde zur Erfassung psychischer Auffällig-keiten der „Strengths and Difficulties Questionnaire“ (SDQ) einge-setzt, ein Screeninginstrument, das unter anderem Hinweise auf emotionale Probleme, Verhaltensprobleme, Aufmerksamkeitsstö-rung/Hyperaktivität und Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen lie-fert.76 Aus den Informationen zu den vier Problembereichen kann ein Gesamtproblemwert errechnet werden. Kinder und Jugendliche, die sich im Gesamtproblemwert anhand der festgelegten Grenzwerte einer deutschen Normstichprobe77 als grenzwertig auffällig oder auf-fällig klassifizieren lassen, werden zu einer Risikogruppe zusam-mengefasst.78 Kinder und Jugendliche aus der niedrigen Status-gruppe sind zu einem Drittel der Risikogruppe zuzurechnen, wäh-rend dies auf ein Fünftel der Heranwachsenden aus der mittleren und ein Zehntel derer aus der hohen Statusgruppe zutrifft (33,5 %,

75 Lampert et al. (2015).76 Goodman (1997).77 Woerner et al. (2002).78 Hölling et al. (2014).

Page 164: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

140 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts 8

19,0 %, 9,8 %). Dieser soziale Gradient tritt bei Mädchen und Jun-gen gleichermaßen zutage, wobei insgesamt festzustellen ist, dass Jungen häufiger Hinweise auf psychische Auffälligkeiten zeigen als Mädchen (Abb. 68)

Abbildung 68: Psychische Auffälligkeiten (SDQ-Gesamtwert) bei 3- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen nach sozio-ökonomischem Status (Hölling et al. 2014)

Mit Blick auf das Gesundheitsverhalten ist unter anderem zu beob-achten, dass sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche seltener Sport treiben (Abb. 69), sich ungesünder ernähren und zu einem größeren Anteil übergewichtig sind.79 Außerdem rauchen sie häufi-ger und sind in stärkerem Maße Passivrauchbelastungen ausge-setzt.80

79 Lampert et al. (2015).80 Kuntz, Lampert (2016).

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1418 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

Abbildung 69: Sportliche Aktivität bei 3- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen nach sozioökonomischem Status (Lampert et al. 2015)

Hinzu kommt, dass Angebote wie die Früherkennungsuntersuchun-gen von sozial benachteiligten Eltern mit ihren Kindern seltener in Anspruch genommen werden als von sozial besser gestellten Fami-lien. Ziel des zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkas-sen zählenden Früherkennungsprogramms ist es, Entwicklungsstö-rungen und Krankheiten frühzeitig zu identifizieren und im Bedarfs-fall geeignete Maßnahmen zu deren Behandlung einzuleiten.81 Laut KiGGS Welle 1 haben rund vier von fünf in Deutschland geborene Kinder im Alter von 7 bis 13 Jahren an allen Krankheitsfrüherken-nungsuntersuchungen vollständig teilgenommen. Wie aus Abbil-dung 70 hervorgeht, spielt der sozioökonomische Status der Her-kunftsfamilie mit Fortschreiten der betrachteten vollständigen Unter-suchungsreihe U3 bis U9 eine immer größere Rolle. Insgesamt zeigt sich, dass Familien mit hohem sozioökonomischen Status mit 87,3 % gegenüber 74,1 % häufiger das gesamte Früherkennungs-programm vollständig in Anspruch genommen haben als Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status.82

81 G-BA (2011).

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142 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts 8

Abbildung 70: Vollständige Inanspruchnahme der Früherkennungs-untersuchungen U3 bis U9 (ohne U7a) bei 7- bis 13-jährigen Kindern nach sozioökonomischem Status (Lampert et al. 2015)

8.5 Fazit und Ausblick

Das RKI zählt zu seinen vornehmlichen Aufgaben das Monitoring der Gesundheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung. Die KiGGS-Studie ist die zentrale Datengrundlage für das Gesundheits-monitoring der heranwachsenden Generation.82 KiGGS liefert bun-desweit repräsentative Informationen zur gesundheitlichen Situation von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren, schließt bestehende Datenlücken und schafft somit eine belastbare Basis für die epidemiologische Forschung und gesundheitspolitische Ent-scheidungen.

Mit Abschluss der Querschnittstudie von KiGGS Welle 2 ist es zu-künftig möglich, auf der Basis von repräsentativen Daten zu drei Messzeitpunkten, Aussagen zur gesundheitlichen Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu treffen.83 Es können Trends über einen Zeitraum von etwas mehr als zehn Jahren berichtet wer-den. Die individuell verknüpfbaren Erhebungen der KiGGS-Kohorte bieten zusätzlich die Möglichkeit für vertiefende Analysen von Ent-wicklungsverläufen der körperlichen und psychischen Gesundheit und deren Schutz- und Risikofaktoren von der Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter. Längsschnittanalysen können unter anderem Auskunft darüber geben, wie sich die Gesundheit und das Gesund-heitsverhalten der Studienteilnehmenden im Verlauf von zehn Jah-

82 Kurth et al. (2016), RKI, BZgA (Hrsg) (2008).83 Mauz et al. (2017). Die Datenerhebung von KiGGS Welle 2 wurde 2017 abge-

schlossen. Nach der Aufbereitung der Daten wurden die ersten Ergebnisse im Frühjahr 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt und publiziert (www.kiggs-studie.de).

Page 167: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1438 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

ren, also z. B. zwischen dem 5. und 15. oder dem 15. und 25. Le-bensjahr, entwickelt hat und welchen Einfluss der sozioökonomische Status der Herkunftsfamilie dabei hatte. Mit KiGGS Welle 2 erwei-tern sich somit die Datenressourcen zur Einschätzung der gesund-heitlichen Situation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland für die Forschung, Gesundheitsberichterstattung und Politikplanung.

Bereits die vorliegenden KiGGS-Ergebnisse haben eindrücklich ge-zeigt, dass zwar die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gesund aufwächst, die Chancen für ein gesundes Auf-wachsen jedoch sozial ungleich verteilt sind.84 In weiten Teilen ihrer gesundheitlichen Entwicklung weisen Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien schlechtere Ergebnisse auf als Gleichaltrige aus sozial besser gestellten Familien. Neben dem all-gemeinen Gesundheitszustand lässt sich dies für psychische Auffäl-ligkeiten, das Gesundheitsverhalten sowie für protektive und Risiko-faktoren des frühen Kindesalters, darunter Stillen und mütterliches Rauchen während der Schwangerschaft, feststellen.85 Hinzu kommt, dass Angebote wie die Früherkennungsuntersuchungen von sozial benachteiligten Eltern mit ihren Kindern seltener in Anspruch ge-nommen werden als von sozial besser gestellten Familien. Werden früh auftretende Entwicklungsrisiken jedoch nicht erkannt bzw. nicht angemessen behandelt, kann dies die weitere gesundheitliche und soziale Entwicklung gefährden. Daher ist es wichtig, dass Maßnah-men der Gesundheitsförderung und Prävention bereits früh im Le-benslauf ansetzen und auch sozial benachteiligte Kinder und Ju-gendliche erreichen. Denn nur wenn auch sozial benachteiligte Be-völkerungsgruppen von diesen Maßnahmen profitieren, können so-zial bedingte Ungleichheiten von Gesundheitschancen verringert werden.86 Neben der Gesundheitspolitik können dabei auch von anderen Politikbereichen wie der Sozial-, Familien- und Bildungs-politik wichtige Impulse ausgehen, um die Lebensumstände und -perspektiven sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher zu ver-bessern.

8.6 Literatur

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84 Lampert (2011), Lampert et al. (2015). 85 Lampert et al. (2015).86 Lampert et al. (2017).

Page 168: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

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1458 Die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts

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Page 170: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

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Robert Koch-Institut (Hrsg) (2015): Gesundheit in Deutschland. Ge-sundheitsberichterstattung des Bundes. Gemeinsam getra-gen von RKI und Destatis. RKI, Berlin.

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Page 171: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

147

9 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

Prof. Dr. Reiner Hanewinkel, PD Dr. Matthis Morgenstern, Dr. Julia Hansen – Gemeinnütziges Institut für Therapie- und Gesundheits-forschung (IFT-Nord)

9.1 Einführung

Ein aktueller Blick auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist unvollständig, wenn allein die Verschreibungs- und Diagnoseda-ten in dieser Altersgruppe betrachtet werden. So gibt es einerseits gesundheitsrelevante Verhaltensweisen, die im Kindes- und Ju-gendalter noch keinen Krankheitswert haben (z. B. ungesunde Er-nährung, geringe körperliche Aktivität), jedoch deutlich das Risiko für Erkrankungen im Erwachsenenalter erhöhen. Zum anderen wer-den viele gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen (z. B. Tabak-konsum, exzessiver Medienkonsum) im Kindes- und Jugendalter weder diagnostiziert noch behandelt und erscheinen daher auch nicht in den Abrechnungsdaten.

Zur Schließung dieser Lücke und zur Vervollständigung des Bildes wird seit dem Schuljahr 2016/2017 unter Förderung der DAK-Ge-sundheit der „Präventionsradar“ an ausgewählten deutschen Schu-len durchgeführt. Dabei handelt es sich um jährliche direkte Befra-gungen der Zielgruppe, die mittels Selbstbericht über ihr Gesund-heitsverhalten Auskunft geben. Die Kombination aus Quer- und Längsschnittbefragung ermöglicht einen aktuellen Überblick über den Lebensstil von Schülerinnen und Schülern in Deutschland und erlaubt es, individuelle Entwicklungen über die Zeit abzubilden. Spe-zifische Problembereiche können so identifiziert und darauf zuge-schnittene Präventionsmaßnahmen entwickelt werden.

Eine gemeinsame längsschnittliche Betrachtung von Primär- und Sekundärdaten bietet langfristig die Möglichkeit, Trends in den Ver-schreibungs- und Diagnosedaten mit Trends im tatsächlichen Ge-sundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Verbindung zu bringen. Darüber hinaus bietet der Präventionsradar die Möglichkeit, Risikofaktoren zu identifizieren, die mit spezifischen Problemberei-chen systematisch in Zusammenhang stehen.

9.2 Methodik

9.2.1 Studiendesign

Der Präventionsradar ist als eine Kombination aus Quer- und Längs-schnittstudie konzipiert. Ab dem Schuljahr 2016/2017 soll in jährli-chem Abstand eine Befragung zum Gesundheitsverhalten in der Sekundarstufe I (Klassenstufe 5 bis 10) durchgeführt werden. In den Folgejahren werden dann die Klassen aus der ersten Erhebung im

Gesundheits-verhalten und Lebensstil

Kombination aus Quer- und Längsschnitt-studie

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148 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

Längsschnitt und zusätzlich die neuen fünften Klassen des aktuel-len Schuljahres erfasst. Das Studiendesign ist schematisch in Abbil-dung 71 dargestellt. Auf diese Weise kann auch die Gesamtzahl der Befragten pro Schuljahr über die Zeit konstant gehalten werden, da diejenigen, die die Schule nach Abschluss verlassen, durch neue Schülerinnen und Schüler ersetzt werden.

Abbildung 71: Veranschaulichung des Designs, Kombination aus Quer- und Längsschnittstudie

9.2.2 Studiengenehmigung

Die Erhebungen wurden in den sechs Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg durchgeführt. Eine Ge-nehmigung zur Durchführung erfolgte durch das Ministerium für Bil-dung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern, das Mi-nisterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein, die Sächsische Bildungsagentur, die Aufsichts- und Dienstleistungs-direktion Rheinland-Pfalz und das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. Die Ethikkommission der Deut-schen Gesellschaft für Psychologie (DGPS) prüfte das Studienvor-haben und bewertete die Durchführung als ethisch unbedenklich.

9.2.3 Stichprobe

Aus den Schulverzeichnissen der sechs beteiligten Länder wurden insgesamt 627 Schulen gezogen und im Herbst 2016 schriftlich zur Teilnahme am Projekt und einer Befragung der Sekundarstufe I ein-

44 Schulen, 6.902 Schüler/

innen

Page 173: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1499 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

geladen. Voraussetzung für die Teilnahme war die Beteiligung von mindestens einer Klasse pro Klassenstufe. Insgesamt wurden 44 Schulen mit 408 Klassen und 9.732 gemeldeten Schüler/innen in die Studie eingeschlossen. Schlussendlich befragt werden konnten 6.902 Schüler/innen, was einer Ausschöpfungsquote von 71 % ent-spricht. Abbildung 72 zeigt die Stichprobengrößen je Bundesland und die Verteilung der Schüler/innen getrennt nach Schularten. In der Gesamtstichprobe lag der Anteil an Gymnasiasten bei 51,3 %.

Abbildung 72: Stichprobenübersicht, getrennt nach Bundesland

Die Klassenstufen waren in der Stichprobe annähernd gleich verteilt mit einer etwas niedrigeren Beteiligung der 10. Jahrgangsstufe (sie-he Tab. 53). Das mittlere Alter lag bei 13,0 Jahren bei ausgegliche-nem Geschlechterverhältnis (51 % männliche Befragte).

Page 174: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

150 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

Tabelle 53: Alters- und Geschlechtsverteilung in den einzelnen Klassen stufen

Klassenstufe N Mittelwert Alter (Spannweite)

Geschlechterverteilung Jungen / Mädchen

5 1.168 10,6 (10 – 13) 53 % / 47 %

6 1.176 11,6 (10 – 15) 52 % / 48 %

7 1.219 12,6 (11 – 16) 50 % / 50 %

8 1.206 13,6 (12 – 16) 52 % / 48 %

9 1.155 14,7 (13 – 18) 51 % / 49 %

10 978 15,7 (14 – 18) 51 % / 49 %

Gesamt 6.902 13,0 (10 – 18) 51 % / 49 %

9.2.4 Datenerhebung und Datenschutz

Die Datenerhebung erfolgte per anonymen Fragebogen durch ge-schulte studentische Hilfskräfte des IFT-Nord sowie durch regionale Suchtpräventionskräfte, die zuvor ebenfalls eine Schulung erhalten hatten. Die Befragungen fanden im Klassenverband statt und dauer-ten durchschnittlich 45 Minuten. Es wurden ausschließlich Schüler/innen befragt, die eine Genehmigung der Eltern zur Beteiligung an der Studie vorliegen hatten. Das Austeilen und Einsammeln der vom IFT-Nord bereit gestellten Elternschreiben war vorab durch die Klas-senlehrkräfte organisiert worden. Lehrkräfte waren während der Be-fragung anwesend, wurden jedoch angehalten, an ihrem Pult sitzen zu bleiben, um ein möglichst freies Antwortverhalten der Schüler/innen zu gewährleisten. Nach dem Ausfüllen wurden die Fragebö-gen von den Datenerheber/innen vor den Augen der Schüler/innen in einen Umschlag verpackt und es wurde versichert, dass die indi-viduellen Angaben weder von den Eltern noch von einem Angehöri-gen der Schule eingesehen werden können. Um die Daten der Ein-gangsbefragung mit Folgebefragungen in Verbindung bringen zu können, gaben sich die Schüler/innen einen siebenstelligen anony-men Code, den sie anhand eines vorgegebenen Schemas selbst zu generieren hatten.

9.2.5 Befragungsinhalte

Für die unterschiedlichen Altersstufen kamen unterschiedliche Fra-gebögen zum Einsatz, die einerseits das geringere Lesetempo der unteren Klassenstufen berücksichtigte als auch bestimmte Fragebo-geninhalte nur für die älteren Schüler/innen vorsah (z. B. Rausch-trinken, Cannabiskonsum). In der ersten Welle des Schuljahres

Anonyme Erhebung

3 Themen-komplexe

Page 175: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1519 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

2016/2017 wurden Fragen zu insgesamt drei Gesundheitsbereichen gestellt:

1. Ernährung und Bewegung

2. Physisches und psychisches Wohlbefinden

3. Konsum psychotroper Substanzen

Eine Übersicht über die bereichsspezifischen Befragungsinhalte gibt Tabelle 54.

Tabelle 54: Befragungsinhalte der Welle 2016/2017

Themenfeld Inhalte

Soziodemographie und Persönlichkeit

• Alter, Geschlecht

• Sozio-ökonomischer Status

• Migrationshintergrund

• Sensation Seeking

• Consumer susceptibility

• Medienkompetenz

Ernährung und Be-wegung

• Größe, Gewicht (Body-Mass-Index)

• Körperbild

• Frühstück zu Hause

• Mahlzeiten mit der Familie

• Häufigkeit von Obst, Gemüse

• Häufigkeit von Fastfood, Softdrinks

• Häufigkeit von süßen und salzigen Snacks

• Typischer Schulweg

• Ausmaß körperlicher Aktivität

Physisches und psychisches Wohl-befinden

• Allgemeines Stresserleben

• Schulische Belastung

• Häufigkeit von Kopf-, Bauch-, Rückenschmerzen

• Häufigkeit von Schlafstörungen, Schwindel

• Bullying

• Gewalterfahrungen an der Schule

Konsum psychotro-per Substanzen

• Alkohol

• Tabak

• Cannabis und andere illegale Drogen

• Energy Drinks

• Subjektive Normen

• Empfänglichkeit

• Konsum des sozialen Umfeldes

• Riskanter Konsum

Page 176: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

152 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

9.2.6 Statistische Analyse/Datengewichtung

Alle deskriptiven und inferenzstatistischen Datenanalysen wurden mit Stata 14.2 durchgeführt. Um die Daten aus den einzelnen Bun-desländern mit den Populationsdaten in Einklang zu bringen, wur-den die Daten nach Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund und Schultyp gewichtet. Hierzu wurden für jedes Bundesland die Daten des Statistischen Bundesamtes zugrunde gelegt.

9.3 Ausgewählte Ergebnisse der ersten Erhebungswelle

9.3.1 Ergebnisbereich I: Ernährung und Bewegung

Ein ausgeglichener Energiehaushalt ist wichtig, um Konzentration und Arbeitsleistung über den Schultag hinweg garantieren zu kön-nen. Das Frühstück der Schülerinnen und Schüler ist dabei ein wich-tiger Ansatzpunkt. Wir haben die Schülerinnen und Schüler daher gefragt, wie häufig sie vor der Schule frühstücken. Stufenübergrei-fend frühstücken über die Hälfte (55 %) der Schülerinnen und Schü-ler „jeden Tag“ vor der Schule, etwa ein Viertel (27 %) „nie“. Mit zu-nehmendem Alter wird seltener vor der Schule gefrühstückt wird. Lediglich 47 % der Neunt- und Zehntklässler frühstückt jeden Tag, während die Quote bei den Fünft- und Sechstklässlern bei 63 % lag.

Abbildung 73: Häufigkeit des Frühstücks vor der Schule

Es wurde auch nach der Konsumhäufigkeit für einzelne Nahrungs-gruppen gefragt (siehe Abb. 74). Der Anteil an Befragten, die mehr-mals pro Woche Fastfood konsumieren, lag bei 24 %, für Softdrinks lag die Quote bei 39 %. Die Verzehrfrequenz von Obst und Gemüse lag höher, ein täglicher Obst- und Gemüsekonsum zeigte sich je-

Frühstück vor der Schule

Konsum von Fastfood und

Softdrinks

Page 177: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1539 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

doch lediglich bei etwa der Hälfte der Schüler/innen (55 % für Obst und 47 % für Gemüse).

Abbildung 74: Häufigkeit des Verzehrs verschiedener Nahrungsmittel

Übergewicht gilt bereits im Jugendalter als Risikofaktor u. a. für Ge-lenkprobleme, koronare Herzerkrankungen und Stoffwechseler-krankungen. Im Folgenden wird der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Übergewicht dargestellt: Als übergewichtig gilt, wer ei-nen deutlich überdurchschnittlichen, an Alter und Geschlecht aus-gerichteten Body Mass Index (BMI) aufweist.87 Dabei handelt es sich um BMIs, die über dem 90. Perzentil liegen.

Insgesamt erfüllten 12 % der Schülerinnen und Schüler das Kriteri-um für Übergewicht. Die Werte schwankten zwischen 10 Prozent (Fünft- und Sechstklässler) und 14 % (Siebt- und Neuntklässlern.)

87 World Health Organization (2004).

Übergewicht

Page 178: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

154 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

Abbildung 75: Anteil an übergewichtigen Schülerinnen und Schülern (> 90. Perzentil)

Der Anteil an Befragten mit Übergewicht stand in deutlichem Zu-sammenhang zu den Frühstücksgewohnheiten. In der Gruppe der Schüler/innen, die nie zu Hause frühstücken, lag der Anteil an Über-gewichtigen bei 16 %, verglichen mit 10 % unter denen, die anga-ben, jeden Tag vor der Schule zu frühstücken. Ein ähnlich deutlicher Zusammenhang ließ sich zur Häufigkeit gemeinsamer Familien-mahlzeiten finden (siehe Abb. 76). Wer häufiger an gemeinsamen Mahlzeiten zu Hause teilnahm, berichtete auch selteneren Fastfood-Konsum und häufigeren Konsum von Obst und Gemüse (siehe Abb. 77).

Abbildung 76: Anteil an übergewichtigen Schülerinnen und Schülern in Abhängigkeit der Frühstücksgewohnheiten und der gemeinsamen Familienmahlzeiten

Page 179: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1559 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

Abbildung 77: Konsumhäufigkeit von Fastfood, Obst oder Gemüse in Abhängigkeit der Häufigkeit gemeinsamer Familien-mahlzeiten

Neben einer ausgewogenen Ernährung ist auch ausreichend Bewe-gung für eine gesunde Entwicklung wichtig. Die Weltgesundheitsor-ganisation (WHO) gibt als Empfehlung für Heranwachsende an, je-den Tag mindestens 60 Minuten körperlich aktiv zu sein, z. B. Sport zu treiben, sodass die Schweißproduktion angeregt, die Atmung schneller und die Herzfrequenz höher wird.88

Jeden Tag aktiv sind 17 % der Schülerinnen und Schüler und entsprechen damit den Empfehlungen der WHO. 83 % der Schülerinnen und Schüler sind nicht jeden Tag aktiv. Die Daten zeigen zudem, dass sich mit zuneh-mendem Alter die körperliche Aktivität reduziert.

Abbildung 78: Anteil Schülerinnen und Schüler, die jeden Tag min-destens 60 Minuten aktiv sind

88 World Health Organization (2010).

Bewegung

Page 180: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

156 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

9.3.2 Ergebnisbereich II: Physisches und psychisches Wohl-befinden

Neben physischem Unbehagen, wie Bauchschmerzen aufgrund von Akuterkrankungen, spielt auch die Psychosomatik eine wichtige Rolle – so kann etwa starkes psychisches Stresserleben sich in Form von Schlafstörungen oder Kopfschmerzen als Somatisierung auswirken.

Auf die Frage, wie häufig sie im letzten halben Jahr bestimmte so-matische Beschwerden erlebt haben, antworteten die Schülerinnen und Schüler folgendermaßen:

Abbildung 79: Selbstberichtete Häufigkeit von somatischen Be-schwerden

Die häufigsten Beschwerden der Schülerinnen und Schüler sind Kopfschmerzen (55 %) und Bauchschmerzen (51 %) gefolgt von Rückenschmerzen (43 %). Wenn Schülerinnen und Schüler über Schlafstörungen klagen, treten diese eher „jede Woche oder häufi-ger“ (20 %) als „jeden Monat“ (15 %) auf. Schwindel berichteten 32 % der Schülerinnen und Schüler. Ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler gab an, „jede Woche oder häufiger“ Rückenschmerzen zu haben. Die Quoten lagen für weibliche Befragte für alle Be-schwerdebereiche höher als für männliche Befragte (Abb. 80). Die Kategorie „jede Woche oder häufiger“ wurde bei Kopfschmerzen von fast einem Drittel der Mädchen (30 %) gewählt (Jungen: 17 %), bei Bauchschmerzen lag die Quote bei 19 % (Jungen: 10 %), Rü-ckenschmerzen 24 % (Jungen: 18 %), Schlafstörungen 24 % (Jun-gen: 15 %) und Schwindel 18 % (Jungen: 9 %).

Somatische Beschwerden

Page 181: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1579 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

Abbildung 80: Selbstberichtete Häufigkeit von somatischen Be-schwerden bei weiblichen und männlichen Befragten

Ein weiterer Aspekt des Lebensstils, der sich auf die eigene Ge-sundheit und das Wohlbefinden auswirkt, ist der subjektiv erlebte Stress. Neben physiologischen Begleiterscheinungen wie erhöhtem Blutdruck und erhöhter Gereiztheit, steht hoher Stress längerfristig vor allem mit Erschöpfung und abnehmender Leistungsfähigkeit in Zusammenhang. Daher haben wir gefragt, wie häufig die Schülerin-nen und Schüler Stress empfinden. 43 % der Schülerinnen und Schüler gaben an, oft oder sehr oft Stress zu erleben. Bei den Mäd-chen liegt diese Quote mit 49 % höher als bei den Jungen mit 37 % (siehe Abb. 81). Ältere Jahrgänge (9. und 10.) berichteten signifikant häufiger über Stress als die jüngeren (51 % oft oder sehr oft vs.

Stresserleben

Page 182: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

158 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

35 % in der 5. und 6. Jahrgangsstufe). Ein systematischer Unter-schied in Abhängigkeit der Schulart zeigte sich hingegen nicht.

Abbildung 81: Häufigkeit von Stress

In Abbildung 82 ist zu erkennen, wie stark der Zusammenhang zwi-schen subjektivem Stresserleben und dem Auftreten von somati-schen Beschwerden ist. Betrachtet man die Schülerinnen und Schü-ler, die oft oder sehr oft Stress haben, sieht man, dass der Anteil an „jede Woche oder häufiger“ Beschwerden doppelt so hoch liegt, bei Schlafstörungen und Schwindel ist die Quote sogar verdreifacht. Diese Assoziation zeigte sich altersunabhängig.

Abbildung 82: Somatische Beschwerden in Abhängigkeit des Stress-erlebens

Bei den weiblichen Befragten, die oft oder sehr oft Stress erleben lagen die Quoten für Kopfschmerzen bei 41 %, für Bauchschmerzen bei 25 %, Rückenschmerzen 31 %, Schlafprobleme 36 % und Schwindel 28 %. Unter den männlichen Befragten mit oft oder sehr oft Stress lagen die Angaben bei 27 % für Kopf-, 15 % für Bauch- und 28 % für Rückenschmerzen. Schlafprobleme und Schwindel berichteten in dieser Gruppe 26 % bzw. 14 % (Abb. 83).

Page 183: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1599 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

Abbildung 83: Somatische Beschwerden in Abhängigkeit des Stress-erlebens und Geschlechts

Die schulische Belastung wurde in der Gesamtstichprobe sehr un-terschiedlich bewertet: 40 % der Schülerinnen und Schüler gaben an, zu viel für die Schule zu tun zu haben, 33 % widersprechen der Aussage. Durch die Aufgaben in der Schule müde werden 36 % der Schülerinnen und Schüler, 41 % ermüden nicht. Hingegen finden nur 18 % der Schülerinnen und Schüler die Aufgaben in der Schule schwierig, während 45 % dieser Aussage nicht zustimmen. Erwarte-ter Weise zeigte sich, dass die wahrgenommene schulische Belas-tung mit dem Alter zunimmt und für alle drei Items die höchsten Zustimmungswerte in der 10. Jahrgangsstufe zu finden waren. Ein Einfluss der Schulart (Gymnasium vs. kein Gymnasium) fand sich lediglich für die Aussage „Ich habe zu viel für die Schule zu tun“.

Abbildung 84: Wahrgenommene schulische Belastung

Schulische Belastung

Page 184: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

160 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

Die Schülerinnen und Schüler berichteten überwiegend, im letzten halben Jahr keine Gewalt ausgeübt oder erfahren zu haben, zwi-schen 66 % und 83 %, siehe Abbildung 85. „1- bis 2-mal“ im letzten halben Jahr Opfer von Gewalt an der Schule gewesen zu sein, gab etwa ein Fünftel der Befragten an. In der Täterrolle sahen sich zwi-schen 12 und 16 % „1- bis 2-mal“. Mehr oder weniger regelmäßige Gewalterfahrungen („2- bis 3-mal pro Monat oder häufiger“), berich-teten zwischen 4 % (anderen etwas gewaltsam weggenommen) und 11 % (von anderen Schüler/innen geschlagen oder getreten worden). Die Regelmäßigkeit von Gewalterfahrung ist ein zentraler Definitionsbestandteil von Mobbing.

Abbildung 85: Häufigkeit erlebter oder verursachter Gewalt im letzten halben Jahr

9.3.3 Ergebnisbereich III: Konsum psychotroper Substanzen

Energydrinks sind Softgetränke mit einem erhöhten Koffeingehalt (bis 32 mg/100 ml). Aufgrund des sehr süßen Geschmacks sind sie besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Energydrinks wer-den handelsüblich in Dosen vertrieben (eine Dose enthält i. d. R. zwischen 250 ml und 500 ml Inhalt). Unter anderem aufgrund des Koffeingehaltes (eine Dose mit 500 ml enthält bis zu 160 mg Koffein) wird der Konsum von Energydrinks im Kindes- und Jugendalter als bedenklich angesehen. Erste Studien deuten zudem auf einen Zu-sammenhang zwischen dem Konsum von Energydrinks und einem früheren Einstieg in den Alkoholkonsum hin.

In der gewichteten Gesamtstichprobe gaben 61 % der Schülerinnen und Schüler an, in ihrem Leben schon einmal Energydrinks getrun-ken zu haben. Es zeigte sich ein bedeutsamer Anstieg mit dem Alter, wobei bereits etwa ein Viertel der Fünftklässler Erfahrung mit Ener-gydrinks gesammelt hat (siehe Abb. 86). Bei den Achtklässlern sind

Gewalt-erfahrungen und Mobbing an der

Schule (im letzten halben Jahr)

Energydrinks

Jemals Energydrinks

konsumiert

Page 185: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1619 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

es zwei Drittel (69 %) und bei den Zehntklässlern gaben 84 % an, bereits Energydrinks konsumiert zu haben.

Abbildung 86: Energydrinks: Lebenszeitprävalenz, getrennt nach Klassenstufe

Von den Schülerinnen und Schülern, die schon einmal Energydrinks getrunken haben, gaben 74 % aktuellen Konsum an, davon 60 % gelegentlich und 14 % häufig (siehe Abb. 87). Der häufigste Konsum wurde von männlichen Befragten der 9. und 10. Jahrgangsstufe be-richtet, hier lag die Quote für mindestens wöchentlichen Konsum bei 20 %. In Abbildung 88 ist zu erkennen, dass unter denjenigen, die in den letzten 30 Tagen Energydrinks konsumierten, deutlich mehr Übergewichtige sind und Energydrink-Konsumenten häufiger über Stress und Schlafprobleme berichten. Energydrinks haben einen hohen Zuckergehalt und Koffein nimmt bekanntermaßen Einfluss auf den Schlaf-Wachrhythmus. Eine kausale Interpretation ist hier aufgrund des korrelativen Designs jedoch nicht möglich.

Abbildung 87: Energydrinks: Konsumhäufigkeit

Aktueller Konsum von Energydrinks (wenn schon einmal konsumiert)

Page 186: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

162 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

Abbildung 88: Übergewicht, Stress und Schlafprobleme in Abhängig-keit des Konsums von Energydrinks

Neben der Regelmäßigkeit („häufiger Konsum“) stellt auch die Men-ge des Konsums ein wichtiges Kriterium dar. Daher sollte auch an-gegeben werden, wie viele Dosen die Schülerinnen und Schüler konsumieren, wenn sie Energydrinks trinken. Die Definition des durch die Getränkedosen umfassten Inhaltes richtete sich dabei nach handelsüblichen Größen:

Abbildung 89: Energydrinks: Übersicht über handelsübliche Größen Energydrinks

Die meisten der konsumierenden Schülerinnen und Schüler gaben an, bis zu einer Dose Energydrinks pro Gelegenheit zu trinken (86 %). Ein Fünftel der Neunt- und Zehntklässler (21 %) trinkt in der Regel mehr als eine Dose.

Konsummengen

Page 187: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1639 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

Abbildung 90: Energydrinks: Übliche Trinkmengen

Auf die Frage, zu welchen Gelegenheiten sie in den letzten 30 Tagen Energydrinks getrunken haben, gaben 8 % der Schülerinnen und Schüler „vor“ und 12 % „während der Schulzeit“ an.

Abbildung 91: Energydrinks: Konsumgelegenheiten (Mehrfachant-worten möglich)

Alkohol ist die populärste psychoaktive Substanz unter Jugendli-chen. Deutschlandweit haben im Jahr 2015 rund 68 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen angegeben, mindestens einmal im Leben Alkohol getrunken zu haben. Rund 37 % gaben an, im letzten Monat Alkohol konsumiert zu haben.89 Während im Allgemeinen Alkohol-konsum in Deutschland weit verbreitet ist, können insbesondere ex-zessive Konsumformen wie häufiger Konsum (mindestens wöchent-lich) oder Rauschtrinken mit negativen Folgen einhergehen.

89 Orth (2016).

Konsumgelegen-heiten von Energydrinks

Alkohol

Page 188: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

164 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

59 % der Schülerinnen und Schüler berichtete, schon einmal Alko-hol konsumiert zu haben, mit Quoten von 22 % in der 5. Klassenstu-fe bis 89 % in Klassenstufe 10.

Abbildung 92: Alkohol: Lebenszeitprävalenz

In der Gesamtstichprobe lag der Anteil an Schülerinnen und Schü-ler, die in den letzten 30 Tagen Alkohol getrunken haben, bei 13 %. Zur Einordnung dieser Zahl muss auch hier nach Altersstufe diffe-renziert werden. Während ein regelmäßiger aktueller Alkoholkon-sum in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe so gut wie nicht vorkommt, lag die Quote bei den Zehntklässlern bei 45 %.

Abbildung 93: Alkohol: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen Alkohol konsumiert haben

Rauschtrinken meint den Konsum von mindestens vier (Mädchen) bzw. fünf (Jungen) alkoholischen Getränken pro Trinkgelegenheit.90 Als eine besonders unter Jugendlichen verbreitete Form des Alko-holkonsums kann Rauschtrinken mit negativen Konsequenzen ver-bunden sein, wie beispielsweise riskantem Sexualverhalten oder Unfällen, bis hin zu Krankenhausaufenthalten und organischen Schädigungen („Komasaufen“). Zum Rauschtrinken wurden Schüle-rinnen und Schüler im Rahmen des Präventionsradars ab Klassen-stufe 7 befragt.

90 Orth (2016).

Jemals Alkohol getrunken

Aktueller Alkoholkonsum

Rauschtrinken

Page 189: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1659 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

In ihrem Leben haben 29 % der befragten Schülerinnen und Schüler schon einmal „bis zum Rausch“ Alkohol getrunken. Ein deutlicher Anstieg ist ab Klasse 10 festzustellen. In dieser Klassenstufe berich-ten 59 %, dass sie bereits einen Alkoholrausch erlebt haben. In der Klassenstufe 7 sind es hingegen 7 %.

Abbildung 94: Rauschtrinken: Lebenszeitprävalenz

Von den Schülerinnen und Schülern, die schon einmal Rauschtrin-ken praktiziert haben, berichten insgesamt 79 % aktuelles Rausch-trinken (51 % gelegentlich, 28 % häufig).

Abbildung 95: Häufigkeit des Rauschtrinkens

Die Schülerinnen und Schüler wurden zunächst gefragt, ob sie in ihrem Leben schon einmal Zigaretten geraucht haben:

Abbildung 96: Zigaretten: Lebenszeitprävalenz

Insgesamt gaben 22 % der Befragten an schon einmal mindestens eine Zigarette geraucht zu haben. Knapp die Hälfte der Zehntkläss-ler (47 %) hat Erfahrung mit dem Rauchen gesammelt. In den Stu-fen 5 und 6 sind es 3 % beziehungsweise 8 %.

Einen aktuellen Konsum von Zigaretten im letzten Monat berichteten insgesamt 6 % der Schülerinnen und Schüler. Die Rauchquote reicht bis 16 % in der 10. Jahrgangsstufe (Altersrange: 14 bis 18 Jahre ).

Jemals Rauschtrinken praktiziert

Aktuelles Rauschtrinken (wenn jemals Rausch-erfahrung)

Konsum von Zigaretten und E-Produkten

Aktueller Zigaretten-konsum

Page 190: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

166 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars 9

Abbildung 97: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen mindestens eine Zigarette geraucht haben

Bei E-Zigaretten und E-Shishas wird eine Flüssigkeit (sog. Liquid) zum Verdampfen gebracht. Der Konsum von E-Zigaretten/E-Shishas ist gesundheitlich nicht unbedenklich und es mehren sich Hinweise auf eine Begünstigung des Einstiegs in den konventionellen Tabak-konsum.

Insgesamt gaben 21 % der Schülerinnen und Schüler an, bereits Erfahrungen mit E-Zigaretten/E-Shishas gesammelt zu haben. Die-se Schülerinnen und Schüler sind vor allem in den Klassenstufen 9 und 10 zu finden. Im Vergleich zur letzten BZgA-Befragung der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland lag die Quote in der vorliegenden Stichprobe relativ hoch.91

Abbildung 98: E-Zigaretten: Lebenszeitprävalenz

4 % der Schülerinnen und Schüler berichteten einen Konsum von E-Zigaretten/E-Shishas im letzten Monat. Insbesondere in den Klas-senstufen 9 und 10 liegt die Konsumquote deutlich unterhalb von konventionellen Zigaretten.

Abbildung 99: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen ein E-Produkt verwendet haben

Cannabiskonsum kann kurzzeitig u. a. zu Beeinträchtigungen von Wahrnehmung und Gedächtnis führen. Früher Konsum (im Kindes- und Jugendalter) steht häufig mit späteren gesundheitlichen und sozialen Problemen in Zusammenhang. Fragen zum Cannabiskon-sum wurde nur Schülerinnen und Schülern ab Klassenstufe 7 ge-stellt.

91 Orth (2016).

E-Zigaretten und E-Shishas

Jemals E-Zigaretten/

E-Shishas konsumiert

Aktueller Konsum von E-Zigaretten/

E-Shishas

Cannabis

Page 191: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

1679 Ergebnisse des DAK-Präventionsradars

Mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert haben 13 % der befragten Schülerinnen und Schüler. Bis zur Klassenstufe 10 haben etwa 30 % der Befragten Erfahrung mit Cannabis gesammelt.

Abbildung 100: Cannabis: Lebenszeitprävalenz

Die 30-Tages-Prävalenz des Cannabiskonsums lag in der Ge-samtstichprobe bei 4 %. Von Schülerinnen und Schülern, die Kon-sumerfahrungen mit Cannabis besitzen, berichten 38 % gelegent-lich („seltener als einmal im Monat“ bis „mindestens einmal im Mo-nat, aber nicht jede Woche“) Cannabis zu konsumieren, 15 % sogar h äufig.

Abbildung 101: Anteil Schülerinnen und Schüler, die in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert haben

9.4 Literatur

Orth B (2016). Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepu-blik Deutschland 2015. Rauchen, Alkoholkonsum und Kon-sum illegaler Drogen: aktuelle Verbreitung und Trends. BZgA-Forschungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

World Health Organization (2010). Global recommendations on phy-sical activity for health [Globale Empfehlungen für gesund-heitsförderliche körperliche Aktivität]. Genf: World Health Or-ganization.

World Health Organization (2004). Obesity: Preventing and manag-ing the global epidemic [Übergewicht: Vorbeugung und Man-agement der globalen Epidemie] (WHO Technical Report Se-ries). Genf: World Health Organization.

Jemals Cannabis konsumiert

Aktueller Konsum von Cannabis

Page 192: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

168

Anhang I – Erkrankungsprävalenz von Kindern und Jugendlichen

Tabelle A1: Anteil der Kinder und Jugendlichen mit wenigstens einer ambulant oder stationär dokumentierten Erkrankungsdi-agnose

Alter Jungen Mädchen Gesamt

< 1 98,1 % 98,3 % 98,2 %

1 98,1 % 97,6 % 97,9 %

2 97,5 % 97,2 % 97,4 %

3 97,2 % 96,7 % 96,9 %

4 96,4 % 95,6 % 96,0 %

5 95,7 % 95,5 % 95,6 %

6 93,6 % 92,1 % 92,9 %

7 91,6 % 90,6 % 91,1 %

8 90,1 % 89,3 % 89,7 %

9 89,3 % 88,3 % 88,8 %

10 87,5 % 87,4 % 87,5 %

11 86,5 % 86,9 % 86,7 %

12 85,4 % 85,5 % 85,4 %

13 84,4 % 86,1 % 85,2 %

14 82,4 % 86,9 % 84,6 %

15 81,6 % 88,3 % 84,9 %

16 82,5 % 90,1 % 86,3 %

17 82,5 % 91,8 % 87,3 %

Tabelle A2: Diagnoseprävalenz der ICD-10-Oberkapitel bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2016

ICD-10 Diagnose Jungen Mädchen Gesamt

J00-J99 Krankheiten des Atmungssystems 57,7 % 56,7 % 57,2 %

Z00-Z99 Faktoren, die den Gesundheitszu-stand beeinflussen und zur Inan-spruchnahme des Gesundheitswe-sens führen

46,6 % 56,1 % 51,2 %

Page 193: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

169Anhang I – Erkrankungsprävalenz von Kindern und Jugendlichen

ICD-10 Diagnose Jungen Mädchen Gesamt

R00-R99 Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind

40,3 % 41,0 % 40,7 %

A00-B99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten

35,9 % 38,2 % 37,0 %

H00-H59 Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde

28,8 % 30,7 % 29,7 %

S00-T98 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen

28,0 % 25,2 % 26,6 %

F00-F99 Psychische und Verhaltensstörungen 29,3 % 22,3 % 25,9 %

L00-L99 Krankheiten der Haut und der Un-terhaut

24,0 % 27,1 % 25,5 %

H60-H95 Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes

18,3 % 18,7 % 18,5 %

M00-M99 Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes

16,2 % 17,8 % 17,0 %

K00-K93 Krankheiten des Verdauungssystems 15,4 % 16,1 % 15,7 %

Q00-Q99 Angeborene Fehlbildungen, Deformi-täten und Chromosomenanomalien

14,8 % 13,3 % 14,1 %

N00-N99 Krankheiten des Urogenitalsystems 9,8 % 14,4 % 12,0 %

E00-E90 Endokrine, Ernährungs- und Stoff-wechselkrankheiten

8,9 % 10,2 % 9,5 %

C00-D48 Neubildungen 5,1 % 5,9 % 5,5 %

G00-G99 Krankheiten des Nervensystems 4,9 % 5,0 % 4,9 %

I00-I99 Krankheiten des Kreislaufsystems 3,7 % 4,1 % 3,9 %

D50-D90 Krankheiten des Blutes und der blut-bildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Im-munsystems

2,4 % 2,7 % 2,6 %

P00-P96 Bestimmte Zustände, die ihren Ur-sprung in der Perinatalperiode haben

1,2 % 1,0 % 1,1 %

V01-Y84 Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität

0,1 % 0,1 % 0,1 %

O00-O99 Schwangerschaft, Geburt und Wo-chenbett

- 0,1 % -

Page 194: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

170

Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Tabelle B1: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreisteller bei Kindern im Alter von < 1 Jahr

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

N02 Analgetika 6.059 N02 Analgetika 5.685

A11 Vitamine 5.915 A11 Vitamine 5.678

R01 Rhinologika 5.610 R01 Rhinologika 5.219

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

3.745 R05 Husten- und Erkäl-tungsmittel

3.328

M01 Antiphlogistika und Anti-rheumatika

3.652 M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

3.264

R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen

2.778 D01 Antimykotika zur der-matologischen Anwen-dung

2.451

J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

2.552 S01 Ophthalmika 2.193

S01 Ophthalmika 2.456 J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

2.075

D01 Antimykotika zur derma-tologischen Anwendung

2.107 R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankun-gen

1.913

V70 Rezepturen 1.463 V70 Rezepturen 1.290

A07 Antidiarrhoika und in-testinale Antiphlogistika/Antiinfektiva

1.355 A07 Antidiarrhoika und intestinale Antiphlogisti-ka/Antiinfektiva

1.190

A01 Stomatologika 1.283 A01 Stomatologika 1.162

H02 Corticosteroide zur sys-temischen Anwendung

1.157 D02 Emollientia und Haut-schutzmittel

984

B05 Blutersatzmittel und Perfusionslösungen

1.156 A03 Mittel bei funktionellen gastrointestinalen Stö-rungen

892

V07 Alle übrigen nichtthera-peutischen Mittel

1.064 B05 Blutersatzmittel und Perfusionslösungen

845

A03 Mittel bei funktionellen gastrointestinalen Stö-rungen

1.056 V07 Alle Übrigen Nichtthera-peutischen Mittel

778

Page 195: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

171Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

D02 Emollientia und Haut-schutzmittel

1.004 H02 Corticosteroide Zur Systemischen Anwen-dung

697

D07 Corticosteroide, derma-tologische Zubereitungen

914 D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

665

V90 Sondergruppen 685 A04 Antiemetika Und Mittel gegen Übelkeit

603

A04 Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

647 V90 Sondergruppen 595

Tabelle B2: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreisteller bei Kindern im Alter von 1 – 4 Jahren

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

R01 Rhinologika 36.531 R01 Rhinologika 34.205

M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

34.545 M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

32.327

R05 Husten- und Erkäl-tungsmittel

31.942 R05 Husten- und Erkältungs-mittel

30.520

J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

26.722 J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

24.297

S01 Ophthalmika 19.043 N02 Analgetika 16.972

N02 Analgetika 18.656 S01 Ophthalmika 16.209

R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankun-gen

16.613 R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen

12.666

A07 Antidiarrhoika und intestinale Antiphlogis-tika/Antiinfektiva

8.396 A04 Antiemetika Und Mittel gegen Übelkeit

7.394

H02 Corticosteroide Zur Systemischen Anwen-dung

7.671 D01 Antimykotika zur derma-tologischen Anwendung

7.260

A04 Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

7.478 A07 Antidiarrhoika und in-testinale Antiphlogistika/Antiinfektiva

7.255

D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

7.266 A11 Vitamine 6.598

A11 Vitamine 6.831 V70 Rezepturen 5.793

Page 196: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

172 Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

V70 Rezepturen 6.505 R06 Antihistaminika Zur Sys-temischen Anwendung

5.762

R06 Antihistaminika 6.425 H02 Corticosteroide zur sys-temischen Anwendung

5.298

D01 Antimykotika zur der-matologischen Anwen-dung

6.160 D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

5.276

B05 Blutersatzmittel und Perfusionslösungen

5.871 A01 Stomatologika 4.998

A01 Stomatologika 5.424 B05 Blutersatzmittel und Perfusionslösungen

4.731

V90 Sondergruppen 4.729 D04 Antipruriginosa, inkl. Antihistaminika, Anäs-thetika etc.

4.528

V07 Alle übrigen nichtthera-peutischen Mittel

4.488 A06 Mittel gegen Obstipation 4.156

D04 Antipruriginosa, inkl. Antihistaminika, Anäs-thetika etc.

4.141 V90 Sondergruppen 4.113

Tabelle B3: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreisteller bei Kindern im Alter von 5 – 9 Jahren

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

35.190 M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

33.968

R01 Rhinologika 30.929 R01 Rhinologika 29.106

R05 Husten- und Erkäl-tungsmittel

29.345 R05 Husten- und Erkäl-tungsmittel

27.543

J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

23.973 J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

24.267

R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankun-gen

11.612 A01 Stomatologika 9.556

S01 Ophthalmika 10.427 S01 Ophthalmika 9.087

A01 Stomatologika 9.578 R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankun-gen

7.886

R06 Antihistaminika zur sys-temischen Anwendung

8.708 A04 Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

7.328

Page 197: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

173Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

N02 Analgetika 7.580 R06 Antihistaminika zur sys-temischen Anwendung

7.059

A04 Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

7.488 N02 Analgetika 6.937

D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

7.343 P03 Mittel gegen Ektopa-rasiten, inkl. Antisca-biosa, Insektizide und Repellenzien

6.398

V90 Sondergruppen 5.531 D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

5.775

A07 Antidiarrhoika und intestinale Antiphlogisti-ka/Antiinfektiva

5.442 D11 Andere Dermatika 5.400

D11 Andere Dermatika 5.101 A07 Antidiarrhoika und intestinale Antiphlogisti-ka/Antiinfektiva

4.796

V07 Alle übrigen nichtthera-peutischen Mittel

4.101 R02 Hals- und Rachenthe-rapeutika

4.537

V70 Rezepturen 4.032 V70 Rezepturen 3.778

H02 Corticosteroide zur sys-temischen Anwendung

3.918 V90 Sondergruppen 3.681

R02 Hals- und Rachenthera-peutika

3.908 D04 Antipruriginosa, inkl. Antihistaminika, Anäs-thetika etc.

3.614

B05 Blutersatzmittel und Perfusionslösungen

3.649 A03 Mittel bei funktionellen gastrointestinalen Stö-rungen

3.249

D06 Antibiotika und Chemo-therapeutika zur derma-tologischen Anwendung

3.561 D06 Antibiotika und Che-motherapeutika zur dermatologischen An-wendung

3.207

Tabelle B4: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreisteller bei Kindern im Alter von 10 – 14 Jahren

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

17.864 J01 Antibiotika zur syste-mischen Anwendung

18.954

M01 Antiphlogistika und Anti-rheumatika

17.791 M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

18.299

Page 198: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

174 Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

R01 Rhinologika 13.912 R05 Husten- und Erkäl-tungsmittel

12.508

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

13.517 R01 Rhinologika 12.454

A01 Stomatologika 9.936 J07 Impfstoffe 10.295

R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen

9.437 A01 Stomatologika 10.109

V90 Sondergruppen 7.597 R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankun-gen

5.940

S01 Ophthalmika 5.399 D07 Corticosteroide, der-matologische Zube-reitungen

5.622

N06 Psychoanaleptika 5.318 S01 Ophthalmika 5.362

D07 Corticosteroide, dermato-logische Zubereitungen

5.138 N02 Analgetika 4.560

R06 Antihistaminika zur syste-mischen Anwendung

5.044 R06 Antihistaminika zur systemischen Anwen-dung

4.088

N02 Analgetika 4.215 D11 Andere Dermatika 3.644

D11 Andere Dermatika 3.292 D10 Aknemittel 3.597

V70 Rezepturen 3.050 V90 Sondergruppen 3.524

A04 Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

2.497 V70 Rezepturen 3.509

A03 Mittel bei funktionellen gastrointestinalen Stö-rungen

2.462 G03 Sexualhormone und Modulatoren des Genitalsystems

3.188

V01 Allergene 2.350 P03 Mittel gegen Ektopa-rasiten, inkl. Antisca-biosa, Insektizide und Repellenzien

3.098

D06 Antibiotika Und Chemo-therapeutika Zur Derma-tologischen Anwendung

2.266 A03 Mittel bei funktionel-len gastrointestinalen Störungen

2.833

D10 Aknemittel 2.166 R02 Hals- und Rachenthe-rapeutika

2.448

A07 Antidiarrhoika Und In-testinale Antiphlogistika/Antiinfektiva

2.125 A04 Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

2.303

Page 199: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

175Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

Tabelle B5: Top 20 am häufigsten verordnete ATC-Dreisteller bei Kindern im Alter von 15 – 17 Jahren

Jungen Mädchen

ATC Fälle ATC Fälle

J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

9.968 G03 Sexualhormone und Modulatoren des Geni-talsystems

17.377

M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

6.306 J01 Antibiotika zur systemi-schen Anwendung

13.954

D10 Aknemittel 3.357 M01 Antiphlogistika und Antirheumatika

7.988

R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen

3.073 J07 Impfstoffe 4.549

A01 Stomatologika 2.683 D10 Aknemittel 3.456

V90 Sondergruppen 2.365 N02 Analgetika 3.258

R01 Rhinologika 2.237 R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankun-gen

3.186

N02 Analgetika 2.052 D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

3.105

R05 Husten- und Erkältungs-mittel

1.989 A01 Stomatologika 2.994

D07 Corticosteroide, der-matologische Zuberei-tungen

1.849 A02 Mittel bei Säure beding-ten Erkrankungen

2.393

N06 Psychoanaleptika 1.817 S01 Ophthalmika 2.386

S01 Ophthalmika 1.620 R05 Husten- und Erkäl-tungsmittel

2.370

V70 Rezepturen 1.605 V70 Rezepturen 2.300

A02 Mittel bei Säure beding-ten Erkrankungen

1.320 R01 Rhinologika 2.282

R06 Antihistaminika zur sys-temischen Anwendung

980 V90 Sondergruppen 1.656

A03 Mittel bei funktionellen gastrointestinalen Stö-rungen

891 A03 Mittel bei funktionellen gastrointestinalen Stö-rungen

1.390

V01 Allergene 859 H03 Schilddrüsentherapie 1.318

H02 Corticosteroide zur sys-temischen Anwendung

806 N06 Psychoanaleptika 1.252

Page 200: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

176 Anhang II – Alters- und geschlechtsspezifischer Arzneimittelverbrauch

D06 Antibiotika und chemo-therapeutika zur derma-tologischen Anwendung

744 D06 Antibiotika und Chemo-therapeutika zur derma-tologischen Anwendung

1.096

B01 Antithrombotische Mittel 699 R06 Antihistaminika zur sys-temischen Anwendung

1.057

Page 201: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

177

Autoren

Prof. Dr. Wolfgang Greiner

geboren 1965, ist seit April 2005 Inhaber des Lehrstuhls für „Gesundheitsökonomie und Ge-sundheitsmanagement“ an der Universität Bie-lefeld. Vor seiner Berufung war er an der For-schungsstelle für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung, einer Gemein-schaftseinrichtung der Universität Hannover und der Medizinischen Hochschule Hannover

(MHH), als Forschungsleiter tätig. Er ist Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenartikel und Managing Editor der Zeitschrift „European Journal of Health Economics“. 1999 wurde er in das Board der Eu-roQol-Foundation in Rotterdam gewählt. Im Mai 2007 wurde Prof. Greiner vom Bundesgesundheitsministerium in den wissenschaftli-chen Beirat für die Neugestaltung des Risikostrukturausgleiches in der gesetzlichen Krankenversicherung berufen. Prof. Dr. Greiner ist zudem Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Ent-wicklung im Gesundheitswesen (SVR-Gesundheit), Mitglied in wis-senschaftlichen Beiräten des IQWiGs, der DAK-Gesundheit und der TK sowie in dem Aufsichtsrat des Medizinischen Zentrums für Ge-sundheit Bad Lippspringe GmbH.

Die wissenschaftlichen Schwerpunkte Prof. Greiners liegen im Be-reich der Evaluation von Gesundheitsleistungen, der Lebensquali-tätsforschung, des Health Technology Assessments, des Risiko-strukturausgleichs sowie des Disease Managements. Er ist Gastdo-zent an den Hochschulen von Magdeburg, Bern, Berlin (Charité) und Lüneburg und Preisträger des österreichischen Preises für Ge-sundheitsökonomie, des Wissenschaftspreises der Universität Han-nover sowie des Medvantis-Forschungspreises.

Manuel Batram

studierte Gesundheitswissenschaften, Wirt-schaftswissenschaften und Statistik. Nach langjähriger Mitarbeit am Lehrstuhl von Prof. Greiner ist er seit 2015 Doktorand am Lehr-stuhl für Ökonometrie und promoviert an der Universität Bielefeld im Themenbereich der „Diskreten Wahlmodelle“.

Page 202: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

178 Autoren

Oliver Damm

ist Gesundheitswissenschaftler und seit 2008 an der Universität Bielefeld als wissenschaftli-cher Mitarbeiter im Bereich Gesundheitsöko-nomie tätig. Zu seinen Forschungsschwer-punkten gehören die gesundheitsökonomi-sche Evaluationsforschung (insbesondere im Bereich Impfungen), Krankheitskostenanaly-sen, entscheidungsanalytische Modelle und Themen der Versorgungsforschung.

Stefan Scholz

ist Gesundheitswissenschaftler und Statistiker und arbeitet seit 2011 an der Universität Biele-feld in der Arbeitsgruppe 5 „Gesundheitsöko-nomie und Gesundheitsmanagement“. Seine Forschungsschwerpunkte sind Infektionsepi-demiologische Modellierung und gesundheits-ökonomische Evaluation.

Julian Witte

ist seit 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Gesundheitsöko-nomie und Gesundheitsmanagement der Uni-versität Bielefeld. Zu seinen Forschungs-schwerpunkten zählen Frage- und Problem-stellungen im Verfahren der frühen Nutzenbe-wertung sowie der Preisbildung innovativer Arzneimittel, die gesundheitsökonomische Evaluationsforschung (insbesondere im Be-reich Arzneimittel), Krankheitskostenanalysen und Themen der Versorgungsforschung.

Page 203: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

179Autoren

Kontaktdaten

Prof. Dr. Wolfgang Greiner

Universität BielefeldFakultät für Gesundheitswissenschaften,Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie und GesundheitsmanagementPostfach 10 01 31D-33501 BielefeldTel.: 0521 106 6989Fax: 0521 106 156989Mail: [email protected]

Julian Witte, M.Sc.

Universität BielefeldFakultät für Gesundheitswissenschaften,Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie und GesundheitsmanagementPostfach 10 01 31D-33501 BielefeldTel.: 0521 106 4264Fax: 0521 106 156989Mail: [email protected]

Page 204: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

180 Autoren

Gastautoren des Robert Koch-Instituts

Dr. Benjamin Kuntz

ist Gesundheitswissenschaftler und arbeitet seit 2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Robert Koch-Institut in Berlin. Zunächst war er in der Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring im Fachgebiet „Ge-sundheitsberichterstattung“ tätig, seit 2015 ist er im Fachgebiet 28 „Soziale Determinan-ten der Gesundheit“ beschäftigt.

Elvira Mauz

ist Diplom-Psychologin und Gesundheitswis-senschaftlerin und arbeitet als wissenschaftli-che Mitarbeiterin seit 2006 am Robert Koch-Institut in Berlin in der Abteilung für Epidemio-logie und Gesundheitsmonitoring. Von 2010 bis 2012 führte sie an der Alice Salomon Hochschule eine Studie zu strukturellen Rah-menbedingungen in Kindertageseinrichtungen

und der Gesundheit von ErzieherInnen durch. Ab 2013 war sie er-neut am Robert Koch-Institut im Fachgebiet „Monitoringstudien und Surveymethoden“ als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig; seit 2018 ist sie im Fachgebiet 24 „Gesundheitsberichterstattung“ beschäftigt.

PD Dr. Thomas Lampert

ist Diplom-Soziologe und Gesundheitswissen-schaftler und seit 2002 am Robert Koch-Insti-tut in Berlin tätig. Zunächst war er wissen-schaftlicher Mitarbeiter und von 2007 bis 2015 stellvertretender Leiter des Fachgebiets „Ge-sundheitsberichterstattung“. Seit 2015 ist er Leiter des neu gegründeten Fachgebiets 28 „Soziale Determinanten der Gesundheit“. Zu-

vor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (1996 – 1999) und am Institut für Gesund-heitswissenschaften/Public Health der TU Berlin (1999 – 2002) be-schäftigt.

Page 205: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

181Autoren

Autoren des Präventionsradars

Prof. Dr. phil. Reiner Hanewinkel

ist Leiter des Instituts für Therapie- und Ge-sundheitsforschung (IFT-Nord). Er studierte Psychologie an der Universität Kiel. Nach sei-ner Promotion im Jahr 1992 erhielt er 1999 die Approbation als Psychologischer Psychothe-rapeut. Im Jahr 2005 habilitierte er im Fach Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie. Im Jahr 2011 wurde er zum apl.

Professor für Medizinische Psychologie und Soziologie an der Uni-versität Kiel ernannt. Er ist Leiter des Querschnittsbereichs 10 „Prä-vention und Gesundheitsförderung“ der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel.

PD Dr. phil. Matthis Morgenstern

ist stellvertretender Leiter des Instituts für The-rapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord). Er studierte Psychologie an den Universitäten Koblenz-Landau und München. Nach seiner Promotion im Jahr 2006 begann er seine Tä-tigkeit in Kiel am IFT-Nord. Im Jahr 2013 habi-litierte er im Fach Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie. Zu seinen For-

schungsschwerpunkten gehört die Untersuchung von Medienein-flüssen auf den Tabak- und Alkoholkonsum von Jugendlichen sowie die Evaluation von Präventionsmaßnahmen.

Dr. phil. Julia Hansen

ist leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Therapie- und Gesundheitsfor-schung (IFT-Nord). Sie studierte Sportwissen-schaften an der Universität Kiel. Nach ihrer Promotion im Arbeitsbereich Sportpsycholo-gie/Bewegungswissenschaft im Jahr 2010 be-gann sie ihre Tätigkeit am IFT-Nord in Kiel. Zu den Forschungsinteressen gehören die Evalu-

ation von Präventionsmaßnahmen sowie die Förderung von körper-licher Aktivität im Kindes- und Jugendalter.

Page 206: Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung