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33 1 IX. Bemerkungen iiber den Ratcmsinn des Oh,res; von Ernst Nach. I n einer altern Arbeit 1) glaube ich dargethan zu haben, dafs die Klangfarbe eines Schalles von dessen Intensitgt und demnach mittelbar auch von der Eiitfernung der Schall- quelle abhange. Diefs ist so zu verstehen. Abgesehen da- von, dafs unter Uinstandeu physikalische Ursachen wirken, welche in grofserer Entfernung von der Schallquelle den Obertonen des Klanges das Uebergewicht iiber den Grund- ton verschaffen, kommt noch eine physiologische Erschei- nung ins Spiel. Wenn namlich die Partialtone eines Klan- ges auch alle in gleichem Verhaltnib intensiver oder we- niger intensiv werden, so iiberwiegen doch in der Ernpfin- dung bei Vermehrung der Intensitat die tiefern, bei Ver- minderung derselben die hohern Partialtone. Der versturkte Klang erscheint bei iibrigens gleicher Beschaffenheit volZer, der geschwachte leerer. Ich habe die Thatsache, welche, wie es scheint durch Beobachtungen vou W. Weber2), S Ringer 3), Wylde, S t r i cker * ) und mir constatirt ist, auf einen empirischen A d r u c k gebracht. Mit Zugrundlegung des W e b er- F echn er’schen Gesetzes finden wir fur die Empfindungs- intensitat y eines Tones von der physikalischen Intensitat z, welcher bei der Starke b auf die Schwelle tritt: y = a .log($) yl=a,.lo. tl (a . und fur einen hoheren Ton: 1) Ucber einige der physiologischeo Abustik angetrarige Erscheinuogcn 2) Pogg. Ann. Bd. 24, S. 174. 3) Pogg. Ann. 1863, Bd. 118, S. 636. 4) Pogg. Ann. 1864, Bd. 121, S. 335. Sitzungsberichte d. Wiener Akad. 50. Bd.

Bemerkungen über den Raumsinn des Ohres

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IX. Bemerkungen iiber den Ratcmsinn des Oh,res; von Ernst N a c h .

I n einer altern Arbeit 1) glaube ich dargethan zu haben, dafs die Klangfarbe eines Schalles von dessen Intensitgt und demnach mittelbar auch von der Eiitfernung der Schall- quelle abhange. Diefs ist so zu verstehen. Abgesehen da- von, dafs unter Uinstandeu physikalische Ursachen wirken, welche in grofserer Entfernung von der Schallquelle den Obertonen des Klanges das Uebergewicht iiber den Grund- ton verschaffen, kommt noch eine physiologische Erschei- nung ins Spiel. Wenn namlich die Partialtone eines Klan- ges auch alle in gleichem Verhaltnib intensiver oder we- niger intensiv werden, so iiberwiegen doch in der Ernpfin- dung bei Vermehrung der Intensitat die tiefern, bei Ver- minderung derselben die hohern Partialtone. Der versturkte Klang erscheint bei iibrigens gleicher Beschaffenheit volZer, der geschwachte leerer.

Ich habe die Thatsache, welche, wie es scheint durch Beobachtungen vou W. W e b e r 2 ) , S R i n g e r 3), W y l d e , S t r i c k e r * ) und mir constatirt ist, auf einen empirischen A d r u c k gebracht. Mit Zugrundlegung des W e b er- F e c h n er’schen Gesetzes finden wir fur die Empfindungs- intensitat y eines Tones von der physikalischen Intensitat z, welcher bei der Starke b auf die Schwelle tritt:

y = a .log($)

y l=a , . l o . tl (a . und fur einen hoheren Ton:

1 ) Ucber einige der physiologischeo Abustik angetrarige Erscheinuogcn

2) Pogg. Ann. Bd. 24, S. 174. 3 ) Pogg. Ann. 1863, Bd. 118, S. 636. 4 ) Pogg. Ann. 1864, Bd. 121, S. 335.

Sitzungsberichte d. Wiener Akad. 50. Bd.

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Diese beiden Gleichungen drucken unsere Thatsache aus, wenn b, < b, a, < a. Danu uberwiegen bei gerin- gerer physikalischer Intensirat in der Empfindung die ho- hern, bei gr6fserer Intensitat die tiefern TBne.

In derselben Weise stelle ich schon seit zwei JahreB in meinen Vorlesungen den mehrinals von D o v e be- sprochenen Helligkeitswechsel von Blau und Roth in der Dammerung dar. Eiiie ahnliche Erklarung dieser Erschei- nung findet sich nun auch in W u n d t ’ s ebeu vollendetem Lehrbuch der Physiologie S. 541. Nur macht W u n d t keine Anwendung von dem W e b e r - F e c h n e r ’ s c h e n Ge- setz. Seine beiden Curven Fig. l wiirden nach meiner Auffassung durch Fig. 2 zu ersetzen seyn. Man wird sich

Fig. 1. Pig. 2. vielleicht so auch den Farbenwechsel kleiner Objecte bei der Eotfernung derselben zu denken haben. Ueberhaupt ist die Erscheinung vermuthlich bei allen Sinnesorganen an- zutreffen, welche verschiedene Empfindungsqualit3ten gleich- zeitig aufzufassen vermtjgen.

W e n n die Klangfarbe von der Entfernung der Scball- quelle abhangt, so wird man offenbar auch die Entfernung eines bekanntcn Schalles nach der Klangfarbe schatzen konnen, es wird also eine Art Luftyerspective auch fur das Ohr gebeu. Dieser Schlub bestatigt sich in der That und lafst sich durch hubsche Experimente beleuchten.

Wenn man den Ton einer Stimmgabel durch eine N or- r e m b erg’sche Robre beobachtet, welche den Grundton fast ausloscht, die Obertbne aber bestehen Iafst, so glaubt 1) Pogg. Ann. Bd. 121, S. 161.

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man die Gabel in grofser Entfernung zu horen. Noch auf- fallender ist dieL an einer inenschlichen Stimme wenu diese im Grundtone der N o rr em b e r g 'schen Rohre spricht. Man hort diese Stimme wie iiber die Gasse heriiber. Denselben Effect erhiilt man, wenn man inittelst einer Luftpumpe die Luft in den iiufsern Gehorgangen comprimirt, dadurch die Trominelfelle spannt und fur tiefere Tdne schwingungsunfa- hii macht. Man meint d a m die Stimme eines Nebenstehenden aus grofser Entfernung zu hdren ; sie erscheint der Bauch- rednerstimme ganz ahnlich. Diese Urtheilstauschungen spre- chen offenbar fur die aufgestellte Behauptung.

Auf die Schatzung der Lage der Schallpuelle, uber welche ich zahlreiche Beobachtungen gesammelt habe, komlne icb spater zu sprecheu.

X . Studien uber die Gase; eon Dr. H. W. S c h r o e d e r v a n der Kolk .

9. I. Einleitung.

S o fern der Satz der merhauischen Warmetheorie, dafs der Zusbnd eines Korpers nor von zwei gegebenen Grofsen abhangig sey, als statthaft betrachtet werden kanu, liifst sich auch die Formel pv = kt, wo p den Druck, v das Vo- lumen, und t die absolute Teinperatur bezeichnet, als fur alle Korper giiltig betrachten. k ist dann im Allgemeinen eine veranderliche von Teinperatur und Druck abhangige Grdfse; setzt man sie constant, so erhalt man die Formel des Korpers, den man ein ideelles Gas genannt hat. Die wirklichen Gase nahern sich sehr dieseln Zustande; die Ver- iinderungen, welche Temperatur und Druck hier im Werthe von k hervorrufen, sind sehr gering. Fur einige Gase, namentlich fIir Wasserstoff, Luft, Kohleneiiure und Stick- stoff erlauben die Regna ult'schen Bestiminungen, die