6
Diese klinische Prüfung wurde von Novartis Pharma GmbH, Nürnberg, gefördert und durch- geführt. An der Studie haben folgende Ärzte mitge- wirkt (in alphabetischer Reihenfolge): Andre- as Bach, Schwerin; Katrin Engelmann, Dresden; Veit Gabel, Regensburg; Roland Glück, Mann- heim; Michael Huhle, Dresden; Ute Kariger- Schweigert, Falkensee; Murat Kus, Mannheim; Angelika Lindenschmid, Weiden; Gunter Mat- terstock, Frankfurt; Wolf-Ulrich Mättig, Leipzig; Valeska Müller, Berlin; Heidel Müller, Schwerin; Christoph Niederdellmann, Friedberg; Peter Otto, Berlin; Stephanie Pahlitzsch, Berlin; Johann Schock, Erlangen; Sonja Schölzel, Berlin; Eva Simon, Mannheim; Winfried Weiler, Offenbach. Ophthalmologe 2006 · 103:960–965 DOI 10.1007/s00347-006-1426-4 Online publiziert: 27. September 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 W. Behrens-Baumann 1 · C. Niederdellmann 2 · A. Jehkul 3 · R. Kohnen 4 1 Universitätsaugenklinik Magdeburg 2 Friedberg 3 Novartis Pharma GmbH, Nürnberg 4 IMEREM Institute for Medical Research Management and Biometrics GmbH, Nürnberg Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden, kontrollierten klinischen Studie Originalien Blepharitiden zählen zu den meist ver- breiteten Erkrankungen in der ophthal- mologischen Praxis [7, 10]. Staphylokok- ken-Blepharitis, seborrhoische Blepharitis und Mischformen werden unter Blepha- ritis anterior zusammengefasst und von Blepharitis posterior abgegrenzt. Blepha- ritis posterior wird durch eine Dysfunk- tion der Meibom-Drüsen verursacht: In der Zusammensetzung verändertes Sekret bildet Pfropfen an den Meibom-Drüsen- ausgängen mit Drüsenobstruktion und veränderter Zusammensetzung des Trä- nenfilms, was bakterielle Infektionen er- leichtert [6, 10]. Nach der Leitlinie des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands und der Deutschen Ophthalmologischen Gesell- schaft [3, 4] sollte Lidrandhygiene je nach Krankheitsursache und Befund durch An- tiinfektiva, entweder Antibiotika oder An- tiseptika (Desinfizientien), ergänzt wer- den, ggf. können auch kurzzeitig topische Steroide oder Steroidantibiotika-Kombi- nationen eingesetzt werden [3, 4]. Aller- dings ist auch die lokale Anwendung von Antibiotika mit den Risiken von bakteriel- ler Resistenzentwicklung und Sensibilisie- rung auf die Substanz verbunden [2]. Eine Alternative zur antibiotischen Therapie ist die antiseptische Behandlung, die zudem weniger Nebenwirkungen hat. Antiseptika wie Polyvinylpyrrolidon- Jod, Bibrocathol oder Ethacridin werden seit Jahrzehnten im medizinischen Alltag verwendet und ihre Wirkung ist durch äl- tere Studien belegt, jedoch sind sie in pro- spektiven, kontrollierten klinischen Stu- dien gemäß Good Clinical Practice bis- lang nicht systematisch auf ihre Wirksam- keit bei der akuten Blepharitis untersucht worden. Wir berichten die Ergebnisse ei- ner entsprechenden klinischen Studie mit Bibrocathol. Dieser Wirkstoff ist unter dem Handelsnamen Noviform® seit 1978 als Arzneimittel auf dem Markt, klinische Erfahrungen wurden aber bereits zu Be- ginn des 20. Jahrhunderts als „gelbe Sal- be“ auch bei Lidrandentzündungen be- schrieben [12]. Methoden Patienten Eingeschlossen wurden Patienten ab 18 Jahren, die einen Blepharitis-Sum- menscore (s. Statistik) von mindestens 12 aufwiesen. Nicht eingeschlossen wurden Patienten mit Blepharitiden, bei denen nach vorliegenden Befunden aus Sicht des behandelnden Prüfarztes eine Antibioti- katherapie indiziert war, mit therapiere- fraktärer Blepharitis, abnormer Lidana- tomie (unabhängig von Blepharitis), ope- rativem Eingriff am Auge innerhalb der letzten 90 Tage, schwerer Keratokon- junktivitis sicca (Syndrom des „trocke- nen Auges“) oder allergischen Augener- krankungen. Systemische Ausschlusskri- terien waren bekannte Unverträglichkeit von Bestandteilen der Prüfmedikation, schwere systemische Dysfunktionen nach Urteil des behandelnden Arztes, rheuma- toide Arthritis/Spondylitis und Anamne- se maligner Erkrankungen innerhalb der letzten 5 Jahre. Die Patienten wurden bei 14 niederge- lassenenen Ophthalmologen in Deutsch- land nach umfassender Information und schriftlicher Einwilligung mit Prüfmedi- kation ambulant behandelt. Während der gesamten Studiendurchführung wurden die Prinzipien der Guten Klinischen Pra- xis (GCP) und der Deklaration von Hel- sinki zum Schutz der Patienten eingehal- ten. 960 | Der Ophthalmologe 11 · 2006

Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

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Page 1: Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

Diese klinische Prüfung wurde von Novartis Pharma GmbH, Nürnberg, gefördert und durch-geführt.

An der Studie haben folgende Ärzte mitge-wirkt (in alphabetischer Reihenfolge): Andre-as Bach, Schwerin; Katrin Engelmann, Dresden; Veit Gabel, Regensburg; Roland Glück, Mann-heim; Michael Huhle, Dresden; Ute Kariger-Schweigert, Falkensee; Murat Kus, Mannheim; Angelika Lindenschmid, Weiden; Gunter Mat-terstock, Frankfurt; Wolf-Ulrich Mättig, Leipzig; Valeska Müller, Berlin; Heidel Müller, Schwerin; Christoph Niederdellmann, Friedberg; Peter Otto, Berlin; Stephanie Pahlitzsch, Berlin; Johann Schock, Erlangen; Sonja Schölzel, Berlin; Eva Simon, Mannheim; Winfried Weiler, Offenbach.

Ophthalmologe 2006 · 103:960–965

DOI 10.1007/s00347-006-1426-4

Online publiziert: 27. September 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

W. Behrens-Baumann1 · C. Niederdellmann2 · A. Jehkul3 · R. Kohnen4

1 Universitätsaugenklinik Magdeburg2 Friedberg3 Novartis Pharma GmbH, Nürnberg4 IMEREM Institute for Medical Research Management and Biometrics GmbH, Nürnberg

Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei BlepharitisErgebnisse einer randomisierten, doppelblinden, kontrollierten klinischen Studie

Originalien

Blepharitiden zählen zu den meist ver-

breiteten Erkrankungen in der ophthal-

mologischen Praxis [7, 10]. Staphylokok-

ken-Blepharitis, seborrhoische Blepharitis

und Mischformen werden unter Blepha-

ritis anterior zusammengefasst und von

Blepharitis posterior abgegrenzt. Blepha-

ritis posterior wird durch eine Dysfunk-

tion der Meibom-Drüsen verursacht: In

der Zusammensetzung verändertes Sekret

bildet Pfropfen an den Meibom-Drüsen-

ausgängen mit Drüsenobstruktion und

veränderter Zusammensetzung des Trä-

nenfilms, was bakterielle Infektionen er-

leichtert [6, 10].

Nach der Leitlinie des Berufsverbands

der Augenärzte Deutschlands und der

Deutschen Ophthalmologischen Gesell-

schaft [3, 4] sollte Lidrandhygiene je nach

Krankheitsursache und Befund durch An-

tiinfektiva, entweder Antibiotika oder An-

tiseptika (Desinfizientien), ergänzt wer-

den, ggf. können auch kurzzeitig topische

Steroide oder Steroidantibiotika-Kombi-

nationen eingesetzt werden [3, 4]. Aller-

dings ist auch die lokale Anwendung von

Antibiotika mit den Risiken von bakteriel-

ler Resistenzentwicklung und Sensibilisie-

rung auf die Substanz verbunden [2]. Eine

Alternative zur antibiotischen Therapie ist

die antiseptische Behandlung, die zudem

weniger Nebenwirkungen hat.

Antiseptika wie Polyvinylpyrrolidon-

Jod, Bibrocathol oder Ethacridin werden

seit Jahrzehnten im medizinischen Alltag

verwendet und ihre Wirkung ist durch äl-

tere Studien belegt, jedoch sind sie in pro-

spektiven, kontrollierten klinischen Stu-

dien gemäß Good Clinical Practice bis-

lang nicht systematisch auf ihre Wirksam-

keit bei der akuten Blepharitis untersucht

worden. Wir berichten die Ergebnisse ei-

ner entsprechenden klinischen Studie mit

Bibrocathol. Dieser Wirkstoff ist unter

dem Handelsnamen Noviform® seit 1978

als Arzneimittel auf dem Markt, klinische

Erfahrungen wurden aber bereits zu Be-

ginn des 20. Jahrhunderts als „gelbe Sal-

be“ auch bei Lidrandentzündungen be-

schrieben [12].

Methoden

Patienten

Eingeschlossen wurden Patienten ab

18 Jahren, die einen Blepharitis-Sum-

menscore (s. Statistik) von mindestens 12

aufwiesen. Nicht eingeschlossen wurden

Patienten mit Blepharitiden, bei denen

nach vorliegenden Befunden aus Sicht des

behandelnden Prüfarztes eine Antibioti-

katherapie indiziert war, mit therapiere-

fraktärer Blepharitis, abnormer Lidana-

tomie (unabhängig von Blepharitis), ope-

rativem Eingriff am Auge innerhalb der

letzten 90 Tage, schwerer Keratokon-

junktivitis sicca (Syndrom des „trocke-

nen Auges“) oder allergischen Augener-

krankungen. Systemische Ausschlusskri-

terien waren bekannte Unverträglichkeit

von Bestandteilen der Prüfmedikation,

schwere systemische Dysfunktionen nach

Urteil des behandelnden Arztes, rheuma-

toide Arthritis/Spondylitis und Anamne-

se maligner Erkrankungen innerhalb der

letzten 5 Jahre.

Die Patienten wurden bei 14 niederge-

lassenenen Ophthalmologen in Deutsch-

land nach umfassender Information und

schriftlicher Einwilligung mit Prüfmedi-

kation ambulant behandelt. Während der

gesamten Studiendurchführung wurden

die Prinzipien der Guten Klinischen Pra-

xis (GCP) und der Deklaration von Hel-

sinki zum Schutz der Patienten eingehal-

ten.

960 | Der Ophthalmologe 11 · 2006

Page 2: Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

Untersuchungsplan

Es waren 4 Visiten vorgesehen: Pati-

enten, die zum Screening (Visite 1; max.

2 Tage vor Baseline) nach Aufklärung

und schriftlicher Einwilligung zur Studi-

enteilnahme die Selektionskriterien er-

füllten, wurden am Tag 1 (Visite 2; Base-

line) auf die Behandlungsgruppen rando-

misiert. Kontrolluntersuchungen wurden

am Tag 7 (Visite 3) und am Tag 14 (Visite

4) der 2-wöchigen Behandlung durchge-

führt. Über die gesamte Studie trugen die

Patienten nach vorheriger Lidrandhygie-

ne 3× täglich einen 5 mm langen Salben-

strang auf das obere und untere Augenlid

bis zum Lidrand auf.

Kontrolltechniken

Zur Baseline-Visite wurden die Patienten

in eine der beiden Studienbehandlungen

doppelblind für Ärzte und Patienten ran-

domisiert. Die Randomisierung war in

Blöcken zu je 4 Behandlungen durch den

Sponsor der Studie vorgenommen wor-

den.

Die Prüfmedikation beider Behand-

lungen war hinsichtlich Verpackung, Be-

schriftung, Röhrchen und Größe iden-

tisch. Da sich Testprodukt und Ver-

gleichspräparat in der Farbe geringfügig

unterschieden, wurde die Medikation an

Patienten von Studienmitarbeitern ausge-

geben, die weder Daten zur Wirksamkeit

und Sicherheit erhoben noch die Identi-

tät der Prüfmedikation an Prüfärzte oder

Monitore preisgeben durften.

Untersuchungsmethoden

Die Prüfärzte untersuchten bei Visiten

2–4 das betroffene Auge spaltlampen-

mikroskopisch auf Lidödeme, Lidery-

theme, Debris und Pfropfenbildung der

Meibom-Drüsen und beurteilten den

Schweregrad der Symptome auf 5-stu-

figen Schweregradskalen (0–4: normal,

leicht, mäßig, schwer, sehr schwer). Die

Patienten stuften den Schweregrad ihrer

subjektiven Augenbeschwerden auf einer

visuellen Analogskala (VAS; 0–10 cm)

ein. Aus den 4 mit Spaltlampe unter-

suchten objektiven Zeichen und den sub-

jektiven Beschwerden (VAS) wurde der

Blepharitis-Summenscore bestimmt, der

mit dem Wert 0 Beschwerdefreiheit und

mit dem Maximum 26 höchste Intensität

angibt. Der Summenscore errechnet sich

aus der Summe der 4 Symptome (Maxi-

mum 4×4=16) und dem Score der VAS

(Maximum 10). Um den für die Studien-

teilnahme erforderlichen Wert von min-

destens 12 Punkten zu erreichen, muss-

ten die Patienten in allen 5 Merkmalen ei-

nen zumindest mäßigen Schweregrad zei-

gen oder eine leichte Ausprägung einiger

Symptome durch schwerere Intensität an-

derer Symptome kompensieren. Die Be-

urteilung der 4 objektiven Zeichen wurde

im Rahmen eines Prüfertreffens ausführ-

lich erläutert, um die Objektivität der Be-

urteilung zu optimieren.

Auftretende unerwünschte Ereignisse

wurden dokumentiert, die ophthalmolo-

gische Unbedenklichkeit wurde anhand

Veränderungen der Sehschärfe und des

Augeninnendrucks erfasst. Zu Behand-

lungsende wurde zusätzlich die lokale

Verträglichkeit durch Arzt und Patient auf

einer vierstufigen Skala (schlecht, mäßig,

gut, sehr gut) beurteilt.

Statistik

Der Hauptendpunkt zur Beurteilung der

Wirksamkeit von Bibrocathol bestand in

einem konfirmatorischen Test auf Über-

legenheit gegenüber Vehikel anhand der

Reduktion des Blepharitis-Summen-

scores an Tag 14 (Behandlungsende) ge-

genüber dem Ausgangswert. Der Grup-

penvergleich mit dem t-Test erfolgte mit

den in einer Kovarianzanalyse (ANCO-

VA) mit dem Faktor Behandlung und

der Kovariate Blepharitis-Score zur Base-

line adjustierten Least Square (LS) Mittel-

werten beider Gruppen. Für die Differenz

zwischen beiden Gruppen wurden 95%-

CI berechnet. Der konfirmatorische Test

wurde in der "Intent-to-treat"- (ITT-)Po-

pulation durchgeführt, d. h. an Patienten,

für die mindestens eine Untersuchung der

Wirksamkeit unter Behandlung erhoben

werden konnte. In gleicher Weise wur-

den zwei Subgruppen von Patienten aus-

gewertet: solche mit leichter und solche

mit schwerer ausgeprägten Symptomen

zur Baseline. Die Einteilung in die Sub-

gruppen erfolgte am Median der Base-

line-Werte. Die Veränderung in den 4

Einzelsymptomen und in den subjektiven

Beschwerden wurde auf Gruppenunter-

schiede mit zweiseitigem Wilcoxon-Vor-

zeichen-Rangtest explorativ beurteilt.

Die Fallzahlschätzung beruhte nicht

auf empirischen Vorbefunden, sondern

auf der Annahme eines Unterschieds von

mindestens 2 Punkten zwischen Bibro-

cathol und Vehikel bei einer angenom-

menen Standardabweichung von 4 Punk-

ten. Das entspricht der Erwartung eines

mäßig starken Effekts der aktiven Be-

handlung. Bei einer Power von 90% und

der Wahrscheinlichkeit eines Fehlers 1.

Art von a=0,05 (zweiseitig) errechne-

te sich eine Fallzahl von 86 Patienten pro

Gruppe, einzuschließen waren insgesamt

200 Patienten.

Ergebnisse

Patienten

Insgesamt 103 Patienten wurden in der

Bibrocathol-Gruppe und 100 Patienten in

der Vehikel-Gruppe behandelt. Die Studi-

enbehandlung brachen 7 Patienten in der

Bibrocathol-Gruppe und 8 Patienten in

der Vehikel-Gruppe ab. Die Gründe da-

für waren unerwünschte Ereignisse (3 vs.

7, Bibrocathol vs. Vehikel), Rücknahme

des Einverständnis (3 vs. 1) und ein Ver-

stoß gegen die Selektionskriterien der Stu-

die (1 vs. 0). Von 3 Patienten jeder Grup-

pe lagen keine Messungen der Wirksam-

keitsvariablen nach Behandlungsbeginn

vor¸ die Wirksamkeitsanalyse (ITT-Popu-

lation) wurde daher an 100 Patienten der

Bibrocathol-Gruppe und 97 Patienten der

Vehikel-Gruppe vorgenommen.

Die Patienten waren im Durchschnitt

(Median) 66 Jahre alt (18–89 Jahre). An

der Studie nahmen mehr Frauen (57%)

als Männer (43%) teil. Die Verteilung die-

-7-8,3

-5,4-4,7 -4,8 -4,7

-10

0

Sco

re-Ä

nd

eru

ng

Alle Patienten Score ≥15 Score < 15

Abb. 1 8 Veränderung des Beschwerden-Ge-samtscores. Abgebildet sind die Differenzen zwischen Studienende und Baseline für die Ge-samtpopulation sowie für nach dem Median ge-bildete Subgruppen mit schwerer (Score ≥15) bzw. leichter (Score <15) ausgeprägten Symp-tomen. Graue Balken: Bibrocathol, weiße Bal-ken: Vergleichsgruppe

961Der Ophthalmologe 11 · 2006 |

Page 3: Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

ser Merkmale unterschied sich in beiden

Gruppen nicht.

Behandlung

Mit Ausnahme von 5 Patienten in der Ve-

hikel- und 2 Patienten in der Bibrocathol-

Gruppe wandten die Patienten die Prüf-

medikation wie vorgesehen 3× täglich

in einem 5 mm langen Salbenstrang an.

Die mittlere Behandlungsdauer betrug

14,2 Tage in der Bibrocathol-Gruppe und

13,9 Tage in der Vehikelgruppe.

Wirksamkeit

Blepharitis-SummenscoreZur Baseline waren die Patienten bei-

der Gruppen bezüglich Blepharitis-Sum-

menscore vergleichbar (. Tab. 1). Der

Score verbesserte sich in beiden Behand-

lungsgruppen, allerdings unter Bibroca-

thol sowohl an Tag 7 (p=0,0261) wie ins-

besondere an Tag 14 (p=0,00013) deut-

lich stärker als in der Vehikelgruppe. Der

auf die Ausgangswerte adjustierte mittle-

re Unterschied zwischen den beiden Be-

handlungsgruppen in der Veränderung

des Schweregrads der Blepharitis wäh-

rend der 2-wöchigen Behandlung betrug

2,3 Punkte.

Einfluss des Blepharitis-SchweregradsIn einer Subgruppenanalyse wurden die

Patienten am Median des Blepharitis-

Ausgangswertes (15 Punkte) stratifiziert

(. Abb. 1). Patienten mit stärkeren Be-

schwerden (Score ≥15, im Durchschnittt

17,1 Punkte) verbesserten sich unter Bibro-

cathol sehr viel stärker als unter Vehikel

(LS-Mean für die Differenz zwischen den

Gruppen: 3,7, 95%-CI: 2,1, 5,2, p=0,00151);

dagegen war eine Überlegenheit von Bi-

brocathol gegenüber Vehikel bei Patienten

mit geringerem Blepharitis-Schweregrad

(Score <15 Punkte, im Durchschnitt 13,1

Punkte) nicht nachzuweisen (LS-Me-

an für die Differenz zwischen den Grup-

pen: 0,2, 95%-CI: −1,5, +2,0, p=0,4714).

Bemerkenswert ist, dass die Veränderung

des Blepharitis-Scores unter Vehikel bei

leichter und schwerer betroffenen Pati-

enten stabil blieb, während sich die Wirk-

samkeit der aktiven Behandlung in beiden

Gruppen deutlich unterschied.

Einzelsymptome in SpaltlampenuntersuchungBibrocathol war dem Vehikel im Hin-

blick einer Besserung des Schweregrads

aller 4 Einzelsymptome der Blephari-

tis überlegen: Ödem (p=0,00135), Ery-

them (p=0,00077), Debris (p=0,00928)

und Meibom-Drüsen (p=0,00022). In

. Abb. 2 wird die Verteilung der Symp-

tomintensitätsurteile „schwer“ und „sehr

schwer“ zur Baseline und am Behand-

lungsende gezeigt. Mit Ausnahme von

Lidödemen, die etwas seltener vorkamen,

hatte etwa die Hälfte aller Patienten bei-

der Gruppen die mit der Spaltlampe un-

tersuchten Symptome in starker Ausprä-

gung. Der Anteil der betroffenen Pati-

enten nahm in beiden Gruppen ab, deut-

licher in der Bibrocathol-Gruppe im Hin-

blick auf die Symptome Lidödem, Lidery-

them und insbesondere Fehlfunktionen

der Meibom-Drüse (alle p<,05).

Subjektive AugenbeschwerdenZur Baseline beurteilten die Patienten bei-

der Gruppen die subjektiven Augenbe-

schwerden im mittleren Bereich der Ska-

la (5). Am Behandlungsende wurden die

Beschwerden in der Bibrocathol-Guppe

um 2,2 Punkte leichter eingestuft, in der

Vehikelgruppe betrug die Besserung 1,4

Punkte (p=0,011).

Sicherheit

Unerwünschte EreignisseBei 12 Bibrocathol-Patienten (11,7%) und

18 Vergleichspatienten (18,0%) wurden

unerwünschte Ereignisse dokumentiert.

Ein Zusammenhang mit der Prüfmedi-

kation wurde bei 4 Bibrocathol Patienten

mit Augenreizung, Epiphora, Schleier-

sehen bzw. leichtem Kopfschmerz von

den Prüfärzten für möglich gehalten. In

der Vehikel-Gruppe war das bei 9 Pati-

enten der Fall, die Augenreizung, Epipho-

ra, Rubor, Lidödeme, Schleiersehen, Seh-

störung, Überempfindlichkeit und Ery-

theme außerhalb des Auges zeigten. We-

gen unerwünschter Ereignisse mit einem

vom Prüfarzt vermuteten Zusammen-

hang zur Prüfmedikation wurde bei 1 Bi-

brocathol-Patienten (Augenfilm) und 2

Vergleichspatienten (Lidödem, Rötung)

die Behandlung zeitweilig unterbrochen

bzw. die Dosis reduziert. Bei 1 Bibroca-

thol-Patienten (Augenbrennen) und bei

5 Patienten der Kontrollgruppe (Augen-

brennen, Augenfilm bei 2 Patienten, bei 1

zusätzlich wegen Juckens, allergische Re-

aktion bei 2 Patienten) wurde die Studi-

enbehandlung vorzeitig beendet; die Prüf-

ärzte sahen einen Zusammenhang zwi-

schen der Anwendung der Prüfmedikati-

on und den unerwünschten Ereignissen.

Die wenigen übrigen unerwünschten Er-

eignisse waren allesamt von kurzer Dau-

er und größtenteils nur leicht. Schwer-

wiegende Ereignisse mit vermutetem Zu-

sammenhang zur Prüfmedikation wur-

den keine berichtet.

Unbedenklichkeit für das AugeZur Baseline besaßen beide Gruppen ei-

ne vergleichbare mittlere Sehschärfe (0,8;

Range 0,1–1,2). Die Sehschärfe war bei den

Tab. 1 Blepharitis-Summenscore im Studienverlauf („intent to treat“)

Visite Behandlung n Mittelwert (STD) LS-Mean 95%-CI p-Wert

Visite 2/Tag 1 Bibrocathol 100 15,4 (2,7)

Baseline Vehikel 97 15,2 (2,6)

Differenz B-V 0,1

Veränderung Bibrocathol 99 −4,2 (4,2) −5,2 −5,9; −4,5

Tag 7–Baseline Vehikel 96 −3,3 (3,7) −4,2 −5,0; −3,5

Differenz B–V −0,9 −1,0 −1,8; −0,1 0,02610

Veränderung Bibrocathol 100 −7,0 (5,4) −8,3 −9,3; −7,3

Tag 14–Baseline Vehikel 97 −4,7 (4,9) −6,0 −7,0; −5,0

Differenz B–V −2,2 −2,3 −3,4; −1,1 0,00013

In runden Klammern Standardabweichung (STD).B-V Bibrocathol minus Vehikel (negatives Vorzeichen = Verbesserung) LS-Mean: Least Square Mittel-werte, berechnet aus einer Kovarianzanalyse mit dem Faktor „Behandlung“ und der Kovariate „Blephari-tis-Score zur Baseline“

962 | Der Ophthalmologe 11 · 2006

Originalien

Page 4: Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

Zusammenfassung · Abstract

Ophthalmologe 2006 · 103:960–965 DOI 10.1007/s00347-006-1426-4

© Springer Medizin Verlag 2006

W. Behrens-Baumann · C. Niederdellmann · A. Jehkul · R. Kohnen

Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis. Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden, kontrollierten klinischen Studie

Zusammenfassung

Bibrocathol 5% Augensalbe ist eine in der

Praxis häufig genutzte antiseptische Therapie

der Blepharitis. Zum Nachweis der Wirksam-

keit von Bibrocathol wurden im Rahmen ei-

ner kontrollierten klinischen Studie 100 und

97 Patienten zu Bibrocathol bzw. Salben-Ve-

hikel randomisiert und 2 Wochen lang be-

handelt. An Tag 1 (Baseline) und Tag 14 (Stu-

dienende) fanden nach Spaltlampenunter-

suchung Einschätzungen von Lidödemen,

Liderythemen, Debris und Meibom-Drüsen-

dysfunktion statt; Patienten schätzen den

Schweregrad ihrer lokalen Beschwerden ein.

Der Summenscore aus den 5 Skalen verbes-

serte sich unter Bibrocathol signifikant stär-

ker als unter der Kontrollbehandlung (um 7,0

vs. 4,7, p<0,001), insbesondere bei primär

schwerer Ausprägung der Blepharitis (um 8,3

vs. 4,8, p<0,0001). Mit dem Antiseptikum Bi-

brocathol 5% Augensalbe können akute For-

men der Blepharitis, für die eine antibiotische

Therapie nicht indiziert ist, wirksam behan-

delt werden. Diese Behandlung ist gut ver-

träglich und sicher.

Schlüsselwörter

Antiseptikum · Bibrocathol · Blepharitis · In-

fektion · Spaltlampe

Bibrocathol eye ointment is efficacious in blepharitis. Results from a randomized, double-blind, controlled clinical trial

Abstract

Bibrocathol (Noviform) 5% ointment is a fre-

quently used therapy for blepharitis. The

study included 197 patients who were ran-

domized to be treated over 2 weeks with bi-

brocathol or an ointment vehicle, respective-

ly. Slit lamp examinations were performed on

day 1 (baseline) and day 14 (end of study) to

assess lid edema, lid erythema, debris, and

pouting of Meibomian glands; patients rat-

ed their subjective complaints. Bibrocathol

was superior to the control treatment in im-

proving the sum score of the 5 scales (by 7.0

vs 4.7 points, p<0.001), especially in patients

with primarily severe symptoms (by 8.3 vs

4.8, p<0.0001). Antiseptic therapy with bi-

brocathol eye ointment 3 times daily over

2 weeks was found to be efficacious in the

treatment of acute forms of blepharitis which

do not require antibiotic therapy. Bibrocathol

treatment is well tolerated and safe.

Keywords

Antiseptic · Bibrocathol · Blepharitis · Infec-

tion · Slit lamp

meisten Patienten unauffällig; der Mit-

telwert veränderte sich nach 14 Behand-

lungstagen nicht (±0,0; Range Bibroca-

thol −0,6–+0,4, Vehikel −0,4–+0,3). Ver-

gleichbar zur Baseline waren die Gruppen

auch hinsichtlich des Augeninnendrucks.

Der mittlere Augeninnendruck war in

beiden Gruppen (15,2, 15,4) normal und

sank zu Behandlungsende unwesentlich

(−0,2, −0,2). In der Bibrocathol-Grup-

pe stieg bei einem Patienten ein Augen-

innendruck von 15 mmHg bei Studienbe-

ginn auf 21 mmHg am Studienende an.

Lokale VerträglichkeitZu Behandlungsende stuften 69,7% der

103 Bibrocathol-Patienten und 67,0% der

100 Vehikelpatienten die Prüfmedikation

als lokal „gut“ oder „sehr gut“ verträglich

ein; die Prüfärzte gaben dieses Urteil bei

90,9% der Bibrocathol-Patienten und bei

78,4% der Kontrollpatienten.

Diskussion

Bereits 1912 wurden klinische Erfah-

rungen mit einem Tetrabrombrenzkate-

chinwismut-Präparat mit der Bezeich-

nung „Noviform“ bei äußeren Augener-

krankungen und Blepharitiden beschrie-

ben [12]. Die beiden pharmakologischen

Strukturkomponenten Tetrabrombrenz-

katechin und Wismut sind auch in dem

hier untersuchten Bibrocathol enthalten.

Einem breiten Erfahrungswissen, gestützt

durch mikrobielle Studien [1, 5], steht ein

Mangel an klinischen, prospektiven, kont-

rollierten Studien zur Wirksamkeit des Bi-

brocathol gegenüber.

In einer multizentrischen, doppelblin-

den, randomisierten Untersuchung wur-

de die Überlegenheit von Bibrocathol 5%

Augensalbe gegenüber einer Kontroll-

gruppe nachgewiesen. Die Behandlung

in der Kontrollgruppe bestand aus einer

Behandlung mit der Salbengrundlage oh-

ne Bibrocathol, die in Form einer dop-

pelt maskierten Vehikelsalbe für die An-

forderungen einer kontrollierten Studie

standardisiert wurde. In beiden Gruppen

wurde vor jeder Anwendung der Prüfme-

dikation Lidrandhygiene durchgeführt,

welche aus einer mechanischen Reini-

gung der Lidränder mittels Wattestäb-

chen nach vorherigem Waschen des Ge-

sichts bestand. Als primäres Wirksam-

963Der Ophthalmologe 11 · 2006 |

Page 5: Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

keitskriterium wurde ein Score verwen-

det, der sich aus den Ergebnissen einer

ophthalmologischen Spaltlampen-Un-

tersuchung, mit der spezifisch das Auf-

treten und ggf. der Schweregrad von Lid-

ödemen, Liderythemen, Debris und ei-

ne Funktionsbeeinträchtigung der Mei-

bom-Drüsen untersucht wurde. Ergänzt

wurde dieser Score durch eine subjektive

Einschätzung der Intensität der Augenbe-

schwerden durch die Patienten. Die Ver-

änderungen in diesem Beschwerden-Ge-

samtscore waren unter Bibrocathol statis-

tisch signifikant größer als unter der Ver-

gleichsbehandlung. Der Unterschied zwi-

schen Bibrocathol und der Vehikel-Be-

handlung betrug 2,3 Punkte in der Ge-

samtpopulation und 3,7 Punkte in der

Subgruppe mit stärker ausgeprägten Be-

schwerden. Dabei setzte sich dieser Un-

terschied additiv zusammen aus in der

Größenordnung vergleichbaren Einzelef-

fekten der 4 mit Spaltlampe untersuchten

Merkmale und der subjektiven Beschwer-

debeurteilung. Die Wirksamkeit ließ sich

bereits nach 7 Behandlungstagen aufzei-

gen und nahm im weiteren Behandlungs-

verlauf noch weiter zu.

Die Blepharitis ist angesichts der

Vielfalt ihrer Erscheinungsformen und

Ätiologien schwierig zu diagnostizieren,

aber auch weil international akzeptierte

Kriterien fehlen [3, 7, 10]. Wir haben in

diese Studie Patienten eingeschlossen,

die an einer akuten Entzündung des in-

neren und äußeren Lidblattes litten und

einen Mindestscore von 12 Punkten in

dem oben genannten Beschwerden-Ge-

samtscore aufwiesen. Dagegen wurden

Patienten ausgeschlossen, deren Blepha-

ritis antibiotisch zu behandeln war und

sich als therapieresistent erwiesen hatte,

die ein durch systemische Erkrankungen

verursachtes schweres Sicca-Syndrom

aufwiesen, die allergische Augenerkran-

kungen oder eine abnorme Augenlida-

natomie hatten. Daher ist unsere Studi-

enpopulation durch klinische Diagno-

sen und v. a. durch Ausschlusskriterien

definiert und umfasst im Wesentlichen

symptomatische Blepharitiden, für die

eine antiseptische Behandlung indiziert

war. Das bedeutet zugleich, dass die Po-

pulation dieser Studie ätiologisch ein

sehr heterogenes Patientenkollektiv dar-

stellt, wie es sich unter der Verdachtsdi-

agnose Blepharitis auch in der augen-

ärztlichen Praxis präsentiert.

Die Therapie der Blepharitis ist bislang

nicht einheitlich, z. B. in Therapierichtli-

nien, geregelt. Zwar ist die Anwendung

von Antibiotika insbesondere bei akuten

bakteriellen Infektionen gängige Praxis

[7, 10]. Deren lokale Anwendung ist aller-

dings mit den Risiken von bakterieller Re-

sistenzentwicklung und Sensibilisierung

auf die Substanz verbunden [2]. Eine an-

tiseptische Behandlung der Konjunktivi-

tis wird in vielen Fällen als ausreichend

und ebenbürtig betrachtet [1]. Zudem ist

die antiseptische Behandlung mit deutlich

weniger Nebenwirkungen verbunden.

Die Ergebnisse dieser Studie bestäti-

gen die Wirksamkeit von Bibrocathol bei

den hier untersuchten akuten Blephariti-

den im Hinblick auf eine Linderung der

Beschwerden. Bibrocathol ist ein Antisep-

tikum, das desinfizierend, entzündungs-

hemmend, adstringierend und sekretions-

hemmend wirkt. Der Mechanismus die-

ser Wirkungen von Bibrocathol wird mit

seinen Strukturkomponenten, dem Phe-

nolderivat Tetrabrombrenzkatechin und

Wismuthydroxid, erklärt. Durch Eiweiß-

fällung und Schrumpfung oberflächlicher

Gewebsschichten wird eine bakterielle In-

vasion verhindert und durch eine adstrin-

gierende Wirkung auf kleine Gefäße wer-

den lokale Entzündungsreaktionen und

Sekretion vermindert [11]. Die Größen-

ordnung der in dieser Studie beobachte-

ten Unterschiede zwischen Bibrocathol

und der Vehikel-Vergleichsbehandlung

in dem Gesamtkollektiv, v. a. aber bei den

schwerer betroffenen Patienten, können

als klinisch relevant eingestuft werden.

Das belegen signifikante Unterschiede

zwischen den beiden Behandlungen mit

Effektstärken von 0,42 bzw. 0,65, die ei-

nen moderaten bis deutlich ausgeprägten

Behandlungseffekt anzeigen. Für eine

klinisch bedeutsame Wirksamkeit spre-

chen auch die geringen Anteile von Pati-

enten, die noch schwere oder sehr schwe-

re Symptome am Ende der 2-wöchigen

Therapie aufwiesen. In der Bibrocathol-

Gruppe waren dies mit Ausnahme von

Debris signifikant weniger Patienten als

in der Kontrollgruppe. Dabei war die Be-

handlung mit der Salbengrundlage in der

Kontrollgruppe durchaus effektiv, die in

dieser Gruppe beobachtete Verbesserung

des Beschwerden-Gesamtscores lag bei

31% des Ausgangswerts, und auch schwe-

re und sehr schwere Fälle besserten sich

unter dieser Behandlung.

Die sehr gute Verträglichkeit der Bi-

brocathol-Salbe wird durch die positiven

Urteile von Ärzten und Patienten belegt,

aber auch dadurch, dass unerwünschte

Ereignisse – falls vorhanden – nur kurz-

zeitig, d. h. unmittelbar nach dem Auf-

tragen, bestanden und zum größten Teil

leicht waren. Der Anteil der Patienten, die

von vermutlich behandlungsbedingten

Ereignissen betroffen waren, war bei Bi-

brocathol (3,9%) sogar niedriger als in der

Vehikel-Gruppe (9,0%). Schleierbildung

durch die Salbe auf der Augenoberfläche

war kein klinisch relevantes Problem in

der Bibrocathol-Gruppe. Systemische Ri-

siken wurden nicht beobachtet. Sie sind

auch nicht zu erwarten, denn Bibrocathol

ist ausgesprochen schwer löslich in Was-

ser und penetriert kaum in das Kammer-

wasser des Auges.

Die Ergebnisse dieser prospektiven,

kontrollierten klinischen Studie charakte-

risieren das Antiseptikum Bibrocathol 5%

Augensalbe als wirksame, sehr gut ver-

trägliche und sichere Therapie der akuten

Blepharitis. Die Wirksamkeit von Bibro-

38,0

5,1

56,0

13,2

58,0

5,1

52,0

12,2

38,1

14,6

53,6

27,1

47,4

10,4

58,8

32,3

0

10

20

30

40

50

60

70

Tag 1 Tag 14 Tag 1 Tag 14 Tag 1 Tag 14 Tag 1 Tag 14

Lidödem Liderythem Debris Meibomitis

% der Patienten

p=0.046

p=0.026

p=0.264

p=0.001

Abb. 2 9 Einzel-Symptome der Blepha-ritis in Spaltlampenun-tersuchung. Die Abbil-

dung enthält die An-teile von Patienten mit

„schwerer“ oder „sehr schwerer“ Ausprägung

der Einzelsymptome bei Behandlungsbe-

ginn und am Studien-ende. Graue Balken:

Bibrocathol, weiße Bal-ken: Vergleichsgruppe

964 | Der Ophthalmologe 11 · 2006

Originalien

Page 6: Bibrocathol-Augensalbe ist wirksam bei Blepharitis

cathol bei chronischen Blepharitiden be-

darf eigener Untersuchungen.

Fazit für die Praxis

In dieser Studie wurde die Wirksam-

keit von Bibrocathol 5% Augensalbe, 3×

täglich in 5 mm langen Strängen über

2 Wochen, bei der Behandlung von aku-

ten Blepharitiden gegenüber einer Ver-

gleichsgruppe mit dem Salben-Vehi-

kel nachgewiesen. Die überlegene Wir-

kung wurde besonders für Patienten mit

schweren bis sehr schweren Symptomen

gezeigt.

Die gute Verträglichkeit der Salbe wird

dadurch belegt, dass unerwünschte Er-

eignisse – falls vorhanden – nur kurzzei-

tig, d. h. unmittelbar nach dem Auftra-

gen, bestanden und zum größten Teil

leicht waren. Schleierbildung durch die

Salbe auf der Augenoberfläche war kein

klinisch relevantes Problem in der Bibro-

cathol-Gruppe.

Mit dem Antiseptikum Bibrocathol 5%

Augensalbe können akute Formen der

Blepharitis, für die eine antibiotische

Therapie nicht indiziert ist, effektiv be-

handelt werden, ohne dass die mit Anti-

biotika verbundenen Risiken wie bakte-

rielle Resistenzbildung und Sensibilisie-

rung in Kauf genommen werden müs-

sen.

Korrespondierender AutorProf. Dr. W. Behrens-BaumannUniversitätsaugenklinik MagdeburgLeipziger Straße 44, Haus 60b, 39120 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

Literatur

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vs antibiotics in the treatment of the experimental

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in the diagnosis and management of blepharitis.

Cornea 19: 650–658

11. Monographie Bibrocathol, Bundesanzeiger

10.03.92

12. von Liebermann L (1912) Zur Therapie der Lid-

randentzündungen. DMW: 11

Freundlich-Preis für Erlanger Mediziner

In seiner prämierten Forschungsarbeit un-

tersucht Dr. Cursiefen die Regulation der so

genannten Angiogenese, einem wichtigen

Reparaturprozess des Körpers zur Wundhei-

lung, der jedoch gleichzeitig verantwortlich

für das schnellere Wachstum von Tumoren

ist. Die genaue Kenntnis der Steuerung der

Angiogenese unterstützt die Entwicklung

therapeutischer Möglichkeiten.

Die Arbeit deckt wichtige neue Mecha-

nismen der mit Entzündungen verbundenen

Lymphgefäßentwicklung (Lymphangiogene-

se) auf. Sie entwickelt somit neue Therapie-

ansätze zur Vermeidung von Lymphgefäßer-

weiterung und Tumorbildung. Daneben zeigt

die Forschungsarbeit, wie das Überleben von

Transplantaten nach

Organverpflanzungen verbessert werden

kann. Die Erkenntnisse sind über die Au-

genheilkunde hinaus auch in der Tumorfor-

schung anwendbar.

Weitere Informationen unter:

Cursiefen C et al. (2004) VEGF-A stimulates

lymphangiogenesis and hemangiogenesis in

inflammatory neovascularization via macro-

phage recruitment. Journal of Clinical Investi-

gation 113(7): 1040-50

Quelle:

Universitätsaugenklinik Erlangen

www.uni-erlangen.de

Fachnachrichten

965Der Ophthalmologe 11 · 2006 |