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v. Graefes Archiv fiir OphthMmologie 165, 130--137 (1962) Aus der Universit~.ts-Augenklinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. SACHSE~WEG~R) Der Einfluf~ des Vegetativums auf Hiihe und Richtung der Heterophorien Von H. GRUNE~ALD Mit 6 Textabbildungen Problemstellung Bei den zahlreiehen Untersuchungen fiber das Wesen der Hetero- phorien standen frfiher racist Taugliehkeitsprobleme bei Fliegern und Entfernungsmessern im Vordergrund. In neuerer Zeit haben durch die rasche Zunahme der Asthenopien Untersuehungen der Heterophorien erneut an Bedeutung gewonnen. Auch auf die UnfMlaffinit/it scheinen hShere tteterophorien, vorwiegend Exophorien, Einflul~ zu nehmen (SAc~s~w~o~). DM~ tier Augenmuskeltonus und damit die Heterophorien durch das Vege- tativum stimuliert werden kSnnen, wurde schon friihzeitig vermutet. Bereits MADDOX hielt es fiir mSglich, dM~ Konvergenz durch ,,vagotonische", Divergenz durch ,,sympathische" Innervation der Laterales bewirkt wird. Nach PIPER neigt der Jugendliche offenbar zu einer parasympathischen Enthemmung und zum Einw~rtsschielen, der Erwachsene zur sympathisehen Enthemmung und zum Ausw-~rtsschielen; Fehlstellungen der Augen ffihrt PIPER auf abnorme Impulse, aueh vom Vegetativum her, zuriick. HAMBUICGEIrbetrachtet die Heterophorien Ms ein Symptom neurovegetativer StSrungen psychopathischer Herkunft, die voriibergehend auftreten und wieder versehwinden kSnnen. Vegetative Einfliisse sind offensichtlich auch, zumindest teilweise, fiir die UntersuchUngsergebnisse yon VELHAGEI~- verantwortlich zu machen; er ffihrte Heterophoriemessungen in Unter- druckkammern bei einem Luftdruek durch, der einer H5he von 3000, 5000 und 6000 m entspraeh. Die Versuche ergaben ganz char~kteristisehe Verl/iufe: Mit steigendem Sauerstoffmangel bildete sich eine zunehmende Esophorie aus, die naeh wenigen Ziigen Sauerstoff auf die ungef~hren Ausgangswerte und darunter abs~nk; die Ver~nderung im Sinne einer Esophorie trat ~uch bei zun~ehst exo- phoren F~llen ein. DvGu]~T land bei 12 Personen mit Eso- bzw. Exophorie beim H5henflug eine Tendenz zur Konvergenz. GIAI~DII'TI fiihrte Heterophoriepriifungen an 48 Studentinnen w~hrend und auSerhMb der Menses durch: W/ihrend der Menstruation land er beim Fernblick eine verst~rkte Neigung zur Esophorie, dagegen wurde beim Nahblick eine ver- mehrte Neigung zur Konvergenzsehw/~che gefunden. Er fiihrte diese Ver~nderungeri auf einen Mangel an Sauerstoff znriick, hinweisend auf die Untersuchungen BI]~TIs, der bei erniedrigter Sauerstoffversorgung neben zahlreichen anderen Erseheinungen am Auge ein vorzeitiges Ermiiden der Konvergenz land. Zweifellos kann die vegetative Tonuslage HShe und l%ichtung der Heterophorie in beaehtenswertem Ausmal~ beeinflussen. Untersuchun- gen derartiger Zusammenh/inge haben auch praktisehe Bedeutung, weil

Der Einfluß des Vegetativums auf Höhe und Richtung der Heterophorien

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v. Graefes Archiv fiir OphthMmologie 165, 130--137 (1962)

Aus der Universit~.ts-Augenklinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. SACHSE~WEG~R)

Der Einfluf~ des Vegetativums auf Hiihe und Richtung der Heterophorien

Von

H. GRUNE~ALD

Mit 6 Textabbildungen

Problemstel lung

Bei den zahlreiehen Un te r suchungen fiber das Wesen der Hetero- p h o r i e n s tanden frfiher racist Taugliehkei tsprobleme bei Fl iegern u n d En t fe rnungsmesse rn im Vordergrund. I n neuerer Zeit haben durch die rasche Zunahme der Asthenopien Un te r suehungen der Heterophor ien e rneut an Bedeu tung gewonnen. Auch auf die UnfMlaffinit / i t scheinen

h S h e r e t te terophor ien , vorwiegend Exophorien, Einflul~ zu nehmen (SAc~s~w~o~).

DM~ tier Augenmuskeltonus und damit die Heterophorien durch das Vege- tativum stimuliert werden kSnnen, wurde schon friihzeitig vermutet. Bereits MADDOX hielt es fiir mSglich, dM~ Konvergenz durch ,,vagotonische", Divergenz durch ,,sympathische" Innervation der Laterales bewirkt wird. Nach PIPER neigt der Jugendliche offenbar zu einer parasympathischen Enthemmung und zum Einw~rtsschielen, der Erwachsene zur sympathisehen Enthemmung und zum Ausw-~rtsschielen; Fehlstellungen der Augen ffihrt PIPER auf abnorme Impulse, aueh vom Vegetativum her, zuriick. HAMBUICGEIr betrachtet die Heterophorien Ms ein Symptom neurovegetativer StSrungen psychopathischer Herkunft, die voriibergehend auftreten und wieder versehwinden kSnnen. Vegetative Einfliisse sind offensichtlich auch, zumindest teilweise, fiir die UntersuchUngsergebnisse yon VELHAGEI~- verantwortlich zu machen; er ffihrte Heterophoriemessungen in Unter- druckkammern bei einem Luftdruek durch, der einer H5he von 3000, 5000 und 6000 m entspraeh. Die Versuche ergaben ganz char~kteristisehe Verl/iufe: Mit steigendem Sauerstoffmangel bildete sich eine zunehmende Esophorie aus, die naeh wenigen Ziigen Sauerstoff auf die ungef~hren Ausgangswerte und darunter abs~nk; die Ver~nderung im Sinne einer Esophorie trat ~uch bei zun~ehst exo- phoren F~llen ein. DvGu]~T land bei 12 Personen mit Eso- bzw. Exophorie beim H5henflug eine Tendenz zur Konvergenz.

GIAI~DII'TI fiihrte Heterophoriepriifungen an 48 Studentinnen w~hrend und auSerhMb der Menses durch: W/ihrend der Menstruation land er beim Fernblick eine verst~rkte Neigung zur Esophorie, dagegen wurde beim Nahblick eine ver- mehrte Neigung zur Konvergenzsehw/~che gefunden. Er fiihrte diese Ver~nderungeri auf einen Mangel an Sauerstoff znriick, hinweisend auf die Untersuchungen BI]~TIs, der bei erniedrigter Sauerstoffversorgung neben zahlreichen anderen Erseheinungen am Auge ein vorzeitiges Ermiiden der Konvergenz land.

Zweifellos k a n n die vegetat ive Tonuslage HShe und l%ichtung der Heterophorie in beaehtenswer tem Ausmal~ beeinflussen. Untersuchun- gen derart iger Zusammenh/ inge haben auch praktisehe Bedeutung, weil

Einflul3 des Vegetativums auf HShe und Richtung der YIeterophorien 131

in der j i ings ten Vergangenhei t von e inmal igen Nfessungen einer Hetero- phor ie ziemlieh wei t re iehende Sehl/isse auf die H6he der Pr i smen- k o r r e k t u r gezogen worden sind.

Die nachs tehend angef / ihr ten Unte rsuchungen h a t t e n die Aufgabe Zusammenh/ inge zwisehen Hete rophor ie und Vege t a t i vum aufzuf inden und darzuste l len .

Untersuchungsmethode Umbei den Untersuchungen yon vornherein keine patho]ogischen Verh~ltnisse

beriicksichtigen zu mfissen, wurden die Priifungen der Heterophorien nur an aus- geruhten und besehwerdefreien jungen M~nnern im Alter yon 18--25 Jahren durch- geffihrt. Jeder Prfifling hatte ohne Brillenkorrektur einen Visus yon 1,0 beiderseits. Die Untersuchung land in zwei Gruppen von je 30 Personen statt, mit einem Inter- vall yon 3 Monaten. Dadurch war es mSglich, die Ergebnisse der ersten Gruppe mit der zweiten zu vergleichen. Es wurden nur Messungen der Eso~ und Exo- phorie in Ferne und N~he vorgenommen; alle fibrigen Heterophorieformen blieben unber/icksichtigt.

Die Messung in der Ferne erfolgte mit dem feststehenden Doppelprisma naeh H~RSC~EL und mit dem Maddox-Zylinder in einem Abstand von 5 m. Bei allen Untersuehungen erhielt der Patient den Maddox-Zylinder vor das reehte Auge. Fiir die Messung in der Nghe kam der Maddox-Wing.-Fliigel zur Anwendung. Jede Untersuehung wurde zweimal vorgenommen und die gefundenen Werte gemittelt.

Da es bei den Untersuchungen auf das Verhalten der tIeterophorien unter den verschiedenen Bedingungen ankam, spMte die Frage, ob man das Maddox- St~bchen vor das fiihrende oder nichtfiihrende Auge setzen soll, eine untergeordnete Rolle. L1wIxsr:IJ empfiehlt zur Vermeidung eines grSBeren Fehlers, das fiihrende Auge auszuschalten. ScoB~ stellte fest, dag es fast ohne Einflug auf das Ergebnis der Probe sei, ob mit dem fiihrenden oder mit dem anderen Auge fixiert wird.

Die Heterophorie in Abh~ingigkeit yon der Tageszeit I n einer ers ten Untersuchungsre ihe wurde geprfift , welche Schwan-

kungen innerha lb des Tages rhy thmus bei den He te rophor ien in bezug auf I I6he und l~ichtung auf t re ten und ob sich aus diesen Ver/~nderungen i rgendwelche Gesetzm~13igkeiten ergeben. Die erste Messung erfolgte morgens zwisehen 7 nnd 8 Uhr ; alle wei teren Untersuchungsergebnisse im Laufe des Tages wurden auf diese bezogen.

Vergle icht m a n die Unte r suchung morgens mi t der, die mi t t ags 12 U h r durchgeff ihr t wurde, so f~nden sich bei einer Pr i i fen t fe rnung yon 5 m bei 18 Personen eine Zunahme der Esophorie, bei 18 Personen eine Zunahme der Exophor ie und bei 25 Personen keine Ver/ inderung des Heterophor iewinkels . Die gleiche Messung ergab in der N/~he bei 14 Personen eine Zunahme der Esophorie , bei 15 Personen eine Zu- n a h m e der Exophor ie und bei 32 Personen keine Ver/ inderung des Heterophor iewinkels .

Aus Abb. 1 is t zu ersehen, dab die Ver/~nderungen des Hetero- phor iewinkels im Tagesablauf bei den meis ten Personen nur gering

132 I-L GRUNEWALD :

§

-8

-70

-7s

-I~

+10

+8

+g

+2

o! - 2

--r

--6'

-oo

-lO

-12

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Abb. 1. ) [nderung des t te terophor ie- winkels morgens gegenfiber mi t t ags . Die Pfeilspitze zeigt die R ieh tnng der Ver~ndernng an. Links bei Prii- f tmg in 5 m Absta.nd, reehts bei Prf i fung in 30 era Abs tand . Ordi- na te : Gr6ge der Ver~nder~ngen in

Pr i smendiop t r ien (s. Text )

sind. Immerhin gibt es einige fiber- rasehende Ausnahmen, die besonders bei h6heren Heterophoriegraden auf- treten. Beim Nahesehen sind die Unterschiede etwas grSBer; darauf solI sp/~ter noeh eingegangen werden.

Vergleicht man die Morgenunter- suchung mit der am Abend, so zeigt sieh in einer Priifentfernung von 5 m bei 24 Personen eine Znnahme der Esophorie, bei 20 Personen eine Zu- nahme der Exophol~e und bei 17 Per- sonen keine Ver/~nderung des Hetero- phoriewinkels. In der N/~he land sieh bei 13 Personen eine Zunahme der Esophorie, bei 28 Personen eine Zu- nahme der Exophorie und bei 20 Per- sonen keine Veri~nderung des Hetero- phoriewinkels.

Aus Abb. 2 geht hervor, dab die Anderung des urspr/inglichen Winkels im Vergleieh zur Mittagsmessung in der GrSge etwas zunimmt. Weiterhin be- steht eine gewisse Tendenz in Richtung

zur Esophorie ffir die

r 't i

i

Ferne und zur Exopho- rie ffir die Ns

Dag Gesetzm/~Big- keiten nieht sts zum Ausdruek kommen, h/ingt mit groger Wahr- scheinliehkeit vom un- terschiedliehen Tages- rhythmus eines ]eden Einzelnen ab. Diese individuell untersehied- lichen und zumeist sy- stemlosen ~nderungen des Hcterophoriewinkels erschwcren eine statisti-

Abb. 2. ~ n d e r u n g des Hetero- phoriewinkels morgens gegen- fiber abends (vgl. Abb. 1)

Einflul~ des Vegetativums ~uf HShe und Riohtung der Heterophorien 133

sche Auswertung erheblich; dafiir ware die relativ geringe Zahl der Versuchspersonen aueh nicht geeignet.

In der Kurvensehar der Abb. 3 und 4: kann man das Ausmag der individuell untersehiedliehen Sehwankungen der Heterophorien im

+5 , ,0 I r �9 .:-!: : : : : I I ,

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. . . . ;.:.:.:.:.:.:.:,:.:.~ ~ " .

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Abb. 3. Tagessehwankungen c1~r Heterophor ie bei P r ~ h i i ~ in 5 m Abstand. Ordinate : ~-ndertmg in Pr ismendioptr ien. Abszisse: Tageszei t

+3,0

+"' i!i!!!i~Tii~gii-i: ~ ~ +/,0

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Abb. 4. Tagessohwankungen der Heterophor ie bei Prfifung in der N~he. Ordinate : Xnderung in Pr ismendioptr ien. Abszisse: Tageszei t

Tagesablau~ noch besser verfolgen. Die Messungen wurden hier im zweistiindliehen Abstand yon 6--20 Uhr vorgenommen. Bei den Messun- gen in der Ns kommen die Variationen starker zur Geltung als bei jenen in 5 m Abstand.

Aus den gefundenen Untersuchungsergebnissen ist ersichtlich, dab die Heterophorien individuell Verschiedenen tageszeitlichen Schwan- kungen in HShe und Richtung unterliegen. Dabei zeigt sich eine Neigung zur Esophorie fiir die Ferne und zur Exophorie ffir die Nahe.

134 K. G~iiN~WALD :

BeeinfluSbarkeit der tleterophorien dutch IIypnotica und zentrale Analeptiea

Dutch den individuell untersehiedlichen Tagesrhythmus ist es prak- tisch unmSglich, an einer grSl~eren Anzahl von Personen Heterophorie- messungen unter gleichartigen Bedingungen zur Prii~ung des Einflusses yon Ermiidung, Wachsein und vegetativer Tonuslage durchzuffihren, Deshalb er~olgten die beschriebenen 1Y[essungen experimentell nach

§

+g

§

-/-2

0

-2

- r

-g

--#

-/0

-:2

-:4 Abb. 5. Anderung

t t t'

des Heterophoriewinkels nach Gaben yon Luminal (vgl. Abb. 1)

Verabreiehung yon Luminal 0,4 und Coffeinum purum 0,3. D~ die Resorption des Luminals vom Magen-Darmkan~l aus besonders langs~m erfolgt, begann die Messung erst 3 Std nach Verabreichung des Luminals und 1 Std n~eh Ver~breichung des Co,reins.

Insges~mt wurden 57 Personen unter Luminaleinflul3 untersucht. Es land sich bei 41 Personen eine Zunahme tier Esophorie, bei 9 Per- sonen eine Zunahme der Exophorie und bei 7 Personen keine Ver- iinderung des Heterophoriewinkels. Bei den Untersuehungen in der NiChe ~and sieh bei 7 Personen eine Zunahme der Esophorie, bei 40 Per- sonen eine Zunahme der Exophorie und bei 10 Personen keine Ver- ~nderung des Heterophoriewinkels. Wie Abb. 5 zeigt, sind die Ande- rungen des Winkels bei der Esophorie beim Sehen in die Ferne und bei der Exophorie beim Sehen in die l~the ganz erheblieh, die der Exophorie in der Ferne und der Esophorie in der Nahe dagegen bis ~u~ geringffigige Ausnahmen sehr klein.

Einflul] des Vegetativums auf I-[She und ]%ichtung der l-[eterophorien 135

Als Erkl/~rung kSnnte man eine Vaguserregung annehmen, diedirekt oder reflektorisch ausgel6st wird und die nach MADDOX m6glicherweise im Sinne der Konvergenz auf die Laterales wirkt; zum anderen kommt auch als Ursache ein Oe-Mangel in Betracht, der die Heterophorie in t%ichtung der Esophorie beeinflul~t (VELHAG~.W). Ffir die zweite M6glich- keit sprechen auch die Untersuchungsergebnisse von QUAST~L, der nachweisen konnte, dal~ die Atmung yon Gehirnschnitten in vitro durch Barbiturate gehemmt wird. •ach HAmBUrGER findet man die Eso- phorie nicht selten bei Abusus yon Genu•mitteln. Offenbar handelt es sich um eine ~bererregbarkei t des Konvergenzzentrums, die iiir Alkohol- abusus fast charakteristisch ist. Zu einer ~hnlichen Ubererregbarkeit kommt es bei Anoxamie.

Bei der Kompliziertheit und Mannigfaltigkeit der nerv6sen Einflfisse auf die Funktion der Augenmuske]n ist es sicher, daft hier noch zahl- reiche, schwer analysierbare Faktoren eine Ro]le spielen.

Der Coffein-Test wurde einen Tag vor dem Luminal-Test durch- gefiihrt, um Nachwirkungen des Lumina]s auszuschlieBen. Es l a n d sich nach Verabreiehung yon Coffeinum purum 0,3 an 60 Personen bei der Prfifung in 5 m b e i 36 eine Zunahme der Esophorie, bei 13 eine Zunahme der Exophorie und bei 11 keine Anderung des tteterophorie- winkels. Die Untersuchung in der N/~he ergab bei 13 eine Zunahme der Esophorie, bei 28 eine Zunahme der Exophorie, bei 19 keine Ver- ~tnderung des Heterophoriewinkels.

Wenn auch die Anderungen des Heterophoriewinkels nach Coffein- verabreichung nicht sehr erheblich sind, so l~I~t sich doch eine Xhnlich- keit mi t der Knrve nach Luminalgaben nicht fibersehen (Abb. 6). An und ffir sich sollte man auf Grund der gegensgtzlichen Wirkung der beiden Medikamente eine Umkehrung des l%esultates erwarten. Dal~ es sich nicht um Zuf~lligkeiten handelt, zeigt das praktisch gleiche t%esultat bei zwei voneinander unabh~ngigen Untersuchungsgruppen und die an 12 Versuchspersonen durchgeffihrten Kontrollmessungen mit Sacch. lact. 0,3.

Die Erkliirung fiir die Xhnlichkeit des Kurvenverlaufes der mit Luminal und Coffein stimulierten Versuchspersonen ist schwierig, zumal sich im psychischen Verhalten der Untersuehten die bekannten Unter- schiede deutlich zeigten. Immerhin k6nnte das gleichartige Verh~lten auf die strukturellen Beziehungen zwischen Barbituraten und X~nthin- k5rpern bezogen werden.

Nach EICFd~OLTZ ist Coffein - - obwohl in hOchsten Dosen se]bst ein Kr~mpf- gift - - ein stgrker Antagonist gnderer Kr~mpfgifte, so z. B. yon Cochin, Ca rdiuzol und Cor~min; es iibertreffe in dieser Hinsicht im Experiment die Wirkung der Bromide und wirkt ~hnlich wie kleine Dosen Luminal. HAUSCHILD "~veist auf die auffallenden strukturellen Beziehungen zwischen den B~rbituraten und den zentr~l erregenden XanthinkSrpern yore Typ des Co]]ein und Theophyllin hin.

Albrecht v. Graeies Arch. Ophthal. Bd. 165 ] 0

136 tI. G~ii~EWALD :

Bei allen Untersuehungen fiber It6he und Rieh~ung der Hetero- phorie zeigte sich, dab die Ver/~nderungen in der N/~he gr6Ber sind als in der Ferne. Wie aus Abb. 3 und 4 ersichtlich ist, nimmt die Kurven- schar bei der Fernprfifung einen Bereich yon 5,5 Prismendioptrien, bei der Nahprii~ung an den gleiehen Personen einen Bereich yon 10 Prismen- dioptrien ein. MSg]ieherweise ist diese Sehwankung durch eine wechseln- de Impulsst~rke auf die Augenmuskeln bedingt, die bei Prfifungen in verschiedenen Abst~nden auftritt.

-/4l Abb . 6. ~.nderlmg" des H e ~ r o p h o r i e w i n k e l s n a e h G a b e n y o n Cof~ein vgl. Abb . 1)

Schlu~folgerungen

Die mitgeteilten Ergebnisse yon l%eihenuntersuchungen weisen d~rauf hin, dal~ eine Heterophorie nicht statisch und in gar keinem Falle optometrisch verstanden werden darf, sondern dab sie das Ergebnis vielgestaltiger und auch relativ unfibersichtlieher, schwer zu analy- sierender dynamischer Abl~ufe darstellt und zahlreiche individuell unter- schiedliche Abhi~ngigkeiten zu vegetativen Zentren des Zentralnerven- systems aufweist.

Zweifellos ist diese charakteristische Eigenschait der Heterophorie yon eminenter Bedeutung bei der Behandiung yon asthenopischen Beschwerden, die dutch Heterophorie bedingt sind. Im Hinbliek auf die ])ynamik und die schwankenden, yon Umwelteinflfissen und dem al]gemeinen Status abh~ngigen Werten sollte eine Behandlung in erster Linie lunktionellen Charakter tragen und besonders auf eine Stimulierung

EinfluB des Vegetativums auf H6he und Richtung der Keterophorien 137

des Al lgemeinbef indens des Pa t i en t en ger ich te t sein. Wegen den indi- viduel l erhebl ichen Sehwankungen einer He te rophor ie is t es vo r t e i l ha i t und wfinsehenswert , die Verordnung einer Pr i smenbr i l le erst d a n n vorzunehmen, naehdem m a n Messungen an verschiedenen Tagen und bei untersehied] ichen ]~edingungen durchge l i ih r t hat .

Zusammenfassung Es wird yon Un te r suchungen an 60 Versuchspersonen fiber den

Einf lug des Vege ta t ivums au~ t IShe und l~ichtung der I~eterophor ien ber ichte t . Dabe i wurde gefunden, dab infolge yon Tages rhy thmus- schwankungen abends im Durchschn i t t eine Zunahme der Esophor ie ffir d ie Fe rne und der Exophor i e ffir die NiChe e in t r i t t . J edoch bes tehen dabe i erhebl iehe individuel le Differenzen.

NTach Gaben yon Coifein und Lumina l zeigte sich eine Zunahme der Esophor ie Itir die Fe rne und der Exophor i e ffir die N~he. Als Erk l~ rung Ifir die Xhnl ichkei t der t t e t e rophor i eande rungen naeh Verabre ichung beider P h a r m a k a wird auI die fi, hnl ichen S t ruk tu r fo rme ln hingewiesen.

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