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Dokumentation der Analysen und Modellrechnungen zum Masterplan Daseinsvorsorge des Werra-Meißner-Kreises für die Themenfelder Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen (Arbeitsgruppe 4) Abschlussbericht Hamburg, im Dezember 2012 Gertz Gutsche Rümenapp Stadtentwicklung und Mobilität GbR Dipl.-Ing. Martin Albrecht Ruhrstraße 11 22761 Hamburg Tel: (040) 85 37 37 40 Fax: (040) 85 37 37 42 [email protected] www.ggr-planung.de

Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

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Page 1: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

Dokumentation der Analysen und Modellrechnungen zum Masterplan Daseinsvorsorge des Werra-Meißner-Kreises für die Themenfelder

Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen (Arbeitsgruppe 4) –

Abschlussbericht

Hamburg, im Dezember 2012

Gertz Gutsche Rümenapp Stadtentwicklung und Mobilität GbR

Dipl.-Ing. Martin Albrecht Ruhrstraße 11 22761 Hamburg

Tel: (040) 85 37 37 – 40 Fax: (040) 85 37 37 – 42

[email protected] www.ggr-planung.de

Page 2: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Seite 2

Inhaltsverzeichnis

A Hintergrund 4

A-1 Projekthintergrund und Projektstruktur 4

A-2 Aufbau und Zielsetzung dieser Dokumentation 4

A-3 Weitere Ergebnisdokumente 5

A-3.1 Im Rahmen der Projektarbeit erstellte ergänzende Ergebnisdokumente .......... 5

A-3.2 Zusätzliche Ergebnisdokumente .................................................................... 6

B Datengrundlagen für alle Themenbereiche 7

B-1 Befragung der freiwilligen Feuerwehren und Katastrophenschutzeinheiten 7

B-2 Kleinräumige Bevölkerungsprognose 7

B-3 Differenzierte Abbildung der Siedlungsstruktur 8

B-4 Erreichbarkeitsanalyse 8

C Rechtliche Grundlagen 10

C-1 Brandschutz 10

C-1.1 Zuständigkeiten .......................................................................................... 10

C-1.2 Regelhilfsfrist ............................................................................................. 11

C-1.3 Mindeststärke einer Feuerwehr .................................................................... 12

C-1.4 Bedarfs- und Entwicklungsplanungen ........................................................... 14

C-2 Katastrophenschutz 14

C-3 Rettungsdienst 16

D Abwehrender Brandschutz 17

D-1 Herausforderungen aus Sicht der Verantwortlichen 17

D-2 Personalsituation 18

D-2.1 Personalbestand und Altersstruktur in den Einsatzabteilungen ....................... 18

D-2.2 Vorausschätzung der Anzahl der in den Einsatzabteilungen Aktiven ............... 19

D-3 Analyse der Eintreffzeiten 22

D-3.1 Methodisches Vorgehen .............................................................................. 22

D-3.2 Analyseszenarien ........................................................................................ 25

D-3.3 Gestaltungsszenarien .................................................................................. 35

D-3.4 Eintreffzeiten: Zusammenfassung der Ergebnisse ......................................... 42

D-4 Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen aus Sicht der Modellergebnisse 43

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Seite 3

E Katastrophenschutz 47

E-1 Herausforderungen aus Sicht der Verantwortlichen 47

E-2 Personalsituation 47

E-2.1 Standortstruktur der Katastrophenschutzeinheiten im Werra-Meißner-Kreis .... 47

E-2.2 Ergebnisse der Datenanalysen ..................................................................... 48

E-2.3 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ................................................. 53

E-3 Analyse der Eintreffzeiten 53

E-3.1 Eintreffzeiten SEG Behandlung .................................................................... 54

E-3.2 Eintreffzeiten SEG Betreuung ...................................................................... 55

F Rettungswesen 57

F-1 Analyse der Eintreffzeiten 57

F-1.1 Eintreffzeiten eines Rettungstransportwagens .............................................. 58

F-1.2 Eintreffzeiten eines Notarztes ...................................................................... 60

F-1.3 Mögliche Auswirkungen eines zusätzlichen NEF-Standortes auf die Eintreffzeiten eines Notarztes .......................................................................................... 62

F-1.4 Eintreffzeiten des ersteintreffenden Rettungsmittels ..................................... 64

F-1.5 Einschätzungen der Auswirkungen eines Ausbaus der A44 für die Eintreffzeiten im Rettungsdienst ...................................................................................... 65

F-1.6 Zusammenfassung ..................................................................................... 65

F-2 Vorausschätzung der Einsatzzahlen 66

F-2.1 Methodisches Vorgehen .............................................................................. 66

F-2.2 Ergebnisse der Vorausschätzung ................................................................. 66

F-3 Datengrundlagen für die Festlegung von Ausnahmegebieten 70

G Masterplan Brandschutz, Rettungswesen und Katastrophenschutz – Anregungen, Anreizinstrumente, Wertschätzung 71

G-1 Brandschutz 71

G-2 Katastrophenschutz 75

G-3 Rettungswesen 76

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt A: Grundlagen Seite 4

A Hintergrund

A-1 Projekthintergrund und Projektstruktur Im Rahmen des Modellvorhabens „Region schafft Zukunft“ wurde im Werra-Meißner-Kreis im Zeitraum von Juli 2009 bis zum März 2011 das Projekt „Masterplan Daseinsvorsorge - Pla-nung regionaler Infrastrukturanpassung“ durchgeführt. Dabei haben sich verschiedene Ar-beitsgruppen mit Überlegungen zur aktuellen und zukünftigen Versorgungssituation in ver-schiedenen Bereichen der (öffentlichen) Daseinsvorsorge befasst und Anpassungsoptionen zur Sicherung der Versorgungsqualität unter den Bedingungen der demografischen Entwick-lungen diskutiert.

Aufgrund der guten Erfahrungen mit diesem methodischen Ansatz haben sich der Werra-Meißner-Kreis sowie der Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner e.V. (VfR) entschlos-sen, das Projekt fortzusetzen und das Themenspektrum auszuweiten. Zwischen August 2011 und September 2012 hat sich daher die „Arbeitsgruppe 4 – Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen“ unter der Leitung von Herrn Andreas Haberland, Fachdienstleiter Ret-tungsdienst des Werra-Meißner-Kreises in sieben Sitzungen vor allem mit den Folgewirkun-gen der demografischen Entwicklung und daraus resultierenden Anpassungserfordernissen und –strategien in den folgenden Themenbereichen beschäftigt:

(Abwehrender) Brandschutz

Katastrophenschutz sowie

Rettungswesen.

In der Arbeitsgruppe waren Vertreter der Freiwilligen Feuerwehren, der Städte und Gemein-den des Werra-Meißner-Kreises, der im Katastrophenschutz tätigen Hilfsorganisationen, die inhaltlich verantwortlichen Fachdienste des Werra-Meißner-Kreises sowie als Vertreter der Kommunalpolitik mehrere Bürgermeister vertreten. Die Koordination der Arbeitsgruppenar-beit erfolgte durch Frau Sabine Wilke vom Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner.

Die „AG 4 – Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen“ wurde bei ihrer Arbeit durch die Büros proloco, Bremen/Göttingen und Gertz Gutsche Rümenapp – Stadtentwick-lung und Mobilität, Hamburg/Berlin (GGR) unterstützt. Dr.-Ing. Michael Glatthaar, proloco, war dabei für Moderation der Arbeitsgruppensitzungen sowie Prozesskoordination und –unterstützung verantwortlich während das Büro Gertz Gutsche Rümenapp die Arbeitsgrup-penarbeit durch Datenauswertungen und Modellrechnungen zu den diskutierten Aspekten, die in diesem Abschlussbericht dokumentiert sind, unterstützt hat. Als Vertreter des Büros GGR war Martin Albrecht Mitglied der AG 4.

A-2 Aufbau und Zielsetzung dieser Dokumentation Die vorliegende Dokumentation der Modellrechnungen und Analysen für die Themenfelder Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen fasst die wichtigsten Ergebnisse der im Rahmen der Projektarbeit durchgeführten Berechnungen zusammen. Dies geschieht mit dem Ziel, die Resultate der Berechnungsergebnisse zu dokumentieren und so den Verantwortli-chen weitere Grundlagen zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zur Verfü-gung zu stellen.

Dieses Ergebnisdokument ist wie folgt aufgebaut:

Im auf diese Einleitung folgenden Abschnitt B werden zentrale Datengrundlagen, die für die Datenanalysen und Modellrechnungen verwendet wurden beschrieben.

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt A: Grundlagen Seite 5

Abschnitt C fasst die wesentlichen rechtlichen Grundlagen der Leistungserbringung in den Bereichen Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen zusammen.1

In den Abschnitten D, E und F werden die Ergebnisse der Datenanalysen und Modell-rechnungen, die Fragestellungen im Zusammenhang mit bestehenden und künftigen Herausforderungen in den genannten Themenbereichen aufgreifen, beschrieben.

Ein abschließendes Kapitel G dokumentiert die Anregungen, die sich aus der enga-gierten Arbeitsgruppenarbeit heraus für die künftige Sicherstellung des Schutzniveaus ergeben haben. Dieses Kapitel entstand in enger Zusammenarbeit zwischen Herrn Michael Glatthaar (proloco Bremen), Frau Sabine Wilke (Verein für Regionalentwick-lung Werra-Meißner e.V.), den Herren Haberland, Eisenträger und Sasse als Verant-wortlichen für den Kreis sowie Martin Albrecht (GGR, Hamburg).

Teil dieser Abschlussdokumentation ist ein „Ergebnisfoliensatz“, der (in ähnlicher Form) im Rahmen der Abschlussveranstaltung am 29. August 2012 im E-Werk in Eschwege gezeigt wurde und die in diesem Bericht enthaltenen Abbildungen enthält.

A-3 Weitere Ergebnisdokumente

A-3.1 Im Rahmen der Projektarbeit erstellte ergänzende Ergebnisdoku-mente

Besonderes Kennzeichen der Projektarbeit war die engagierte Beteiligung von Seiten der Arbeitsgruppenmitglieder. Aus Sicht der gutachterlichen Begleitung war der erkennbare Wille der Beteiligten, die Ergebnisse des Projektes für die weitere Arbeit zu nutzen besonders er-freulich. Dieser äußerte sich bereits während der Projektlaufzeit in Wünschen nach ergän-zenden Auswertungen zu verschiedenen Themen. Im Rahmen des Projektes sind dabei Er-gebnisse produziert worden, die den Verantwortlichen zur weiteren Verwendung übergeben wurden und die im Rahmen dieses Abschlussberichtes nicht gesondert dokumentiert werden. Dies betrifft u.a.

Einen umfangreichen Foliensatz, der für alle 16 Städte und Gemeinden im Werra-Meißner-Kreis Kartendarstellungen der Eintreffzeiten für die Szenarien „Staffeleinsatz Wochenende und nachts“ sowie „Staffeleinsatz werktags tagsüber“ enthält (vgl. dazu auch Abschnitt D-3). Dieser diente der Abstimmung und Plausibilisierung der verwen-deten Datengrundlagen mit dem Verantwortlichen – vor allem der aus der Befragung ins Berechnungsmodell übertragenen Grundlagendaten (vgl. dazu Abschnitt B-1).

Auswertungen zu den Eintreffzeiten von Einsatzeinheiten des überörtlichen Brand-schutzes an Siedlungsbereichen und Straßenabschnitten im Kreisgebiet (in verschie-denen Ausbaustufen der BAB 44),

Auswertungen zu Eintreffzeiten von im Katastrophenschutz tätigen Einheiten an Sied-lungsbereichen und Straßenabschnitten im Kreisgebiet unter verschiedenen Annah-men hinsichtlich der Einsatzorganisation (Zusammenstellung der Einheit von ver-schiedenen Standorten und Standortkombinationen) sowie

die Zusammenstellung und Herleitung von Grundlagendaten zur Unterstützung einer bedarfsgerechten Fahrzeugvorhaltung im Rettungsdienst.

1 Autor dieses Abschnittes C – Rechtliche Rahmenbedingungen ist der Kreisbrandinspektor des Werra-Meißner-Kreises Herr Dipl.-Ing. (FH) Christian Sasse.

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt A: Grundlagen Seite 6

A-3.2 Zusätzliche Ergebnisdokumente

Dieser Abschlussbericht dokumentiert die Ergebnisse der Datenanalysen und Modellrechnun-gen für das gesamte Kreisgebiet. Zur Unterstützung der weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema des abwehrenden Brandschutzes auf der lokalen Ebene ist jedoch gewünscht, die Ergebnisse nochmals detailliert für die einzelnen Städte und Gemeinden des Werra-Meißner-Kreises in Augenschein zu nehmen, entsprechend zu dokumentieren und spezifische Handlungsbedarfe abzuleiten. Als Zusatzbaustein sind daher bereits Ergebnisdarstellungen für alle 16 Städte und Gemeinden im Kreisgebiet beauftragt. Die Übergabe der 16 Ergebnis-dokumente erfolgt gemeinsam mit diesem Abschlussbericht im Dezember 2012.

Für den Bereich des Rettungswesens erfolgt ebenfalls im Dezember 2012 die Übergabe eines Ergebnisberichtes, der Grundlagendaten und Auswertungsergebnisse zur Unterstützung einer bedarfsgerechten Fahrzeugvorhaltung enthält.

Alle in diesem Abschnitt genannten Abschlussdokumente knüpfen an Ergebnisse der Arbeits-gruppenarbeit an und nutzen die generierten Grundlagendaten zur Erstellung weiterer Resul-tate, die Überlegungen im Hinblick auf die Schaffung bedarfsgerechter Strukturen zur Sicher-stellung der normativ gewünschten und gesetzlich geforderten Leistungserbringung unter-stützen sollen.

Page 7: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt B: Datengrundlagen Seite 7

B Datengrundlagen für alle Themenbereiche In diesem Abschnitt werden die zentralen für die im Rahmen der in diesem Abschlussbericht dokumentierten Datenanalysen und Modellrechnungen genutzten Grundlagendaten beschrie-ben.

B-1 Befragung der freiwilligen Feuerwehren und Katastrophen-schutzeinheiten

Eine wesentliche Datengrundlage konnte durch eine schriftliche Befragung der 132 Orts- und Stadtteilfeuerwehren im Kreisgebiet generiert werden. Mittels eines standardisierten Frage-bogens wurden für jeden Standort Angaben aus folgenden Bereichen abgefragt:

Postalische Anschrift des Standortes (=räumliche Lage),

Personalbestand und Altersstruktur in den verschiedenen Abteilungen,

Ausrückezeiten und –stärken in verschiedenen Einsatzperioden sowie

Fahrzeug- und Materialausstattung auf Ebene der einzelnen Standorte.

Zusätzlich konnten durch die Befragung wertvolle Einschätzungen zu

den bestehenden und künftigen Herausforderungen

gut geeigneten Handlungsansätzen zur Sicherstellung des gewünschten Versor-gungsniveaus sowie

weniger gut geeigneten Handlungsansätzen

gewonnen werden.

Durch die Unterstützung der Befragung durch die Verantwortlichen aus Stadt- und Gemein-defeuerwehren sowie die Entscheidungsträger aus Kommunalpolitik und Fachverwaltung konnte eine Rücklaufquote von knapp 98% erreicht werden.2 Dies ist im Vergleich zu ver-gleichbaren Erhebungen herausragend. Die Ergebnisse der Datenanalysen und Modellrech-nungen sowie deren Qualität und Aussagegehalt fußen im entscheidenden Maße auf den im Rahmen der Befragung gemachten Angaben.

Eine vergleichbare Befragung wurde bei den im Katastrophenschutz tätigen Hilfsorganisatio-nen durchgeführt. Hier konnten für alle Standorte Angaben zu den o.g. Aspekten gewonnen werden.3

B-2 Kleinräumige Bevölkerungsprognose Die Auseinandersetzung mit den Folgewirkungen demografischer Entwicklungsprozesse auf die verschiedenen Leistungsbereiche der (öffentlichen) Daseinsvorsorge und das Versor-gungsniveau der Kreisbevölkerung muss die künftige Entwicklung der Bevölkerungszahl, der altersstrukturellen Zusammensetzung der Bevölkerung sowie die räumliche Verteilung be-

2 Für die drei Feuerwehren, die keinen Fragebogen ausgefüllt haben, wurden die benötigten Kennwer-te auf Basis anderer in der Fachverwaltung vorliegender Datenquellen geschätzt.

3 Aufgrund der besonderen Bedeutung der Befragung für die weiteren Analysen und Modellrechnun-gen im Rahmen des Projektes sind die Grundlagendaten bzw. die mit Hilfe der Grundlagendaten her-geleiteten Eintreffzeiten (vgl. Abschnitt D-3) mehrfach mit den Arbeitsgruppenmitgliedern und der Fachöffentlichkeit im Werra-Meißner-Kreis überprüft worden. Eine abschließende Prüfung erfolgte im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Abschlussberichtes bzw. in Vorbereitung der Erstellung der Ergebnisdokumente für die einzelnen Städte und Gemeinden.

Page 8: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt B: Datengrundlagen Seite 8

rücksichtigen. Im Rahmen der Arbeiten des „Masterplans Daseinsvorsorge“ wurde daher eine kleinräumige Bevölkerungsprognose für den Werra-Meißner-Kreis genutzt, die durch die Hil-desheimer Planungsgruppe erarbeitet wurde. Diese Prognose trifft Aussagen zur Bevölke-rungsentwicklung auf Ebene der Städte und Gemeinden bis zum Jahr 2034 (Basisjahr: 2009). Für jede Kommune und jedes Prognosejahr liegen aus dieser Quelle Aussagen zur Bevölke-rungszahl differenziert nach Altersjahrgängen und Geschlecht vor.

B-3 Differenzierte Abbildung der Siedlungsstruktur Für viele der Aussagen zum (künftigen) Versorgungsniveau sind Aussagen auf Ebene der Städte und Gemeinden jedoch räumlich zu grob. Dies betrifft insbesondere Auswertungen zu Erreichbarkeitsverhältnissen und Eintreffzeiten, die sich innerhalb einer Stadt oder Gemeinde deutlich unterscheiden können. Daher wurde als eine wesentliche Grundlage für die Arbeiten im Zusammenhang mit dem „Masterplan Daseinsvorsorge“ ein kleinräumig differenziertes Abbild der Siedlungsstruktur erarbeitet. Auf Grundlage amtlicher Vermessungsdaten (ATKIS-Flächen) wurde die räumliche Verteilung der Siedlungsflächen innerhalb des Kreisgebietes hergeleitet. Mit Hilfe kleinräumig differenzierter Daten zur Bevölkerungsverteilung, die bei der Fa. Softplan vorliegen und im Rahmen des Projektes genutzt werden konnten, wurde ein Dichtemodell aufgebaut und die räumliche Verteilung der Bevölkerung sowohl für das Aus-gangsjahr als auch für alle Prognosejahre angenähert.

Im Ergebnis liegen durch diesen Bearbeitungsschritt für alle Betrachtungsjahre Aussagen zur räumlichen Verteilung der Bevölkerung nach Alter und Geschlecht auf rund 4.300 Siedlungs-bereiche und damit auf einer Ebene deutlich unterhalb des Stadt- oder Gemeindeniveaus vor.

B-4 Erreichbarkeitsanalyse Um Aussagen zur Erreichbarkeitsverhältnisse und – im für die im Rahmen der AG 4 betrach-teten Themenbereiche besonders relevant – Eintreffzeiten von für die Gefahrenabwehr und Hilfeleistung geeigneten Einheiten treffen zu können, bedarf es einer Analyse der Erreichbar-keitsverhältnisse im Kreisgebiet. Bereits für die Bearbeitung der AGs 1 bis 3 wurde ein Er-reichbarkeitsmodell aufgebaut, das das bestehende Straßennetz im Werra-Meißner-Kreis und der räumlich angrenzenden Bereiche abbildet und Aussagen zur Fahrzeit zwischen Einrich-tungsstandorten und den rund 4.300 Siedlungsbereichen (und Straßenabschnitten) im Kreis-gebiet abbildet. Die Aussagen zur Fahrzeit berücksichtigen neben der räumlichen Struktur des Straßennetzes auch die auf verschiedenen Straßenabschnitten möglichen und realisti-schen Durchschnittsgeschwindigkeiten. Diese fasst Tabelle 1 zusammen:

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt B: Datengrundlagen Seite 9

Straßentyp

Feuerwehr- und Katastrophen-schutzfahrzeuge mit zulässigem Gesamtgewicht von mehr als 7,5t

Rettungstrans-portwagen sowie Feuerwehr- und Katastrophen-schutzfahrzeuge mit zulässigem Gesamtgewicht von bis zu 7,5t

Notarzteinsatz-fahrzeuge

Autobahnen 60 km/h 80 km/h 100 km/h

Schnellstraßen (z.B. Kraftfahrstraße) 60 km/h 80 km/h 100 km/h

Bundes-straße

Außerorts 50 km/h 70 km/h 80 km/h

Innerorts 30 km/h 45 km/h 45 km/h

Landes-straße

Außerorts 40 km/h 50 km/h 60 km/h

Innerorts 25 km/h 45 km/h 45 km/h

Kreisstraße Außerorts 40 km/h 50 km/h 60 km/h

Innerorts 25 km/h 45 km/h 45 km/h

Gemeinde-straße

Außerorts 30 km/h 50 km/h 60 km/h

Innerorts 20 km/h 40 km/h 45 km/h

Wohn- und Nebenstraße 15 km/h 30 km/h 30 km/h

Tabelle 1 Für die Modellierung der Erreichbarkeiten angesetzte durchschnittliche Fahrge-schwindigkeiten (Setzung der AG)

Die Modellgrundlagen wurden im Rahmen des hier dokumentierten (Teil-)Projektes nochmals verbessert. So berücksichtigen die Erreichbarkeitsanalysen für die Themenbereiche Brand-schutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen zusätzlich

das Gewicht der Einsatzfahrzeuge und die spezifischen Durchschnittsgeschwindigkei-ten verschiedener Fahrzeugtypen differenziert nach Straßentypen sowie

topographische Gegebenheiten im Kreisgebiet. Letzteres geschieht durch Anwendung von Korrekturfaktoren auf jeden einzelnen Straßenabschnitt, die auf Basis der Höhenüberwindung zwischen dem Anfangs- und Endpunkt des Straßenabschnitts hergeleitet wurden. Grundlage ist ein Höhenmodell für das Kreisgebiet, das im Rah-men des Projektes aufgebaut wurde.

Im Ergebnis lassen sich so Fahrzeiten zwischen beliebigen Punkten im Kreisgebiet bestim-men, die das aktuelle Straßennetz sowie die Durchschnittsgeschwindigkeiten auf einzelnen Straßenabschnitten in Abhängigkeit des Straßen- sowie des Fahrzeugtyps, des Fahrzeugge-wichtes und der topographischen Bedingungen berücksichtigen. Für die im Rahmen der AG 4 bearbeiteten Themenbereiche bedeutet dies, das für alle Fahrzeugtypen Fahrzeiten zwischen allen Standorten (z.B. 132 Standorte der Stadt- und Ortsteilfeuerwehren) und allen Sied-lungsbereichen (etwa 4.300 kleinräumig differenzierte Raumeinheiten) ermittelt wurden.

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 10

C Rechtliche Grundlagen4 Der Schutz menschlichen Lebens und der körperlichen Unversehrtheit ist in der Bundesre-publik Deutschland ein übergeordnetes Staatsziel, welches allen staatlichen Stellen den Schutz der Einwohner als primäre Aufgabe zuweist. Diese leitet sich aus den beiden ersten Artikeln des Grundgesetztes (GG) ab. Artikel 1 des GG bestimmt, dass „die Würde des Men-schen […] unantastbar“ ist, während Artikel 2 des GG das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert.

In der älteren Landesverfassung Hessens (Verf HE) werden diese Rechte in Artikel 3 formu-liert. Mit diesen Bestimmungen ordnen das Grundgesetz der Bundesrepublik und die hessi-sche Verfassung für die Menschen einen hohen Schutzstandard an, der Kern allen staatlichen Handelns sein muss.

Für das Bundesland Hessen gelten für die Gefahrenabwehr im Bereich des Brand- und Kata-strophenschutzes sowie des Rettungswesen zwei eigenständige Gesetze: für den Brand- und Katastrophenschutz das Hessische Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG)5sowie für das Rettungswesen das Hessische Rettungs-dienstgesetz (HRDG)6.

C-1 Brandschutz Im Bundesland Hessen wird der Brandschutz von der „Freiwilligen Feuerwehr“ geprägt, da nur wenige Berufsfeuerwehren existieren. Der Begriff Freiwillige Feuerwehr führt immer wie-der zu Diskussionen, da aufgrund der kommunalen Selbstverwaltung die Ausgestaltung der Freiwilligen Feuerwehren sehr unterschiedlich ist. Die Freiwilligen Feuerwehren hängen stark von der kommunalen Struktur ab, sodass man die Feuerwehren nicht gleichsetzen darf. Er-schwerend kommt eine Vermischung der öffentlichen (kommunalen) Feuerwehren mit den privatrechtlichen Feuerwehrvereinen hinzu.

C-1.1 Zuständigkeiten

Zuständig für den Brandschutz sind in Hessen nach § 2 Abs. 1 HBKG die Kommunen (die Städte und Gemeinden). Diese Aufgabenzuordnung gilt es insbesondere von den privatrecht-lichen Feuerwehrvereinen abzugrenzen. Die Feuerwehrvereine stellen im Gegensatz zur öf-fentlich-rechtlichen Feuerwehr vielmehr Zusammenschlüsse aktiver, passiver und fördernder Feuerwehrmitglieder dar, die grundsätzlich anderen Vereinen in ihrer Rechtsform gleich-kommen.7 Die Bedeutung dieser privatrechtlichen Feuerwehrvereine und damit schließlich des ehrenamtlichen Engagements im Bereich des Brandschutzes wird jedoch durch § 10 Abs. 7 HBKG deutlich: „Vereine und Verbände zur Förderung des Feuerwehrgedankens sollen von den Trägern des Brandschutzes gefördert und finanziell unterstützt werden.“

Die zu Beginn zitierte Aufgabenzuweisung ist dagegen eine Pflicht der Kommune eine Feu-erwehr nach den gesetzlichen Regelungen aufzustellen und zu unterhalten. Dieses wieder-rum wird den Aufgabenträgern als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten übertragen8,

4 Autor dieses Kapitels ist der Kreisbrandinspektor des Werra-Meißner-Kreises Herr Dipl.-Ing. (FH) Christian Sasse.

5 Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz, (Hessi-sches Brand- und Katastrophenschutzgesetz - HBKG) in der Fassung vom 3. Dezember 2010, GVBl. I 2010, 502

6 Hessisches Rettungsdienstgesetz (HRDG) vom 16. Dezember 2010, GVBl. I 2010, 646

7 vgl. §§ 21 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

8 vgl. § 2 Abs. 2 HBKG

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 11

was bedeutet, dass die Städte und Gemeinden diese vom Gesetz übertragenden Aufgaben grundsätzlich eigenverantwortlich regeln können, für die jedoch Wahrnehmungspflichten und Reglementierungen des Gesetzgebers bestehen. Die öffentliche Feuerwehr einer Kommune zählt somit als gemeindliche Einrichtungen, von der in jeder Kommune gem. § 7 Abs. 1 HBKG mindestens eine vorhanden sein muss.

C-1.2 Regelhilfsfrist

Eine erste Schutzzieldefinition im Bereich des Brandschutzes trifft der § 3 Abs. 2 HBKG:

„Die Gemeindefeuerwehr ist so aufzustellen, dass sie in der Regel zu jeder Zeit und an jedem Ort ihres Zuständigkeitsbereichs innerhalb von zehn Minuten nach der Alarmierung wirksame Hilfe einleiten kann.“

Hessen hat hierdurch mit der sogenannten Regelhilfsfrist einen hohen Standard für die Si-cherheit seiner Einwohner im Bereich des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe definiert, der die Aufgabenträger insbesondere in ländlich geprägten Gegenden wie auch im Werra-Meißner-Kreis vor schwierige Aufgaben stellt. Zwar lässt der verwendete unbestimmte Rechtsbegriff „in der Regel“ Erleichterungen zu, doch wird dieses durch die Notwendigkeit der „Einleitung wirksamer Hilfe“ wieder ausgeglichen.

Die Feuerwehr-Organisationsverordnung (FwOVO)9 regelt diese Vorgaben und Erleichterun-gen zur Erreichung dieser Hilfsfrist und wird hierbei zusätzlich durch einen entsprechenden Erläuterungserlass10 des hessischen Innenministeriums ergänzt.

Er stellt dabei klar, „dass der unbestimmte Rechtsbegriff ‚in der Regel‘ […] vom Wortsinn her ‚grundsätzlich, regelmäßig, im Regel- oder Normalfall‘“11 bedeutet.

Demnach sind jedoch auch Abweichungen von der oben definierten Regelhilfsfrist zulässig, insbesondere bei

1. vorhersehbaren außergewöhnlichen Umständen, beispielsweise weit entfernten oder schwer erreichbaren Einzelobjekten,

2. unvorhersehbaren nicht einplanbaren Ereignissen, beispielsweise Verkehrsstaus, Pa-ralleleinsätzen, Unwetter, Eisglätte sowie

3. ungewöhnlichen, vom Normalzustand abweichenden Umständen oder Gegebenhei-ten, bei denen die Einhaltung der Regelhilfsfrist nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem finanziellen Aufwand möglich ist.12

Diesbezügliche Entscheidungen auf Grundlage der „ungewöhnlichen, vom Normalzustand abweichenden Umständen oder Gegebenheiten“ erfordern jedoch gründliche Einzelfallüber-legungen seitens der Aufgabenträger und erforderlichenfalls die Anordnung zusätzlicher Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes.13

Der Erläuterungserlass stellt dazu fest, dass Kommunen trotz der genannten Einschränkun-gen eine „sachorientierte Bedarfs- und Entwicklungsplanung unter Berücksichtigung der wei-

9 Verordnung über die Organisation, Mindeststärke und Mindestausrüstung der öffentlichen Feuerweh-ren (Feuerwehr-Organisationsverordnung - FwOVO) vom 10. Oktober 2008, GVBl. I 2008, 896

10 Erläuterungserlass: Hinweise zur Bedarfs- und Entwicklungsplanung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 HBKG), zur Hilfsfristregelung (§ 3 Abs. 2 HBKG), zu Haftungsfragen sowie zu wesentlichen Bestimmungen der FwOVO, StAnz. S. 2310

11 vgl. Erläuterungserlass, S. 4

12 vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1-3 FwOVO

13 vgl. § 4 Abs. 2 FwOVO

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 12

terhin anzustrebenden Hilfsfristen“14 durchführen müssen. Sie können aber damit „unver-hältnismäßigen finanziellen Aufwand bei der Abdeckung von zwar bekannten, aber unver-meidbaren Lücken im Gemeindegebiet“15 vermeiden. Die Kommunen müssen also alle ver-hältnismäßigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen.16

„Insbesondere gestattet es nicht die bewusste Inkaufnahme von erkennbaren und mit angemessenem Aufwand vermeidbaren Versorgungslücken, beispielsweise durch Schließung hilfsfristrelevanter Ortsteilfeuerwehren.“17

Dies unterstreicht den hohen Stellenwert des verankerten Schutzzieles der 10-minütigen Re-gelhilfsfrist in Hessen. Zusätzlich wird durch die Vorgabe „wirksame Hilfe einzuleiten“ ein weiterer Qualitätsstandard vorgeschrieben, den es zu erfüllen gilt.

C-1.3 Mindeststärke einer Feuerwehr

Um die Regelhilfsfrist einhalten zu können, ist es wie bereits beschrieben nicht ausreichend, nur am Einsatzort anwesend zu sein, sondern das Personal muss quantitative und qualitative Anforderungen erfüllen:

„Die Mindeststärke der Gemeindefeuerwehr in der niedrigsten Gefährdungsstufe muss der einer Gruppe im Sinne der Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 entsprechen. Im Übrigen ergibt sie sich aus der fahrzeug- und gerätebezogenen Mannschaftsstärke, die entsprechend der Eingruppierung in die jeweils zutreffende Gefährdungsstufe zu ermitteln ist, sowie aus der Bedarfs- und Entwicklungsplanung.“18

Somit ist die Personalstärke einer Feuerwehr abhängig von der jeweiligen Gefährdungsstufe, die mit Hilfe der von den Kommunen durchzuführenden Bedarfs- und Entwicklungsplanungen festgelegt wird. Diese beträgt im Minimum neun Personen (dies entspricht der Gruppe), wo-bei eine Personalausfallreserve in gleicher Stärke hinzuzurechnen ist.19 Entsprechend der Gefährdungsstufen ergeben sich somit folgende Mindeststärken einer Feuerwehr:

Gefährdungsstufe Personal (einfach) Personal (inkl. Ausfallreserve)

B1, TH1, ABC1, W1 9 18

B2, TH2-3, ABC2, W2-3 9 18

B3, TH4, ABC3 15 bis 1820 30 bis 36

B4 18 bis 2121 36-42

Tabelle 2 Mindeststärken der Feuerwehr nach Gefährdungsstufen

14 vgl. Erläuterungserlass, S. 4

15 Ebd.

16 Ebd.

17 Ebd.

18 § 3 Abs. 1 FwOVO

19 vgl. § 3 Abs. 2 FwOVO

20 je nachdem, ob ein Sonderfahrzeug (z. B. Hubrettungsfahrzeug, Gerätewagen Gefahrgut) aus einer anderen Feuerwehr gestellt oder selbst besetzt wird.

21 Ebd.

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Masterplan Daseinsvorsorge Werra-Meißner-Kreis – AG 4

Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 13

Der Erläuterungserlass macht deutlich, dass sich die Mindestausstattungen auf das gesamte Gemeindegebiet beziehen und mindestens einmal vorgehalten werden müssen.22 „Die Min-destausstattung der einzelnen Ortsteilwehren hat sich vielmehr daran zu orientieren, ob da-mit am Schadensort innerhalb der Regelhilfsfrist wirksame Hilfe eingeleitet werden kann.“23

Aus diesen Personalbedürfen müssen folglich auch die Qualifikation der vorgehaltenen Feu-erwehrangehörigen unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Einleitung wirksamer Hilfe sowie der hierfür nötigen feuerwehrtechnischen Ausrüstung und der erforderlichen Feuerwehrfahrzeuge betrachtet werden. Zusätzlich macht die Feuerwehr-Dienstvorschrift 2 Vorgaben über die Qualifikation der hierfür nötigen Feuerwehrangehörigen.

Diese Vorgaben allumfänglich zu erfüllen, gilt als Herausforderung der Aufgabenträger in Hessen, insbesondere dann, wenn die Aufgabenwahrnehmung hauptsächlich durch freiwillige Feuerwehrangehörige durchgeführt wird.24 Speziell ländlich geprägte und vom demografi-schen Wandel betroffene Kommunen und Landkreise berichten zunehmend von fehlendem Personal oder fehlender Motivation – insbesondere bei der Erlangung notwendiger Qualifika-tionen – innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr. Doch sieht der Gesetzgeber in Hessen in der Freiwilligen Feuerwehr nur eine Möglichkeit zur Aufgabenerfüllung. Weitere Möglichkeiten, die eine Kommune zur Aufgabenerfüllung neben Aufgabenwahrnehmung durch freiwillige Feuerwehrangehörige noch hat, sind insbesondere:

1. Die Verpflichtung zur ehrenamtlichen Tätigkeit (vgl. § 21 i. v. m. § 23 HGO):

„(…) Der Bürger ist verpflichtet, eine ehrenamtliche Tätigkeit für die Gemeinde zu übernehmen und auszuüben; (…)“

2. Die Einführung einer Pflichtfeuerwehr (vgl. § 7 Abs. 5 HBKG):

„(…)Soweit Freiwillige hierfür nicht zur Verfügung stehen, sind die erforderlichen Personen zum ehrenamtlichen Feuerwehrdienst nach § 10 Abs. 3 [HBKG] heranzu-ziehen (Pflichtfeuerwehr) (…)“ „Alle Einwohnerinnen und Einwohner vom vollendeten 18. Lebensjahr bis zum voll-endeten 50. Lebensjahr können bis zu einer Gesamtdauer von zehn Jahren zum eh-renamtlichen Dienst in der Gemeindefeuerwehr herangezogen werden. (…)“25

3. Einstellung hauptamtlicher Feuerwehrangehöriger (vgl. § 7 Abs. 4 HBKG)

4. Anordnung der Einrichtung einer ständig besetzten Feuerwache oder einer Berufsfeu-erwehr (vgl. § 7 Abs. 3 HBKG).

Diese Ausführungen zeigen den vom Gesetzgeber gewollten hohen Stellenwert der Maßnah-men zum Schutz der Einwohner sowie der dortigen Feuerwehren. Insbesondere die Tatsa-che, dass diese Aufgaben fast ausschließlich durch ehrenamtlich tätige freiwillige Feuerwehr-angehörige wahrgenommen werden, zeigt deutlich die Bedeutung, die diese in den Städten und Gemeinden haben. Gleichzeitig wird hier bereits klar, dass die Freiwilligen Feuerwehren besonderer Unterstützung bei der Personalgewinnung bedürfen, um den Aufgabenstellungen gerecht zu werden. Sollten nicht mehr ausreichend oder entsprechend qualifizierte Personen zur Verfügung stehen, die diese Aufgaben erfüllen können, so hat der Gesetzgeber bereits Kompensierungsmaßnahmen und Alternativen vorgeschrieben, die jedoch die Kommunen vor erhebliche finanzielle Aufwendungen stellen werden.

22 vgl. Erläuterungserlass, S. 7

23 Erläuterungserlass, S. 7

24 vgl. § 7 Abs. 5 HBKG

25 § 10 Abs. 3 HBKG

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Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 14

C-1.4 Bedarfs- und Entwicklungsplanungen

Um den vorgenannten gesetzlichen Aufgaben nachzukommen und sich mit deren Erfüllung in den Kommunen zu befassen, hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, dass die Städte und Ge-meinden der hessischen Kommunen eine den Brandschutz und die Allgemeinen Hilfe beinhal-tende Bedarfs- und Entwicklungsplanung zu erarbeiten und fortzuschreiben sowie mit den Landkreisen und der jeweils unmittelbar zuständigen Aufsichtsbehörde abzustimmen haben. Anhand dieser Pläne ist dann eine entsprechende Feuerwehr aufzustellen, die wiederrum mit den notwendigen baulichen Anlagen und Einrichtungen sowie technischer Ausrüstung auszu-statten und zu unterhalten ist.26

Der § 2 Abs. 1 FwOVO definiert die Inhalte der Bedarfs- und Entwicklungsplanungen wie folgt:

1. eine Analyse der im Gemeindegebiet bestehenden Gefährdungsarten und Gefähr-dungsstufen sowie eine Aufstellung über die personelle Stärke, die Verfügbarkeit, den Ausbildungsstand und die Ausrüstung der Feuerwehr (Ist-Wert),

2. die Ermittlung der erforderlichen personellen Stärke, Verfügbarkeit, Ausbildung und Ausrüstung der Feuerwehr auf der Grundlage der in der Anlage festgelegten Richt-werte für die Mindestausrüstung der Feuerwehren unter Beachtung der festgestellten Gefährdungsarten und Gefährdungsstufen sowie der Regelhilfsfrist des § 3 Abs. 2 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastro-phenschutz (Soll-Wert),

3. eine Gegenüberstellung der vorhandenen und der erforderlichen personellen Stärke, Verfügbarkeit, Ausbildung und Ausrüstung und bei vorliegenden Abweichungen eine Entwicklungsplanung für die erforderliche Angleichung des Ist-Wertes an den Soll-Wert,

4. eine Personalprognose mit Vorschlägen zur Personalerhaltung und Personalgewin-nung,

5. die Dokumentation bekannter Sicherheitsmängel.

Inhalte dieser Bedarfs- und Entwicklungsplanungen spiegeln die vorgenannten gesetzlichen Vorgaben wider und sollen die Aufgabenträger dazu bringen, sich intensiv mit der Sicher-heitsthematik ihrer Einwohner zu befassen und entsprechende Maßnahmen zu veranlassen. Obgleich die Erstellung dieser Bedarfs- und Entwicklungsplanungen gesetzliche Pflichtaufga-be der Kommunen ist, so ist eine Beteiligung der Feuerwehr und eine Abstimmung mit dem Landkreis (der im Werra-Meißner-Kreis zugleich zuständige Brandschutzaufsichtsbehörde ist) unerlässlich und vorgesehen. Diese Maßnahmen bedeuten durchaus einen hohen verwal-tungstechnischen und daraus folgend ggf. auch finanziellen Aufwand für die Kommunen, so verfolgen sie jedoch das übergeordnete Ziel, das im Grundsetz verankerte „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ zu wahren und zu schützen. Daher ist eine zeitnahe, be-darfsgerechte und sachorientierte Umsetzung notwendig.

C-2 Katastrophenschutz Für den Bereich des Katastrophenschutzes sind in Hessen sowohl die Landkreise, kreisfreien Städten als auch das Land Aufgabenträger.27 Dabei nehmen die Landkreise die Aufgaben der Unteren Katastrophenschutzbehörde wahr:28

26 vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 HBKG

27 vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 4 HBKG

28 vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 1 HBKG

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Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 15

„Die untere Katastrophenschutzbehörde trifft die notwendigen vorbereitenden Maß-nahmen, um eine wirksame Katastrophenabwehr zu gewährleisten. Zu diesen Maß-nahmen zählen insbesondere

1. Errichtung einer Katastrophenschutzleitung mit einem Katastrophenschutzstab und einem Verwaltungsstab, einer Informations- und Kommunikationszentrale sowie einer Gefahrstoff-ABC-Messzentrale,

2. Aufstellung von Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes mit den erforderlichen baulichen Anlagen und der erforderlichen Ausrüstung,

3. Ausbildung und Fortbildung der Angehörigen des Katastrophenschutzes ein-schließlich des Stabspersonals,

4. Aufstellung und Fortschreibung von Katastrophenschutzplänen,

5. Katastrophenschutzübungen.“29

Öffentliche und private Einheiten und Einrichtungen sowie die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) wirken dabei im Katastrophenschutz mit30 und stellen die folgenden Einhei-ten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes:

„Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes bestehen für:

1. Führung,

2. Information und Kommunikation,

3. Brandschutz,

4. Gefahrstoff-ABC,

5. Sanitätswesen,

6. Betreuung,

7. Wasserrettung,

8. Bergung und Instandsetzung.“31

Damit stellen die überwiegend ehrenamtlichen Angehörigen der Feuerwehren und Hilfsorga-nisationen zusätzlich auch die Personalressourcen für den Aufgabenbereich des Katastro-phenschutzes. Zusätzlich können die Katastrophenschutzbehörden Angehörige von Gesund-heitsberufen (z. B. Ärzte, Apotheker, etc.) zur Mitarbeit im Katastrophenschutz und zur dorti-gen Aufgabenwahrnehmung verpflichten.32

Die Einzelheiten zu diesen Einheiten und Einrichtungen bestimmt der Katastrophenschutzplan des Landes Hessen vom 01.01.2011, auf den an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wer-den soll. In Bezug auf den Katastrophenschutz in Hessen soll jedoch darauf verwiesen wer-den, dass sich dieser im Ländervergleich der Bundesrepublik Deutschland auf einem sehr hohen Niveau befindet.

29 § 29 Abs. 1 HBKG

30 vgl. § 27 HBKG

31 § 26 Abs. 1 HBKG

32 vgl. § 37 Abs. 1 HBKG

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Abschnitt C: Rechtliche Grundlagen Seite 16

C-3 Rettungsdienst Im Gegensatz zum Brandschutz und der Allgemeinen Hilfe ist der Rettungsdienst Aufgabe der hessischen Landkreise sowie kreisfreien Städte33 als

„(…) eine öffentliche Aufgabe der Gefahrenabwehr und der Gesundheitsvorsorge. Er hat die bedarfsgerechte, wirtschaftliche und dem aktuellen Stand der Medizin und Technik entsprechende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallver-sorgung und des Krankentransports sicherzustellen.“34

Obgleich die Landkreise und kreisfreien Städte selbstständig den Rettungsdienst in ihrem Landkreis abdecken könnten, bedienen sie sich in der Regel ausschließlich oder zusätzlich privatrechtlicher Leistungserbringer (z. B. Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Johanniter oder privater Rettungsdienste), die den Rettungsdienst nach den rechtlichen Vor-gaben und den Vorgaben der Aufgabenträger erfüllen.35

Die Definition des Schutzziels ist aus rettungsdienstlicher Sicht inhaltlich der des Brandschut-zes ähnlich:

„(…) Dabei ist für die Notfallversorgung vorzusehen, dass ein geeignetes Rettungs-mittel jeden an einer Straße gelegenen Notfallort in der Regel innerhalb von zehn Minuten (Hilfsfrist) erreichen kann; die Hilfsfrist umfasst den Zeitraum vom Eingang einer Notfallmeldung bei der zuständigen Zentralen Leitstelle bis zum Eintreffen ei-nes geeigneten Rettungsmittels am Notfallort. Die Gesamtvorhaltung ist durch ge-eignete organisatorische Maßnahmen auf die zur bedarfsgerechten Gesamtversor-gung notwendige Vorhaltung zu begrenzen.“36

Jedoch ist hierbei zu beachten, dass beim Rettungsdienst im Vergleich zum Brandschutz mehr Ausnahmen als im Brandschutz definiert wurden37, auf die jedoch im Weiteren nicht eingegangen werden soll. Exemplarisch soll jedoch die Hilfsfristerreichung genannt werden, die beim Rettungsdienst mit Erreichen der Einsatzstelle, bei der Feuerwehr jedoch mit der Einleitung wirksamer Hilfe definiert wird.

33 vgl. § 5 Abs. 1 HRDG

34 § 1 HRDG

35 vgl. § 11 HRDG

36 § 15 Abs. 2 HRDG

37 vgl. Kapitel 3.2 Rettungsdienstplan des Landes Hessen vom 01. April 2011

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Abschnitt D: Brandschutz Seite 17

D Abwehrender Brandschutz Dieser Abschnitt enthält die Dokumentation der Datenanalysen und Modellrechnungen die im Rahmen des Projektes „Masterplan Daseinsvorsorge“ für den Bereich des abwehrenden Brandschutzes erarbeitet wurden. Dies umfasst im Wesentlichen

Auswertungen zur heutigen und künftigen Personalsituation in den Einsatzabteilun-gen der im Kreisgebiet ansässigen Freiwilligen Feuerwehren (vgl. Abschnitt D-2),

Analysen der in verschiedenen Szenarien erreichbaren Eintreffzeiten (vgl. Abschnitt D-3). Dies umfasst eine differenzierte Betrachtung der Eintreffzeiten in verschiedenen Einsatzszenarien (vgl. Analyseszenarien in Abschnitt D-3.2) sowie die unter veränder-ten Rahmenbedingungen möglichen Eintreffzeiten für ausgewählte Anpassungsstra-tegien (vgl. Gestaltungsszenarien in Abschnitt D-3.3).

Den Auswertungen vorangestellt ist eine Betrachtung der Herausforderungen denen die Freiwilligen Feuerwehren nach Auffassung der Verantwortlichen heute und zukünftig gegen-überstehen (vgl. den folgenden Abschnitt D-1).

D-1 Herausforderungen aus Sicht der Verantwortlichen Abbildung 1 stellt die Herausforderungen dar, die sich aus Sicht der Verantwortlichen für die Sicherstellung des angestrebten Schutzniveaus im abwehrenden Brandschutz ergeben. Die Größe der Schrift repräsentiert dabei für jeden Aspekt die Anzahl der Nennungen: Je größer also ein Begriff dargestellt ist, desto häufiger wurde er in der schriftlichen Befragung der Feuerwehren genannt – desto zentraler also aus Sicht der Verantwortlichen seine Bedeutung für die künftige Leistungserbringung.

Abbildung 1 Herausforderungen aus Sicht der Freiwilligen Feuerwehren (Die Größe der Schrift repräsentiert die Häufigkeit der Nennung in der schriftlichen Befragung).

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 18

Es wird deutlich, dass sich die zentralen Herausforderungen im Zusammenhang mit der kurz-fristigen Verfügbarkeit von Personal ergeben. So werden als wesentliche Herausforderungen Nachwuchs- und Personalmangel, die arbeitsbedingte Abwanderung sowie die Sicherstellung der Tagesalarmbereitschaft (die im engen Zusammenhang mit der beruflich bedingten Ab-wesenheit vom Wohnort zu „Normalarbeitszeiten“ steht) benannt (vgl. Abbildung 1).

D-2 Personalsituation

D-2.1 Personalbestand und Altersstruktur in den Einsatzabteilungen

Die Anzahl der Mitglieder in den einzelnen Abteilungen (Jugend-, Einsatz- und Ehrenabtei-lung) ist aus der Befragung der Stadt- und Ortsteilfeuerwehren auf Ebene des einzelnen Standortes bekannt und liegt differenziert nach Altersklassen vor. Abbildung 2 stellt die An-zahl der Feuerwehrangehörigen nach Altersklassen und Arten der Abteilung dar. Es zeigen sich die erwarteten Effekte hinsichtlich des Zusammenhangs des Lebensalters und der Zuge-hörigkeit zu entsprechenden Abteilungen sowie hinsichtlich der „Übergangsaltersklassen“ zwischen den einzelnen Abteilungen (vor allem 17 bis unter 20 Jahre und 60 bis unter 65 Jahre).

Abbildung 2 Anzahl der Feuerwehrangehörigen nach Altersklassen und nach Arten der Abteilung

Abbildung 3 zeigt die Altersstruktur der im Hinblick auf eine wirksame Gefahrenabwehr be-sonders wichtigen Einsatzabteilungen aller Feuerwehren im Kreisgebiet. Dabei wird deutlich, dass sich die aktiven Mitglieder – in der Summe über die Einsatzabteilungen aller Feuerweh-ren – relativ gleichmäßig über alle Altersklassen verteilen. So sind von allen aktiven Feuer-wehrangehörigen in den Einsatzabteilungen

25 % unter 30 Jahren,

22 % im Alter von 30 bis unter 40 Jahren,

26 % im Alter von 40 bis unter 50 Jahren und

17 % 50 Jahre und älter.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 19

Für eine detaillierte Betrachtung auf Ebene der Städte und Gemeinden sei auf die Detailbe-richte verwiesen.

Abbildung 3 Altersstruktur in den Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren des Werra-Meißner-Kreises (Stand: 2011)

D-2.2 Vorausschätzung der Anzahl der in den Einsatzabteilungen Aktiven

Um die künftige Einsatzbereitschaft abschätzen zu können, wurde im Rahmen des Projektes eine Vorausschätzung der Anzahl der Aktiven in den Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feu-erwehren erarbeitet. Diese stellt die Grundlage für eine Abschätzung dafür dar, wie viele Aktive künftig für die Einsatzabteilungen gewonnen werden müssen, um die heutige (quanti-tative) Einsatzstärke zu erhalten.

D-2.2.1 Methodisches Vorgehen

Der zentrale Arbeitsschritt für eine Vorausschätzung der Anzahl der Aktiven in den Einsatzab-teilungen besteht im Aufbau und Anwendung eines Alterungsmodells. Dieses lässt die heute in den Einsatzabteilungen aktiven Feuerwehrangehörigen jährlich um ein Jahr altern. Das Alterungsmodell berücksichtigt dabei für jedes Altersjahr eine Wahrscheinlichkeit, mit der ein Feuerwehrangehöriger aus der Einsatzabteilung ausscheidet und in die Ehren- und Altersab-teilung übergeht.

In einem zweiten Arbeitsschritt wird mit Hilfe eines „Übergangsmodells“, der Übergang von Jugendlichen aus den Jugendfeuerwehren in die Einsatzabteilungen simuliert. Dies geschieht, indem zunächst aus Vergangenheitsdaten für jedes Prognosejahr die altersdifferenzierte An-zahl der Mitglieder in den Jugendfeuerwehren als Anteil an der Gesamtbevölkerung der ent-sprechenden Altersklasse geschätzt wird. Auf Grundlage von Übergangsquoten wird aus den Mitgliederzahlen der Jugendfeuerwehren für jedes Prognosejahr die Anzahl derjenigen her-geleitet, die von den Jugend- und die Einsatzabteilungen übergehen.38

38 Fortzüge von Mitgliedern aus den Einsatzabteilungen sowie Zuzüge „in die Einsatzabteilungen“,

Neumitglieder aus der (erwachsenen) Bevölkerung und Ausscheiden aus persönlichen Gründen sind

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 20

Detaillierte Auswertungen von Zahlen zum „Übergangsverhalten“ lassen jedoch einen inte-ressanten Effekt beobachten dessen Berücksichtigung bei der Vorausschätzung in einem weiteren Teilmodell lohnt: Es lässt sich zeigen, dass es einen verstärkten Austritt von Jung-erwachsenen aus den Einsatzabteilungen in den ersten Jahren nach dem Übergang gibt. Dies ist inhaltlich zuvorderst mit einem Wegzug aus den Heimatorten aus Arbeits- und Ausbil-dungsgründen zu erklären. Diese Austrittswahrscheinlichkeiten lassen sich für die ersten Jah-re des Erwachsenenalters mit hoher statistischer Treffsicherheit aus dem Lebensalter der Feuerwehrangehörigen schließen. Dies wird in der Vorausschätzung in einem Teilmodell „Austritt Jungerwachsene“ berücksichtigt, das für jedes Prognosejahr simuliert, ob der aus der Jugendfeuerwehr übergegangene Feuerwehrangehörige in der Einsatzabteilung verbleibt oder wieder ausscheidet.39

Im Ergebnis lässt sich aus der Anwendung der einzelnen „Teilmodelle“ die Anzahl der in den Einsatzabteilungen Aktiven für jedes Prognosejahr schätzen.

D-2.2.2 Ergebnisse

Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse der Anwendung des „Alterungsmodells“ auf Ebene der ein-zelnen Standorte. Jeder Standort einer Freiwilligen Feuerwehr ist nach dem Anteil der bis zum Jahr 2020 (gegenüber dem Ausgangsjahr 2011) aus Altersgründen ausscheidenden Mit-glieder der Einsatzabteilungen eingefärbt. Grüntöne zeigen einen altersbedingten Rückgang von weniger als 10 %, Rückgänge an Standorten, die gelb, orange und rot eingefärbt wur-den, werden voraussichtlich – gemäß der Beschriftung der Legende – höher ausfallen.40 Aus Abbildung 4 lässt sich somit der „Wiederbesetzungsbedarf“, also die Anzahl an Personen, die für die künftige Sicherstellung der heutigen Einsatzstärke für die Einsatzabteilungen gewon-nen werden müssten, ableiten.

im Rahmen des Modells – über beschriebenen Aspekte hinaus – aufgrund der hohen Einzelfallabhän-gigkeit nicht berücksichtigt worden.

39 Es wird vereinfachend und aus Gründen der Datenverfügbarkeit davon ausgegangen, dass diejeni-gen, die fünf Jahre nach Übergang in die Einsatzabteilungen noch aktiv sind, aktive Mitglieder der Einsatzabteilungen bleiben.

40 Standorte mit einem Rückgang von mehr als 10 % wurden in Abbildung 4 namentlich beschriftet.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 21

Abbildung 4 Entwicklung der Mitgliederzahlen in den Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuer-wehren im Werra-Meißner-Kreis bis 2020 (gegenüber 2011).

Wird nun jedoch zusätzlich eine Schätzung der Anzahl der Übergänge von den Jugendfeuer-wehren in die Einsatzabteilungen41 in Ansatz gebracht zeigt sich, dass sich die altersbeding-ten Rückgänge – bei konstanten Eintrittswahrscheinlichkeiten in die Jugendfeuerwehren und konstanten Übergangsquoten in und Austrittsquoten aus den Einsatzabteilungen – trotz rück-läufiger Anzahl der Kinder und Jugendlichen in den kommenden Jahren aus dem „eigenen Nachwuchs“ kompensieren lassen. Erst ab etwa 2018 ergibt sich unter den getroffenen An-nahmen ein Rückgang unter das Niveau des Ausgangsjahres (vgl. Abbildung 5). Dies lässt sich aus der Altersstruktur der heute Aktiven und der rückläufigen Anzahl der Kinder und Jugendlichen erklären. Dieser Effekt ergibt sich jedoch nicht für alle Standorte gleicherma-ßen. Für differenziertere Aussagen sei daher an dieser Stelle auf die Ergebnisdokumentatio-nen für die einzelnen Städte und Gemeinden des Werra-Meißner-Kreises verwiesen.

41 In den vergangenen Jahren sind vergleichsweise konstant rund 100 Jugendliche pro Jahr aus den Jugendfeuerwehren in die Einsatzabteilungen gewechselt.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 22

Abbildung 5 Vorausschätzung der Mitgliederzahlen in den Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren des Werra-Meißner-Kreises

Bei den in diesem Abschnitt beschriebenen Entwicklungen handelt es sich jedoch um keine deterministische Vorhersage: Die Ergebnisse zeigen die Entwicklung, wie sie sich unter den getroffenen Annahmen (z.B. konstante Übergangsquoten) ergeben würde. Sollte es z.B. ge-lingen, die Mitgliederzahlen in den Jugendfeuerwehren, die Anzahl der Übergänge in die Ein-satzabteilungen oder den Verbleib dort zu erhöhen, würden sich abweichende Entwicklungen ergeben. Strategien zur Gewinnung von Mitgliedern für die Einsatzabteilungen werden be-reits seit vielen Jahren angewandt. Weitere Möglichkeiten sind in der Arbeitsgruppe intensiv diskutiert worden. Die hier dokumentierten Ergebnisse verweisen darauf, die erfolgreiche Arbeit der Vergangenheit fortzusetzen und die Bemühungen um neue Mitglieder zusätzlich weiter zu intensivieren.

D-3 Analyse der Eintreffzeiten Für die Sicherstellung des aus normativen Gründen gewünschten und gesetzlich geforderten Schutzniveaus ist es wichtig, ein möglichst kurzfristiges Eintreffen von für die Gefahrenab-wehr geeigneten Einsatzeinheiten an denkbaren Einsatzorten im Kreisgebiet zu gewährleis-ten. Die Eintreffzeit bemisst sich aus der Ausrückezeit der einzelnen Standorte sowie der Fahrtzeit zwischen Standort und Einsatzort. Zur Sicherstellung möglichst geringer Eintreffzei-ten ist also weniger die absolute Zahl der grundsätzlich in den Einsatzabteilungen Aktiven, als vielmehr deren kurzfristige Verfügbarkeit und Qualifikationsniveaus sowie die „räumliche Konfiguration“ also die Lage von Feuerwehrstandorten zu Siedlungsbereichen und Bevölke-rung entscheidend.

D-3.1 Methodisches Vorgehen

Die Analyse der Eintreffzeiten berücksichtigt die Personal- und Materialverfügbarkeit und die Ausrückezeiten einzelner Standorte sowie die Fahrzeiten zwischen Standorten und Einsatzor-ten.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 23

D-3.1.1 Ausrückezeiten

Die Ausrückezeiten der einzelnen Standorte sind – differenziert nach den Einsatzperioden „werktags tagsüber“ (Werktags zwischen 6 und 18 Uhr) sowie „Wochenende und nachts“ (alle anderen Zeiten) – aus der Befragung bekannt. Aus den Angaben lässt sich für jeden Standort abbilden, wie viele Minuten nach Alarmierung vergehen, bis Feuerwehrangehörige ausrücken. Die Angaben zum ausrückebereiten Personal sind dabei nach Anzahl der (für den Brandeinsatz im abwehrenden Brandschutz besonders wichtigen) Atemschutzgeräteträger und den „sonstigen Mitgliedern der Einsatzabteilungen“ differenziert. Nach anderen nötigen Qualifikationen (Führerschein, Maschinist, Sprechfunker, Trupp- und Gruppenführer) ist im Rahmen der Modellierung nicht unterschieden worden. Die Arbeitsgruppe hat sich darauf verständigt, die Atemschutzgeräteträger-Qualifikation zu beachten, da davon ausgegangen wird, dass diese für die Hilfsfristerreichung im Brandeinsatz zentral ist.

Abbildung 6 und Abbildung 7 zeigen die Anzahl der Mitglieder der Einsatzabteilungen nach Ausrückezeit in den Einsatzperiode „Wochenende und nachts“ bzw. „werktags tagsüber“. Die Gegenüberstellung der beiden Abbildungen führt ein zentrales Problem Freiwilliger Feuer-wehren im ländlichen Raum (nicht nur im Werra-Meißner-Kreis) deutlich zu Tage: Zu „Nor-malarbeitszeiten“ stehen deutlich weniger Mitglieder der Einsatzabteilungen für ein kurzfristi-ges Ausrücken am eigenen Wohnort zur Verfügung. Dies betrifft sowohl die Gesamtzahl der in den Einsatzabteilungen Aktiven als auch insbesondere die Anzahl der für die Personenret-tung besonders wichtigen Atemschutzgeräteträger. Die Vermutung liegt nahe, dass die we-sentliche Ursache dafür die beruflich bedingte Abwesenheit vom Wohnort ist.

Abbildung 6 Anzahl der Mitglieder der Einsatzabteilungen nach Ausrückezeit in der Einsatzperio-de „Wochenende und nachts“

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 24

Abbildung 7 Anzahl der Mitglieder der Einsatzabteilungen nach Ausrückezeit in der insatzperiode „werktags tagsüber“

D-3.1.2 Materialverfügbarkeit

Ebenfalls aus der Befragung sind die Materialbestände der einzelnen Standorte bekannt. Für die Untersuchung der Eintreffzeiten von für den Löscheinsatz geeigneten Feuerwehreinheiten ist insbesondere die Menge der verfügbaren Löschfahrzeuge, der sonstigen Fahrzeuge (zum ergänzenden Transport von Feuerwehrangehörigen) sowie Atemschutzgeräte interessant.

D-3.1.3 Fahrzeiten zu möglichen Einsatzorten

Die Fahrzeiten zwischen Standorten und potenziellen Einsatzorten ergeben sich aus Anwen-dung des Erreichbarkeitsmodells (vgl. Abschnitt B-4), das die Erreichbarkeitsverhältnisse un-ter Berücksichtigung des bestehenden Straßennetzes, von straßen- und fahrzeugtypabhängi-gen Durchschnittsgeschwindigkeiten sowie topographischer Gegebenheiten simuliert. Die Eintreffzeit eines Fahrzeuges lässt sich als Summe aus seiner einsatzzeitabhängigen Ausrückezeit und der Fahrzeit vom Feuerwehrstandort zum Einsatzort berechnen-

D-3.1.4 Funktionsweise des Modells

Das Rechenmodell zur Ermittlung der Eintreffzeiten an allen denkbaren Einsatzorten fußt auf der Definition eines Einsatzszenarios.42 Dieses trifft Festlegungen

zur Einsatzperiode („werktags tagsüber“ oder „Wochenende und nachts),

zur Anzahl der für den Einsatz benötigten Feuerwehrangehörigen nach „Personaltyp“ (Benötigte Anzahl der Feuerwehrangehörigen, davon: benötigte Anzahl an Atem-schutzgeräteträgern) sowie

zum für den Einsatz benötigten Material (Löschfahrzeug benötigt: ja/nein, Anzahl der benötigten Transportplätze und Atemschutzgeräte).

42 Gemäß der Arbeitsteilung in der Arbeitsgruppe sind die Einsatzszenarien durch die Arbeitsgruppen-mitglieder definiert worden.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 25

Das Eintreffzeitenmodell ermittelt nun für jeden denkbaren Einsatzort die schnellstmögliche Eintreffzeit für die definierte Einsatzeinheit. Dies geschieht – modellhaft gesprochen – indem für jedem denkbaren Einsatzort (=für jeden der 4.300 Siedlungsbereiche) die schnellste Möglichkeit ermittelt wird, das definierte Personal und Material an den Einsatzort zu verbrin-gen. Dies geschieht unabhängig davon, ob

die schnellste Möglichkeit die Alarmierung eines Standortes ist, der komplett über das in der Definition geforderte Personal und Material verfügt oder ob

die Einheit erst vor Ort aus Personal und Material mehrerer Feuerwehren zusammen-gestellt wird.

Berücksichtigt werden dabei einsatzzeitabhängige Ausrückezeiten und –stärken, Materialver-fügbarkeit der einzelnen Standorte sowie die Fahrzeiten.

Die ausgewiesene Eintreffzeit wird in der Mehrzahl der Fälle deswegen erreicht, weil sogleich alle Einheiten alarmiert werden, die zur Komplettierung der benötigten Einheit (am Einsatz-ort) grundsätzlich in Frage kommen. Das Modell unterstellt also eine vollständige Kooperati-on der Feuerwehren auch über administrative Grenzen hinweg. Ein Beharren auf lokalen Zuständigkeiten und ein daraus resultierendes „Alarmierungsverhalten“ erbringt in vielen Fällen deutlich längere Eintreffzeiten.

D-3.2 Analyseszenarien

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der im Rahmen der Projektarbeit näher unter-suchten Analyseszenarien beschrieben.43

Dafür wird zunächst jeweils die Definition des Szenarios vorgenommen. Diese erfolgt auf zwei Ebenen:

Über die Personal- und Materialanforderung wird definiert, welche Funktionen und Geräte für einen hier modellhaft überprüften Einsatz benötigt werden.

Die Rahmenbedingungen, unter denen diese an den Einsatzort verbracht werden, können ebenfalls definiert und variiert werden.44

43 Neben den drei hier dargestellten Analyseszenarien sind die Möglichkeiten zur Bearbeitung eines vierten Szenarios überprüft worden. Dieses sollte für jeden denkbaren Einsatzort das Eintreffen von Einsatzkräften sowie das Nachrücken weiterer Einsatzkräfte abbilden. Diese inhaltliche Aufgabenstel-lung erfordert jedoch weitreichende Überarbeitungen und Weiterentwicklungen des im Rahmen des Projektes aufgebauten Rechenmodells. Diese sind grundsätzlich möglich und inhaltlich spannend, al-lerdings so aufwendig, dass Programmierung und Auswertung auf Kapazitätsgründen im Rahmen des beauftragten Projektes nicht leistbar sind.

44 Dies ist insbesondere für die Gestaltungsszenarien interessant: Somit können Folgewirkungen von Änderungen der Rahmenbedingungen auf das Versorgungsniveau im Kreisgebiet modellhaft überprüft und dargestellt werden (z.B. „Wie würde sich das Schutzniveau verändern, wenn an jedem Standort eine hauptamtliche Staffel Dienst tun würde?“).

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 26

D-3.2.1 Analyseszenario „Staffeleinsatz Wochenende und nachts“

Szenariodefinition

Im Analyseszenario „Staffeleinsatz Wochenende und nachts“ werden die Eintreffzeiten einer Staffel an allen Siedlungsbereichen im Kreisgebiet als potenziellen Einsatzorten für Maßnah-men des abwehrenden Brandschutzes ermittelt und dargestellt.

Die wesentlichen Setzungen und Rahmenbedingungen, die für die Modellrechnung ange-nommen wurden, sind in Tabelle 3 zusammenfassend aufgeführt.

Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Staffeleinsatz Wochenende und nachts“

Benötigtes Personal (Mindestanforderung)

sechs Feuerwehrangehörige

Davon: vier Atemschutzgeräteträger

Benötigtes Material (Mindestanforderung)

Ein Löschfahrzeug

Vier Atemschutzgeräte

Einsatzperiode „Wochenende und nachts“ (Mo-Fr zwischen 18 und 6 Uhr,

Samstag und Sonntag ganztägig)

Standortstruktur Alle heutigen Standorte (Status Quo)

Personalstruktur Heutiges Personal, heutige Qualifikation

Materialausstattung Heutige Materialausstattung

Tabelle 3 Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Staffeleinsatz Wochenende und nachts“

Räumliche Darstellung der Eintreffzeiten

Abbildung 8 und Abbildung 9 zeigen die Ergebnisse der entsprechenden Modellrechnung dazu, wie viel Zeit ab Alarmierung der Einsatzkräfte bis zum Eintreffend einer vollständigen Staffel an den einzelnen (potenziellen) Einsatzorten vergeht. Die Siedlungsbereiche sind da-bei nach der errechneten Eintreffzeit eingefärbt: Grüntöne zeigen in verschiedenen Eintreff-zeiten von höchstens 10 Minuten nach Alarmierung an. Je dunkler die Einfärbung über gelb und orange bis in den roten Bereich erfolgt, desto länger sind die zu erwartenden Eintreffzei-ten.

Erfreulicherweise sind es in der Einsatzperiode „Wochenende und nachts“ nur wenige Ortsla-gen, in denen mehr als 12 Minuten ab Alarmierung vergehen, bis eine vollständige Staffel vor Ort ist. Ein Großteil der Siedlungsbereiche kann in weniger als 10 Minuten durch eine Staffel erreicht werden. Ausnahmen bilden einzelne Siedlungsbereiche, an denen die Ein-treffzeiten auch am Wochenende oder in der Nacht in der Regel recht lang sein können.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 27

Abbildung 8 Eintreffzeiten im Szenario Staffeleinsatz Wochenende und nachts (nördliches Kreis-gebiet)

Abbildung 9 Eintreffzeiten im Szenario Staffeleinsatz Wochenende und nachts (südliches Kreis-gebiet)

Bevölkerungsbezogene Auswertung der Eintreffzeiten

Neben einer siedlungszellenscharfen räumlichen Auswertung der Eintreffzeiten wurde für jedes untersuchte Szenario ausgewertet, welcher Anteil der Bevölkerung innerhalb welcher Fristen durch Einsatzkräfte erreichbar ist.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 28

Das Ergebnis für das Analyseszenario „Staffeleinsatz Wochenende und nachts“ zeigt Abbil-dung 10. Die Abbildung ist wie folgt zu lesen: Auf der horizontalen Achse sind nach rechts aufsteigend die untersuchten Fristen abgetragen. Die Höhe der Säulen repräsentiert den Anteil der Bevölkerung, der innerhalb der jeweiligen Frist durch die in der Szenariodefinition festgelegte Einsatzeinheit erreicht wird – hier also eine Staffel in der Einsatzperiode Wochen-ende und nachts. Die Höhe der Säulen steigt deswegen nach rechts kontinuierlich an, weil immer in dieser kumulierten Ergebnisdarstellung jeweils der Anteil der bis dahin erreichbaren Bevölkerung angezeigt wird (also auch diejenigen „mitgezählt“ werden, die bereits in den vorherigen Säulen enthalten sind). Diese Darstellungsart ermöglicht es, sozusagen „auf einen Blick“ Aussagen zum Schutzniveau zu treffen, wie z.B. im konkreten Fall: Rund 85 % der Bevölkerung des Werra-Meißner-Kreises können in der Einsatzperiode „Wochenende und Nachts“ innerhalb von 10 Minuten durch eine Staffel erreicht werden, innerhalb von 15 Mi-nuten sind es nahezu alle Kreisbewohner (vgl. Abbildung 10).

Abbildung 10 Anteil der innerhalb bestimmter Fristen erreichten Bevölkerung im Szenario „Staffel-einsatz Wochenende und nachts“

D-3.2.2 Analyseszenario „Staffeleinsatz werktags tagsüber“

In einem weiteren zentralen Analyseszenario wurden die Eintreffzeiten einer Staffel in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ also zu „Normalarbeitszeiten“ in der Woche untersucht. Dies geschah in dem Wissen, dass zu diesen Einsatzzeiten insbesondere in den Dörfern und den Stadt-, Gemeinde- und Ortsteilen ohne nennenswerten Arbeitsplatzbesatz viele aktive Feuerwehrangehörige berufsbedingt nicht am Wohnort verfügbar sind. Somit ist die Versor-gungsqualität aufgrund längerer Ausrückezeiten und geringerer Ausrückestärken vielerorts deutlich weniger gut, als am Wochenende oder in der Nacht. Die Kennwerte zu Ausrückezeiten und –stärken in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ sind aus der schriftli-chen Befragung bekannt und in der Modellrechnung berücksichtigt worden.

Szenariodefinition

Das Szenario „Staffeleinsatz werktags tagsüber“ unterscheidet sich von dem im vorangegan-genen Abschnitt beschriebenen Einsatzszenario in der Einsatzzeit. Das am Einsatzort gefor-

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 29

derte Personal und Material sowie alle anderen Rahmenbedingungen bleiben gegenüber dem im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Szenario unverändert (vgl. Tabelle 4).

Die bei der Modellrechnung angesetzten Kenngrößen berücksichtigen das Großalmeröder Konzept zur Sicherung der Tagesalarmbereitschaft: Dieses beinhaltet, dass aktive Feuer-wehrangehörige, deren Wohnort nicht in Großalmerode gelegen ist, die sich aber dennoch beruflich bedingt tagsüber dort aufhalten, in die Alarmierungsroutine eingebunden sind, im Einsatzfall mitalarmiert werden und mit der Großalmeröder Feuerwehr ausrücken.

Die Eintreffzeiten im Szenario „Werktags tagsüber“ bilden für alle untersuchten Analyse- und Gestaltungsszenarien die Referenz, an denen die Wirksamkeit von Maßnahmen vergleichend gemessen wird.

Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Staffeleinsatz werktags tagsüber“

Benötigtes Personal (Mindestanforderung)

sechs Feuerwehrangehörige

Davon: vier Atemschutzgeräteträger

Benötigtes Material (Mindestanforderung)

Ein Löschfahrzeug

Vier Atemschutzgeräte

Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ (Mo-Fr zwischen 6 und 18 Uhr)

Standortstruktur Alle heutigen Standorte (Status Quo)

Personalstruktur Heutiges Personal, heutige Qualifikation

Materialausstattung Heutige Materialausstattung

Tabelle 4 Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Staffeleinsatz werktags tagsüber“

Räumliche Darstellung der Eintreffzeiten

Abbildung 11 und Abbildung 12 zeigen die unter diesen Bedingungen ermittelten Eintreffzei-ten an allen Siedlungsbereichen des Kreises. Im Vergleich zu den im vorangegangenen Ab-schnitt beschriebenen Ergebnissen für die Einsatzperiode „Wochenende und nachts“ zeigt sich in der Einsatzzeit für die Einsatzperiode „werktags tagsüber“, dass in vielen der kleine-ren Ortslagen mit deutlich längeren Fristen bis zum Eintreffen einer Staffel gerechnet werden muss.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 30

Abbildung 11 Eintreffzeiten im Szenario Staffeleinsatz werktags tagsüber (nördliches Kreisgebiet)

Abbildung 12 Eintreffzeiten im Szenario Staffeleinsatz werktags tagsüber (südliches Kreisgebiet)

Page 31: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 31

Bevölkerungsbezogene Auswertung der Eintreffzeiten

Die bevölkerungsbezogene Auswertung der Modellrechnung zeigt erwartungsgemäß, dass in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ deutlich weniger Menschen innerhalb von 10 Minuten nach Alarmierung durch eine Staffel erreicht werden können als in der Einsatzzeit „Wochenende und nachts“: Dies ist nur für rund 58 % der Bevölkerung des Werra-Meißner-Kreises möglich. Innerhalb von 15 Minuten werden rund 94 % der Kreisbevölkerung durch eine Staffel erreicht (vgl. Abbildung 13).

Abbildung 13 Anteil der innerhalb bestimmter Fristen erreichten Bevölkerung im Szenario „Staffel-einsatz werktags tagsüber“

Da die Ergebnisse des an dieser Stelle präsentierten Szenarios als Referenz für alle weiteren Gestaltungsszenarien gelten (vgl. Abschnitt D-3.3), fasst Abbildung 14 die Anteile der inner-halb ausgewählter Fristen auf Ebene der Städte und Gemeinden zusammen.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 32

Abbildung 14 Staffeleinsatz werktags tagsüber: Versorgungsniveau auf Ebene der Städte und Gemeinden

D-3.2.3 Analyseszenario „Sechs Einsatzkräfte werktags“

Da nicht alle Arten von Einsätzen zwangsläufig von der Verfügbarkeit von Atemschutzgeräte-trägern abhängen (z.B. Einsätze zur technischen Hilfeleistung) sind in einem dritten Analyse-szenario die Eintreffzeiten berechnet worden, die sich ergeben, wenn als personelle Anforde-rung an einen Einsatz lediglich die Verfügbarkeit sechs Feuerwehrangehörige unabhängig von der Atemschutzgeräteträger-Qualifikation formuliert wird.

Szenariodefinition

Die Beschreibungsmerkale für das Szenario „Sechs Einsatzkräfte werktags tagsüber“ fasst Tabelle 5 zusammen.

Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Sechs Einsatzkräfte werktags tagsüber“

Benötigtes Personal (Mindestanforderung)

sechs Feuerwehrangehörige

Benötigtes Material (Mindestanforderung)

Ein Löschfahrzeug

Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ (Mo-Fr zwischen 6 und 18 Uhr)

Standortstruktur Alle heutigen Standorte (Status Quo)

Personalstruktur Heutiges Personal, heutige Qualifikation

Materialausstattung Heutige Materialausstattung

Tabelle 5 Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Sechs Einsatzkräfte werktags tagsüber“

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 33

Ergebnisse

Kartografische Darstellungen der Eintreffzeiten in diesem Einsatzszenario findet sich im be-gleitend übermittelten Foliensatz (vgl. Folien Nr. 17 bis 20). Es ist wenig überraschend, dass die Eintreffzeiten im Szenario „Sechs Einsatzkräfte werktags tagsüber“ in den meisten Orts- und Stadtteilen deutlich unter denen des Szenarios „Staffeleinsatz werktags tagsüber“ liegen: So können rund drei Viertel (72,6%) der Bewohner innerhalb von 10 Minuten nach Alarmie-rung durch sechs Feuerwehrangehörige erreicht werden.

Die Ergebnisse einer Auswertung auf Ebene der Städte und Gemeinden zeigt Abbildung 15: Nahezu alle Bewohner des Werra-Meißner-Kreises werden innerhalb von 15 Minuten durch sechs Feuerwehrangehörige erreicht. In den meisten Städten und Gemeinden gelingt dies bei einem Großteil der Bevölkerung sogar innerhalb von 10 Minuten.

Abbildung 15 Sechs Einsatzkräfte werktags tagsüber: Versorgungsniveau auf Ebene der Städte und Gemeinden

D-3.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Analyseszenarien

Kennzahlen zum im jeweiligen Analyseszenario erreichbaren Schutzniveau fasst Abbildung 16 zusammen. Die Reduzierung auf zwei wesentliche Kennwerte – der Anteil der Menschen, die innerhalb von 10 bzw. 15 Minuten durch eine in der jeweiligen Definition des Einsatzszena-rios geforderten Einheit erreicht werden – offenbart die bereits in den vorangegangenen Abschnitten erwähnten grundsätzlichen Zusammenhänge und Herausforderungen:

„Die Sicherung der Einsatzbereitschaft ist vor allem ein Problem des Alltags“

Probleme bei der Sicherung der Einsatzbereitschaft betreffen fast ausschließlich die „Normal-arbeitszeiten“, also Einsätze tagsüber an Werktagen. Zumindest wenn eine Staffelbesatzung als Maßstab angesetzt wird45 werden an den Wochenenden und nachts mit Ausnahme eini-ger weniger Ortslagen Eintreffzeiten von weniger als 12 Minuten nach Alarmierung erreicht.

45 Als Mindeststärke einer Feuerwehr wird aus fachlicher Sicht eine Gruppe mit neun Feuerwehrange-hörigen gefordert (vgl. Tabelle 2). Die Eintreffzeiten wurden jedoch anhand einer Staffel modelliert, da diese die Erreichung der Regelhilfsfrist definiert.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 34

Dies kann in vielen Stadt- und Ortsteilen in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ nicht gewährleistet werden.

Damit wird deutlich, dass mit dem Problem des Personalmangels nicht zuvorderst die Ge-samtzahl der in den Einsatzabteilungen Aktiven angesprochen ist – schließlich ist die Einsatz-bereitschaft der allermeisten Freiwilligen Wehren im Kreis an den Wochenenden und in den Nächten gegeben. Es handelt sich vielerorts offensichtlich vielmehr um einen Mangel an Ein-satzkräften, die auch zu Normalarbeitszeiten am Wohnort und kurzfristig für einen Einsatz verfügbar sind. Diese – grundsätzlich bekannten aber nun auch empirisch belegten – Er-kenntnisse verdeutlichen, wie weit Folgewirkungen demografischer und sozioökonomischer Veränderungsprozesse bereits in Bereiche der Gefahrenabwehr hineinwirken. Dies sollte bei allen künftigen Strategieüberlegungen zur Personalgewinnung berücksichtigt werden.

Abbildung 16 Anteil der innerhalb ausgewählter Fristen in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ durch eine Staffel erreichten Bevölkerung in verschiedenen Einsatzszenarien (Analy-seszenarien)

„Es besteht ein Mangel an Atemschutzgeräteträgern“

Wie aus Abbildung 16 ersichtlich, können in der Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ inner-halb von 10 Minuten gut 72 % der Kreisbevölkerung durch sechs aktive Einsatzkräfte erreicht werden (Einsatzszenario „Sechs Einsatzkräfte werktags tagsüber“). Das Einsatzszenario „Staffeleinsatz werktags tagsüber“ unterscheidet sich vom Vorgenannten lediglich dadurch, dass als zusätzliche Anforderung formuliert wird, dass mindestens vier der sechs Einsatzkräf-te die nachgewiesene Befähigung zum Einsatz unter Atemschutz aufweisen müssen. Der deutlich geringere Anteil der innerhalb von 10 Minuten nach Alarmierung erreichbaren Men-schen im Einsatzszenario „Staffeleinsatz werktags tagsüber“ (rund 58 %) zeigt, dass etwa 16.000 Menschen im Kreis nur deswegen nicht innerhalb von 10 Minuten durch eine für den Lösch- und Rettungseinsatz bei einem „kritischen Wohnungsbrand“ grundsätzlich geeignete

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Staffel46 erreicht werden können, weil viele der kurzfristig einsatzbereiten Feuerwehrangehö-rigen nicht über die erforderliche Qualifikation zum Einsatz unter Atemschutz verfügen. Hier könnten ggf. weitere Ansätze für künftige Strategien zur Verbesserung des allgemeinen Schutzniveaus (fort-)entwickelt werden.

„Kooperation über kommunale Grenzen hinweg trägt zu einem höheren Schutzniveau bei“

Alle hier zusammengefassten Beschreibungsgrößen zum Schutzniveau basieren auf der Grundannahme, dass die Feuerwehren sich über administrative Grenzen hinweg gegenseitig unterstützen. Der Anteil der Menschen, die innerhalb der gesetzlich geforderten, normativ gewünschten und medizinisch angeratenen Fristen durch eine Staffel erreicht werden könn-ten, wäre – vor allem zu Normalarbeitszeiten – in den allermeisten Stadt- und Ortsteilen deutlich geringer, wenn hier von einem Beharren auf lokalen, administrativen Zuständigkei-ten ausgegangen worden wäre.

D-3.3 Gestaltungsszenarien

Die Ergebnisse der Analyseszenarien zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, das Schutzniveau im Bereich des abwehrenden Brandschutzes noch weiter zu verbessern. Daher wurden im Rah-men der Arbeitsgruppenarbeit verschiedene Strategien diskutiert, mit denen die Eintreffzei-ten einer Staffel in der Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ in Teilräumen des Werra-Meißner-Kreises verkürzt werden sollen. Einige dieser Strategien wurden hinsichtlich ihrer Folgewirkungen für das Schutzniveau mit Hilfe von Modellrechnungen überprüft. Deren Er-gebnisse sollen im Folgenden kurz zusammenfassend dargestellt werden.

D-3.3.1 Materialstrategie („TSF-W ersetzt TSA“)

Zunächst sollte mittels einer Modellrechnung hergeleitet werden, inwiefern eine verbesserte Materialausstattung mit Löschfahrzeugen eine Steigerung des Schutzniveaus im Kreis erbrin-gen kann. Deswegen wurde modellhaft davon ausgegangen, dass an den Feuerwehrstandor-ten, an denen heute kein Löschfahrzeug, sondern lediglich ein Tragkraftspritzenanhänger (TSA) verfügbar ist, ein Tragkraftspritzenfahrzeug mit Wasser (TSF-W) angeschafft wird.47

46 Überprüft wurden die Eintreffzeiten einer Staffelbesatzung, die grundsätzlich Lösch- und Hilfeleis-tungsmaßnahmen einleiten kann. Es wird davon ausgegangen, dass im Laufe eines Einsatzes überall sukzessive nachrückende Einsatzkräfte eintreffen.

47 Dies betrifft die folgenden Standorte: Archfeld, Markershausen, Hornel, Thurnhosbach, Weißenborn (Sontra), Wölfterode, Eltmannsee, Gehau, Rechtebach, Rodebach, Stolzhausen und Albshausen

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 36

Szenariodefinition

Die Rahmenbedingungen des Szenarios „Materialstrategie“ (für das Einsatzszenario „Staffel-einsatz werktags tagsüber“) sind in Tabelle 6 zusammenfassend beschrieben.

Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Materialstrategie“

Benötigtes Personal (Mindestanforderung)

sechs Feuerwehrangehörige

Davon: vier Atemschutzgeräteträger

Benötigtes Material (Mindestanforderung)

Ein Löschfahrzeug

Vier Atemschutzgeräte

Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ (Mo-Fr zwischen 6 und 18 Uhr)

Standortstruktur Alle heutigen Standorte (Status Quo)

Personalstruktur Heutiges Personal, heutige Qualifikation

Materialausstattung

Das Szenario überprüft die Folgewirkungen für den abweh-renden Brandschutz, wenn für alle Standorte, die momentan lediglich über einen Tragkraftspritzenanhänger verfügen, ein Tragkraftspritzenfahrzeug angeschafft werden würde.

Tabelle 6 Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Materialstrategie“

Ergebnisse

Eine „Materialoffensive“ im beschriebenen Umfang bringt nur geringe Effekte hinsichtlich einer Verbesserung des Schutzniveaus im Kreisgebiet. Dies ist zuvorderst darauf zurückzu-führen, dass am Großteil der Standorte, die momentan nur über einen Tragkraftspritzenan-hänger, nicht jedoch über ein vollwertiges Löschfahrzeug verfügen, nur eine geringe Zahl an Atemschutzgeräteträgern verfügbar sind. Das bedeutet, dass von diesen Standorten auch im Falle des Vorhandenseins eines Löschfahrzeuges keine eigenständige Staffel gebildet werden kann.

Damit würden sich durch die beschriebene „Materialoffensive“ nur geringe Verbesserungen des Schutzniveaus erreichen lassen (vgl. Abbildung 17).

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 37

Abbildung 17 Materialstrategie – Staffeleinsatz werktags tagsüber: Versorgungsniveau auf Ebene der Städte und Gemeinden

Bewertung

Die Ergebnisse der hier beschriebenen „Materialstrategie“ lassen lediglich den Schluss zu, dass die Anschaffung von Fahrzeugen nur im Zusammenhang mit weiteren Erfolgen im Be-reich der Gewinnung kurzfristig einsatzbereiten Personals und der Qualifizierung kurzfristig einsatzbereiter Feuerwehrangehöriger zum Einsatz unter Atemschutz geeignet ist, dass Schutzniveau im Kreis – vor allem in den Ortsteilen, in denen heute kein Löschfahrzeug vor-handen ist – nachhaltig zu erhöhen. In Anbetracht der erheblichen Kosten von Feuerwehr-fahrzeugen scheint dies zunächst jedoch nicht die praktikabelste Option zur Verbesserung des allgemeinen Schutzniveaus zu sein.

D-3.3.2 Personalstrategie („Gemeindeoffensive Zusätzliche Atemschutzgeräteträger“)

Nach den Ergebnissen des Szenarios „Materialstrategie“ liegt die Schlussfolgerung nahe, dass eine Verbesserung des Schutzniveaus nicht allein durch den Ankauf von Fahrzeugen und Atemschutzgeräten zu erreichen ist. Vielmehr scheint die Qualität des Schutzniveaus im ab-wehrenden Brandschutz im konkreten Fall eher vom (kurzfristig verfügbaren) Personal und dessen Qualifizierung abzuhängen.

Szenariodefinition

Daher wurden in einem weiteren Gestaltungsszenario die Folgewirkungen auf das Schutzni-veau unter der Annahme ermittelt, dass für je einen Standort pro Stadt oder Gemeinde zwei Atemschutzgeräteträger zusätzlich zur Verfügung stehen.48 Diese rücken im untersuchten

48 Dies betrifft im konkreten Untersuchungsfall die folgenden Standorte: Abterode, Berneburg, Datterode, Friemen, Hermannrode, Hitzerode, Kleinvach, Laudenbach, Nesselröden, Neurode, Niddawitzhausen, Oetmannshausen, Völkershausen, Walburg, Weißenborn (Weißenborn), Ziegenha-gen. Bei der Auswahl wurde für jede Stadt oder Gemeinde der Standort mit dem größten „Nutzen“ für das Schutzniveau gewählt, um das Potenzial des Ansatzes überprüfen und verdeutlichen zu können.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 38

Szenario „Personalstrategie“ mit den erstausrückenden Einsatzkräften aus.49 Die Beschrei-bungsmerkmale dieses Szenarios fasst Tabelle 7 zusammen.

Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Personalstrategie“

Benötigtes Personal (Mindestanforderung)

sechs Feuerwehrangehörige

Davon: vier Atemschutzgeräteträger

Benötigtes Material (Mindestanforderung)

Ein Löschfahrzeug

Vier Atemschutzgeräte

Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ (Mo-Fr zwischen 6 und 18 Uhr)

Standortstruktur Alle heutigen Standorte (Status Quo)

Personalstruktur

Das Szenario überprüft die Folgewirkungen für den abweh-renden Brandschutz, wenn für jeweils einen Standort pro Stadt bzw. Gemeinde zwei zusätzliche kurzfristig einsatzbe-reite Atemschutzgeräteträger gewonnen werden könnten.

Materialausstattung Heutige Materialausstattung

Tabelle 7 Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Personalstrategie“

Ergebnisse

Das Schutzniveau – hier ausgedrückt im Anteil der innerhalb von 10 bzw. 15 Minuten durch eine Staffel in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ erreichten Wohnortbevölkerung – lie-ße sich zwei zusätzliche kurzfristig ausrückbereite Atemschutzgeräteträger pro Stadt bzw. Gemeinde von 58,2 % auf 63,4 % bzw. 94,3 % auf 98,3 % der Bevölkerung steigern.

Auch wenn dies im Durchschnitt zunächst nicht viel erscheinen mag, kann dies auf der loka-len Ebene deutliche Verbesserungen des Schutzniveaus bedeuten:

Abbildung 18 zeigt im Vergleich zu Abbildung 14 vor allem für

Herleshausen (Reduzierung der durchschnittlichen Eintreffzeit um 17 %)

Ringgau (Reduzierung der durchschnittlichen Eintreffzeit um 13 %)

Waldkappel (Reduzierung der durchschnittlichen Eintreffzeit um 18 %) und

Weißenborn (Reduzierung der durchschnittlichen Eintreffzeit um 62 %(!))

deutliche Verbesserungen (Reduzierung der durchschnittlichen Eintreffzeit um 1 bis 2 Minu-ten; im Falle Weißenborns sogar mehr als 10 Minuten).50

49 Das Szenario „Personalstrategie“ nimmt sozusagen den Erfolg einer von verschiedenen denkbaren Strategien zur Gewinnung von zusätzlichen entsprechend qualifizierten Feuerwehrangehörigen vorweg (im Rahmen der Arbeitsgruppenarbeit sind verschiedene Strategien diskutiert worden).

50 Schon diese Betrachtung auf Ebene der Städte und Gemeinden „verwischt“ deutlich höhere Steige-rungen des Schutzniveaus auf Ebene der Ortsteile. Die Untersuchung der Effekte auf kleinräumigerer Ebene erfolgt im Rahmen der Einzelberichte für die Städte und Gemeinden.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 39

Abbildung 18 Personalstrategie – Staffeleinsatz werktags tagsüber: Versorgungsniveau auf Ebene der Städte und Gemeinden

Bewertung

Die Freiwilligen Feuerwehren im Werra-Meißner-Kreis sind seit Jahren mit verschiedenen Maßnahmen engagiert, die Mitgliederzahlen in den Einsatzabteilungen zu erhöhen und die Anzahl der kurzfristig einsatzbereiten Feuerwehrangehörigen zu erhöhen. Die hier präsentier-ten Berechnungsergebnisse stellen möglicherweise eine zusätzliche Argumentationsgrundla-ge gegenüber der lokalen Politik, der Bevölkerung und ggf. auch den lokalen Arbeitgebern dar, um gemeinsam nach weiteren Ansätzen zu suchen, Menschen zu qualifizieren und in den aktiven Feuerwehrdienst einzubinden. Die Möglichkeiten, die sich daraus für eine Ver-besserung des Schutzniveaus ergeben, sind durch das Szenarioergebnis offensichtlich belegt.

D-3.3.3 Qualifizierungsstrategie („Ausbildung von zusätzlichen Atemschutzgeräteträgern“)

Ein weiteres Gestaltungsszenario widmet sich der Frage, welche Folgewirkungen sich erge-ben würden, wenn bereits aktive Feuerwehrangehörige durch entsprechende Qualifikation in die Lage versetzt werden, auch unter Atemschutz aktiv zum Einsatz zu kommen.

Gemäß Setzung der Arbeitsgruppe wird daher angenommen, dass an jedem Standort, an dem grundsätzlich sechs Feuerwehrangehörige ausrücken, von denen jedoch weniger als vier Atemschutzgeräteträger sind, so viele zum Einsatz unter Atemschutz ausgebildet wer-den, dass die Einheit als Staffel ausrücken kann. Dies betrifft die Qualifizierung von 54 akti-ven Feuerwehrangehörigen an 25 Standorten.

Die Rahmenbedingungen dieses Gestaltungsszenarios fasst Tabelle 8 zusammen.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 40

Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Qualifizierungsstrategie“

Benötigtes Personal (Mindestanforderung)

sechs Feuerwehrangehörige

Davon: vier Atemschutzgeräteträger

Benötigtes Material (Mindestanforderung)

Ein Löschfahrzeug

Vier Atemschutzgeräte

Einsatzperiode „Werktags tagsüber“ (Mo-Fr zwischen 6 und 18 Uhr)

Standortstruktur Alle heutigen Standorte (Status Quo)

Personalstruktur

Das Szenario überprüft die Folgewirkungen für den abweh-renden Brandschutz, wenn an den Standorten, an denen vergleichsweise kurzfristig sechs Feuerwehrangehörige zum Einsatz bereitstehen, so viele zum Einsatz unter Atemschutz ausgebildet werden würden, dass die Einheit als Staffel ausrücken kann.

Materialausstattung Heutige Materialausstattung

Tabelle 8 Beschreibungsmerkmale des Szenarios „Qualifizierungsstrategie“

Ergebnisse

Durch die Qualifizierung von aktiven Feuerwehrangehörigen gemäß der Setzungen für das hier beschriebene Szenario könnte anstatt von 58,2 % (Staffeleinsatz werktags tagsüber) mehr als zwei Drittel der Bevölkerung (67,4 %) innerhalb von 10 Minuten durch eine Staffel erreicht werden. Innerhalb von 15 Minuten wären es 95,2 % (gegenüber 94,3 %). Damit wird deutlich, dass sich–besonders wichtige – Verbesserungen im Bereich der kurzfristigen Eintreffzeiten erreichen ließen.

Das Versorgungsniveau im Szenario „Qualifizierungsoffensive“ zeigt Abbildung 19.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 41

Abbildung 19 „Qualifizierungsoffensive“ – Staffeleinsatz werktags tagsüber: Versorgungsniveau auf Ebene der Städte und Gemeinden

Bewertung

Die Folgeeffekte, die sich aus einer gezielten Qualifizierung bereits aktiver Feuerwehrangehö-riger auf das Schutzniveau im Kreis ergeben ließen, sind überzeugend. Die Eintreffzeiten im Einsatzfall „Staffeleinsatz werktags tagsüber“ lassen sich so vielerorts spürbar verringern. Gemessen an den verschwindend geringen Kosten stellt das Szenario „Qualifizierungsoffensi-ve“ aus Sicht der mit Hilfe von Modellrechnungen hergeleiteten Eintreffzeiten ein probates Mittel zur Sicherung und Verbesserung des Schutzniveaus im abwehrenden Brandschutz dar.

D-3.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Gestaltungsszenarien

Unter den Bedingungen der im Rahmen des Projektes untersuchten Szenarien ist gemessen an (Kosten-)Aufwand und Nutzen die Qualifizierung heute bereits aktiver Mitglieder in den Einsatzabteilungen am erfolgversprechendsten (vgl. Abbildung 20). Dennoch sind natürlich die bereits aktuell und in der Vergangenheit angestellten Bestrebungen, die Anzahl der kurz-fristig einsatzbereiten und entsprechend qualifizierten Mitglieder zu erhöhen, sinnvoll. Hier werden in den Feuerwehren des Werra-Meißner-Kreis bereits verschiedenste Ansätze disku-tiert und umgesetzt. Weitere Ansätze sind im Rahmen der Arbeitsgruppe entwickelt und dis-kutiert worden.

Zumindest ohne begleitende Strategien zur Personalgewinnung und –qualifizierung weniger erfolgversprechend scheint eine reine „Materialstrategie“: Nach den Ergebnissen der Modell-rechnungen scheint die Ausstattung von Standorten, die heute „nur“ über einen Tragkraft-spritzenanhänger verfügen, mit einem TSF-W – vor allem gemessen an den dafür einzuset-zende Finanzmitteln – im Hinblick auf die Verkürzung der Eintreffzeit einer Staffel nicht ziel-führend. Im Rahmen von Ortsteil- bzw. Gemeindegrenzen überschreitender Hilfeleistungen können die Feuerwehren ohne „vollwertiges“ Löschfahrzeug die Komplettierung einer schlag-kräftigen Einheit am Einsatzort auch mit anderen Fahrzeugen unterstützen. In Kombination mit erfolgreicher Personalgewinnung und –qualifizierung kann jedoch auch die Anschaffung weiterer Löschfahrzeuge sinnvoll sein. Dies sollte in der lokalen Diskussion auch weiterhin im Blick behalten werden. Inwieweit die Verfügbarkeit eines „richtigen“ Löschfahrzeuges die

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 42

Möglichkeiten, Menschen für den aktiven Feuerwehrdienst zu motivieren eine Rolle spielen kann, ist hingegen aus Sicht der Modellrechnungen nur schlecht zu beurteilen.

Abbildung 20 Anteil der innerhalb ausgewählter Fristen in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“ durch eine Staffel erreichten Bevölkerung in verschiedenen Einsatzszenarien (Gestal-tungsszenarien)

D-3.4 Eintreffzeiten: Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Ergebnisse Modellrechnungen haben zeigen können, dass weder bei einem Staffeleinsatz in der Einsatzperiode „Wochenende und nachts“ noch im Bereich der technischen Hilfeleis-tung (Einsatzszenario Sechs Einsatzkräfte) gravierende Probleme hinsichtlich der Gewährleis-tung vergleichsweise kurzer Eintreffzeiten an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises bestehen. Dies gilt zumindest, wenn davon ausgegangen wird, dass sich alle verfüg-baren Einsatzeinheiten und –kräfte auch über Ortsteil- und Gemeinde-, Stadtteil- und Stadt-grenzen hinweg gegenseitig unterstützen.

Vor dem Hintergrund des aus gesetzlichen und normativen Beweggründen geforderten Ver-sorgungsniveaus lassen die Ergebnisse der Modellrechnungen auch unter der Annahme größtmöglicher gegenseitiger Unterstützung für Staffeleinsätze in der Einsatzperiode „werk-tags tagsüber“ gewisse Verbesserungspotenziale im Bereich der Eintreffzeiten identifizieren. Dabei haben die durchgeführten Modellrechnungen zu den von der Arbeitsgruppe definierten Gestaltungsszenarien zeigen können, dass neben dem (uneingeschränkt zu befürwortenden) Bemühen um die Einbindung neue Mitglieder in die Einsatzabteilungen auch eine Fokussie-rung auf die Qualifizierung von „Bestandsmitgliedern“ einen geeigneten strategischen Ansatz zur Sicherung und Verbesserung des Schutzniveaus leisten kann.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 43

D-4 Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen aus Sicht der Modellergebnisse

Sofern es gelingt, die erfolgreiche Arbeit der Vergangenheit fortzusetzen und den Anteil der aus den Jugend- in die Erwachsenenabteilungen übergehenden Feuerwehrangehörigen zu halten (oder zu erhöhen), sind in den kommenden Jahren insgesamt gesehen keine dramati-schen Rückgänge der Mitgliederzahlen in den Einsatzabteilungen zu erwarten. An einzelnen Standorten kann es jedoch natürlich trotzdem zu einem Rückgang der Anzahl der in den Ein-satzabteilungen Aktiven kommen. Dies ist auf die heutige Altersstruktur, das daraus resultie-rende Ausscheiden aus den Einsatzabteilungen (vgl. Abbildung 4) und die (Alters-)Struktur in den Jugendabteilungen und das Übergangsverhalten zu erklären. Insofern ist eine Fortset-zung der Bemühungen um neue, qualifizierte und kurzfristig einsatzbereite Mitglieder drin-gend erforderlich. Dies impliziert auch, strategische Ansätze mit den am örtlichen Gemeinwe-sen beteiligten Akteuren weiterzuentwickeln und zu diskutieren.

Welche der im Rahmen des Projektes diskutieren und durch Modellrechnungen auf ihre Wirksamkeit hin überprüften Strategien (Material, zusätzliches Personal, Qualifizierung vor-handenen Personals) auf der lokalen Ebene am erfolgversprechendsten sind, muss ebenfalls auf der lokalen Ebene entschieden werden. Vergleichsweise unproblematisch ist zunächst vermutlich die Situation in den Orts- und Stadtteilen, in denen relativ kurzfristig eine Staffel ausrückebereit ist (vgl. die grün eingefärbten und namentlich beschrifteten Standorte in Ab-bildung 21). In Bezug auf diese Standorte ließen sich ggf. Ausrückezeiten durch zusätzliche Aktive weiter reduzieren.

Abbildung 21 Standorte Freiwilliger Feuerwehren typisiert nach Einsatzbereitschaft in der Einsatz-periode werktags tagsüber (I)

Der zentrale Fokus für eine Verkürzung der Ausrückezeiten und der Verbesserung der Ausrückestärken liegt hingegen vermutlich eher auf den gelb eingefärbten Standorten in Ab-bildung 22. Hierbei handelt es sich um solche, von denen gegenwärtig nicht innerhalb von acht Minuten eine eigene Staffel ausrücken kann – sei es, weil bis zu diesem Zeitpunkt zu wenige Aktive vor Ort sind oder aber weil die kurzfristig einsatzbereiten Mitglieder keine nachgewiesene Befähigung zum Einsatz unter Atemschutz aufweisen. Hier könnten strategi-

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 44

sche Ansätze wie die Erhöhung der Anzahl kurzfristig einsatzbereiter Feuerwehrangehöriger oder die Erhöhung der Anzahl entsprechend qualifizierter Aktiver eine Erhöhung des Schutz-niveaus mit sich bringen, wenn es gelingt, dadurch entweder kurzfristig eine „eigene Staffel“ zusammenzustellen oder aber das zur Unterstützung von Nachbareinheiten verfügbare Po-tential zu erhöhen. Insbesondere diese Standorte sind es, für die z.B. Maßnahmen wie Per-sonalgewinnungsstrategien oder die „Qualifizierungsoffensive“ in Frage kommen.

Abbildung 22 Standorte Freiwilliger Feuerwehren typisiert nach Einsatzbereitschaft in der Einsatz-periode werktags tagsüber (II)

Ähnliches gilt für die in Abbildung 23 rot dargestellten und beschrifteten Standorts des sog. „Typs 3“. Dies sind jedoch Standorte, bei denen die Bemühungen aufgrund der vergleichs-weise geringen Zahl an kurzfristig einsatzbereiten Feuerwehrangehörigen außerordentlich erfolgreich sein müssten, um das (kurzfristige) Ausrücken einer eigenen Staffel sicherstellen zu können. Gleichwohl sollten auch im Hinblick auf Standorte dieser Standortkategorie Be-mühungen um zusätzliches Personal fortgesetzt werden.

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 45

Abbildung 23 Standorte Freiwilliger Feuerwehren typisiert nach Einsatzbereitschaft in der Einsatz-periode werktags tagsüber (III)

Abschließend soll noch ein kurzer Blick auf die Maßnahmen geworfen werden, die aus Sicht der Freiwilligen Feuerwehren gut bzw. weniger gut geeignet sind, die Einsatzbereitschaft zu sichern bzw. zu verbessern. Als gut geeignet werden vor allem die Schaffung von Arbeits-plätzen sowie verschiedene Ansätze zur Personalgewinnung und Qualifizierung eingeschätzt (Öffentlichkeits- und Jugendarbeit, Heraufsetzung der Altersgrenze, Bonussysteme, Schulun-gen und Übungen; vgl. Abbildung 24).

Einige dieser Ansätze sind jedoch bei den Feuerwehren selbst umstritten: So werden Stand-ortzusammenschlüsse und Anreizmechanismen sowohl bei den gut als auch bei den weniger gut geeigneten Ansätzen genannt (vgl. Abbildung 25).

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Abschnitt D: Abwehrender Brandschutz Seite 46

Abbildung 24 Gut geeignete Ansätze zur Sicherung der Einsatzbereitschaft aus Sicht der Freiwilli-gen Feuerwehren

Abbildung 25 Weniger oder gar nicht geeignete Ansätze zur Sicherung der Einsatzbereitschaft aus Sicht der Freiwilligen Feuerwehren

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 47

E Katastrophenschutz Dieser Abschnitt fasst die Ergebnisse der für den Themenbereich Katastrophenschutz durch-geführten Datenanalysen und Modellrechnungen zusammen.

E-1 Herausforderungen aus Sicht der Verantwortlichen Bei der Bearbeitung des Themenbereiches Katastrophenschutz standen für die Verantwortli-chen vor allem Fragestellungen im Mittelpunkt des Interesses, die im Zusammenhang mit der personellen Situation bzw. mit der Sicherung der Tagesalarmbereitschaft der Katastro-phenschutzeinheiten stehen. In Bezug auf beide genannten Punkte soll in diesem Zusam-menhang darauf hingewiesen werden, dass Arbeitgeber von ehrenamtlichen Helfern im Ka-tastrophenschutz keine Verdienstausfallentschädigung erhalten, wie dies bei Feuerwehran-gehörigen der Fall ist.

Einen Überblick über die Herausforderungen aus Sicht der im Katastrophenschutz tätigen Hilfsorganisationen gibt Abbildung 26.

Abbildung 26 Herausforderungen aus Sicht der im Katastrophenschutz tätigen Hilfsorganisationen

E-2 Personalsituation Die mit Hilfe von Datenanalysen hergeleiteten Ergebnisse zur Personalsituation werden im Folgenden unter Zuhilfenahme von an die Fragestellungen der Arbeitsgruppe angepassten Thesen dargestellt.

Die Grundlage der Auswertungen bilden im Wesentlichen Angaben, die von den Hilfsorgani-sationen im Rahmen einer schriftlichen Befragung gemacht wurden.

E-2.1 Standortstruktur der Katastrophenschutzeinheiten im Werra-Meißner-Kreis

Im Werra-Meißner-Kreis sind verschiedenste im Katastrophenschutz tätige Einheiten verortet. Einen Überblick über die räumliche Verteilung gibt Abbildung 27.

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 48

Abbildung 27 Räumliche Lage der Katastrophenschutzeinheiten im Werra-Meißner-Kreis

E-2.2 Ergebnisse der Datenanalysen

Die Mitgliedszahlen in den aktiven Abteilungen sind in den vergangenen Jahren trotz des Rückgangs der Bevölkerungszahl vergleichsweise konstant geblieben

Trotz insgesamt rückläufiger Bevölkerungsentwicklung ist die Mitgliederzahl im Zeitraum von 2006 bis 2010 insgesamt konstant geblieben (vgl. Abbildung 28).

Abbildung 28 Mitgliederzahl in den Einsatzabteilungen der Katastrophenschutzeinheiten 2006 bis 2010

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 49

Hohe Mitgliederzahlen in den Nachwuchsabteilungen

Die Betrachtung der Mitgliederzahlen nach Altersklassen zeigt, dass

in den Altersklassen der Kinder- und Jungendabteilungen hohe Mitgliederzahlen be-stehen,

der Großteil der aktiven Ehrenamtlichen im Alter von 20 bis unter 50 Jahren alt ist und

dass in (fast) allen Altersklassen von 20 bis unter 65 Jahren die Anzahl der „sonstigen Mitglieder“ höher ist als die der aktiven Ehrenamtlichen (vgl. Abbildung 29).

Abbildung 29 Altersstruktur in den Abteilungen der Katastrophenschutzeinheiten

Geringe Übergangszahlen in die Einsatzabteilungen und hohe Konstanz der Mitgliedschaft

Allerdings scheint es trotz der hohen Mitgliederzahlen in den Kinder- und Jugendabteilungen nicht zu gelingen, eine nennenswerte Anzahl zum Übertritt in die aktiven Einsatzabteilungen zu gewinnen. Im Betrachtungszeitraum 2006 bis 2010 sind jährlich nur zwischen 5 und 25 Mitglieder in die Einsatzabteilungen übergegangen (vgl. Abbildung 30).

Es zeigt sich jedoch bei denen, die in die Erwachsenenabteilung übergegangen sind, eine vergleichsweise hohe Konstanz der Mitgliedschaft: Abbildung 30 zeigt, dass zumindest in den ersten Jahren nach Übertritt ein Großteil der Mitglieder aktiv bleibt.

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 50

Abbildung 30 Anzahl der Übergänge aus den Jugend- und die Einsatzabteilungen 2006-2010

Effekte der Aussetzung der Wehrpflicht auf die Mitgliederzahlen vermutlich eher gering

Eine wesentliche Frage der Arbeitsgruppenmitglieder betrifft die Folgewirkungen, die sich aus der Aussetzung der Wehrpflicht ergeben könnten. Daher wurden Vergangenheitsdaten zur Anzahl der freigestellten Helfer ausgewertet. Die Anzahl der Freigestellten Helfer im Kreisge-biet lag in den vergangenen Jahren konstant bei etwa 20 Personen. Wie Abbildung 31 zeigt, war davon ein Großteil bereits vor dem Ersatzdienst in den Katastrophenschutzeinheiten ak-tiv und ist auch danach in den Einheiten aktiv geblieben. Daher liegt der Schluss nahe, dass überwiegend diejenigen ihren Pflichtdienst in den Katastrophenschutzeinheiten abgeleistet haben, deren Interesse ohnehin in einer Mitwirkung im Katastrophenschutz liegt. Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ableiten, dass die Effekte der Aussetzung der Wehrpflicht auf die Anzahl der Aktiven in den Einsatzabteilungen vermutlich eher gering ausfallen dürften.

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 51

Abbildung 31 Anzahl der Freigestellten, die bereits vor Beginn ihres Dienstes in den Katastrophen-schutzeinheiten aktiv waren bzw. nach Abschluss des Dienstes aktiv geblieben sind

Das Ausscheiden aus den Einsatzabteilungen erfolgt nicht zuvorderst aus Altersgründen

Eine weitere Frage betrifft das Ausscheiden aktiver Mitglieder aus den Einsatzabteilungen. Wie Abbildung 32 zeigt, sind in den vergangen Jahren kreisweit zwischen 10 und 30 Mitglie-der jährlich aus den Einsatzabteilungen ausgeschieden. Diese Entwicklung konnte - zumin-dest in der kreisweiten Betrachtung – nahezu vollständig aus den Übergängen aus den Ju-gendabteilungen kompensiert werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Großteil der ausgeschiedenen Personen die Einsatzabteilungen nicht aus Alters- sondern aus sonstigen Gründen verlassen hat (vgl. Abbildung 32).

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 52

Abbildung 32 Anzahl der aus den Einsatzabteilungen ausgeschiedenen Mitglieder 2006 bis 2010

Hoher Anteil von Doppelmitgliedschaften und lokale Unterschiede

Rund 27 % der Aktiven in den Einsatzabteilungen der im Katastrophenschutz tätigen Hilfsor-ganisationen sind auch in anderen Hilfsorganisationen aktiv. Einen Überblick dazu gibt Abbil-dung 33.

Abbildung 33 Anzahl der Mitglieder in den Katastrophenschutzabteilungen nach Mitgliedschaft in anderen Hilfsorganisationen

Dies betrifft jedoch die Hilfsorganisationen in verschiedenen Städten und Gemeinden des Werra-Meißner-Kreises im unterschiedlichen Maße: Während beispielsweise der Anteil derje-

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 53

nigen mit Doppelmitgliedschaft in Hessisch Lichtenau oder Bad Sooden-Allendorf vergleichs-weise hoch ist, ist deren Anteil in Meinhard, Neu-Eichenberg oder Wehretal eher gering (vgl. Abbildung 34).

Abbildung 34 Anzahl der Mitglieder in den Katastrophenschutzabteilungen nach Städten und Ge-meinden und Doppelmitgliedschaften

E-2.3 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Sicherung der künftigen Einsatzbereitschaft im Bereich des Katastrophenschutzes hängt im Wesentlichen von der künftigen personellen Einsatzstärke ab. Aus den durchgeführten Datenanalysen lassen sich diesbezüglich vor allem folgende Schlüsse ableiten:

Gemessen an den Mitgliederzahlen in den Jugendabteilungen ist die Anzahl der Über-gänge in die „Erwachsenenabteilungen“ eher gering. Hier sind auch weiterhin Hand-lungsansätze zu überprüfen und fortzuentwickeln, die geeignet sind, die Übergangs-quoten zu erhöhen. Positiv zu betonen ist hingegen, dass die Anzahl derjenigen, die nach erfolgtem Übergang in den Einsatzabteilungen verbleiben vergleichsweise hoch ist.

Nach jetzigem Kenntnisstand steht nicht zu erwarten, dass die Aussetzung der Wehr-pflicht im nennenswerten Umfang negative Auswirkungen auf die Zahl der in den Ein-satzabteilungen Aktiven entfalten wird.

Deutlich wurde, dass ein Großteil der Austritte nicht aus Altersgründen erfolgt. Dies bedeutet, dass Menschen im erwerbsfähigen Alter aus persönlichen Gründen aus den Einsatzabteilungen austreten. Hier sind möglicherweise genauere Analysen erforder-lich, die eine präzisere Einschätzung der Austrittsgründe erlauben, um ggf. mit geeig-nete Maßnahmen und Angeboten gegensteuern zu können.

E-3 Analyse der Eintreffzeiten Neben analytischen Betrachtungen zur Personalsituation bestand ein Schwerpunkt der Ar-beitsgruppenarbeit in der Analyse der Eintreffzeiten verschiedener Einsatzeinheiten an po-tenziellen Einsatzorten im Kreisgebiet. Dazu ist bereits eine umfangreiche Dokumentation in

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 54

Kartendarstellungen an die Verantwortlichen übergeben worden. Im Rahmen dieses Ab-schlussberichtes sollen beispielhaft die Eintreffzeiten

einer SEG Behandlung sowie

SEG Betreuung

an den Siedlungsbereichen des Kreises dargestellt werden.

Die Eintreffzeiten ergeben sich aus der einsatzzeitabhängigen Ausrückezeit sowie der Fahr-zeit zwischen Standorten und Siedlungsbereichen im Kreisgebiet. Die Fahrzeit berücksichtigt das aktuelle Straßennetz, die straßentypabhängigen Durchschnittsgeschwindigkeiten sowie topographieabhängige Abschläge auf die Durchschnittsgeschwindigkeiten (vgl. Abschnitt B-4). In den Auswertungen wurde davon ausgegangen, dass stets der fahrzeitoptimale Stand-ort zum Einsatz gerufen wird.51

E-3.1 Eintreffzeiten SEG Behandlung

Standorte von Schnelleinsatzgruppen Behandlung befinden sich in Bad Sooden-Allendorf und Eschwege. Die Eintreffzeiten in der

Einsatzperiode Wochenende und nachts zeigt Abbildung 35,

die in der Einsatzperiode Werktags tagsüber Abbildung 36.

Die Auswertungen der Eintreffzeiten offenbaren einen bereits aus dem Bereich der freiwilli-gen Feuerwehren bekannten Effekt: Die Eintreffzeiten sind an den Wochenenden und in der Nacht z.T. deutlich kürzer als an tagsüber an Werktagen.

Abbildung 35 Eintreffzeiten einer SEG Behandlung an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises in der Einsatzperiode „Wochenende und nachts“

51 Datengrundlagen dazu, welcher Siedlungsbereich unter Berücksichtigung von Ausrücke- und Fahr-zeiten am schnellsten von welchem Standort erreicht werden kann, werden den Verantwortlichen zur Unterstützung künftiger Alarmierungsplanungen ergänzend zur Verfügung gestellt.

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 55

Aufgrund der Standortstruktur der SEG Behandlung mit Standorten in Eschwege und Bad Sooden-Allendorf sind die Eintreffzeiten unabhängig von der Einsatzperiode im zentralen östlichen Bereich des Kreises tendenziell am geringsten, während die Eintreffzeiten in den weiter von den Standorten der SEG entfernten Bereichen aufgrund der längeren Fahrzeit höher sind.

Abbildung 36 Eintreffzeiten einer SEG Behandlung an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“

E-3.2 Eintreffzeiten SEG Betreuung

Vergleichbares gilt für die SEG Betreuung, die von Standorten in Witzenhausen, Bad Sooden-Allendorf, Wanfried und Reichensachsen (Gemeinde Wehretal) zusammengestellt wird:

Die Eintreffzeiten einer SEG Betreuung sind an den Wochenenden und in der Nacht aufgrund der höheren Ausrückezeiten tendenziell geringer als tagsüber an Werktagen

Aufgrund der standortspezifischen Ausrückezeiten sowie der Standortstruktur der Teileinheiten der SEG Betreuung sind die Eintreffzeiten vor allem im Süden des Krei-ses höher als in den zentralen Bereichen des Werra-Meißner-Kreises sowie im Kreis-norden (vgl. dazu beispielhaft Abbildung 38).

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Abschnitt E: Katastrophenschutz Seite 56

Abbildung 37 Eintreffzeiten einer SEG Betreuung an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises in der Einsatzperiode „Wochenende und nachts“

Abbildung 38 Eintreffzeiten einer SEG Betreuung an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises in der Einsatzperiode „werktags tagsüber“

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 57

F Rettungswesen Im Bereich des Rettungswesens bildeten zwei wesentliche Fragestellungen den Rahmen für die im Projektzusammenhang durchgeführten Datenanalysen und Modellrechnungen:

Welche Eintreffzeiten können derzeit an denkbaren Einsatzorten im Kreisgebiet er-reicht werden?

Wie könnten sich die Einsatzzahlen unter den Bedingungen des demografischen Wandels – vor allem Bevölkerungsrückgang bei gleichzeitiger Zunahme der Anzahl äl-terer und alter Menschen – zukünftig verändern?

Die Ergebnisse, der zur Unterstützung der Beantwortung dieser Fragestellungen durchge-führten Berechnungen sind in diesem Abschnitt dokumentiert.

F-1 Analyse der Eintreffzeiten Für die Analyse der Eintreffzeiten im Rettungsdienst wurde als Grundlage das im Rahmen des Projektes aufgebaute Erreichbarkeitsmodell (vgl. Abschnitt B-4) genutzt, mit dessen Hilfe Fahrzeiten zwischen Standorten des Rettungsdienstes (z.B. Rettungswachen) und potenziel-len Einsatzorten im Kreisgebiet (Siedlungsbereiche, Straßenabschnitte) ermittelt werden können. Die verschiedenen Straßentypen sowie topographische Gegebenheiten sind bei der Festlegung der Durchschnittsgeschwindigkeiten berücksichtigt worden.

Für die Ermittlung der Eintreffzeiten sind zusätzlich zur Fahrzeit zwischen Rettungswache und Einsatzort auch die rettungswachenspezifischen Ausrückezeiten in Ansatz zu bringen. Diese wurden aus den Einsatzstatistiken der Jahre 2006 bis 2011 abgeleitet, in denen für jeden einzelnen Einsatz Ausrückezeiten angegeben sind. Nach dem Willen der Arbeitsgrup-penmitglieder ist bei der Ermittlung der Ausrückezeiten keine Differenzierung nach Einsatz-perioden erfolgt. Vielmehr sind die in Abbildung 39 dargestellten Ausrückezeiten als Mittel-wert über alle Einsätze zustande gekommen.52

52 Die Ausgangsdatensätze sind natürlich vorher entsprechend bereinigt worden, z.B. durch Entfernen von Einsätzen mit unplausiblen Ausrückezeiten. Weiterhin sind auf Grundlage der Einschätzung von Arbeitsgruppenmitglieder Detailkorrekturen erfolgt: So sind z.B. bei der Herleitung der Ausrückezeiten der Rettungswache Eschwege aufgrund einer baulichen Veränderung mit Auswirkungen auf die Ausrückezeit nur Einsätze nach dem Umbau berücksichtigt worden.

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 58

Abbildung 39 Ausrückezeiten der einzelnen Rettungswachsen in Abhängigkeit des Einsatzfahrzeu-ges

Bei den in den folgenden Abschnitten beschriebenen Ergebnissen ist zu beachten, dass die in den Nachbarkreisen vorhandene „rettungsdienstliche Infrastruktur“, also Rettungswachen, Rettungstransportwagen und Notarzteinsatzfahrzeuge sowie Standorte von Rettungstrans-porthubschraubern bei der Ermittlung der Eintreffzeiten berücksichtigt wurden.

F-1.1 Eintreffzeiten eines Rettungstransportwagens

Abbildung 40 stellt die Eintreffzeiten eines Rettungstransportwagens an den Siedlungsberei-chen des Kreises in Minuten nach Alarmierung räumlich differenziert da. Grünliche Einfär-bungen zeigen eine Eintreffzeit von unter 10 Minuten, gelbe Einfärbungen eine Eintreffzeit von 10 bis unter 15 Minuten. Eine orangene und rote Farbgebung verweisen auf entspre-chend längere Eintreffzeiten.

Aufgrund der dezentralen Standortstruktur der Rettungswachen sind die Eintreffzeiten in den Siedlungsschwerpunkten des Kreises erfreulich niedrig.

Eintreffzeiten im Bereich von mehr als 10 Minuten nach Alarmierung ergeben sich vor allem für Siedlungsbereiche

westlich und östlich von Eschwege sowie

im äußersten Norden und Süden des Kreisgebietes (dort sind auch die Rettungswa-chen der Nachbarkreise zu weit weg, um kurze Eintreffzeiten zu ermöglichen) (vgl. Abbildung 40).

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 59

Abbildung 40 Eintreffzeiten eines Rettungstransportwagens an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises

Die bevölkerungsbezogene Auswertung der Eintreffzeiten eines Rettungstransportwagens (RTW) zeigt, dass unter den angenommenen Bedingungen 71 % der Bevölkerung innerhalb von 10 Minuten nach Alarmierung durch einen RTW erreicht werden können. Innerhalb von 15 Minuten sind es 96 % der Bevölkerung (vgl. Abbildung 41).

Abbildung 41 Anteil der innerhalb bestimmter Fristen durch einen RTW erreichten Bevölkerung

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 60

F-1.2 Eintreffzeiten eines Notarztes

Die Eintreffzeiten eines Notarzteinsatzfahrzeuges sind in Abbildung 42 dargestellt. Es wird deutlich, dass aufgrund der Standortstruktur mit nur drei Notarzteinsatzfahrzeugen im Kreis-gebiet

in den Siedlungsbereichen im „Dreieck“ zwischen den drei Standorten in Witzenhausen, Hessisch Lichtenau und Eschwege sowie

im Süden des Kreisgebietes (=nahezu alles Siedlungsbereiche südlich von Eschwege)

von vergleichsweise langen Eintreffzeiten eines Notarzteinsatzfahrzeuges (NEF) ausgegangen werden muss (Die NEF-Standorte in benachbarten Bereichen sind ebenfalls zu weit weg, um hier zu einer Verbesserung der Situation beitragen zu können53).

Abbildung 42 Eintreffzeiten eines Notarzteinsatzfahrzeuges an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises

Wie Abbildung 43 zeigt, können nur rund 43 % der Kreisbevölkerung innerhalb von 10 Minuten, 60 % innerhalb von 15 Minuten durch ein Notarzteinsatzfahrzeug erreicht wer-den.

53 Lediglich der äußerste Süden des Werra-Meißner-Kreises profitiert vom NEF-Standort in Eisenach

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 61

Abbildung 43 Anteil der innerhalb bestimmter Fristen durch ein NEF erreichten Bevölkerung

Abbildung 44 Eintreffzeiten eines Notarztes an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises

Mit dem Rettungstransporthubschrauber (RTH) „Christoph 7“ in Kassel besteht jedoch noch eine weitere Möglichkeit einen Notarzt schnell an Einsatzorte innerhalb des Werra-Meißner-Kreises zu bringen. Wie Abbildung 44 zeigt, kann dies für viele Bewohner im Westen des Kreises (bis etwa Höhe Sontra) gegenüber dem straßengebundenen NEF eine Verkürzung der Eintreffzeiten eines Notarztes bedeuten.

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 62

F-1.3 Mögliche Auswirkungen eines zusätzlichen NEF-Standortes auf die Eintreffzeiten eines Notarztes

Wie die vorangegangenen Anschnitte gezeigt haben, sind die Eintreffzeiten eines Notarztes an den Siedlungsbereichen des südlichen Kreisgebietes sehr hoch – unabhängig davon, ob ein Notarzt mit einem Notarzteinsatzfahrzeug oder mit dem Rettungstransporthubschrauber zum Einsatzort gebracht wird (vgl. dazu auch Abbildung 45).

Abbildung 45 Eintreffzeiten eines Notarzteinsatzfahrzeuges an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises (Ausschnitt südliches Kreisgebiet)

Daher wurde im Rahmen des Projektes überprüft, wie sich die Eintreffzeiten eines Notarztes verändern, wenn neben den NEF-Standorten in Witzenhausen, Hessisch Lichtenau und Eschwege ein vierter NEF-Standort im Kreisgebiet geschaffen werden würde.

Diese Überprüfung wurde in zwei Varianten durchgeführt:

Ein zusätzlicher NEF-Standort an der Rettungswache in Sontra-Wichmannshausen (Variante A) bzw.

Ein zusätzlicher NEF-Standort am Standort der Freiwilligen Feuerwehr in Sontra (Vari-ante B).

Die Eintreffzeiten für die beiden Varianten zeigen für einen Ausschnitt des südlichen Kreisge-bietes Abbildung 46 und Abbildung 47.

Dabei wird deutlich, dass der Vorteil der Variante A (NEF-Standort Sontra-Wichmanns-hausen) in der günstigeren Verkehrsanbindung liegt. Dies führt dazu, dass neben Sontra auch Siedlungsbereiche in Richtung Osten, in Richtung Hessisch Lichtenau sowie in Richtung Eschwege von dem neuen Standort profitieren würden (vgl. Abbildung 46).

Der Vorteil eines zentralen NEF-Standortes im Bereich der Stadt Sontra würde hingegen dazu führen, dass die Eintreffzeiten dort für sehr viele Stadtbewohner sehr kurz würden (vgl. Ab-bildung 48).

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 63

Abbildung 46 Eintreffzeiten eines Notarzteinsatzfahrzeuges an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises (Ausschnitt südliches Kreisgebiet) – mit zusätzlichem Notarzt in Sontra-Wichmannshausen

Abbildung 47 Eintreffzeiten eines Notarzteinsatzfahrzeuges an den Siedlungsbereichen des Werra-Meißner-Kreises (Ausschnitt südliches Kreisgebiet) – mit zusätzlichem Notarzt in Sontra

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 64

Bevölkerungsbezogene Auswertungen für die beiden Varianten verdeutlichen, dass sich der Anteil von 43 % der Bevölkerung, der heute innerhalb von 10 Minuten durch ein NEF erreicht wird,

in der Variante A (RW Sontra-Wichmannshausen) auf 49 % und

in der Variante B (FF Sontra) auf 48 %

erhöhen ließe.

Innerhalb von 15 Minuten könnten unter den Bedingungen der Variante A 70 % und in der Variante B 67 % durch ein NEF erreicht werden (Status Quo: 60 %).

F-1.4 Eintreffzeiten des ersteintreffenden Rettungsmittels

Im Bereich des Rettungswesens ist für die Einhaltung der Hilfsfrist die Eintreffzeit des erst-eintreffenden Rettungsmittels – unabhängig davon, ob es sich um einen Rettungstransport-wagen, ein Notarzteinsatzfahrzeug oder einen Rettungstransporthubschrauber handelt – relevant. Daher wurde im Rahmen der Projektarbeit untersucht, welche Anteile der Bevölke-rung innerhalb von 10 Minuten nach Alarmierung erreicht werden (Ergänzend wurde parallel ausgewertet, für welchen Anteil der Bevölkerung dies innerhalb von 15 Minuten nach Alar-mierung gilt).

Innerhalb von 10 Minuten können kreisweit 71 % der (Wohnort-)Bevölkerung durch ein Ret-tungsmittel erreicht. Innerhalb von 15 Minuten sind es 96 %.

Ergebnisse einer entsprechenden Auswertung auf Ebene der Städte und Gemeinden des Werra-Meißner-Kreises stellt Abbildung 48 dar.

Dabei wird deutlich, dass insbesondere in Weißenborn, Berkatal und Meißner die Anteile der nicht innerhalb von 10 Minuten durch ein Rettungsmittel zu erreichenden Bevölkerung hoch sind (vgl. Abbildung 48).

Abbildung 48 Anteil der innerhalb ausgewählter Fristen durch das ersteintreffende Rettungsmittel erreichten Bevölkerung

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 65

F-1.5 Einschätzungen der Auswirkungen eines Ausbaus der A44 für die Eintreffzeiten im Rettungsdienst

Eine weitere im Rahmen der Projektarbeit diskutierte Frage betraf die möglichen Folgewir-kungen eines Ausbaus der A44 auf die Eintreffzeiten im Bereich des Rettungswesens. Um diese modellhaft beantworten zu können, wurde im für die Auswertungen genutzten Erreich-barkeitsmodell der geplante Verlauf der A44 implementiert und ein Straßennetz für das Sze-nario „mit A44 im endgültigen Ausbauzustand“54 erstellt.

Die Auswertungen der Eintreffzeiten „mit A44“ ergaben folgende Ergebnisse:

Bei den Eintreffzeiten eines RTW wird sich durch die A44 auch im endgültigen Aus-bauzustand voraussichtlich keine Änderungen ergeben

In Bezug auf die Eintreffzeiten eines NEF könnte ein Ausbau der A44 die Eintreffzei-ten für rund 3.700 Menschen verkürzen. Der Effekt liegt in der Regel bei rund einer Minute.

F-1.6 Zusammenfassung

Die Anteile der innerhalb ausgewählter Fristen erreichbaren Bevölkerung fasst Abbildung 49 zusammen.

Abbildung 49 Anteil der innerhalb ausgewählter Fristen erreichten Bevölkerung

54 Als „endgültiger Ausbauzustand“ wurden die bestehende Planung für den Verlauf der A44 und die geplanten Anschlussstellen definiert, auch wenn noch nicht verbindlich entschieden ist, dass dies so realisiert werden wird.

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 66

F-2 Vorausschätzung der Einsatzzahlen Neben der Auswertung der Eintreffzeiten stellte eine Vorausschätzung der Einsatzzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen des Rettungswesens einen zweiten Schwerpunkt der Datenanalysen und Modellrechnungen dar.

F-2.1 Methodisches Vorgehen

Grundlage der Vorausschätzung der Einsatzzahlen in zum einen die kleinräumige Bevölke-rungsprognose für den Werra-Meißner-Kreis. Eine weitere Datengrundlage stellt eine Son-derauswertung der Einsatzstatistik für das Jahr 2010 dar, aus der die Anzahl der Einsätze nach Alter der Patienten bekannt ist. Auf dieser Basis konnten altersklassenspezifische Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten für die einzelnen Leistungsbereiches des Rettungswe-sens hergeleitet werden. Abbildung 50 zeigt die Anzahl der Einsätze je 1.000 Einwohner nach Altersklassen.

Erwartungsgemäß zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit, rettungsdienstliche Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen, mit zunehmendem Alter ansteigt. Dies betrifft alle betrachte-ten Bereiche, im besonderen Maße jedoch Notfalleinsätze mit RTW sowie den Krankentrans-port (vgl. Abbildung 50).

Abbildung 50 Anzahl der Einsätze je 1.000 Einwohner nach Altersklassen und Einsatzarten

Auf Basis dieser „Quoten“ sowie der kleinräumigen Bevölkerungsprognose konnte so eine Vorausschätzung der Anzahl der Rettungsdiensteinsätze unter Annahme konstanter Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten erarbeitet werden.

F-2.2 Ergebnisse der Vorausschätzung

Die Ergebnisse der Vorausschätzung für die einzelnen Einsatzarten stellt Abbildung 51 dar. Folgende Teilergebnisse lassen sich aus dem Diagramm ablesen:

Die Anzahl der Einsätze im – rein mengenmäßig – relevantesten Bereich „Rettungs-einsatz RTW“ steigt nach den Ergebnissen der Vorausschätzung bis etwa zum Jahr

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 67

2020 leicht an, um dann bis zum Jahr 2030 auf etwa das Ausgangsniveau zurückzu-gehen.

Gleiches gilt für die Entwicklung der Anzahl der „Rettungseinsätze NEF“

Die Anzahl der Einsätze mit Krankentransportwagen wird nach den Ergebnissen der Vorausschätzung bis zum Jahr 2030 auf etwa 120 % des Ausgangsniveaus ansteigen.

Abbildung 52 zeigt die Ergebnisse in einer indizierten Darstellung (Ausgangsniveau einheit-lich 100 %), um Unterschiede im Grad der Entwicklung zwischen den einzelnen Einsatzberei-chen deutlich zu machen.

Abbildung 51 Vorausschätzung der Anzahl der Einsätze im Werra-Meißner-Kreis unter Annahme konstanter altersabhängiger Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 68

Abbildung 52 Vorausschätzung der Anzahl der Einsätze im Werra-Meißner-Kreis unter Annahme konstanter altersabhängiger Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten (indizierte Dar-stellung)

Der Aussagehalt der hier dargestellten prognostischen Abschätzungen ist jedoch begrenzt und sollte daher nicht überschätzt, sondern vielmehr lediglich als grobe Tendenz verstanden werden. Dies vor allem aus folgenden zwei Gründen:

Die Datenbasis eines Jahres für das Altersangaben der Patienten vorliegen, ermög-licht rein rechnerisch die Bildung von Quoten zum altersabhängigen Inanspruchnahmeverhalten. Für eine verlässliche Abschätzung ist diese Datenbasis jedoch zu „dünn“. Hier wären Datengrundlagen aus einer Zeitreihenbetrachtung bes-ser geeignet, um belastbare Quoten herleiten zu können.55

Die Betrachtung der Kurvenverläufe offenbart eine weitere Schwäche der im Rahmen des Projektes erarbeiteten Vorausschätzung. Diese äußert sich in dem „Bruch“ zwi-schen den empirischen Realdaten und den vorausgeschätzten Einsatzzahlen. Ganz of-fensichtlich ist das Alter von Menschen also nicht die einzige Einflussgröße auf die Inaspruchnahme von Rettungsdienstleistungen. Zur Berücksichtigung der außerhalb des Alters und der Bevölkerungsentwicklung liegenden Einflussfaktoren fehlen jedoch schlichtweg Datengrundlagen, um weitere Effekte bei der Vorausschätzung der Ein-satzzahlen berücksichtigen zu können.

Trotz dieser Einschränkungen wird sich zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit der in Abbil-dung 53 dargestellte Effekt beobachten lassen: Trotz eines deutlichen Rückgangs der Bevöl-kerung (blaue Linie) wird die Anzahl der Einsätze im Rettungsdienst mindestens konstant bleiben – vermutlich sogar ansteigen. Dies erklärt sich zuvorderst aus dem Anstieg der An-zahl älterer und alter Menschen im Werra-Meißner-Kreis. Die Entwicklung der Einsatzzahlen

55 Eine solche Datenbasis existiert jedoch zumindest nach unserer Kenntnis weder für den Werra-Meißner-Kreis noch für räumlich übergeordnete Bereiche.

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 69

in den vergangenen Jahren legen den Schluss nahe, dass der Anstieg aufgrund anderer ge-sellschaftlicher Rahmenbedingungen deutlich stärker verlaufen könnte.56

Abbildung 53 Vorausschätzung der Bevölkerungszahl sowie der Anzahl der Einsätze im Werra-Meißner-Kreis unter Annahme konstanter altersabhängiger Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten (indizierte Darstellung)

56 Im Rahmen des Projektes ist versucht worden, diese Effekte empirisch zu belegen (z.B. Zusammen-hang zwischen nahräumlicher Verfügbarkeit eines Hausarztes und Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit von Leistungen des Rettungsdienstes, Zunahmen der Einsatzzahlen durch wachsende Spezialisierung von Krankenhäusern und daraus resultieren Transportfahrten). Diese Zusammenhänge, die es sicher gibt, sind jedoch in den Grundlagendaten durch andere Effekte oder Parallelentwicklungen überlagert oder verdeckt, so dass hier keine belastbaren Ergebnisse erzielt werden konnten.

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Abschnitt F: Rettungswesen Seite 70

F-3 Datengrundlagen für die Festlegung von Ausnahmegebieten Von Seiten der Arbeitsgruppe bestand der Wunsch, Datengrundlagen zu generieren, die in der weiteren Diskussion um so genannte „Ausnahmegebiete“ genutzt werden können. Dafür sollten die Ortsteile des Werra-Meißner-Kreises identifiziert werden,

in denen in den letzten vier Jahren im Jahresdurchschnitt weniger als 10 hilfsfristrelevante Rettungseinsätze durchgeführt wurden und

die nicht innerhalb von 10 Minuten durch ein Rettungsmittel erreicht werden kön-nen.57

Nach den Ergebnissen der durchgeführten Berechnungen treffen beide Bedingungen auf folgende drei Ortsteile zu:

Neuseesen (Witzenhausen) mit knapp 100 Einwohnern und im Mittel 4 Notfalleinsätzen pro Jahr

Thurnhosbach (Sontra) mit rund 50 Einwohnern und ebenfalls im Mittel 4 jährlichen Notfalleinsätzen sowie

Gehau (Waldkappel) mit etwa 100 Einwohnern und im Mittel 7 Notfalleinsätzen pro Jahr.

57 Hier für das Modell übersetzt in: Keiner der auf Basis der ATKIS-Flächen aus der amtlichen Vermes-sung abgegrenzten Siedlungsbereiche kann innerhalb von 10 Minuten erreicht werden.

Page 71: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen

Masterplan Daseinsvorsorge – AG 4: Anregungen, Anreizinstrumente, Wertschätzung Seite 71

G Masterplan Brandschutz, Rettungswesen und Kata-strophenschutz – Anregungen, Anreizinstrumente, Wertschätzung58

Im einjährigen Erarbeitungsprozess zum Masterplan Brandschutz, Rettungswesen und Kata-strophenschutz in der Region Werra-Meißner sind verschiedene Ansätze zur Förderung und Anerkennung der meist freiwilligen Arbeit in den Hilfsorganisationen diskutiert und bewertet worden. Es gab keine Einigung darüber, welche der nachfolgend aufgeführten Schritte und Maßnahmen für alle Städte und Gemeinden geeignet sind, deshalb erfolgt die Auflistung mit dem Hinweis, dass die jeweiligen Städte und Gemeinden die für sie am besten geeigneten Maßnahmen in einer gemeinsamen Diskussion mit dem jeweiligen Verantwortlichen und Mit-gliedern der Hilfsorganisationen abstimmen sollten.

G-1 Brandschutz Die Analyse der Personal- und Materialsituation sowie der Einhaltung der gesetzlich vorgege-benen Standards hat für den Bereich Brandschutz eine Reihe von positiven Ergebnissen ge-zeigt:

Die Alarmbereitschaft am Wochenende und abends ist bis auf wenige Ausnahmen gut und sichergestellt.

Die Materialausstattung der Standorte ist nicht als Grund anzusehen, dass die gesetz-lich vorgegebenen Standards in einzelnen Bereichen am Wochenende oder abends sowie in Teilen des Kreises werktags nicht eingehalten werden können (s. Modell-rechnung - Szenario Material).

Die Anzahl der aktiven Mitglieder in der Feuerwehr ist, verglichen mit anderen Regio-nen, vergleichsweise hoch.

Die Übergänge von den Jugendabteilungen in die Einsatzabteilungen sind gut, auch wenn in den ersten Jahren nach dem Übergang eine Fluktuation einsetzt, die vor al-lem auf die Abwanderung aus Gründen von Ausbildung oder Studium zurückgeführt werden können. Hier bestehen kaum Handlungsmöglichkeiten.

Die Anzahl der Mitglieder in den Feuerwehrvereinen ist sehr hoch und kann als Indi-kator für die hohe Bedeutung des Themas Brandschutz angesehen werden. Alle Feu-erwehrvereine zusammen haben ca. 16.000 Mitglieder und sind damit die personen-stärkste Vertretung im Werra-Meißner-Kreis. Demnach scheint es wenig Handlungs-bedarf für die positive Imageentwicklung zu geben.

In den vergangenen Jahren wurden von den Einsatzabteilungen sowie der Vereine viele Anpassungsschritte zur Gewinnung von Mitgliedern für die aktiven Abteilungen unternommen, wie beispielsweise Frauen- oder Kinder-Gruppen.

58 Dieses abschließende Kapitel wurde in Zusammenarbeit von Michael Glatthaar (proloco Bremen) Sabine Wilke (Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner e.V.), den Herren Haberland, Eisenträger und Sasse als Verantwortliche für den Kreis sowie Martin Albrecht (GGR Hamburg) erarbeitet und abgestimmt.

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Trotz dieser positiven Gesamtbewertung sind Engpässe vorhanden

Die Wohnungen von mehr als 40 % der Bevölkerung können im Regelfall werktags zu Normalarbeitszeiten nicht innerhalb einer 10-Minuten Frist nach Alarmierung durch eine Staffel erreicht werden.

Die Einsatzbereitschaft am Wochenende ist überwiegend gut, bei einem Teil der klei-neren Orte gibt es auch hier Engpässe

Die Anzahl der aktiven Mitglieder ist im Zeitraum von 2007 bis 2011 um ca. 10% zu-rückgegangen. Diese Entwicklung wird sich in der Zukunft - in abgeschwächter Form - fortsetzen.

Das dauerhafte „Halten“ von Mitgliedern nach dem Übergang der Jugendabteilungen in die Einsatzkräfte gelingt in einer erkennbaren Anzahl an Fällen nicht. Wenn hinge-gen Feuerwehrangehörige auch mehrere Jahre nach dem Übergang noch in den Ein-satzabteilungen aktiv sind, bleiben sie dies meist bis zum Ausscheiden aus Alters-gründen.

Die Anzahl qualifizierter Mitglieder ist der entscheidende Engpass für eine bessere Er-füllung der gesetzlichen Vorgaben.

G-1.1.1 Unterscheidung von drei Standorttypen

Für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen sollten drei Standorttypen unterschieden werden:

TYP 1: Eigenständigkeit

Diese Orte können einen großen Teil der Gefahrenabwehr selbst bereitstellen (mindes-tens eine Staffel in höchstens acht Minuten). Sie übernehmen für die Nachbarorte in vielen Fällen die Gefahrenabwehr, da sie diese mitversorgen. Diese Orte sollten erhalten und weiter ge-stärkt werden.

TYP 2: Erkundungsorte und kooperative Standorte

Diese Orte verfügen weder tagsüber noch abends/am Wochenende über ausreichend qualifi-ziertes Personal - zumindest um innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung eine eigen-ständige Staffel zu bilden. Einsatzkräfte von Typ-2-Standorten können jedoch gemeinsam mit anderen Einsatzkräften am Einsatzort eine geeignete Einheit bilden oder als nachrücken-de Einsatzkräfte verstärken. Darüber hinaus können Ersterkundungen von Einsatzkräften von Typ-2-Standorten i.d.R. am jeweiligen Einsatzort durchgeführt werden.

TYP 3: akuter Handlungsbedarf

Diese Orte verfügen nicht über ausreichend Personal (Werktags und am Wochenende) und können nur einzelne aktive Einsatzkräfte zur Verstärkung stellen. Ersterkundungen sind häu-fig nicht möglich, da die Einsatzkräfte i.d.R. nicht ausreichend qualifiziert sind oder deutlich über 10 Minuten zum Standort brauchen. Im Hinblick auf die gesetzlich verankerte Einhal-tung der Hilfsfrist müssen die Städte und Gemeinden personalgewinnende Maßnahmen aus-schöpfen, um diese Standorte wieder zu stärken. Ansonsten könnte die Einführung einer Pflichtfeuerwehr oder die Einstellung hauptamtlicher Feuerwehrangehöriger notwendig wer-den.

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Sollte über die Zusammenlegung dieser Standorte diskutiert werden, ist zu prüfen, ob die noch vorhandenen aktiven Einsatzkräfte dieser Zusammenlegung zustimmen würden, um Austritte und damit eine weitere Schwächung des Schutzniveaus zu vermeiden.

G-1.1.2 Handlungsoptionen

Personalgewinnungsstrategie

Viele Feuerwehren im Werra-Meißner-Kreis beschäftigen sich dank der Unterstützung durch den Landesfeuerwehrverband und die Landesregierung bereits seit Jahren mit dem Thema der Personalgewinnung. Die Möglichkeit, Kindergruppen in den Feuerwehren zu gründen, sei hier nur als ein Punkt zu erwähnen. Häufig diskutiert wurde, ob Mitarbeiter der Verwaltung als aktive Einsatzkräfte gewonnen werden können oder ob die Bereitschaft zum aktiven Dienst auch ein Einstellungskriterium sein kann.

Je nach Größe der Verwaltungen kann dies ggf. eine zielführende Strategie sein, gleichwohl gibt es derzeit gesetzliche Grundlagen, dass die Bereitschaft natürlich nicht als allgemeiner Einstellungsgrund akzeptiert werden kann.

Beispielsweise sind die Mitarbeiter des Bauhofes der Gemeinde Herleshausen auch in den Einsatzabteilungen der Feuerwehr aktiv.

Um Personal zu gewinnen und zu halten, insbesondere in verantwortlichen und herausgeho-benen Positionen, sollten alle Möglichkeiten umfassend in Anspruch genommen werden. Übergangslösungen, Testphasen, Funktionsdoppelbesetzungen und Ausnahmegenehmigun-gen oder Ähnliches sollten innovativ, höchst flexibel und offensiv in Betracht gezogen und genutzt werden.

Qualifizierungsstrategie

Es entstehen keine bzw. kaum Kosten für die Qualifizierung von Personen als Atem-schutzgeräteträger. Das Szenario Qualifizierung hat sehr große Effekte bei der Verbesserung der Gefahrenabwehrsituation gezeigt, wenn es gelingt, an den Standorten, an denen ver-gleichsweise kurzfristig sechs Feuerwehrangehörige zum Einsatz bereitstehen, so viele zum Einsatz unter Atemschutz ausgebildet werden würden, dass die Einheit als Staffel ausrücken kann.

In der Vergangenheit sind diesbezüglich schon viele Bemühungen eingeleitet worden. Die zentrale Frage ist, was die Verantwortlichen der Städte und Gemeinden (die Bürgermeis-ter/innen) sowie die Leiter/innen der jeweiligen Standorte zusätzlich machen können – siehe auch Image und Anreizinstrumente.

Starke stärken – Große Standorte

Das Versorgungsniveau wird zu großen Teilen durch die gute Personalausstattung der größe-ren „starken“ Standorte erreicht. Strategisch sollten diese ausgebaut werden, um die be-nachbarten Standorte weiter unterstützen zu können. Die größeren Standorte befinden sich i.d.R. in den Kernorten der Städte und Gemeinden und verfügen über die jeweils beste Per-sonal- und Materialausstattung.

Übergreifende Alarmierung

Gemeindeübergreifende Alarmierungen sind nicht in allen Städten und Gemeinden Standard. Die Modellrechnungen gingen davon aus, dass alle Standorte im Umfeld gleichzeitig alarmiert werden, so dass sie das gemeindeübergreifende Optimum zeigen. Wo dies zwischen den

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Gemeinden bisher noch nicht als Standard geregelt ist, sollten Absprachen und Routinen entwickelt werden.

Nachrückende Einsatzkräfte

Die Modellrechnungen haben gezeigt, dass in den Fällen, in denen die Gefahrenabwehr in den vorgegebenen Zeiten nicht erfüllt werden kann, weil eine Staffel aufgrund der Personal-situation nicht einsatzbereit ist, durch ein Nachrücken von Einsatzkräften aus benachbarten Wehren (hier angenommen in einer Zeit von bis zu 15 Minuten nach Alarmierung) eine Ver-besserung möglich ist.

Dies kann nicht als Standard-Empfehlung formuliert werden, da je nach Einsatzort zu prüfen ist, ab welcher Personalstärke ein Ausrücken sinnvoll ist und welche nachrückenden Einsatz-kräfte in welcher Zeit zusätzlich erwartet werden. Außerdem ist das Einleiten von Maßnah-men an eine Mindestpersonalausstattung gebunden, deren Unterschreitung vom Einsatzleiter zu vertreten ist, also die individuelle Entscheidung und Verantwortung jedes einzelnen be-darf.

Anreizinstrumente

Es bestehen in den Städten und Gemeinden viele und unterschiedliche Anreizinstrumente, so z.B. Prämien, Aufwandsentschädigung, Ehrenamtskarte, Freistellungen nach einem Einsatz, etc. Hier ist individuell mit den jeweiligen Aktiven vor Ort zu klären, welches Instrument im Sinne einer Anerkennung genutzt werden würde. Weitere Anreizinstrumente sind z.B. freier Eintritt ins Schwimmbad und Fitnessstudio, besserer Zugang zu Sporthallen, kostenloses Par-ken in den Kernstädten, etc. Auch hier ist jeweils in den Städten und Gemeinden, gemein-sam mit den Angehörigen der Einsatzabteilungen zu prüfen, ob und wenn ja welche zusätzli-chen Anreizinstrumente gewünscht und genutzt werden würden.

Insgesamt zeigte die Diskussion, dass Anreizinstrumente nicht als geeignet eingeschätzt werden, um Personen für die Mitarbeit in den aktiven Abteilungen zu gewinnen, sie jedoch im Sinne einer Wertschätzung als positives Instrument anerkannt und wahrgenommen wer-den.

Wertschätzung

Wesentliches Instrument zur Anerkennung der Arbeit der Einsatzkräfte ist die Wertschätzung ihrer Tätigkeiten. Hier gibt es enge Verknüpfungen mit den o.g. Anreizinstrumenten. Wert-schätzung geht aber darüber hinaus, wie beispielsweise der Stadtratbeschluss der Stadt Eschwege zeigt, nach dem die Mitarbeiter für die Tätigkeit in der Feuerwehr freizustellen sind und ihnen hierdurch keine Nachteile entstehen dürfen.

Engagement von Unternehmen/ Einsatz am Arbeitsort

Der wesentliche Grund für das Fehlen von genügend Einsatzkräften tagsüber besteht darin, dass viele aktive Einsatzkräfte ihren Arbeitsort nicht in der Gemeinde oder im Werra-Meißner-Kreis haben und folglich tagsüber nicht kurzfristig für einen Einsatz in der Wohnort-gemeinde zur Verfügung stehen. In einzelnen Fällen gibt es Kooperationen mit ortsansässi-gen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter/innen für die Tätigkeit der Feuerwehr am Arbeitsort freistellen.

Diese Kooperationen von Unternehmen mit den jeweiligen Gemeinden könnten weiter ver-stärkt werden.

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G-1.1.3 Konzentrationsszenario – Zusammenlegung von Standorten

Die Überprüfung verschiedener Anpassungsmöglichkeiten – wie z.B. die Zusammenlegung von Standorten, muss jeweils individuell betrachtet werden. Auch für einen neuen Standort muss ein Erreichbarkeitsmodell erstellt werden, damit die Einhaltung der Hilfsfrist auch von diesem aus eingehalten werden kann. Es war nicht Aufgabe im Masterplan-Prozess hier die jeweils beste Lösung zu finden. Gleichwohl ist über Standortzusammenlegungen diskutiert worden und es sind an einem Beispiel die Konsequenzen geprüft worden.

Grundsätzlich gilt, dass eine Zusammenlegung wesentlich durch die Standorte, die zusam-mengelegt werden sollen, verantwortlich begleitet werden muss. Denn eine Gefahr der Zu-sammenlegung liegt im Verlust von qualifiziertem Personal und genau hier gibt es die größ-ten Lücken. Das geprüfte Beispiel, das modellhaft die Folgewirkungen einer Zusammenle-gung von vier Standorten mit jeweils anderen Feuerwehren im Gemeindegebiet auf das Schutzniveau vorsah, brachte folgendes Ergebnis:

keine Verschlechterung im Versorgungsniveau, wenn die qualifizierten Personen ihre Tätigkeit auch am neuen Standort ausüben würden. Der Grund ist, dass diese Stan-dorte schon heute eine geringe Anzahl an Atemschutzgeräteträgen haben und dies der Grund für das schlechte Versorgungsniveau ist. Nur durch die Nachbarstandorte wird die Einsatzbereitschaft erreicht.

Aber auch am „neuen“ also zusammengelegten Standort würde sich keine Verbesse-rung der Hilfsfristen ergeben, da er immer noch personell vergleichsweise schlecht ausgestattet ist.

Folgende Aspekte sind jedoch zu berücksichtigen (diese sind im Rahmen der Arbeit nicht durch Berechnungen überprüft worden):

Kosten können ggf. reduziert werden, da weniger Gebäude und weniger Material vor-gehalten werden muss.

Unklar ist, wie viele Personen von ihrem Standort zu einem neuen, gemeinsamen Standort wechseln würden.

G-2 Katastrophenschutz Die Mitglieder im Arbeitskreis sind sich darüber einig, dass die Hilfsorganisationen gestärkt werden könnten, wenn sie der Gesetzgeber den Feuerwehren und dem THW gleichstellen wür-de. Es gibt für die Helfer leider noch keine gesetzlichen Regelungen für eine Freistellung oder die Zahlung von Verdienstausfall für Einsätze und Fortbildungen.

Lehrgänge finden in der Regel nur an den Wochenenden statt und sind zum Teil mit langen Anfahrten verbunden. Die Qualifizierung der Helfer zu Führungskräften oder Jugendbetreuer erstreckt sich über viele Jahre und schreckt deshalb geeignete Kandidaten häufig davon ab, die Ausbildung zu vollenden.

Auch für Helfer in den Hilfsorganisationen müssen Anreize geschaffen und ihre ehrenamtli-che Arbeit gewürdigt werden.

Die Reaktivierung ehemaliger Helfer, wenn diese wieder Zeit in die ehrenamtliche Arbeit in-vestieren könnten, könnte eine Option sein, Mitglieder (wieder) zu gewinnen.

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G-3 Rettungswesen Anregungen im Bereich Rettungswesen werden an dieser Stelle nicht aufgeführt, da die ver-antwortlichen Personen im Kreis die Ergebnisse bereits nutzen, um die Ausnahmegebiete festzulegen und die Vorhaltung der Rettungsmittel bedarfsgerecht anzupassen.

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Clewes, Dorothy: Tim, der kleine Feuerwehrmann. peb-Bücherei: peb-Schreibschriftbücher. Balve (Sauerland): Engelbert-Verlag 1973. Gemalt von Karl-Heinz Gross.