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DEMENZ BEI GEISTIGER BEHINDERUNG Wie werde ich diesem Personenkreis gerecht? Brigitte J. Restle Bildungsreferentin Netzwerk Demenz RV Grundlage dieser Präsentation ist das Buch: „Demenz bei geistiger Behinderung“ von Sinikka Gusset-Bährer Da die Lebenserwartung von Menschen mit geistigen Behinderungen erheblich gestiegen ist und weiter steigt, wird es immer wichtiger, Demenzerkrankungen zu erkennen, um eine angemessene Behandlung und Pflegeermöglichen zu können.

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DEMENZ BEI GEISTIGER BEHINDERUNG

Wie werde ich diesem Personenkreis gerecht?

Brigitte J. Restle

Bildungsreferentin Netzwerk Demenz RV

Grundlage dieser Präsentation ist das Buch:

„Demenz bei geistiger Behinderung“ von Sinikka Gusset-Bährer

Da die Lebenserwartung von Menschen mit geistigen Behinderungen erheblich gestiegen ist und weiter steigt, wird es immer wichtiger, Demenzerkrankungen zu erkennen, um eine angemessene Behandlung und Pflegeermöglichen zu können.

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1 Brigitte J. Restle , Bildungsreferentin Netzwerk Demenz RV, 0751/7601 2040

[email protected]

AGENDA 1. TAG:

Einleitung ins Thema

Formen von Demenzerkrankung

Stadien der Demenzerkrankungen

Symptome von Demenzerkrankungen bei

Menschen mit geistiger Behinderung

Die Demenz vom Alzheimertyp bei Personen mit geistiger Behinderung

Diagnostik

Wie erleben Menschen mit geistiger Behinderung eine Demenz?

Lebensort und Lebensqualität von demenzkranken Menschen mit geistiger Behinderung

EIN PAAR ZAHLEN

Ca. 18 % der deutschen Bevölkerung sind momentan über 65 Jahre alt.

Insgesamt sind das mehr als 14,8 Millionen Menschen.

Im Jahr 2050 dürfte jeder 7. Bewohner Deutschlands 80 Jahre und mehr zählen.

Schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen leiden heute an einer Demenz.

2050 rechnet man mit mind. doppelt so viel Erkrankten!

Ca. 70 % der Demenzkranken werden zu Hause durch Angehörige versorgt.

Die Krankheitsdauer kann 2 -20 Jahre betragen.

Durchschnittliche Lebenserwartung von Menschen mit Intelligenzminderung (IM)

• Ca. 1930 = 19 Jahre - 2005 = 66,1 Jahre (USA, zitiert nach Urban K. 2007)

• Adäquate medizinische Versorgung oft fehlend

• 60% leben, auch wenn sie älter sind, Zuhause bei den Eltern.

• Körperliche Fitness im Alter bei Menschen mit IM deutlich schlechter als bei der

Normalbevölkerung (Rimmer J.H. 1998)

ERKRANKUNGSRISIKO BEI MENSCHEN MIT INTELLIGENZMINDERUNG - IM

Schwierigkeiten mit dem Hören

o Menschen mit IM 50-59 Jahre = 70 %

o Normalbevölkerung 65-74 Jahre = 25 %

Schwierigkeiten mit dem Sehen

Osteoporose

Übergewicht/ Adipositas

schlechter Zahnstatus

Psychiatrische Morbidität

Verhaltensauffälligkeiten als Ausdruck körperlicher Beschwerden

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DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DEMENZ UND ALZHEIMER

Demenz ist ein Oberbegriff, etwa wie Krebs oder Rheuma. Es gibt nicht den Krebs oder

das Rheuma.

Demenz ist ein Syndrom, das die Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden

Krankheit des Gehirns ist.

Demenz ist eine Hirnerkrankung bei der durch unterschiedliche Ursachen Hirnzellen

unwiederbringlich zerstört werden. Wir kennen über 100 Demenzformen!

Die Alzheimer Krankheit ist mit rund 2/3 die häufigste Ursache für eine

Demenzerkrankung.

Insofern gilt!

Jeder Alzheimer Patient ist dement,

aber nicht jeder demente Mensch muss Alzheimer haben!

Diese Klarstellung ist sehr wesentlich für eine gezielte Therapie!

DEMENZ WIRD NACH FOLGENDEN KRITERIEN DEFINIERT:

• Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens durch Abnahme von Gedächtnis und

Denkvermögen (beispielsweise ist die Urteilsfähigkeit eingeschränkt, der Ideenfluss

vermindert)

• Allgemein ist die Informationsverarbeitung erschwert

• Hinzu kommt eine Verschlechterung der emotionellen Kontrolle, der Motivation und des

Sozialverhaltens.

• Dauer dieser Symptome länger als 6 Monate

• Verlauf ist chronisch fortschreitend

• Die Demenz ist nicht heilbar

STÖRUNGEN BEI DEMENZ

• Kognitive Störungen = Kernsymptome

• Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und

Urteilsvermögen

• Nonkognitve Symptome = psychische Probleme

• Veränderungen im Erleben und Verhalten

• Depressionen, Aggressionen, Angst, Apathie, Unruhe, zielloses Umherwandern

• Erhöhte Verletzlichkeit kann bei falschem Umgang oder Umwelteinflüssen zu

Aggressionen oder Angst führen

EINTEILUNG DER DEMENZEN

1. primäre Demenz mit einem Anteil von 85 - 90 %

2. sekundäre Demenzen mit einem Anteil von 10 -15 %

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1. PRIMÄRE DEMENZEN

DIE DEMENZ VOM ALZHEIMER TYP

• Eine primär zerebrale Krankheit, bei der das Gehirn abbaut.

• Typisches Merkmal sind die amyloiden Plaques

• Weiteres Kennzeichen sind Neurofibrillenknäuel. Dies führt möglicherweis zum Zelltod – aber

auf jeden Fall zu Funktionsstörungen.

• Bei der Alzheimer-Demenz sterben Hirnzellen in der Hirnrinde und in tiefer gelegenen

Regionen ab.

• Es gibt zwei Formen der Alzheimer Demenz:

• Die späte Form der AD: Beginn nach dem 65. Lebensjahr – schreitet langsamer

voran!

• Die frühe Form der AD: beginn vor dem 65. Lebensjahr – schnellerer Verlauf!

• Diagnosestellung ist schwierig – Ausschlussdiagnostik!

• Endgültiger Beweis erst nach dem Tod durch Autopsie.

DIE VASKULÄRE DEMENZ

• Ein Prozess bei dem kleine Infarkte im Gehirn stattfinden.

• Blutgefäße, die das Gehirn versorgen sind verengt oder verstopft – dadurch wird das

Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt – Hirnzellen sterben ab!

• Ursache meist Bluthochdruck

• Beginn meist im höheren Lebensalter.

Es gibt verschiedene Typen der VD:

• mit akutem Beginn

• Reihe von Schlaganfällen

• Embolie

• Blutung

• Multi-Infarkt-Demenz – beginnt allmählich, nach vielen vorübergehenden

Durchblutungsstörungen, Anhäufung von Infarkten.

• subkortikale Demenz - tiefere Schlaganfälle, Hirnrinde intakt.

DIE FRONTOTEMPORALE DEMENZ – Morbus Pick Komplex

• Abbau im Bereich der Stirn und Schläfen

• zur Ursache wenig Erkenntnisse

• Beginn im mittleren Lebensalter

• frühe, langsam fortschreitende Veränderung der Persönlichkeit

• Verlust der sozialen Fähigkeiten (z.B. Gleichgültigkeit, Distanzlosigkeit, sexuelle

Entgleisungen)

• dann Beeinträchtigung von Intellekt, Gedächtnis Sprache (semantische Demenz)

• begleitet von Apathie, Euphorie, Depressionen

• die Erkrankten erhalten häufig eine falsche Diagnose!!!

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LEWY KÖRPERCHEN DEMENZ

o Ablagerung eines Proteins(Eiweiß → Alpha-Synuclein, die sogenannten Lewy-

Körperchen.

o diese stören die Funktion der Hirnzellen im Hirnstamm und in der Großhirnrinde.

o zentrales Merkmal ist die Funktionseinschränkung im Alltag und starke kognitive

Schwankungen

o visuelle Halluzinationen, Parkinson-Symptome,

o Verhaltensauffälligkeiten im Schlaf,

o Überempfindlichkeit auf Neuroleptika

o Sturzneigung

2. SEKUNDÄRE DEMENZEN

als Folge einer anderen organischen Erkrankung

• Hirnverletzung

• Hirntumor (raumgreifende Prozesse)

• Entzündungen

• Herz-Kreislauf-Erkrankung

• Vergiftungen (Alkohol, Medikamente, Dämpfe)

• Stoffwechselerkrankungen (Schilddrüse, Diabetes)

• Bluthochdruck

• Mangelerkrankungen (Wasser, Folsäure, B12)

Wenn die Grunderkrankung rechtzeitig wirksam behandelt wird, normalisiert sich meist die

geistige Leistungsfähigkeit

RISIKOFAKTOREN FÜR EINE DEMENZ

• Bluthochdruck

• Diabetes

• Hoher Cholesterinspiegel

• Hoher Spiegel an Homocystein (Aminosäure, die in der Nahrung vorkommt)

• Nikotin-und Alkoholmissbrauch

• Früherlittenes Schädel-Hirn-Trauma

• deutliches Übergewicht (stärkere Hirnschrumpfung)

SPEZIELLE RISIKOFAKTOREN BEI GEISTIGER BEHINDERUNG

• Alter

• Bildung

• Genetik – Störung auf Chromosomen 1,14 19,21nachgewiesen

• Trisomie 21 – erhöhte Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken (75% > 65j.)

• alle Hirnschädigungen

SCHUTZFAKTOREN BEI DEMENZ

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• Gesunde Ernährung

• Körperliche Bewegung

• Kognitive Aktivität

• Anspruchsvolle berufliche Tätigkeit

• Soziale Aktivitäten

o Menschen mit höherem Bildungsniveau können länger Demenzsymptome verbergen

oder kompensieren – kognitive Reserve

o Menschen mit geistiger Behinderung haben eine deutlich geringere kognitive

Reserve.

STADIEN DER DEMENZERKRANKUNG

• Bei abnehmender Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses kommt es auch zu einer Abnahme

anderer kognitiver Fähigkeiten.

• Es werden 3 Phasen unterschieden

1. leichte Beeinträchtigung

2. mittelgradige Beeinträchtigung

3. schwere Beeinträchtigung

LEICHTE BEEINTRÄCHTIGUNG

• Selbstständiges Leben ist möglich

• Beeinträchtigungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens

• Aufnahme und Wiedergabe von Neuem ist nur erschwert möglich

• Dinge werden verlegt, Termine vergessen

• Komplizierte tägliche Aufgaben und Hobbys werden nicht mehr bewältigt

MITTELGRADIGE BEEINTRÄCHTIGUNG

• Die Selbstständigkeit ist bedroht.

• Nur Vertrautes oder gut Gelerntes wird behalten.

• Zeitliche und örtliche Desorientierung

• Wissen nicht wo sie wohnen, was sie vor einer Stunde getan haben, wie die vertraute

Person heißt.

• Sprachstörungen

• Gefahr der Verwahrlosung, da die Aktivitäten des täglichen Lebens kaum mehr

bewältigt werden.

SCHWERE BEEINTRÄCHTIGUNG

• Verlust der Alltagskompetenz

• Informationen werden nicht mehr erinnert.

• Enge Angehörige werden nicht mehr erkannt.

• Bruchstückhafte Erinnerung von Frühgelerntem.

• Mangelnde persönliche Orientierung

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• Sprachzerfall

HÄUFIGKEIT VON DEMENZERKRANKUNG BEI GEISTIGER BEHINDERUNG

• Es gibt keine Zahlen darüber, wie viele Menschen mit geistiger Behinderung an einer

Demenz erkrankt sind.

• Menschen mit geistiger Behinderung werden auch zunehmend hochaltrig.

• Mit steigender Lebenserwartung steigt das Risiko an einer Demenz zu erkranken.

• Wir müssen mit einer starken Zunahme von geistig behinderten Menschen mit Demenz

rechnen.

ANZEICHEN EINER DEMENZERKRANKUNG BEI MENSCHEN MIT DOWN-SYNDROM

• Während des normalen Alterns kann die kognitive Leistungsfähigkeit zurückgehen.

• Die leichte kognitive Störung MCI „mild cognitive impairment“ äußert sich durch leichte

Gedächtnisstörungen, Rückgang von Merkfähigkeit und Lernstörungen.

• Für Menschen ohne Demenz kann dies in Testverfahren nachgewiesen werden.

• Bei Menschen mit Down-Syndrom wurden Symptome festgestellt, die für sehr frühe

Anzeichen einer Alzheimer-Demenz interpretiert werden können.

• Ca. 50 % der Betroffenen entwickelt nach 5 -6 Jahren eine Demenz, die andere Hälfte

findet zur vorherigen Leistungsfähigkeit zurück.

SYMPTOME VON DEMENZERKRANKUNG BEI MENSCHEN MIT GEISITGER BEHINDERUNG

• Erscheinungsweise der Alzheimer Demenz und anderer Demenzen ist ähnlich wie bei

Menschen ohne geistige Behinderung.

• Symptomatik bei Menschen mit Down-Syndrom und einer Demenz vom Alzheimer Typ

wird untersucht.

• Es liegen keine Untersuchungsergebnisse bei anderen geistigen Behinderungen mit

Demenz vor.

SYMPTOME BEI PERSONEN MIT DOWN-SYNDROM

Zu Beginn: Störung des Kurzeitgedächtnisses bei verhältnismäßig intaktem

Langzeitgedächtnis.

Frühe Störungen im Frontotemporalbereich:

• Emotionale Störungen

• Persönlichkeitsveränderungen

• Veränderungen im Verhalten

• Generelle Verlangsamung bei Aktivitäten und Sprache

• Sprachstörungen - eingeschränkte Ausdrucksweise, flacher Tonfall, Rückgang von

Sprachverständnis, zu viele Informationen auf einmal werden nicht verstanden.

• Depressionen

• Müdigkeit

• Sozialer Rückzug

• Verlust von Interessen

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• Gleichgewichtstörungen

• Schlafstörungen

• Verlust von erworbene Fähigkeiten

• Bewegungsunruhe, Umherstreifen („sundowing“)

• Angst, Panik, Weinen, Schreien

• Herausforderndes Verhalten

• Verweigerung (eher im frühen Stadium)

• verbale u. körperlich Aggressionen (eher im fortgeschrittenen Stadium)

• Zwangshandlungen

• Veränderungen der Persönlichkeit

• Rückzugsverhalten

• Halluzinationen, Wahnvorstellungen

• Epilepsie

BEGELITERKRANKUNGEN häufiger bei Menschen mit Down Syndrom

• Lungenerkrankungen

• Erkrankungen des Verdauungsapparats

• Obstipation

• Chronische Infekte, Blasen – und Lungenentzündungen

• Depressionen

• Ernährungsprobleme, Schluckbeschwerden

ALTERSABHÄNGIGE HÄUFIGKEIT DER DEMENZ

ALTERSABHÄNGIGE HÄUFIGKEIT DER DEMENZ

0

10

20

30

40

50

60

65 -69 J. 70 -74 J. 75 -79 J. 80 -90 J ab 95 J.

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DEMENZERKRANKUNGEN BEI GEISTIGER BEHINDERUNG

• Diese Zahlen können nicht auf Menschen mit geistiger Behinderung übertragen werden.

• Es gibt nur Zahlen für Menschen mit Down-Syndrom.

• Die Alzheimer-Demenz ist auch bei Menschen mit DS die häufigste Form von Demenz.

• Das Risiko daran zu erkranken ist bei Menschen mit Down-Syndrom 2 -3 mal höher.

• Bei den über 60-65 jährigen 3 – 4 x so hoch.

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DURCHSCHNITTLICHE LEBENSERWARTUNG VON MENSCHEN MIT DOWN-SYNDROM

0

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20

30

40

50

60

70

1929 1947 1961 1988 1995

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PRÄVALENZRATE (KRANKHEITSHÄUFIGKEIT) VON DEMENZERKRANKUNGEN BEI MENSCHEN MIT DOWN-SYNDROM

0

10

20

30

40

50

60

70

80

30-39 Jahre 40-49 Jahre 50-59 Jahre 60 + Jahre

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WARUM IST EINE FRÜHE DIAGNOSTIK SO WICHTIG?

• Je früher eine Demenzerkrankung erkannt wird, desto früher kann mit der Behandlung und

der Versorgung der betroffenen Person und der Unterstützung des Umfeldes begonnen

werden.

• Viele therapeutische Behandlungsansätze können im Frühstadium die Belastung der

Betroffenen und ihres sozialen Umfeldes verringern und die Pflegebedürftigkeit verzögern.

Gilt für Menschen mit und ohne geistige Behinderung!

DIAGNOSTIK

• Ausführliche Vorgeschichte und Befunde

• Ähnliche Erkrankungen in der Familie

• Gedächtnis, Sprache, Orientierung, Planungs- und Urteilsfähigkeit.

• Stimmung, Verhalten, Persönlichkeit (Depressionen müssen gezielt erfasst werden.

Sie begleiten häufig den Beginn einer Demenz, gelten als Risikofaktor!)

• Körperliche und neurologische Auffälligkeiten

• Laborbefunde

• Blut: Folsäure –oder B12 Mangel, Unter-oder Überfunktion der Schilddrüse,

Homocystein, Vergiftungen durch Medikamente, wie Psychopharmaka, Blutdruckmittel,

Herzmedikamente

• Alkoholabhängigkeit

• EKG

• Darstellung der Hirnstruktur (CT, MRT)

→ Suche nach möglicherweise behandelbaren zerebralen Prozessen

• Hydrozephalus, subdurales Hämatom, Schlaganfälle, Tumore, Hirnatrophie

• Darstellung von Hirnfunktionen (EEG, SPECT, PET) zeigen Durchblutung und

Zuckerstoffwechsel des Gehirns

• Tests (Mini Mental, Uhrentest u.a.)

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DIAGNOSESTELLUNG IST AUS VERSCH. GRÜNDEN BEI MENSCHEN MIT GEISTIGER

BEHINDERUNG SCHWIERIG

Beginnende Symptome werden überdeckt von der geistigen Behinderung (ähnliches

Erscheinungsbild)

Folgende Auffälligkeiten können sowohl bei Demenz als auch bei geistiger Behinderung

vorliegen:

• Kognitive Beeinträchtigungen

• Abstraktionsschwierigkeiten

• Kritik-und Urteilsfähigkeit

• Sprachstörungen

• Beeinträchtigungen in den ATLs

• Motorische Störungen (Gang-, Koordination Geschicklichkeitsprobleme)

Trotzdem ist eine geistige Behinderung nicht gleichzusetzen mit einer Demenz

• vorhandene Diagnoseinstrumente ungeeignet

• kein deutschsprachiger Test vorhanden

• Normwerte der Bevölkerung untauglich

• große Leistungsunterschiede

• gewisse Altersvergesslichkeit kann vorliegen

• teilweise Fehlen von Sprache, Analphabetismus

• Betroffene können nur schwer Auskunft geben über ihr Befinden.

WIE SIEHT DEMENZDIAGNOSTIK BEI MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG AUS?

• Verschlechterung der beobachtbaren Leistungsfähigkeit

• Beobachtungszeitraum länger als 6 Monate

• Ausführliche Dokumentation

• Man ist auf Angaben von Bezugspersonen angewiesen.

• Wie ist die psychosoziale Situation?

• Wo wohnt er/sie

• Arbeitet er/sie, wo? Was?

• Wie sehen die sozialen Kontakte aus?

• Welche Medikamente? Früher und heute?

Ausschlussdiagnostik, wie bei Menschen ohne geistige Behinderung

• Anamnese, Familiengeschichte, internistische-und neurologische Untersuchungen,

Stoffwechselerkrankungen (bei Down-Syndrom)

• Erfassen von möglichen Schädelhirntraumata (v.a. Kopf gegen die Wand schlagen,

Spätepilepsie

Tests: Die gängigen Testverfahren sind nicht geeignet für Menschen mit geistiger

Behinderung. In diesen Test muss geschrieben, gerechnet und gelesen werden

• Viele Menschen mit Down-Syndrom haben schon früh deutlich Seh-und

Höreinbußen.

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TESTS FÜR MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG

• Im deutschsprachigen Raum gibt es noch keine anerkannten Testverfahren.

• Im englischem Sprachraum:

• Dementia Scale for Down Syndrome (DSDS) – Befragung der Bezugspersonen:

Sie geben Auskunft über Alltagskompetenz, Veränderung in Emotionen und

Motivation, zum Kurz-und Langzeitgedächtnis, zur Orientierung, zur Sprache, zum

passiven Wortschatz, zur Feinmotorik, den Interessen, zu Verhaltensauffälligkeiten

und zur Neigung von epileptischen Anfällen

Weitere Verfahren:

• Dementia questionnaire for mentally Retarded Persons (DMR) von Evenhuis

• In der Entwicklung eines Testverfahrens –

Dr. Andreas Ackermann, Institut für Psychogerontologie, Universität Erlangen

→ noch nicht abgeschlossen!

Menschen mit Down-Syndrom sollten schon vor dem 40. Lebensjahr getestet werden und

dann alle 2-3 Jahre wieder, da sie ein hohes Erkrankungs-Risiko haben. Früherkennung!

Menschen mit anderen geistigen Behinderungen vor dem 50. Lebensjahr.

KOGNITIV-EMOTINALE VERARBEITUNGDES ALTERUNGSPROZESS BEI IM

• Bei schwerer Behinderung wenig Reflexion der Vergangenheit und wenig Erwartung an die

Zukunft.

• Verstärkung von körperlichen Beschwerden

• Erleben von Verlusten

• In großen Institutionen:

o Verlust körperlicher Energie Schonung durch Betreuungspersonen

o Verlust der Stellung in der Hierarchie der Bewohner starke Kränkung

Depression mit aggressivem Verhalten

o

WIE ERLEBEN MENSCHEN MIT DOWN-SYNDROM EINE DEMENZERKRANKUNG?

Genau wie andere Demenzkranke!

• Sie versuchen eine Fassade aufrecht zu erhalten.

• Verniedlichung

• Leugnen von Schwierigkeiten

• An Routine festhalten

• Somatisieren

• Konfabulation= Füllen von Gedächtnislücken mit objektiv falschen Inhalten.

• Sie möchten weiterhin als kompetente und unabhängige Menschen gelten.

• Sie spüren die Veränderung und leiden darunter.

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LEBENSORT UND LEBENSQUALITÄT VON DEMENZKRANKEN MIT EINER GEISTIGEN

BEHINDERUNG

Etwa die 50 -60 % der behinderten Menschen leben bei Angehörigen.

Andere Wohnformen sind:

o Stationäre Wohnformen,

mit Angeboten von Arbeit , Beschäftigung, Freizeit, medizinische,

therapeutische und pflegerischer Fachdienste

o Teilstationäre Wohnformen

Meist nur Angebote, die sich auf das Wohnen beziehen.

Ambulant betreute Wohngruppen

Stundenweise psychosoziale Betreuung und Unterstützung im Alltag

LEBEN BEI ANGEHÖRIGEN

• Eltern, die ihr geistig behindertes Kind zuhause betreuen, tun dies meist auch, wenn eine

Demenzerkrankung hinzukommt.

• Sie haben sich schon vor langer Zeit entschieden ihr Kind zuhause zu betreuen und

passen sich nun den neuen Umständen an und holen zusätzliche Hilfe ins Haus.

• Angehörige wissen wenig über Demenzerkrankungen.

• Eltern zeigen meist keine höhere Belastung, wenn eine Demenz hinzu kommt.

• Wenn Eltern versterben oder nicht mehr können, übernehmen Geschwister die

Betreuung.

• Sie erleben die Betreuungssituation häufig als schwierig, geprägt von Frustrationen und

Isolation.

LEBENSORT FÜR DEMENZKRANKE MIT GEISTIGER BEHINDERUNG

• In Deutschland keine spezielle Pflegeeinrichtung

• Verbleiben meist zuhause oder in ihren Wohngruppen bis es nicht mehr geht.

• Pflegeheimmitarbeiter müssen geschult werden über Demenz bei Menschen mit

geistiger Behinderung.

• Behinderteneinrichtungen müssen eigene Konzepte entwickeln.

MILIEUTHERAPIE –GESTALTUNG DER UMWELT FÜR DEMENZKRANKE MENSCHEN

Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, sind mit Fortschreiten der Krankheit immer

weniger im Stande, sich verbal zu äußern.

Sie können nicht sagen was ihnen fehlt

Sie können sich nicht selber helfen

Sie können und ihre Bedürfnisse nicht mitteilen

Wir können versuchen, durch spezielle Konzepte ihre Lebensqualität weitgehend zu erhalten.

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MILIEUTHERAPIE SETZT SICH ZUSAMMEN AUS:

1. Gestaltung der räumlichen Umwelt

2. Der organisatorischen Umwelt

3. Der psychosozialen Umwelt

1. GESTALTUNG DER RÄUMLICHEN UMWELT

Die Räumlichkeiten sollten sicher und möglichst einen barrierefreien Zugang in einen

geschützten Garten haben.

Keine Stolperfallen, wie Schwellen oder Teppiche

Sensormatten vor dem Bett

Helle Umgebung, keine dunkle Nischen

Ausgänge und Fenster sichern

Keine Möbel auf Rollen oder zu leichte Möbel

Potenziell gefährliche Gegenstände außer Reichweite stellen oder sichern,

beispielsweise Putzmittel, Scheren und Messer, Medikamente etc.

Steckdosen, Herd und andere elektrische Geräte sichern.

Temperaturbegrenzer bei Mischbatterie

Nachlichter anbringen

Farben und Kontraste einsetzen (siehe extra Handout)

WAHRNEHMUNG BEI DEMENZ

Im Alter nimmt das Sehvermögen ab. Bei Menschen mit Demenz verändert sich:

Scharfes Sehen erst bei wenig Abstand

Wahrnehmung von Farben verändert sich

Gesichtsfeld engt sich ein, seitlich liegende Informationen werden kaum gesehen.

Haben Probleme zu fokussieren

Akkommodationsfähigkeit des Auges ist erschwert, also das Umschalten des Sehen in

der Ferne und in die Nähe.

LICHT ALS FAKTOR DER UMGEBUNGSGESTALTUNG

Unzureichendes oder falsch eingesetztes Licht scheinen an der Entstehung von

Verhaltensauffälligkeiten beteiligt zu sein.

Unruhe, Aggressivität, Angst, Schlafstörungen aber auch Apathie

Angemessenes Licht kann die Orientierung stützen.

Aufenthalt im Freien fördert die Bildung von Vit. D

Knochenbildung (Prophylaxe bei Osteoporose!)

Bei Dunkelheit wird Melatonin produziert (Schlafhormon) – macht müde, träge,

antriebslos, fördert Depressionen

Täglicher Aufenthalt im Freien oder vor einem Fenster (min. 2 Std.)

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REDUZIEREN VON REIZEN

Menschen mit Demenz benötigen eine Atmosphäre ohne Hektik und Lärm.

Vor allem beim Essen ist Ruhe wichtig!

Schnelles Gehen, Rufen in den Gängen, Türen schlagen, Telefonklingeln, die

ununterbrochene Hintergrundbeschallung durch das Radio, können zu Unruhe und

Aggressionen führen.

Räumliche Enge kann als stressreich erlebt werden.

FÖRDERUNG VON BEWEGUNG UND BESCHÄFTIGUNG

Ein Merkmal von Lebensqualität ist aktiv sein zu können.

Folgen der Demenz sind auch motorische Defizite, geringe körperliche Aktivität, erhöhtes

Sturzrisiko und kognitive Schädigungen.

Räumliche Gestaltung muss Bewegung und Beschäftigung ermöglichen.

Entfernung von Türschwellen, Bau von Rampen

Beschäftigungsräume sollten als solche erkennbar sein – nur als solche nutzen!

Sinne aktivieren durch Musik, Gerüche, interessantem Material zum Anfassen und

Licht.

Möblierung, z.B. eine Werkbank, ein Korb mit Wäsche oder Wolle,

„Krutschelschublade“ o.ä.

Zum Ausruhen Sitzmöglichkeiten wohl platziert anbieten.

2. GESTALTUNG DER ORGANISATORISCHEN UMWELT

Schaffung einer Struktur für den Tag, die dem Menschen mit Demenz Sicherheit

und Orientierung gibt.

Schaffen eines gewohnten Tages-und Jahresrhythmus.

Der Tag in überschaubare Abschnitte eingeteilt werden.

Wechsel von Aktivität und Ruhe

Feste Essenzeiten und Ruhezeiten

ORGANISATORISCHE STRUKTURIERUNG VON TAG UND NACHT

Tagesablauf und Aktivitäten auf Tagesplan darstellen.

Rituale können bestimmte Abschnitte ankündigen, z.B. Marschmusik für den

Toilettengang, ein Gebet vor dem Essen, meditative Musik für Ruhephasen.

Wohnküche kann zum Nacht-Café werden, wo Bewohner auch nachts etwas zum

Essen und Trinken bekommen kann, Musik hören kann, nicht alleine ist..

Bereitstellung einer Nachtwache, entscheidet häufig darüber ob der Bewohner in der

Einrichtung bleiben kann oder nicht. (Nachtwachen müssen auch geschult werden!)

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ESSEN UND TRINKEN

Ernährung spielt im Alter für die Erhaltung der Gesundheit und Selbstständigkeit

eine große Rolle.

Viele Menschen mit Demenz sind schlecht ernährt und leiden an Flüssigkeitsmangel.

Dehydrierung, Folsäure- u. B12- Mangel steigert Verwirrtheit

Verstopfung, Müdigkeit, Apathie, Muskelabbau, Sturzgefahr

Menschen mit Demenz können häufig nicht mehr selbstständig essen *

erkennen das Besteck, das Glas …. nicht mehr.**

haben häufig keinen Appetit mehr.

bevorzugen Süßspeisen (Geschmacksveränderung)

haben Probleme bei Schlucken

haben häufig einen trockenen Mund (Medikamente?)

brauchen Zeit und Ruhe beim Essen; therapeutisches Essen, d.h. ein/e BetreuerIn isst

mit und macht vor.

*Apraxie: die Fähigkeit zur Ausführung motorischer Aktivitäten ist beeinträchtigt,

obwohl die Motorik, Sensorik und das Aufgabenverständnis unbeeinträchtigt sind. Sie

sind in ihrer Fähigkeit beeinträchtigt, den Gebrauch von Objekten nachzuahmen (zum

Beispiel Haare kämmen) oder bekannte Bewegungen auszuführen (zum Beispiel

Winken beim Abschied).

**Agnosie: Fehler beim Wiedererkennen oder Identifizieren von Objekten, trotz

intakter sensorischer Funktionen. Die Fähigkeit zum Erkennen von Gegenständen

verlieren, zum Beispiel Stuhl oder Bleistift. Im Endstadium sind sie möglicherweise

nicht mehr in der Lage, Familienmitglieder oder sogar ihr eigenes Spiegelbild zu

erkennen.

BESCHÄFTIGUNGS- UND AKTIVIERUNGSANGEBOTE

Ziel: vermitteln von Erfolgserlebnissen

hier spielt die angepasste Kommunikation eine große Rolle.

positives Erinnern durch Musik, Bildern, Spiele

Gefühl der Zugehörigkeit durch gemeinsame Aktivitäten.

Durch gemeinsames Tun und Anerkennung wird das Gefühl, „ich kann noch was,

ich bin noch wer, ich gehöre dazu!“ gestärkt.

Beschäftigung richtet sich nach den Ressourcen der Menschen mit Demenz.

Anknüpfen an vertrauten Verrichtungen

auf individuelles Interesse achten

nicht über aber auch nicht unterfordern

Alles was wir dem Menschen mit Demenz aus der Hand nehmen, wird schneller

verlernt!

körperliche Aktivitäten fördern das Denken.

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DURCH KÖRPERLICH BEWEGUNG

Erhalt von Alltagskompetenzen wie,

Treppensteigen

Schweres Tragen

An- und Ausziehen

In die Badewanne steigen

Regelmäßiges gezieltes Bewegen, ermöglicht dem alten Menschen länger

selbständig zu leben – Lebensqualität!

DIREKTE EFFEKTE DURCH BEWEGUNGSTRAINING

Reduzierter Stress/ Angstabbau

Verbesserte Stimmung

Blutzuckerregulierung

Durchblutungssteigerung

Struktur im Alltag

Sozialer Kontakt

INDIREKTE EFFEKTE DURCH REGELMÄSSIGE KÖRPERLICHE AKTIVITÄT

Reduzierter Stress/ Angstabbau

Verbesserte Stimmung

Blutzuckerregulierung

Durchblutungssteigerung

Struktur im Alltag

Sozialer Kontakt

GEDÄCHTNISTRAINING

kognitive Aktivierung wirkt sich positiv aus

Am besten schon vor dem Beginn einer Demenzerkrankung als regelmäßiges

Programm im Wochenplan.

Das Training steht nicht im Vordergrund, sondern der Spaß gemeinsam etwas zu

tun.

Ein Ganzheitliches Training, d.h. die Kombination von Bewegung und geistiger

Aktivität,

Übungen für das Gedächtnis, die Konzentration und die Flexibilität

3. GESTALTUNG DER PSYCHO-SOZIALEN UMWELT

psychische und soziale Merkmale der Umwelt beeinflussen sich gegenseitig.

die Betreuer habe einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden des Bewohners

das Team kommuniziert miteinander, sucht und probiert neue Wege, gibt

Rückmeldung …

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erforderlich ist ein kreatives und flexibles Verhalten der Mitarbeiter – was heute

gilt, ist morgen nicht mehr so!

Menschen mit Demenz sind nicht immer gleich – wechselhaft – und können für

sich selbst nichts tun, damit es ihnen besser geht!

UMGANG MIT AN DEMENZ ERKRANKTEN MENSCHEN

die Einstellung und das Verhalten der Mitarbeiter prägt das Wohlbefinden der

Demenzkranken.

Gehe mit dem Demenzkranken so um, wie du gerne hättest, dass man mit dir

umgeht!

Menschen mit Demenz können nicht auf uns zu gehen, sondern wir gestalten die

Situation (Beispiel „Macho“)

der Mitarbeiter gibt Sicherheit und Stabilität in einer Welt die immer unsicherer wird.

DIE PERSONENZENTRIERTE PFLEGE NACH TOM KITWOOD

Folgende Interaktionen fördern eine positive Personenarbeit:

den Demenzkranken in seiner Einzigartigkeit anerkennen

seine Vorlieben und Wünsche erfragen

den Demenzkranken immer einbeziehen

Feiern und Freude empfinden

eine sensorische und sinnbezogene Zugangsweise nutzen

Spielen ermöglichen, zweckfreie Beschäftigung

Entspannung fördern

NEGATIVER UMGANG – PERSONALE DETRAKTIONEN

dem Demenzkranken zur Machtlosigkeit verurteilen

ihn autoritär behandeln oder verniedlichen

etikettieren („der, der immer schreit!“)

ihn mit zu vielen Informationen und Geschwindigkeit „erschlagen“, ihn ständig

überholen

ihn ignorieren (über ihn sprechen, an ihm vorbeigehen …)

ihn nicht als denkendes, fühlendes Wesen wahrnehmen

ihm sein Verhalten vorwerfen

seine Gefühle nicht ernst nehmen

KOMMUNIKATION MIT DEMENZKRANKEN

Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil der sozialen Welt.

Menschen können miteinander lachen, weinen, scherzen, reden, streiten…

wir klopfen uns auf die Schulter, zeigen uns die kalte Schulter, schütteln den Kopf…

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Menschen kommunizieren verbal und nonverbal.

Bei einer geistigen Behinderung und bei Demenz kommt es zu

Kommunikationsstörungen.

KOMMUNIKATIONSSTÖRUNGEN

Je weiter die Demenz fortschreitet und Sprache und Sprachverständnis schwinden, umso

mehr rückt die nonverbale Kommunikation in den Vordergrund.

Menschen mit Demenz haben einen „Sensor“ und reagieren auf emotionaler Ebene. Wenn

Sie gestresst und gehetzt sind, wird der Kranke dies spiegeln!

KOMMUNIKATIONSSTÖRUNGEN BEI MENSCHEN MIT DOWN SYNDROM

Bei Menschen mit Down-Syndrom ist die Sprache meist durch kurze Sätze,

vereinfachter

Grammatik, und eigenwilligen Satzbau geprägt.

Ihr Wortschatz ist meist geringer.

Sie haben Schwierigkeiten zu lange Sätze zu verstehen und verbale Anweisungen zu

befolgen.

KOMMUNIKATIONSSTÖRUNGEN BEI EINER DEMENZ

Veränderung bei der Sprachproduktion und beim Sprachverständnis.

frühes Stadium:

Wortfindungsstörungen

Problem mit zu denken, zu verstehen was der Andere meint.

Versuch Worte zu umschreiben

Andeutungen werden nicht verstanden

mittleres Stadium:

können einfach kurze Sätze sprechen

verlieren häufig den „Faden“

können allein kein Gespräch am Laufen halten.

eingeschränkte Grammatik und Wortschatz.

Gesprächsthemen liegen meist in der Vergangenheit

unvollständige Sätze, Wortfindungsstörungen

schweres Stadium

starke Beeinträchtigung der gesamten Kommunikation

stark eingeschränkte verbale Fähigkeit

Echolalie (nachsprechen von Wörtern)

Dysarthrie (Fehlfunktionen der Sprechmuskulatur)

Verstummen der Sprache

summen, brummen, ständiges Wiederholen eines Satzes oder eines Wortes, schreien

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KOMMUNIKATION MIT DEMENZKRANKEN

Menschen mit Demenz kommunizieren, wenn die gesprochene Sprache immer

weniger wird, auf einer nonverbalen Ebene.

Die Sensibilität für Emotionen, Gefühle steigt.

Ein Mensch mit Demenz spürt, ob man ihn mag, ernst nimmt oder ablehnt.

Sie reagieren auf Stimmungen, Gestik, Mimik und den Klang der Stimme.

Mit ihrer Körpersprache geben sie häufig mehr Mitteilung über ihr Befinden und ihre

Bedürfnisse.

NON-VERBALE KOMMUNIKATION SETZT SICH ZUSAMMEN AUS.

Mimik

Gestik und Körperbewegungen

Körperhaltung

Stimme und Tonfall, ärgerlich, laut, glücklich

Lautäußerungen summen, stöhnen, schnalzen..

Augenkontakt und Augenbewegungen

Kleidung und Schmuck

HANDLUNGEN; DIE MENSCHEN MIT DEMENZ BEHINDERN (STÖREN)

• Wenn wir uns ihm zu schnell von hinten nähern, ihn erschrecken.

• Wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, ihm zuzuhören und ihn zu verstehen.

• Wenn wir ein zu kompliziertes Anliegen an ihn haben.

• Wenn wir uns einfach, ohne zu fragen, auf seine Bettkante setzen.

• Wenn wir ihn einfach ins Gesicht fassen.

GESPRÄCHSFÜHRUNG MIT DEMENZKRANKEN MENSCHEN

• Umgebung sollte nicht zu dunkel sein!

• Nicht im Gegenlicht sitzen

• Von vorn und mit Namen ansprechen.

• Warmherzige und sichere Ausstrahlung ist effektiv.

• Sich selbst mit Namen vorstellen. „Ich bin Frau … ihre Begleiterin hier im

Krankenhaus.“

• Augenkontakt herstellen

• Berühren

• Langsam und deutlich sprechen

• Kurze Sätze mit je nur einer Information

• Vermeiden Sie Doppeldeutigkeiten und Ironie

• Geben Sie sensorischen Input, z.B. wenn Sie ihn zum Trinken auffordern zeigen sie

auf das Glas.

• Mimik und Gestik einsetzen

• Keine Diskussion

• Ritualisierte Sprache, Sprichwörter

• Kommentieren Sie was sie tun!

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• Wiederholen sie

• Bestätigen sie ihn

• möglichst keine Fragen stellen

• Sprechen sie seine Gefühle an

• Seien sie geduldig und überholen sie ihn nicht..

• Helfen sie ihm auf die Sprünge.

• Humor

THERAPEUTISCHE ANSÄTZE

1. Ergotherapie

2. Musiktherapie

3. Bewegungstherapie

4. Verhaltenstherapeutische Ansätze

5. Medikamentöse Therapie

1. ERGOTHERAPIE

• hat das Ziel Menschen mit Demenz bei Alltagshandlungen zu unterstützen und ihre

Lebensqualität zu verbessern.

• trainieren von Fähigkeiten, um konkrete Aufgaben zu bewältigen –

• körperlich, kognitive oder psychosoziale Fähigkeiten

• das kann das Singen von Liedern sein, die schöne Erinnerungen wecken, oder eine

einfache Montagearbeit oder den Tisch decken.

• Menschen mit Demenz Erfolgserlebnisse vermitteln und das Selbstwertgefühl

steigern.

2. MUSIKTHERAPIE

• Singen und Musizieren ist der Königsweg in der Therapie bei Menschen mit

Demenz und/oder geistiger Behinderung.

• Die Fähigkeit zu singen und das Erinnern von Liedtexten bleiben lange erhalten.

• Erinnerungsarbeit durch Musik

• körperliche Aktivität mit Musik: Sitztanz, Gymnastik und Tanzen

3. VERHALTENSTHERAPEUTISCHE ANSÄTZE vor allem bei Verweigerungsverhalten

Gründe für die Verweigerung:

• Anforderung wird nicht verstanden

• um Aufmerksamkeit zu erhalten

• Scham (z.B. beim Waschen)

durch Belohnung positives Verhalten verstärken Belohnung ist etwas, was dem

Menschen sehr wichtig ist. Das kann etwas zum Essen sein, verbales Lob, eine Münze …

4. MEDIKAMENTÖSE THERAPIE

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Mit zunehmendem Altern wird die Gabe von Medikamenten schwieriger.

Da vor allem Muskelmasse im Alter abnimmt werden viele Medikamente im Körper mehr

verteilt, und sind so sind stärker und länger wirksam. (Wechselwirkung

Durch Multimorbidität im Alter – mehr Medikamente = mehr Wechselwirkung.

deshalb gilt das Motto: start low, go slow“ (mit niedriger Dosierung beginnen, langsam

steigern)

• Medikamente zur Stärkung des Gedächtnisses und intellektuellen Leistung, z.B.

Ginkgo, Antidementiva

• Medikamente zur Besserung von Verhaltensstörungen - Psychopharmaka

• Regelmäßige Untersuchungen des allgemeinen Gesundheitszustandes

• Im Spätstadium: viele Erleichterungen bei verschiedenen körperlichen

Problemen

ANTIDEMENTIVA

• Vorübergehende Zunahme von Aufmerksamkeit, Anteilnahme und Gesprächigkeit möglich.

• Fortschreiten der Symptome kann über mindestens 1 Jahr aufgehalten werden. • Stillstand der Krankheit ist bereits ein Behandlungserfolg! • Nachweisbare Erfolge bei erwachsenen Patienten mit Down-Syndrom!

PSYCHOPHARMAKA

• Medikamente zur Verbesserung von Verhaltensstörungen.

• Störungen wie Unruhe, Wahnvorstellungen, Feindseligkeit und Aggressivität werden

mit Neuroleptika behandelt

• Depressionen mit Antidepressiva

Aber: bei Verhaltensstörungen sollen Medikamente nie zuerst und nie allein eingesetzt

werden!

SCHMERZMITTEL

Menschen mit Demenz bekommen weniger Schmerzmittel. Warum?

• Sie können sich sprachlich weniger gut äußern.

• Wortbedeutung (z.B. Schmerzen)geht verloren – semantische Störung

• Wahrnehmungsstörungen – körperliches Empfinden, Unwohlsein zu orten und

auszudrücken geht verloren (Beispiel: Hosenbund)

• „aua“ steht stellvertretend für Missempfindungen

• Multimorbidität – zusätzlich mind. 5 Erkrankungen

SCHMERZEN

• 80 % der Pflegeheimbewohner haben Schmerzen.

• Ca. ¼ kann Schmerzen nicht mitteilen, dazu gehören viele Demenzkranke

• Nonverbale Äußerungen werden meist nicht als Ausdruck von Schmerzen erkannt.

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• Es wird meist nur das herausfordernde Verhalten gesehen, wie Aggression, Abwehr,

Schreien, Unruhe

• die Behandlung von Schmerzen erleichtert die Pflege.

SCHMERZMANAGEMENT

• Fest angesetzte medikamentöse Therapie statt Bedarfsmedikation

• Beobachtung des Gesichtsausdrucks

• Vorausschauende Schmerzmittelgabe, d.h. bevor der Schmerz entsteht!

• Systematisches Erforschen, ob der Mensch mit Demenz Schmerzen hat.

• Verwendung von Schmerzmitteln (Analgetika, wie Paracetamol, Benuron) – wenn

möglich und angemessen

• Opiate - können zu verstärkter Verwirrtheit führen.

• Schmerzmittel haben dehydrierende Wirkung und somit droht Gefahr von Delir und

Verstopfung.

VERSORGUNGSSTTRUKTUR

Kein europäisches Land verfügt bisher über eine optimale Versorgungsstruktur für geistig

behinderte Menschen mit Demenz..

Es gibt aber positive Beispiele, z.B. eine Memory Klinik in Irland, die Menschen mit geistiger

Behinderung untersucht, bei denen Verdacht auf eine Demenz besteht.

Eine weitere Entwicklung ist die Einführung einer beruflichen Qualifikation zum Thema

Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung.

In Deutschland muss man sich die Modelle und Projekt anschauen und sich über die

gemachten Erfahrungen informieren.

Weiter ist eine engere Zusammenarbeit mit der Altenhilfe nötig. Welche Konzepte gibt es für

Wohngruppen oder Tagespflege für Demenzkranke.

Für Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz müssen passende Screenings gefunden

werden.

FAZIT:

Es muss eine angemessene Versorgungsstruktur aufgebaut werden, da in den nächsten

Jahren viele Menschen mit geistiger Behinderung an einer Demenz erkranken werden.