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ASTRONOMISCHE NACHRICHTEN. Band 228. Nr. 5460. 12. Bemerkungen zum Problem der 8 Cephei-Sterne. Von P. ten BruRgencate. I. Empirische Schwierigkeiten. Den bisher ein- ander gegenuberstehenden Theorien der d Cephei-Sterne : der alten Doppelsterntheorie (neuerdings von Hellerirh I) aufgegriffen) und der Pulsationstheorie Eddinffons 2), hat kiirzlich jeans3) eine dritte Theorie hinzugefugt, die in ge- wissem Sinne die Mitte halt zwischen den beiden anderen. Auf empirische Schwierigkeiten der alten Doppelsterntheorie hat besonders Henrofrau4) aufmerksam gemacht. Wir wollen hier nur auf solche P'unkte hinweisen, die weder durch Edding- tons noch durch jeans' Theorie zwanglos erkllrt werden konnen. Die Amplituden der Lichtkurven zeigen, ganz unabhangig vom Spektraltypus und, wenn wir uns auf Perioden kleiner als etwa 40 Tage beschriinken, auch unabhangig von der Periode, eine ausgesprochene Haufungs- stelle bei e t m dp7. Daneben weif3 man, daD im Lichtwechsel der ,Cepheiden Oberschwingungen fehlen. Schon von anderer Seite3) ist darauf hingewiesen worden, daf3 dies. zwei Argu- mente gegen die Erklarung des Lichtwechsels ,als einer adiabatischen Pulsation um einen stabilen Zustand sind. Beide Schwierigkeiten tallen, weg; wenn man nicht Schwin- gungen um einen stabi1en;sondern solche um einen siikular ins t a bi len , a b er 6.r dinar s t a bi len Zustand betrachtet. Dieser Gedanke bildet den Ausgangspunkt der jeansschen Theorie. Denn in den birnformigen Figuren Poinraris haben wir sakular instabile, aber ordinar stabile Figuren vor uns. Durch diesen' Schritt sind aber keineswegs alle Schwierig- keiten behoben, die in der Erklarung der Lichtkurven der Cepheiden liegen. Das .zuverlassige Material uber den Licht- wechsel dieser Sterne ist sehr gering. Trotzdem glaube ich, daO man einige Beobachtungsergebnisse als gesichert an- sehen darf. Sie beziehen sich auf charakteristische Unter- schiede in dem Verhalten der Cepheiden kurzer und langer Perioden. RegelmiOig in jeder Periode wiederkehrende sekundare Maxima !in den Lichtkurven sind nuri bei lang- periodischen Cepheiden beobachtet worden, hier allerdings nicht bei allen. Dagegen zeigen die kurzperiodischen Ver- anderlichen oft unregelmifiige Schwankungen im Licht- wechsel, uberhaupt viele Eigentiiinlichkeiten, auch im Spek- trum, die nicht durch eine reine Pulsation erklart werden konnen, sondern auf Deformationen der strahlenden Oberflache hindeuten, wie sie etwa durch Gezeitenwirkung hervorgerufen werden konnen'). Die jeanssche Theorie vermag diese Tat- sachen nicht zu erkliren. Da nach dieser in der Gleichung des Lichtwechsels ein Rotationsglied. vorkommt, davon her- riihrend, daO eine rotierende Birnform uns nicht dauernd eine gleich groBe strahlende Oberflache zukehrt, miiflte sich in1 allgemeinen in igder Lichtkurve ein regelmaig wieder- kehrendes sekundares Maximum zeigen. Es ist jedenfalls unmoglich, auf dieser Grundlage das Fehlen dieser sekun- a) Lichtkurven. I) AN uq.277. x, MN 79.1. ') hIN 85.797. daren Maxima bei all e n Cepheiden geniigend kurzer Perioden zu verstehen. b) Die Zusammenhange zwischen Periode, Leuchtkraft und. Spektraltypus. Sowohl Eddingfons Pulsationstheorie,' als auch die Theorie von jeans vermogen eine befriedigende Darstellung der aperiod-luminosity-curvea, wie sie zuerst von Miss Leaviff gefunden wurde, zu geben, aber nur fur denjenigen Teil, der zu Perioden gehort, die grol3er sind.als etwa 6 Tage. Dieser Umstand deutet darauf Iiin, ebenso, wie die Schwierigkeiten bei den Lichtkurven, daO beide Theorien die kurzperiodischen Cepheiden nicht zu erfassen vermogen. Es sieht also so aus, als ob d e m Li c h t - wechsel der kurzperiodischen Cepheiden ein prin- zipiell verschiedener physikalischer Vorgang zu- grunde liege. ' Dieser naheliegende SchluD ist aber von fundamentaler Bedeutung, stellt er doch die ganzen Unter- suchungen Shapleys iiber das groDere galaktische System in Frage. Denn diesen dient als 'Grundlage die Auffassung, daD sich die kurzperiodischen Cepheiden stetig an die lang- periodkchen anschlieOen. - Was die Korrelation zwischen Periode und Spektraltypus betrifft, so is! sie zwar nicht so ausgepragt wie diejenige zwischen Periode und Leuchtkraft, aber doch deutlich vorhanden, und zwar in dem Sinne, daB zu hoherrn Temperaturen kurzere Perioden gehoren. Die Erklarung dieser Erscheinungen wurde weder von Eddzngfon noch von .leans versucht. Qie scheint mir auch auf Grund ihrer Theorien nicht moglich zu sein. Retrachtet man die Verteilung der d Cephei-Sterne beziiglich Leuchtkraft und Spektraltypus, so tritt ein charak- teristischer Unterschied in der Verteilung der kurz- und lang- periodischen d Cephei-Sterne im Russell-Diagramrn hervor. E.r laDt sich dahin aussprechen, daD das Gebiet der lang- periodischen Cepheiden eine ausgepragt scharfe Grenze gegen hohere Temperaturen aufweist, die' bei den kurzperiodischen t'ehlt. Die letzteren finden wir bis zu den hochsten Tempe- raturen, die von mormalena Sternen erreicht werden. Die scharfe Begrenzung des Gebietes der langperi- odischen Cepheiden ist es, die, wie ich glaube, gegen die Eddzngfon s c h e P u 1 sat i ons t h e o r i e s p r i ch t. Denn die Auffassung der Cepheiden als Sterne, die um einen stabilen Zustand adiabatisch schwingen, bedingt . eine k o n t i - nuierliche Weiterentwicklung zu benachbarten Zustanden, soda0 der Bildpunkt eines solchen Sternes irn Russell-Dia- pramm aus dem Gebiet der d Cephei-Sterne kontinuierlich in N a c h b a r g e b i e t e wandern muI3. Bei den kurzperiodischen Cepheiden begegnen wir hier keinen Schwierigkeiten, wohl zber bei den langperiodischen. Diese konnen sich sicher nicht kontinuierlich zu Sternen h6herer Temperatur und annahernd konstanter Leuchtkraft entwickeln. Sonst wiire das vollst%ndige Fehlen von A-Riesen mit negativer absoluter GroDe nicht zu ) Publ. Dom. Obr. Ottawa 2, Nr. I. 16

Bemerkungen zum Problem der δ Cephei-Sterne

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ASTRONOMISCHE NACHRICHTEN. Band 228. Nr. 5460. 12.

Bemerkungen zum Problem der 8 Cephei-Sterne. Von P. ten BruRgencate. I . E m p i r i s c h e Schwier igke i ten . Den bisher ein-

ander gegenuberstehenden Theorien der d Cephei-Sterne : der alten Doppelsterntheorie (neuerdings von Hellerirh I)

aufgegriffen) und der Pulsationstheorie Eddinffons 2), hat kiirzlich jeans3) eine dritte Theorie hinzugefugt, die in ge- wissem Sinne die Mitte halt zwischen den beiden anderen. Auf empirische Schwierigkeiten der alten Doppelsterntheorie hat besonders Henrofrau4) aufmerksam gemacht. Wir wollen hier nur auf solche P'unkte hinweisen, die weder durch Edding- tons noch durch jeans' Theorie zwanglos erkllrt werden konnen.

Die Amplituden der Lichtkurven zeigen, ganz unabhangig vom Spektraltypus und, wenn wir uns auf Perioden kleiner als etwa 40 Tage beschriinken, auch unabhangig von der Periode, eine ausgesprochene Haufungs- stelle bei e t m dp7. Daneben weif3 man, daD im Lichtwechsel der ,Cepheiden Oberschwingungen fehlen. Schon von anderer Seite3) ist darauf hingewiesen worden, daf3 dies. zwei Argu- mente gegen die Erklarung des Lichtwechsels ,als einer adiabatischen Pulsation um einen s t a b i l e n Zustand sind. Beide Schwierigkeiten tallen, weg; wenn man nicht Schwin- gungen um einen stabi1en;sondern solche um einen s i ikular ins t a bi len , a b er 6.r d i n a r s t a bi len Zustand betrachtet. Dieser Gedanke bildet den Ausgangspunkt der jeansschen Theorie. Denn in den birnformigen Figuren Poinraris haben wir sakular instabile, aber ordinar stabile Figuren vor uns. Durch diesen' Schritt sind aber keineswegs alle Schwierig- keiten behoben, die in der Erklarung der Lichtkurven der Cepheiden liegen. Das .zuverlassige Material uber den Licht- wechsel dieser Sterne ist sehr gering. Trotzdem glaube ich, daO man einige Beobachtungsergebnisse als gesichert an- sehen darf. Sie beziehen sich auf charakteristische Unter- schiede in dem Verhalten der Cepheiden kurzer und langer Perioden. R e g e l m i O i g in jeder Periode wiederkehrende sekundare Maxima !in den Lichtkurven sind nuri bei lang- periodischen Cepheiden beobachtet worden, hier allerdings nicht bei allen. Dagegen zeigen die kurzperiodischen Ver- anderlichen oft u n r e g e l m i f i i g e Schwankungen im Licht- wechsel, uberhaupt viele Eigentiiinlichkeiten, auch im Spek- trum, die nicht durch eine reine Pulsation erklart werden konnen, sondern auf Deformationen der strahlenden Oberflache hindeuten, wie sie etwa durch Gezeitenwirkung hervorgerufen werden konnen'). Die jeanssche Theorie vermag diese Tat- sachen nicht zu erkliren. Da nach dieser in der Gleichung des Lichtwechsels ein Rotationsglied. vorkommt, davon her- riihrend, daO eine rotierende Birnform uns nicht dauernd eine gleich groBe strahlende Oberflache zukehrt, miiflte sich in1 allgemeinen in igder Lichtkurve ein regelmaig wieder- kehrendes sekundares Maximum zeigen. Es ist jedenfalls unmoglich, auf dieser Grundlage das Fehlen dieser sekun-

a) L i c h t k u r v e n .

I ) AN uq.277. x , MN 79.1. ') hIN 85.797.

daren Maxima bei a l l e n Cepheiden geniigend kurzer Perioden zu verstehen.

b) Die Z u s a m m e n h a n g e zwischen Per iode , L e u c h t k r a f t und. S p e k t r a l t y p u s . Sowohl Eddingfons Pulsationstheorie,' als auch die Theorie von j eans vermogen eine befriedigende Darstellung der aperiod-luminosity-curvea, wie sie zuerst von Miss Leaviff gefunden wurde, zu geben, aber nur fur denjenigen Teil, der zu Perioden gehort, die grol3er sind.als etwa 6 Tage. Dieser Umstand deutet darauf Iiin, ebenso, wie die Schwierigkeiten bei den Lichtkurven, daO beide Theorien die kurzperiodischen Cepheiden nicht zu erfassen vermogen. Es sieht also so aus, als ob d e m L i c h t - wechsel d e r kurzper iodischen Cepheiden e in p r i n - z ipiel l verschiedener phys ika l i scher V o r g a n g zu- g r u n d e l iege . ' Dieser naheliegende SchluD ist aber von fundamentaler Bedeutung, stellt er doch die ganzen Unter- suchungen Shapleys iiber das groDere galaktische System in Frage. Denn diesen dient als 'Grundlage die Auffassung, daD sich die kurzperiodischen Cepheiden stetig an die lang- periodkchen anschlieOen. - Was die Korrelation zwischen Periode und Spektraltypus betrifft, so is! sie zwar nicht so ausgepragt wie diejenige zwischen Periode und Leuchtkraft, aber doch deutlich vorhanden, und zwar in dem Sinne, daB zu hoherrn Temperaturen kurzere Perioden gehoren. Die Erklarung dieser Erscheinungen wurde weder von Eddzngfon noch von .leans versucht. Qie scheint mir auch auf Grund ihrer Theorien nicht moglich zu sein.

Retrachtet man die Verteilung der d Cephei-Sterne beziiglich Leuchtkraft und Spektraltypus, so tritt ein charak- teristischer Unterschied in der Verteilung der kurz- und lang- periodischen d Cephei-Sterne im Russell-Diagramrn hervor. E.r laDt sich dahin aussprechen, daD das Gebiet der lang- periodischen Cepheiden eine ausgepragt scharfe Grenze gegen hohere Temperaturen aufweist, die' bei den kurzperiodischen t'ehlt. Die letzteren finden wir bis zu den hochsten Tempe- raturen, die von mormalena Sternen erreicht werden. Die scharfe B e g r e n z u n g des Gebie tes der l a n g p e r i - odischen Cepheiden is t es , d i e , wie ich glaube, gegen die Eddzngfon s c h e P u 1 s a t i ons t h e o r i e s p r i ch t. Denn die Auffassung der Cepheiden als Sterne, die um einen stabilen Zustand adiabatisch schwingen, bedingt . eine k o n t i - nuier l iche Weiterentwicklung zu benachbarten Zustanden, soda0 der Bildpunkt eines solchen Sternes irn Russell-Dia- pramm aus dem Gebiet der d Cephei-Sterne kont inuier l ich in N a c h b a r g e b i e t e wandern muI3. Bei den kurzperiodischen Cepheiden begegnen wir hier keinen Schwierigkeiten, wohl zber bei den langperiodischen. Diese konnen sich sicher nicht kontinuierlich zu Sternen h6herer Temperatur und annahernd konstanter Leuchtkraft entwickeln. Sonst wiire das vollst%ndige Fehlen von A-Riesen mit negativer absoluter GroDe nicht zu

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verstehen. Die eiozige Moglichkeit ware die, daD diese Sterne das Gebiet der langperiodischen Cepheiden verlassen in der Richtung langsam wachsender Temperatur und verhaltnis- miBig rasch abnehmender Leuchtkraft, um in den Zwergast einzumunden.. . Sie muDten dann das Gebiet der kurz- periodischen Cepheiden durchwandern. Dies scheint aber den empirischen Erfahrungen aus den Farbenhelligkeits- diagrammen von Kugelsternhaufen zu widersprechen. Ein Vergleich der Diagramme von Messier 3 und Messier, 13 zeigtl), daD wir M. 13 als den alteren Haufen ansprechen mussen. Nun enthalt aber M. 3 zahlreiche kurzperiodische Cepheiden und keine langperiodischen, wahrend M. 13 auf- fallend reich an langperiodischen und arm an kurzperiodischen d Cephei-Sternen ist. Ich glaube, daD dies die groOe Unwahr- scheinlichkeit. der oben entwickelten Vorstellung dartut, nach der die kurzperiodischen Cepheiden aus den langperi- odischen hervorgehen muDten. W i r werden a l so , m e h r oder weniger zwanglauf ig , z u r Konsequenz ge- f u h r t , daO es a u s d e m Gebie t d e r langper iodischen Cepheiden ke inen k o n t i n u i e r l i c h e n U b e r g a n g i n ,normale Zustandea g ib t . Das heiDt aber, da der kritische Zustand der d Cephei-Sterne nach allen unseren physikalischen Anschauungen, nicht dauernd erhalten bleiben kann: d ie Bi ldpunkte im Russell-Diagramm ver lassen d a s Gebie t d e r langper iodischen Cepheiden s p r u n g h a f t . Es mu0 aka, wenn ein Stem im Lauf seiner Entwicklung den Zustand der langperiodischen Cepheiden erreicht hat, durch sakulare Instabilitat ein dynamischer ProzeD einsetzen, wobei der Zustand des Endprodukts dem Ausgangszustand nicht benachbart zu sein braucht.

2. Gleichgewichtsfigurenrotierender u n d s t r a h - lender Gasmassen. Die grundlegende Voraussetzung der letzten und aller folgenden Ausfuhrungen besteht darin, daB das Russell-Diagramm aufgefant werden daif als Entwick- lungsdiagramm im Sinne der Riesen- Zwerg-Theorie. Ich halte diese Auffassung auf Grund der Untersuchungen uber die Farbenhelligkeitsdiagramme der Sternhaufen fur ge- sichert. Zur eingehenden Begrundung dieser Behauptung verweise ich auf eine Arbeit in den ,Naturwissenschafteno2). Als einfachstes Modell, das dieser AutTassung geniigt, wird im folgenden das jeanssche Modell eines Sternes rnit zweierlei Arten Materie angenommen, die sich in verschiedenem MaDe in Strahlung umsetzen. Das Modell hat leans eingehend beschrieben3). Naturlich sind daneben noch beliebig vie1 andere brauchbare' Modelle denkbar. Hier genugt es jedoch vollkommen, den einfachsten Fall anzunehmen.

Um der eben besprochenen Beobachtungstatsache Rechnung zu tragen, haben wir also als. Grundlage einer Theorie (wenigstens der langperiodischen Cepheiden) an- zusehen einen sakular instabilen, aber ordinar stabilen Zustand. Ins~fern enthilt die jeanssche Theorie sicher etwas Richtiges. Daneben haben wir aber noch zu versuchen, die Theorie in passender Form auf die kurzperiodischen Cepheiden aus- zudehnen. Ich hoffe, zeigen zu konnen, daI3 dies durch eine exaktere Diskussion der Gleichgewichtsfiguren rotierender und strahlender Gasmassen gelingt, ohne Hinzufugung einer neuen Hypothese. Vorweg sei bemerkr, daD es sich dabei, aus

der Art des Problems, nur urn qualitative Uberlegungen handeln kann. Insofern sind die folgenden Resultate nicht so gut an der Erfahrung prufbar, wie etwa die quantitativen Ergebnisse der Pulsationstheorie. Trotzdem glaube ich, dal3 es erlaubt ist, an dieser Stelle naher darauf einzugehen.

Was wir aus der Eddingfonschen Theorie der normalen Zustande wissen, ist, daD der Aufbau eines strahlenden Stemes vor E r r e i c h u n g d e s s a k u l a r i n s t a b i l e n Z u - s t a n d e s befriedigend dargestellt werden kann durch den Aufbau einer Gaskugel nach der Polytropen n = 3 . Der nachste Schritt wird also sein, die Gle ichgewichts f iguren e iner ro t ie renden u n d s t r a h l e n d e n Gasmasse zu unter- suchen, deren innerer Auf bau bei verschwindender Rotation ubereinstimmt rnit dem Aufbau einer Gaskugel nach der Polytropen n =3. - Die mechanische Gleichgewichts- bedingung, die offenbar die Gleichgewichtsfiguren bestimmt, la& sich sehr einfach formulieren. Sie lautet

d(p+p,)=edQ, Darin ist p der Gasdruck, p, der Strahlungsdruck, @ das Gravitations-(plus Zentrifugal-) Potential und 4 die Dichte. Die vier GroDen sind Funktionen des Ortes in der gravi- tierenden und strahlenden Gasmasse.

Wir wollen zuerst kurz die Ergebnisse der Unter- suchungen uber die Gleichgewichtsfiguren n i c h t s t r a h l e n d e r ro t ie render Model le , die bei verschwindender Rotation in polytrope Gaskugeln ubergehen, zusammenstellen. Es ist bekannt, daD nur die Gaskugeln der Polytropenklassen o S n S5 physikalisch realisierbar sind. Denn alle Kugeln, die zu hoheren Klassen gehoren, besitzen unendliche Masse. Was die Dichteverhaltnisse betrifft, so stellen die beiden Grenz- fille n = o und n = 5 Extremfalle dar; n = o ist die Kugel konstanter Dichte (also aquivalent rnit einer homogenen, inkompressiblen Fliissigkeitskugel); n = 5 ist die Kugel rnit dern starksten Dichteabfall nach au0en. Sie kann schematisiert werden durch ein Modell rnit massigem Kern und einer daruber liegenden praktisch masselosen Atmosphare (aquivalent dem Modell von Roche). Fur diese beidqn Falle kann eine sirenge Theorie der Gleichgewichtsfiguren durchgefuhrt werden.

Das Modell n = o besitzt in den Poincare'schen birn- formigen Figuren sakular instabile, aber ordinar stabile Zustande, die aus den jarobischen Ellipsoiden durch eine Schwingung hervorgehen, die rnit LamCschen Funktionen beschrieben werden kann. Die einfachs te Birnform wird, wegen ihrer sakularen Instabilitat, wahrscheinlich durch eine Zweiteilung endigen.

Ganz anders verhalt sich das Modell n = 5 . Es durchlauft, von der Kugel ausgehend, Pseudoellipsoide, die schlienlich zur Linsenform ausarten. Hat sich bei der Entwicklung eine scharfe Linsenkante ausgebildet, so beginnt der Instabilitats- prozel3: das Modell verliert Masse langs des Aquators. Die Ansichten uber die Vorgange wahrend des Materieverlustes, insbesondere ob dieser kontinuierlich, wie leans meint, oder diskontinuierlich nach PoincarC (im Ansch IUD an Laplaces Ringtheorie) vor sich geht, gehen weit auseinander. Aber bestimmt kann man wohl sagen, daI3 e s sich hier nicht handeln kann um Schwingungen um einen sikular instabilen, aber ordinar stabilen Zustand.

l) Seeligrr-Festschrift 1924, S. 50. ') Die Naturwisrenschaften, 13. Jahrg, S. 26. ') M N 85.zioff.

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Wenn wir also alle polytropen Modelle von n =o bis II = 5 durchlaufvr, findet mehr und mehr eine Verschiebung des Instabilitiitscharakters vom T-Typus (Teilung) zum A-Typus (Aquator) statt. jeans hat versucht, dasjenige Modell ,an- zugeben, bei welchem gleichzeitig T- und A-Instabilitat statt- findet. Er fand dafur die polytrope Kugel n = 5/6. Insbesondere setzt aLo beim nicht strahlenden Modell (des Eddingfonscher: Sternes) n = 3 zuerst A-Instabilitat ein.

Wir haben nun einen Schritt weiter zu gehen u d die W i r k u n g d e r S t r a h l u n g abzuschatzen. .Ich glaube, dal! man dazu erfolgreich den folgenden qualitativen Weg ein- schlagen kann. In die Bedingung niechanischen Cleich- gewichts geht die Summe.von Strahlungsdruck und Gasdruck ein. Es liegt deshalb nahe, auch hier zwei Grenzfille zu be- trachten.

a) Der Strahlungsdruck ist klein gegenuber dem Gas- druck, was eintritt, sobald ein Stern geniigend kleine Masse hat.

b) Der Gasdruck ist klein gegeniiber dem Strahlungs- druck, was der Fall ist bei Sternen genugend groBer Masse.

Fa l l a): Fur p , = o geht das Modell iiber in das nichl strahlende. . Die Gleichgewichtsfiguren eines schwach strahlen. den rotierenden Eddingtorrschen Modellsternes werden alsc in erster Naherung iibereinstimmen rnit den Figuren einex rotierenden Gasmasse, die bei verschwindender Rotation ubergeht in die polytrope Gaskugel n = 3. Von dieser wissen wi.r aber, daB sie A-Instabilitat zeigt. Wir finden also: S t e r n e , die ' n a c h d e r Eddzngfonschen T h e o r i e a u f - g e b a u t s i n d u n d kleine Masse bes i tzen , w e r d e n , w e n n 'u b e r h a u p t , a q d a t o r ia 1' ins t a b i I .

F a l l b): E. A . Mzfncl) hat diesen Fall zuerst, nach ihm auch uoe Zerjkf l ) , durchgerechnet. Das Ergebnis diesex Untersuchungen ist, daB ein genugend massiger Stern, in welchem die Energie nach Eddihgfons Annahmen erzeugt wird, sich verhalt wie ein inkompressibles Modell. I n dies ern F a l l e e r h a l t e n wir e ine b i r n f o r m i g e 1nstab. i l i ta t .

Wir werden also auf den wichtigen Satz, gefuhrt: Bei S t e r n e n , d ie im Grenzfa l l verschwindender R o t a t i o n d e r Eddzngfonschen T h e o r i e geni igen, i s t d e r C h a r a k t e r d e r I n s t a b i l i t a t e ine F u n k t i o n d e r Masse des Sternes . M i t wachsender Masse f inde t e in e V e r s c h i e b.u n g d e s I n s t a b i 1 i t a t s c h a r a k - t e r s vom A - T y p u s turn T - T y p u s s ta t t . Fur rnjttlere Massen werden sich beide Instabilitaten iiberlagern.

Bei einer Anwendung dieser theoretischen Uber- legungen auf kosmogonische Probleme durfen wir uns nicht verhehlen, dal3 sie nicht frei von Schwierigkeiten sind, auf die wir deshalb noch kurz aufmerksam machen wollen. Die Uberlegungen enthalten zwar keine Hypothese, die nicht auch in die Theone der onorrnalen Zustlnder einginge. Eine Schwierigkeit erblicke ich vielmehr darin, zu entscheiden, in welchem MaBe den m a t h em a t i s c h e n Grenzfiillen eine phys ika l i sche Bedeutung zukommt, d . h. die GroBen- ordnung einerseits derjenigen Massen zu bestimmen, die re in aquatorial, und andererseits derjenigen, die re in birnformig instabil werden. Insbesondere geht bei der Anwendung dieser qualitativen Resultate auf das Problem der d 'Cephei-Sterne

I) M N 83.140- t , M N 84.665.

die Hypothese ein, daB wir es bei dieser Klasse von Sternen mit amittleren Massena zu tun haben, bei denen beide Arten von Instabilitat auftreten.

3. E r k l a r u n g d e r empir i schen Schwier igke i ten . Der Unterschied zwischen der Theorie vonjeans und der hier entwickelten Auffassung besteht darin, daB hier die Cepheiden betrachtet werden als instabile Zustande, in denen sich T-In- stabilitat und A-Instabilitat iiberlagern, wobei rnit wachsender Masse des Sternes, d'. h. zunehmender Periode die A-Insta- bilitat gegenuber der T-Instabilitat immer mehr zuriicktritt. Es ist leicht einzusehen, daB das (in der jcatrrschen Theorie fehlende) bei kurzen Perioden immer starker werdende Auf- treten der A-Instabilitit neben der T-Instabilitat gerade die in 5 I erwahnten Punkte qualitativ zu erklaren gestattet. - Was zunac.hst die Lichtkurven anbetrxt, so wird der Dprimare Lichtwechsela, genau wie bei feuns, bei a l l e n Cepheiden durch die vorhandene T-Instabilitat hervorgerufen:, die in Schwin- gungen um einen sakular instabilen, aber ordinkr stabilen rZustand besteht. Bei kurzen Perioden aber uberlagert sich eine rnerkbare A-Instabilitat, die der Gleichgewichtsfigur eine syrnmetiischere Oberflache erteilt, sodan die. Rotationseffekte verschwinden. An ihre Stelle konnen aber, durch den Verlust von Materie langs des Aquators, unregelmaaige sekundare Lichtschwankungen treten.

Die Korrelation zwischen Spektraltypus und Periode ergibt $ich: ebenfalls zwariglos aus der Vorstellung starker werdender A-Instabilitat, d. h. groBeren Massenverlustes langs des Aquators bei kleiner werdender Periode. Massen- verlust eines Sternes auf de,m Riesenast bedeutet, nach dem Verhalten cles jcansschen Mbdells, ein Vorwartsschreiten des Sternes zu fruherem Spektrahypus, soda0 also nach der Theorie eine Zunahme der Temperatur mit abnehmender Periode zu erwarten ist, ein Zusammenhang, der, wie wir sahen, durch die Reobachtungen voll. besatigt wird.

Endlich finden nun auch die Eigentiimlichkeiten im Verhalten der . kurzperiodispheri Cepheiden, die Hcnrofeau durch Gezeitenwirkung einCs Satelliten zu erklaren sucht, eine einfache Deutung. W F n - wi,r ntimlich A-Instabilitat in Betracht ziehen, so iibernimmt die am Aquator ausgestoBene Materie die Rolle des Satelbiten und ruf. auf der prirnaren Masse Cezeitenwirkungen hervor. Es ist danach nicht ver- wunderlich, dal3 die von Henrofeau erwahnten Eigentiimlich- keiten nur bei Cepheiden' kurzer .Periode beobachtet 'werden.

4. L a n g p e r i o d i s c h e C e p h e i d e n u n d s p e k t r o - skopische Doppels terne. Fur die Cepheiden langer Periode, d. h. groBer Massen, ,gehen unsere Ubedegungen vollig in die Theorie vonjcuns uber. Wir konnen uns deshalb rnit der ' Erwahnung des Resultats begnugen. Die langperi- Ddischen Cepheiden endigen, wegen der vorherrschenden T-Instabilitat, durch Bildung eines spektroskopischen Doppel- jternes.

5. Kurzper iodische C e p h e i d e n u n d p l a n e - :ar ische Nebel. Der Instabilitatscharakter der Cepheiden mrzer Perioden unterscheidet sich dadurch von demjenigen ier Cepheiden langer Perlodie, daf3 die Wirltung der A-Insta- Dilitat nicht mehr vernachlassigt werden darf. Groh ge- iprochen, konnen wir uns etwa das folgende Modell fur einen

I 6'

kurzperiodischen 6 Cephei-Stern konstruieren : Ein Kern, dessen Oberflache im wesentlichen nach LamCschen Funkti- onen schwingt, wodurch der primare Lichtwechsel hervor- gerufen wird, und dariiber eine Atmosphare, deren Tn- stabilitatscharakter im wesentlichen vom ' A-Typus ist. In Wirklichkeit wird auch der Kern, durch A-Instabilitat Masse verlieren, sodaB der ProzeB wahrscheinlich darin besteht, daI3 der Kern immer kleiner, die Atmosphare immer groBer wird. Der Massenverlust des Kernes bedingt. aber, wie wir sahen, steigende Temperatur, also ein kontinuierliches Wandern des Bildpunktes von spateren zu'friiheren Spektral- typen. Gibt es nicht einen empirischeii Befund, der diesen 'theoretischen SchluB wahrscheinlich macht ? In den kugel- formigen Sternhaufen gibt es eine Reihe von Sternen, die rnit den Haufenveranderlichen ,oder kurzperiodischen Cepheiden, soweit man aus ihrer Verteilung im Farbenhelligkeitsdia- gramm schlieBen kann'), eng zusammenzuhangen scheinen. Ich habe sie, vielleicht nicht ganz geschickt, ,ifbergigantencc genannt. Vergleicht man den mittleren Faibenindex dey Ubergiganten in den beiden'sternhaufen Messier 3 und Mes- sier 13, so findet man beim ersteren etwa den Wert +om15, beim letzteren etwa -omro. Da M. 13 alter ist als M. 3, so sind diese Sterne kontinuierlich in das Gebiet' hoherer Temperaturen geriickt. Nimmt man den Zmammenhang zwischen Ubergiganten und Haufenveranderlichen als wahr- scheinlich an, so ist dadurch die oben gezogene theoretische Folgerung gestutzt.

In diesem Zusammenhang ist es beme.rkenswert, daB an der Spitze des Russell-Diagramms 9Sternecc vorkommen - ich meine die planetarischen Nebel - von denen Jeans*) schon vor einer Reihe von Jahren gezeigt hat,, daB sie auf- gefaI3t werden konnen als schlieOliche Endprodukte . eines instabilen Prozesses vom Charakter des Rorkeschen Modelles. Wir. finden also, dal3 den kurzperiodischen Cepheiden irn wesentlichen der gleiche Instabilitatscharakter zukommt wie .den planetarischen Nebeln. Fuhrt dies nicht zur Ver- mutung, daB zwischen beiden Objekten ein tieferer kosmo- gonischer Zusammenhang besteht, etwa in dem' Sinne, daB der instabile Zustand, der durch den charakteristischen Lichtwechsel der kurzperiodischen Cepheiden sich dokumen- tiert, ein Zwischenstadium darstellt in der Entwicklung eines Sternes zum planetarischen Nebel?

Was bis jetzt alle Schliisse in dieser Richtung noch sehr unsicher macht, sind die wenig gesicherten Daten iiber Leuchtkraft und Masse der planetarischen Nebel. Da die kurzperiodischen Cepheiden sicher keine groBe Masse be- sitzen, sondern an Masse etwa der Sonne gleichkommen miigen3), so miissen wir folgern, wenn .beide Arten 'von Himmelsobjekten in einem kosmogonischen Zusammenhang stehen sollen, daB auch den planetarischen Nebeln keine groBen Massen zukommen konnen.

Gottingen, Universitatssternwarte, 1926 Juli.

6. R a d i a l g e s c h w i n d i g k e i t u n d g a l a k t i s c h e v e r - t e i l u n g d e r p . lane tar i schen Nebel . Bei den bisherigen Versuchen, die planetarischen Nebel in das Schema der Sternentwicklung einzuordnen, ergaben sich vielfach erheb- liche Schwierigkeiten. Nach ihrem Spektrum sind diese Objekte sicher an die Spitze der Spektraltypen zu stellen. Dann gelangt man aber zu einem Widerspruch im Gang der mittleren Radialbewegungen rnit den Spektraltypen. Dies zeigt die folgende Tabelle.

Spektraltypus Radialgeschwindigkeit P 30 km/sec

A 11.8

G 15.8

M 17.2

B 7 .o

F 14.5

K 7 5 . 9

Die planetarischen Nebel fallen rnit ihren groBen Radial- geschwindigkeiten vollkommen aus der Reihe der nnormalen Sternea heraus. Wenn man ihnen eine groI3e Masse zuerkennt, wird die Schwierigkeit noch groBer. Sie verschwindet, sobald man einen Zusammenhang zwischen den kurzperiodischen Cepheiden und den planetarischen Nebeln als vorhanden an- nimmt. . Denn von den letzteren weiB man, daB sie zu der Gruppe von Sternen groOer Geschwindigkeiten gehoren.

Die scheinbare Verteilung der galaktischen Cepheiden am Himmel hat, wie man weiI3, eine groBe Ahnlichkeit mit der Verteilung der Kugelsternhaufen. Nun besteht aber auch eine iiberraschende Ahnlichkeit in der scheinbaren.Verteilung der Kugelsternhaufen rnit derjenigen der. planetarischen Nebe14). Sie ist so auffallend, daB Ckarlier hierin eine starke Stiitze fur seine Auffassung der Kugelhaufen als Glieder des engeren Sternsystems erblickte. Wir sehen also, daI3 die golaktische Verteilung der planetarischen Nebel nicht gegen einen Zusammenhang rnit den Cepheiden spricht.

Wenn man die Ansicht, daB sich aus langperiodischen d Cephei-Sternen spektroskopische Doppelsterne bilden, die kurzperiodischen aber rnit den planetarischen Nebeln in kosmogonischem Zusammenhang stehen, als nicht geniigend begrundet verwirft, so moge man der hier entwickelten Theorie zugute halten, daI3 sie rnit einem Minimum von Hypathesen - die ubrigens alle schon in der Eddzngtonschen oder Ieansschen Theorie enthalten sind - die wichtigsten instabilen Zustinde in das Schema der Sternentwicklung einzureihen versucht. Die obigen Untersuchungen bilden die konsequente Durch- fiihrung einer Idee, die jch zuerst in der Seeliger-Festschrift an Hand von Farbenhelligkeitsdiagrammen von Sternhaufen ausgesprochen und in einer Arbeit iiber die Absorption des Lichtes in offenen Sternhaufen5) zu s'tiitzen versucht habe.

P. ien Bruggencaie.

I ) Seeliger-Festschrift 1924, S. so.. *) Problems of cosmogony and stdlar dynamics, Cambridge 1919, S. 247ff. 4, Meddel. Lund Sene 11.2, Nr. 19. 6, Zeitschr. fur Physik 29.263:

5, BAN 3.47.