12
XVIII. Aus dem Pharmakologischen Institut Miinster i. W. Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intraveniiser Zuekerzufuhr. Von Otto giittemann. (Mit 2 Kurven.) (Eingegangen am 31. VIII. 1930.) 57aeh Bang (1)verliiuft sowohl die durch enterale als auch dureh intravenOse Zuckerzufuhr hervorgerufene }typerglyk~mie bei hungernden Kaninehen anders ats be~ geftitterten. Es ist ni~mlieh die absohte HShe des Bhtzuckerwertes und die Dauer der Hyperglykiimie bei hungernden Kaninehen grOBer. Bei der I-Iyperglykhmie dureh Adrenalin besteht ein prinzipieller Untersehied zwischen Kaninehen im Futter- und Hunger- zustand nicht, doeh setzt bei letzteren der Beginn der Hyperglyk~mie etwas spi~ter ein. Folgende Versuehsreihen geben einen kurzen Uberblick iiber das Verhalten der Blutznckerkurve bei intravenSser Zuckerzufuhr. 1. Versuchsreihe. Tabelle 1. Injektion yon 10 ccm 20%iger ZuckerlSsung bei gdtitterten Kaninchen. Kaninchen iNr ........... 1 2 3 ,l Gewicht in g .......... 1950 9500 2200 2600 Zeit nach der Injektion in Minuten Blutzucker in mg % 0 10 20 30 40 50 60 90 100 0,093 0.285 0;220 0,080 0,084 Harnzucker . . . . . . . . Spuren Zuckerschwund pro Stunde in g 2,4 Archiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 156. 0,085 0,101 0,244 0,410 0,207 0,260 o,i;3 o,i-;6 o, o o, 9 0,]-04 Spuren 0~06 g 2,6 2,5 17 0~097 0,266 0,166 O,105 0,092 Spuren 2.5

Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

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Page 1: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

XVIII.

Aus dem Pharmakologischen Institut Miinster i. W.

Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intraveniiser Zuekerzufuhr.

V o n

Otto g i i t t e m a n n . (Mit 2 Kurven.)

(Eingegangen am 31. VIII. 1930.)

57aeh Bang (1)verliiuft sowohl die durch enterale als auch dureh intravenOse Zuckerzufuhr hervorgerufene }typerglyk~mie bei hungernden Kaninehen anders ats be~ geftitterten. Es ist ni~mlieh die absohte HShe des Bhtzuckerwertes und die Dauer der Hyperglykiimie bei hungernden Kaninehen grOBer. Bei der I-Iyperglykhmie dureh Adrenalin besteht ein prinzipieller Untersehied zwischen Kaninehen im Futter- und Hunger- zustand nicht, doeh setzt bei letzteren der Beginn der Hyperglyk~mie etwas spi~ter ein.

Folgende Versuehsreihen geben einen kurzen Uberblick iiber das Verhalten der Blutznckerkurve bei intravenSser Zuckerzufuhr.

1. Versuchsreihe.

T a b e l l e 1.

Injektion yon 10 ccm 20%iger ZuckerlSsung bei gdt i t ter ten Kaninchen.

Kaninchen iNr . . . . . . . . . . . 1 2 3 ,l Gewicht in g . . . . . . . . . . 1950 9500 2200 2600

Zeit nach der Injektion in Minuten Blutzucker in mg %

0 10 20 30 40 50 60 90

100

0,093 0.285 0;220

0,080 0,084

Harnzucker . . . . . . . . Spuren Zuckerschwund pro Stunde in g 2,4 A r c h i v f. experiment. Path . u. Pharmakol . Bd. 156.

0,085 0,101 0,244 0,410 0,207 0,260

o,i;3 o,i-;6 o, o o, 9

0,]-04

Spuren 0~06 g 2,6 2,5

17

0~097 0,266 0,166

O, 105

0,092

Spuren 2.5

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254: XVIII. OTTO JIJ'TTENANN.

Es handelt sieh bier um normale Kaninehen im Futterzustand. Injiziert wurden je 10 eem einer 20%igen TraubenzuekerlSsung im Ver- lauf yon 10 N_inuten. Naeh durehsehnittlieh 40--50 Minuten ist der Zueker aus dem Blute versehwunden. Um deutliehe Vergleiehswerte zu erhalten, bereehneten wir naeh Abzug des im Harn wiedergefundenen Zuekers den innerMlb 1 Stunde aus dam Blute versehwundenen Zueker. Dieser stt~ndliehe Zuekersehwund betr~gt also in dieser Versuehsreihe ungef~hr 2,4--2,5 g.

2 . V e r s u c h s r e i h e .

Tabel le 2. Injektion von 10 eem 40% iger ZuekerlSsung bei gefi~tterten Kaninehen.

Kaninehen Nr . . . . . . . . . . 1 I 2 3 4 5 6 Gewieht in g . . . . . . . . . . ' 2900 i 2200 2930 2300 1825 2020

I

Zeit naeh der Injektion in Ninuten Blutzueker in mg o o

0 10 20 30 40 50 60 90

100 120 150

Itarnzueker in g' . . . . . . . . Zuckersehwund pro Stunde in g .

0,120 0,320

0,172

0,123 0,119 0,117

0,111 0,119

0,274 i 0,310

0,168 0,198

i i -- 0,163 i - - 0,117

0,108 -- 0,099 --

0,099

0,323

0.213

0,133 0,101

0,052 2,3

10,137 0,165 I 2 , 6 2,2

0,115

0,330

0,186 0,122

0,115 0,101

0,034 0,06 213 2,4

0,103 0,500

0,333 0,188

0,120 0,101 0,103 0,099

0,250 2,5

Wie vorher befinden sieh die Tiere lm Fntterzustand. Doeb wurden dieses Mal start 10 ecru einer 20%igen 10 eem einer 40%igen LSsung, also 4 g Traubenzucker innerhalb 10 Niinuten injiziert. Bei allen seehs Kaninehen ist naeh ungef~hr 100 Minuten der normale Blutzueker- spiegel wieder erreicht. Als ungef~hren sttindliehen Zuekersehwund erhalten wit aueh hier wieder 2,3--2,5 g. Der Zuekerschwund pro Stunde ist also wohl im wesentlichen unabh~ngig yon der ~Ienge des injizierten Zuekers.

Page 3: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenGser Zuckerzufuhr.

8. Y e r s u c h s r e i h e .

Tabel le 3. Injektion yon 10 ccm 40%iger Zucker!Osung bei Hungertieren.

255

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . . 1 I 2 3 ! 4 Gewicht vorher in g 1900 i 2350 2120 i 1850

i

�9 nachher . . . . . . . . 1605 2180 1760 1540 Zahl der Hungertage . . . . . . . 3 i 3 5 4

Zeit nach der Injektion in Minuten Blutzucker in mg%

0 90

120 150 180 210 240 2~0

Harnzucker in g . . Zuckerschwund pro Stunde in g

0,102 0,234 0,188 0,129

0917 0,108 0,107 0,234 1 ~52

07113 0 , 1 0 2 0,095 0,336 0 , 2 5 3 0,361 0,222 0,218 --- - - 0,163 0,243

0,189 0,129 --- 0,117 0 ,097 0,182 0,109 - - 0,t31

-- 0,099 07376 0 .411 0,293 0,968 1'20 0,927

Diese Versuche zeigen das Verhalten der Blutzuckerkurve bei Kanin-

chen, die 3 - - 4 - - 5 Tage lang gehungert hatten, ehe sie in den Versuch kamen. Injiziert wurden j e 10 ccm 40 %ige TraubenzuckerlOsung inner- Mlb yon 10 Minuten.

Der sttindliche Zuckerschwund ist bei diesen Tieren zwar nicht so iibereinstimmend wie bei den Kaninchen im Futterzustand, er betr~gt

o,3

o,2

41:

O,~- Air. 2 L 2, Re~he

J \

/ ~ \ \ o,z

-o Nn Z, ~ - I Re~he 3

.~ ,,, "\.,=..

Ml)lulen Ml;7uten i [ ; 0 i i i F r F, . . J

30 60 120 750 60 120 780 ZYO d00

Kurve ]. Kurve 2.

aber immerhin nur 1,0--1,5 g. Im Vergleich zu den gefiitterten Tieren mit einem sttindlichen Zuckerschwund yon 2,4--2,5 g i s t das ei:n deut- licher Unterschied. Der injizierte Zucker bleibt somit bei Kaninchen, die eine Zeitlang gehungert haben, wesentlich l~nger im kreisenden

17.

Page 4: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

256 XVIII. OTTO J~TTE~ANN.

Blute, ein Umstand, der vielleieht aueh fiir den hiJheren Harnzueker dieser Tiere verantwortlieh zu maehen ist.

Damit sind die Befunde B a n g s far die intraveniJse Zuekerzufuhr bestgtigt. Das hungernde Kaninehen vermag den intraven6s injizierten Zueker sehr viel langsamer zu verarbeiten als das gefiitterte Tier. Das ist zun~ehst tiberrasehend, sollte man doeh meinen, dag Kaninehen im Hungerzustand, deren Leber glykogenfrei, oder doeh zum mindesten glykogenarm ist, den verbrauehten Glykogenvorrat so bald wie m~g- lieh wieder ersetzen, d .h . den im Blute kreisenden Zueker m6gliehst bald als Glykogen in den hierftir vorhandenen Depots ablagern wiirden. Unsere Versuehe beweisen aber ein entgegengesetztes Verhalten.

Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist as, naeh Faktoren zu sueben, die ftir den versehiedenartigen Ablauf der Blutzuekerkurve im Hunger- und im Futterzustand verantwortlieh zu maehen sind. Dabei war zungehst an das vegetative Nervensystem und an die Drtisen mit innerer Sekretion zu denken. Wir untersuehten im folgenden zunaehst das Ver- halten der Blutzuekerkurve bei intraven~ser Traubenzuekerzufuhr naeh vorausgegangener Injektion yon E r g o t a m i n und A t r o p i n .

Far die enterale Zufuhr zeigte Pol lak (2), dag beide Nittel - - Ergo- tamin stoker als Atropin - - auf die tt6he des Blutzuekers und auf den Ver- lauf der Hyperglykgmie eine depressorisehe Wirkung austiben. Bei intra- ven~ser Traubenzuekerinjektion fand er diese Wirkung nieht. Uber den Einflul~ beider Mittel auf den Blutzueker herrsehen noeh vielfaeh UnMar- heiten. Lesser und Zipf (3) erzielten naeh der Injektion yon 5--10rag Ergotamin eine Senkung des normalen Blutzuekers um 14%. Roth l in (4) konnte diesen Befund nieht best~tigeI~. Nach Rothsch i ld und Jakob- sohn (5) ist die Ergotaminwirkung bei Mensehen und Tieren versehieden, indem sie beim Mensehen eine Hypo-, bei Tieren aber eine Hyperglyk~mie er- zielten. Rigo und Verszelsky (6) erhielten naeh Injektion Meiner Dosen yon 0,1--1,5 mg Ergotamin pro Kilogramm K6rpergewieht eine Senkung, bei grOl3eren Dosen yon 2,0--2,5 mg aber eine Steigerung des Blutzuekers. Diese Beobaehtung spri~ehe aueh far die Ansieht Baleys, naeh der die auf das autonome Nervensystem wirkenden Gifte zwei einander entgegengesetzte Wirkungen haben. Diese Zweiphasenwirkung wird bestgtigt dureh die Unter- suehungen yon S. Lang und 3/[. Vas (7).

Beim Atropin liegen die Verhgltnisse ghnlieh. Naeh Allard (8) und Ber t ram (9) beeinfhgt aueh das Atropin die aliment~r bedingte Blutzueker- kurve im Sinne einer Verflaehung, eine Tatsaehe, die Pol lak (2) far die alimentgre, nieht aber ftir die dureh intraven6se Traubenzuekerzufuhr hervor- gerufene Hyperglykgmie bestgtigen konnte. Bei den an Hunden vorgenom- menen Versuehen L6wenbergs (10) tritt naeh Atropininjektion die alimentare Hyperglykgmie verspgtet auf; aul3erdem ist der Verlauf der Blutzuekerkurve abgesehw~eht und verl~tngert. Beim Mensehen konnte er das Auftreten einer Hyperglyk~mie sogar vollst~indig unterdrtieken.

Page 5: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

Der Ablauf der Blutzuekerkurve nach intraven~iser Zuckerzufuhr. 257

Will man die Ve~suche mit intravenSser Zuekerinjektion richtig bewerten, so mu$ auSer anderen eine bestimmte Fehlerquelle bertiek- sichtigt werden. Es treten n~mlieh Temperatursteigerungen und damit StOrungen ira Verlauf der Blutzuckerkurve auf, wenn zur LSsung des Zuckers ~ficht einwandfreies, doppelt destitliertes Wasser verwandt wird. F r e u n d (11) hat nachgewiesen, dal~ diese Temperatursteigerung aus- bleJbt, wenn man als L~Jsungsmittel doppelt aus Quarzkolben destil- liert'es Wasser benutzt. Wir verwandten daher in unseren Versuehen ausschliel~lieh doppelt destilliertes Wasser und beobaehteten auch wah- rend der ganzen Dauer des Versuehes die Temperatur der Versue~hstiere. h'ur in zwei F~llen sahen wit leiehte Temperatursteigerungen nach der Zuekerinjektion. Diese beiden Tiere sehieden daher ftir den Versuch aus. Auch wurden im iibrigen nur solche Versuehe verwertet, bei denen die Tiere w~hrend der ganzen Dauer des Versuehes fieberfrei blieben. Wit fanden, wie die folgenden Versuche zeigen, auch bei intravenSser Injektion yon TraubenzuekerlSsung eine deutliche blutzuekersenkende Wirkung des Ergotamin und des Atropin und best~itigen damit die Be- fun@ P o l l a k s (2) bei aliment/irer Zufuhr. Seine abweiehenden Re- suttate bei intravenSser Zufuhr kiJnnten vielleieht mit der eben er- w~ihnten Feh]erquelle ihre Erkl~trung finden.

4. Yersuchsreihe. Tabel le 4.

Zuekerinjektion bei geft~tterten Tieren nach Ergotamin.

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . 1 2 3 Gewicht in g . . . . . . . . . . 2420 2830 1980

Zeit naeh der Injektion in Minuten Blutzueker in mg %

0 30 60 90

110 120 150

Harnzueker in ff . . . . . . . . . Zuckerschwund pro Stunde in g

0,099 0,119 0,385 0,376 0,236 0,229

-- 0,175 0,152 0,144 0,111 0,121 0,101 0,109

0,108 0,097 1,9--2,0 2,0

0,117 0,383 0~219 0,181

0,121 0,103

10 Minuten vor der Zuckerinjektion wurden nach der ersten Blut- entnahme I m g Ergotamin subkutan injiziert. Es handelt sieh bier um normale Kaninehen im Futterzustand. Injiziert wurden 4 g Trauben- zucker. Der sttindliche Zuckerschwund betragt durchschnittlich 1,9--2 g. Die Bhtzuekerkurve dieser Tiere im Futterzustand seheint de~nnaeh,

2,0

Page 6: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

258 XVIIL OTTO J(~TTE~J[AN~.

wenn auch nicht so stark, im Sinne einer Kurve bei hungernden Kanin- chen ver~ndert zu sein.

5. Yersuchsreihe. T a b e l l e 5.

Zuckerinjektiol~ bei Hungert ieren nach Ergot~min.

Kaninehen Nr . . . . . . . . . . . ! 1 2 3 i 4 Gewicht vorher in g . . . . . . I 2500 2180 2780 2470

Zahl der Hungertage . . . . . . . 4 " ' ~ 3

Zei~ nach der Injektion in Minuten Blutzucker in mg %

0 30 60 90

120 150 180

t tarnzucker in g Zuckerschwund pro Stunde in g

0,111 0,127 0,121 0.:333 0.385 0y98 01201 01317 0,247 0,164 0:208 0,169 0,120 01159 0,126 0.092 0 , l l l 0,I10 01101 i 0,120 0, 19 0,143 I ?

1,9--2,0 ] 1,6

0,111 0,338 0,228 0,145 0,108 0,107 0,113

0,201 10,235 1,9 1,9

Diese in entsprechender Weise an hungernden Kaninchen vorge- nommenen Versuche zeigen, alas Ergotamin in der yon uns angewandten Dosis den Zuckerschwund hungernder Kaninchen eher etwas verzSgert. Eine Erklarung kfnnen wir dafiir nicht geben. 0ben wurde schon auf die doppelte Wirkungsrichtung des Ergotamin hingewiesen, far die die GabengrSl~e oder die Empfindlichkeit der verschiedenen Versuehstiere verantwortlich zu machen ist.

Die beiden folgenden Versuchsreihen zeigen entsprechende Versuche mit Atropin.

6. Yersuehsreihe. Tabel le 6.

Zuckerinjekt ion bei geft i t terten Tieren nach Atropin.

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . 1 2 3 i 4 Gewicht in g . . . . . . . . . . 1820 1950 1810 i 2203

Zeit nach der Injel~tion in Ninuten Bla~zucker in mgO/o

0 10 20 30 60 90

120 150

Harnzucker in g . . . . . . . . . Zuckerschwund pro Stunde in g

0,097 0,385

0,145 0,106 0,124

? 2,0

0,106 0:081

--- 0:234 0,206 0,185 0.197 0,143 01123 0~124 0,102 0,101 0,102 0,13 2,0

0,09 2,5

0,097

0,407 0,213 0,173 0,125 0,106 0,114

? 2,5

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Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenSser Zuckerzufuhr. 259

5/ach der ersten Blutentnahme wurde ~/2 Stunde vor der Zucker- injektion (4g Traubenzucker) 0,Smg~ 1/~ Stunde nachher nochmals 0,5 mg Atropin injiziert. Bei einem stiindlichen Zuckerschwund yon 2--2,5 g kann bier yon einer die Hyperglyki~mie beeinflussenden Wir- kung des Atropins nicht die Rede sein.

7. Yersuehsreihe. Tabe]le 7.

Zuckerinjektion bei Hungertieren llach Atropin.

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . ! 1 2 :3 Gewicht vorher in g . . . . . . . 2250 2350 2 0 3260

~> nachher in g . . . . . . 1985 2100 2190 i 2920 Zahl der Hungertage . . . . . . . 3 3 3 I 4

Zeit nach der Injektion in Minuten Bhttzucker in mg o o

0 30 60 90

120 150 180

tIarnzucker in g . . . . . . . . Zuckerschwund pro Stunde in g

0,097 0,090 0,112 0,385 0,349 0,359 0,316 0,276 0,281 0,259 0~233 0,197 0,187 0,157 0,159 0,130 0,122 0,124 0,108 0~099 0,105

0.279 0,13 0,32 1148 1,56 1,50

0~:Lll 0,368 0,285 0,211 0,154 0,I20 0,121

? 1,,50

Mit derselben Versuehsanordnung wie vorher zeigt diese Versuchs- reihe die Wirkung des Atropins bei hungernden Kaninchen. Der stiind- lithe Zuckerschwund betr~gt durchschnittlich 1,5 g. Das Atropin verh~lt sich demnach bei hungernden Kaninchen ebenso wie das Ergota~min.

Auf Grund zahlreieher Untersuehungen kamen Eppinger. , F a l t a und Rud inger (12) zu der Ansicht, dal~ zwischen der Bauchspeichel- drtise und der Schilddriise ein gewisser Antagonismus best~nde. Be- st~rkt werden wir in dieser Ansicht durch die Untersuchtmgen yon Okumura (13). Sie konnten zeigen, daf~ bei thyreopriven Tieren eine Adrenalinhyperglyk~mie schwerer zu erzielen ist als bei normalen. Tieren. Eine durch Pilokarpin bei normalen Tieren hervorgerufene Hyper- glyk~mie sahen Holm und Borns t e in (14) bei thyreoprive~L Tieren verzSgert auftreten. Im folgenden haben wir eine Reihe yon Versuchen angestellt, die das VerMlten der durch intravenSse Zuckerinjektion hervorgerufenen ttyperglyk~mie bei thyreopriven Kaninchen darlegen.

Die Tiere wurden frtihestens 4 Wochen nach der Schilddriisen- exstirpation in den Versuch genommen. Nur solche Tiere wurden ver-

Page 8: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

260 XVilI. OTTO JOTTEMANRL

wandt, die dureh die Ge~dehtszunahme eine deufliche Entwicklung des r Stoffweehsels zeigen. Injiziert wurden auch hier wieder je 10 ecru einer 40%igen TraubenzuekerlSsung und Versuehe angestellt an gefiitterten und an hungernden Kaninehen.

8. Y e r s u e h s r e i h e .

Tabe l l e 8.

Zuckerinjektion bei ~hy~eopriven Tieren im Fut~er.

Kaninchen Nr ............ I 2 3 4 Gewicht in g . . . . . . . . . . 2830 2130 ] 2280 2790

Zeit nach der Injektion in Minuten Blutzucker in ragO/o

0 3 0 60 90

100 110 120

0,108 0,268 0,194 0,145 0,111

0,105

0,089 ! 0,106 0,262 0,373 0,176 ] 0~237 0,139 0,166

- - 0,I39 0,107 0,101 0,108

0,117 0,293 0,176 0,129

0,102 0,103

Harnzucker . . . . . . . . . . 0,057 g i Spuren 0,103 g] ? Zuckerschwund pro Stunde in g ' . . 2,4 ] 2~4 2--2,5] 2fi

Da der sttindliche Zuckersehwund durchschnittlich 2,4--2,5 g be- tragt, ist ein Abweichen vom normalen Verlauf nicht festzustellen. Bei thyreopriven Kaninchen im Hunger liegen abet die VerMltnisse wesent- lich anders.

9. Yersuehsreihe. Tabe l l e 9.

Zuckerinjektion bei thyreopriven Tieren ira Hunger.

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . . 1 2 3 4 Gewicht vorher in g . . . . . . 2790 2210 2305 2680

jaachher . . . . . . . . . 2500 1950 '2090 2450 Zahl der Hung'ertage . . . . . . . . 4 4 3 3

Zeit nach der Injektion in Minuten Blutzucker in mgO/o

0 30 60 90

120 150

H a r n z u c k e r in g . . . . . . . . . Zuckerschwund pro Stunde in g . .

0.102 0)57 0,247 0,176 0,129 0,099

0,017 2,0

0,101 0,095 0,379 0,343 0,231 0,211 0,154 0,108 0,111 0,099 0,107

0,274 0,065 2,0 2,6

0,099 0,321 0,237 0,139 0,107

0,089 ?

2,0

Page 9: Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenöser Zuckerzufuhr

Der Ablauf der Blutzuckerkurve naeh intravenSser Zuekerzufuhr. 261

Wi~hrend wir bei normalen Kaninchen noch nach 3 Stunden Blut- zuckerwerte yon 0,189, 0,182 rag% usw. erhielten, wenn sie entspre- ehende Zeit lang gehungert hatten, ist hier der normale Blutzucker- spiegel durchschnittlich sehon nach 90--120 )/Linuten erreicht. Der Zuckerschwund pro Stunde betri~gt ungefi~hr 2,0 g. Das Fehlen tier Schilddriise hat, wie aus den Versuehen ersichtlich, ein sehnelleres Sinken des Blutzuckers im Hunger zur Folge.

In den beiden folgenden Versuchsreihen injizierten wit 10 YSinuten vor der Zuckerinjektion (4 g Trauberzueker) 1 mg Ergotamin subkutan bei thyreopriven Kaninchen.

10. Versuehsreihe.

Tabelle 10. Zuckerinjektion bei geftitterten th3u'eopriven Tieren naeh Ergotamin.

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . . l 2 [ 3 Gewicht in g . . . . . . . . . . 2479 2900 i 2200

Zeit nach der Injektion in ]Kinuten Blutzueker in mg'O/o

0 30 45 60 90

120

ttarnzucker in g . . . . . . . . Zuckerschwund pro Stunde in g .

0,127 0,263 0~193 0,159 O,12t 0,111

0,108 0,257 0,219 0,169 0,131 0,102

0,096 ! ? 2,6 i 2 - 2 , 5

0,111 0,311 0,235 0,184 0,139 0,099

0 101 2,6

11. Yersuchsreihe.

T a b e l l e 11.

Zuckerinjektion bei thyreopriven Tieren im Hunger naeh Ergota:min.

Kaninchen Nr . . . . . . . . . . . 1 2 3 .4 Gewicht vorher in g . . . . . . 2420 3005 2550 1895

nachher . . . . . . . . . 2290 2850 2417 1630 Zahl der Hungertage . . . . . 3 3 3 4

Zeit nach der Injektion in Minuten Blutzueker in mgO/o

0 30 45 60 90

120 150

Harnzucker in g . . . . . . . . . Zuckerschwund pro Stunde . . .

0,128 0,385

0,2-84 0,179 0,127 0,084

9

2,6

0,100 0,347

0,219 0,148 0,099 0,110

0,101 2,2

0,102 0,345 0,294 0,227 0,184 0,130 0,097

0,096 1,9--2,0

0,089 0,331

0,267 0,2167 0,121 0,103 0 147 1,9

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262 XVIII. OTTO JOTX'~N.

Eine Beeinflussnng der Blutzuekerkurve bei geftitterten Tieren dureh Ergotamin ist aus diesen Versuehen nieht ersiehtlieh. Bei t.hyreopriven Kaninehen im Hungerzusta.nd sollte man nnseren fr~iheren Ergebnissen entspreehend eine ge~dsse Summation der Wirkung der Sehilddr~isen- losigkeit nnd tier Ergotaminwirkung erwarten. Wie die 11. Versuehs- reihe zeigt, tritt aber das Gegenteil ein (s. Tabelle 11).

Der st~lndliehe Zuekersehwund unterseheidet sieh kaum von dem bei nieht mit Ergotamin vorbehandelten thyreopriven Tieren. Eine Summation der Einzelwirkungen tritt also bei thyreopriven Kaninchen im Hungerzustand nieht ein.

Bang (1) und spgter T r a u g o t t und S t aub (15) konnten beob- aehten, dag naeh mehrfaehen Zuekergaben tier Blutzueker immer weniger ansteigt, wenn diese Zuekergaben in kurzen Zeitabstgnden ge- geben werden. Aus einer grofien Zahl yon Arbeiten geht klar hervor, dab ftir das rasehere Versehwinden tier sp~ter eingeftihrten Zueker- mengen die jeweilige Insulinmenge im Nu t verantwortlieh ist. Somit wt~rde der eingefiihrte Zueker selbst einen insulinsekretorisehen Reiz ausl0sen. Daraus ergibt sieh die Folgerung, dab im Hungerzustand oder bei Kohlehydratkarenz die Insulinproduktion herabgesetzt ist. In der gleiehe~ Riehtung spreehen die Ergebnisse A b d e r h a l d e n s und W e r t h e i m e r s (16), naeh denen die mit Kohlehydraten, Fett und Eiweig ernghrten Ratten naeh bestimmten Insulingaben hypoglykgmisehe Krgmpfe bekamen, kohlehydratfrei ernlihrte Ratten bei der gleichen Insulindosis dagegen nieht. Die Aut0ren sehliel~en daraus, dal~ im ersten Falle die bereits vorhandene endogene und die exogen zugefilhrte Insulinmenge sieh addiert und die Krgmpfe ausgelSst haben; im zweiten Falle w~re dann nur wen.ig oder ttberhaupt kein endogenes Insulin vor- handen gewesen.

Wir kiSnnen also annehmen, daft im Hunger die Insulinproduktion herabgesetzt ist. Daf~ar sprieht aueh die Vergnderung, die man am Pankreas hungernder Tiere finder; es ist deutlieh derber. Bei lgngerem Hunger kommt es zu atrophisehen Prozessen desselben. Die Erfahrung mit dem ~>Hungerdiabetes q sprieht gleiehfalls daffir. Bei langem Hunger erliegen naeh H o f m e i s t e r (17) Hunde diesem sogenannten ~>Hunger- diabetes q.

Noeh ein weRerer Gesiehtspunkt ergibt sieh ftir die Deutung der Versuehe am hungernden Kaninehen. Im Hnngerzustand ist rt~mlieh das S~urebasengleiehgewieht naeh der sauren SeRe hin versehoben. Aus der Literaturzusammensetzung yon Meyer (18) geht nun Mar her-

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Der Ablauf der Blutzuckerkurve nach intravenSser Zuckerzufuhr, 263

vor, dab die Insulinwirkung dureh die Azidosis gehemmt wird. Das Verhalten der Hungertiere erkt~rt sieh somit dureh die herabgesetzte I n su l i np roduk t ion und dureh Herabsetzung der In~ulinwirkung im Hunger.

Bezfiglieh der Ergotaminwirkung mSehten wir noeh die Versuehe yon B u r n (19) hervorheben. Er konnte zeigen, dal~ kleine Insulin- gaben, die an sieh keine hypoglykamisehen Kr~mpfe zur Folge haben, diese auslSsen, wenn den Tieren 2 Stunden vor der Insulininjektion 5 mg Ergotamin injiziert werden. ])as spr~ehe ftir eine Steigerung der Insulinwirkung dureh Ergotamin.

Wenn naeh B o r n s t e i n und Vogel (14) nieht nut die ]_~;eizung des Sympathikus, sondern aueh die Reizung des Parasympathikus eine Hyperglykhmie zur Folge hat, so wird es ~Terst~ndlieh, dab naeh Aus- sehaltung des Parasympathikus dureh Atropin die Dauer der I-Iyper- glyk~mie bei hungernden Kaninehen kiirzer ist als bei Kaninehen im Hunger ohne Atropin.

Der Antagonismus der Sehilddrtise gegen das Pankreas ist bekannt. Bodansk i (20) und D u e h e n a u (21) haben gezeigt, dal~ die Insulin- empfindliehkeit dutch Exstirpation der Sehilddriise erheblieh gesteigert wird. Sie konnten beobaehten, dab Kaninehen, denen 2--5 Woehen vorher die Sehilddriise exstirpiert wurde, gegen Insulin viel empfind- lieher waren als normale Tiere. Andererseits geht aus einer Arbeit yon KSnig (22) Mar hervor, dal~ der hyperthyreotiselae Zustand zu einer starken Herabsetzung der Insulinwirkung ftihrt. Damit ist aueh die Ab~nderung der Blutzuekerkurve im Hunger bei sehilddriisenlosen Kaninehen erkl~trt.

Zusammenfassend haben also die Versuche zuniichst ergeben, da] unabhi~ngig ~von der Menge des zugeftihrten Zuckers beim geftitterten Kaninchen - - naeh Abzug des im Harp ausgesehiedenen Zuckers und unter Beriieksiehtigung der Dauer der Hyperglyki~mie - - in 1 Stun@ mit sehr geringer Streuung durchsehnittlieh 2,43 g Zueker aus dem Blute versehwinden (zehn Versuehe, Maximum 2,6 g, Minimum 2,2 g). Beim Hungertier ist der Stunden~ert des Zuekersehwundes auf 1,1 g herabgesetzt als Ausdruek fiir das im Hunger stark verringerte Ver- mSgen, den Zucker anzusetzen oder zu verarbeiten. Dieser verlangsamte Zuekerschwund des Hungertieres ist mit gr56ter Wahrseheinlichkeit der Ausdruek einer herabgesetzten Insulinproduktion. Die Rolle der Leber- funktion und ihre Sehi~digungen wurden bei den vorliegenden Versuehen nicht bertieksiehtigt.

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26r XVIII. OTTO J~TTEMA~N.

Werden durch Ergotamin oder durch Schilddrtisenexstirpation die Gegenwirkungen abgeschwi~eht, die naeh den bekannten Ansiehten unter normalen Verhi~ltnissen gegen das Pankreas antagonistiseh wirken, so ~4rd dadurch der Verlauf der Hyperglyki~miekurve im Hunger beschleu- nigt, also der Stundenwert des Zuekerschwundes den Werten angen~hert, die sieh sonst bei den geftitterten Tieren finden. Das Atropin hat, wenn tiberhaupt, nur einen ganz schwachen steigernden Einflul~ auf den Zuckerschwund des Hungertieres. Die Hyperglyki~miekurve der ge- ftitterten Tiere ist naeh den untersuehten Einwirkungen gegentiber dem ~ormalzustand dureh Atropin nieht sieher veri~ndert.

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