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M AG A Z I N |
70 | © 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2004, 38, 70– 71
MO-Schemata fehlen und die Exis-tenz des π*-Orbitals bleibt uner-wähnt. Bei der Erläuterung der Diels-Alder-Reaktion in Kapitel 3 spielenGrenzorbitale keine Rolle. Im ganzenBuch kommen HOMO, LUMO unddas Konzept pericyclischer Reaktio-nen nicht vor. Positiv hervorzuhebensind kleinere Exkurse zu aktuellenThemen (polycyclische Aromatenund Krebs, Fullerene, FCKWs undOzonschicht). Den Halogenverbin-dungen widmet sich Kapitel 6.AmBeispiel dieser Verbindungsklassewerden die Mechanismen der nuk-leophilen Substitution (SN1, SN2) und Eliminierung (E1, E2) entwickelt.Warum trägt der tetraedrische Koh-lenstoff auf S. 223 nur 3 Substituen-ten? Das darf in einer vollständigüberarbeiteten Ausgabe eigentlichnicht passieren. Eine kurze Ein-führung zum Thema Spektroskopiegeschieht in Kapitel 11. Positiv zunennen ist hier die Berücksichtigungneuerer Entwicklungen in der Mas-senspektrometrie (MALDI). Negativfällt auf, dass dieses Kapitel in keinerWeise mit dem Rest des Buches ver-netzt ist, wie das beispielsweise imVollhardt sehr schön geschieht.Heterocyclische Verbindungen, insbe-sondere Naturstoffe, werden in Kapi-tel 13 vorgestellt und die Polymer-chemie in Kapitel 14. Beide Kapitelbringen eine Fülle von Stoff und sindgut gelungen.
Die letzten Kapitel behandeln jeweils eine Naturstoffklasse (Lipide,Kohlenhydrate, Aminosäuren, Nuc-leinsäuren). Für den Nebenfach-studenten wird hier ein guter Über-blick gegeben. Leider sind die Ami-nosäuren in der β-Faltblattstrukturvon Abbildung 17.11 allesamt D-konfiguriert – ein Fehler, der aus älteren Lehrbüchern immer weiter-getragen wird. Beim Myoglobin undHämoglobin finden sich schemati-sche Bilder, die in Biochemielehr-büchern so schon vor 30 Jahren stan-den.Warum zeigt man den Studentennicht eine richtige Proteinstruktur,die gleichzeitig die Ästhetik undKomplexität moderner bioorganischerChemie veranschaulicht?
Der Leser wird sicher gemerkthaben, dass der Rezensent mit demneuen Hart nicht in allen Punkteneinverstanden ist. Studierende, dieChemie als Hauptfach gewählt ha-ben, rate ich, ihr Geld in ein anderesLehrbuch zu investieren.
Für Nebenfachstudenten ist esbedingt geeignet.
Prof. Dr. Ulrich Koert, Marburg
B Ü C H E R |Ein Lehrbuch: Organische Chemie
In der Grundvorlesung OrganischeChemie für Diplomchemiker gebendie Hochschullehrer anfangs eineEmpfehlung zur Anschaffung vonLehrbüchern. In der Regel weise ichhier zunächst auf einführende Lehr-bücher (Vollhardt, McMurry) hin, dieden Stoff bis zum Vordiplom gut ab-decken. Für das Hauptstudiumbraucht man ein weiterführendesLehrbuch (z.B. Carey-Sundberg). Undes gibt Bücher, die einen erfolgreichdurch das ganze Studium begleitenkönnen (z.B. Brückner, Beyer-Walter).Medizin- und Biologiestudenten anDeutschen Universitäten suchen fürdas Nebenfach Chemie nach einemChemiebuch, das das Nebenfachwis-sen in Organischer Chemie mit ab-deckt.
An amerikanischen Universitätenhören Chemie-, Medizin- und Biolo-giestudenten oft zusammen eine ein-führende Vorlesung in OrganischerChemie. Für diese Zuhörerschaft istdas Lehrbuch von Hart konzipiertund unter den amerikanischen Rand-bedingungen wird es seinem An-spruch gerecht. Für die Hauptfachstu-denten in Deutschland reicht derHart allein nicht bis zum Vordiplom.
Das Buch hat einen Umfang von716 Seiten und ist in 18 Kapitel ge-gliedert. Im 1. Kapitel wird das Bin-dungsmodell übersichtlich ent-wickelt, während der Isomeriebegriffhier recht isoliert steht. In den Kapi-teln 2, 3, und 4 werden Alkane,Alke-ne und Aromaten behandelt. Nomen-klaturfragen wird hier – wie imganzen Buch – viel Aufmerksamkeitgeschenkt. Kapitel 2 bringt einenSchnelldurchlauf zum Thema Konfor-mation und radikalische Halogenie-rung. Radikalreaktionen vorzustellen,ohne jedoch Bindungsenergien zudiskutieren, ist zumindestens für denHauptfachstudenten zu wenig. ZumThema Alkene wird das Zustande-kommen der π-Bindung diskutiert.
Big PharmaBig Pharma, seit mehr als 40 Jahrendas unbestrittene Erfolgsmodell derpharmazeutische Industrie, ist insStraucheln geraten. Eine hochkom-plexe Forschung und Entwicklung,zunehmender Wettbewerb durch Bio-tech und Generika, immer teurereklinische Studien und der Kosten-druck staatlicher Gesundheitssyste-me stellen inzwischen das Geschäfts-modell einer ganzen vom Erfolg ver-wöhnten Branche in Frage.
Die dramatischen Herausforde-rungen in einem einzigen Unterneh-men zu verdichten und damit greif-bar und verständlich zu machen, istdas Verdienst des Journalisten FranHawthorne: Er hat sich dazu die überJahrzehnte unbestrittene NummerEins der Pharmawelt – den US-Kon-zern Merck & Co. – als Beispiel ge-wählt.
Hawthorne zeigt, wie es dem Unternehmen gelang, sich über Jahr-zehnte mit einer Mischung aus kon-sequenter Forschungsorientierungund Verpflichtung zum Dienst an derGesellschaft erfolgreich vom Wett-bewerb abzuheben. Merck war dasvon Ärzten und Investoren gleicher-maßen bewunderte Unternehmen,das grundlegend neue therapeutischeAnsätze gegen Lipidstörungen oderAIDS als erstes am Markt einführteund ein Mittel gegen die Flussblind-heit unentgeltlich zur Verfügung stellte.
Doch Hawthorne lässt im Ge-spräch mit Zeitzeugen nicht nur einStück faszinierender Industriege-
Organische Che-mie. Von H. Hart, L.E. Craine und D.J. Hart. 2. vollst.überarb. Auflage.Wiley-VCH, Wein-heim 2002. V + 716 S., Gebunden,49,90 Euro. ISBN 3-527-30379-0.