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Wirtschaftst eil Der Export der deutschen Seifen- und Waschmittel-Industrie Von Rechtsanwalt Dr. C. H a r z , Bad Homburg €Iauptgeschiiftsfuhrerdes Verbandes Deutscher Seifenfabrikanteu e. V., Jitstitiar dcr DGF’ Seifen und Waschmittel sind lastige Konsumguter, die bei ihrem verhiltnismasig geringen Produktionswert keine grii- &ere Fracht- und Zollbelastung vertragen. Daher ist jede Seifen- und Waschmittel-Industrie, ganz gleich welcher Na- tionalitat, in ihren Absatzmiiglichkeiten im wesentlichen auf das eigene Land beschriinkt. Da alle nationalen Seifen- unil Waschmittel-Industrien der zivilisierten Welt mehr oder we- niger an einer O b e r k a p a z i t 2 t leiden, kann der Export ein Ventil fur diesen Oberdrudt nur gegenuber den Landern sein, deren eigene Seifen- und Waschmittel-Industrie ent- weder rudtstandig oder z. Z. erst im Aufbau ist. Schon daraus ergibt sich, daB der Adenhandel auf dem Seifen- und Wasch- mittel-Sektor zwangslaufig nur von bescheidenem Umfang ist. Das gilt insbesondere auch fur die d e u t s c h e n Verhaltnisse. wie aus den nachfolgenden Obersichten entnommen werden kann. Einfuhr Ausfuhr in in 1953 in to 1000 DM in to 1000 DM Seifen aller Art 81 618 2146 2772 Wasch- u. Waschhilfsmittel 35 49 518 951 Insgesamt 116 667 2664 3723 Im I. Quartal 1954 hat sich die Situation nicht wesentlich verandert, wie die folgende Gegenuberstellung zeigt: (Angaben in to) Einfuhr Ausfuhr Seifen aller Art 7 6 8 15 179 171 228 154 Wasch-u. Waschhilfsmittel 3 - - 1 43 7 102 66 Insgesamt 10 6 8 16 222 178 330 220 Einen Vergleich zur Vorkriegszeit zeigt folgende Abb. I Diese Abb. verdeutlicht gleichzeitig den S c h w e r p u n k t der deutschen Seifen- und Waschmittel-Industrie, wie er im Bereich der heutigen Westdeutschen Bundesrepublik seit je gewesen und durch zahlreiche Fliichtlingsbetriebe no& ver- stlrkt worden ist, und die r i e s i g e n A b s a t z g e b i e t e , die die westdeutsche Seifen- und Waschmittel-Industrie durrh PETTE * SEIFEN . ANSTRICHMLTTEL 56. Jahrgang Nr. 6 1954 die Abtrennung von Mittel- und Ostdeutschland v e r 1o r e n hat. Die westdeutsche Seifen- und Waschmittel-Industrie hatte ini Jahre 1953 mit einem Export von 0.6Qlo ihrer Gesamt- produktion annahernd wieder denselben Export wie die ge- samtdeutsche Seifen- und Waschmittel-Industrie im Jahre 1936 (0.7OIo). Daran sind, ausgehend von den oben genannten Zahlen fur die Ausfuhr im 1. Quartal 1954, die einzelnen Sparten mengenmBBig wie folgt heteiligt: Toiletteseifen 11 010 Kernseifen einschl. Industrieseifen 56 OJo Waschmittel fur WeiO-, Grob- und Buntwasche 17 O/o Feinwaschmittel 5 010 Diverse 11 010 Die Abb. kennzeichnet besser, als es mit Worten gesagt werden konnte, auch das Problem Nr. 1 der westdeutschen Seifenindustrie. Sie leidet nicht nur an einer in ihrem Weaen und ihrer Struktur liegenden a 11 g e m e i n e n Uberkapazitat - weil ein Seifenbetrieb nicht sehr kapital- und lohnintensiv ist und mit den vorhandenen Anlagen seine Produktion ohne weiteres um ca. 13O0/o steigern kann -, sondern an einer durch den Eisernen Vorhang bedingten p o 1 i t i s c h e n Ober- kapazitit. Wenn ein Warenstrom von 15 Oio der westdeutschcn Produktion, der vor dem 2. Weltkrieg vom Westen nach Mit- tel- und Ostdeutschland geflossen ist, plotzlich kupiert wird, so liegt auf der Hand, daB der verbliebene Markt in der Enge der Bundesrepublik die Produktion einer durch zahl- reiche Fluchtlingsbetriebe noch gesteigerten Oberkapazitat einfach nicht verkraften kann. Diese Unmijglichkeit hat zu den bekannten ruinBsen Preiskampfen besonders auf dem Kon- sumseifen-Sektor gefuhrt. DaB die Alliierte Hohe Kommission auf Befurwortung des BWM ausnahmsweise eine W e t t - b e w e r b so r d n u n g genehmigt hat, die den vollig derou- tierten Konsumseifenmarkt wieder in Ordnung bringen soll, ist in erster Linie der Einsicht dieser hohen Behorden zu dan- ken, daB die Preiskrise der Konsumseifen-Industrie durch ein wirtschaftlich unausgleichbares P o 1 i t i k u m bestimmt ist. Der e c h t e Export der deutschen Seifen- und Waschmittel- Iridustrie war und ist nur ein so kleiner Teil des deutschen Gesamtexports, daB ihm eigentlich weniger eine wirtschaft- liche als mehr eine r e p r I s e n t a t i v e Bedeutung zukommt. Gerade deswegen niiissen wir auf ein ernstes Anliegen 211 sprechen kommen, das sirh insbesondere auf den Export von hochwertigen deutschen Toiletteseifen nach Frankreich, Eng- land und Spanien bezieht. Wahrend die deutsche Regierung im Einvernehmen mit dem Verband Deutscher Seifenfabrikan- ten e. V. Wasch- und Feinwaschmittel voll und die Seifen zu einem Nettoeinfuhrpreis von DM 9.50 und mehr pro Kilo liberalisiert hat, bemuhen sich unsere deutschen Markcn- seifen-Fabriken vergebens in den genannten Staaten um ent- sprechende Exportlizenzen. Die deutschen Interessenten wol- len mit ihren Markenseifen von Weltruf nicht etwa neue Miirkte erschliefien, sondern nur wieder an alte Traditionen ankniipfen und nur reprasentativ in diesen Llndern ver- treten sein. Leider finden sich diese Staaten no& nicht bereit, in Anerkennung des Grundsatzes der Reziprozitat den deut- shen Wiinschen nachzugeben. Seife als Artikel des taglichcn Bedarfs ist sicher kein schlechter Botschafter in einer euro- pPischen Wirtschaftsunion. Das sollte man bei einer noch- maligen Prlfung dieser Exportfrage bedenken. Wir sehen hicrzu in der gemeinsamen deutsch-englischen Erklarung vorn 7.h. Mai 1954 iiber die Wiederherstellung natiirlicher Wett- bewerbsverhSiltnisse zwischen der Bundesrepublik und Grog- britannien einen erfreulichen Akzent. 447

Der Export der deutschen Seifen-und Waschmittel-Industrie

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Wirtschaftst eil Der Export der deutschen Seifen- und Waschmittel-Industrie

Von Rechtsanwalt Dr. C . H a r z , Bad Homburg €Iauptgeschiiftsfuhrer des Verbandes Deutscher Seifenfabrikanteu e. V . , Jitstitiar dcr DGF’

Seifen und Waschmittel sind lastige Konsumguter, die bei ihrem verhiltnismasig geringen Produktionswert keine grii- &ere Fracht- und Zollbelastung vertragen. Daher ist jede Seifen- und Waschmittel-Industrie, ganz gleich welcher Na- tionalitat, in ihren Absatzmiiglichkeiten im wesentlichen auf das eigene Land beschriinkt. Da alle nationalen Seifen- unil Waschmittel-Industrien der zivilisierten Welt mehr oder we- niger an einer O b e r k a p a z i t 2 t leiden, kann der Export ein Ventil fur diesen Oberdrudt nur gegenuber den Landern sein, deren eigene Seifen- und Waschmittel-Industrie ent- weder rudtstandig oder z. Z. erst im Aufbau ist. Schon daraus ergibt sich, daB der Adenhandel auf dem Seifen- und Wasch- mittel-Sektor zwangslaufig nur von bescheidenem Umfang ist. Das gilt insbesondere auch fur die d e u t s c h e n Verhaltnisse. wie aus den nachfolgenden Obersichten entnommen werden kann.

Einfuhr Ausfuhr in in

1953 in to 1000 DM in to 1000 DM

Seifen aller Art 81 618 2146 2772 Wasch- u. Waschhilfsmittel 35 49 518 951

Insgesamt 116 667 2664 3723

Im I. Quartal 1954 hat sich die Situation nicht wesentlich verandert, wie die folgende Gegenuberstellung zeigt:

(Angaben in to) Einfuhr Ausfuhr

Seifen aller Art 7 6 8 15 179 1 7 1 228 154 Wasch-u. Waschhilfsmittel 3 - - 1 43 7 102 66

Insgesamt 10 6 8 16 222 178 330 220

Einen Vergleich zur Vorkriegszeit zeigt folgende Abb.

I

Diese Abb. verdeutlicht gleichzeitig den S c h w e r p u n k t der deutschen Seifen- und Waschmittel-Industrie, wie er im Bereich der heutigen Westdeutschen Bundesrepublik seit je gewesen und durch zahlreiche Fliichtlingsbetriebe no& ver- stlrkt worden ist, und die r i e s i g e n A b s a t z g e b i e t e , die die westdeutsche Seifen- und Waschmittel-Industrie durrh

PETTE * SEIFEN . ANSTRICHMLTTEL 56. Jahrgang Nr. 6 1954

die Abtrennung von Mittel- und Ostdeutschland v e r 1 o r e n hat.

Die westdeutsche Seifen- und Waschmittel-Industrie hatte ini Jahre 1953 mit einem Export von 0.6Qlo ihrer Gesamt- produktion annahernd wieder denselben Export wie die ge- samtdeutsche Seifen- und Waschmittel-Industrie im Jahre 1936 (0.7OIo). Daran sind, ausgehend von den oben genannten Zahlen fur die Ausfuhr im 1. Quartal 1954, die einzelnen Sparten mengenmBBig wie folgt heteiligt:

Toiletteseifen 1 1 010

Kernseifen einschl. Industrieseifen 56 OJo

Waschmittel fur WeiO-, Grob- und Buntwasche 17 O/o

Feinwaschmittel 5 010

Diverse 11 010

Die Abb. kennzeichnet besser, als es mit Worten gesagt werden konnte, auch das Problem Nr. 1 der westdeutschen Seifenindustrie. Sie leidet nicht nur an einer in ihrem Weaen und ihrer Struktur liegenden a 11 g e m e i n e n Uberkapazitat - weil ein Seifenbetrieb nicht sehr kapital- und lohnintensiv ist und mit den vorhandenen Anlagen seine Produktion ohne weiteres um ca. 13O0/o steigern kann -, sondern an einer durch den Eisernen Vorhang bedingten p o 1 i t i s c h e n Ober- kapazitit. Wenn ein Warenstrom von 15 O i o der westdeutschcn Produktion, der vor dem 2. Weltkrieg vom Westen nach Mit- tel- und Ostdeutschland geflossen ist, plotzlich kupiert wird, so liegt auf der Hand, daB der verbliebene Markt in der Enge der Bundesrepublik die Produktion einer durch zahl- reiche Fluchtlingsbetriebe noch gesteigerten Oberkapazitat einfach nicht verkraften kann. Diese Unmijglichkeit hat zu den bekannten ruinBsen Preiskampfen besonders auf dem Kon- sumseifen-Sektor gefuhrt. DaB die Alliierte Hohe Kommission auf Befurwortung des BWM ausnahmsweise eine W e t t - b e w e r b so r d n u n g genehmigt hat, die den vollig derou- tierten Konsumseifenmarkt wieder in Ordnung bringen soll, ist in erster Linie der Einsicht dieser hohen Behorden zu dan- ken, daB die Preiskrise der Konsumseifen-Industrie durch ein wirtschaftlich unausgleichbares P o 1 i t i k u m bestimmt ist.

Der e c h t e Export der deutschen Seifen- und Waschmittel- Iridustrie war und ist nur ein so kleiner Teil des deutschen Gesamtexports, daB ihm eigentlich weniger eine wirtschaft- liche als mehr eine r e p r I s e n t a t i v e Bedeutung zukommt. Gerade deswegen niiissen wir auf ein ernstes Anliegen 211

sprechen kommen, das sirh insbesondere auf den Export von hochwertigen deutschen Toiletteseifen nach Frankreich, Eng- land und Spanien bezieht. Wahrend die deutsche Regierung im Einvernehmen mit dem Verband Deutscher Seifenfabrikan- ten e. V. Wasch- und Feinwaschmittel voll und die Seifen zu einem Nettoeinfuhrpreis von DM 9.50 und mehr pro Kilo liberalisiert hat, bemuhen sich unsere deutschen Markcn- seifen-Fabriken vergebens in den genannten Staaten um ent- sprechende Exportlizenzen. Die deutschen Interessenten wol- len mit ihren Markenseifen von Weltruf nicht etwa neue Miirkte erschliefien, sondern nur wieder an alte Traditionen ankniipfen und nur reprasentativ in diesen Llndern ver- treten sein. Leider finden sich diese Staaten no& nicht bereit, in Anerkennung des Grundsatzes der Reziprozitat den deut- shen Wiinschen nachzugeben. Seife als Artikel des taglichcn Bedarfs ist sicher kein schlechter Botschafter in einer euro- pPischen Wirtschaftsunion. Das sollte man bei einer noch- maligen Prlfung dieser Exportfrage bedenken. Wir sehen hicrzu in der gemeinsamen deutsch-englischen Erklarung vorn 7 . h . Mai 1954 iiber die Wiederherstellung natiirlicher Wett- bewerbsverhSiltnisse zwischen der Bundesrepublik und Grog- britannien einen erfreulichen Akzent.

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