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Freiheit und Determination Der Begriff der Freiheit in Philosophie und Naturwissenschaft

Der Begriff der Freiheit in Philosophie und Naturwissenschaft

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  • Der Begriff der Freiheit in Philosophie und Naturwissenschaft
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  • Die Grundbedeutung von Freiheit Freiheit bedeutet umgangssprachlich, tun zu knnen, was man will. Freiheit ist die Fhigkeit, sich ohne uerliche Hindernisse oder Einflsse bewegen, verhalten oder bestimmen zu knnen. (Enzyklopdie Philosophie) Freiheit bedeutet also die Fhigkeit und die Mglichkeit selbstbestimmt zu handeln.
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  • Die Bedingungen der Mglichkeit der Freiheit Wovon hngt nun Freiheit (als die Fhigkeit und die Mglichkeit selbstbestimmt zu handeln) ab? => vgl. Michael Pauen: Freiheit als Selbstbestimmung Welche Bedingungen fr freie Handlungen werden von Pauen angefhrt?
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  • Freiheit als Selbstbestimmung Freie Handlungen drfen nicht unter Zwang zustande gekommen sein. Als Zwang gelten solche externen Einflussfaktoren, die das Zustandekommen einer Handlung gegen den Willen des Handelnden bewirken oder bewirken knnen.
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  • Freiheit als Selbstbestimmung Freie Handlungen drfen nicht zufllig d.h. unabhngig vom Handelnden zustande gekommen sein. Sie mssen dem Handelnden zugeschrieben werden knnen.
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  • Freiheit als Selbstbestimmung: uere und innere Freiheit Es kann unterschieden werden zwischen: uerer Freiheit => Handlungsfreiheit innerer Freiheit => Willensfreiheit
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  • Freiheit als Handlungsfreiheit Handlungsfreiheit => uere Freiheit Handlungsfreiheit ist dann gegeben, wenn die ueren Umstnde so beschaffen sind, dass keine Zwnge meine Handlungsmglichkeiten einschrnken. Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will. (Jean-Jacques Rousseau)
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  • Freiheit als Handlungsfreiheit Handlungsfreiheit => uere Freiheit Infolgedessen ist eine grundlegende Bedingung fr Handlungsfreiheit, das Zusammenleben in einer Gesellschaft so zu organisieren, dass die Handlungsmglichkeiten des Einzelnen mglichst wenig eingeschrnkt werden. Diesem Problem widmen sich Staatsphilosophen wie Thomas Hobbes (Der Leviathan) oder Jean-Jacques Rousseau (Der Gesellschaftsvertrag).
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  • Freiheit als Handlungsfreiheit In diesem Zusammenhang stellt sich grundstzlich das Problem der Vereinbarkeit meiner Handlungsfreiheit mit der Handlungsfreiheit meiner Mitmenschen. Die Freiheit eines jeden hat als logische Grenzen die Freiheit der anderen. (Alphonse Karr) Diese Bedingung von Handlungsfreiheit soll in Gesellschaften beispielsweise durch die Garantie der Menschenrechte erfllt werden.
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  • Freiheit als Willensfreiheit innere Freiheit => Willensfreiheit Willensfreiheit ist dann gegeben, wenn ich mir Handlungsziele setze, die ich frei whle. Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhngig von aller Beschaffenheit der Gegenstnde des Wollens) ein Gesetz ist. Das Prinzip der Autonomie ist also: nicht anders zu whlen, als so, dass die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien. (Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten II: Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit)
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  • Freiheit als Willensfreiheit Freie Handlungen mssen dem Handelnden zugeschrieben werden knnen. Zuschreibbar ist eine Handlung [] dann, wenn [] erst der Bezug auf [den Handelnden] selbst verstndlich machen kann, warum in der gegebenen Situation die Handlung x und nicht die Handlung y vollzogen worden ist.
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  • Freiheit als Selbstbestimmung Eine zentrale Rolle in der Erklrung dafr, dass ein Handelnder eine bestimmte Handlungsoption einer anderen Option vorgezogen hat, spielen die personalen Prferenzen einer Person. Personale Prferenzen sind spezifische berzeugungen, Wnsche und Dispositionen, die eine Person als ein ganz bestimmtes Individuum gegenber anderen Individuen auszeichnen.
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  • Freiheit als Willensfreiheit Freiheit als Willensfreiheit basiert auf drei Bedingungen: Eine freie Handlung darf keinerlei Zwang unterliegen. (Autonomieprinzip) => Kontrollbedingung Eine freie Handlung hat eine Person zum Urheber und kann folglich dieser Person auch zugeschrieben werden. (Urheberprinzip) => Urheberschaftsbedingung Eine freie Handlung setzt die Mglichkeit der Wahl zwischen Alternativen voraus. => Bedingung des Anders-Handeln-Knnens
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  • Freiheit als Willensfreiheit Willensfreiheit ist dann gegeben, wenn diese drei Bedingungen erfllt sind. Diese Vorstellung der Willensfreiheit fhrt zu einem grundstzlichen Problem: Inwieweit ist der Mensch durch Natur und Umwelt in seinem Verhalten festgelegt (determiniert), auch wenn er frei von ueren d.h. von anderen Menschen ausgehenden Zwngen und Einflssen ist? => vgl. Thomas Nagel: Pfirsich oder Torte? (Standpunkte der Ethik, S. 105)
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  • Die Auffassung des Determinismus Determinismus bezeichnet die Vorstellung, dass alle Ereignisse in der Welt in anderen Ereignissen hinreichende Ursachen haben. Zu jedem Zeitpunkt des Weltverlaufs ist durch den jeweiligen Zustand der Welt und die Naturgesetze genau festgelegt, wie es weiter geht. Somit ist vorausgesetzt, alle relevanten Daten liegen vor - exakt vorhersagbar, was geschehen wird, also auch, wie wir uns entscheiden und verhalten werden.
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  • Das Problem der Freiheit Inwieweit kann von Freiheit gesprochen werden, wenn der Mensch durch den jeweiligen Zustand der Welt und die Naturgesetze in seinem Verhalten festgelegt (determiniert) ist?
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  • Determinismus und Willensfreiheit - grundstzliche Positionen Zu diesem Problem lassen sich drei grundstzliche Positionen feststellen: Inkompatibilismus => (Willens-)Freiheit ist mit dem Determinismus unvereinbar. Libertarianismus => Der Determinismus ist falsch. Kompatibilismus => (Willens-)Freiheit ist mit dem Determinismus vereinbar.
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  • Determinismus und (Willens-)Freiheit - grundstzliche Positionen Inkompatibilismus => (Willens-)Freiheit ist mit dem Determinismus unvereinbar. Zu jedem Zeitpunkt des Weltverlaufs ist durch den jeweiligen Zustand der Welt und die Naturgesetze genau festgelegt, wie es weiter geht. Es gibt folglich keine Willensfreiheit. Wenn der Determinismus wahr ist, dann sind unsere Handlungen die Konsequenzen der Naturgesetze und von Ereignissen in ferner Vergangenheit. Doch steht nicht in unserer Macht, was geschah, bevor wir geboren wurden, und auch nicht in unserer Macht, wie die Naturgesetze beschaffen sind. Also stehen die Konsequenzen dieser beiden Dinge (zu denen auch unsere gegenwrtigen Handlungen gehren) nicht in unserer Macht. (Peter van Inwagen)
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  • Die Position des Inkompatibilismus Der Determinismus impliziert, dass sich die Welt zu jedem beliebigen Zeitpunkt nur auf genau eine Weise weiter entwickeln kann. Wenn der Determinismus wahr ist, ergibt sich jede meiner Handlungen mit Notwendigkeit aus frheren Ereignissen und den Naturgesetzen. Fr diese frheren Ereignisse gilt ebenso, dass sie sich mit Notwendigkeit aus noch weiter zurck liegenden Ereignissen und den Naturgesetzen ergeben usw.
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  • Die Position des Inkompatibilismus Wenn der Determinismus wahr ist, dann kann ich mich niemals anders entscheiden und niemals anders handeln, als ich es tue. Wenn der Determinismus wahr ist, dann gehen meine Entscheidungen und Handlungen nicht auf mich zurck, sondern auf die vorhergehenden Ereignisse, durch die sie determiniert sind. Wenn der Determinismus wahr ist, dann knnen meine Entscheidungen und Handlungen nicht frei sein, weil von vornherein feststeht, wie ich mich entscheide und wie ich handele. Wenn der Determinismus wahr ist, gibt es somit keine Willensfreiheit. Determinismus und Willensfreiheit sind also inkompatibel.
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  • Determinismus und (Willens-)Freiheit - grundstzliche Positionen Kompatibilismus => (Willens-)Freiheit ist mit dem Determinismus vereinbar. Der Determinismus ist richtig (d.h. die Naturgesetze sind gltig). Dennoch ist es mglich und sinnvoll, von einem freien Willen zu sprechen. => vgl. Peter Bieri: Der absolut freie Wille ein Alptraum
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  • Determinismus und (Willens-)Freiheit - grundstzliche Positionen Vertreter des Kompatibilismus gehen davon aus, dass ich eine bestimmte Handlung ausfhre, wenn es meine Wnsche und meine Entscheidungen (meine personalen Prferenzen) sind, die mich zu dieser Handlung veranlassen. Bestimmte Wnsche sind dann meine Wnsche, wenn ich sie als meine Wnsche anerkenne, wenn ich mich mit ihnen identifiziere, wenn ich fr sie Verantwortung zu bernehmen bereit bin. Wenn das so ist, dann knnen Wnsche und Entscheidungen aber auch dann meine Wnsche und Entscheidungen sein, wenn sie von verschiedenen Einflussfaktoren determiniert sind.
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  • Determinismus und (Willens-)Freiheit - grundstzliche Positionen Vertreter des Kompatibilismus behaupten also nicht, dass Menschen als Wesen ohne alle Wnsche und Absichten auf die Welt kommen, um dann aus dem groen Arsenal auszuwhlen diesen Wunsch htte ich gern und diese Absicht und dann vielleicht auch noch jenes Ziel. Diese Idee ist sogar vllig absurd; denn ein Wesen ohne Wnsche und Absichten htte gar kein Motiv, sich berhaupt Ziele und Absichten zuzulegen, und es htte auch gar keine Kriterien, nach denen es auswhlen knnte. (Ansgar Beckermann)
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  • Die Position des Libertarianismus Der Libertarianismus nimmt an, dass es neben der kausalen Determination meiner Handlungen durch frhere Ereignisse und die Naturgesetze eine so genannte Akteurskausalitt gibt: Damit ist das Verursachtsein durch eine Person - einen Akteur - gemeint. Wenn eine Handlung durch einen Akteur verursacht ist, dann ist sie nicht in dem Sinne durch andere Ereignisse verursacht, der Freiheit ausschliet.
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  • Die Position des Libertarianismus Die scheinbar klarsten Flle von Akteurskausalitt sind die Flle, in denen wir beispielsweise unsere Hnde, Arme und Beine bewegen. Es ist schwierig nachzuweisen, ob es tatschlich Flle von Akteurskausalitt gibt, die nicht auf Ereigniskausalitt zurck gefhrt werden knnen. Fr Akteurskausalitt gibt es keine empirischen Belege.
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  • Argumente gegen den Determinismus Grundstzlich gilt, dass der Determinismus kontra-intuitiv ist. Der Determinismus stellt unser gesellschaftliches Zusammenleben grundstzlich in Frage. Wenn wir annehmen, dass wir nie frei und daher auch nie verantwortlich sind, dann bedeutet das nicht nur, dass wir die gesamte Praxis juristischer Verurteilung und Bestrafung neu berdenken mssen, dann gert auch das alltgliche Verstndnis unserer zwischenmenschlichen Beziehungen ins Wanken.
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  • Argumente gegen den Determinismus Unser normales Miteinander-Umgehen ist nmlich geprgt von reaktiven Einstellungen: Wir sind dankbar dafr, wenn uns jemand etwas Gutes tut; wir nehmen es bel, wenn jemand uns schadet oder nicht den ntigen Respekt entgegenbringt; wir knnen unsere Mitmenschen lieben und hassen; und wir knnen mit ihnen diskutieren; wir knnen versuchen, sie zu berzeugen. Diese personalen reaktiven Einstellungen aufzugeben, ist uns schlechterdings unmglich.
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  • Argumente gegen den Determinismus Es ist keineswegs eine gesicherte und unumstliche naturwissenschaftliche Tatsache, dass zu jedem Zeitpunkt des Weltverlaufs durch den jeweiligen Zustand der Welt und die Naturgesetze genau festgelegt ist, wie es weiter geht. Die Quantenphysik hat gezeigt, dass es auch Raum fr Zufall gibt.
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  • Argumente gegen den Determinismus Bewusstseinsphnomene und damit auch die menschliche Freiheit lassen sich empirisch nicht erfassen. Sie sind uns nur in der Perspektive der ersten Person zugnglich. Sprechen Neurobiologen ber Freiheit, so verlassen sie ihre Disziplin. Sie betreiben Philosophie. Der Freiheitsbegriff kann nur mithilfe einer philosophischen Theorie erklrt werden kann.
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  • Argumente gegen den Determinismus
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  • Kritik am Determinismus Grundstzlich gilt, das der Determinismus kontra- intuitiv ist. Wenn wir annehmen, dass wir nie frei und daher auch nie verantwortlich sind, dann bedeutet das nicht nur, dass wir die gesamte Praxis juristischer Verurteilung und Bestrafung neu berdenken mssen, dann gert auch das alltgliche Verstndnis unserer zwischenmenschlichen Beziehungen ins Wanken.
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  • Kritik am Determinismus Unser normales Miteinander-Umgehen ist nmlich geprgt von reaktiven Einstellungen: Wir sind dankbar dafr, wenn uns jemand etwas Gutes tut; wir nehmen es bel, wenn jemand uns schadet oder nicht den ntigen Respekt entgegenbringt; wir knnen unsere Mitmenschen lieben und hassen; und wir knnen mit ihnen argumentieren; wir knnen versuchen, sie zu berzeugen.
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  • Kritik am Determinismus 1. Die personalen reaktiven Einstellungen gnzlich aufzugeben, ist uns schlechterdings unmglich. 2. Auerdem wre es irrational, die personalen reaktiven Einstellungen gnzlich aufzugeben, da wir dabei mehr verlieren als gewinnen wrden.
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  • Der Freiheitsbegriff des Existenzialismus Sartre geht davon aus, dass der Mensch ein Wesen ist, dessen Existenz seiner Essenz vorangeht. Das bedeutet, dass er keine bereits festgelegten Eigenschaften und auch keine bereits feststehenden Wertmastbe hat und in diesem Sinne frei ist. (Freiheit von) Der Mensch wird in die Welt geworfen und ist gezwungen, sich sein Wesen selbst zu schaffen. Zu dieser Art von Freiheit ist er verurteilt, weil er gezwungen ist, eine Wahl zu treffen, denn auch nichts zu tun, wre eine Wahl. (Freiheit zu)