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Der Burschenschafter Periodikum der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft 1 / 2017 1. Jahrgang Transskription Gründungsveranstaltung Jena Empfang Sprecher und Altherrenvorsitzende Arnulf Nöding Ergänzungsartikel

Der Burschenschafter...anhand der Werte als Handlungs-maßstab versuchen, brauchbare von wertlosen Ideen zu unter-scheiden. Die nutzlose Alternati-ve wäre, alle Ideen nacheinander

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Der Burschenschafter Periodikum der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft

1 / 20171. Jahrgang

Transskription

Gründungsveranstaltung JenaEmpfang Sprecher und AltherrenvorsitzendeArnulf Nöding

Ergänzungsartikel

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1. Allgemeine Gedanken zu einem Verband

• Allianzen - Netzwerke – Verbände

• Vision – Strategie – Ziele in einer Allianz

• Wechselbad der Gefühle• Komplexität – Varianz –

Dynamik

1.1. Verbände, Netzwerke und Allianzen

Verbände, Netzwerke und Allian-zen und deren Arbeit folgen in der heutigen Zeit nur einen Duk-tus: der Zusammenschluss soll ei-nen Mehrwert schaffen, der mehr ist, als die Summe seiner Einzeltei-le/ Mitglieder - für alle und jeden - und das macht die Angelegenheit zeitweilig nicht nur kompliziert, sondern mehr und mehr komplex. Einige Gedankensplitter dazu auf Basis, der Systemtheorie, Niklas LUHMANN und der sog. St. Galle-ner Managementschule.

Ein Verband ist ein lebendes Sys-tem und besteht aus Individuen, die alle frei in Ihren Entscheidun-gen, Ansichten, Meinungen und Kompetenzen sind. Die Grenzen eines solchen Systems auszulo-ten, ggf. zu harmonisieren und zu bestimmen, ist ein wesentlicher Bestandteil der Verbandsarbeit. Häufig wird leider vergessen, dass WERTE und nicht VERHAL-TEN einen Verband und seine Kultur bestimmen. Alle Mitglieder eines Verbandes sind deshalb an-zuhalten, eine präzise Unterschei-dung zwischen Verhaltens-Kultur und Werte-Kultur zu treffen.

• Verhaltens-Kultur besteht aus den Handlungsmustern, wie Vereinbarungen, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Korrektheit, rich-tigem Tragen der Verbands-nadel, Reaktion auf Provoka-tionen aus der Umwelt des Verbandes ... Sie wird erzeugt/ kann gesteuert werden durch Argumente, Anweisungen, Drohung, Belohnung, Strafe. Motto: „This the way we do it here“

• Die Werte-Kultur eines Ver-bandes besteht aus Verhal-tensmustern, wie Vertrauen / Misstrauen, Achtung / Mis-sachtung, Liebe / Hass, ... und wird erzeugt/ kann gesteuert durch die gemeinsame Idee, Erkenntnis, Ereignis, Erfahrung, Vorbild, ...

Warum meine ich, ist eine sol-che Unterscheidung wichtig? Im heutigen Verband muss auch dann gehandelt werden können, wenn Anweisungen oder Regeln zu Details nicht immer vorliegen. Moderne Organisationen - und ich rechne die ADB aus dem bis-herigen Erleben der Gründungs-veranstaltung dazu - benötigt die Werte-Kultur eines Verbandes al-sEntscheidungs Basis für autono-mes Handeln der Mitglieder.

Der Vorteil einer solchen wer-tebasierten Verbandskultur: im Gegensatz zum Verhalten, un-terliegen Werte nicht dem indi-viduellen Willen. Inhalte können sich verändern, Werte aber nicht gezielt verändert werden, sie ste-

Arnulf Nöding

Arnulf Nöding (B! Brunsviga, Göt-tingen) hat in Göttingen, Kiel, Straßburg und Freiburg i.Br. Volkwirtschaft, Geschichte und Geographie studiert und an der Fernuniversität in Hagen seinen MSc abgelegt. Er verantwortet als Director Political Relations/ Corporate Communications des Konzerns AREVA die politischen Verbindungsbüros, Berlin, Brüssel und Paris.

Als aktiver Reserveoffizier diente er in unterschiedlichen Verwen-dungen u.a. im Fallschirmjäger-bataillon 262, als Bataillonsführer Panzergrenadierbataillon 391, im Einsatzzeitraum 19.-21.Kontingent Afghanistan, sowie in versch. Stabsverwendungen.

Er kennt (noch) die DB, weiß um die Trennung der Brunsviga von der DB und erlebte als Aktiver und junger AH! die Neugründung der Neuen DB,. Aus seinem beruflichen Erfahrungen heraus weiß er um die Herausfor-derungen einer Verbandsgründung, einer Allianz von Gleichgesinnten Er verbindet hierbei den distanzierten Blick eines damals nicht direkt betei-ligten Burschenschafters, mit der Be-ratungserfahrungen und Mitarbeit in internationalen Grosskonzernen. Sei-ne Erfahrung: die eigentliche Arbeit beginnt erst nach der Ausrufung und Gründung“ möchte er in einem Kurz-vortrag vorstellen und Anregungen für die weitere Arbeit geben.

Ansichten und Herausforderungen zur VerbandsgründungImpulsvortrag zum Empfang der Altherrenvorsitzenden und Sprecher der Gründungsburschenschaften der Allgemeinen Deutschen BurschenschaftAvant-Propos: Sehr geehrte Herren Waffenbrüder,

bitte beachten Sie: die nachfolgende Transkription bezieht sich nicht auf meine Erfahrungen bisheriger burschenschaftlicher Verbandsarbeit, sondern sind das Resultat meiner zwanzigjährigen beruflichen Erfah-rung in Verbänden und deren Arbeit. Ich habe mich bemüht, meine ge-danklichen Skizzen und Folien des frei gehaltenen Empfangsvortrags in einen Fließtext zu bringen. Das ist sehr schwer, weil wichtige Elemente des Vortrags, wie Stimmungen, Reaktionen, Lachen und Erstaunen des Plenums, die der frei Vortragende rhetorisch nutzen kann, nicht abgebil-det werden können. Beim vorliegenden Ergebnis hoffe ich auf Ihr mildes Urteil und Verständnis. Bei Verständnisfragen stehe ich Ihnen gerne je-derzeit unter [email protected] zur Verfügung. Vielen Dank.

Ihr Arnulf Nöding (B! Brunsviga Göttingen)

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hen deshalb auch nicht zur Dispo-sition

Die Führung eines Verbandes vor dieser Werte-Kultur bedeutet: “Wie schaffe ich die konstruktive Störung von Selbstorganisation der einzelnen Mitgliedbünde in Bezug auf Werte, nicht Verhalten“ – dann kann ich auch steuern.

1.2. Vision – Strategie – Ziele in einer Allianz

Überlegungen zur Vision eines Verbandes

Vision ist der Treibstoff für le-benserhaltendes Handeln einer Allianz, eines Verbandes ; Vi-sionen für Organisationen und Verbände werden von Personen gestiftet, die eine Vision haben, nicht durch den Verband als tote Strukturselbst entwickelt; Visi-onen verbreiten sich nur durch „Ansteckung“ nicht durch Unter-schrift unter eine Gründungsur-kunde oder Top-Down Verord-nung; Fehlt eine Vision, dann fehlt ein Visionär; eine fehlende Vision eines Verbandes ist durch nichts zu ersetzen. Wo sind die Visionä-re in Ihrem Verband?

Strategie ist „die Kunst des Weg-lassens“, oder anders: Strategie legt nur fest, was nicht angestrebt wird. Das ist für einen Verband, mit vielen Mitgliedern, extrem wichtig. Dadurch entsteht ein zunächst leerer Handlungsraum zwischen Ist und Soll. In diesem „Erlaubnisraum“ kann entschie-den und gehandelt werden, ohne vorher jedes Mal Fragen zu müs-sen, denn es ist ja klar, was man nicht will. Deshalb ist Strategie in diesem Verständnis für Verbände eine wichtige Voraussetzung für

die Verbindung von dezentraler Eigenständigkeit und zentraler Führung, kurz: für flexible Verbän-de mit einer flexiblen Organisa-tion in einem hochdynamischen gesellschaftlichen und politischen Umwelt – hierüber kann man jähr-lich oder in Abständen reden. Wie sieht der Handlungsraum für Ihren Bund im Verband aus?

Müssen Ziele in und für Verbände gesetzt werden oder „sein“?

Ziele sind berechtigte Hoffnun-gen auf zukünftige Zustände. Im Gegensatz zu werten, Vision und Strategie können Ziele gesetzt werden. Sie sind aber im Gegen-satz zur Vision oder zur Strategie „Verbrauchsmaterial“ – d.h. sie sind nicht ewig und für alle Zeiten angelegt, sondern Sie verschwin-den, wenn sie erreicht sind. Den Status der Zielerreichung festzu-stellen ist Aufgabe der damit be-auftragten Gremien. Welche Ziele wollen Sie einbringen, wann sind sie erreicht?

1.3. Wechselbad der Ge-fühle

Die Folie erklärt sich von selbst – deshalb nur ein Hintergrundge-danke. Es war der ältere Moltke, der „Schweiger“, der einen Satz prägte, den die Chefs großer deutscher Konzerne und Verbän-de besser nicht vergessen hätten.

Alle strategische Planung, so Preußens Meisterplaner, reiche nur bis zur ersten Feindberüh-rung, danach komme nichts als „ein System von Aushülfen“.

Helmuth Graf von Moltke (1800-1891), der den Telegraphen als Führungsinstrument nutzte und die Eisenbahn als Kräfteverstär-ker wie kein Feldherr zuvor und keiner in seiner Zeit, hatte nicht das Geringste gegen minutiöse Planung, im Gegenteil. Er wusste aber, dass die „Imponderabilien“, wie sein Zeitgenosse Bismarck die unwägbaren Kräfte der Ge-schichte, der menschlichen Seele und des Zufalls nannte, ihre tragi-schen Späße treiben.

Die Missachtung der Grundsätze des älteren Moltke führte 1905

dazu, dass der Große General-stab in Berlin sich auf den Schlief-fen-Plan einließ, der uhrwerksartig Aufmarsch im Westen, Vernich-tung der französische Feldarmee, dann Wendung gen Osten und dito gegen die russischen Mas-senheere vorsah. Als dieser Plan an der Marne missglückte, wie er musste, war es ein Wunder, dass das Deutsche Reich noch mehr als vier Jahre einen Krieg durch-hielt, der nicht zu gewinnen war.

Ein Verbände-Vorstand/ Leitung, die mit einem Schlieffen-Plan sie-gen wollten, hat zu wenig Moltke und zu viel Schlieffen im Kopf. Die Verzweiflung, beim ersten Auftre-ten von Widerständen beim Auf-bau einer Werte-Kultur in einem Verband wirft ihn aus der Bahn und verursacht bei nachfolgen-den Vorsitzenden ein negatives „mind-setting“; man weicht aus, weil man für Problemlösungen nicht belohnt wird, stellt sich Problemen nicht mehr, sondern täuscht Aktivität und Vorstands-arbeit durch Symptomkuren vor.

1.4. Komplexität – Varianz – Dynamik

Der komplexe Anteil eines Ver-bandes ist ihre Lebendigkeit, ihr Überraschungspotenzial – damit haben Mitglieder in Verbänden die meisten Probleme (Mot-to: Wieso sind Überraschungen noch da, wir haben doch den Ver-band…“) . Sie arbeiten deshalb lie-ber an Lösungen für triviale Pro-jekte und Angelegenheiten.

• Kompliziertheit ist eine Bezie-hung zwischen einem Beob-achter und dem Gegenstand seiner Beobachtung.

• Ein Sachverhalt ist kompliziert, wenn das zur Verfügung ste-hende Wissen zum Verstehen nicht ausreicht.

• Komplexität ist ein Maß für das Überraschungspotenzi-al lebendiger Systeme, wie Verbänden Unternehmen und Organisationen.

• Trvialität entsteht durch Komplexitätsreduktion und bezeichnet etwas, das durch Lernen und Verstehen (schein-bar) beherrscht werden kann,; sie entsteht durch bewusstes weglassen, weghören und ausblenden – damit wird das Individuum handlungsfähig.

Komplexe Organisationen, wie ein Verband, kann nicht beherrscht werden, auch nicht durch Wis-sen. Ein komplexer Lebensraum wie die Verbandsarbeit erfordert Können (Talente) und Ideen. Er konfrontiert immer wieder mit Überraschungen. Können diese Überraschungen nicht ignoriert werden, so muss eine Idee ge-funden werden, wie damit umzu-gehen ist. Stehen verschiedene Ideen zur Auswahl, so muss man anhand der Werte als Handlungs-maßstab versuchen, brauchbare von wertlosen Ideen zu unter-scheiden. Die nutzlose Alternati-ve wäre, alle Ideen nacheinander Versuch und Irrtum auszusetzen. Das kostet Zeit und führt zur Frus-tration.

Wichtig im Verband, zur notwen-digen Komplexitätsreduktion un-ter den Mitgliedern, ist ein akti-ves Interessenmanagement, statt Kontrolle von Einzelmaßnahmen durch den Vorsitzenden. Interes-senmanagement meint: ein har-monisieren von Interessen, ein „sowohl-als-auch“ anstelle eines „entweder-oder“ – das kann nur entstehen, wenn man WERTE als Maßstab des Handelns nimmt und nicht Verhalten.

Eine ständige Kontrolle oder ein Controllinginstrument in einem Verband ist ein Ausdruck von

tiefem Misstrauen und alle damit verbundenen Maßnahmen sind in der Dynamik der heutigen Zeit viel zu träge. Es muss den Mitgliedern von Verbänden deshalb bewusst sein, dass bei allen Entscheidun-gen das Risiko eingegangen wer-den muss, dass der Partner in der Allianz und im Verband zuverläs-sig ist - die Zuverlässigkeit des Partners muss sich aber erst in der täglichen Arbeit immer wie-der bestätigen. Sie kann nicht per se schon geregelt werden, durch einen Verhaltenskatalog.

Beispiel

Ob der Hund trotz Befehl „Sitz“ wegliefe, wenn er nicht an der Leine wäre, kann man nur heraus-finden, wenn man die Leine löst.

2. Praktisch - operative Überlegungen

• Sitzungsterror in Verbän-den

• Denken in Verbänden• Kommunikation und Infor-

mation in Verbänden• Tägliche Verbandsarbeit

2.1. Sitzungsterror in Ver-bänden

These: Sitzungsterror lähmt Ver-bandsarbeit

In Sitzungssituationen aus meiner Erfahrung ist allgemein folgen-des zu beobachten:

• Das Wissen beschränkt – die wirklichen Spezialisten zu Themen haben keine Zeit, die Vertreter sind nicht oder schlecht eingewiesen

• Die Methoden und Arbeits-weisen sind unvollkommen – einen Moderator gibt es neben dem Sitzungsleiter nicht, Zeitnehmer sind (meist) unbekannt

Braucht ein Verband eine „Strategie“?

Gründungsveranstaltung ADB – Empfang Impuls- Wbr. Arnulf Nöding (B!Brunsviga Göttingen) – 01.10.2016- ©

Verbände im Wechselbad der Gefühle

Phase 2:

Spannungen, Desillusionierung, Suchen nach Sündenböcken, Selbstvorwürfe

Stillstand

Auflösung, Rückkehr zur Monokultur

Herausforderung annehmen

Phase 4:

Änderung der mentalen Muster, Problemlösung, Konflikt-management

Phase 3:

Krise, Verwirrung, massive Konflikte, Kulturelle Antipathie, Verweigerung

Emotionaler Stress, Druck zur Veränderung

Moral, Optimismus, Produktivität

Phase 1:

Erster Kontakt der verschiedenen Kulturen, Enthusiasmus, „honeymoon“

Phase 5:

Schaffung einer neuen, gemeinsamen Kultur basierend auf kulturellen Synergien

Gefühle

t

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• Die Ziele der Teilnehmer sind (meistens) inkonsistent und haben mit dem Zweck der Sitzung nichts zu tun

• Viele TOP Punkte sind Symptome, aber nicht das eigentliche Problem- durch Entscheidungen werden dann Symptome kuriert . Das Ergeb-nis ist eine „Verschlimm-Ver-besserung“ für den Verband

• Gibt es zu einer Fragestellung mehrere Besprechungen, wechseln die Teilnehmer von Besprechung zu Besprechung

• Ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Elementen des Entscheidungsprozesses in Verbänden zu den Themen der Sitzung, ließ sich vielfach nicht(mehr) feststellen

Lösungsansätze zu einer erfolg-reicheren Sitzungsarbeit in Ver-bänden (aus eigener, leidvoller Erfahrung):

• Der „Reflex“, eine Sitzung für jedes Thema einzuberufen, muß unterdrückt werden. Viel-leicht bestehen ja auch andere Möglichkeiten zum Ergebnis zu kommen?

• Sitzungszahl in Verbänden reduzieren heißt: Gute Team- und Verbandsarbeit findet statt.

• Eine Sitzung ist kein sozialer Event, es sei denn, sie ist dazu ausgewiesen. Arbeit, die in diesen Sitzungen geleistet werden soll, ist kein gesell-schaftlicher Anlass und das gemeinsame Bier an der The-ke ist nicht der Hauptgrund um Reisekosten zu produzieren. Das Bier kann genossen wer-den, wenn Ergebnisse produ-ziert wurden

• Ergebnis der Verbandsarbeit bedeutet immer: der Lack-mustest muss positiv sein – das ist die Produktion von

Papier - liegt kein Papier vor (Entscheidungsdokumentation, Vorgehensbeschreibung, Sta-tement, Szenario, Problembe-schreibung …), war die Sitzung umsonst

• Ein tragfähiger Konsens ent-steht nur durch einen ausge-tragenen Dissens. Ein Konsens durch Akklamation wird in der Realisierung häufig blockiert

• Sind alle der gleichen Mei-nung, wird nicht mehr viel gedacht – unterbrechen sie die Sitzung, vertagen sie den TOP

• - Suchen Sie das Problem, ergründen Sie es – und kurie-ren sie nicht das Symptom

• - Im Punkt Verschiedenes können immer wieder Dauer-brenner auftauchen – Dauer-brenner deshalb, weil sie nach einer Entscheidung nie reali-siert/ nie richtig gelöst wurden oder weil sie als Symptom auf ein Problem verweisen, das noch nicht richtig erkannt wurde.

2.2. Denken in Verbänden… oder: wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht -

… oder: wir wissen zwar noch nicht, wo wir hinwollen, dafür sind wir aber schneller da - …

Ich erinnere an die Beobachtun-gen aus unserem Durchlauf „Ta-xispiel“ – nachfolgend einige Be-obachtungen auf der Metaebene auf der Basis von 50 Durchläufen dieses Spiels in unterschiedli-chen Seminaren oder Vorträgen. Eine Ähnlichkeit oder Wiederer-kennen mit den Beobachtungen aus unserem Durchlauf, ist natür-lich „rein zufällig“.

• Die Spieler betrachten die Problemsituation nur aus ihrer Perspektive (Taxifahrer, Taxi-zentrale) – gemeinsame Inter-essen werden nicht geklärt

• Die Arbeitsanweisung wird nicht noch einmal durch-gelesen – man meint alles verstanden zu haben, neue Informationen werden dann unbewusst aber systematisch ausgeblendet

• Es findet wenig Analyse statt. Man einigt sich rasch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner;

• - Es werden meist sehr massive Maßnahmen geplant und umgesetzt („Ich fahr ein-fach schon mal los…“)

• - Es werden isolierte Maßnahmen vorgeschlagen. Wechsel- und Nebenwirkun-gen von Maßnahmen werden nicht berücksichtigt; (nach drei Minuten Fahren - … Du fahr doch noch mal an den Ausgangspunkt zurück … auch

wenn das Taxometer weiter-läuft???

• - Wenn man sich auf einen Lösungsweg/ Vorgehen/ Spielablauf geeinigt hat, wer-den neue Informationen nicht mehr beachtet (Risikomanage-ment = Null) ;

• - Die gesamte Gruppe (Plenum und Spieler ) sind meist stolz auf ihre (miserable) Leistung

• - Keiner aus dem Plen-um wagt, den Spieler durch Zuruf Anregungen zu geben oder einzuschreiten – warum eigentlich nicht, es war nicht verboten - lieber sitzt man da und feixt sich einen ;-)

Wie könnte ein solches Gesche-hen in der Zukunft minimiert werden. Anstelle meiner wirren Vorstellung möchte ich Ihnen die Gedanken des MIT Professors Peter SENGE mitgeben; in mei-nem beruflichen Kontext habe ich viel mit Verbänden zu tun.

In diesen Sitzungen habe ich ein Blatt mit den folgenden Thesen immer in meinem Planer liegen, um mich an folgende Punkte und Denkfallen zu erinnern:

• Die Lösungen von gestern sind die Probleme von Morgen

• Je mehr man sich anstrengt, desto mehr verschlimmert sich eine Situation

• Das Verhalten verschlimmert sich, bevor es sich verbessert

• Der bequemste Ausweg er-weist sich oft als Drehtür

• Die Therapie ist schlimmer als die Krankheit

• Schneller ist langsamer• Ursache und Wirkung liegen

räumlich und zeitlich nicht un-bedingt nahe bei einander.

• Sie können Kuchen essen oder behalten, aber nicht bei-des gleichzeitig

• Wer einen Elefanten in zwei gleiche Hälften teilt hat nicht gleich zwei kleine Elefanten

• „We have met the enemy and the enemy is us”

2.3. Kommunikation und Information in Verbän-den und deren Arbeit

Eine Kernkompetenz erfolgrei-cher Verbandsarbeit ist das ak-tive Zuhören – Als Ergebnis der durchgeführten Übung ZUHÖ-REN (Sie erinnern sich: „… Ein Mann betrat das Geschäft…“ )lässt sich feststellen:

• Es geht bei dieser Übung nicht darum wer Recht hat oder nicht – es geht darum bewusst wahrzunehmen, dass bei keiner im vorgelesenen Text getroffenen Aussage die Zuhörerschaft im Gehörten übereinstimmt

• Bitte erinnern Sie sich daran, dass bei Ihnen allen gedank-lich ein „Film“ abläuft, wenn sie Zuhören – dieses Bild ist niemals deckungsgleich – fragen Sie immer, was der andere Verbandsbruder sieht oder im Hinterkopf hat, bevor sie sich über seinen Kommen-tar aufregen oder ihn in eine Schublade stecken . Er schaut auf die gleiche Welt – nur aus einer anderen Richtung.

• Unterscheiden Sie zwischen Verständnisfragen und Fragen nach der Sinnhaftigkeit – ver-mischen Sie beide Dinge, ist unnötiger Dissens im Verband und in der Sitzung vorpro-grammiert.

• Sie bauen gerade den „Turm zu Babel“ da ist eine Sprach-verwirrung normal und muss zum Vorteil für den Verband genutzt werden; das Schaf-fen einer Universalsprache bevor die Arbeit losgeht, kostet wahnsinnig viel Zeit und Kraft – lieber mehr Zeit zum „Übersetzen“ und Nachfragen einplanen.

2.4. Grundregeln erfolgrei-cher Verbandsarbeit (ausgewählte Kom-mentierung)

Think like an Architect – erst planen, dann handeln; Planen ist Probehandeln; der Verbandsvor-sitz muss sich als Maler verstehen und nicht als Steinmetz, auftrag-gebender „AH Adel“ oder Aktivi-tates an den Baustellen der ein-

Gründungsveranstaltung ADB – Empfang Impuls- Wbr. Arnulf Nöding (B!Brunsviga Göttingen) – 01.10.2016- ©

Denken in Verbänden

Was man sieht, das erzählt, wie man hinschaut. Das Symptom ist nicht das Problem. Neue Blickwinkel ermöglichen neue Lösungen. Erkunden statt diagnostizieren. Wo alle das Gleiche Denken wird nicht viel gedacht

Gründungsveranstaltung ADB – Empfang Impuls- Wbr. Arnulf Nöding (B!Brunsviga Göttingen) – 01.10.2016- ©

Burschenschaftliche Verbandsarbeit … in der Vergangenheit und Gegenwart aus der persönlichen Wahrnehmung Wbr. Nöding

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zelnen Bünder – der Vorsitz muss den gesamten Bau im blick haben

Defend all – loose all – Be-reitschaft sich auf drei bis fünf wesentliche Punkte der Ver-bandsarbeit zu beschränken; ein abrutschen auf die operative De-tailebene schränkt die Wirksam-keit der Vorsitzenden und des Verbandes stark ein

Go to Rome – ja, viele Wege füh-ren nach Rom, aber man kommt nicht hin, wenn man nicht losgeht; der Verband schreibt den Weg nicht vor (viele Wege führen nach Rom) sondern erinnert an das Ziel: Rom – und stellt fest, wenn einer in Mailand schon wieder Pause macht …

Execute good enough plans – bei der Anwesenheit von vielen technischen Burschenschaften besteht die Gefahr, dass man ver-meintlich erst agieren kann, wenn 100% geplant ist; es muss eine Kultur geschaffen werden, dass im Verband 80/20 Lösungen auch gut genug sind um mit der Umsetzung zu beginnen - viel-leicht ergeben sich im Verlauf der Lösung weitere 10% und über die Jahre sind die noch fehlenden 10% der Spielraum, um die Lösun-

gen anzupassen und flexibel zu reagieren.

Concentrate for Sucess – alle schauen auf die Dinge, die nicht funktioniert haben, aber dabei vergisst man häufig das zu ana-lysieren, warum bei 95% der Arbeitspakete eines Sitzungs-jahres/ Projektes alles auf Grün steht – die Frage muss hier dann sein: was haben wir bei den 95% anders gemacht, nicht gemacht, neu gemacht, bei denen alles auf Grün steht als bei denen, die auf Rot stehen.

Stay out oft he Balkans – Gilt in-tern (Wertekultur betonen anstel-le sich auf den “Balkanen!!!“ von Verhaltensweisen und Vorschrif-ten verheddern – extern: kein Ab-grenzungsgefecht liefern, lieber ein „mia san mia“ leben

Make time your servant – lang-samer ist manchmal schneller, wenn es um Harmonisierung von Interessen gilt bei der „Spachver-wirrung“ innerhalb eines Verban-des

Gründungsveranstaltung ADB – Empfang Impuls- Wbr. Arnulf Nöding (B!Brunsviga Göttingen) – 01.10.2016- ©

(PETER DRUCKER, ÖSTERREICHISCH-AMERIKANISCHER SACHBUCHAUTOR UND MANAGEMENTPROFESSOR, 1909-2005)

Was alle Erfolgreichen (Verbände) miteinander verbindet, ist die Fähigkeit,

den Graben zwischen Entschluss und Ausführung äußerst schmal zu halten.

Gründungsveranstaltung ADB – Empfang Impuls- Wbr. Arnulf Nöding (B!Brunsviga Göttingen) – 01.10.2016- ©

Fallstricke der Verbandsarbeit 1/2 Nur „Freundschaft“/ “Partnerschaft“ in einem Verband ist zu wenig, wenn die Vision, Strategie und Ziele fehlen oder unvollkommen sind

Man ertrinkt in operativer Tagesarbeit und Klein Klein die Vorsitzende muss immer an die übergeordneten Ideen und Werte erinnern – das Bild des „Turmbaus“ vor Augen führen

Permanente Suche nach Unterscheidungen/ Abgrenzungen bindet unnötig Kräfte Wir sind liberaler als liberal, unser Vaterlandsbegriff ist anders als bei anderen, etc., ….

Vorteile für Aktive/ AH Schaften müssen in den Bünden geklärt und dann gemeinsam nach oben zur Vorsitzenden gespiegelt werden AH Schaften und Aktivitates unterscheiden sich in dem, was ausgesprochen und … stillschweigend vorausgesetzt wird

Fehlende langfristige Perspektive Keine gemeinsame „Landkarte“ an Werten und Inhalten erarbeitet und als Orientierungswerkzeug akzeptiert

Keine Fehlertoleranz – keine Stress Resistenz „Wir hätten ganz anders…“, „die xy VbrVbr … typisch…“ – können wir nicht akzeptieren; müssen unseren Verbleib überdenken

, wenn nicht Keine Standards in Werten einsetzen und einhalten - sondern der Prinzipienlosigkeit frönen Keine Professionalisierung des Vorsitzes Übernahme des Vorsitz erfolgt unprofessionell (Prozess des Übergangs auf den Nachfolger mangelhaft, keine „lessons

learned“, keine moderierte Übergabe geschweige denn, ein „Testament“ der Aktivitäten, zu denen die Vorsitzende noch nicht gekommen ist – Erinnerung: man kann ein Testament auch ausschlagen !!!das heisst

Didaktische Hilfsmittel zur Dokumentation werden nicht eingesetzt, Projektmanagement nicht oder falsch betrieben

Gründungsveranstaltung ADB – Empfang Impuls- Wbr. Arnulf Nöding (B!Brunsviga Göttingen) – 01.10.2016- ©

Fallstricke der Verbandsarbeit 2/2 Aufbauorganisation ist bei Gründung meist abgeschlossen- die Ablauf- und Prozessorganisation muss sich noch „einschleifen“ Das dauert und ist mit Frustration versehen, weil es jetzt erst ans „Eingemachte“ geht Das braucht viel Kommunikation – zusätzlich zu den bundesinternen Abläufen sind jetzt wieder Verbandsabläufe

zu beachten – wie geht man mit denen um, die länger brauchen: straft oder unterstützt man – will man Werte oder Verhalten fördern?

Bei Prozessen in Verbänden ist immer zu hinterfragen – dient es dem persönlichen Ego, Kontrollwahn oder bringt es was für die Zielerreichung – dient es Werterhalt oder Verhaltenskontrolle. Letzteres ist schädlich.

Gremien und Arbeitsgruppen zu Themen in Verbänden müssen von Anfang an klar auf „Vergänglichkeit“ ausgelegt sein, sonst hat man über kurz oder lang Parallelgesellschaften, die man nicht mehr wegbekommt

Datenbanken für alles mögliche schaffen Redundanz und Datenfriedhöfen – Pflegeaufwand der Ressourcen bindet und den eigentlichen Zweck

überwuchert KISS Prinzip konsequent anwenden Nicht an „kaputten Sachen“ rumverbessern – lieber einen Schnitt und neu Ansetzen

Einige Grundsätze lernender Organisationen We have met the enemy and the enemy is … us“

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ImpressumDer Burschenschafter Periodikum der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft

HerausgeberVorsitzende Burschenschaft der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft Saarbrücker Burschenschaft Germania Bismarckstraße 112 66121 Saarbrücken

VerlagEigenverlag der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft

Redaktion, Anzeigenverwaltung Dr. Frank Grobe [email protected]

Ständige MitarbeiterDr. Philip Plickert, Michael Schmidt

Erscheinungsweise halbjährlich

Auf lage 1.000 gedruckte Exemplare 3.700 PDF (nur an Mitglieder)

Abonnementpreise Inland: 2 Ausgaben, 14 Euro (inkl. Versand) Ausland: 2 Ausgaben, 19 Euro (inkl. Versand)

NachdruckgenehmigungenEin Nachdruck ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und mit genauer Quellenangabe erlaubt.

BildnachweisAllgemeine Deutsche Burschenschaft, Fotolia, Wikipedia

Redaktionelle PräambelDie im „Der Burschenschafter“ publizierten Beiträge stellen nicht immer die Meinung des Herausgebers, der Redaktion und des Verbandes dar. Die Verantwortung für den Inhalt des jeweiligen Beitrags liegt vollständig beim Verfasser.

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