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12 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bildung und Kultur Bildung und Kultur – eine Einführung Alois Mayr und Manfred Nutz Bildung Unter Bildung wird „...die freie Entfal- tung der Person zu Selbstbewusstsein, zur Fähigkeit der Selbstbestimmung, zu eigenem Urteil und zu Kritikfähigkeit als das wichtigste Ziel...“(EDDING 1980, S. 2) verstanden. „Bildung schafft die Kraft und Fähigkeit für den einzelnen, sich unterschiedliche Le- bens- und Arbeitsstrategien anzueignen, kreativ zu verändern oder gänzlich Neues zu entdecken.“ (GEISSLER 1989, S. 7) Qualifikation „Qualifikation kann definiert werden als Arbeitsvermögen, als die Gesamtheit der je subjektiv-individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, die es dem einzelnen erlauben, eine bestimmte Ar- beitsfunktion zu erfüllen; Qualifikation bedeutet somit die an das arbeitende Subjekt gebundenen Voraussetzungen des Produktions- und Reproduktionspro- zesses“ (BAETHGE 1974, S. 479). Humankapital Neben Boden, Arbeit und Kapital gibt es weitere Elemente, die im Produktions- prozess in unterschiedlich starker Ge- wichtung Einfluss nehmen. So führt die genauere Betrachtung der Kategorie Ar- beit zum Faktor des Humankapitals. Das Humankapital bezeichnet als qualitative Komponente im Produktionsprozess die menschliche Bildung und Ausbildung be- zogen auf ihre Verwertbarkeit. und Innigkeit bilden. Die institutionali- sierte Bildung, d.h. die Schule, sollte dafür sorgen, dass Schüler zu selbststän- digem Lernen befähigt werden. Dies konnte nach Humboldt in einem drei- stufigen Modell erreicht werden: Auf der ersten Stufe soll das Lernen ermög- licht werden, indem die Grundfertigkei- ten Lesen, Rechnen und Schreiben er- worben werden. Auf der zweiten Stufe steht das Lernen des Lernens im Vorder- grund. Auf der dritten Stufe soll selbst- ständiges Lernen beispielsweise durch Dozenten unterstützt werden, wobei diese Stufe im Grunde nie endet, denn Bildung und Kultur als Elemen- te der Gesellschaft Bildung und Kultur sind wesentliche Bestandteile des menschlichen Daseins . Sie stehen in einer Wechselwirkung zueinander und können nicht losgelöst voneinander gesehen werden. Bildung bezeichnet zunächst das für den Men- schen charakteristische Bemühen, seine natürlichen Anlagen auszubilden. Aber erst durch Kultur wird Bildung zu jener umfassend gemeinten Ganzheit von ko- gnitiven, kreativen, ästhetischen, sinn- lichen, emotionalen und sozialen Fähig- keiten. Die Auseinandersetzung mit Kultur verlangt jedoch auch Bildung im Sinne des Erkennens von gesellschaftli- chen Deutungsmustern (vgl. DEUTSCHER KULTURRAT 2000, S.13). Die zweckfreie bzw. kategoriale Bil- dung ist als Vorgang geistiger Formung und Sinnerschließung ein hohes kultu- relles Gut sowie ein wichtiges Element der Kreativität und Kultur. Trotz ihrer zentralen gesellschaftlichen Bedeutung sind die Begriffe Bildung und Kultur schwer zu definieren und kaum quanti- tativ zu messen. Ihre generelle Bedeu- tung und ihre Verflechtung mit dem täglichen Leben ist unumstritten. So finden beispielsweise Suchmaschinen den Begriff „Bildung“ oder „Kultur“ im Internet weit häufiger als Begriffe wie „Sport“ oder „Auto“. Die Frage nach zeitgemäßen Bil- dungs- und Kulturbegriffen steht im Mittelpunkt einer heute immer wichti- ger werdenden Debatte über die The- men Bildung und Kultur. Die gegenwär- tige Wiederbelebung der Diskussion um Bildung und Kultur, die noch vor weni- gen Jahrzehnten beinahe verdrängt zu werden drohte, erstreckt sich nicht nur auf die pädagogische bzw. kulturwissen- schaftliche Fachauseinandersetzung, auch Presse und Politik streiten um ihre Inhalte, Mittel und Zwecke. Bildung und Kultur sind Aufgaben-, Tätigkeits- und Wirkungsbereiche, die sowohl in öffentlicher wie auch in pri- vater Hand liegen. Vom Bildungs- und Kulturangebot unseres Staates profitie- ren nahezu alle Bürger der Bundesrepu- blik Deutschland und viele Gäste. Das deutsche Bildungswesen ermöglicht sei- nen Bürgern bereits im Alter von drei Jahren den Besuch eines Kindergartens, es kann dann über die allgemeine oder berufliche Bildung zum Prozess des le- benslangen Lernens hinführen , der schließlich ausschlaggebend für die Qualifikation, die Berufswahl, und die Perspektiven auf dem nationalen und internationalen Arbeitsmarkt ist ( Beiträge Janssen/Wenzel/Woltering, S. 58, S. 60, S. 62; Rolfes S. 74). Kultur begegnet uns nicht nur in den klassischen Einrichtungen der so ge- nannten Hochkultur wie Museen oder Theatern. Durch die Werke von Archi- tekten, Regisseuren, Schriftstellern und vielen anderen mehr ist sie nahezu all- gegenwärtiger Bestandteil unseres All- tags. Schließlich gelten die Resultate des Bildungswesens und des kulturellen Schaffens auch als Aushängeschild für die Außendarstellung eines Staates. Die Vertreter der klassischen Bildungsidea- le, das prägende Schaffen von Dichtern, Musikern und Künstlern, deren Werke weltweit bekannt und wirksam gewor- den sind, die Epoche machenden Bau- werke und Kunstwerke, die im Laufe der Geschichte in einem Land entstanden und der Nachwelt als Zeitzeugen erhal- ten sind, sowie das Wirken von großen Entdeckern, Erfindern und Forschern in Hochschulen, Akademien oder der Wirtschaft ( Beiträge Meusburger, S. 78; Mayr, S. 86; Sternberg, S. 90) stehen für die Kultur eines Landes. Bildung – Definition und Funktion Im allgemeinen Sprachgebrauch ist mit Bildung heute meist all das gemeint, was Menschen durch die erarbeitende und aneignende Auseinandersetzung mit der Welt im Allgemeinen, insbesondere durch die Beschäftigung mit Sprache und Literatur, Wissen- schaft und Kunst gewinnen können. Der Bildungsbegriff ist eher diffus und virulent, da jeweils unterschiedliche Seiten hervorgehoben werden können. So kann Bildung als Prozess und zugleich Ergebnis des Erwerbs der jeweils für besonders wichtig gehalte- nen Wissensbestände einer Gesellschaft oder ihrer Kultur aufgefasst werden. Es können aber auch die menschlichen oder beruflichen Fähigkeiten und Kom- petenzen des Individuums hervorgeho- ben werden. Im antik-humanistischen Denken verstand man unter Bildung eine planmäßige Lenkung und eine inhaltli- che Bestimmung des menschlichen Werdens. Dieses Werden wird durch Aneignung von Sprache und damit von Kultur vermittelt. In der abendländischen Neuzeit, in der mit dem Humanismus (seit ca. 1750) die Geisteshaltung des Mittelal- ters endgültig abgelöst wurde, rückte das Werden an sich in den Blickpunkt. Zu einem der bedeutendsten Vertreter dieser Zeit gehörte Wilhelm von Hum- boldt (1767-1835), der unter Bildung die Formierung aller Kräfte des Men- schen zu einem Ganzen verstand. Diese Kräfte sind z.B. Verstand, physische Kräfte, Gefühle oder Ideen, deren Vor- aussetzung die drei Bedingungen Frei- heit, Mannigfaltigkeit der Situation Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) Philosoph, Sprachwissenschaftler und Politiker, 1809-1810 Leiter des Kultus- und Unterrichtswesens im preußischen Innenministe- rium. Er konzipierte 1810 die Berliner Friedrich-Wilhelm- Universität (seit 1946 Humboldt-Universität) und verfocht die humanistische Bildung bei der Reform des allgemein bildenden Schulwesens.

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12Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bildung und Kultur

Bildung und Kultur – eine EinführungAlois Mayr und Manfred Nutz

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Bildung

Unter Bildung wird „...die freie Entfal-tung der Person zu Selbstbewusstsein,zur Fähigkeit der Selbstbestimmung, zueigenem Urteil und zu Kritikfähigkeit alsdas wichtigste Ziel...“(EDDING 1980, S. 2)verstanden.„Bildung schafft die Kraft und Fähigkeit fürden einzelnen, sich unterschiedliche Le-bens- und Arbeitsstrategien anzueignen,kreativ zu verändern oder gänzlich Neueszu entdecken.“ (GEISSLER 1989, S. 7)

Qualifikation

„Qualifikation kann definiert werden alsArbeitsvermögen, als die Gesamtheit derje subjektiv-individuellen Fähigkeiten,Kenntnisse und Fertigkeiten, die es demeinzelnen erlauben, eine bestimmte Ar-beitsfunktion zu erfüllen; Qualifikationbedeutet somit die an das arbeitendeSubjekt gebundenen Voraussetzungendes Produktions- und Reproduktionspro-zesses“ (BAETHGE 1974, S. 479).

Humankapital

Neben Boden, Arbeit und Kapital gibt esweitere Elemente, die im Produktions-prozess in unterschiedlich starker Ge-wichtung Einfluss nehmen. So führt diegenauere Betrachtung der Kategorie Ar-beit zum Faktor des Humankapitals. DasHumankapital bezeichnet als qualitativeKomponente im Produktionsprozess diemenschliche Bildung und Ausbildung be-zogen auf ihre Verwertbarkeit.

und Innigkeit bilden. Die institutionali-sierte Bildung, d.h. die Schule, solltedafür sorgen, dass Schüler zu selbststän-digem Lernen befähigt werden. Dieskonnte nach Humboldt in einem drei-stufigen Modell erreicht werden: Aufder ersten Stufe soll das Lernen ermög-licht werden, indem die Grundfertigkei-ten Lesen, Rechnen und Schreiben er-worben werden. Auf der zweiten Stufesteht das Lernen des Lernens im Vorder-grund. Auf der dritten Stufe soll selbst-ständiges Lernen beispielsweise durchDozenten unterstützt werden, wobeidiese Stufe im Grunde nie endet, denn

Bildung und Kultur als Elemen-te der GesellschaftBildung und Kultur sind wesentlicheBestandteile des menschlichen Daseins�. Sie stehen in einer Wechselwirkungzueinander und können nicht losgelöstvoneinander gesehen werden. Bildungbezeichnet zunächst das für den Men-schen charakteristische Bemühen, seinenatürlichen Anlagen auszubilden. Abererst durch Kultur wird Bildung zu jenerumfassend gemeinten Ganzheit von ko-gnitiven, kreativen, ästhetischen, sinn-lichen, emotionalen und sozialen Fähig-keiten. Die Auseinandersetzung mitKultur verlangt jedoch auch Bildung imSinne des Erkennens von gesellschaftli-chen Deutungsmustern (vgl. DEUTSCHER

KULTURRAT 2000, S.13).Die zweckfreie bzw. kategoriale Bil-

dung ist als Vorgang geistiger Formungund Sinnerschließung ein hohes kultu-relles Gut sowie ein wichtiges Elementder Kreativität und Kultur. Trotz ihrerzentralen gesellschaftlichen Bedeutungsind die Begriffe Bildung und Kulturschwer zu definieren und kaum quanti-tativ zu messen. Ihre generelle Bedeu-tung und ihre Verflechtung mit demtäglichen Leben ist unumstritten. Sofinden beispielsweise Suchmaschinenden Begriff „Bildung“ oder „Kultur“ imInternet weit häufiger als Begriffe wie„Sport“ oder „Auto“.

Die Frage nach zeitgemäßen Bil-dungs- und Kulturbegriffen steht imMittelpunkt einer heute immer wichti-ger werdenden Debatte über die The-men Bildung und Kultur. Die gegenwär-tige Wiederbelebung der Diskussion umBildung und Kultur, die noch vor weni-gen Jahrzehnten beinahe verdrängt zuwerden drohte, erstreckt sich nicht nurauf die pädagogische bzw. kulturwissen-schaftliche Fachauseinandersetzung,auch Presse und Politik streiten um ihreInhalte, Mittel und Zwecke.

Bildung und Kultur sind Aufgaben-,Tätigkeits- und Wirkungsbereiche, diesowohl in öffentlicher wie auch in pri-vater Hand liegen. Vom Bildungs- undKulturangebot unseres Staates profitie-ren nahezu alle Bürger der Bundesrepu-blik Deutschland und viele Gäste. Dasdeutsche Bildungswesen ermöglicht sei-nen Bürgern bereits im Alter von dreiJahren den Besuch eines Kindergartens,es kann dann über die allgemeine oderberufliche Bildung zum Prozess des le-benslangen Lernens hinführen �, derschließlich ausschlaggebend für dieQualifikation, die Berufswahl, und diePerspektiven auf dem nationalen undinternationalen Arbeitsmarkt ist(�� Beiträge Janssen/Wenzel/Woltering,S. 58, S. 60, S. 62; Rolfes S. 74).

Kultur begegnet uns nicht nur in denklassischen Einrichtungen der so ge-

nannten Hochkultur wie Museen oderTheatern. Durch die Werke von Archi-tekten, Regisseuren, Schriftstellern undvielen anderen mehr ist sie nahezu all-gegenwärtiger Bestandteil unseres All-tags.

Schließlich gelten die Resultate desBildungswesens und des kulturellenSchaffens auch als Aushängeschild fürdie Außendarstellung eines Staates. DieVertreter der klassischen Bildungsidea-le, das prägende Schaffen von Dichtern,Musikern und Künstlern, deren Werkeweltweit bekannt und wirksam gewor-den sind, die Epoche machenden Bau-werke und Kunstwerke, die im Laufe derGeschichte in einem Land entstandenund der Nachwelt als Zeitzeugen erhal-ten sind, sowie das Wirken von großenEntdeckern, Erfindern und Forschern inHochschulen, Akademien oder derWirtschaft (�� Beiträge Meusburger,S. 78; Mayr, S. 86; Sternberg, S. 90)stehen für die Kultur eines Landes.

Bildung – Definition undFunktionIm allgemeinen Sprachgebrauch ist mitBildung heute meist all das gemeint,was Menschen durch die erarbeitendeund aneignende Auseinandersetzungmit der Welt im Allgemeinen,insbesondere durch die Beschäftigungmit Sprache und Literatur, Wissen-schaft und Kunst gewinnen können.Der Bildungsbegriff ist eher diffus undvirulent, da jeweils unterschiedlicheSeiten hervorgehoben werden können.So kann Bildung als Prozess undzugleich Ergebnis des Erwerbs derjeweils für besonders wichtig gehalte-nen Wissensbestände einer Gesellschaftoder ihrer Kultur aufgefasst werden. Eskönnen aber auch die menschlichenoder beruflichen Fähigkeiten und Kom-petenzen des Individuums hervorgeho-ben werden.

Im antik-humanistischen Denkenverstand man unter � Bildung eineplanmäßige Lenkung und eine inhaltli-che Bestimmung des menschlichenWerdens. Dieses Werden wird durchAneignung von Sprache und damit vonKultur vermittelt.

In der abendländischen Neuzeit, inder mit dem Humanismus (seit ca.1750) die Geisteshaltung des Mittelal-ters endgültig abgelöst wurde, rücktedas Werden an sich in den Blickpunkt.Zu einem der bedeutendsten Vertreterdieser Zeit gehörte Wilhelm von Hum-boldt (1767-1835), der unter Bildungdie Formierung aller Kräfte des Men-schen zu einem Ganzen verstand. DieseKräfte sind z.B. Verstand, physischeKräfte, Gefühle oder Ideen, deren Vor-aussetzung die drei Bedingungen Frei-heit, Mannigfaltigkeit der Situation

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Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835)Philosoph, Sprachwissenschaftler und Politiker, 1809-1810 Leiterdes Kultus- und Unterrichtswesens im preußischen Innenministe-rium. Er konzipierte 1810 die Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität (seit 1946 Humboldt-Universität) und verfocht diehumanistische Bildung bei der Reform des allgemein bildendenSchulwesens.

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13Bildung und Kultur – eine Einführung

es handelt sich um einen lebenslangenProzess.

Im 20. Jahrhundert ist der Bildungs-begriff eher kulturpädagogisch geprägt.Danach ist Bildung ein Prozess, dernicht direkt von einem Dozenten be-stimmt wird, sondern den dieser nur in-direkt lenkt, indem er wertvolle Kultur-güter vermittelt. Schüler sollen so indi-viduell zu „höheren Werten“ und einer„kultivierten Lebensform“ geleitet wer-den.

Humboldts Vorstellung vom lebens-langen Lernen und Lernen des Lernensspielen auch in der aktuellen Diskussioneine große Rolle. Ihr Stellenwert istdeshalb so bedeutsam, weil mit derTechnisierung des privaten und öffentli-chen Lebens, dem Einzug neuer Medienin Schule und Alltag sowie dem Trendzur Wissensgesellschaft starke Verände-rungen des Lern- und Bildungsverständ-nisses stattfinden. Dazu gehörten u.a.eine geringere Wertschätzung von tradi-tionellen Stoffkanons und eine stärkereHinwendung zum lebenslangen Lernen.Aller Voraussicht nach werden heutige

Schüler in ihrem Leben mehrere Berufeausüben und müssen demnach die Be-

reitschaft zeigen, immer wieder neu undumzulernen. Dabei wird insbesonderedie Fähigkeit zum Umgang mit neuenMedien als eine Schlüsselqualifikationverstanden. Programme wie „Schulenans Netz“ und „Studieren im Netz“ do-kumentieren die derzeitige Situation.

Kultur – Begriff und BedeutungDie Atomisierung des Wortes Kultur inder aktuellen Kulturwissenschaft, aberauch die geradezu inflationäre Verwen-dung von sog. Bindestrichkulturen ma-chen eine exakte Bestimmung diesesBegriffs nahezu unmöglich. Die � Defi-nition von Kultur als „the total and dis-tinctive way of life of a people or socie-ty“ – die Lebensweise einer Gesellschaftoder eines Volkes in ihrer Gesamtheitund speziellen Ausprägung – durch dieUNESCO im Jahr 1995 weist in ihrerUndifferenziertheit ebenfalls auf diesesProblem hin. Aus der Offenheit dieserFormulierung lässt sich schließen, dassKultur nicht etwas Abgeschlossenes,sondern inhaltlich, zeitlich und lokalunabgeschlossen ist und einen Prozessdarstellt (REICHE 2001).

Kultur enthält die Wurzeln der latei-nischen Begriffe colere, cultus, cultor,cultura, colonia etc. Gemeint sind da-mit solche (zunächst agrikulturellen)Einrichtungen, Handlungen, Prozesseund symbolischen Formen, welche mitHilfe von planmäßigen Techniken dievorgefundene Natur in einen sozialenLebensraum transformieren, diesen er-halten und meliorieren. Hierzu gehörenaber auch die dazu erforderlichen Fer-tigkeiten wie das Pflegen und Weiter-entwickeln von Kulturtechniken unddas nötige Wissen. Dieser semantischenBetrachtung des Begriffs „cultura“ liegt

die griechische Differenzierung zwi-schen dem zu Grunde, was von sich ausda ist und sich erhält (physis) und dem,was seine Existenz menschlichem Han-deln verdankt (techné). Diese Dichoto-mie von Natur und Kultur ist bis heutelebendig geblieben. Dabei blieb schonin der antiken Kultur ambivalent, obNatur dasjenige ist, was von sich ausOrdnung zeigt und darum einen Vor-bildcharakter kultureller Anstrengun-gen darstellt oder ob die Natur das Cha-otische, Wechselhafte und zufälligEmergierende verkörpert.

Materielle und immaterielle KulturDer immateriellen Kultur, zu derbeispielsweise Verhaltensweisen, Denk-muster, Religionen (�� Beiträge Hen-kel, S. 122 und S. 128; Gamerith/Jahn-ke, S. 130) und Wissensschätze gehö-ren, und einem allgemeinen Verständ-nis von Kultur als sozialem Erbe stehteine materielle Kultur gegenüber. Untermaterieller Kultur subsumieren sich„alle von früheren Generationen �����

Kultur ist die „Gesamtheit der Lebensäu-ßerungen der menschlichen Gesellschaftin Sprache, Religion, Wissenschaft, Kunstu.a.“ (BROCKHAUS 2000)

„A culture refers to the distinctive wayof life of a group of people, their designsfor living.“ (KLUCKHOHN 1951)

Culture is „that complex whole which in-cludes knowledge, belief, art, law, cus-tom, and any other capabilities and ha-bits acquired by man as a member of so-ciety.“ (TYLOR 1871)

„Im Ganzen genommen könnte man dieKultur als den Prozeß der fortschreiten-den Selbstbefreiung des Menschen be-schreiben. Sprache, Kunst, Religion undWissenschaft bilden unterschiedlichePhasen in diesem Prozeß. In ihnen allenentdeckt der Mensch eine neue Kraft –die Kraft, sich eine eigene, ideelle Weltzu errichten.“ (CASSIRER 1990)

„Unter Kultur versteht man sämtlichekollektiv geteilten, impliziten Verhaltens-

normen, Verhaltensmuster, Verhaltens-äußerungen und Verhaltensresultate, dievon den Mitgliedern einer sozialen Grup-pe erlernt und mittels Symbolen von Ge-neration zu Generation weitervererbtwerden. Diese – nach innerer Konsistenzstrebenden – kollektiven Verhaltensmus-ter und -normen dienen dem innerenund äußeren Zusammenhalt und derFunktionsfähigkeit einer sozialen Gruppeund stellen eine spezifische, generations-erprobte Lösung der Anpassung an phy-sische, ökonomische und sonstige Um-weltbedingungen dar. Kulturen neigendazu, sich einer Veränderung in diesenBedingungen anzupassen.“ (KELLER 1982)

„Kultur ist ein System zur Produktion,Übermittlung, Speicherung und Verarbei-tung von Informationen.“ (HALL/HALL

1983)

„Culture is to a human collective whatpersonality is to an induvidual.“ (HOFSTEDE

1988)

Ausgewählte Definitionen von Kultur

Der mystisch-religiöse Bildungsbe-griff

Im Mittelalter hatte der Begriff Bildungreligiöse bzw. philosophische Bedeutung.Man verstand hierunter die Hinwendungder Seele zu Gott, indem sich derMensch von allen irdischen Problemenlöst. Gebildet waren also nicht Professo-ren oder Gelehrte, sondern äußerst reli-giöse Menschen, die sich nicht um irdi-sche Probleme kümmerten, Bildung wirdder klösterlichen Lebensform gleichge-setzt. Dieser Bildungsbegriff beschränktesich nicht nur auf das europäische Chris-tentum, sondern war auch in anderenreligiös geprägten Kulturen weit verbrei-tet (z.B. im Buddhismus).

Der organologische Bildungsbegriff

Er hat seinen Ursprung in der Renais-sance, genauer im Glauben an einen„bildenden Geist“ in allen Naturwesen.Der Mensch soll seine inneren Anlagenmöglichst ungestört entwickeln können,um so zu einer einheitlichen Persönlich-keit zu reifen. Alles, was erlernt wird,dient nur der Entwicklung der natürli-chen Anlagen des Menschen. Der orga-nologische Bildungsbegriff sieht denMenschen als absoluten Bezugspunktder Bildung und Erziehung an. Bildungbedeutet hier nicht eine Formung desMenschen nach religiösen, politischenoder wirtschaftlichen Zielen, sonderneine Bildung zum „vollen Menschen“durch die Entwicklung aller individuellenAnlagen.

Der humanistische Bildungsbegriff

Er ist eine weitere Ausprägung des orga-nologischen Bildungsbegiffs. Die Ent-wicklung zum „humanen“ Menschen

soll durch „gelehrte Bildung“ erfolgen.Durch Auseinandersetzung mit altenSprachen, Literaturen und Kulturen (La-tein und besonders Griechisch) soll derGeist dazu befähigt werden, das eigeneLeben und die eigene Welt zu verstehen.Ziel dieser Bildung sind Freiheit des Geis-tes, Weltoffenheit und Individualität.

Der pädagogisch-aufklärerische Bil-dungsbegriff

Im Gegensatz zu den ersten drei Definiti-onen geht die pädagogisch-aufkläreri-sche Definition der Bildung davon aus,dass der Mensch in erster Linie vonaußen „gebildet“ wird. Bildung ist keineinnere Entwicklung oder Errungenschaft,sondern wird durch Pädagogen vermit-telt. Im Vordergrund soll das praktischeund vernunftbestimmte Wissen stehen.Ähnlich wie ein Künstler sein Werk bil-det, soll der Erzieher seine Schüler zubrauchbaren, vernunftorientierten Men-schen „bilden“. Im Vordergrund stehtnicht, dass der Mensch zu einer entwi-ckelten Persönlichkeit reifen soll, son-dern zu einem nach allgemeinen Grund-sätzen vernünftigen Menschen undbrauchbaren Bürger erzogen wird.

Der kulturpädagogische Bildungsbe-griff

Nach dieser Definition aus dem 20. Jahr-hundert wird Bildung als Prozess verstan-den, der nicht direkt vom Erzieher be-stimmt, sondern nur indirekt gelenktwird, indem dieser wertvolle Kulturgütervermittelt. So soll der Schüler zu „höhe-ren Werten“ und einer „kultivierterenLebensform“ geführt werden.

(Nach PLEINES 1978)

Interpretationen des Bildungsbegriffs

Love Parade in Berlin

Im deutschen Pavillon auf der EXPO 2000 in Hannover

Lebenslanges Lernen: Mitarbeiterschulung

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14Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bildung und Kultur

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ererbten materiellen Elemente einerKultur, wie etwa Werkzeuge, Messinst-rumente wie alle Produkte menschli-cher Arbeit“ (REINHOLD 1997, S. 375).Ein Kernbereich materieller Kultur wirdz.B. in der Technikkultur gesehen(�� Beitrag Nagel, S. 156). Als ein klas-sisches Beispiel sind v.a. auch die Welt-ausstellungen zu nennen, die als Trägermaterieller Kultur auf eine 150-jährigeEntwicklungsgeschichte von 1851 inLondon bis zur Expo 2000 in Hannoverzurückschauen können.

Hochkultur versus MassenkulturDie heute noch immer anzutreffendeUnterscheidung zwischen Hochkulturund Massenkultur wurde im Wesentli-chen im 19. Jahrhundert begründet. DieMöglichkeit der Teilnahme an kulturel-len Bereichen wird über soziale und eth-nische Segregation gesteuert. Dabei

wird zwischen wahrer Kunst und Kitschunterschieden, ohne auf die den Dingeninnewohnenden objektiven DifferenzenRücksicht zu nehmen. Im Gegensatz zurHochkultur, zu der im Allgemeinen z.B.Theater, Orchester oder Museen gehö-ren, gibt es die Massenkultur, die nichtdurch ein Subsystem repräsentiert wird,sondern die gesamte Gesellschaftdurchdringt. Die Massenmedien als ihrwesentlicher Transporteur werden vorallem in der Freizeit genossen. Mankönnte daher diese Kultur auch als Frei-zeitkultur im engeren Sinne bezeich-nen. Betrachtet man die Massenkulturim weiteren Sinne, so ergibt sich eineumfassende Definition, die beispiels-weise auch Lebensbereiche wie Esskul-

tur oder Trinkkultur mit einschließt(WEISS 1992, S. 734 ff.).

Kultur als WirtschaftsfaktorDie ökonomischen Wirkungen vonKunst und Kultur sind nur schwer inEuro und Cent zu bilanzieren. Der Wup-pertaler Ästhetik-Professor Bazon Brockführt beispielsweise zwei Drittel der in-dustriellen Wertschöpfung auch auf dieArbeit von Künstlern zurück, weilnahezu jedes Produkt designorientiertsei. Die meisten Argumentationen, diesich auf die Kultur als Wirtschaftsfak-tor beziehen, stützen sich auf kaum be-rechenbare Umwegrentabilitäten undindirekte wirtschaftliche Effekte, etwafür die Gastronomie oder die daraus er-wachsenden steuerlichen Wirkungen.

Die Bedeutung der Kultur als Wirt-schaftsfaktor in Deutschland und Euro-pa, aber auch weltweit nimmt gegenü-ber der Gesamtwirtschaft stetig undüberproportional zu. Ein langfristigerVergleich bestätigt dies: 1980 betrug inDeutschland der Anteil der Kulturwirt-schaft (einschl. Bildung, Wissenschaftund Verlagswesen) ca. 2,7% des Ge-samtbruttoinlandsprodukts; 1997 warenes 4%. Parallel dazu stieg auch die Zahlder Beschäftigten in der Kulturwirt-schaft von Ende der 1980er bis Ende der1990er Jahre um etwa 10%. Allerdingsgibt es auf Grund von Abgrenzungs-und Definitionsproblemen für die Kul-turwirtschaft kaum detailliertes Zahlen-material. Fest steht jedoch, dass ein be-deutender Teil beispielsweise die Kul-turproduktion in den Bereichen Thea-ter, Film, Fernsehen, Show, Event oderKongressgestaltung ist (�� Beitrag Vor-auer, S. 140).

Rechtliche Rahmenbedingun-gen und ZuständigkeitenIn der Bundesrepublik Deutschland alseinem klassischen föderalen Staat stehtdie Pflege von Kunst und Kultur vorran-gig den Ländern und Gemeinden zu.Artikel 30 des Grundgesetzes, der dieKompetenzverteilung zwischen Bundund Ländern regelt, stellt fest: „DieAusübung der staatlichen Aufgaben istSache der Länder, soweit dieses Grund-gesetz keine andere Regelung trifft oderzulässt.“ Die sog. Kulturhoheit, die aufden jeweiligen regionalen Besonderhei-ten basiert, wird dabei von den Ländernals besonders wichtig eingestuft.

Im gesamten Deutschen Reich gab esbis 1934, in der 1949 entstandenenBundesrepublik bis 1965 nur Kultusmi-nisterien der Länder. 1934-1945 bestandim zentral regierten Dritten Reich einReichsministerium für Wissenschaft, Er-ziehung und Volksbildung. In derebenfalls zentralistischen DeutschenDemokratischen Republik gab es Minis-

terien für Volksbildung (seit 1960) undKultur (seit 1954) sowie ein Staatsse-kretariat (seit 1951) bzw. Ministerium(seit 1967) für das Hoch- und Fach-schulwesen.

In der Bundesrepublik Deutschlandliegt die Gesetzgebungskompetenz fürBildung und Kultur primär bei den Län-dern. Der Bund hat jedoch das Rechtder konkurrierenden Gesetzgebung (Zu-ständigkeit zusammen mit den Ländern)für die Regelung der Ausbildungsbeihil-fen und die Förderung der wissenschaft-lichen Forschung (GG Artikel 74, Ziff.13) sowie der Rahmengesetzgebung be-züglich der allgemeinen Grundsätze desHochschulwesens (GG Artikel 75, Ziff.1, Abs. 1a). Insbesondere wirkt derBund im Rahmen von Gemeinschafts-aufgaben mit den Ländern zusammen,wenn Vorhaben für die Gesamtheit vonBedeutung sind und die Mitwirkung desBundes zur Verbesserung der Lebensver-hältnisse erforderlich ist, z.B. beim Aus-bau und Neubau von Hochschulen ein-schließlich der Hochschulkliniken (GGArtikel 91a, Ziff. 1, Abs. 1) oder bei derBildungsplanung und Forschungsförde-rung (GG Artikel 91b) � �. Die vonBund und Ländern gemeinsam finan-zierten Gemeinschaftsaufgaben haben1969 nach langen Verhandlungen Ein-gang in das Grundgesetz gefunden(�� Beitrag Lütke, S. 76). Vorher warenlediglich die Länder im KönigsteinerAbkommen von 1949 zur gemeinsamenFinanzierung wissenschaftlicher For-schungseinrichtungen übereingekom-men (�� Beitrag Sternberg, S. 88).

Auf Grund der allgemeinen Schul-pflicht gehört es zu den Aufgaben desStaates, der Bevölkerung eine entspre-chende Bildungsinfrastruktur in ange-messener Entfernung zur Verfügung zustellen (�� Beiträge Fickermann/Schul-zeck/Weishaupt, S. 26; Kramer, S. 46).Jedoch sind verfassungsgemäß auch pri-vate Bildungseinrichtungen im Primar-,im Sekundar- wie auch im Tertiärbe-reich zulässig und prinzipiell auch förde-

rungswürdig (�� Beiträge Fickermann/Schulzeck/Weishaupt, S. 30; Rinschede/Schenk/Sprongl, S. 126). Der größteAnteil an der Schulfinanzierung liegttraditionell bei den Gemeinden(�� Beitrag Fickermann/Schulzeck/Weishaupt, S. 34). Sie sind auch dafürzuständig, für eine adäquate Unterrich-tung von einheimischen Minderheiten(�� Beitrag Aschauer/Paulig, S. 48) wieauch für die Integration von Minderhei-ten fremder Herkunft (�� Beitrag Han-sen/Wenning, S. 50) zu sorgen.

Schon kurz nach Kriegsende und inden 1950er Jahren war eine Anzahl vonwissenschaftlichen Koordinierungsgre-mien und Organisationen der Bildungs-planung und Forschungsförderung aufBundesebene entstanden oder wieder

gegründet worden, wie z.B. die � Kul-tusministerkonferenz, die � West-deutsche Rektorenkonferenz (heuteHochschulrektorenkonferenz), der� Stifterverband für die Deutsche Wis-senschaft, die � Deutsche Forschungsge-meinschaft sowie als Mittler zur beson-deren Pflege internationaler Beziehun-gen der � Deutsche Akademische Aus-tauschdienst, das � Goethe-Institut,� Inter Nationes und das � Institut fürAuslandsbeziehungen; sie wurden inden 1960er und 1970er Jahren durch

Kongresshalle / Haus der Kulturen der Welt in Berlin. 1956/57 nach Plänen von Hugh A.Stubbins erbaut. USA-Beitrag zur Internationalen Bauausstellung „Interbau 1957“. Davor einePlastik von Henry Moore.

Die Neue Staatsgalerie in Stuttgart, ein Beispiel modernerArchitektur. 1979-1984 errichtet nach Entwürfen von JamesStirling

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15Bildung und Kultur – eine Einführung

den – nicht mehr bestehenden – Deut-schen Bildungsrat, die � Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung undForschungsförderung sowie schließlichdas � Wissenschaftszentrum Bonn er-gänzt.

Ein Teil der Bundesbefugnisse im Be-reich Bildung und Forschung wurde 1965in dem neu gebildeten Bundesministeri-um für Forschung zusammengefasst. Andessen Stelle traten 1969 zwei Bundes-ministerien für Bildung und Wissen-schaft sowie für Forschung und Techno-logie, die 1994 zu einem Bundesministe-rium für Bildung, Wissenschaft, For-schung und Technologie vereinigt wur-

den, das für die Zukunftsgestaltung unse-res Landes zuständig sein sollte.

Nach dem Regierungswechsel 1998änderte sich die Bezeichnung in Bun-desministerium für Bildung und For-schung. Gleichzeitig erhielt die Kultur-und Medienpolitik dadurch einen höhe-ren Stellenwert, dass ein neuer Aus-schuss für Kultur und Medien (mit ei-nem Unterausschuss Neue Medien) imDeutschen Bundestag eingerichtet wur-de und ein Beauftragter der Bundesre-gierung für Angelegenheiten der Kulturund der Medien (BKM) berufen wurde,der als Staatsminister innerhalb desBundeskanzleramtes tätig ist.

Unter Wahrung der Kulturhoheit derLänder hat der Bundeskanzler demBKM folgende Zuständigkeiten übertra-gen, die zuvor von anderen Bundesres-sorts wahrgenommen wurden:• „aus dem Geschäftsbereich des Bun-

desministeriums des Innern die Zu-ständigkeit für Kultur und Medien(hierzu gehören auch die Pflege desKulturguts für Vertriebene undFlüchtlinge sowie die kulturelle Be-treuung fremder Volksgruppen undheimatloser Ausländer, nicht jedochder Religionsgemeinschaften) sowiefür Gedenkstätten;

• aus dem Geschäftsbereich des Bun-desministeriums für Wirtschaft dieZuständigkeit für Verlagswesen, Me-dien- und Filmwirtschaft;

• aus dem Geschäftsbereich des Bun-desministeriums für Raumordnung,Bauwesen und Städtebau die Zustän-digkeit für die Kulturförderung in derBundeshauptstadt Berlin und derBundesstadt Bonn;

• aus dem Geschäftsbereich des Bun-desministeriums für Bildung und For-schung die Zuständigkeit für Medien-politik.

Dem BKM unterstehen das Bundesar-chiv und das Bundesinstitut für ostdeut-sche Kultur und Geschichte als nachge-ordnete Behörden“ (BPA 2000, S. 11).

Grundstruktur des Bildungs-wesensDas Bildungssystem in der Bundesrepub-lik Deutschland ist grob in fünf unter-schiedliche Bereiche gegliedert �: DerElementarbereich umfasst die vorschuli-sche Erziehung der Kinder vom 3. biszum 6. Lebensjahr und ist nicht Be-standteil des öffentlichen Schulsystems.Der Primar- und Sekundarbereich I um-schreibt die allgemeine Schulpflicht abVollendung des 6. bis zum 15. Lebens-jahr und beträgt i.d.R. 9 Vollzeitschul-jahre. Zum Sekundarbereich II gehörensowohl allgemein bildende als auch be-rufliche Bildungsgänge, in denen Ju-gendliche nach drei bis vier Jahren dieAllgemeine Hochschulreife bzw. dieFachhochschulreife erwerben können.Außerdem besteht die Möglichkeit, imAnschluss an die Vollzeitschulpflichteine zwei- bis dreieinhalbjährige qualifi-zierte Berufsausbildung im dualen Sys-tem zu absolvieren, in dem die betrieb-liche und die schulische Ausbildung pa-rallel organisiert sind.

Dem tertiären Bereich, der ab dem19. Lebensjahr in Anspruch genommenwerden kann, werden die verschiedenenHochschularten und die Berufsakademi-en zugerechnet. Abschließend ist der inDeutschland nur in geringem Umfangdurch den Staat geregelte Bereich derWeiterbildung zu nennen, der die allge-

Kultusministerkonferenz (KMK), offizi-ell „Ständige Konferenz der Kultusminis-ter der Länder in der BundesrepublikDeutschland“ mit Sekretariat in Bonn,gegründet 1948. Sie behandelt Angele-genheiten der Kulturpolitik von überregi-onaler Bedeutung mit dem Ziel, Entwick-lungen im Schul- und Hochschulwesenzu dokumentieren und Empfehlungen zuseiner Weiterentwicklung zu geben.

Deutscher Wissenschaftsrat (WR),Gremium, das Maßnahmen zur Weiter-entwicklung und Förderung der Wissen-schaft in Deutschland abstimmen soll.Die 1957 durch ein Abkommen zwischenBund und Ländern gegründete Einrich-tung mit Sitz in Köln hat durch zahlrei-che Empfehlungen die Planung und Ent-wicklung von Hochschulen und außer-universitären Forschungseinrichtungenstark beeinflusst (z.B. durch Rahmenplä-ne für den Hochschulbau, Evaluationsbe-richte von Forschungseinrichtungen).

Bund-Länder-Kommission für Bil-dungsplanung und Forschungsförde-rung (BLK). 1970 durch ein Verwaltungs-abkommen von Bund und Ländern er-richtete, in ihrem Aufgabenbereichmehrfach erweiterte Regierungskommis-sion mit Sitz in Bonn. Die BLK erarbeitetEmpfehlungen zur gesamtstaatlichen Bil-dungsplanung, zu Modellversuchen imBildungswesen, zur Forschungsförderungund zum jährlichen Zuschussbedarf ge-meinsam finanzierter Forschungs- undServiceeinrichtungen, Forschungsförde-rungsorganisationen und Forschungsvor-haben.

Hochschulrektorenkonferenz (HRK),Sitz Bonn-Bad Godesberg. Vereinigungder von ihren jeweiligen Rektoren undPräsidenten vertretenen Universitätenund Hochschulen in der BundesrepublikDeutschland; gegründet 1949 (Vorläufer1903), bis 1990 Westdeutsche Rektoren-konferenz (WRK). Ihre Beschlüsse erge-hen in Form von Empfehlungen.

Deutsche Forschungsgemeinschaft(DFG), 1951 gegründete Einrichtung mitSitz in Bonn-Bad Godesberg zur Förde-rung wissenschaftlicher Forschungenund des wissenschaftlichen Nachwuch-ses. Die Fördermittel werden durch denBund, die Länder und den Stifterverbandfür die Deutsche Wissenschaft aufge-bracht. Mitglieder der DFG sind Universi-täten und Hochschulen, Akademien derWissenschaften und außeruniversitäreForschungseinrichtungen.

Stifterverband für die Deutsche Wis-senschaft e.V., Sitz Essen, 1920 gegr.und 1949 wieder gegr. Stiftung zur För-

Institutionen der Bildungsplanung und Forschungsförderung

derung von Wissenschaft und Technik inForschung und Lehre; die Mittel werdenan gemeinnützige wissenschaftliche Ein-richtungen, z.B. an die Deutsche For-schungsgemeinschaft, vergeben.

Alexander von Humboldt-Stiftung(AvH-Stiftung), erstmals 1860 gegründe-te und 1953 in Bonn-Bad Godesberg vonder Bundesrepublik Deutschland wiedererrichtete Stiftung. Sie ermöglicht hochqualifizierten ausländischen Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern län-gere Forschungsaufenthalte in Deutsch-land und fördert durch ein aktives Netz-werk interkulturelles Verstehen und in-ternationale Beziehungen.

Deutscher Akademischer Austausch-dienst e.V. (DAAD), gemeinnütziger Ver-ein mit Sitz in Bonn zur Pflege akademi-scher Auslandsbeziehungen (Studenten-und Dozentenaustausch). Gegr. 1931 inBerlin, wieder gegr. 1950 in Bad Godes-berg.

Goethe-Institut zur Pflege deutscherSprache und Kultur im Ausland e.V.,1932 in München gegr., 1952 wiedereingerichtet, überwiegend vom Auswär-tigen Amt finanziert. Unterhält Ausbil-dungsstätten im In- und Ausland sowieKulturinstitute und vermittelt Dozentu-ren und Vortragsreisen im Ausland. 2001mit Inter Nationes e.V. vereinigt.

Inter Nationes e.V. (lat. zwischen denVölkern), 1952 gegründete gemeinnützi-ge Vereinigung zur Förderung zwischen-staatlicher Beziehungen mit Sitz in Bonn-Bad Godesberg. Zu den Hauptaufgabenzählen die Ausstattung kultureller Ein-richtungen im Ausland und die Betreu-ung ausländischer Gäste. 2001 erfolgteein Zusammenschluss mit dem Goethe-Institut.

Institut für Auslandsbeziehungen mitSitz in Stuttgart. 1917 als DeutschesAuslands-Institut gegr., 1950 unter demheutigen Namen neu eingerichtet. Ge-meinnützige Anstalt zur Förderung desinternationalen Kulturaustausches.

Wissenschaftszentrum, 1976 vom Stif-terverband für die Deutsche Wissen-schaft in Bonn-Bad Godesberg errichte-tes Zentrum. Es soll die Selbständigkeitder wissenschaftlichen Selbstverwal-tungsorganisationen stärken, deren Zu-sammenarbeit verbessern sowie als Stät-te der Begegnung und des Dialogs zwi-schen Wissenschaft, Wirtschaft, Staatund Öffentlichkeit dienen. Mitgliedersind u.a. die DFG, die HRK, der DAAD,die AvH-Stiftung sowie die Max-Planck-Gesellschaft.

meine, berufliche und wissenschaftlicheWeiterbildung in vielfältigen Formenumschreibt und dessen Inanspruchnah-me freiwillig ist.

Der ElementarbereichDer Elementarbereich umfasst Einrich-tungen freier und öffentlicher Träger,die Kinder ab dem 3. bis zum Schulein-tritt mit dem i.d.R. 6. Lebensjahr halb-tägig betreuen. Die traditionelle Formder institutionalisierten vorschulischenErziehung für Kinder sind Kindergärten,Schulkindergärten bzw. Vorklassen(�� Beitrag Gohrbandt/Weiss, S. 22). Inden alten Ländern wurden 1994 rd. zweiDrittel der Einrichtungen durch freieTräger der Kinder- und Jungendhilfe wieKirchen, Wohlfahrtsverbände, Eltern-verbände und Vereine geführt, zu einemDrittel befanden sie sich in der Handöffentlicher Träger. In den neuen Län-dern waren Kindergärten nahezu aus-schließlich staatlich oder kommunal ge-führt. Entsprechend der früheren ganz-tägigen Betreuung in der DDR wird nunin den neuen Ländern wieder verstärkteine Ganztagsbetreuung angeboten.

Nach dem Kinder- und Jugendhilfege-setz von 1990 haben die Einrichtungender vorschulischen Erziehung die Auf-gabe, die Entwicklung des Kindes zu ei-ner eigenverantwortlichen und gemein-schaftsfähigen Persönlichkeit zu för-dern. Das inhaltliche Konzept richtetsich nach der weltanschaulichen, religi-ösen oder pädagogischen Grundausrich-tung der Träger.

Seit dem 1. Januar 1996 haben Kin-der vom vollendeten dritten Lebensjahran bis zum Schuleintritt einen Rechts-anspruch auf einen Kindergartenplatz.

Der PrimarbereichDer Primarbereich umfasst die Grund-schule mit den Jahrgangsstufen 1-4, inBerlin und Brandenburg die Jahrgangs-stufen 1-6. Im Anfangsunterricht derGrundschule nimmt das Erlernen desLesens, Schreibens und Rechnens einezentrale Stellung ein. Der Unterrichtwird i.d.R. in den Fächern Deutsch,Mathematik, Sachunterricht, Kunst,Musik, Sport und Religion bzw. Ethikerteilt. Zunehmend wird ab der drittenJahrgangsstufe die Möglichkeit zu einerersten Begegnung mit einer Fremdspra-che geboten, die insbesondere durchspielerische Lern- und Arbeitsformensowie durch den Vorrang des mündli-chen Sprachgebrauchs und einen �����

Erstklässler am ersten Schultag

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16Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bildung und Kultur

Verzicht auf Leistungsbewertung ge-kennzeichnet ist. Der Übergang nachder vierten bzw. sechsten Jahrgangsstufeder Grundschule in eine der weiterfüh-renden Schularten wird auf der Grund-lage des Votums der Grundschule von

den Eltern des Kindes oder von derSchule im Sekundarbereich I bzw. derSchulaufsicht getroffen.

Der Sekundarbereich IDie allgemein bildenden Schulen imSekundarbereich I bauen auf der ge-meinsamen Grundschule auf. In denmeisten Ländern handelt es sich dabeium die Schultypen Hauptschule, Real-schule, Gymnasium und Gesamtschule.In manchen Bundesländern gibt es seiteinigen Jahren neue Schularten, in de-

nen die Hauptschule und die Realschulezusammengefasst sind und die je nachLand unterschiedliche Bezeichnungenführen. Hierzu gehören die Mittelschulein Sachsen, die Sekundarschule inSachsen-Anhalt, die Regelschule inThüringen, die Integrierte Haupt- undRealschule in Hamburg, die Verbunde-ne Haupt- und Realschule in Hessenund Mecklenburg-Vorpommern, die Re-gionale Schule in Rheinland-Pfalz unddie Erweiterte Realschule im Saarland(�� Beitrag Freytag/Jahnke, S. 32).

Die Jahrgangsstufen 5 und 6 bildenunabhängig von ihrer organisatorischenZuordnung eine Phase besonderer Beob-achtung und Orientierung der Schülerfür ihren weiteren Bildungsweg. DieseOrientierungsphase ist in einigen Län-dern als eine von den Schularten unab-hängige Schulstufe eingerichtet (z. B.Orientierungsstufe in Niedersachsen).

Ab der Jahrgangsstufe 7 unterscheidensich die Schularten durch das Angebotder Fächer und durch die Anforderun-gen im Hinblick auf den angestrebtenAbschluss.

Die Hauptschule vermittelt ihrenSchülern eine grundlegende allgemeineBildung und umfasst in der Normalformdie Jahrgangsstufen 5-9, wobei mit er-folgreicher Beendigung der neuntenJahrgangsstufe der Hauptschulabschlusserworben wird. Darüber hinaus eröffnetdie Hauptschule besonders befähigtenSchülern weiterhin die Möglichkeit, ei-nen erweiterten Hauptschulabschlussbzw. den Mittleren Schulabschluss zuerwerben. An Realschulen wird in denJahrgangsstufen 5-10 den Schülern eineerweiterte allgemeine Bildung vermit-telt. Sie schließen mit der MittlerenReife ab. Das Gymnasium umfasst dieJahrgangsstufen 5-13, in Sachsen und

Neben den Universitäten mit einem tra-ditionell breiten Fächerspektrum gibt eseine Reihe von Hochschulen mit Universi-tätsrang, die nur spezielle Studienfächeranbieten. Zu den Universitäten zählenauch die Technischen Universitäten bzw.Technischen Hochschulen, an denen über-wiegend in den Schwerpunktfächern derNatur- und Ingenieurwissenschaften ge-forscht und ausgebildet wird, sowie wei-tere Hochschulen dieser Art, dieinzwischen den Universitätstitel führen.Zu den gesetzlichen verankerten Grund-rechten von Universitäten gehören dasPromotions- und das Habilitationsrecht.

Seit 1970 sind ausschließlich in den Län-dern Hessen (Kassel) und Nordrhein-Westfalen (Duisburg, Essen, Paderborn,Siegen, Wuppertal und Hagen), zeitwei-lig auch in Bayern Gesamthochschulenentstanden. Dieser Typ Hochschule inte-griert die Ausbildungsrichtungen vonUniversitäten, Pädagogischen Hochschu-len und Fachhochschulen sowie teilweisedie der Kunsthochschulen. Gesamthoch-schulen haben sich seit Ende der 1970erJahre unter Aufrechterhaltung ihres je-weiligen Studienangebots weitgehendden Universitäten angenähert und übenwie diese ein Promotions- und Habilitati-onsrecht aus.

Die Pädagogischen Hochschulen sindwissenschaftliche Hochschulen und ent-standen aus den Lehrer bildenden Einrich-tungen. Die in den alten Bundesländern inden 1960er Jahren rd. 100 Institute wur-den in den 1970er Jahren zu etwa 30 Pä-dagogischen Hochschulen aggregiert, anbestehende Universitäten angegliedertoder zu neuen Universitäten oder Ge-samthochschulen erweitert. In den neuenBundesländern wurden nach der Wieder-vereinigung die für die Lehrerausbildungzuständigen Institute für Lehrerbildungund die Pädagogischen Hochschulen voll-ständig – zuletzt in Thüringen – in dieUniversitäten integriert. Derzeit bestehennur noch in Baden-Württemberg sechsPädagogische Hochschulen, die in einigenFällen das Promotionsrecht besitzen.

Die Hochschultypen(nach PEISERT/FRAMHEIN 1997)

Die hinsichtlich der Studierendenzahleneher kleineren Theologischen Hoch-schulen befinden sich in kirchlicher Trä-gerschaft. Dazu gehören die KirchlichenHochschulen (evangelisch), die Philoso-phisch-theologischen Hochschulen (rö-misch-katholisch), die Hochschule für Jü-dische Studien in Heidelberg und dieHochschule der Adventisten in Frieden-sau. Die Theologischen Hochschulenüben teilweise das Promotions- und Ha-bilitationsrecht aus.

Zu den vorwiegend kleineren Einrichtun-gen der Kunsthochschulen gehören dieHochschulen für Bildende Künste, Ge-staltung, Musik, Schauspielkunst sowiefür Film und Fernsehen. Diese Hochschu-len widmen sich zum einen der künstleri-schen Berufsvorbereitung und bildenzum anderen Kunst- und Musikerzieheraus. Kunsthochschulen besitzen wederein Promotions- noch ein Habilitations-recht.

Die Fachhochschulen wurden seit den1970er Jahren errichtet. In ihnen sind dieehemaligen Ingenieurschulen und diehöheren Berufsfachschulen aufgegan-gen. Ihr Studienangebot ist durch eineKonzentration auf die FachrichtungenWirtschaft, Informatik, Sozialpädagogik,Gestaltung und Landwirtschaft charakte-risiert und zeichnet sich durch eine kür-zere Studienzeit von i.d.R. acht Semes-tern sowie einen stärkeren Anwen-dungsbezug in Forschung und Lehre aus.Fachhochschulen besitzen kein Promoti-ons- und Habilitationsrecht.

Die Verwaltungsfachhochschulen sindFachhochschulen für die öffentliche Ver-waltung, an denen Nachwuchskräfte fürden nicht-technischen gehobenen Dienstdes Bundes und der Länder ausgebildetwerden.

Eine Alternative zum Präsenzstudiumbietet das Fernstudium, das derzeit nurin Nordrhein-Westfalen an der Fern-Uni-versität – Gesamthochschule in Hagensowie an mehreren privaten Fachhoch-schulen angeboten wird.

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Studierende an der Universität Karlsruhe

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17Bildung und Kultur – eine Einführung

Thüringen 5-12. Es vermittelt denSchülern eine vertiefte allgemeine Bil-dung, und mit der abschließenden Abi-turprüfung wird die Allgemeine Hoch-schulreife erworben. Weitere Länder,z. B. Baden-Württemberg, wollen künf-tig die Schulzeit bis zur AllgemeinenHochschulreife auf 12 Jahre reduzieren.

Neben der Hauptschule, der Real-schule und dem Gymnasium gibt esweiterhin mit Ausnahme eines Landesden Typ der (integrierten) Gesamtschu-le. Die Gesamtschule in kooperativerForm und das Schulzentrum in Bremenfassen die drei genannten Schultypenorganisatorisch zusammen.

Die schulische Unterweisung von Be-hinderten entsprechend den Behinde-rungsarten wird in Sonderformen derallgemein bildenden und beruflichenSchulen, teilweise auch integrativ zu-sammen mit Nichtbehinderten angebo-ten. Die Schulbezeichnungen sind nachLandesrecht unterschiedlich (Sonder-schule, Schule für Behinderte, Förder-schule) (�� Beitrag v. Spaun, S. 44).

Der Sekundarbereich IIDas Bildungsangebot für Jugendliche imSekundarbereich II umfasst allgemeinbildende Inhalte in Form einer gymna-sialen Oberstufe, berufliche Bildungs-gänge sowie allgemein bildende und be-rufsbezogene Bildungsgänge. Die Mehr-zahl der Jugendlichen absolviert berufli-che bzw. allgemein bildende und berufs-bezogene Bildungsgänge.

Etwa ein Drittel der Jugendlichen ei-nes Jahrgangs besucht die gymnasialeOberstufe, die sich i.d.R. in eine einjäh-rige Einführungsphase und eine zweijäh-rige Qualifikationsphase gliedert(�� Beitrag Fickermann/Schulzeck/Weishaupt, S. 40). Die einzelnen Fä-cher werden alternativ in Grund- undLeistungskursen unterrichtet, derenLernangebote dem Niveau nach struk-turiert sind und zu einer wissenschafts-propädeutischen Ausbildung beitragensollen. Innerhalb bestimmter Verpflich-tungen haben die Schüler der gymnasia-len Oberstufe die Möglichkeit der indi-viduellen Schwerpunktbildung. DreiAufgabenfelder (sprachlich-literarisch-künstlerisch, gesellschaftswissenschaft-lich und mathematisch-naturwissen-schaftlich-technisch) müssen von denSchülern bis zur Abiturprüfung wahrge-nommen werden. Diese findet in vierFächern statt, wobei zwei Leistungsfä-cher und ein weiteres Fach schriftlichgeprüft werden und in einem viertemFach eine mündliche Prüfung abgelegtwird. Mit der Abiturprüfung wird dasZeugnis der Allgemeinen Hochschulrei-fe erworben. Die gymnasiale Oberstufekann ebenso an den alternativen Schul-arten wie Berufsfachschulen, Fachober-schulen oder Beruflichen Gymnasienbzw. Fachgymnasien absolviert werden.

Zwei Drittel der Jugendlichen einesJahrgangs entscheiden sich für einezwei- bis dreieinhalbjährige Berufsaus-bildung im dualen System. Dieses be-ruht auf einer Ausbildung an den zweiLernorten Schule und Betrieb und ver-

knüpft fachtheoretische Kenntnisse mitder betrieblichen Praxis. Zusätzlich zumberufsqualifizierenden Abschluss kannggf. der Hauptschulabschluss oder derMittlere Schulabschluss erworben wer-den (�� Beitrag Neß, S. 36).

Die Fachoberschule ist eine zweijährigeSchulart, die auf dem Mittleren Schul-abschluss aufbaut. Für Absolventen mitdiesem Abschluss und einer beruflichenErstausbildung ist der unmittelbare Ein-tritt in Jahrgangsstufe 12 der Fachober-schule möglich. Berufsfachschulen sindberufliche Vollzeitschulen verschiede-ner Ausprägung im Hinblick auf Zu-gangsvoraussetzungen, Dauer und Ab-schlüsse. In Verbindung mit dem Ab-schluss eines mindestens zweijährigenBildungsgangs kann unter bestimmtenVoraussetzungen die Fachhochschulreifeerworben werden.

Der tertiäre BereichZum tertiären Bereich gehören die staat-lichen und nicht staatlichen Hochschu-len mit rd. 1,8 Mio. Studierenden undder zahlenmäßig weniger bedeutsame Be-reich der Berufsakademien (�� BeiträgeLütke, S. 64; Rolfes, S. 72).

Das Hochschulwesen gliedert sich inein breites Spektrum von wissenschaft-lichen und nicht wissenschaftlichenHochschultypen, die in unterschiedli-chem Maß auf die praktischen Belangeeiner späteren Berufsausübung ausge-richtet sind und verschieden große Ein-zugsbereiche haben (�� Beitrag Nutz, S.68). Generell unterscheidet man 7 Ty-pen, unter denen die � Universitäten,die nur noch in Baden-Württembergfortgeführten � Pädagogischen Hoch-schulen und die nur in Nordrhein-

Westfalen und Hessen existierenden� Gesamthochschulen als überwiegendstaatliche wissenschaftliche Hochschu-len hervorzuheben sind. � Kunst-hochschulen und � Fachhochschulendagegen gelten als berufsorientiert undnicht als wissenschaftliche Hochschu-len. Sonderformen sind die den Univer-sitäten gleichgestellten � Theolo-gischen Hochschulen und die � Ver-waltungsfachhochschulen, die von ih-ren jeweils spezifischen Anbietern undAnforderungen geprägt sind.

Eine Einrichtung des tertiären Be-reichs in sieben Ländern ist außerdemdie Berufsakademie, die eine fachwis-senschaftliche Ausbildung an einer Stu-dienakademie mit einer praktischen Be-rufsausbildung in einem Betrieb im Sin-ne eines dualen Systems verbindet.

Die Hochschulen dienen der Pflegeund Entwicklung von Wissenschaft undKunst durch Forschung, Lehre und Stu-dium und der Vorbereitung auf berufli-che Tätigkeiten. Die medizinischen Be-reiche der Hochschulen erfüllen auchAufgaben der Krankenversorgung.Hochschulen tragen mit ihrer For-schung und Lehre zum Erhalt und zurVerbesserung menschlicher Lebens- undUmweltbedingungen bei. Darüber hin-aus beteiligen sie sich auch an Veran-staltungen der Weiterbildung. DieHochschulen arbeiten im Rahmen ihrerAufgabenstellung mit anderen Hoch-schulen sowie sonstigen Forschungs-,

Kultur- und Bildungseinrichtungen imIn- und Ausland zusammen (�� BeiträgeNutz, S. 82; Jöns, S. 84) und sollen denWissenstransfer zwischen ihren Einrich-tungen und allen Bereichen der Gesell-schaft fördern. Hochschulen spielennicht zuletzt auch als wichtige regionaleArbeitgeber (�� Beitrag Hüttner/Schmude, S. 80) und als weiche Stand-ortfaktoren eine Rolle.

AusbildungsförderungStudierende, denen nicht ausreichendMittel für Lebensunterhalt und Studiumzur Verfügung stehen, bekommen nachdem Bundesausbildungsförderungsgesetz(BAföG) eine Studierendenförderung.Sie wird zu 65% vom Bund und zu 35%von den Ländern finanziert und richtetsich nach dem elterlichen Einkommender Studierenden, das unterhalb einerbestimmten Einkommensgrenze liegenmuss.

WeiterbildungDer Bereich Weiterbildung wird im Ge-gensatz zu den anderen Bildungsberei-chen in Deutschland nur in geringemUmfang durch den Staat geregelt. DasWeiterbildungsangebot umfasst einbreites Spektrum von Maßnahmen derallgemeinen, wissenschaftlichen sowieberuflichen und politischen Weiterbil-dung, das in einem Nebeneinander vonstaatlichen und privaten, gemeinnützi-gen und gewinnorientierten, betriebli-chen und öffentlichen Bildungseinrich-tungen getragen wird (�� BeitragBöhm-Kasper/Weishaupt, S. 52). AlsEinrichtungen der beruflichen Weiter-bildung bieten u.a. Volkshochschulen,Abendschulen oder Fachschulen Wei-terbildungskurse an, die vom Erwerb �����

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Lehrlingsausbildung bei DaimlerChrysler inStuttgart

Das Hauptgebäude der Universität Tübingen

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18Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bildung und Kultur

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des Hauptschulabschlusses oder derHochschulreife bis hin zur beruflichenund betrieblichen Weiterbildung rei-

chen. Darüber hinaus kann auch Fern-unterricht als eine flexible berufsbeglei-tende Weiterbildung von berufstätigenErwachsenen wahrgenommen werden(KMK 1999).

BildungsbeteiligungDie Anzahl derjenigen Einwohner, diean verschiedenen Bereichen der Bil-dung beteiligt sind, und ausgewählte

Teilmengen innerhalb dieser Gruppen –z.B. ausländische Schüler oder Schulab-gänger ohne Hauptschulabschluss – istsehr unterschiedlich. Dabei sind vor al-lem die Altersgruppen vom 7. bis 18.Lebensjahr betroffen, von denen zwi-schen 85 und 100% der jeweiligenmännlichen und weiblichen Bevölke-rung Schulen besuchen �; bei der ent-sprechenden Bildungsteilnahme sindKindergärten und Schulkindergärten so-wie die Weiterbildung nicht berücksich-tigt, wohl aber Fachschulen undAbendschulen. Bei den 6-Jährigen be-trägt die Bildungsteilnahme je nachGeschlecht 52-56%, bei den 19 bis 29-Jährigen nimmt sie von 65-70% auf 10-13% ab.

Außerordentlich stark ausgeprägt sinddie Unterschiede der Qualifikations-niveaus der Bevölkerung nach Ge-schlechtern �. Während bei unterenund mittleren Bildungsabschlüssen so-wie hinsichtlich der HochschulreifeFrauen noch geringfügig dominieren,nimmt ihr Anteil an den Studierendenund Absolventen von Hochschulen bishin zu den Promovierten und Habili-tierten sehr stark ab und dokumentiertdamit, dass eine Gleichstellung derFrauen noch lange nicht erreicht ist.

Kultur und KulturfinanzierungKulturelle VielfaltDeutschland zeichnet sich durch einreichhaltiges kulturelles Erbe und eineaußerordentliche kulturelle Vielfalt aus.Dabei ist die föderale Struktur der Bun-

desrepublik nirgendwo deutlicher ausge-prägt als in diesem Bereich. Bedingtdurch die historische Entwicklung unddie verfassungsrechtlichen Zuständig-keiten für Bildung, Forschung, Kunstund Kultur, ist es anders als etwa inFrankreich, England oder Japan nichtzur Herausbildung einer dominierendenWissenschafts- und Kulturmetropole ge-kommen. Vielmehr haben sich mit un-terschiedlichen Schwerpunkten ausge-

stattete große und kleine Kulturzentrenherausgebildet, die häufig in der Tradi-tion ehemaliger Haupt- und Residenz-städte sowie selbstbewusster bürgerli-cher Zentren stehen.

Die meisten kulturellen Einrichtun-gen in der Bundesrepublik werden vonden Städten und Gemeinden unterhal-ten, während Länder, Bund und großeStiftungen eher herausragende Einrich-tungen von gesamtstaatlicher Bedeu-tung oder besonderem Rang für einLand oder einen Landesteil tragen (z.B.Staatstheater oder Staatsbibliotheken)(�� Beitrag Kremb, S. 136). Museen,Bibliotheken, Theater, Orchester undHochschulen entsprechen in ihrerräumlichen Verteilung weitgehend derBevölkerungsverteilung, allerdings mitspezifischen Besonderheiten. Dabei ra-gen die Hauptstadt Berlin, Hamburgund München, Köln, Düsseldorf, Frank-furt am Main sowie Stuttgart, Leipzigund Dresden immer wieder besondersheraus (�� Beitrag Mayr, S. 114). InBerlin gibt es mit Abstand die meistenTheater und Orchester, aber eine großeAnzahl findet sich auch in Thüringen(�� Beiträge Wiest, S. 110; Mayr/Sön-dermann, S. 104); die Medien konzent-rieren sich in Hamburg, Köln und Mün-chen sowie zunehmend in Berlin(�� Beitrag Vorauer/Wiest, S. 112), unddie Deutsche Bibliothek als Bundesein-richtung hat Standorte in Frankfurt amMain, Leipzig und Berlin (�� BeitragFreytag/Hoyler, S. 100). Zu den Zentrendes Kunstlebens zählen aber z.B. auch

Kassel (Documenta) sowie der Festspiel-ort Bayreuth (Wagner-Festspiele) undzu den Zentren der Literaturpflege unddes Archivwesens Weimar (StiftungWeimarer Klassik), Marbach am Neckar(Schiller-Nationalmuseum und Deut-sches Literaturarchiv) und Koblenz(Bundesarchiv, Hauptsitz). Zum Kultur-leben gehören auch die Buchmessen inFrankfurt am Main und Leipzig (�� Bei-trag Schröder/Wiest, S. 98). Die heraus-

Das Deutsche Theater (eröffnet 1883) unddie Kammerspiele (1906 gegründet), zweitraditionsreiche Sprechbühnen in Berlin

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19Bildung und Kultur – eine Einführung

ragende überregionale Bedeutung sog.kultureller Leuchttürme in den neuenLändern ist eindrucksvoll in einem„Blaubuch“ dargestellt worden (RAABE

2001).Neben der Hochkultur ist die Volks-

kultur mit ihren mannigfachen Erschei-nungsformen breit entwickelt (Volkslie-der, -musik, -tänze, -trachten, -feste,

-poesie usw.); hierzu zählt auch die Pfle-ge des deutschen Traditionsguts inkl.Märchen und Sagen (�� Beitrag Bode/Hanewinkel, S. 96), wie sie – oft imÜbergangsbereich zum Tourismusmar-keting – durch die Ausweisung von Kul-tur- und Tourismusstraßen, Heimatmu-seen und kulturellen Gedenkstätten fürPersonen und Begebenheiten geschieht.

Kaum mehr in Karten darstellbar sinddarüber hinaus die gelebten Kulturfor-men, wie sie in Sprache, Literatur, Ma-lerei und Musik präsent sind und weitertradiert werden (�� Beiträge Bausch,S. 94; Fölber/Tzschaschel, S. 108).

Eine besonders starke Dynamik erfah-ren in den letzten Jahrzehnten die freieKulturszene und die Soziokultur, die

sich in der Pflege alternativer oder frei-er Musik und Kunst sowie der Kunster-ziehung, Kulturpolitik und Kommunika-tion dokumentieren und deren Vertretersich um die Anerkennung soziokulturel-ler Arbeit als eines festen Bestandteilsdes kulturellen Lebens bemühen(�� Beitrag Freytag/Hoyler/Mager,S. 118). �����

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20Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bildung und Kultur

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Der Bereich der Buchproduktion unddes Buchhandels als breitenwirksamerKultursektor sei beispielhaft an der Ti-telproduktion innerhalb der Landesver-bände des Börsenvereins des deutschenBuchhandels im Jahre 2000 erläutert(vgl. GRÄF 2001). Auf Bayern, Nord-rhein-Westfalen und Baden-Württem-berg entfielen mehr als 60% der erfass-ten über 63.000 Erstauflagen �.

Ein wichtiges Element des kulturellenLebens ist die Kultur der Erinnerung,die in Handlungen, vor allem aber inDenkmälern und Gedenkstätten ihrenAusdruck findet. In � werden verschie-dene Typen von Denkmälern beispiel-haft dokumentiert, die z.T. auch als Na-tionaldenkmäler bezeichnet werden, alsMahn- und Gedenkstätten an Kriege,Konzentrationslager und die deutscheTeilung erinnern oder Herrscher undandere bedeutende Persönlichkeitendarstellen (SCHARF 1983; VOGT 1987;FRANÇOIS/SCHULZE 2001). Ein eigenerBeitrag ist der Vielzahl von Mahnmalenzur Auseinandersetzung mit dem Natio-nalsozialismus gewidmet (�� BeitragSteinbach, S. 120).

Im Schnittbereich zwischen Hoch-und Volkskultur befindet sich die Bau-kultur, die mit ländlichen und städti-schen Siedlungs- und Bauformen sowieProfan- und Sakralbauten aus den ver-schiedensten Epochen von der Römer-zeit bis zur Postmoderne dauerhafte Ele-mente des kulturellen Erbes bildet(�� Beiträge Pröpper/Spantig, S. 142;Jöns/Köchling-Dietrich, S. 144; Borne-meier, S. 148; Pröpper/Spantig, S. 150;Goormann, S. 152; Winkler, S. 154).

Gesamtstaatliche Aufgaben und aus-wärtige KulturpolitikDas 1998 eingeführte Amt des Beauf-tragten der Bundesregierung für Angele-genheiten der Kultur und der Medien(BKM), das die vorrangige Kompetenzder Länder für die Organisation der Bil-dung und die Förderung von Kunst undKultur nicht tangiert, soll im Wesentli-chen auf drei Aufgaben ausgerichtetsein:• die Verbesserung der Rahmenbedin-

gungen für die Entfaltung von Kunstund Kultur nach den Prinzipien derToleranz und Neutralität,

• den Aufbau und die Förderung ge-samtstaatlich bedeutsamer kulturellerEinrichtungen und

• die Bewahrung und den Schutz deskulturellen Erbes in Deutschland(BPA 2000, S. 4 ff.).

Der BKM versteht sich als neuer Part-ner und Impulsgeber für die Kulturpoli-tik des Bundes sowie als Interessenver-treter für die deutsche Kultur auf inter-nationaler, insbesondere auf europäi-scher Ebene.

Ein integraler Bestandteil deutscherAußenpolitik ist die auswärtige Kultur-politik, die die Aufgabe hat, Aspektedes kulturellen Lebens in Deutschlandim Ausland zu vermitteln. Als deut-scher Beitrag zum Dialog der Kulturenorientiert sie sich an Wertvorstellungenwie Demokratie, Einhaltung der Men-schenrechte und Schutz der natürlichenRessourcen. Die Federführung für dieauswärtige Kulturpolitik liegt im Aus-wärtigen Amt; die Umsetzung erfolgtdurch sog. Mittlerorganisationen wiedas Goethe-Institut, Inter Nationes,den Deutschen Akademischen Aus-tauschdienst, das Institut für Auslands-beziehungen und die Carl Duisburg Ge-sellschaft. Von Wichtigkeit ist in die-sem Zusammenhang auch die Tätigkeitder öffentlich-rechtlichen Sender mitAuslandsauftrag Deutsche Welle, 3satund arte (�� Beitrag Kremb, S. 138).Auswärtige Kulturpolitik erfolgt aberauch in starkem Ausmaß durch die Län-der, Städte und Gemeinden (z.B. Städ-tepartnerschaften), Kirchen, Stiftungenund weitere Institutionen.

Die Europäische Union betreibt Kul-turpolitik u.a. durch die seit 1985 erfol-gende jahrweise Ernennung einer Stadt,später mehrerer Städte, zur KulturstadtEuropas. 1999 wurde diese Auszeichnungder Stadt Weimar zur 250. Wiederkehrvon J.W. Goethes Geburtsjahr zuteil.

Die Vereinten Nationen, vertretendurch die für Erziehung und Wissen-schaft zuständige UnterkommissionUNESCO, zeichnen herausragende Bau-werke, Standorte und Naturdenkmälerdadurch aus, dass sie diese in das sog.Welterbe aufnehmen. Derartige Aus-

zeichnungen sind seit 1978 20 Stätten inDeutschland zuerkannt worden und wer-den für die Zukunft noch für weitereKultur- und Naturdenkmäler erwartet,die auf einer von der Kultusministerkon-ferenz eingereichten Warteliste verzeich-net sind (�� Beitrag Manz, S. 158).

KulturfinanzierungBetrachtet man die gesamtdeutsche öf-fentliche Kulturfinanzierung, so ist fest-zustellen, dass die Bundesregierung anihr traditionell nur mit 3-5% beteiligtist, die allerdings auf wichtige Themen-felder konzentriert sind. Über Jahrzehn-te hinweg waren die deutschen Ge-meinden der wichtigste finanzielle Trä-ger der Kulturförderung. Städte, Ge-

meinden, Landkreise und andere Ge-meindeverbände brachten rund dieHälfte der insgesamt in den öffentli-chen Kulturhaushalten ausgewiesenenMittel auf (�� Beitrag Micheel/Wiest,S. 132). Auf die Länder entfielen tradi-tionell zwischen 45% und 47%, doch istangesichts des stagnierenden Niveausder Finanzausstattung in den gesamtenKulturetats von Bund, Ländern und Ge-meinden der Länderanteil inzwischenauf über 50% angewachsen.

Von Belang ist in diesem Zusammen-hang, dass zahlreiche ehemals kommu-nale Einrichtungen – von Museen überMusikschulen (�� Beitrag Mayr, S. 56)bis zu Theatern und Orchestern – inprivate und privatwirtschaftliche Trä-gerschaft überführt worden sind.

M. SÖNDERMANN analysiert, was dieöffentliche Hand in Deutschland fürKultur ausgibt, und regionalisiert dieRechnungsergebnisse der staatlichenund kommunalen Haushalte auf Län-derebene �. Während 1998 die Kultur-ausgaben durchschnittlich nur 2,1%

Erhalt repräsentativer Industriekultur durch Kunstprojekte imRuhrgebiet

Dreharbeiten zum Film Die Männerpension. Film von 1996.

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21Bildung und Kultur – eine Einführung

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vom jeweiligen Gesamtetat ausmach-ten, schwankten die Werte zwischen3% (Sachsen, Berlin) und 1,3% (Rhein-land-Pfalz) beträchtlich. Es fällt auf,dass mit Ausnahme von Brandenburgdie neuen und ärmeren Länder sowieHamburg einen deutlich höheren An-teil ihres Etats für die Kultur ausgebenals die alten Länder; auch Bayern er-reichte noch einen überdurchschnittli-chen Wert. Legt man die Pro-Kopf-Aus-gaben je Einwohner zu Grunde, so be-trägt der Wert für die alten Länder136 DM, für die neuen Länder 222 DMund für die getrennt ausgewiesenenStadtstaaten 309 DM je Einwohner;nach Ländern führen Berlin (355 DM),Hamburg (245 DM) und Sachsen(240 DM), während Rheinland-Pfalz(97 DM) erneut am Ende rangiert.

Deutscher KulturratDer Deutsche Kulturrat wurde 1982 alspolitisch unabhängige Arbeitsgemein-schaft kultur- und medienpolitischerOrganisationen und Institutionen vonbundesweiter Bedeutung gegründet und1995 in die Form eines eingetragenengemeinnützigen Vereins überführt. Erist ein anerkanntes kulturpolitisches Fo-rum für Verbände, Organisationen undExperten der Kunst- und Medienberufe,der Kulturwirtschaft, der Kunstwissen-schaft, der kulturellen Bildung und derKulturvermittlung.

Ziel des Deutschen Kulturrats ist es,als Lobby für die Kultur spartenüber-greifende Fragen in die kulturpolitischeDiskussion auf allen Ebenen einzubrin-gen. Seine Geschäftsstelle befindet sichim Haus der Kultur in Bonn, das dazubeitragen soll, die intermediäre Funkti-on von Kulturorganisationen zwischenStaat und Gesellschaft zu vertiefen.

Im Deutschen Kulturrat � arbeiten197 bundesweit organisierte Verbändezusammen, die acht nach fachlichenGesichtspunkten gegliederten Sektio-nen angehören. Größte ist der bereitsseit 1953 existierende Deutsche Musik-rat mit allein 89 angeschlossenen Dach-verbänden, kleinste die Sektion Film/Audiovision mit vier angeschlossenenMitgliedsvereinigungen.

KulturpreiseNach Erhebungen des Bonner Zentrumsfür Kulturforschung wurden in Deutsch-land im Zeitraum 1995-2000 nicht we-niger als 3109 Kulturpreise mit 9112Einzelauszeichnungen verliehen, die inEhrungen, Stipendien und Projektförde-rungen ihren Ausdruck fanden; ihreAnzahl erhöhte sich in nur sechs Jahrenum 50% �. Die Preise waren teilweisemit bescheidenen, teilweise mit be-trächtlichen Dotierungen, in jedem Fal-le aber für die Geehrten mit ideellen

Anerkennungen und symbolischenFunktionen verbunden.

Das Spektrum der Preisverleiher istbreit gestreut: Neben Förderern der öf-fentlichen Hand (Bund, Länder, Ge-meinden, Gemeindeverbände) – mit ei-nem wachsenden Anteil von Städten –stehen private und sonstige Stifter so-wie gemischte Trägerschaften (publicprivate partnership). Es dominierenAkademien und kulturelle Institutio-nen, Träger mit lokaler oder regionalerBeteiligung sowie Einrichtungen derWirtschaft. Die meisten Auszeichnun-gen erfolgen in den Sparten Literatur,Musik und Bildende Kunst sowie Kulturallgemein (spartenübergreifend) (WIE-SAND 2001).

Zum vorliegenden BandDie Bildungsgeographie oder Geogra-phie des Bildungs- und Qualifikations-wesens befasst sich mit räumlichenStrukturen, Disparitäten und Prozessenvon Wissen und Bildung, den Einrich-tungen, in denen Wissen produziert,verbreitet und angewandt wird, den Ak-teuren, die über Wissen verfügen sowiemateriellen Artefakten aller Art, in de-nen Wissen sich materialisiert hat (vgl.zusammenfassend MEUSBURGER 1976 und1998).

Der vorliegende Band kann zwangs-läufig nur eine Auswahl von Aspektenzur umfassenden Thematik Bildung undKultur aufgreifen. Die ersten Beiträgewidmen sich der Angebotsseite im Bil-dungssektor mit den unterschiedlichenSchulformen und dem Lehrpersonal.Der zweite Teil dokumentiert exempla-risch die regionalen Strukturen derNachfrageseite mit einem Ausblick aufden Zusammenhang von Bildung undArbeitsmarktchancen. Ein weitererThemenblock ist den deutschen Hoch-schulen und ihren Studierenden in en-ger Verknüpfung mit den Forschungsak-tivitäten eingeräumt. Dabei wird auchder großen Bedeutung der Forschung au-ßerhalb der Universitäten Rechnunggetragen.

Viele Themen aus den Bereichen Bil-dung und Qualifikation, Schule, Hoch-schule und sonstige Bildungseinrichtun-gen konnten auf Grund des begrenztenUmfangs des Bandes nicht berücksich-tigt werden. Andere Themen sind we-gen der fehlenden Datenbasis in regio-nal differenzierten Darstellungen einesAtlaswerks nicht zu bearbeiten (vgl.auch STATISTISCHE ÄMTER DER LÄNDER

UND STATISTISCHES BUNDESAMT 2000, S.47-53). Die föderale Struktur des Bil-dungswesens und die entsprechendenZuständigkeiten im Zusammenhang mitder Bildungsstatistik machen besonderskleinräumige Betrachtungen außeror-dentlich schwierig. Bundesweite Befra-gungen, z.B. im Rahmen des Mikrozen-sus, sind in ihrer Aussagekraft nur ingrober regionaler Tiefe verwendbar.

Zu den offen gebliebenen Themenzählen beispielsweise Analysen derTragfähigkeit und der Standorte vonGrund- und Hauptschulen, insbe-sondere auch des Problems der kleinen

Grundschulen, Darstellungen zu den zu-mutbaren Schulwegen und zu Schüler-transportsystemen, vertiefte Behandlun-gen von Situation und Problemen be-hinderter Schüler, differenzierte Darle-gungen über Gesamtschulen und gym-nasiale Sonderformen unter besondererBerücksichtigung des zweiten Bildungs-weges sowie zum Ausbildungsniveau derWohnbevölkerung.

Im Abschnitt über Hochschulen undForschung blieben z.B. das Problem derMikrostandorte von Universitäten undHochschulen, die Verteilung und Bedeu-tung landes- und bundeseigener (Res-sort-) Forschungseinrichtungen und dieregionale Verteilung von Patentanmel-dungen, d.h. des zeitlich begrenzten Mo-nopols für die wirtschaftliche Nutzungvon Erfindungen, unberücksichtigt.

Im Anschluss an die bildungsbezoge-nen raumstrukturellen Betrachtungender Bundesrepublik Deutschland folgeninnerhalb dieses Bandes Ausführungenzur Kultur. Die beiden anschließendenKapitel erläutern wichtige Bereiche deskulturellen Lebens und dokumentierenseine Raumwirksamkeit, die sich ausden wechselseitigen Einflüssen von Ge-sellschaft, Staat und Kultur sowie vonAngebot und Nachfrage ergibt. Dabeispielen innerhalb des sehr komplexenSystems föderaler Strukturen Aspekteder Kulturförderung eine wichtige Rol-le.

Der letzte Komplex des Atlaswerkesist der Prägung Deutschlands durch dieBautätigkeit in verschiedenen Kultur-epochen gewidmet. Bauwerke dokumen-tieren die kulturelle, gesellschaftlicheund wirtschaftliche Entwicklung einerNation besonders nachhaltig und sindeindeutiger als die nichtmateriellenbzw. nicht ortsgebundenen Kulturgüterdes musikalischen, bildnerischen und li-terarischen Schaffens zu verorten undim Rahmen eines Atlaswerkes darzu-stellen.

Der Schwerpunktbereich Kultur konntegleichfalls nur exemplarisch behandeltwerden. So musste etwa auf Archive,Zentren des Kunstlebens mit Kunst-hochschulen, Jugendkunstschulen,Kunstvereinen, Artotheken und Galeri-en, ferner auf Filmtheater und ausge-wählte Elemente der Volkskultur sowieauf jüngere Epochen der Architekturverzichtet werden (vgl. VERBAND DEUT-SCHER STÄDTESTATISTIKER 1998).

Alle Beiträge berücksichtigen außerder Analyse der Thematik im Allgemei-nen die raumdifferenzierende Doku-mentation im wieder vereinigtenDeutschland im Besonderen. Weiterreichende internationale Bezüge werdenim Nationalatlasband „Deutschland inder Welt“ hergestellt.�