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Chernische Reaktionstechnik Erstes europaisches Symposium uber Chemie-lngenieurwesen vom 7. bis 9. Mai 1957 in Amsterdam*) Uericht von Dr. K. HEDDEN, Iiistitut fiir Phvsikalische Chemie der Universitat Hamburg Die chemische Reoktionstechnik (technische Reoktionsfuhrung) hat die technische Beherrschung chemi- scher Umsetzungen zum Ziel und so11 die Grundlagen fur den Entwurf zweckmaOiger Reaktoren liefern. Die wichtigste Rolle spielen dobei Reoktionskinetik, Stromungserscheinungen sowie Stoff- und Warme- oustausch, die zunachst getrennt voneinander untersucht werden mussen. Jedoch ist die Kenntnis dieser Foktoren fur sich ollein unzureichend. Der Verlauf chemischer Umsetzungen in technischem MoOstob ItiOt sich erst aus dem Zusammenhong und der Wechselwirkung der verschiedenen Einflusse verstehen. Diese Wechselbeziehungen bildeten das Houptthemo des Symposiums uber chemische Reaktionstechnik. Fur chemische Umsetzungen im technischen MaRstab sind zur Erzielung optimaler Bedingungen neben der chemischen Kinetik die Mischung der Redktionskom- ponenten, die Art der Stromung, Fragen des Stoff- und Warmetransports sowie der EinfluR der physi- kalischen Struktur der an der Reaktion teilnehmenden Stoffe von entscheidender Bedeutung. Die c h e m i s c h e R e a k t i o n s t e c h n i k behandelt die Wirkung all die- ser EinfluRfaktoren auf den Ablauf des chemischen Pro- zesses und ist somit ein Teil der chemischen Technologie. Sie liefert aber auch die Grundlagen fur die zweck- maSigste Gestaltung der Reaktionsapparate und inter- essiert daher ebenfalls den Verfahrensingenieur und Ap- paratebauer; aus diesem Grunde befaBt sich auch die VDI-Fachgruppe Verfahrenstechnik in ihrem AusschuR ,,Technische Reaktionsfuhrung" mit diesem Gebiet. Wie van Krevelen') in seiner Einfuhrung zu diesem Symposium hervorhob, leitete das steigencle Interesse fur technolo- gische Gesichtspunkte gegen Ende der dreiRiger Jahre den Beginn dieses Fachgebietes ein. Als einer der ersten wies Damkohler?) 1937 auf den groRen EinfluR der Stro- mung und der Gi-enzschichtphanornene auf den Umsatz chemischer Prozesse hin. Das Ziel dieser Fachrichtung ist die Beherrschung drr chemischen Umsetzung im technischen MaBstab. Die Grundlagen dafur liefern: 1) Die &emische Reaktionskinetik im engeren Sinne, die sich mit dem Ahlauf und der Geschwindigkeit der betreffenden Reaktionen unter ideal vereinfachlen Bedingungen (Labora- toriumsversuch) befaRt. 2) Die Stromungslehre und die tefhnische Thermodynamik, in der die Transporterscheinungen von Impuls, Stoff und Warme hehandelt werden. Den EinfluR dieser Transportphanomene auf technische Prozesse bezeichnet man nach Frank-K~rnenetskii~) als Makrokineti k, um so den Unterschied zur erst- genannten M i k r o k i n e t i k hervorzuheben, bei wel- cher die chemische Kinetik der molekularen Elementar- prozesse behandelt wird. Fur die m a k r o k i n e t i s c h e n Vorgange kann man im wesentlichen' drei verschiedene Grofienordnungen unterscheiden : a) Die Dimensionen des Reaktionsraumes; b) die GroBe dispergicrter Teilchen (StBube, Tropfen, Gasbia- sen) sowie nicht gleidim8Rig durchmischter Bezirke in horno- genen Phasen (Schlieren, Wirhel) ; c) die Dike hydrodynamis&er Grcnzschichten und die Poren- durcbmesser poroser Feststoffe. Die GroRe und Form des Reaktionsapparates sowie die Art der ProzeRfuhrung - absatzweise oder kontinuierlich - beeinflussen vor allem die V e r w e i l z e i t v e r t e i - ') Das Symposium iiher Chemische Reaktionstechnik war die 12. Veranstaltung der Europaischen Foderation fur Chemie-In- genieur-Wesen. Die Vortrage und Diskussionshemerkungen sind veroffentlicht in: International Series of Monographs on Che- mical Engineering, Vol. 1 "Chemical Reaction Engineering", Pergamon Press, London 1957, 200 Seiten. Preis f 4,-. l u n g der reagierenden Stoffe im Reaktor. Die nachst kleinere Dimension, die GroBe dispergierter Teilchen bzw. die Ausdehnung unvollstandig durchmischter Bereiche, ist fur den EinfluR n i c h t - u n i f o r m e r K o n z e n - t r a t i o n s v e r t e i l u n g von Bedeutung. Die Dicke von Grenzschichten zwischen heterogenen Phasen sowie die Porositat fester Reaktionsteilnehmer, insbesondere von Katalysatoren, sind schlieBlich fiir die T r a n s p o r t - e r s c h e i n u n g e n bei h e t e r o g e n e n Reaktio- n e n maRgebend. Aus dem Zusammenspiel von mikro- und makrokine- tischen Einflussen lassen sich dann die g u n s ti g s t e n T e m p e ra t u r v e r h a 1 t ni s s e sowie die Bedingun- yen fur die thermische Stabilitat der Reak- t o r e n ableiten. Chemische Reaktionrkinetik - Mikrokinetik Im technischen MaRstab ist die Zahl raumlich und zeit- lich nicht konstanter EinfluBgro8en meistens zu groR, um die Geschwindigkeit der chemischen Reaktion in Abhan- gigkeit von ihren verschiedenen Variablen eindeutig er- mitteln zu konnen. Fur solche Untersuchungen sind ideale Bedingungen erforderlich, wie sie normalerweise nur im Lciboratorium zu erreichen sind. Dabei gilt allgemein, was S. F. Tschuchanow4) kurzlich speziell fur die Bestimmung der Reaktionsfahigkeit von Koks fur metallurgische Pro- zesse schrieb, daR man namlich fur Laboratoriumsunter- suchungen nicht versuchen sollte, so weit wie moglich praktische Betriebsbedingungen nachzuahmen und mog- lichst groBe Versuchsanordnungen zu bauen, weil ,,diese hlethode der Herstellung praktischer Betriebsbedingungen zu fehlerhaften Ergebnissen fuhrt, die weder praktisdhen noch irgendwelchen Wert fur die Aufklarung der Theorie des Prozesses besitzen." Vielmehr mu8 man im Laborato- rium ganz definierte Bedingungen schaffen und unter Ausschaltung der physikalischen Einflusse, insbesondere von Stofftransporthemmungen, die molekularen Um- setzungen des Prozesses untersuchen. Fur die Anwendung auf technische Prozesse genugt es im allgenieinen, die chemische Reaktionsgeschwindigkeit in Abhangigkeit von der Konzentration der Reaktions- teilnehmer und von der Temperatur zu bestimmen. Eine Kenntnis des Reaktionsmechanismus im einzelnen ist nicht unbedingt erforderlicli, jedoch ist sie haufig erwunscht, weil sich daraus Moglichkeiten erkennen lassen, den Re- aktionsahlauf in bestimmter Weise zu beeinflussen und eventuell Neben- und Folgereaktionen auszuschlieBen. Einen Wberblick uber die Bestimmungen der kinetisch wichtigen GroDen und insbesondere uber die Kinetik homogener Reaktionen in der Gasphase sowie photo- chemischer Prozesse gab M. LetorP). Bei technischen Prozessen hat man selten einfache Reaktionen, die in einem Elementarschritt vom Ausgangs- stoff R zum Endprodukt P verlaufen: R --t P. Meistens handelt es sich um komplexe Umsetzungen, wie reversible Reaktionen: R + P, Reaktionsfolgen: R -+ P -+ Q, Parallel- Chemie-1ng.-Techn. 30. Jahrg. 1958 / Nr. 6 385

Chemische Reaktionstechnik. Erstes europäisches Symposium über Chemie-Ingenieurwesen vom 7. bis 9. Mai 1957 in Amsterdam

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Chernische Reaktionstechnik Erstes europaisches Symposium uber Chemie-lngenieurwesen vom 7. bis 9. Mai 1957 in Amsterdam*)

Uericht von Dr. K. HEDDEN,

Iiistitut fi ir Phvsikalische Chemie der Universitat Hamburg

Die chemische Reoktionstechnik (technische Reoktionsfuhrung) hat die technische Beherrschung chemi- scher Umsetzungen zum Ziel und so11 die Grundlagen f u r den Entwurf zweckmaOiger Reaktoren liefern. Die wichtigste Rolle spielen dobei Reoktionskinetik, Stromungserscheinungen sowie Stoff- und Warme- oustausch, die zunachst getrennt voneinander untersucht werden mussen. Jedoch ist die Kenntnis dieser Foktoren f u r sich ollein unzureichend. Der Verlauf chemischer Umsetzungen in technischem MoOstob ItiOt sich erst aus dem Zusammenhong und der Wechselwirkung der verschiedenen Einflusse verstehen. Diese Wechselbeziehungen bildeten das Houptthemo des Symposiums uber chemische Reaktionstechnik.

Fur chemische Umsetzungen im technischen MaRstab sind zur Erzielung optimaler Bedingungen neben der chemischen Kinetik die Mischung der Redktionskom- ponenten, die Art der Stromung, Fragen des Stoff- und Warmetransports sowie der EinfluR der physi- kalischen Struktur der an der Reaktion teilnehmenden Stoffe von entscheidender Bedeutung. Die c h e m i s c h e R e a k t i o n s t e c h n i k behandelt die Wirkung all die- ser EinfluRfaktoren auf den Ablauf des chemischen Pro- zesses und ist somit ein Teil der chemischen Technologie. Sie liefert aber auch die Grundlagen fur die zweck- maSigste Gestaltung der Reaktionsapparate und inter- essiert daher ebenfalls den Verfahrensingenieur und Ap- paratebauer; aus diesem Grunde befaBt sich auch die VDI-Fachgruppe Verfahrenstechnik in ihrem AusschuR ,,Technische Reaktionsfuhrung" mit diesem Gebiet. Wie van Krevelen') in seiner Einfuhrung zu diesem Symposium hervorhob, leitete das steigencle Interesse fur technolo- gische Gesichtspunkte gegen Ende der dreiRiger Jahre den Beginn dieses Fachgebietes ein. Als einer der ersten wies Damkohler?) 1937 auf den groRen EinfluR der Stro- mung und der Gi-enzschichtphanornene auf den Umsatz chemischer Prozesse hin.

Das Ziel dieser Fachrichtung ist die Beherrschung dr r chemischen Umsetzung im technischen MaBstab. Die Grundlagen dafur liefern: 1) Die &emische Reaktionskinetik im engeren Sinne, die sich

mit dem Ahlauf und de r Geschwindigkeit der betreffenden Reaktionen unter ideal vereinfachlen Bedingungen (Labora- toriumsversuch) befaRt.

2) Die Stromungslehre und die tefhnische Thermodynamik, in der die Transporterscheinungen von Impuls, Stoff und Warme hehandelt werden.

Den EinfluR dieser Transportphanomene auf technische Prozesse bezeichnet man nach Frank-K~rnenetskii~) als M a k r o k i n e t i k , um so den Unterschied zur erst- genannten M i k r o k i n e t i k hervorzuheben, bei wel- cher die chemische Kinetik der molekularen Elementar- prozesse behandelt wird.

Fur die m a k r o k i n e t i s c h e n Vorgange kann man im wesentlichen' drei verschiedene Grofienordnungen unterscheiden : a) Die Dimensionen des Reaktionsraumes; b) die GroBe dispergicrter Teilchen (StBube, Tropfen, Gasbia-

sen) sowie nicht gleidim8Rig durchmischter Bezirke in horno- genen Phasen (Schlieren, Wirhel) ;

c) die D i k e hydrodynamis&er Grcnzschichten und die Poren- durcbmesser poroser Feststoffe.

Die GroRe und Form des Reaktionsapparates sowie die Art der ProzeRfuhrung - absatzweise oder kontinuierlich - beeinflussen vor allem die V e r w e i l z e i t v e r t e i -

') Das Symposium iiher Chemische Reaktionstechnik war die 12. Veranstaltung der Europaischen Foderation fur Chemie-In- genieur-Wesen. Die Vortrage und Diskussionshemerkungen sind veroffentlicht in: International Series of Monographs on Che- mical Engineering, Vol. 1 "Chemical Reaction Engineering", Pergamon Press, London 1957, 200 Seiten. Preis f 4,-.

l u n g der reagierenden Stoffe im Reaktor. Die nachst kleinere Dimension, die GroBe dispergierter Teilchen bzw. die Ausdehnung unvollstandig durchmischter Bereiche, ist fur den EinfluR n i c h t - u n i f o r m e r K o n z e n - t r a t i o n s v e r t e i l u n g von Bedeutung. Die Dicke von Grenzschichten zwischen heterogenen Phasen sowie die Porositat fester Reaktionsteilnehmer, insbesondere von Katalysatoren, sind schlieBlich fiir die T r a n s p o r t - e r s c h e i n u n g e n b e i h e t e r o g e n e n R e a k t i o - n e n maRgebend.

Aus dem Zusammenspiel von mikro- und makrokine- tischen Einflussen lassen sich dann die g u n s t i g s t e n T e m p e r a t u r v e r h a 1 t n i s s e sowie die Bedingun- yen fur die t h e r m i s c h e S t a b i l i t a t d e r R e a k - t o r e n ableiten.

Chemische Reaktionrkinetik - Mikrokinetik Im technischen MaRstab ist die Zahl raumlich und zeit-

lich nicht konstanter EinfluBgro8en meistens zu groR, um die Geschwindigkeit der chemischen Reaktion in Abhan- gigkeit von ihren verschiedenen Variablen eindeutig er- mitteln zu konnen. Fur solche Untersuchungen sind ideale Bedingungen erforderlich, wie sie normalerweise nur im Lciboratorium zu erreichen sind. Dabei gilt allgemein, was S. F. Tschuchanow4) kurzlich speziell fur die Bestimmung der Reaktionsfahigkeit von Koks fur metallurgische Pro- zesse schrieb, daR man namlich fur Laboratoriumsunter- suchungen nicht versuchen sollte, so weit wie moglich praktische Betriebsbedingungen nachzuahmen und mog- lichst groBe Versuchsanordnungen zu bauen, weil ,,diese hlethode der Herstellung praktischer Betriebsbedingungen zu fehlerhaften Ergebnissen fuhrt, die weder praktisdhen noch irgendwelchen Wert fur die Aufklarung der Theorie des Prozesses besitzen." Vielmehr mu8 man im Laborato- rium ganz definierte Bedingungen schaffen und unter Ausschaltung der physikalischen Einflusse, insbesondere von Stofftransporthemmungen, die molekularen Um- setzungen des Prozesses untersuchen.

Fur die Anwendung auf technische Prozesse genugt es im allgenieinen, die chemische Reaktionsgeschwindigkeit in Abhangigkeit von der Konzentration der Reaktions- teilnehmer und von der Temperatur zu bestimmen. Eine Kenntnis des Reaktionsmechanismus im einzelnen ist nicht unbedingt erforderlicli, jedoch ist sie haufig erwunscht, weil sich daraus Moglichkeiten erkennen lassen, den Re- aktionsahlauf in bestimmter Weise zu beeinflussen und eventuell Neben- und Folgereaktionen auszuschlieBen. Einen Wberblick uber die Bestimmungen der kinetisch wichtigen GroDen und insbesondere uber die Kinetik homogener Reaktionen in der Gasphase sowie photo- chemischer Prozesse gab M. LetorP).

Bei technischen Prozessen hat man selten einfache Reaktionen, die in einem Elementarschritt vom Ausgangs- stoff R zum Endprodukt P verlaufen: R --t P. Meistens handelt es sich um komplexe Umsetzungen, wie reversible Reaktionen: R + P, Reaktionsfolgen: R -+ P -+ Q, Parallel-

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reaktionen: R- und Kombinationen aus diesen z. B.: [I : R---+P----tQ.

$ 4 X Y

In solchen komplizierten Umsetzungen mussen die Ge- schwindigkeiten aller Reaktionsschritte ermittelt werden, um die technischen Bedingungen fur die giinstigste Aus- beute des gewunschten Produktes berechnen zu konnen. So wurden z. 6. von K. Schoenemann'9, H. Hofmann') und Mitarbb. fur die Furfurol-Synthese aus Xylose-Losung die Reaktionsgeschwindigkeit (und deren Temperaturabhan- gigkeit) der Hauptumsetzung sowie der als Folgereaktio- nen ablaufenden Verharzung und Kondensation des Fur- furols ermittelt. Diese Daten konnten dann auch mit gutem Erfolg fur die Entwidclung eines technisch bedeutsamen Verfahrens genutzt werden.

Bei der Aufklarung der R e a k t i o n s m e c h a n i s - m e n wird der Reaktionsablauf auf eine Reihe elemen- tarer Schritte zurudcgefuhrt. Neben vergleichsweise weni- gen spontan verlaufenden Reaktionen (autokinetisch) gibt es eine groI3e Zahl von Prozessen, die spezielle Reaktions- zentren erfordern (zentrokinetisch). Bei der homogenen Katalyse sind diese Zentren im System gleichmaBig ver- teilt und bestandig, wahrend sie bei der heterogenen Katalyse ebenfalls bestandig sind, aber nur lokalisiert vorkommen. Entstehen die Zentren in Parallelreaktionen, so spricht man von induzierten Reaktionen. Bei den Ket- tenreaktionen werden die Zentren in besonderen Start- reaktionen erzeugt, wirken dann in einer Reaktionskette weiter und verschwinden schlielllich in einer Abbruch- reaktion. Nimmt die Zahl der Zentren wahrend der Reak- tion laufend zu, so ist die Reaktion autokatalytisch. Bei Kettenreaktionen sind hierfur Kettenverzweigungen er- fcrderlich. Bei den meisten Explosionen, die unter Bildung freier Radikale gezundet werden, handelt es sich um solche verzweigten Kettenreaktionen. J e verwickelter der Reaktionsmechanismus ist, desto schwieriger ist es auch, die Reaktionsgeschwindigkeit zu messen und ihre Ab- hangigkeit von der Temperatur und von den Konzentra- tionen der Reaktionsteilnehmer in einer Gleichung dar- zustellen.

Physikalische Einflusse - Makrokinetik KramersH) gab eine Einleitung zu den physikalischen

Grundlagen aus den Gebieten der Stromungslehre sowie der Stoff- und Warmeubertragung, soweit sie fur die tech- nische Reaktionsfuhrung eine Rolle spielen. Speziell be- richtete er uber neuere Messungen der effektiven Diffu- sionskoeffizienten axial und radial zur Stromungsrichtung, uber Untersuchungen des Vermischungsweges bei der Vereinigung mischbarer Flussigkeiten sowie uber Stoff- und Warmeubergangszahlen in Festbett- und Wirbel- schichtreaktoren.

Bei kontinuierlichen Prozessen beeinflufit die Art der Stromung - laminar oder turbulent - im leeren Rohr oder durch Schuttgutschichten die Verweilzeitverteilung der Reaktionsteilnehmer in der Reaktionszone. Ein Ma8 fur die R u c k v e r m i s c h u n g ist der effektive Diffu- sionskoeffizient D , , in Stromungsrichtung (axial). Im Leerrohr sowie in stark randgangigen Schuttgutschichten wird die axiale Diffusion vor allem durch die ungleich- formigen Geschwindigkeitsprofile verursacht. Bei lami- narer Leerrohrstromung steigt D,, proportional i2 * d2 an (L; mittlere Lineargeschwindigkeit; d Rohrdurchmesser) und ist dem molekularen Diffusionskoeffizienten D,, umgekehrt proportional, da die molekulare Diffusion einen Konzentrationsausgleich in radialer Richtung be- wirkt. Bei turbulenter Stromung ist D,, proportional d und auRerdem eine Funktion des Reibungskoeffizienten. In der Diskussion brachte Sjenjtzer einen neuen empiri- schen Zusammenhang dieser Grollen, der von der theore- tisch abgeleiteten Taylor-Gleichung wesentlih abweicht9.

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Abb. 1. Langs- und Querdiffusion in durdxtromten Schiittgut- schi&ten; Peciet-Zahl in Abhangigkeit von der Reynolds-Zahl

Nadi McHenry und Wifheirn'o)

Die La n g s d i f f u s i o n in durchstromten festen Schiittun- gen wird bei Umsatzberechnungen bisher meist vernach- lassigt. Aus theoretischen Uberlegungen (McHenry und i.Vilhelm'o)) ergibt sich fur den effektiven Diffusions- koeffizienten

1 d,, u . -. 4 s = 2 F

(d,, Partikeldurchmesser; u Lineargeschwindigkeit bezogen auf Leerrohr; E relatives Zwischenkornvolumen); er ist urn einen Faktor 5 bis 10 groBer als der Querdiffusions- koeffizient D,, (radial zur Stromung), Fur randgangige Schuttungen, bei denen d,, nicht klein gegen den Schicht- durchmesser d ist, nimmt D,, noch grollere Werte an. Ex- perimentelle Ergebnisse verschiedener Autoren, die diese \'orstellungen weitgehend bestatigen, zeigt Abb. 1. Aus der Abhangigkeit der Peclet-Zahl von der Reynolds-Zahl fur Messungen der reinen molekularen Diffusion, der Querdiffusion sowie der Langsdiffusion lassen sich die entsprechenden Diffusionskoeffizienten leicht entnehmen.

Infolge der verhaltnismanig groRen Langsdiffusion kann man, wie KramersHj zeigte, fur das Verweilzeitver- halten des stromenden Mediums in einer Schuttgutschicht nur dann pfropfenartige Stromung (piston flow) voraus- setzen, wenn die Reaktionszone mindestens einige hundert Partikeldurchmesser lang ist. Fur schnelle Reaktionen, wie z. B. die Kohlenverbrennung oder die katalytische Ammo- niak-Oxydation, bei denen die Reaktionszone nur kurz ist, darf die Langsdiffusion nicht vernachlassigt werden.

Bei scbnell verlaufenden Reaktionen gasformig- bzw. fiussig-fest wird der Umsatz durch die Geschwindigkeit des S t o f f a u s t a u s c h e s zwischen der Stromung und der Oberflache des festen Gutes bestimmt. Fur die Stoff- iibergangszahl a [ c d s ] (definiert durch die Gleichung: Pro Zeit- und Oberflacheneinheit ausgetauschte Stoff- inenge = CT / Ic; / I c Differenz der Konzentrationen im Stromungskern und an der Feststoffoberflache) in Schutt- gc tschichten aus kugelformigem Material gab Gamsod6) die dimensionslose Beziehung:

S h = 1,46 P (1 -- E ) ~ ? . Re'*.jg . Sc'I3 fur Re' > 100;

darin sind die fur den Stofftransport charakteristische Sherwood-Zahl

a d, E Sh' = _ _ _ ~ 4, (1 - 4

und die Reynolds-Zahl

auf den hydraulischen Durchmesser bezogen; Sc = vID, ist die Schmidt-Zahl (Y kinematische Zahigkeit).

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Neuere Stoffubergangsmessungen von Thoenes'a) an Systemen fest-gas und fest-flussig zeigten, daR sich die im Bereich 10 < Re' < lo4 sowie fur 1,2 < Sc < 2,8 (Gase) und Sc = 1000 (wasserige Losung) gefnntlenen Werte nicht mehr exakt durch die einfache Beziehung

wiedergeben lassen. Nach Vorstellungen von Kramers und Thoenes setzt sich die Stoffubergangszahl aus drei von der Reynolds-Zahl verschieden stark abhangigen An- teilen zusammen: a) In der Nahe von Beruhrungsstellen der Kugeln staut sich die

Stromung, und der Stoff wird iiberwiegend durch molekulare Diffusion ausgetauscht.

b) An Stellen, wo die Ohernache an sich verengende Durcb briiche grenzt, ahnelt der Austauschmechanismus der nicht- stationaren Diffusion in laminarer Stromung.

c) In der Nahe sich erweiternder Stromungswecle diirfte man es mit einem turbulenten Austauschmechanismus zu tun haben. Diese Annahnien fuhren zu einer Gleihung der Form:

Im Bereich 0,35 < E < 0'4 (Kugelschuttungen) lieRen sich die von Thoenes gemessenen Werte sehr gut darstellen mit den Werten: A 1 0,8. Re'O.2;

Beim Austausch flussig-fest kann man das erste Glied ver- nachlassigen.

Bei heterogenen, katalytischen Umsetzungen, die mit groner Reaktionsenthalpie ablaufen, muf3 die Reaktions- temperatur in einem Festbettreaktor oft in engen Grenzen konstant gehalten werden. In Wirbelschichten ist diese Forderung infolge des guten Temperaturausgleichs sowie der groRen Warmeiibergangszahlen besonders leicht zu erfullen. In Rohrreaktoren, die mit festen Katalysator- schuttungen gefullt sind, muR die Reaktionswarme durch die Rohrwand ab- bzw. zugefuhrt werden. Fur den W a r m e t r a n s p o r t zwischen dem Rohrinnern und der Wand unterscheidet man dabei im allg. zwei Anteile: Innerhalb der Schicht eine Warmeleitung radial zur Stro- mung und in Wandnlhe einen Warmeubergangjmecha- nismus. Die effektive Warmeleitfahigkeit in der Schuttung ist wie die radiale Diffusion dem Korndurchmesser und der Stromungsgeschwindigkeit proportional. Fur die Tem- peraturverteilung in der Schicht spielt sie jedoch nur eine Rolle, wenn das Durchmesserverhaltnis d,Jd > 0,2 ist. Fur kleinere Verhaltnisse von d,,/d wird der Warmetransport allein durch den Warmeubergang direkt an der Rohrwand bestimmt.

Sckmit Jongbloed untersuchte 1955 in Delft den Warme- ubergang zwischen dampfbeheizten Rohren (d = 5 bis 10 cm) und luftdurchstromten Schuttungen aus unregelmaRig geformten Messing-Kugeln (d,] = 8 bis 18 mm): Fur 0,08 < d,/d < 0,2 lieBen sich die gemessenen Warme- ubergangszahlen a,%, im Bereich l o 3 < Re < lo4 dimen- sionslos darstellen durch:

Nu = 0,91 . (Re/E)n.6, worin Nu = a, dJ2. die NuRelt-Zahl bedeutet und Re = d, uiv ist. Mit steigendem Durchmesserverhaltnis d,,/d nimmt die Warmeiibergangszahl im Bereich der oben an- gegebenen Reynolds-Zahlen geringfugig ab. Eine starkere Abnahme findet man fur d,,/d > 0,2 in Ubereinstimmung rnit Messungen von Levai7) im Bereich 0,35 < d,/d < 0,6. Mit steigendem d,Jd-Verhaltnis nimmt die Stromung in Wandnahe immer mehr die Form der Leerrohrstromung an, SO daR auch die Warmeiibergangszahlen schlieRlich in die fur das Leerrohr geltenden Werte ubergehen.

Verweilzeitspektrum und Umsatz homogener Reaktionen

Der chemische Umsatz wird bestimmt durch die Reak- tionsgeschwindigkeit und die Aufenthaltsdauer der rea- gierenden Komponenten im ReaktionsgefaR. Bei d i s - k o n t i n u i e r 1 i c h e n Prozessen, z. B. bei der Um-

Sh' C . Re'"' . Sc'.'

Sh' = A $- B . Re":S. Sc'!a + C . Re'O.8. Sc0.4 ,

B = 1,26; C -= 0,054 .

setzung in einem absatzweise betriebenen Ruhrkessel, ist der EinfluR dieser Faktoren auf den Umsatz gut zu uber- sehen, da die Verweilzeit der Charge einheitlich ist. Bei k o n t i n u i e r I i c h e n Verfahren kann dagegen die Verweilzeit einzelner Anteile des zuflieRenden Reaktions- gutes infolge der Durchmischung erheblich von der mitt- leren Aufenthaltsdauer z im ReaktionsgefaR abweichen. Dadurch wird der Umsatzgrad im allgemeinen verschlech- tert, auch konnen unerwunschte Folgereaktionen starker ins Gewicht fallen.

Die V e r w e i l z e i t v e r t e i l u n g hangt von der Durchmischung und dainit von der Form des Reaktors ab. Als theoretische Grenzfalle ergeben sich: Das ohne Langs- durchmischung durchstromte Rohr mit einheitlicher Auf- enthaltsdauer und der ideal durchmischte Ruhrkessel mit breiter Verweilzeitverteilung. Die Verweilzeitspektren verschiedener Apparatetypen, wie DurchfluRkessel, Riihr- kessel-Kaskade, turbulent bzw. laminar durchstromtes Rohr und Schnecke wurden in den letzten Jahren von mehreren AutorenI8) his *9 zusammengestellt - in Deutsch- land insbesondere von SchoenernannlRl.

Wie Krarners*), DanckwertsZ3) und in der Diskussion Horn zeigten, laRt sich der Umsatzgrad einer mit bekann- ter Reaktionsgeschwindigkeit ablaufenden Umsetzung nur dann eindeutig fur eine gegebene Verteilung der Ver- weilzeiten berechnen, wenn die Reaktion nach 1. Ordnung verlauft. Fur eine Reaktion 2. Ordnung demonstrierte KrarnersY), daR fur ein vorgegebenes Verweilzeitspektrum F ( t ) , dargestellt in Abb. 2, der Umsatz noch von der appa- rativen Anordnung abhangt. (F ( t ) bedeutet den Anteil einer bei t = 0 dem Reaktor zugefuhrten Substanzmenge,

' I

0 2 4 6 8 10 IBVXZI t /TI

Abb. 2. Verweilzeitverteilung in einer Kaskade aus Stromungs- rohr und idealem Ruhrkessel

Na& Kramers8) c , , , c Konzentrationen der reagierenden Substanz vor bzw.

hinter dem Reaktor

die nach der Zeit t den Reaktor wieder verlassen hat). Das in Abb. 2 angegebene Verweilzeitspektrum gilt fur die Hintereinanderschaltung von Rohrreaktor (Verweilzeit t,) und Ruhrkessel (mittlere Verweilzeit z2) unabhangig davon, ob das Rohr vor den Kessel geschaltet ist (Fall a) oder dahinter (Fall b) . Fur den Umsatzgrad f = (c,-c)/c, ergibt sich unter bestimmten Voraussetzungen (k zl co = 1; z J t , = 4) fur Fall a: f = 0,750 und fur Fall b: f = 0,719. Allgemein kann man sagen, daR es fur Reaktionsordnun- gen > 1 gunstiger ist, das Rohr vor den Kessel zu schal- ten (Fall a), wahrend bei Ordnungen < 1, wie Danckwerts ausfdhrte, der umgekehrte Fall b gunstiger ist. Die in Abb. 2 angegebene Verweilzeitverteilung gilt auch fur eine groRe Zahl paralleler Strome, die sich gegenseitig nicht vermischen (vollstandige Segregation); dF ( t ) ist dann der Bruchteil dieser Strome, der unter Annahme idealer Rohr- stromung eine Verweilzeit zwiscben t und ( f + dt) hat.

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Die mittlere Austrittskonzentrdtion c :- c, ergibt sich fur diesen Fall c) zu:

1

0 C, = 1 c ( t ) . dF ( t )

Fur eine Reaktion 2. Ordnung ergibt sich hieraus eine Ausbeute f = 0,771, so daR dieser Fall c) gunstiger ist ats die zuvor behandelten Fdlle a) und b).

Auf der Voraussetzung v o 11 s t a n d i g e r S e g r e - g a t i o n basiert auch das von Schoeitemannin) an- gegebene graphische Verfahren zur Bestimmung der Austrittskonzentration c,. Fur dieses einfach durch- zufuhrende Verfahren muR das Verweilzeitspektrum und der zeitliche Konzentrationsverlauf c ( t ) im dis- kontinuierlichen Versuch bekannt sein. Da s i h bei dieser Methode, wie vorhergehend gezeigt, fur Reak- tionsordnungen > 1 im allgemeinen z u hohe Aus- beuten und bei Ordnungen < 1 zu geringe Ausbeuten er- gcben, ist eine Abschatzung der zu erwartenderi Abwei- chungen interessant, die von Horn fur Kaskaden aus n gleich groRen idealen Riihrkesseln durchgefuhrt wurde. Hierfur 1aRt sich die tatsachliche Austrittskonzentration c exakt berechnen und mit c, (fiir vollstandige Segregation)

Abb. 3. Abweichungen zwischen c,/c, (Ablauf-iEinlaufkonzen- tration bei vollstandiger Segregation) und c/c,, (tatsamliches Konzentrationsverhaltnis) fur Reaktionen nullter. '/zter, erster

und zweiter Ordnung Nach F . Horn

Abb. 3a. Fur einen idealen Riihrkessel

Abb. 3b. Fur eine Kaskade aus 4 gleich grol3en Ruhrkesseln

vergleichen. In Abb. 3 ist fur einen Kessel bzw. eine Kas- kade aus 4 Kesseln c,/c, gegen cfc, aufgetragen. Wie man sieht, sind die Abweichungen fur Reaktionen rnit einer Ordnung zwischen 112 und 2 nicht sehr gro8, so daR man jn vielen Fallen den Umsatz mit einer fur die Praxis aus- reichenden Genauigkeit allein aus dem Verweilzeitspek- trum abschatzen kann.

Nicht-uniforme Konzentrationsverteilungen

Im vorhergehenden ist der Begriff der S e g I e g a t i o n benutzt worden, den D a n ~ k w e r f s ' ~ ) in seinem Beitrag uber den EinfluR der unvollstandigen Mischung auf homogene Reaktionen durchDefinition einessegregationsgrades quan- titativ erfaRte. Fuhrt man einem Ruhrkessel kontinuier- lich zwei Strome mischbarer Reaktionspartner zu, die im Reaktor eine mittlere Aufenthaltszeit 7 haben, so sind die einzelnen Elementarbereiche dieser Strome nach einer Zeit, die klein gegen die Verweilzeit ist, gleichmafiig im Reaktor verteilt. Obwohl das Verweilzeitspektrum danii

eindeutig festliegt (der Anteil .e-'"' dt hat eine Aufent-

haltsdauer zwischen t und t 4- dt), so hangt der Umsatz davon ab, ob die einzelnen kleinen Elemente durch scharfe

1

Grenzflachen vollstandig getrennt bleiben (Segregations- grad l), oder ob die Segregation infolge Diffusion der Re- aktionsteilnehmer zwischen den Elementarbereichen her- ahgesetzt wird (Segregationsgrad < 1). Wahrend der Um- satz im ersten Fall nur in den Grenzflachen stattfinden konn und daher sehr klein ist, steigt er beim Ausgleich durch Diffusion zwischen den einzelnen Bereichen an, da die Reaktion dann auch im Innern der Elemente ablauft.

Nach einer Abschatzung von Wicke betragt die Zeit fiir den Diffusionsausgleich zwischen den einzelnen Ele- rnenten 0,015 r*/D,, ( r Radius eines Elementarbereiches, D,,, molekularer Diffusionskoeffizient); fur Umsetzungen in flussiger Phase und Radien r von der GroRenordnung 1 mm ergehen sich fur den molekularen Ausgleich Zeiten von etwa 10 s. Da die mittlere Verweilzeit bei langsam verlaufenden (organischen) Ruhrkesselreaktionen nor- inalerweise wesentlich groRer als 10 s ist, wird die Segre- gation hier durch die molekulare Diffusion vollig aufge- hohen (Segregationsgrad 0, d. h. vollstandige Vermi- schung). - Bei schnell verlaufenden Umsetzungen, wie Fallungs- und Flammenreaktionen, bleibt die Segregation dagegen wahrend der Reaktionsdauer teilweise erhalten und beeinflufit den Reaktionsablauf. Die Ausbeute an in- stabilen Zwischenprodukten heiRer, noch reaktionsfahiger Gase beim Abschrecken mit kaltem Gas hangt z. B. davon ilb, wie schnell die Segregation aufgeboben, das heifit vollstandige Mischung bzw. vollstandiger Temperaturaus- gleich erreicht wird.

Fur eine binare Mischung aus den Komponenten A nnd €3 1aRt sich der Segregationsgrad einfach definieren: 1st a der mittlere Volumenanteil von A, und (1-4 der von B , und sind ferner a hzw. (1-a) die momentanen Volu- menanteile an einem vorgegebenen Punkt, so ist die mittlere quadratische Abweichung gegehen durch (&--a)2, wobei sowohl iiber den Raum als auch uber die Zeit ge- mittelt werden kann. Der Segregationsgrad I wird dann definiert durch

-

I = (CI- a)2/. (1 -a) . Er hat Werte zwischen 0 und 1.

Hawthorne, Weddell und H 0 f l e 1 ~ ~ ) untersuchten die Segregation am Rande einer turbulent brennenden Ffamme; sie saugten dazu eine Gasprobe mit Hilfe einer gekuhlten Sonde kontinuierlih ab (zeitliche Mittelwert- bildung). Aus den Anteilen an unverbranntem Brennstoff, Verbrennungsluft und Verbrennungsprodukten kann man den Segregationsgrad ermitteln.

Der EinfluR ungleichformiger Konzentrationsverteilun- gen tritt besonders bei h e t e r o g e n e n U m s e t z u n - g e n i n m e h r p h a s i g e i i S y s t e m e n hervor. Rie- t e m a*,+) behandelte in seinem Vortrag Reaktionen zwi- schen einer Flussigkeit und einer darin dispergierten zweiten festen oder flussigen Phase, wobei e r sich auf Falle beschrankte, bei denen die Verweilzeiten der disper- sen und kontinuierlichen Phase nahezu ubereinstimmen. Hierunter fallen in Ruhrkesseln durchgefuhrte Flussig-flus- sig-Reaktionen, bei denen die Dispersion durch Turbulenz i n Gang gehalten wird, sowie Fest-flussig-Reaktionen, bei denen der disperse Feststoff mit der Flussigkeit zu- und abgefuhrt wird. Nicht berudrsichtigt werden dagegen Re- aktionen flussig-gasformig, fur die die Verweilzeit der dispergierten Gasphase wesentlich kurzer als die der flussigen Phase ist, sowie in fester oder aufgewirbelter Schicht durchgefuhrte Umsetzungen zwischen fester und flussiger Phase, wo der Feststoff die groRere Verweil- zeit hat.

Fur k o n t i n u i e r 1 i c h durchgefuhrte Ruhrkessel- reaktionen zwischen einer Flussigkeit und einem d i s - p e r s darin verteilten F e s t s t o f f ist die flussige Phase vollig vermischt (Segregationsgrad 0) und die Konzentra- tion der in der flussigen Phase enthaltenen Reaktions- komponente B uherall gleich und zeitlich konstant. Die

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disperse feste Phase befindet sich dagegen im Zustand vollstandiger Segregation, d. h. die Konzentration des im festen Material enthaltenen Reaktionsteilnehmers A unterscheidet sich von Teilchen zu Teilchen je nach der Verweilzeit der einzelnen Partikel. Bei absatzweisen Ver- suchen nehmen dagegen die Konzentrationen von A und B beide mit der Zeit ah, und da alIe festenpartikelngleiche Verweilzeit haben, hesteht zwischen ihnen kein Konzen- trationsunterschied. RiefenxP) hat nun ein graphisches Verfahren entwickelt, urn aus absatzweisen Experimenten auf den Umsatz bei kontinuierlicher Fahrweise zu schlie- Ben. Dabei wird vorausgesetzt, daR

a) die dispersen Teilchen vollstandig voneinander unab- hiingig sind und kein Austausch zwischen ihnen statt- findet,

h) die Reaktion innerhalb der dispers verteilten Teilchen oder in der sie umgebenden Grenzschicht stattfindet, und

c) der Dispersionsgrad fur den absatzweisen und konti- nuierlichen Betrieb gleich ist.

Diese Methode eignet sich besonders zur Behandlung von in Ruhrkesseln durchgefuhrten Ionenaustauscher- Reaktionen, Reaktionen von Flussigkeiten an dispers dar- in enthaltenen Katalysatoren, deren Aktivitat laufend ab- nimmt, sowie von Fest-flussig-Reaktionen, bei denen der Stofftransport durch die hydrodynamische Grenzschicht geschwindigkeitsbestimmend ist, z. B. fur die chemische Auflosung von Metallen.

Bei F1 ii s s i g - f 1 u s s i g - R e a k t i o n e n treten in- folge der Wechselwirkung zwischen den dispergiertenTei1- chen Komplikationen auf. Wenn sich die Tropfen fort- wahrend vereinigen und wieder spalten, kann die Segre- gation vollig aufgehohen werden, so daR sich auch die Konzentration der Komponente A in der dispersen Phase vollstandig ausgleicbt. Betrachtet man die Grenzfalle voll- sfandiger Segregation bzw. Mischung der Tropfen fur eine so schnelie Reaktion, daR der Stoffubergang der Kompo- nente B aus der kontinuierlichen Phase in die disperse Phase den Gesamtumsatz bestimmt (die Reaktion verlauft dann nach nullter Ordnung beziiglich der Komponente A), so kann man die Verweilzeiten zs und z~ fur Segregation bzw. Mischung beredhnen, die erforderlich sind, urn einen bestimmten Umsatzgrad i.1 zu erreichen. Das Ergebnis ist in Abb. 4 dargestellt. Wie man sieht, betragt die erforder- liche Verweilzeit fur 80proz. Umsatz bei vollstandiger Durchmischung der dispersen Phase nur etwa 113 der Ver- weilzeit im Fall von Segregation der Tropfen. Durch ge- eignete MaRnahmen zur Forderung der Wechselwirkung zwischen den Teilchen der dispersen Phase lafit sich also das erforderliche Reaktorvolumen betrachtlich herabsetzen.

0 b e r f 1 a c h e n a k t i v e Z u s a t z e fordern nor- malerweise die Segregation und setzen den Stoffaustausch herab, wodurch groRere Verweilzeiten erforderlich wer-, den. Andererseits stabilisieren solche Zusatze die disperse

Abb. 4. Verweilzeitverhaltnis zS/zI als Funktion des Umsatz- grades fA fur eine Reaktion nullter Ordnung beziiglich des in

der dispersen Phase enthaltenen Reaktanden A (vgl. Text) Nacb Rieterna 2 5 )

Phase und ermoglichen eine feinere Zerteilung (hoherer Dispersionsgrad), so da8 der Gesamteffekt schwer zu ubersehen ist.

Hofmann7) behandelte in seinem Vortrag Umsetzungen, bei denen die Reaktionsteilnehmer nur teilweise inein- ander loslich sind, wie z. B. bei Nitrierungen, so daR sich der Umsatz auf zwei Phasen verteilt. Die Umsetzungsge- schwindigkeit wird dann von der Loslichkeit und Losungs- geschwindigkeit in der reagierenden Phase mitbestimmt; die Bildung groRer Grenzflachen durch intensives Ver- mischen der Phasen beschleunigt die Einstellung des Phasengleichgewichts und somit den Umsatz.

Die Verteilung der Reaktionsteilnehmer zwischen zwei Phasen kann man bei Umsetzungen, die von unerwiinscb- ten F o l g e r e a k t i o n e n begleitet werden, auch zur Steigerung der Ausbeute ausnutzen, indem das Hauptpro- dukt noch wahrend der Reaktion durch Extraktion (bzw. Destillation oder Kristallisation) in eine zweite Phase ubergefuhrt wird, in welcher die Folgereaktion nicht ab- laufen kann. Diese interessante Verfahrensweise wurde eingehend behandelt fur eine Modellreaktion vom Typ

k, k', B-+C-P,

wobei die Verhaltnisse im Ruhrkessel, in der Kaskade und im Stromungsrohr sowohl fur Gleichstrom als auch fur Gegenstrom von Reaktions- und Extraktionsflussigkeit untersucht wurden. Das Ausgangsmaterial B soll sich da- bei in der reagierenden Phase (R-Phase) nach einer Reak- tion 1. Ordnung zu dem gewiinschten Hauptprodukt um- setzen, das dann ebenfalls nach einer Reaktion 1. Ordnung in das unerwunschte Folgeprodukt P ubergeht. Wahrend der Reaktion soll nun nach den Vorschlagen von Hof- mann7) mit der R-Phase eine Losungsmittelphase {L-Phase) in Kontakt stehen, die ein selektives Losungsvermogen fur das Hauptprodukt C hat, in der B und P also unloslich sind. In dieser L-Phase soll weder die Hauptreaktion noch die Folgereaktion ablaufen konnen, z. B. weil dort die als Katalysatoren notwendigen Wasserstoff-Ionen fehlen. Bei der Berechnung der Ausbeute fC an Hauptprodukt fur ver- schiedene Verweilzeiten z wird vorausgesetzt, daR das Verteilungsgleichgewicht

cc (L-Phase) = K c * cc (R-Phase) stets eingestellt ist. Fur ein Durchsatz- bzw. Volumenver- haltnis der beiden Phasen VLIV, gibt dann der Vertei- lungswert W (nach Schoenemann)

das Verhlltnis der Gesamtmenge des in beiden Phasen enthaltenen Produkts C zu der in der Reaktionsphase ent- haltenen Menge dieser Substanz an.

Wc 1 + Rc VLfV,

\

lBsJm Verwedzeeit

Abb. 5. Ausbeute fC an Hauptprodukt C in Ruhrkessel und Stromungsrohr bei verscbiedenen Verteilungswerten WC fur die

Modellreaktion B --.f C -----f P Narh Hofrnann7)

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In Abb. 5 ist fur ein Gleichstromverfahren die rnit be- stimmten Werten von k , und k', berechnete Ausbeute f, gegen z fur Wc = 1 (Reaktion ohne Extraktion) und W, = 10 aufgetragen. Wie man sieht, la5t sich die Aus- beute durch Extraktion wahrend der Reaktion betrachtlich steigern. Die Ausbeutekurve durchlauft f u r beide Reak- tortypen ein Maximum; mit steigenden Werten von W, verschiebt sich das Optimum zu hoheren Verweilzeiten hin. Die absolut hochste Ausbeute ist bei diesem Reak- tionstyp im Stromungsrohr zu erreichen. Sind aber hohere Verweilzeiten erforderlich, z. B. weil das Ausgangsmate- rial aus irgendwelchen Grunden weitgehend umgesetzt werden muR, so liefert der Ruhrkessel, wie aus Abb. 5 ersichtlich, bessere Ausbeuten. Beim Vergleich von Gleich- und Gegenstromverfahren ist interessant, daB bei kleinen Verteilungswerten W, die optimdlen Ausbeuten beim Gleichstromverfahren hoher liegen, wahrend bei hoheren Wc-Werten das Gegenstromverfahren vorzu- ziehen ist. Die Richtigkeit der abgeleiteten' Formeln konnte an einem praktischen Beispiel, der Herstellung von Furfurol aus wasseriger HC1-haltiger Xylose-Losung bei gleichzeitiger Extraktion mit p - Xylol uberpruft werden.

Transporterscheinungen in heterogenen Reaktionen Da bei technischen Umsetzungen die Umsatzgeschwin-

digkeit moglichst hoch gewahlt wird, ist die chemische Reaktionsgeschwindigkeit meist so grofi, daR bereits S t o f f t r a n s p o r t h e m m u n g e n auftreten. DieVor- trage von Wickez6) und OeleZi) befaRten sich mit Reak- tionen gasformig-fest, wahrend van de Vusse2", Nysing2*) und Schnur30) uber Reaktionen zwischen Flussigkeiten und damit in Kontakt stehenden Gasen (Gasabsorption) be- richteten. Bei all diesen IJmsetzungen bildete der Stoff- ubergang von der einen zu der anderen Phase einen nicht zu vernachlassigenden bzw. sogar den allein umsatz- bestimmenden Reaktionswiderstand.

Bei Reaktionen zwischen Gasen und porosen Fest- stoffen in DurchfluRreaktoren diffundieren die gasformi- gen Reaktionspartner aus dem Stromungskern an die auDere Oberflache der festen Substanz und von dort durch die Poren zur inneren Oberflache, dem Reaktions- ort. Den EinfluR der P o r e n d i f f u s i o n auf die Um- satzgeschwindigkeit behandelte WickeZ6) an Hand von Beispielen aus den Gebieten der heterogenen Katalyse sowie der Verbrennung und Vergasung von Kohlenstoff, vgl. auch3') und 3R).

Bei hohen Temperaturen und somit groBer chemischer Reaktionsgeschwindigkeit spielt sich die Reaktion nur no& an bzw. in der auReren Feststoffoberflache ab, und der Umsatz wird bei pordsen, genau wie bei unporosen, festen Reaktionsteilnehmern allein durch den Stofftrans- port (molekulare Diffusion) durch die laminare G a s - g r e n z s c h i c h t bestimmt. In diesem Fall laRt sich aus den Stoffubergangszahlen die von Wagner 32) eingefuhrte A b k 1 i n g 1 a n g e :I berechnen, die angibt, welche Reaktorlange fbr einen Umsatz des gasformigen, stromen- den Reaktionspartners bis auf den Bruchteil lie seines Anfangswertes erforderlich ist; die Abklinglange ist so- rnit identisch mit dem Begriff der .Lange einer Ubertra- gungseinheit". Fur Wandreaktionen im leeren Rohr (Durchmesser d) berechnete Wicke 26) die relative Ab- klinglange zu:

(A/d)lam x O,O?. Re (dld),,,b N 11 * Re0?

fur laminare Stromung; fur turbulente Stromung.

Beim Ubergang von laminarer zu turbulenter Stromung wird die Abklinglange um den Faktor 2 bis 3 kurzer; sie betragt bei einer Reynolds-Zahl von Re = 5000 (turbu- lente Stromung) etwa 60 Rohrdurchmesser.

Die Stoffubergangszahlen fur durchstromte Schuttgut- schichten sind weiter oben besprochen und durch die Sherwood-Zahl dimensionslos dargestellt worden. Fur gasdurchstromte, feste S c h u t t u n g e n gilt im Bereich

I 5 i

Abb. 6. Relative Abklinglange .l/dp bei heterogenen Reaktionen in Schiittgutschichten (Gasgrenzschicht-Diffusion geschwindig-

keitsbestimmend) als Funktion der Reynolds-Zahl Nach IVicke2fi)

d, Partikeldurchmesser

20 < Re < 4000 angenahert die einfache Interpolations- formel: Sh = a d,/D, = d,/6 = 1,50 . Reo:";

8 bedeutet darin die Dicke der Gasgrenzschicht. Als rela- tive Abklinglange A l d , ergibt sich daraus die in Abb. 6 dargestellte Kurve. Bei einer Reynolds-Zahl von Re = 200 ist die Abklinglange 2 Korndurchmesser lang, und auf einer Lange von 4 bis 5 Korndurchmessern wird dasGas fast vollstandig umgesetzt, vgl. auch 35).

Ein Beispiel fur eine besonders schnelle katalytische Umsetzung ist die von OeJe 27) behandelte A m m o n i a k- O x y d a t i o n an Platin - Netzen (Drahtdurchmesser 0,06 mm; 1024 Maschen/cmZ). In diesem Fall gilt fur den Stoff- und Warmeubergang angenahert:

Sh zs Nu = 0,9 . Re'is. Damit folgt, dal3 in einem Reaktor mit drei di&t iiberein- ander liegenden Netzen 50 kg Luft/Ammoniak-Gemisch (11,2O/o NH,) pro Sekunde und m* Reaktorquerschnitt zu 98O/o umgesetzt werden konnen. Bei dieser kurzen Reak- tionszone (etwa 0,2 mm) beeinflufit die Langsdiffusion den Umsatz schon wesentlich; die Verweilzeit ist von der Groknordnung 10- s.

Abb. 7. EinfluB der Riihrgeschwindigkeit auf die Oxydations- geschwindigkeit von Butylmercaptan

Nach van de VusseZ8) Gestrichelte Kurve: Stofftransport ist allein geschwindigkeits-

beslimmend

Van de Vusse 28) untersuchte die 0 x y d a t i o n v o n M e r c a p t a n e n (in 10proz. wasseriger NaOH-Losung) in einem Ruhrkessel, der mit Luft bei 20 "C begast wurde. Um die chemische Kinetik fur sich allein studieren zu konnen, schaltete er die Hemmung des Sauerstoff-Trans- ports durch hohe Ruhrgeschwindigkeiten aus. Wie aus Abb. 7 ersichtlich, nahm die Oxydationsgeschwindigkeit bei Riihrerdrehzahlen uber 600 U/min nicht mehr zu. In diesem Bereich konnte festgestellt werden, daD bei hohen Mercaptan-Konzentrationen die Reaktionsgeschwindig-

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keit von ihr unabhangig und der Sauerstoff-Konzentration etwa proportional war; bei niedrigen Mercaptan-Konzen- trationen waren die Verhaltnisse umgekehrt. Im allge- meinen wird der Umsatz sowohl vom Sauerstoff-Trans- port als auch von der eigentlichen chemischen Reaktion abhangen. Die in Abb. 7 gestrichelt eingetragene Kurve ist zu erwarten, wenn der Stofftransport allein geschwin- digkeitsbestimmend ist; sie wurde nach Daten von Cooper u. a.34) berechnet, die in ahnlicher Weise die sehr schneil verlaufende Oxydation von Na,SO, zu Na,SO, untersucht haben.

Die effektive Reaktionsgeschwindigkeit wurde mit den Ansatzen der F i 1 m - T h e o r i e berechnet, wobei nur der Filmwiderstand in der fliissigen Phase beriicksich- tigt zu werden brauchte. Da genau wie bei der Porendif- fusion langs des Sauerstoff-Konzentrationsgefalles eine Reaktion stattfindet, ergeben sich in beiden Fallen die gleichen Formeln. Mit Hilfe der abgeleiteten Beziehungen lassen sich die giinstigsten Bedingungen fur die bfercap- tan-Oxydation ermitteln, z. B. die optimale GroRe eines Reaktors, bei der die fur die Riihrung benotigte Energie minimal ist.

Die von Schnur 30) in einem Laboratoriums-Dhnnschicht- absorber, in einer mit Raschig-Ringen gepackten halb- technischen Apparatur und in einer groBtechnischen Pro- duktionsanlage gemessene A b s o r p t i o n n i t r o s e r G a s e in herabrieselnder Salpetersaure wurde ebenfalls nach der Zweifilm-Theorie ausgewertet. Dabei zeigte sich in Ubereinstimmung mit fruheren Beobachtungen von Chambers und Sherwood 35), daR hier der Diffusions- widerstand auf der Gasseite sehr viel groRer ist als auf der Flussigkeitsseite, so daR letzterer vernachlassigt wer- den kann. Aus den Ergebnissen wird gefolgert, daR die eigentliche Umsetzung der nitrosen Gase mit Wasser- dampf in der Gasphase, bevorzugt in unmittelbarer Nahe der Phasengrenzflache, stattfindet. Die nitrosen Gase dif- fundieren also durch den hydrodynamischen Grenzfilm, reagieren dann mit dem Wasserdampf, und die gebildete Salpetersaure wird danach von der Flussigkeit aufge- nommen.

Nysing 29) untersuchte in einer Kolonne mit fallendem Flussigkeitsfilm die C 0, - A b s o r p t i o n in Na,CO,/ NaHC0,- und K,CO,/KHCO,-Losungen. Die physikali- schen und chemischen Bedingungen wurden so gewahlt, daR die Gultigkeit der P e n e t r a t i o n s t h e o r i e ge- wahrleistet war; das heiRt, daR die Eindringtiefe des zu absorbierenden Gases wahrend der Kontaktzeit (das ist die Fallzeit des Films) klein gegen die Filmdicke bleibt. Die Penetration (Diffusion in einem quasi unendlichen Medium) wird dabei von einer nicht umkehrbaren chemi- schen Reaktion 1. Ordnung begleitet, in der sich das CO, mit OH- (dessen Konzentration sich praktisch nicht an- dert) zu HCO; umsetzt. Durch Vergleich von Versuchs- ergebnissen und theoretischen Beziehungen konnte die physikalische Loslichkeit von CO, in der Ahsorptions- flussigkeit sowie die Reaktionsgeschwindigkeit ermittelt werden.

Optimale Tmnperaturverhaltnisse Denl~ igh~~) befaate sich in seinem Beitrag mit den

Wechselwirkungen zwischen Temperaturverlauf und Wir- kungsgrad von Reaktoren. Die Vorteile, die sich aus einer optimalen Temperaturverteilung ergeben, betreffen zwei deutlich getrennte Probleme: a) Die Erhohung der L e i s t u n g eines Reaktors, d. h.

seiner Erzeugung an Reaktionsprodukt pro Zeit- und Volumeneinheit, und

b) die Verbesserung der A u s b e u t e einer Reaktion, d. h. zusatzliche Gewinnung von gewunschtem Pro- dukt durch Unterdriickung von Nebenreaktionen. Gut bekannte Beispiele fur die Erhohung der L e i -

s t u n g durch ein optimales Temperaturprofil sind die Ammoniak-Synthese, die Oxydation von SO, und die

Wassergasreaktion (Konvertierung von CO rnit H,O zu H, und CO,). Bei diesen heterogen-katalytischen Umset- zungen handelt es sich um r e v e r s i b l e e x o t h e r m e Reaktionen, bei denen eine Temperaturerhohung das Gleichgewicht in ungiinstiger Richtung verschiebt. Da andererseits die Umsatzgeschwindigkeit mit steigender Temperatur groRer wird, wirken die thermodynamischen und kinetischen Faktoren in gewisser Weise gegenein- ander. Es ist daher zweckmaRig, die Temperatur langs des Reaktors in Stromungsrichtung abnehmen zu lassen, weil dann eingangs bei groRem Abstand vom Gleich- gewicht auf kurzer Strecke viel umgesetzt wird und gegen Ende langsam ein verhaltnismafiig gunstig liegendes Gleichgewicht annahernd erreicht wird.

Ahnlich verhalt es sich mit der ,,A b w e r t u n g s - r e a k t i o n" A ------f. B - C, bei der C ein Abfallprodukt sein soll. 1st die Aktivierungsenergie der Umsetzung A -+ B kleiner als die der Folgereaktion B - C, SO

wird die Folgereaktion mit abnehmender Temperatur starker gehemmt als die Hauptumsetzung A - B. Es ist daher fur diese Umsetzung ebenfalls gunstig, die Tem- peratur eingangs sehr hoch zu halten und mit zunehmen- der Konzentration von B zu verringern, um so die Ab- wertung moglichst klein zu halten. Wie Amundson und Bilous errechneten, ist diese Temperaturfolge aber auch gunstig, wenn die Temperaturabhangigkeit der bei- den Reaktionsgeschwindigkeiten umgekehrt ist; ein Er- gebnis, das intuitiv nicht zu erwarten war.

Eine Verbesserung der A u s b e u t e ist bei Reaktio- nen angebracht, bei denen durch Nebenreaktionen uner- wunschte Abfallprodukte entstehen, wie z. B. bei einer Reihe organischer Umsetzungen. Infolge des oft hohen Wertes des Ausgangsmaterials ist eine gute Ausbeute dann wichtiger als eine groRe Leistung. Denbighss) behan- delte eine Modellreaktion vom Typ:

(1) (3) AIB-X-Y

4 (2) 4 (4) P

in der X ein Zwischenprodukt und Y das Hauptprodukt ist, wahrend P und Q wertlose Nebenprodukte darstellen. Die Reaktionen (1) bis (4) sollen nach 1. Ordnung bezug- lich A bzw. X laufen. Nimmt man an, daR die Temperatur- abhangigkeit von (1) kleiner als die von (2) und umge- kehrt die von (3) groRer als die von (4) ist, so sollte die Ausbeute in einem Reaktor mit in Stromungsrichtung ansteigender Temperatur gunstiger sein als in einem solchen mit homogener Mitteltemperatur.

Die vollstandige mathematische Analyse dieses Pro- blems zur Berechnung der kontinuierlichen Temperatur- folge eines Rohrreaktors durfte sehr schwierig sein. Es wurde aber die optimale Losung fur eine Kaskade aus zwei Ruhrkesseln angegeben, wobei vorausgesetzt wird, daR die Verweilzeit im 2. Kessel fur einen vollstandigen Umsatz in die Endprodukte Y , P und Q ausreicht. In einem Zahlenbeispiel, dessen Ergebnis in Abb. 8 darge- stellt ist, wird angenommen, daR Reaktion (3) um den Faktor 100 langsamer als (1) ist, und daR die Aktivie- rungsenergien der Reaktionen (2) und (3) um 6 kcalimol groDer als die von (1) und (4) sind.

Als optimale Temperatur fur isothermen Umsatz in bei- den Kesseln ergibt sich fur dieses Beispiel T = T'= 326'K; die Ausbeute betragt dann 25Oio. Halt man die Reaktions- temperatur T' im 2. Reaktor konstant und variiert die Temperatur T im 1. Kessel, so durcfilauft die Ausbeute ein Maximum. Dieses Maximum steigt mit zunehmender Temperatur T' stetig an und erreicht fur T' = co eine Ausbeute von nahezu 60Q/o. Wie man aus Abb. 8 sieht, wird der weitaus groRte Teil der Ausbeutesteigerung aber schon durch eine geringe Temperaturerhohung im 2. Kessel erzielt. Fur T = 280 "K (7 "C) und T' = 414 OK (141 "C) betragt die Ausbeute z. B. bereits 53O/o. Dieses

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0 150 200 250 300 350 "K 400

c5zE.3 Reaktionstemperatur T Abb. 8. Ausbeute an Hauptprodukt Y der Reaktionsfolge

A + B - - t X + Y ,

P Q die in zwei hintereinandergeschalteten Kesseln (Temperaturen

T bzw. T') durchgefuhrt wird Nach DenbigP)

$ 4

Beispiel, das fur gewisse Verfahren der Sprengstoff-Her- stc-llung von Bedeutung ist, zeigt, eine wie groDe Aus- beuteerhohung man durch eine kontrollierte Temperatur- vcrteilung erreichen kann.

Thermirche Stabilitiit von Reaktoren

Bei den meisten kontinuierlichen, exothermen Um- setzungen wird die Warme zum Aufheizen der Reaktions- teilnehmer auf die Reaktionstemperatur ganz oder doch groBtenteils von der Reaktion selbst geliefert (auto- therme Prozesse). Wegen der exponentiell mit der Tem- peratur ansteigenden Reaktionsgeschwindigkeit weisen diese Prozesse haufig verschiedene s t a t i o n a r e Z u - s t a n d e auf, deren Bedingungen van Heerden 38) an Hand von Abb. 9 erkuterte. In dieser Abhildung ist die Warmebilanz eines adiabatischen, ideal durchmischten Reaktors aufgetragen, in den das Reaktionsgemisch kon- tinuierlich mit der Temperatur T o eintritt, und den es rnit der Reaktionstemperatur T verlaDt, wobei die Warme- menge 0 (dargestellt durch die Gerade) abgefuhrt wird. Die wahrend der Aufenthaltsdauer erzeugte Warme wird durch die S-formige Kurve angegeben. Diese Kurvenform ergibt sich einerseits aus der exponentiell mit T anstei- genden Reaktionsgeschwindigkeit und zum anderen aus der Existenz einer oberen Grenze fur vollstandige Um- setzung des Reaktionsgemisches.

Im stationaren Zustand mussen Warmeerzeugung und Warmeabfuhr gleich sein. Aus dieser Bedingung ergeben sich im allgemeinen drei stationare Zustande: die Schnittpunkte der S-Kurve mit der Geraden. Von den drei stationaren Zustanden ist der mittlere bei Ti i n s t a b i 1; sobald diese Temperatur etwas uberschritten wird, zundet die Reaktion, und die Reaktionstemperatur steigt spon- tan bis zum oberen s t a b i 1 e n Zustand bei T , an. Hier verlauft die Reaktion mit hohem Umsatz, wahrend sich im unteren stabilen Zustand in der Nahe von To nur geringe Mengen umsetzen. Ob tatsachlich alle drei Zu- stande auftreten, hangt von der Lage der beiden Kurven relativ zueinander und damit von den gewahlten Arbeits- bedingungen (Eintrittstemperatur, Verweilzeit und Kon- zentration der Reaktanden) ab.

Die Lage der Geraden fur die Warmeabfuhr laat sich auch durch zusatzliche Kuhlung verandern. Will man die Gefahr des D u r c h g e h e n s e i n e r R e a k t i o n vol- lig vermeiden, so mu6 man die Gerade durch auDere

r, r, Ts ESm Reaktionstemperatur T-+

Abb. 9. Warmebilanz (schematisch) einer exothermen Reaktion zur Ermittlung der Bedingungen fur thermische Stabilitat

Nach van HeerdenSs)

Kuhlung so weit aufsteilen, daD sie die S-Kurve tangiert. An einem Beispiel aus der Praxis zeigte Schoenemann $), wie man rnit Hilfe dieser Bedingung die Mindestkuhl- flache berechnen kann, die erforderlich ist, damit eine gewisse Reaktionstemperatur nicht uberschritten wird.

Van H e e ~ d e n ~ ~ ! zeigte durch seine Rechnungen, daD fur die Ermittlung der Stabilitatsverhaltnisse autother- mer Reaktionen nur vier Parameter bekannt sein mussen: 1) die adiabatische Temperatursteigerung d Tad des Reak-

tionsgemisches bei vollstandiger Umsetzung, 2i die Eingangstemperatur T o , 3) die Aktivierungsenergie E der Reaktion und 4) die Temperatur T,, bei der unter isothermen Bedin-

gungen in dem betreffenden Reaktor mit der Verweil- zeit z gerade der Umsatzgrad l/e erzielt wird. Bei die- ser Temperatur wurde der Reaktor also eine Abkling- Iange lang sein. Macht man die drei Temperaturen d Tad, To und T , rnit

EIR dimensionslos ( R Gaskonstante), so lassen sich aus einer Auftragung von R T,/E gegen R A T,dIE mit R ToIE als Parameter die Stabilitatsbereiche einfach ablesen. Auf diese Weise untersuchte van Heerden eine Reihe charak- teristischer Reaktortypen. Eingeg. 8. April 1958 [B 9351

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Page 9: Chemische Reaktionstechnik. Erstes europäisches Symposium über Chemie-Ingenieurwesen vom 7. bis 9. Mai 1957 in Amsterdam

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18)

" g l

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Systematik der Verfahren und Apparate zur Trennung festdlussiger Mischsysteme

Von Dr, H. TRAWINSKI, Dorr-Oliver GmbH., Wiesbaden

Durch die Erweiterung der Begriffe Filtration und Sedimentation auf Zentrifugalkraftfelder gelingt es, sie zu ubergeordneten Prinzipien fur die systematische Einteilung des verfahrenstechnischen Teil- gebietes ,,Mechanische Flussigkeitsabtrennung" zu rnachen. Die Unterscheidung in Verfahren, welche innerhalb verschiedener Kraftfelder wirksam werden, und in solche, welche unterschiedlichen Zwecken dienen, IaBt eine ubersichtliche Systematik mit 21 Grundverfahren entstehen, die sich jedoch n u r zum Teil mit den klassischen "Unit Operations" decken. Eine weitere Unterteilung auf Grund geometrischer Forrngebung und konstruktiver Merkmale fuhrt auf 71 Apparatetypen. Die Beschrankung auf vollig oder vorwiegend kontinuierlich ablaufende Prozesse bzw. stetig betriebene Apparate ermoglicht es, in der Systematik zu einer gruppenweisen Zusammenfassung zu kommen, bei welcher jeweils Vorgange nebeneinanderstehen, die sich durch den gleichen ader einen eng verwandten rnathematischen For-

malismus beschreiben lassen.

Die systematische Gliederung der gesamten Verfahrens- technik wird um so dringlicher, je mehr die Verfahrens- technik an praktischer Bedeutung gewinnt. Dabei wird ein moglichst eindeutiges Begriffssystem angestrebt. Ohne dieses kann die verfahrenstechnishe Literatur n i h t mehr ubersichtlich registriert werden. Fragen der Dokumenta- tion sind fur den industriellen und wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch wichtig. Die zweckmaRige Darstel- lung des Fachgebietes Verfahrenstechnik an Hochschulen als auch wirtschaftsstatistische Aufstellungen des Appa- ratebaues sind kgleichfalls von einer zweckma0igen Be- griffssystematik abhangig. Weiterhin bedurfen die che- mische Tehnologie und die Grundstoffaufbereitung fur die Verfahrensauswahl einer geeigneten Apparate-Syste- matik. Und schlieDlich ist das internationale Patentwesen an einer rechtzeitig fertiggestellten Systematik der Ver- fahrenstehnik interessiert. Dabei mu6 die Zukunft erst lehren, ob all diese Gruppen mit einer einzigen Systema- tik auskommen.

Ein einmal aufgestelltes Verfahrens- und Apparate- System gibt zugleich auch einen systematischen Uberblick fiber die von der Konstruktion oder den physikalischen Grundlagen her gegebenen Moglichkeiten. Nicht selten werden dadurch bisher ungenutzte ,,Lucken" offenbar, wodurch Anregungen fur mogliche Weiterentwidclungen gewonnen werden. Insbesondere lafit der Vergleich von Verfahrenssystemen verwandter Fachgebiete durch Ana- logieschlufi derartige Erganzungen zu. Schon manche

patentfahige Idee ist so entstanden. Die ursprunglich nur als padagogisches Hilfsmittel geschaffene Systematik wird so fur den Entwicklungsingenieur auch zu einem metho- dischen Mittel. Mit wachsender Bedeutung der Verfah- renstechnik wird auch in diesem Sinne die Aufstellung der Systematik notwendig.

Die Dringlichkeit des Fragenkomplexes spiegelt sich in zahl- reichen Veroffentlichungen wider, die bereits die verschiedenen Blidcrichtungen erkennen lassen. Das Gesamtgebiet der Ver- fahrenstechnik haben von den deutschen Autoren K . Fischbeck'l und F. Jahne2) behandelt. Ersterer geht auch auf die altere Lite- ratur ein. Hier sollen nnr einige Quellen aus den 30er Jahren ohne Wiederholung der Kommentare erwahnt werdens)"). Eine schematische Uhersicht iiber die mechanischen Grundver- fahren gibt H. Rurnpf'). Das Gebiet der Trodcnung wird von 0. Krischer unter verschiedensten Gesichtspunkten systema- tisch analysiert.

Die vorliegende Abhandlung geht unmittelbar auf einen ersten im Marz 1956 dem FachausschuD .Mechanische Flussig- keitsabtrennnng" der VDI-Fachgruppe Verfahrenstechnik vor- gelegtens) Vorschlag des Verfassers zuriidc. Der Vorschlag he- schrankt sich sinngemaD auf das Arbeitsgebiet des Fachaus- schusses, namlich die Trennvorgange, die sich innerhalb von Mischsystemen aus Festgutschiittungen und fliissigen Trager- medien, d. h. Suspensionen und Schlammen, abspielen. Es wur- den aber auch solche Verfahren mit einbezogen, welche sich auf nur vorubergehend suspendierte Festgutschuttungen beziehen und dem Zwedc nach Trennvorgange an granuliertem Feststoff- gut darstellen. Derartige Uberlegungen wurden bereits 1954 vom Verfasser schriftlich niedergelegt'O). Der Fad~ausschuO hat

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