12
506 Bericht tiber die Jahresversammlung 1922. Zeit wurde der Sitzungssaal so umger~umt, dafs Gelegenheit ge- boten wurde, bei kalter Kfiche und Bier ein gemtitliches Zu- sammensein an kleinen Tischen zu veranstalten. In gehobener Stimmung und unter unterhaltenden Gespr~ichen wurden noch einige Stunden zusammen verlebt und hiermit die Feier be- schlossen. Hetnroth. Bericht tiber die ]ahresversammlung in Berlin vom 13. bis 15. Mai 1922. Anwesend die Herren Stresemann, Heck, Bo- gatsch, Staudinger, Berger, Neumann, [3aron v. Loudon, Strahl, Deichler, Grote, Spatz, Skopnik, Heifer, v. Schuckmann, Steinbacher, Beckel,H. Schmidt,Mell,v. Boxberger, G. Schulz, Nyncke, Arndt, Schuster, Zech, v. Lucanus, Schalow, Fenk, Ohnesorge, Hildebrandt-Altenburg, Sachtleben, Jung, Adam, Wegner, Jfirss, Stein- metz, Steinmetz jun., Sterzel, Heinroth, sowie Frau Schmidt-Kun ow, Frau Hein roth, Fdiulein Friedrich, FrSulein v. Bruchhausen und FrSulein Beele. Ferner beteiligten sich insgesamt etwa 115 G~iste. Vorsitzender : Herr v. L u ca nu s, Schriftftihrer : Herr Heinroth. Am Sonnahend, den 13. Mai, abends 1/28 Uhr erSffnete der Vorsitzende die Jahresversammlung im grofsen Saale des Zentralinstituts fiir Erziehung und Unterricht, Potsdamerstr. 120, mit folgenden Worten: ,,Hochverehrte Versammlung ! Mit einem herzlichen Willkommensgrufs an alle anweseudeu Mitglieder und G:~tste unserer Gesellschaft erSffne ich die Jahres- versammlung. Empfangen Sie fiir Ihr so zahlreiches Erscheinen unseren aufrichtigsten und wiirmsten Dank -- liegt doch hierin ein neuer und herrlicher Beweis, wie regen Anteil Sie an unserer Ge- sellschaft und ihrer wissenschaftlichen Arbeit nehmen. Unsere letzte Jahresversammlung land im Oktober 1920 in Berlin start. Wir alle standen damals noch unter dem vollen Eindruck des ungliicklichen und jShen Endes, das der Weltkrieg ftir uns ge- nommen, und das unser Volk in jene unseligen ZustSnde gestiirzt hat, unter denen wir noch heute so schwer leiden. Yon Tag zu Tag wiichst die wirtschaftliche Not unseres Vaterlandes, die vor allem auch die deutsche Wissenschaft so ernstlich bedroht. Der ge- waltigen Preissteigerung auf allen Gebieten mu[sten wit dutch eine erhebliche ErhShung des Mitgliedsbeitrages Rechnung tragen, die willig und gern yon allen Mitgliedern aufgenommeu wurde, um unserer Gesellsehaft tiber die INot der Zeit fortzuhelfen. Ftir diese Opferwilligkeit sei Ihnen allen herzlich gedankt. Die

Bericht über die Jahresversammlung in Berlin vom 13. bis 15. Mai 1922

Embed Size (px)

Citation preview

506 Bericht tiber die Jahresversammlung 1922.

Zeit wurde der Sitzungssaal so umger~umt, dafs Gelegenheit ge- boten wurde, bei kalter Kfiche und Bier ein gemtitliches Zu- sammensein an kleinen Tischen zu veranstalten. In gehobener Stimmung und unter unterhaltenden Gespr~ichen wurden noch einige Stunden zusammen verlebt und hiermit die Feier be- schlossen. H e t n r o t h .

Bericht tiber die ]ahresversammlung in Berlin vom 13. bis 15. Mai 1922.

Anwesend die Herren S t r e s e m a n n , H e c k , B o - g a t s c h , S t a u d i n g e r , B e r g e r , N e u m a n n , [3aron v. L o u d o n , S t r a h l , D e i c h l e r , G r o t e , S p a t z , S k o p n i k , H e i f e r , v. S c h u c k m a n n , S t e i n b a c h e r , B e c k e l , H . S c h m i d t , M e l l , v . B o x b e r g e r , G. S c h u l z , N y n c k e , A r n d t , S c h u s t e r , Z e c h , v. L u c a n u s , S c h a l o w , F e n k , O h n e s o r g e , H i l d e b r a n d t - A l t e n b u r g , S a c h t l e b e n , J u n g , A d a m , W e g n e r , J f i r s s , S t e i n - m e t z , S t e i n m e t z jun., S t e r z e l , H e i n r o t h , sowie Frau S c h m i d t - K u n ow, Frau Hein r o t h , Fdiulein F r i e d r i c h , FrSulein v. B r u c h h a u s e n und FrSulein B e e l e .

Ferner beteiligten sich insgesamt etwa 115 G~iste. Vorsitzender : Herr v. L u ca nu s, Schriftftihrer : Herr

H e i n r o t h . Am S o n n a h e n d , den 13. Mai, abends 1/28 Uhr erSffnete

der Vorsitzende die Jahresversammlung im grofsen Saale des Zentralinstituts fiir Erziehung und Unterricht, Potsdamerstr. 120, mit folgenden Worten:

,,Hochverehrte Versammlung ! Mit einem herzlichen Willkommensgrufs an alle anweseudeu

Mitglieder und G:~tste unserer Gesellschaft erSffne ich die Jahres- versammlung. Empfangen Sie fiir Ihr so zahlreiches Erscheinen unseren aufrichtigsten und wiirmsten Dank - - liegt doch hierin ein neuer und herrlicher Beweis, wie regen Anteil Sie an unserer Ge- sellschaft und ihrer wissenschaftlichen Arbeit nehmen. Unsere letzte Jahresversammlung land im Oktober 1920 in Berlin start. Wir alle standen damals noch unter dem vollen Eindruck des ungliicklichen und jShen Endes, das der Weltkrieg ftir uns ge- nommen, und das unser Volk in jene unseligen ZustSnde gestiirzt hat, unter denen wir noch heute so schwer leiden. Yon Tag zu Tag wiichst die wirtschaftliche Not unseres Vaterlandes, die vor allem auch die deutsche Wissenschaft so ernstlich bedroht. Der ge- waltigen Preissteigerung auf allen Gebieten mu[sten wit dutch eine erhebliche ErhShung des Mitgliedsbeitrages Rechnung tragen, die willig und gern yon allen Mitgliedern aufgenommeu wurde, um unserer Gesellsehaft tiber die INot der Zeit fortzuhelfen. Ftir diese Opferwilligkeit sei Ihnen allen herzlich gedankt. Die

Bericht fiber die Jahresvorsammlung 1922. 507

Zahl der Mitglieder hat sich seit dem Herbst 1920 um 67 er- hSht, eia erfreuliches Zeichen, dafs in dieser materiellen Zeit der Sinn ftir l~ratur und Wissenschaft nicht verloren geht. Dies zeigt sich auch in der Unterstiitzung, die unserer Gesellschaft ftir die Herausgabe des Journals fiir Ornithologie yon vielen Seiten zu Tell geworden ist. Seine Majest~it KSnig Ferdinand stifteten eine namhafte Summe fiir unsere Zeitschrift. Das Ministcrium fiir Wissenschaft, Kunst und Volksbildung gab im vergangenen Jahre eine Beihilfe yon 1000 M. und hat diese Beihilfe ftir das Jahr 1922 auf 2000 M. erhSht. Dutch gtitige Vermittlung Seiner Excellenz des Herrn Staatsminister Dr. Schmidt-Ott ist yon der Notgemeinschaft fiir die Deutsche Wissenschaft eine j~thrliche Speade yon 2000 M. ftir unser Journal bewilligt worden. Auch aus der Reihe unserer Mitgliedcr empfingen wir Geldmittel ftlr den Druck unserer Zeitschrift. Allen hochherzigen Spendert~ sei ffir die wertvollen Untersttitzungen, durch die sie die Arbeit unserer Gesellschaft und die ornithologische Wissenschaft in so hohem Ma[se gefSrdert haben, aufrichtigst gedankt! - -

Den Etat fiir die V o g e l w a r t e R o s s i t t e u haben das Ministe- rium fiir Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und das Miuisterium ftir Landwirtschaft, Dom~inen und Forsten fiir das Jahr 1922 auf 24000 M. erh5ht, sodafs die fiir die u so wert- voile Tiitigkeit der Yogel~s'arte l~oseittcll in vollem Un,fange auflecht erhalten werden kann. Der Preufsischen Regierung spreche ich hierfiir im Namen unserer Gesellschaft den ehrer- bietigsten Dank aus. - -

Bei der Ausarbeitung einer Erweiterung des V o g e I s c h u t z- g e s e t z e s wurde der Vorstand unserer Gesellschaft yon der Preufsischen Regierung zu Rate gezogen. Zu unserer Freude ist es uns gelungen, f(ir seltene, sehr im Abnehmen begriffeno Vogelarten, wie Uhu, Adler, Wanderfalk, Baumfalk, Rotfufsfalk, Wespenbussard, Milan, Raubwtirger, Kormoran, Weifser und Schwarzer Storch, eine ausgedehnte Schonzeit zu erwirken. Die Adler, der Baumfalk, erfreulicher Weise auch der Uhu, sowie Kormoran und Storch geniefsen jetzt einen vSlligen Schutz wiihrend des ganzen Jahres. So dtirfen wir hoffen, dafs unsere leider so verSdete Natur sich wieder neu belebt, dais wir die Freude haben, den Adler, den KSnig tier LCifte, wieder seine Kreise fiber deutschen WSldern ziehen zu sehen, und dafs mit ihm alle seltenen Vogelarten als ~'aturdenkm~tler unserer Ileimat erhalten bleiben.

Um die ornithologische hrbei t unserer Gesellschaft zu fSrdern, beschlofs derVors tand, e i n e V e r e i n s b i l i o t h e k anzu- legen, die auf dem Museum ffir Naturkunde aufbewahrt wird. Durch zahlreiche Biicherspenden ist bereits der Grundstock f(ir diese Bibliothek gelegt, deren wissenschaftlicher Wert durch die aus 5000 Schriften bestehende ovnithologische Bfiehersamm!ung, die Herr Professor Schalow in so gtitiger Weise zum Geschenk ge-

508 Bericht fiber die Jahresversammlung 1922.

macht hat, in weittragendster Weise erhSht wird. Wir haben be- schlossen, diese wertvolle Btichere] nicht in die Bibliothek der Gesellschaft einzureihen, sondern sie dem Stifter zu Ehren unter dem Namen , , S c h a l o w s t i f t u n g " als geschlossenes Ganze auf- zubewahren. Herrn Professor Schalow sei auch heute noch einmal fiir diese tiberaus kostbare Gabe aus vollem Herzen gedanktl --.

In Anerkennung ihrer grofsen Verdienste um die F6rderung der Ornithologie hubert wit Herrn Professor Schalow und Herrn Dr. Ritter Tschusi zu Schmidhoffen zu E h r e n m i t g l i e d e r n unserer Gesellschaft ernannt.

Herr Geheimrat R e i c h e n o w hat reich gebeten, der Jahres- versammlung mitzuteilen, dafs er zu seinem Bedauern sich ge- nStigt sieht, sein Amt als Generalsekretiir unserer Gesellschaft niederzulegen, well er beabsichtigt, seinen Wohnsitz aus Berlin zu verlegen. Das Ausscheiden des Herrn Geheimrat Reichenow aus seinem Amt, das er 28 Jabre bekleidet hat, erfiillt unsere Gesellschaft und alle deutsche Ornithologen mit aufrichtigem Schmerz! A1s Gencralsekret~r unserer Gesellschaft und Kustos dcr ornithologischen Abtcilung des Museums ftir Naturkunde hat Herr Geheimrat tleichenow es verstanden, den Grund der wissen- schaftlichen Ornithologie, den sein Vorg~tnger Cabanis im Verein mit Naumann, Christian Ludwig Brehm und anderen M~tnnern gelegt hat, zu eincm prSchtigen Bau aufzufiihren, wofiir das von ibm so lunge Jahre herausgegebene Journal fiir Ornithologie und die yon ihm begrtindeteu Ornithologischen Monatsberichte, die ftir die Systematik so bedeutungsvoll geworden sind, beredtes Zeugnis ablegen. Unendlich viel hat unsere Gesellschaft ihm zu danken, der er Jahrzehnte lung das GeprSge gab, unendlich viel die ornithologische Wissenschaft, die er durch seine zahlreichen systematischen Arbeiten so wertvolI gefSrdert hat! Um den Dank, den wir unserem langjiihrigen Generalsekret~r in so hohem Mafse schulden, gebtihrend zum Ausdruck zu bringen, hat der Yorstand beschlossen, Herrn Geheimrat Reichenow zum Ehren- mitglied unserer Gesellschaft zu ernennen, in der Hoffnung, dafs hierdurch die Beziehungen, die Herrn Professor Reichenow mit unserer Gesellschaft seit einem halbert Jahrhundert verbinden, Irotz seines Ausscheidens aus dem u sich noch enger und herzlicher gestalten!

Um unserer Gesellschaft eine festere Grundlage zu geben, schlagen wir vor, sie zu einem , , E i n g e t r a g e n e n u zu erheben, woriiber auf unserer Versammlung Beschlufs gefafst werden soil. - -

Dank dem grofsen Interesse und der tatkrifftigen Unter- sttitzung, die uns ~on allen Seiten zu Tell wird, kSnnen wir trotz aller NSte der Zeit mit freudiger Hoffnung in die Zukunft blicken, in der wir ein glttckliches Bltihen und Gedeihen uuserer Gesell- scbaft zum Helle der ornitho!ogischen Wissenschaft erwarten dth'fen."

Bericht fiber die Jahresversammlung 1922. 509

Unter den zahlreich eingegangenen Griifsen auswiirtiger Mitglieder sei besonders ein Telegramm Seiner MajestSt des KSnigs F e r d i n a n d aus Koburg namhaft gemacht, es lautet: ,,Infolge schweren Unwohlseins mir leider unmSglicb Jahresver- sammlung vom 13.--15. Mai beizuwohnen, wie es mein lebhafter Wunsch gewesen. Alien Anwesenden sende herzlichste Grlifse und wiinsche der Tagung erfolgreichen Verlauf. F e r d i n a n d R."

Fiir die huldvollen Griirse fibersandte der Vorsitzende an Seine Majestiit den RSnig ein Dankschreiben mit einem Bcricht fiber den Verlauf der Jahrcsversammlung.

Hierauf hielt Herr S t r e s e m a n n einen yon etwa 70 Lichtbildern begleiteten Vortrag: ,,M e i n e M o 1 u k k e n r e i s e". Er berichtete fiber den Verlauf der II. Freiburger Molukken- Expedition 1910--12, an der er als Zoologe teilgenommen hatte. Unter der Leitung des Freiburger Geologen Dr. K a r l D e n i n g er war die Expedition im Sommer 1910 yon Europa aufgebrochen. Ihr hrbeitsgebiet sollten die Sfid-Molakken bilden. Die Reisenden hatten in Hol!and ein seetiichtiges Motorsegelboot nach eigenen Angaben bauen lassen und gehofft, mit dessen Hilfe zu jeder Jahreszeit gewisse Inseln zu erreichen, die weit yon den Schiff- fahrtsstrafsen abgelegen sind. Nach einem dreimonatigen Auf- enthalt im Innern der M a l a y i s c h e n H a l b i n s e l , wobei den am oberen Batang Padang nahe tier Grenze yon I)erak and Pahang wohnenden 8akai ein l~ingerer Besuch abgestattet wurde, trat die Expedition im ~November 1910 yon Singapore aus unter eigener Flagge mit ihrem kleinen 8chiff, der ,,Freiburg", die Reise nach Osten an. In der h'~ihe des Lingga-Archipels erlitt der Motor einen schweren Defekt; w~ihrend der daraut folgenden xNacht ril's ein heftiger Sturm den Kliiverbaum weg, und da an Bord kein tlolz vorl:anden war, ihn zu ersetzen, waren die Reisenden nunmehr auf der ,,Freiburg" den starken Meeres- strSmungen preisgegeben. Zum Gl(ick trieben sie eines ~;achts in die NShe dreier bewaldeter Inseln, der Alang tiga, die sie mit dem Beiboot rudernd-erreichten und wo bald ein Stature gefunden war, der fortab als Klilverbaum dienen konnte. Nach mannigfachen weiteren Fiihrnissen liefdie ,,Freiburg" am Morgen des 10. Tages unter Segel in den Hafen yon Muntok auf tier Insel Bangka ein. Dort gelang es, den Motor wiedet' instand zu setzen. Nunmehr konnte die Fahrt naeh Batavia und yon da nach Soerabaja fortgesetzt werden. Naehdem auch die Madura- strafse gliicklich durchschifft und das Gebirge yon B a I i in Sicht gekommen war, schmolz abermals das hchsenlager des grofsen Schwuogrades. Eine grfindliche Reparatur tier ,,Freiburg" in Soerabaja war nun unumgSnglich nStig; die Wartezeit sollte auf Bali zugebracht werden. Wiihrend dreier Monate (11. Januar bis 16. April 1911) haben Dr. T a u e r n und der Vortragende diese interessante und landsch~tftlich entziickendc Insel auf vielen Wegen durchzogen. Die ornithologischen Ergebnisse waren

510 Berlcht fiber die Jabresversammlung 1922.

fiber Erwarten grofs. Es gelang, die Liste tier BalivSgel um 53 A r t e n zu vermehren; darunter befanden sich nicht nur mehrere neue Rassen, soudern sogar der Vertreter einer neuen Gattung: der langhaubige weihe Star Leucopsar rothschildi Stres., dessen Typus bisher Unikum geblieben ist. Unter Zurfick- lassung der ,,Freiburg", die auf der Rfickfahrt yon Soerabaja nach Bali beinahe mit Dr. Deninger an Bord in der Madura- strafse gesunken w~re, wurde die Weiterreise zu den Molukken im April 1911 fortgesetzt, und am 29. dieses Monats betrat die Ex- pedition endlich den Boden der Hauptinsel, S e r a n . Von den vielen MSrschen, welche er in Laufe eines aeunmonatigen Auf- enthalts auf Seran ausgeffihrt h~t, greift Vortr. einea heraus: den Weg yon der Nordkiiste Mittelserans (Wahai) zum Fufse des Centralgebirges (Kanike) und die Besteigung des hSchsten Gipfels dieser imposanten Kette, des 3010 m hohen Pinaia, den kein Europ~er vor- oder i~aehher bezwungen hat. Sehr ergebnis- reich war die Durchforschung des dichten Bergwaldes, der dabei durchschritten werden mufs und erst in einer HShe yon etwa 2500 m am Steilhang sein Ende nimmt. Hier wurden zahlreiche neue Schmetterlinge und u entdeckt, so yon letzteren Stig- mcetops monticola Stres. und der seltsame Oreosterops pinaiae Stres.; hier gelang es auch, zwischen 1800 und 2000 m den hfibschen Papagei ~Eos semilarvata Bp. aufzufinden, dessea Heimat bisher unbekannt war und der am Pinaiahang recht zahlreieh lebte. An seiner oberen Grenze geht der Bergwald allmiihlich in einen breiten Baumfarngfirtel fiber, und oberhalb 2800 m fiberzieht die alpine Grasflur, hier und da yon Rhododendronbfischen unterbroehen, den steil abfatlenden Gebirgskamm. Der kleine grfine Weber Ervthm~ra triehroa pinaiae Stres. und eine weifs- kSpfigo Amsel, Turdus deningeri Stres., waren fiberraschende Entdeckungen in dieser h5chsten Zone, die ftir nile Anstrengungen und Entbehrungen reich entsch~digten. Wassermangel und K~.lto (das Thermometer sank morgens bis auf 50 C) nStigten nach vier Tagen zum Verlassen der Gipfelregion. In den ersten Tagen des Jahres 1912 verlegten Dr. Deninger und der Vortragende ihre T~ttigkeit nach der Nachbarinsel B u r u. Letzterer durch- querte zun~chst die sehr gebirgige Insel an ihrer breitesten Stelle und weilte 8 Tage lang an dem grofsen, im Centrum ge- legenen Wakolosee. Der Februar verging mit der Erforschung des sehr schwer zugitnglichen Hochgebirges im Nordwesten der Insel. Nach langen Bemfihungen gelang es beiden Reisenden am 28. Februar, den 2060 m hohen Felsgipfel des hSchsten Berges (Fogha oder Kapala-Madang) zu erklimmen. Hier wurdon 3 neue VSgel gefunden: Stigmatops deningeri, Zosterops palpe- brosa [oghaensis und Dendrobiastes hyperythra alifurus Stres. Am 1. April 1912 trat die Expedition die Rfickreise nach Europa an. Die Ausbeute an VSgeln, fiber 1200 B~ilge, befindet sieh mit allen Typen grSfstenteils im Tring-Museum; die ornithologischen

Bericht fiber die Jahresversammlung 1922. 511

Ergebnisse sind vom Vortr. in den ,,Novitates Zoologicae" XIX~XXI, 1912--1914, ver~iffentlicht worden.

Herr H e i n r o t h zeigt dana an insgesamt 54 Lichtbildern die J u g e n d e n t w i c kl u n g und verschiedene Steilungen des Zaun- kSnigs, der Nebelkrithe, des Schwarzspechtes, des Storchs und ei~iger Lappentaueher und geht haupts~ichlich auf die Verhitltnisse der Jugendmauser, der Zunahme des KSrpergewichts, des Feder- wachstums und auf die Entwicklung der Instinkte ein. lnsbeson- dere weist er darauf bin, dafs beim ZaunkSnig in der Jugend- mauser auch s~imtliche Schwanzfedern mit erneut werden; die Nebelkriihe wechselt im Gegensatz zum Kolkraben in dieser Mauser das Fliigel-Kleingefieder, und beim Sehwarzspecht hat sich herausgestellt, dais das 2. und 3. Schwanzfederpaar (yon innen gerechnet) im ersten Gefiedcr kfirzer als die benachbarten Federn sind; sie werden ja auch sehr bald als erste Schwanz- federn verloren. Hinsichtlich des Storches m a c h t e r darauf auf- merksam, dais das Klappern eine rein angeborene Triebhandlung ist und fast unmittelbar nach dem Verlassen des Eics beob- achtet wird, auch wenn die Tiere uater der Henne erbrii tet sind. Sic sind bereits nach wenigen Stundea im stande, auf den Fersen zu sitzen.

Am S o n n t a g begann im Zoologischen Museum, Inva- lidenstr. 43, die Sitzung gegen 1/~ 10 Uhr mit dem gesch~ftlichen Tell. Es waren hierbei etwa 20 Mitglieder zugegen. Bei tier N e u w a h l d e s V o r s t a r / d e s wurde far Herrn R e i c h e n o w , der aufseinen Wunsch ausgetreten ist, sein Amtsnachfolger, I Ier r S t r e s e m a n n zum General~ekret~r gewiihlt; im iibrigen wurde der alto Vorstand beibehalten: 1. Vorsitzender: t l e r r v. L u c a - n u s , 2. u G r a f Z e d l i t z , Gea.-Sekretitr: Her r Dr. S t r e s e m a n n , Schriftfiihrer: I terr Dr. t t e i n r o t h , Kassenfiihrer: f le r r S t e i i l me t z. Zu Kassenprtifern wurden die Iterren A r n d t und B e c k e l bestimmt. In den Ausschufs gewtihlt wurden die Herren Vo i g t - Leipzig und J a c o b i - Dres- den. D e r a u f d e r T a g e s o r d n u n g s t e h e n d e A n t r a g : E i n t r a g u n g d e s Ye r e i n s wird angenommen, und die Satzungsttnderungen, die sich zu diesem Zweck ergaben, werden ausfiihrlich durch- beraten. Der Kassenfiihrer Herr S t e i n m e t z legt Recheaschaft fiber sein Amt ab, und es wird ihm auf Antrag der Kassenpriifer Entlastung erteilt.

Her r S c h ~ l o w spricht hierauf fiber d a s Vo r k o m m e n d e r Z w e r g o h r e u 1 e , O t u s s cops scops (L.) , ia D e u t s c h l a n d .

Die Anregung zu dieser Studio gab eine Beobachtung von Friedrich yon Lucanus, nach welcher tier Genannte das Vor- kommen einer Zwergohreule im Herbst 1921 bei Isterbies, Reg.- Bez. Magdeburg, feststellen konnte (J. f. O. 1921, 575).

512 Bericht fibor die Jahresversammlung 1922.

Otus s. scolds ist eine mediterrane Art, die yon den Kanaren im Westen bis nach Kleinaaien und Palastina im Oaten das Mittel- mcergel)iet als Brutvogel bewohnt. Von bier aus ist sie, tells ala zufitlliger Gust, tells auch -- wenn auch nur in sehr wenigen Fallen sicher nacbgewiesen -- als briitende Art nach Deutschland vorgedrungen. Ihr Vorkommen im Oaten ist selten; im Westen ist ea dagegen yon zuverl~tssigen Beobachtern hltufiger regi- striert worden.

Das Erscheinen der Zwergohreule im weatlichen Deutsch- land wie auch das Vorkommen anderer mediterraner bzw. stid- licher Tierformen, wie z. B. Montieola saxalilis L., Emberiza cirlus L. und E. cia L., yon Lacerta muralis Merr. und viridis Daud., yon 2"ruticicola carthusiana Mtill., Hclicogena aspersa Miill. u. a. zwingt zu der Annahme, wie le Roi in seinen Eifel-Studieu ausgefiihrt hat, dais eine Zeit mit hiiherer Temperatur wie die heutige das Vordringen dieser Arten nach Norden ermiiglichte. Bei diesem Vordringen nach Norden mufsten alle diese Arten versuchen, dan Massiv der Alpenketten zu umgehen, und so wurdeu Rhone-, Rhein-. und Moseltal, dic hohe Sommertemperatur besitze~J, in ihrem geologiachen Aufbau frei yon vergletscherten Gel'anden sind, mit ihren Muschet-, Kaik- und Buntsandstein- gebieten und (lereu sonnendurchgltihten Hangen die Einwan- derungswege ftir mediterrane A1ten nach dem weatlichen Deutsch- land. F[ir den Oaten diirfte die Frage der Einwanderung und des Vorlr yon Otus s. scours schwieriger zu erklLtren sein. Ueber ihr Auftreten in diesem Gebiet Deutschlands sind wir nut sehr dtirftig unterrichtet. Die Beobachtungen aus 5lterer Zeit, die nicht mehr zu priifen sind, bedtirfen neuerer Best~,ttigung.

IIerr S ch a I o w hat das Vorkommen der Zwergohreule in Deutschh~nd kartographisch dargestellt und nach drei Gesichts- punlcten gegliedert. Auf der ausgehangten Karte werden mit blauer F~rbe jene Orte bezeichnet, an denen ein Vorkommen yon Scops iiberhaupt festgestellt worden ist; mit griiner Farbe jene, an deaeu die Eule gebriitet hubert soil, und mit Rot schliefa- lich diejenigen Gebiete bezw. Orte, roll denen Angaben sicheren Brutvorkommens vorliegen. Der Vortragende geht auf diese drei Formen der Verbreitung der behandelten Art niiher ein.

Das nardlichste Vorkommen im Westen Deutschlanda ist yon der Insel Helgoland (16. Mai 1862), das ira Osten yon Rominten, Ostpreufsen (Mai 1893) registriert worden. Eine An- gabe Flaricke'a (J. f. O. 1894, 109), der yon einem ,,Auffinden" der Art auf der Kurischen Nehrung im Jahre 1893 apricht, wurde weder yon Thienemann noch yon Tischler wiederholt. Ganz isoliert wird im mittleren h~orddeutschland eine hnzahl yon Funden, die dutch erlegte Exemplare sicher gestellt sind, yon dem uuteren Lauf der Elbe, zwischen Hamburg und Magdeburg, verzeichnet. Relativ sehr eng gereiht sind die Fundorte der Zwergohreule im westlichen Deutschland. Sie erstrecken sich

Bericht tiber die Jahresversammlung 1922. ISl~q

yore Bodensee durch das Rhein- und Moseltal nSrdlich bis Aachen und Gruiten im Bergischen. Hier liegen auch die Brut- vorkommen. Sehr wenige gesicherte Vorkommeu von Otus s. scops sind aus dem Osten Deutschlands bekannt. Sie sind dutch eine Kette yon vereinzelten Funden, die stidlich c~es 51. Breiten- grades tiber die Lausitz, Sachsen, Thfiringen und Hessen fiihren, mit den rheinisehen Gebieten im Westen verbunden. Eine andere Ausstrahlung des westlichen Vorkommens nacb Osten bin hat im Silden des 49. Breitengrades stattgefunden, wo wit aus dem engeren oder weiteren Goblet des Donaulaufes, im Schwitbischen und Fr~inkischen Jura Funde besitzen, die im siidlichen BShmer- wald (Passau) ihren hbschlufs nach Osten finden. Die niichsten 5stlichen Vorkommen finden wir dann erst jenseits der 5ster- reichischen Grenze in Ungarn, in dem Jacob Schenck, im (~egen- satz zu anderon Autoren, Otus s. scops als ,,species rarior" be- zeichnet huch tiber den Sperlingskauz, Glaucidium, berichtet Herr Schalow einiges.

Der Vortrag wird im Journal zum Abdruck gelangen. Im hnschlufs hieran erwShnt Herr l i e i n r o t h , dais im

Karlsruher Naturalielikabinet 9. Nester des Sperlingskauze~ atls- gestellt sind, die aus Baden stammen, Eltern und Junge 8ind da.bei. Ferner wurde im Dezember vorigen dahres yon ibm und seiner Frau mehrfach naeh Mitternacht ial Zoologischen Garten eine Vogelstimme gehSrt, die dem Locken des Gimpels sehr iihnlich war. Der Vogel, tier in der Dunkelheit natfirlieh unsicht- bar blicb, wechselte in kurzen Abst~nden seinen Platz. Nach Literaturangaben liegt es nahe an Glaucidium zu denken, (lie vielleicht im Winter hiiufiger herumstreicbt, tlerr Baron L o u- d o n wendet dagegen ein, dais der Sperlingskauz einen schrilleren Ruf, der an den des Sperbers erinnere, babe. Herr v. B o x - b e rg e r gibt seiner sichercn Ueberzeugung dahizi Ausdruck, dais bei Marburg wohl hie Otus scops gcbrtitet babe. Herr v. L u c a n u s fiihrt seine I3eobachtungen in Isterbies, Bez. Magde- burg, genauer aus. Er hat mit Auge und Ohr dort 199,10tus an mehreren hbenden nacheinander festgestellt und will aucb in diesem Sommer besonders auf den Vogel achten.

Hieraufiibernimmt Herr S c h a 1 o w den Vorsitz, und Herr N e u m a n n hRlt einen Vortrag , , t ibe r s e l t e n e u n d a u s - g e s t o r b e n e V o g e l a r t e n u n t e r V o r w e i s d e r im B e r l i n e r Z o o l o g i s c h e n M u s e u m b e f i n d l i c h e n S t i i c ke" . Der u wird in einem sp~iteren Hefte dieses Journals verSffentlicht werden.

Am Nachmittag fund in den Riiumen tier Preufsischen Staatsbibliothek eine Besichtigung yon H a n d s c h r i f t e n her- vorragender, besonders iilterer Ornithologen aus der Sammlung des Herrn S c h a 1 o w statt. Herr Oberbibliothekar Dr. Schuster begrtifste im Namen der Generalverwaltung der Staatsbibliothek die anwesenden Mitglieder und wies auf den Wert der Hand-

514 Bericht tiber die Jahresversammluag 1922.

sehriften ftir die Geschichte der Ornithologie bin. Herr Schalow sprach seinen Dank fiir die Ueberlassung des Ausstellungssaales aus und gab einen Ueberblick fiber seine Sammlung, welche rund 600 Namen mit ann~hernd 12000 Einzelnummer.n umfafst. Sie ist letztwillig ~ler Handschriften-hbteilung der Staatsbibliothek vermaeht worden. In den Vitrinen des Saales wurde eine Aus- wahl yon 200 wertvollen Mteren Autographen ausgestellt und yon Herrn Schalow erliiutert.

Herr yon Lucanus sprach nochmals der Staatsbibliothek far die Ueberlassung der Riiume und Herrn Schalow far die interessante Darbietung den Dank der Gesellschaft aus.

Am Sonntag Abend um 8 Uhr versammelten sich die Teil- nehmer in einem Zimmer des ttumbser-Br~us, Tauenzienstr. Vor Beginn des eigentlichen Bierabends sprach Herr B a re n L o u d o n fiber , , G e o g r a p h i s c h e B e s o n d e r h e i t e n d e r O s t b a l t i s c h e n O r n i s " etwa folgendermafsen: ,,In Folge des Weltkrieges und der Revolution haben die deutschen Ostseet)rovinzen Rufslands ein, vorausichtlich, vortibergehende~ Bild angenommea: die Proviaz Estland mit der nSrdl. H~tlfte yon Livland haben sieh in die iIepublik ,,E e s t i" verwandelt, da- zu noch ein Streifen yore Gouvernement Pleskau. Weiter ist aus der StidhSlfte yon Livland mit Kurland, sowie einem bedeutenden Teil des Gouvernements Witebsk und etwas yon Pleskau die Republik ,, L e t t I a n d " entstanden.

Bisher behandelten wir die Orals dieses Gebietes in seinen ehemaligen Grenzen; die heutigen Grenzen passen aber zoogeo- graphisch noch viel besser, da das hinzugekommene Territorium yon Pleskau und Witebsk faunistisch eher hierher als nach Osten ge- h S r t . - Unser Gebiet findet derart gewissermafsen eine neue Ar- rondierung, und zwar aus folgendem Grunde: eiue der belebtesten Vogelzugstrafsen, die yon der Taymyrhaibinsel l~tn<s der Eis- meerkiiste zum Weifsen Meer und welter fiber Onega- und Ladoga- see zur Ostspitze des Finnischen Meerbusens herabkommt, teiit sich hier in 2 mS~chtige Arme: der westliche folgt der Ostseekaste nach SW., wShrend der 5stliche Arm seinen Weg tiber den Pei- pussee, Pleskauschen See, Lubahnschen S e e - Ewst -- Dana und weiter direkt nach Stiden nimmt und somit mit tier heutigen Ostgrenze des Gebietes zusammenfS~llt, auch teiit sich an der D~ina eine sehw~tchere Strafse nach Westeu hinab, auf der einige Arten ziehen, die wir nur als seltene Erscheinungen im Baltikum kennen, da sie mehr dem Innern Rufslands zustreben (Cerchneis vespertinus). Solcherart ist unser Gebiet auch im Stiden (Kur- land-Litauen) durch eine, wenn auch schwache, Zugstrafse ab- gegrenzt.

Die 5stliche Zugstrafse interessiert uns um so mehr, als sie nur sehr wenig erforseht, ja selbst wenig als solche bekannt st. Blofs S a r u d n y beobachtete bei Pleskau. Diese Zugstrafse

Bericht tiber die Jahresversammmlung 1922. 515

bringt dem Balticum die WintergSste, deren mehr oder weniger zablreicbes huftreten immer nur: entweder durch Mifswacbs yon Samen und Beeren im Norden und in Sibirien (_Pinus, l~icea, Juniperus, AlnUs, ~Betula, Sorbus etc.), oder aber durch ungeheuer dieke Schneelage in ihrer nordischen Heimat begriindet ist, und nicht wie man gewShnlich annahm, durch einen strengen Winter, - - de,sen K~iltegrade die YSgel weder vertreibea noch umgekehrt zu uns anziehen. Es handelt sich immer blofs um dasu yon Samen und Beeren als Nahrung, was wiederum bei vie]en unserer Sommerv6gel garnicht der Fall ist, da z. B. zahlreiche unserer StandvSgel schon dann mit dem Fortzuge beginnen, wenn der Tisch geradezu am reichsten gedcckt ist. Nordische E u l e n kommen sehr viel mebr im Winter zu uns herab, als man gemeinhin annimrat. Sehen wir ganz yon einigen regelrecht ziehenden E u l e n ( S p e r b e r - e u 1 e) ab, so treffen wir zur Winterzeit Strix barbara, uralensi~, Glaucidium passerinum, ~yetala tengmalmi, etc. Von diesen bleiben viele zur Brat da, sonst w:~ire z. B. die B a r t e u i e schon l:~ingst ausgerottet.

Die 5stliche Zugstrafse wird auch vielfach yon rein marinen hrten benutzt, die auf diesem Wege das Schwarze Meer erreichen.

Diese Zugstrafse bildet ferner eine scharfe Grenze fiir die Brutgebiete vieler VSgel; so ziehen die S t a r e des Balticums zum Winter nach Sfid-England, wShrend die S t a r e 5stiich jener Zugstrafse offenbar direkt dem Siiden zustreben. Die biol. Erforschung vermittels der Beringungsmethode ist der einzige Weg zur LSsung dieser Fragen. Wer, in Wort oder Schrift, gegen diese erprobte Methode der Erforschung biologischer Vor- g~inge noch weiterhin agitiert, ist entweder unbelehrbar, oder tat das mit bSser Absicbt. Die Erfahrungen mit dieser M e t h o d o (man sollte schon lange nicht mehr yon , , B e r i n g u n g s v e r - s u c h e n" reden) und ihre Erfolge sind epochemachend fiir un- sere biologischen Kenntnisse. - -

Eine ungemein interesssante Stelle auf dieser 5stlicben Zugstrafse ist die Niederung des Lubahnschen Sees, die all- j~ihrlich einer Hochwasserperiode ausgesetzt ist und das diesen See umgebende Waldmeer meilenweit unter Wasser setzt. Die zahl- reichen h u e r h ~h n e balzen welter und verbringen die Zeit auf den Biiumen. Zur Sommerzeit ist diese Wildnis nicht allein yon zahlreichen BrutvSgeln, darunter h d 1 e r n und den grSfsten E u l e n , sowie massenhaft S u m p f - und W a s s e r w i l d be- vSlkert, sondern auch 6stlichen hrten bewohnt, die weiter nach Westeu noch nicht nachgewiesen sind. Dieses Gebiet ist am wenigsten untersucht und Itifst voraussetzen, dafs die Fauna ~altica bei besserer Kenntnis dieser Gegend noch um einige Arten vermebrt werden wird. Z~hlte ich 1909 in meinem , ,vor - l i t u f i g e n V e r z e i c h n i s d e r V 5 g e l L i v - , E a t - u n d

Jog'm, L Ore. LXX, Jalgg. Oktober 1922. 3J~

Boricht ~ber die Jahresversammlung 1922.

X u r 1 a n d s" 300 Arten (incl. Formen) auf, so kennen wir heu te bereits 311.

An weiteren, interessanten Stellen wSren die Steilufer (Glint) der Nord-Ostktiste Estlands hervorzuheben, an denen di(~ Bru t - stellen hoehnordischer Arten ( L u m m e n und J a g d f a l k ) liegen.

Eine geographische Besonderheit des Baltieums bildet fau- nistiseh wie floristisch die Insel D a g o, die in dieser Eeziehung auffallend veto FestI'tnde und der grt)fsep, benaehbarfen Insel Oesel abweicht. D a g o erinnert, an Skandinavien und Finnland. Auffallend ist das gemeit~e Auftretcn des I~ a u h f u r s k a u z e s, der hier den Waldkauz ersetzt, und vieier anderer Arten. In- teressant ist aueh, dafs sieh hier ein (isolierter) Bestand A u e r - h ti h n e r erhalten hat.

Ueberaus reiehes Yogelleben herrscht teilweise auf den zahlreiehen kleil, en Inseln der WestMiste Estlands (S t r a n d - v S g e l ) , und vor allem auf den Wiesetsli~iehen der 5 i a t z a l - ' , v i e k (Bueht). Im Uebrigen bemerken wir ein stSndiges V o f dringen sthllicher Formen, wShrezM sich nordische Arten dadureh (let Fauna immer wieder crh'flten, dafs sie gelegentliehen Nach- sehub yon d e r 5 s t l i e h e n Z u g s t r a f s e bekommen. Diese sind gerade deshalb der \e rn iehtung immer wieder ausgesetzt , well es sieh um auffallende Tiere handelt: B a r t e u l e , S t e i n - a d l e r etc.

Als unvermeidliche Folge des Krieges und der l levolution lassen sieh bereits starke Veriinderun#en der Fau~m erkennen, ohne dafs wir vorlSufia in der Lage sind, diese genauer festzustellen. hn Allgemeinen konstatieren wit eine ungeheure Zunah:ne x'on allerhand l l a u b z e u g , Abnahme des grSfseren Nutzwildes ( R e h , E 1 c h), teilweise Zunahme des Klein wildes (g n t e n, S e ll n e p fe n) - - eine Folge verwahrloste': Jagdgesetze einerseits und unglaub- licher Teuerung des Sehiefsmaterials qndererseits.

Die neuen, selbstSndig auftretenden VSlker: L e t t e n wie E s t e n haben bisher weder auf zoologisehem noch selbst jagd- liehem Gebiete Manner hervorgebracht, die in dieser Beziehung irgend etwas Positives ge!eistet hStten. '~\:ir erkennen bisher biers Vernichtung, Yerarmung und l~aub an fl'en~dem Eigentum, der sieh selbst auf geistige \Yerte erstreekt.

Ein noch traurigeres Bild sehen wir in Sovjet-Itufsland, we wir das Allerschlimmste, nicht allein ftir Leben und Eigentum unser wissensch. Kollegen, sondern aueh ftir alle unersetzlichen Reiehttimer der Museen erwarten kSnnen."

Am M o n t a g Nachmittag wurde up, ter F~ihrung des Ehepaars H e i n r o t h ein A u s f l u g l~ach d e m T r u p p e n t i b u n g s p l a t z D 5 b e r i t z unternommen ; el' erfreute sich sehr lebhafter BeteiIigung. In entgegenkommendster \Yeise t~atten sich die Herren der dortigen

Bericht fiber die Jahresvorsammlung 1922. 517

Kommandantur der Teilnehmer angenommen, und nach einer St~irkung durch Kaffee und Kuchen in dem Dhberitzer Lager ging es hinaus auf das iiberaus abwechslungreiche Gelhnde des Truppentibungsplatzes, we die verschiedenen befiederten Bewohner yon Wasserfl/iche, Sumpf, Wiese, Oedland, Kieferu- und Laub- wald zur Beobachtung kamen. Besonders eigenartig mutete eine Uferschwalben-Siedlung an, die unter den Ftifsen der Beschauer in verlassenen Schfitzt'ngr~iben angelegt war. Auch ein balzender Birkhahn konnte lunge Zeit bewundert werden. Der Ausflug war yon denkbar bestem Wetter begfinstigt.

O. Heinroth.

Bericht des Bibliothekars.

In der Zeit vom 23. XI. 1921 -- 6. IX. 1922 sind 234 Ein- g~inge zur Bibliothek der D. O. G. als Gaben yon Freunden der Gesellschaft zu verzeichnen gewescn. Der Raummangel verbietet es leider, die Schriften siimtlich mit ihrem Titel anzuftihren. Von den Spendern seien hier genannt die ,,Societas pro Fauna et Flora fennica", alas Khnigl. Ungarische Oruithologische Institut sowie die Herren Baron Geyr yon Schweppenburg, R. Fenk, F. v. Lucanus, W. Sunkel und Dr. von Tschusi zu Schmidhoffen (welcher 121 eigene Arbeiten in Sonderdrucken stiftete). Be- senders erw~hnt seien unter den Geschenken:

W e r n e r H a g e n, Die Vhgel des Freistaates und Fiirsten- turns Ltibeck. (Veto Verfasser.) -- H. H i 1 d e b r a n d t , Beitrag zur Ornis Ostthfiringens .(S.-A.). 1909. (Veto Verfasser.) - - O. F e h 1"in ge r , Unsere Singvhgel. 1922. (Vom Ver!ag.) - - O t t o G r a f Z e d l i t z , Meine ornithologische Ausbeute in h'ordost-Afrika. (S.-A.) 1910--1911. (Vom Verfasser.) - - A. iN e h r k o r n, Katalog der Eiersammlung. 1899. (Von Herrn v. Lucanus.) -- Z e i t s c h r i f t f i i r V o g e l s c h u t z Jahrgang I u. II, 1920-- 1921, mit Ausnahme yon II, Heft 2. (Veto Heraus- geber.) -- R e v i s t a do M u s e u P a u l i s t a . Tome X - X I I , 1918--1920. (Yom Museu Paulista.)

Im S c h r i f t e n t a u s e h liefen ein: A q u i l a. Zeitschrift ftlr Ornithologie. Budapest. Tom. XXV,

1918, XXVII--XXu 1920--1921. A r d e a. Tijdschrift der b~ederlandsche Ornith. Vereeniging.

Leiden. Jaarg. I--X, 1912--1921, mit Ausnahme yon VI, aft. l ; XI, 1922, aft. 1.

B r i t i s h B i r d s . An Illustrated Magazin devoted chiefly to the Birds on the British List. London. Vol. XV, :No. 7--12 (1921--22); Vo]. XVI, No. 1--4 (1922).

D a n s k o r n i t h o l o g i s k F o r e n i n g s T i d s s k r i f t . Kjhben- havn. Vol. XV, 1921, h'o. 3 - 4 ; Xu 1922, :No. 1.

E1 H o r n e r o. Revista de la Sociedad Ornitol6gica del Plata. Buenos Aires. Voi. II, No. 4, April 1922.

34*