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2214 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 4. JAHRGANG: Nr. 46 x2. NOVI~MBERx9~5 0FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. DER GEGENWARTIGE STAND DER SCHLAF- KRANKHEIT. (Rapport compl6mentaire sur la tuberculose et la maladie du sommeil en Afrique l~quatoriale.) Voi1 Von Prof. Dr. E. STEUDEL, Berlin-Dahlem. Der ,,erg~nzende Bericht fiber die Tuberkulose uud die Schlafkrankheit in Aquatorialaffika" ist unter der Agide des V61kerbuudes yon den englischen Forschern M. ANDREW BALFOUR und M. A. G. BAGSHAWE, dem Belgier M. E. YON CAMPENHOUT und dem Franzosen Prof. GUSTAVE MARTIN verfaBt ulld im April 1925 dem Hygienekomitee des V61ker- bundes vorgelegt worden. Dieser Bericht bildet eine Er- g~Lnzung zu dem yon den gleichen Gelehrten verfagten und am 26. Mai 1923 dem V61kerbund vorgelegten ,,provisorischen Bericht fiber Tuberkulose und Schlafkrankheit in Aquatorial- afrika". Der fiber Tuberkulose handelnde Teil enth~lt haupts~ch- lich statistisches Material, welches zeigt, dab die Tuberkulose unter den Eingeborenen in den meisten tropisch-afrikanisehen Kolonien haupts~chlictI in den KfistenstXdten alhn~Lhlich zu- nimmt. Von besonderem Interesse ist die Beobachtung im englisch- ~gyptiscben Sudan, dab die Malaria ffir die Tuberkulose eine ausgesprochene Predisposition schafft und dab daher bei er- folgreicher Bek~mpfung der Malaria auch die Tuberkulose abnimmt. In der beigegebenen Zahlenzusammenstellung fallen yon der Gesamtheit der im Sanit~tsdienst des Sudan beobach- teten KrankheitsfAlle in den Jahren 1917 und 1918 1,54 und 1,53~o auf Tuberkulose, in den folgenden Jahren sinkt diese Zahl auf 1,3o und steigt dann bis 19z 3 wieder auf 1,38~ . Der Bericht fiber die Schlafkrankheit in den JranzSsisehen Territorie~ steht in merkwfirdigem Gegensatz zu dem ent- sprechenden Abschnitt in dem vorlXufigen Bericht vom Mai 1923. Der vorl~ufige tranz6sische Bericht besteht aus einer siegesgewissen Lobeserhebung fiber das kurz zuvor ein- gerichtete System der Schlafkrankheitsprophylaxe, welches darin besteht, dab die ganzen Schlafkrankheitsgebiete ill Franz6sisch-Aquatorialafrika in 21 Abschnitte (Secteurs) auf- geteilt wurde. In jedem Sektor sollte ein Arzt mit einheimi- schen HilfskrAften mindestens zweimal im Jahre den ganzen Bezirk durchreisell, alle Eingeborenen auf Schlafkrankheit untersuchen und die Kranken mit zwei Atoxylinjektionen behandeln. Trotz der Kfirze der Zeit seit Einrichtullg dieser Methode enth~lt der vorl~ufige Bericht doch schon riesige Zahlen untersuchter und schlafkrank befundener Eingeborener und sonstiger erzielter Erfolge, ja er versteigt sich sogar zu dem Satz: ,,Alle gefundenen epidemischen Herde -- und es waren darunter ~ugerst heftige -- wurden bemeistert." Demgegeniiber enthMt der erg~nzende Bericht yore April 1925 nicht ilur das Zugest~ndnis, dab im Tchadgebiet, im Oubangui-Chari-Distrikt und in Kamerun am Nyong, in Akonolinga und im Dumebezirk die Schlafkrankheit im Fort- schreiten ist oder bereits Fortschritte gemacht hat, sondern auch zahlreiche Mitteilungen, welche gegen die 2 Jahre vorher so gerfihmte Methode der Prophylaxe sprechen. BLANCHARD und LAIGRET verurteilen eine Organisation, welche die er- reichtell Erfolge llach der Zahl der durchlaufenen Kilometer einsch~tze. Die yon der ,,Soci6t6 de pathologie exotique" er- nannte Schlafkrankheitskommission bat Leits~tze aufgestellt, unter denen sich die folgenden befinden: Ffir die Schlaf- kranken des Anfangsstadiums ist die Anwendung yon Atoxyl in starken Dosen (1,5--2,o g pro Kilogramm Kbrpergewicht) zu empfehlen in j~hrlichen Serien yon 6 Injektionen mit je io Tagen Zwischenzeit. Diese Behandlungsart lasse llur etwa 6%*RfickfAlle nach I Jahr erwarten. Die Sehlafkrankheits- bezirke (Secteurs) sind zu ausgedehnt und bedingen ffir das Personal eine ungeheure l~Tberanstrellgung in den besonders ungesunden Gegenden. Sie miissen daher verkleinert werden. Diese Mal3nahme erfordert eine Vermehrung der Arzte und der europ~ischen Heilgehilfen. Die Hilfe der eingeborenen Heilgehilfen muB init Vorsicht in Anspruch genommen werden, sie mfissen unter steter Aufsicht eines Arztes bleiben. hn allgemeinen haben zwar die Franzosen bisher noch an ihrer Methode der Prophylaxe festgehalten; nach der zu Be- ginn des Berichts gegebenen Zusammenstellung wurden im Jahre 1922 im ganzen Schlafkrankheitsgebiete yon Franz6- sisch-Aquatorialafrika 5967 neue und 16 324 alte F~ille yon Schlafkrankheit mit durehschnittlich 2 (!!) Injektionen yon Atoxyl behandelt. Im Jahre 1923 kamen 4421 neue hinzu. Aber man kann aus obigen und ~ihnlichen im Bericht ent- haltenen Ausffihrungen erkennen, dab die Franzosen an ihrem Irfiheren System der Prophylaxe wankend geworden sind, und dab sie dazu fibergehen, wie es in dem Bericht heiBt, die Prophylaxe mit der Heihnethode zu vernlengen. Dr, HuoT hat in Kamerun sogar schon mit einer monatlichen Atoxyl- behandlung yon I g begonnen. Dazu muBte er II eingeborene Heilgehilfen in Anspruch nehmen. Er fand in den verschiede- nen Teilen des Dumebezirks die Bev61kerung zwischen I ~/o und 50% mit Schlafkrankheit befallen. Dr. JAMOT land I922/23 unter 113 ooo untersuchten Eingeborenen Kalneruns 33 5 ~ Schlafkranke, also eine Morbidit~t yon 30%. Er sagt welter, dab in den Schlafkrankheitsgebieten yon Kamerun die Schlaf- krankheit ffir sich allein etwa ebenso viele Todesf~lle verur- sacht, wie alle anderen Krankheiten zusammen. Die Gesanlt- mortalitXt ist etwa zweimal so groB als die Geburtenziffer. Wenn nun aber die Franzosen zur Heilmethode fibergehen, beginnt ffir sie erst die gr6Bte Schwierigkeit, die in dem Be- richt all dell V61kerbund kaum gestreift wird, die f3berwindung des Arztemangels. Die Methode der ,,Prophylaxe" ist von den Franzosen offenbar haupts~tchlieh gew~tllt worden, um mit einem Minimum yon Arzten m6glichst ausgedehnte Gebiete sanieren und damit wom6glich alle Schlafkrankheitsgebiete ihres riesigen tropisehen Kolonialbesitzes auf einmal in AngrifI nehmen zu k6nllen. Aber selbst dieses Minimum yon Arzten kollnten sie nicht aufbringen, kaum die H~lfte der ,,Secteurs" waren je mit Krzten besetzt. Aquatorialafrika hat in Frank- reich dell Ruf eines besonders ungesunden Koloniallandes, und die f3beranstrengung durch den Prophylaxedienst hat neue Opfer gefordert, welche die Kolonialbereitschaft ffir diese Gegenden ungfinstig beeinflussen werden. Wie soll also der grol3e Mehrbedarf an Arzten, den die Verkleinerung der ,,Secteurs" und die Durchffihrung der Heilmethode erforder- lieh machen, beschafft werden? Ganz ebenso besteht aber ein Mangel an europ~ischen Heilgehilfen; das Arbeiten nur mit eingeborenen Heilgehilfen, die zu Ubergriffen neigen, sobald sie sich ohne Aufsicht glau- ben, bildet in den franz6sischen Kolonien einen weiteren dunklen Punkt, der da und dort in dem ergXnzenden Bericht angedeutet wird. Der Bericht fiber den belgischen Kongo enthAlt haupt- s~Lchlich Mitteilungen fiber die Schlafkrankheitsbek~mpfung yon Dr. SCHWETZ; er land in einem Distrikt bei dreimaliger Behandlung im ersten Jahre 12,8% Schlafkranke, im zweiten Jahre 9,9% und im dritten Jahre 6,o~ . In 2 anderen Bezirken mit zweimaliger 13ehandlung wurden im ersten Jahre 12,2 und 5,5% Schlafkranke festgestellt, ein Jahr sp~ter noch 3,3% und 1,o%. Die Behandlung bestand in io Injektionen Atoxyl, bei den ganz frischen F~llen verbunden mit Tartarus emeticus. Die Diagnostik wurde durch Drfisenpalpation aus- geffihrt ohne Zuhilfenahme des Mikroskops. Wegen dieser Unterlassung wurde Dr. SCHWETZ in der franz6sischen Fach- presse in letzter Zeit angegriffen. Es kanll ja kein Zweifel darfiber bestehen, dab die Diagnose mit dem Mikroskop sicherer und bei zweifelhaften F~llen allein maggebend ist, aber beim Arbeiten im Busch ist der stete Gebrauch des Mikroskops schwierig und zeitraubend, und wenll man dabei lediglich auf die Untersttitzung und Mitarbeit yon eillgebore- nen Hilfskr~ften angewiesen ist, verliert auch die Kontrolle mit dem feinen Instrument viel yon ihrer Zuverl~tssigkeit.

Der Gegenwärtige stand der Schlafkrankheit

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0FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. DER GEGENWARTIGE STAND DER SCHLAF-

KRANKHEIT. (Rapport compl6mentaire sur la tuberculose et la maladie

du sommeil en Afrique l~quatoriale.) Voi1

Von Prof. Dr. E. STEUDEL, Ber l in-Dahlem.

Der ,,erg~nzende Bericht fiber die Tuberkulose uud die Schlafkrankheit in Aquatorialaff ika" ist unter der Agide des V61kerbuudes yon den englischen Forschern M. ANDREW BALFOUR und M. A. G. BAGSHAWE, dem Belgier M. E. YON CAMPENHOUT und dem Franzosen Prof. GUSTAVE MARTIN verfaBt ulld im April 1925 dem Hygienekomitee des V61ker- bundes vorgelegt worden. Dieser Bericht bildet eine Er- g~Lnzung zu dem yon den gleichen Gelehrten verfagten und am 26. Mai 1923 dem V61kerbund vorgelegten ,,provisorischen Bericht fiber Tuberkulose und Schlafkrankheit in Aquatorial- afrika".

Der fiber Tuberkulose handelnde Teil enth~lt haupts~ch- lich statistisches Material, welches zeigt, dab die Tuberkulose unter den Eingeborenen in den meisten tropisch-afrikanisehen Kolonien haupts~chlictI in den KfistenstXdten alhn~Lhlich zu- nimmt.

Von besonderem Interesse ist die Beobachtung im englisch- ~gyptiscben Sudan, dab die Malaria ffir die Tuberkulose eine ausgesprochene Predisposition schafft und dab daher bei er- folgreicher Bek~mpfung der Malaria auch die Tuberkulose abnimmt. In der beigegebenen Zahlenzusammenstellung fallen yon der Gesamtheit der im Sanit~tsdienst des Sudan beobach- teten KrankheitsfAlle in den Jahren 1917 und 1918 1,54 und 1,53~o auf Tuberkulose, in den folgenden Jahren sinkt diese Zahl auf 1,3o und steigt dann bis 19z 3 wieder auf 1,38~ .

Der Bericht fiber die Schlafkrankheit in den JranzSsisehen Territorie~ steht in merkwfirdigem Gegensatz zu dem ent- sprechenden Abschnitt in dem vorlXufigen Bericht vom Mai 1923. Der vorl~ufige tranz6sische Bericht besteht aus einer siegesgewissen Lobeserhebung fiber das kurz zuvor ein- gerichtete System der Schlafkrankheitsprophylaxe, welches darin besteht, dab die ganzen Schlafkrankheitsgebiete ill Franz6sisch-Aquatorialafrika in 21 Abschnitte (Secteurs) auf- geteilt wurde. In jedem Sektor sollte ein Arzt mit einheimi- schen HilfskrAften mindestens zweimal im Jahre den ganzen Bezirk durchreisell, alle Eingeborenen auf Schlafkrankheit untersuchen und die Kranken mit zwei Atoxylinjektionen behandeln. Trotz der Kfirze der Zeit seit Einrichtullg dieser Methode enth~lt der vorl~ufige Bericht doch schon riesige Zahlen untersuchter und schlafkrank befundener Eingeborener und sonstiger erzielter Erfolge, ja er versteigt sich sogar zu dem Satz: ,,Alle gefundenen epidemischen Herde -- und es waren darunter ~ugerst heftige -- wurden bemeistert ."

Demgegeniiber enthMt der erg~nzende Bericht yore April 1925 nicht ilur das Zugest~ndnis, dab im Tchadgebiet, im Oubangui-Chari-Distrikt und in Kamerun am Nyong, in Akonolinga und im Dumebezirk die Schlafkrankheit im Fort- schreiten ist oder bereits Fortschrit te gemacht hat, sondern auch zahlreiche Mitteilungen, welche gegen die 2 Jahre vorher so gerfihmte Methode der Prophylaxe sprechen. BLANCHARD und LAIGRET verurteilen eine Organisation, welche die er- reichtell Erfolge llach der Zahl der durchlaufenen Kilometer einsch~tze. Die yon der ,,Soci6t6 de pathologie exotique" er- nannte Schlafkrankheitskommission bat Leits~tze aufgestellt, unter denen sich die folgenden befinden: Ffir die Schlaf- kranken des Anfangsstadiums ist die Anwendung yon Atoxyl in starken Dosen (1,5--2,o g pro Kilogramm Kbrpergewicht) zu empfehlen in j~hrlichen Serien yon 6 Injektionen mit je io Tagen Zwischenzeit. Diese Behandlungsart lasse llur etwa 6%*RfickfAlle nach I Jahr erwarten. Die Sehlafkrankheits- bezirke (Secteurs) sind zu ausgedehnt und bedingen ffir das Personal eine ungeheure l~Tberanstrellgung in den besonders ungesunden Gegenden. Sie miissen daher verkleinert werden.

Diese Mal3nahme erfordert eine Vermehrung der Arzte und der europ~ischen Heilgehilfen. Die Hilfe der eingeborenen Heilgehilfen muB init Vorsicht in Anspruch genommen werden, sie mfissen unter steter Aufsicht eines Arztes bleiben.

hn allgemeinen haben zwar die Franzosen bisher noch an ihrer Methode der Prophylaxe festgehalten; nach der zu Be- ginn des Berichts gegebenen Zusammenstellung wurden im Jahre 1922 im ganzen Schlafkrankheitsgebiete yon Franz6- sisch-Aquatorialafrika 5967 neue und 16 324 alte F~ille yon Schlafkrankheit mit durehschnittlich 2 (!!) Injektionen yon Atoxyl behandelt. Im Jahre 1923 kamen 4421 neue hinzu. Aber man kann aus obigen und ~ihnlichen im Bericht ent- haltenen Ausffihrungen erkennen, dab die Franzosen an ihrem Irfiheren System der Prophylaxe wankend geworden sind, und dab sie dazu fibergehen, wie es in dem Bericht heiBt, die Prophylaxe mit der Heihnethode zu vernlengen. Dr, HuoT hat in Kamerun sogar schon mit einer monatlichen Atoxyl- behandlung yon I g begonnen. Dazu muBte er II eingeborene Heilgehilfen in Anspruch nehmen. Er fand in den verschiede- nen Teilen des Dumebezirks die Bev61kerung zwischen I ~/o und 50% mit Schlafkrankheit befallen. Dr. JAMOT land I922/23 unter 113 ooo untersuchten Eingeborenen Kalneruns 33 5 ~ Schlafkranke, also eine Morbidit~t yon 30%. Er sagt welter, dab in den Schlafkrankheitsgebieten yon Kamerun die Schlaf- krankheit ffir sich allein etwa ebenso viele Todesf~lle verur- sacht, wie alle anderen Krankheiten zusammen. Die Gesanlt- mortalitXt ist etwa zweimal so groB als die Geburtenziffer.

Wenn nun aber die Franzosen zur Heilmethode fibergehen, beginnt ffir sie erst die gr6Bte Schwierigkeit, die in dem Be- richt all dell V61kerbund kaum gestreift wird, die f3berwindung des Arztemangels. Die Methode der , ,Prophylaxe" ist von den Franzosen offenbar haupts~tchlieh gew~tllt worden, um mit einem Minimum yon Arzten m6glichst ausgedehnte Gebiete sanieren und damit wom6glich alle Schlafkrankheitsgebiete ihres riesigen tropisehen Kolonialbesitzes auf einmal in AngrifI nehmen zu k6nllen. Aber selbst dieses Minimum yon Arzten kollnten sie nicht aufbringen, kaum die H~lfte der ,,Secteurs" waren je mit Krzten besetzt. Aquatorialafrika hat in Frank- reich dell Ruf eines besonders ungesunden Koloniallandes, und die f3beranstrengung durch den Prophylaxedienst hat neue Opfer gefordert, welche die Kolonialbereitschaft ffir diese Gegenden ungfinstig beeinflussen werden. Wie soll also der grol3e Mehrbedarf an Arzten, den die Verkleinerung der ,,Secteurs" und die Durchffihrung der Heilmethode erforder- lieh machen, beschafft werden?

Ganz ebenso besteht aber ein Mangel an europ~ischen Heilgehilfen; das Arbeiten nur mit eingeborenen Heilgehilfen, die zu Ubergriffen neigen, sobald sie sich ohne Aufsicht glau- ben, bildet i n den franz6sischen Kolonien einen weiteren dunklen Punkt, der da und dort in dem ergXnzenden Bericht angedeutet wird.

Der Bericht fiber den belgischen Kongo enthAlt haupt- s~Lchlich Mitteilungen fiber die Schlafkrankheitsbek~mpfung yon Dr. SCHWETZ; er land in einem Distrikt bei dreimaliger Behandlung im ersten Jahre 12,8% Schlafkranke, im zweiten Jahre 9,9% und im dritten Jahre 6,o~ . In 2 anderen Bezirken mit zweimaliger 13ehandlung wurden im ersten Jahre 12,2 und 5,5% Schlafkranke festgestellt, ein Jahr sp~ter noch 3,3% und 1,o%. Die Behandlung bestand in io Injektionen Atoxyl, bei den ganz frischen F~llen verbunden mit Tartarus emeticus. Die Diagnostik wurde durch Drfisenpalpation aus- geffihrt ohne Zuhilfenahme des Mikroskops. Wegen dieser Unterlassung wurde Dr. SCHWETZ in der franz6sischen Fach- presse in letzter Zeit angegriffen. Es kanll ja kein Zweifel darfiber bestehen, dab die Diagnose mit dem Mikroskop sicherer und bei zweifelhaften F~llen allein maggebend ist, aber beim Arbeiten im Busch ist der stete Gebrauch des Mikroskops schwierig und zeitraubend, und wenll man dabei lediglich auf die Unterstt i tzung und Mitarbeit yon eillgebore- nen Hilfskr~ften angewiesen ist, verliert auch die Kontrolle mit dem feinen Instrument viel yon ihrer Zuverl~tssigkeit.

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x2. NOVEMBER x925 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4. J A H R G A N G . Nr. 46 2215

Dr. SCHWETZ, der sich fiber die UnzuverlAssigkeit der ein- geborenen Heilgehilfen, besonders der nach 3j~hriger Lern- zeit diplomierten, eingehend ausspricht und auch die Scheu des Buschnegers gegen Blutentnahme berficksichtigt, mag den richtigen W eg gewXhlt haben, wenn er in den schwer ver- seuchten, noch ganz unbeackerten Gegenden des belgischen Kongo zundchst ohne Mikroskop vorgeht, um das Vertrauen der Eingeborenen zu gewinnen und grobe Arbeit zu leisten. Die Feinarbeit mit dem Mikroskop wird allerdings sparer nachfolgen nlfissen. Dr. SCHWETZ ist der erste Arzt, der im belgischen I(ongo eine systematische Schlafkrankheits- bek~mpfung unternommen hat. Ffir die Gr613e des Landes und den Grad seiner Durchseuchung bedeutet dies leider nur einen Tropfen Wasser auf einen heiI3en Stein.

In dem ]3ericht der Verwaltung yon Ruanda-Urundi yon 1923 wird mitgeteilt, da{3 die Schlafkrankheit an den Ufern des Tanganyika wiederzukehren scheine; 34 Schlafkranke seien im Hospital yon Usumbura aufgenommen worden.

Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimnlt, dad es sich nicht um ein Wiederaufflackern, sondern um ein Weiter- bestehen des schweren Seuchenherdes in Urundi handelt, und dal3 in den ffir die Belgier unzug/inglichen Hfitten der Warundi noch Tausende yon Schlafkranken verborgen sind.

Aus dem Schlafkrankheitsbericht fiber die englischen Territorien ist ffir uns yon besonderem Interesse ein epidemi- scher Schlafkrankheitsherd, der in dem frfiheren Deutsch-Ost- afrika w~hrend der Kriegszeit im Muansabezirk entstanden ist, yon den EnglAndern I922 entdeckt und dutch Evakuat ion der Bev61kerung in tsetsefreies Gebiet bek~mpft wurde. Die erste Mitteilung fiber diesen akut epidemischen Krankheits- herd ist in dem vorl~ufigen Bericht der V61kerbundskommis- sion enthalten. Der yon den Engl~ndern aus Uganda herbei- geholte bekannte Schlafkrankheitsforscher Dr. DUKE hatte die Leitung der 13ek~inpfung und war auf Grund seiner Nach- forschungen und Beobachtungen zu der Ansicht gekommen, dal3 der Herd wahrscheinlich durch Einschleppung schlaf- kranker kongolesischer Soldaten wAhrend des Kriegcs ent- standen sei, also Einschleppung yon Trypanosoma gambiense, das durch Glossina palpalis fibertragen zu werden pflegt. In der Gegend des Seuchenherds gab es aber keine Glossina palpalis, sondern nut eine zur 1V[orsitansgruppe geh6rende Tsetsefliege, die sonst nur die Tsetsekrankheit der Tiere und das ffir den Menschen infekti6se Trypanosoma rhodesiense zu fibertragen pflegt. Diese Tsetsefliegen wurden w~thrend einer daselbst im Jahre 1919 herrschenden Hungerepidemie, w~h- rend welcher alles Wild aus der Gegend verschwunden ist, ge- zwungen, ihren ]31utbedarf nur von den Eingeborenen zu ent- nehmen, und bei diesen hAufigen ]3issen glaubt er, dal3 eine direkte l]bertragung des Trypanosoma gambiense statt- gefunden habe ohne vorherigen Generationswechsel in den F]iegen. Er glaubt durch eine solche Annahme auch den be- sonders b6sartigen epidemisehen Charakter dieses Krank- heitsherdes erklgren zu k6nnen.

In dem vorliegenden erg~nzenden Bericht der V61kerbund- kommission wendet sich der jetzige englische leitende Arzt des Tanganjika-Territoires gegen die Ansicht von Dr. DUKE, er teilt mit, dab die Evakuierung yon etwa 5000 Eingeborenen in tsetsefreies Gebiet mit sichernden Abholzungen Ende 1922 vollendet gewesen sei. Im ganzen wurden 683 Todesf~lle festgestellt, davon 59I durch die Dorfhguptlinge, 92 durch das Sanit~Ltspersonal. Dazu kommen noch 18 in Behandlung befindliche Kranke und 15 in Beobachtung befindliche ver- dAchtige F~lle. i923 seien noch 49 FAlle dazugekommen, und es seien wohl noeh weitere zu erwarten. Das Vorkommcn der relat iv hohen Zahl yon Kranken nach der ~)berffihrung spricht naeh DAVEY gegen eine direkte Obertragung durch die Tsetsefliegen. Er h~lt das Wild ffir das Reservoir yon Trypano- somen und glaubt, daI~ die Epidemie schon vor der yon Dr. DUKE erw~hnten Hungerperiode sehr schwer gewesen sei. Er sucht die ErklArung durch die Annahme einer Infektion mit Trypanosoma rhodesiense.

Gegen diese Vermutung yon Dr. DAVEY lassen sich aber verschiedene Grfinde anffihren. Das Trypanosoma rhodesiense t r i t t mehr sporadisch auf. Akut epidemische Seuchenausbrfi-

che wie der vorliegende sind beim Trypanosoma gambiense keine Seltenheit, abet beim Trypanosoma rhodesiense bisher noch nicht beobachtet. Aul3erdem liegen die Gegenden, wo das Trypanosoma rhodesiense endemiseh ist, weir entfernt yore Viktoriasee und ein Verkehr dieser sfidlicheren L~nder mit dem Muansabezirk hat wohl nie stattgefunden und war zur vermutlichen Zeit der Entstehung des fraglichen Krankheits- herdes unm6glich, weil der Sfiden yon Deutsch-Ostafrika noch in deutschen H~knden war, w~hrend der n6rdliche Teil yon britischen und belgischen Truppen besetzt war. Dagegen war eben durch das Eindringen der belgisch-kongolesischen Truppen eine Verbindung mit dem yon Trypanosoma gambi- ense durchseuchten Kongo und mit dem dazwischenliegenden Schlafkrankheitsherd yon Urundi hergestellt. Daher hat die Annahme eines yon Trypanosoma gambiense hervorgerufenen Krankheitsherdes yon Dr. DUKE manche epidemiologische Stfitze. Wenn man sich aber daran erinnert, daI3 es TAUTE und KLEINE und FISCHER oft und leicht gelungen ist, inl Laboratoriumsversuch eine Infektion yon Glossina morsitans mit Trypanosoma gambiense herbeizuffihren und zu beweisen, dal3 das Trypanosoma gambiense in der Glossina morsitans in ganz gleicher Weise wie in der Glossina palpalis einen Genera- tionswechsel durchmaeht, und daI3 dadurch diese Fliegen ffir den Rest ihres Lebens infektionstfichtig werden, so komnlt man unwillkfirlich auf den Gedanken, dab es sich bei Muansa um einen Herd mit Trypanosoma gambiense handelt, der durch eine Morsitansgruppe unterhalten und verbreitet wurde. DaI3 einmal ein solches Ereignis eintreten k6nnte, ist nach den ge- lungenen Tierversuchen l&ngst eine Sorge der deutschen Schlafkrankheits~rzte gewesen.

Der Bericht fiber Uganda enth&lt die Mitteilung, dab in den Jahren 1922 und 1923 etwa i i ooo von den Eingeborenen, welche etwa 15 Jahre vorher wegen der verheerenden Seuche vom Nordufer des Viktoriasees und yon den Inseln des Sees nach tsetsefreien Gegenden evakuiert worden sind, nach aus- gedehnten Sanierungsarbeiten in ihre alte Heimat zurfick- gekehrt sind. Sie stehen noch unter strenger sanit~rer Kon- trolle, ein neuer Fall yon Schlafkrankheit ist bisher nieht entdeckt worden.

In den n6rdlichen ~ezirken yon Uganda ist die Schlaf- krankheit noch weit verbrei tet , ihre systematische ]3ekAmp- tung st613t auf Schwierigkeiten bei der Bev61kerung, haupt- s~chlich besteht aber dort ein Mangel an Jkrzten, welche sich dieser Aufgabe ausschliei31ich zu widmen h~tten.

In den engliseh-dgyptizehen Sudan ist die Schlafkrankheit in den letzten Jahren fiber die Grenzen des franz6sischen Kongo, des belgischen Kongo und yon Uganda eingedrungen. Am i. Oktober 1922 waren in 5 Schlafkrankheitslagern 2o01 Schlafkranke in Behandlung.

Die englische Kolonialregierung h/~lt internationale Ver- einbarungen zur Regelung und Kontrollierung des Grenz- verkehrs an den Grenzen verseuchter L~nder ffir notwendig und sucht solche durch Vermittelung des V61kerbundes zu erreichen. Schon einmal, ilI1 Jahre 19o6, haben die Engl~nder versucht, ein internationales Schlafkrankheitsabkommen zu- stande zu bringen. Die damals in London geffihrten Ver- handlungen scheiterten an dem Widerstand der Franzosen, Belgier und Italiener, aber in direktem Anschlul3 daran wurde das deutsch-englische Abkommen zur ]3ekXmpfung der Schlafkrankheit am 27. Oktober 19o6 abgeschlossen, das yon beiden Seiten pfinktlich eingehalten wurde und die Unter- drfickung der Seuche am Viktoriasee wesentlich erleichterte. Der Wortlaut dieses Abkommens ist im vorlitufigen Bericht der V61kerbundskommission abgedruckt.

Von den J3erichten fiber die portuglesischen Territorien bietet der fiber die Prinzeninsel Interesse. Im Jahre 19o6 betrug hier die allgemeine Sterblichkeit 196% 0, wovon allein die Schlafkrankheit mit 83%o beteiligt war. Die in den Jahren 1911--1913 durchgeffihrten Bek~mpfungsmal3regeln bestanden in Abholzungen, Vernichtung aller gr613eren Tiere einschliel31ich der Haustiere, in Behandlung der Kranken mit Atoxyl und im Fang der Tsetsefliegen vermittels Leim. Diese letztere Methode wurde so ausgefibt, dab Arbeitern auf einer weil3en Kleidung am Rficken ein grol3es mit Leim be-

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s t r i c h e ~ Viereck angebracht wurde; damit warden sie in die L{dhtun~e n geschickt. Auf diese Weise wurdeli in den genann- ten 3 J~.hren etwa 47 ~ ooo Tsetsefliegengefangen. Von August I912 bis Mai 1913 wurden unter 39oo untersuchten Personen irioch i25Schlafkranke gefunden, bei einer Nachuntersuchung von Oktober I9.~3 bis Juni 1914 nur noch 19 meist alte F~lle. I m ersten Quaftal 1913 wurden 48 ooo Tsetsefiiegen gefangen, im erstetk:Quartal 1914 nur noch 34, Seit 1915 ist die Prinzen- inse,l:,frei :yon Schlafkrankheit.

9 a z u ist zu bemerken, dab die deutschen Schlafkrank- heits~rzte am Viktoriasee allein durch Abholzungen und -Krankenbehandlung ohne Fliegenleim und ohne die zahl- reichen. Viehherden der Eingeborenen anzutasten, einen glei- chen Erfolg erreicht haben.

Ein neuer sehwerer Schlafkrankheitsherd im ehemaligen deutseh-ostafrikanisehen Sehutzgebiet.

In Sikonge, das nur I1/2 Tagem~rsche sfidlich von Tabora, den1 Zentralort de r Kolonie, liegt, ist nach neuen Nach- ;icll~cefl Schlafkrankheit festgestellt worden, und der Seuchen- herd d~hnt sich weir nach Sfiden aus. Besonders heim- gesucht sind die Landschaften Ugunda im Siiden des Tabora- bezirkes, und Ukimba im einstigen Bezirk Bismarckburg (jetzt Ufipa-Distrikt). 45% der Bev61kerung sollen dort schlafkrank sein! Ganze D6rfer seien ausgestorben, andere yon der geAngstigten Bev61kerung fluchtartig verlassen worden! Da in dem ausgedehnten Gebiet nur ein schwarzer Heilgehilfe in Namanyere den gesamten Sanit~tsdienst aus- iibte, blieb die Seuche lange verborgen, und erst durch zwei griechische Elefantenj~tger aus Tabora wurde die Mandats- regierung auf das groge Sterben der eingeborenen Bev61- kerung aufmerksam gemacht. Es wurden 3 englische Arzte zur Bek~mpfung der Schlafkrankheit abkommandiert, und dnrch Verkehrsbeschr~nkungen suchte man eine wei tere Ausbreitung der Seuche zu verhiiten; d a s befallene Gebiet ist aber so grog, dab eine wirksame l~berwachung des Ver- kehrs kaum m6glich ist. "

Die yon dem neuesten Seuchenherd befallenen Land- strecken sind meist schwach bev61kert und :mi t trockenem Wald bestanden, in welchem die Glossina morsitans h~tufig ist: Einige durch diese Tsetsefliege gebildete Krankheits- herde des Trypanosoma rhodesiense liegen yon d e m sfid- lichen Teil des neuen Schlafkrankheitsherdes nicht allzu welt entfernt, so dab eine Einschleppung und Verbreitung des Trypanosoma rhodensiense wohl m6glich w~re. Besonders kommt Nord-Rhodesia in Betracht, yon wo zahlreiche Ein- geborene nach Tabora und zur ostafrikanischen Kfiste ge~ wandert sind, um sich als Pflanzungsarbei ter zu verdingen; durch einen yon diesen k6nnte die Einschleppung erfolgt sein. Aber die durch die Glossina morsitans vermittel ten IZrankheitsherde des Trypanosoma rhodesiense haben bisher einen mehr endemischen Charakter mit sporadischeh Krank~ heitsf~illen aufgewiesen; die schweren epidemischen SchlaI-

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kfanklleitsausbrfiche am Kongo, in Kamerun, am Viktoriasee und am Tauganyika-See waren alle durch das Trypanosoma gambiense vermittels der Glossina paIpalis hervorgerufen worden. Nach den eingegangenen Nachriehten kann aber kein Zweifel darfiber bestehen, dab der neueste Schlafkrank- heitsherd einen sehwer epidemischen Charakter hat. Trotz- dem kann ffir den neuen Krankheitsherd nur die Glossina morsitans als Obertr~gerin in Frage kommen, da ffir die Glossina palpalis in den trockenen Landstrecken dieser Gegenden die Existenzbedingungen fehlen. Dagegen seheint es mir nicht in gleicher Weise sicher zu sein, d a b das Try- panosoma rhodesiense der Krankheitsparasit ist. Es besteht auch die M6glichkeit, dab das Trypanosoma gambiense ein- geschleppt worden ist. W~hrend des Krieges sind die jetzt yon Schlafkrankhei t befallenen Gegenden zeitweise Kriegs- schauplatz gewesen, und die Belg ie r , unter deren kongo- lesischen Truppenmachweisbar schlaikranke Soldaten waren, sind bis sfidlich yon Tabora; also bis in die Gegend des n6rd- Iichen Teils des neuen Schlafkrankheitsherdes, vorgestogen; es ist nicht ausgeschlossen, dab schon damals eine Ein- schleppung des Trypanosoma gambiense erfolgt ist.

Es w~re aber auch denkbar, dab aus dem in der Ab- handlung ,,Der gegenw~rtige Stand der Schlafkrankheit" niiher beschriebenen, im Jahre 1922 im Muansa-Distrikt entdeckten Schlafkrankheitsherd, bei dem ebenfails eine Verbindung yon Glossina morsitans und Trypanosoma gambiense in Frage kommt, eine Einschleppung stattge- funden hat.

Trotz groBen wissenschaftlichen Interesses ist es vorl~ufig l?raktisch yon geringer Bedeutung, ob der neueste Schlaf- l~rankheitsherd durch das Trypanosoma rhodesiense oder durch das Trypanosoma gambiense unterhalten wird. Die Entscheidung dieser Frage kann einer spliteren wissen- schaftlichen Forschung /iberlassen werden. Viel wichtiger ist die Tatsache, dab der neue Seuchenherd bereits eine recht groge r~umliche Ausdehnung erlangt hat, dab die Glossina morsitans die Obertr~gerin ist, und dab er einen b6sartigen epidemischen Charakter besitzt. Da die Glos- sina morsitans sehr weite Verbreitung hat, ist die Gefahr einer raschen weiteren Ausdehnung der Seuche grog. Allein in dem jetzigen englischen Mandatsgebiet beherrscht die Glossina morsitans etwa zwei Drittel des Landes, und auch in den benachbarten englischen und portugiesischen Kolonien liegen die Verh~ltnisse iihnlich. Augerdem kommt in Be- tracht; dab die Glossina morsitans, well sie ffeiziigiger ist Ms die Glossina palpalis, nur durch Abholzungen grogen Magstabes sich vertreiben l~gt. Andererseits besitzen wit allerdings jetzt im Germanin (Bayer 2o5) ein auch gegen das Trypanosoma rhodesiense wirksames besseres Heilmittel, als wir vor dem Kriege zur Verffigung gehabt hubert. Das Atoxy! hat te gegeniiber dem Trypanosoma rhodesiense geringe Heilkraft. Nur schleunige und grogziigige Bek~mp- fungsmagregeln k6nnen die schwere Gefahr noch bannen.

REFERATENTEIL. EINZELREFERATE UND BUCHBESPRECHUNGEN.

ALLGEMEINES. O Pathologie als NaturwissenschML Relationspathologie. Ffir ~Pathologen, Physiologen, Mediziner und Biologen. Von GUSTAV RICKER. VII, 391 .S. Berlin: Julius Springer 1924. Geh. 18, geb. 19,8o Qgldmark:

,,Wir naben unsere naturwissenschaftliche Pathologie Relations- pathologie genannt, well sie in den Relationen, Beziehungen der pathisehen K6rpervorg~nge zueinander und zur Augenwelt den Gegenstand der Pathologie als Naturwissenschaft erblickt. Sic ist also relativistisch und erkennt nichts Absolutes an, im besonderen nicht die Zelle, die aus eigener Kraft sich ern~hrt, funktioniert und vermehrt." In diesen Worten umschreibt RICKER seine Aufgabe, die er in zweifellos bewundernswert geschlossener Art durchffihrt. Es gelingt itfm dabei, selbst scheinbar abgeleierten Gebie~en der Krankheitsforschung neue Interessen abzugewinnen, u n d e r wird

niemals trofz der rein theoretischen Art der Darlegung ermfidend und langweilig. Fin erster physiologischer Teil behandelt zun~chst die Reizung des Nervensystems und den Ablauf der Vorg~nge in den Organen, wobei stets als erstes Glied der Kette physiologischer Vorgiinge das vom Reiz in Erregung versetzte Nervensystem da- stelit. Fine direkte Reizung spezifischer Organparenchyme wird als ,,metaphysiologisch" abgetan. Der pathologisehe Teil des Buches stellt es sieh als Aufgabe, zu untersuehen, ,,ob der Inhalt der Patho- logic 8ich verstehen l~Bt auf der Ornndlage, dab die Reize am Nerven- system angreifen und dab auch die fibrigen Vorg~nge in den Rela- fiOnen ablaufen, wie sie in den Grundzfigen yon den physiologischen Vorg~tngen angegeben worden sind." Sehr wesentlich, weil aueh Gegenstand mannigfacher Fr6rterungen der letzten Jahre, ist eine l~ngere Abhandlung fiber die Ortlichen Kreislaufst6rungen in ihren Beziehungen zum Nervensystem und zur Exsudation yon Blut- bestandteilen. Diese Ausffihrungen fiber Fluxion, Ischhmie, prh-