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Aus dem Institut fur Ernahrungswissenschaft, Budapest (Direktor: Prof. Dr. R. TARJ~N) Der Einflul3 der Wassertemperatur und des Sauerstoffs im Wasser auf den Verlust an Vitamin C beim Kochen K. SZBKE 13K 641.18 Vitamin-C-Verlust 4541.732 Kochen, SauerstoffeinfluB Es wurde der EinfluB der Wassertemperatur und des Sauerstoffgehaltes des Wassers auf den Vitamin-C-Verlust in verschiedenen Gemiisearten beim Kochen untersucht. Dabei wurde das Gemiise in kaltes, siedendes oder durch 5 Min. langes Kochen ent- liiftetes Wasser gegeben. Im Vitamin-C-Verlust sind dabei bei gleicher Kochzeit, vom Aufkochen an gerechnet, wesentliche Unterschiede nicht festzustellen. Die den bisherigen Literaturangaben entgegensteheude Feststellung kann nicht auf die An- -.endung unterschiedlicher analytischer Methoden zuruckgefiihrt werden. Die Diffe- renzen diirften vielmehr auf der unterschiedlichen Zeitdauer bis zum Siedebeginn der Proben beruhen. Nit der Frage der Vitamin-C-Verluste wahrend des Kochens hat man sich schon vielerorts befa0t. So versuchten GLEIM u. a. [I], CUTLAR u. a. [z] sowie FISCHER u. a. [3] durch Ver- Irinderung der Wassermenge, BARNES u. a. [4] durch Verkiirzung der Kochzeit die wahrend des Kochens eintretenden Vitaminverluste giinstig zu beeinflussen. RASMUSSEN u. a. [5], spater auch WALKER u. a. [6] machten die Beobachtung, daI3 die Vitamin-C-Verlustein Gegen- wart von Kochsalz geringer sind. Die Zersetzung der Ascorbinsaure withrend des Kochens ist oxydativ bedingt. Um die be- h n n t e katalytische Wirkung von Metallspuren auf den OxydationsprozeB zu untersuchen, liaben FLOYD u. a. [7]. sowie FENTON u. a. [8] zu. ihren Vekuchen Kochgeschirre aus Metall, Glas und Email benutzt. Sie konnten jedoch untef ihren Versuchsbedingungen in den wahrend des Kochens eintretenden Vitamin-C-Verlusten keinen Unterschied nachweisen. Nach NOBLE 11. a. [g] kann durch Fernhaltung des Luftsauerstoffs (zugedecktes Kochgeschirr) der Vitamin- C-\-erlust niedriger gehalten werden. uber ahnliche Befunde berichteten RQY u. a. [IO], die das Wasser durch Aufkochen zuvor entliifteten und auf diese Weise die wtihrend des Kochens eintretende Zersetzung des Vitamin C praktisch vollstandig verhindern konnten. Von den oben angefiihrten, die Zerstorung der AscorbinsLure beeinflussenden Faktoren erscheint uns die Menge des gegenwsrtigen Sauerstoffs als besonders wichtig. Die uberpriifung dieser Frage mit der von uns modifizierten Methode zur Vitamin-C-Bestimmung [11] hielten wir vor allem deshalb fur notwendig, weil die mit Hilfe der DichlorphenolindophenoI-Methode erhaltenen Ergebnisse nicht als verlablich betrachtet werden konnen. . Vemchsdwchf iihrzllzg Die Bestimmungen wurden an 10 im Handel erhaltlichen Gemusearten durch- gefuhrt. Fur die Kochversuche venvendeten wir Glasgeschirr mit Deckel. Benutzt wurden jeweils 50 g der gereinigten, mit einem rostfreien Messer zer-

Der Einfluß der Wassertemperatur und des Sauerstoffs im Wasser auf den Verlust an Vitamin C beim Kochen

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Page 1: Der Einfluß der Wassertemperatur und des Sauerstoffs im Wasser auf den Verlust an Vitamin C beim Kochen

Aus dem Institut fur Ernahrungswissenschaft, Budapest (Direktor: Prof. Dr. R. T A R J ~ N )

Der Einflul3 der Wassertemperatur und des Sauerstoffs im Wasser auf den Verlust an Vitamin C beim Kochen

K. SZBKE

13K 641.18 Vitamin-C-Verlust 4541.732 Kochen, SauerstoffeinfluB Es wurde der EinfluB der Wassertemperatur und des Sauerstoffgehaltes des Wassers auf den Vitamin-C-Verlust in verschiedenen Gemiisearten beim Kochen untersucht. Dabei wurde das Gemiise in kaltes, siedendes oder durch 5 Min. langes Kochen ent- liiftetes Wasser gegeben. Im Vitamin-C-Verlust sind dabei bei gleicher Kochzeit, vom Aufkochen an gerechnet, wesentliche Unterschiede nicht festzustellen. Die den bisherigen Literaturangaben entgegensteheude Feststellung kann nicht auf die An- -.endung unterschiedlicher analytischer Methoden zuruckgefiihrt werden. Die Diffe- renzen diirften vielmehr auf der unterschiedlichen Zeitdauer bis zum Siedebeginn der Proben beruhen.

Nit der Frage der Vitamin-C-Verluste wahrend des Kochens hat man sich schon vielerorts befa0t. So versuchten GLEIM u. a. [I], CUTLAR u. a. [z] sowie FISCHER u. a. [3] durch Ver- Irinderung der Wassermenge, BARNES u. a. [4] durch Verkiirzung der Kochzeit die wahrend des Kochens eintretenden Vitaminverluste giinstig zu beeinflussen. RASMUSSEN u. a. [5], spater auch WALKER u. a. [6] machten die Beobachtung, daI3 die Vitamin-C-Verluste in Gegen- wart von Kochsalz geringer sind.

Die Zersetzung der Ascorbinsaure withrend des Kochens ist oxydativ bedingt. Um die be- h n n t e katalytische Wirkung von Metallspuren auf den OxydationsprozeB zu untersuchen, liaben FLOYD u. a. [7]. sowie FENTON u. a. [8] zu. ihren Vekuchen Kochgeschirre aus Metall, Glas und Email benutzt. Sie konnten jedoch untef ihren Versuchsbedingungen in den wahrend des Kochens eintretenden Vitamin-C-Verlusten keinen Unterschied nachweisen. Nach NOBLE 11. a. [g] kann durch Fernhaltung des Luftsauerstoffs (zugedecktes Kochgeschirr) der Vitamin- C-\-erlust niedriger gehalten werden. uber ahnliche Befunde berichteten RQY u. a. [IO], die das Wasser durch Aufkochen zuvor entliifteten und auf diese Weise die wtihrend des Kochens eintretende Zersetzung des Vitamin C praktisch vollstandig verhindern konnten.

Von den oben angefiihrten, die Zerstorung der AscorbinsLure beeinflussenden Faktoren erscheint uns die Menge des gegenwsrtigen Sauerstoffs als besonders wichtig. Die uberpriifung dieser Frage mit der von uns modifizierten Methode zur Vitamin-C-Bestimmung [11] hielten wir vor allem deshalb fur notwendig, weil die mit Hilfe der DichlorphenolindophenoI-Methode erhaltenen Ergebnisse nicht als verlablich betrachtet werden konnen.

.

Vemchsdwchf iihrzllzg

Die Bestimmungen wurden an 10 im Handel erhaltlichen Gemusearten durch- gefuhrt. Fur die Kochversuche venvendeten wir Glasgeschirr mit Deckel. Benutzt wurden jeweils 50 g der gereinigten, mit einem rostfreien Messer zer-

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240 S Z O K E

kleinerten, gut vermischten Probe in 200 ml Wasser ; folgende Versuchsvarianten kamen zur Anwendung : I. Probe mit kaltem Wasser angesetzt und von Beginn des Siedens an 10 Min.

2. Probe in eben zum Sieden gekommenes Wasser gegeben und 10 Min. kochen

3. Probe in Wasser gegeben, das bereits 5 Min. gekocht hatte, und dann eben-

Um Konzentrationsanderungen durch Verdampfungsverluste auszugleichen, wurde das gekochte Material mit heiDem bzw. ausgekochtem Wasser bis zum urspriinglichen Gewicht erganzt. Nach dem Kochen versetzten wir die Probe mit 1% fester Oxalsaure (bezogen auf das Gesamtgewicht der Probe), kuhlten die Mischungen sofort ab und bestimmten den Gesamt-Vitamin-C-Gehalt uber das papierchromatographisch getrennte Osazon nach der von uns modifizierten Methode. Selbstverstandlich wurde zu Beginn der Untersuchungen der Vitamin- C-Gehalt in der Rohware bestimmt.

kochen lassen ;

lassen ;

falls 10 Min. kochen lassen.

Ergeblzisse und Disk.ussi0.n Die Ergebnisse sind in Tab. I zusammengefaBt. Sie zeigen bei allen unter-

suchten Gemusesorten eindeutig, daB unter den angewendeten Versuchsver- haltnissen in der Menge des zuriickbleibenden Vitamin C ein von der Art des Kochens abhangiger Unterschied nicht besteht. Bei einigen Gemusesorten - z. B. bei Sauerampfer, griinen Bohnen und Kartoffeln - war zwar der Vitamin- C-Verlust etwas groBer, wenn das Rohmatenal in kaltem Wasser angesetzt wurde, doch waren die Unterschiede nicht signifikant. Diese Tendenz laBt je- doch vermuten, daB bei der Zubereitung grooerer Gemusemengen hohere Wt- aminverluste eintreten konnen, da die Erhitzung des Wassers langsamer von- statten geht.

Vitamin-C-Gehalt [mg/r 00 g] verschiedener Gemiisearten in Abhangigkeit von der anfang- lichen Temperatur des Kochwassers

Tabelle I

Gemiiseart

Spinat Sauerampfer Rotkraut Paprika Griine Bohnen SiiDkraut Herbstkartoffeln Junge Kartoffeln Herbst-Kohl Fruh-Kohl

roh in kaltem Wasse: angesetzt

gekocht

in siedendem Wasser

angesetzt

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Verlust an Vitamin C beim Iiochen 24 1

Gemiiseart

Unsere Ergebnisse stehen im Gegensatz zu denen von ROY u. a. [xol, die geringere Vitamin-C-Verluste nachwiesen, wenn sie die Gemuseproben in sieden- des Wasser gaben (Tab. 2 ) . Diese Autoren sind der Ansicht, daB die Geschwin- digkeit der durch evtl. Kupferverunreinigungen katalysierten Oxydation von der Sauerstoffmenge abhangig ist und der Vitamin-C-Verlust deshalb durch Entluften des Wassers fast vollig vermieden werden kann. Nach unseren Ergeb-

Tabel le 2

Kochverluste an Vitamin C in Gemuse beim Ansetzen in kaltem bzw. siedendem Wasser (nach ROY u. a. [IO])

. ~ . ___ Verlust [yo]

- Durchschnittlicher ---___ Anwendung der konventionellen [mglxoo gI siedendem Wasser Methode

Ansetzen in Vitamin-C-Gehalt

-__

Gemiiseart

Rettichblatter .$maran tus-Blatter Kraut I Kiirbis I

Prozent des urspriinglichen Vitamin-C- Gehaltes

bei -4nsetzen in -

bei Ansetzen in

2 6 7 13,o 25.5 16,2

3j3 vernachlassigbar

1 3 vernachlassigbar

Kartoffeln Kohl Paprika Griine Bohnen Kohlrabi

rtissen spielt jedoch unter den gegebenen Versuchsverhaltnissen der im M’asser geloste Sauerstoff bei der Zersetzung der Ascorbinsaure nur eine sehr unbedeu- tende Rolle.

Die Ursache dieser Differenz kann nicht nur in der Verschiedenheit der an- gewendeten Methoden gesucht werden, da wir zeitweilig die Bestimmung des Vitamin C auch mit der Methode nach TILLMANS durchgefiihrt haben (Tab. 3). Auch mit diesem Verfahren konnten wir die von ROY u. a. bei Anwendung von kaltem bzw. siedendem Wasser nachgewiesene groBe Differenz nicht beobach- ten. Bei einigen Gemiisearten ist zwar - nach den Ergebnissen mit der TILL- nfaNs-Methode - die Anwendung von aufgekochtem Wasser zwar besser geeig- net, doch sind die Unterschiede, verglichen mit denen in Tab. 2, bedeutend geringer. Berucksichtigt man dabei noch die Streuung der Durchschnittswerte, so lassen sich eindeutige Schlusse nicht ziehen.

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342 SZOKE

Die von ROY u. a. beobachtete signifikante Differenz konnte man vielleicht so deuten, daB bei langsamer Erwarmung sich im Gemiise infolge der zunachst ansteigenden Enzymtatigkeit reduzierende, mit Dichlorphenolindophenol rea- gierende Substanzen in solchen Mengen bilden, daB im Vitamin-C-Gehalt schein- bar keine Verminderung eintritt.

Zusammenfassend kann nach unseren Ergebnissen festgestellt werden, da13 die anfangliche Was’sertemperatur und der Sauerstoffgehalt des Wassers auf den wahrend des Kochens eintretenden Vitamin-C-Verlust keinen nennens- n-erten EinfluB ausiiben, sofern die Erwarmung nur kurze Zeit dauert. In IVerkkiichen jedoch, wo groDe Gemiisemengen verwendet werden und die Auf- heizung deshalb langsamer vor sich geht, ist - hauptsachlich infolge der durch Temperatursteigerung voriibergehend erhohten Enzymtatigkeit - die Moglich- keit nicht auszuschlieBen, daB sich die Vitamin-C-Verluste erhohen ; hi.erauf wurde yon anderen Autoren bereits hingewiesen.

S u m m a r y

I<. SZOKE: The influence of the temperature and the oxygen content of the water on the loss of vitamin C during cooking

I. The author examined the influence of the temperature and the oxygen content of the water on the losses of vitamin C in several vegetables during cooking. The vegetables were added to cold, boiling and de-aerated (by boiling for 5 minutes) water respectively.

2. Within the same period of cooking (calculated from the beginning of the boil) the losses of vitamin C showed no marked differences.

3. The informations to the contrary in the literature cannot be explained by different analy- tical methods. The differences should rather be due t o different periods up to the beginning of the boil.

L i t e r a t u r

;I! GLEIM, E., D. K. TRESSLER, u. F. FENTON, Food Res. g, 471 (1g44), L J : CUTLAR, I<.. J . B. JONES, IS. W. HARRI, u. F. FENTON, J . Amer. dietet. Assoc. 20. 787

[31 FISHER, I<. H., u. M. L. DODD, J . Amer. dietet. Assoc. 28, 726 (1952). [q, BARNES, B., K. K. TRESSLER, u. F. FENTON. Food Res. 8, 13 (1943). is, H h s h i i w m v , H., u. J . HOYGAARD, Nature [London] 142, 393 (1938).

(1944).

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Verlust an Vitamin C beim Kochen 243

[q WALKER, G. R., u. R f . POTGIER; J . Amer. Dietet. Assoc. 32, 821 (1956). ['J FLOYD, W W., u. G. S. FRAPS, Food Res. 5, 33 (1940). [8> FENTON, F., E. GLEIM, A. ARXASOU, J . F. THOMPSON, M. ALBURY, u. M. PHILLIPS, Food

[9] NOBLE, J., u. E. WADDEL: Food Res. 10,246 (1945). Res. 11, 475 (1945).

[IO' ROY, I. K., u. S. K. BISWAS: Indian. J. med. Res. so. 259 (1962). [II! SZOKE, I<., Xahrung 4, 625 (1960).

Dr. Katalin SZOKE, Institut fur Ernahrungswissenschaft, Budapest IX, GyAli tit 3/a, Ungarn.

Eingegangen 2 2 . 11. 1965.