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2. DEZEMBERI 9 3 3 KLINISCtlE WOCHENSCHt~IFT. 12. ] A H R G A N G . Nr. 48 1877 PRAKTISCHE ERGEBNISSE. DER IKTERUS BEI LITHIASIS DES HAUPT- GALLENWEGS. Yon MARCEL BEULI~, Professor an der Medizinischen Fakult~t zu Paris. Es w~re frfiher keinem Arzt eingefailen, die Ursache des Ikterus, der bei Lithiasis der Gallenwege auftritt, in Frage zu stellen. Man ffihrte ihn einzig nnd allein auf den Stein- verschlug des Choledochus zurfick. Sps ist die wichtige Unterscheidung, auf der wit selbst sehr bestanden haben ~, zwischen den Formen des Ikterus dutch VerschluB der Gallenwege einerseits und denen durcla Hepatitis und h~molytischell Ikterus andererseits entstanden. Nellerdings hat man aber erfahren, dab man beJ nachgewiese- her Cholelithiasis einen Ikterus beobachten kann, der nicht durch einen CholedochusverschluG, sondern eille LeberschXdi- gung, eine ikterogene Hepatitis, erzeugt wird. Diese F~lle werden in dem Bericht ~eon Professor HARVlEla beschrieben, und sollen hier bei der Behandlung der Differentialdiagnose besprochen werden. Ist die Gallenretention, selbst wenn das Vorhandensein eines Hinderllisses im Choledochus unbestreitbar ist, nur die Folge dieses tlindernisses? Die 2"ierversuche scheinen seit langem bewiesen zu haben, dab die Unterbindung des Chole- dochus einen Ikterus erzeugt. Ill einem kfirzlich erschiellenen Artikel haben GARNIER und PRIEI:R lx diese Frage yon neuem aufgerollt. Sie ziehen folgende SchluGfolgerungen: ,,Man kanll es Ms erwiesen allsehen, dab die Unterbindung des Choledochus nur eine -- wahrscheinlich vorfibergehende -- Hyperbilirubin~mie hervorruft, auf alle F~lle genfigt sie allein nicht, urn einen Ikterus zu verursachen. Um eine Gelb- sucht zu erzeugen, mug aber eine Infektion oder Intoxikation hinzllkommen. Der Ikterus bei VerschluG der Gallenwege ist also infekti6ser oder toxischer Natur, er entsteht bei einem Organismus, dessen Choledochus verschlossell ist." 13tgNGOLEA und SUAREZ vertreten neuerdings eine ~hnliche Auffassung. Diese wenig fiberraschenden Schlfisse zwingell uns, zu- sammenfassend die zahlreichen experimentellen Unter- suchungen zll erw~hnen, die, unter Ausschlul3 besfimmter Fehlerquellen, beweisen, dab der Verschlug des Choledoehus beim Tier sehr schnell die Gallenretention sichtbar macht, auch wenn man die Infektion wAhrend der Operation ver- meidet. Wir wollen daher nicht die alten Versuche yon SAUIqDERS (I759), WICKA~I LEGG (1873), CHARCOT und GOM- BAIJLT (1876) USW. anffihren, die vor der ~ra der chirurgisctlen Asepsis ausgeffihrt worden sind. Zum Verst~ndnis der Versuchsergebnisse mug mall vor ahem erw,,thnen, dab die verschiedenen Tierarten etwas unter- schiedlich allf den experimentellell VerschluB der GaUellwege reagieren. ]3elm Hund haben die Folgen der Gallenretention einen besollderen Charakter. Schon 191o konllten N. FI]~SSlNGER und LYoN-CAEN 2 zeigen, wie schwer man dutch Unterbin- dung der Gallenwege oder toxische Sch~digung der Leber eine deutliche Hyperbilirubin&mie mit Ikterlls erhaltell kann. Sie erkl&ren dieses Ph~nomell mit der Insuffizienz der Pig- mentspeicherung, der schneH eintretendell Sekretionshem- mung und dem Widerstand der Gallenkan~lchen. 1914 stellen HYMANSVAN DEN BERGH und SNAPPER a test, daG beim Itund lliemals Bilirubin~mie ohlle 13ilirubillurie, dagegen hXufig 13ilirubinurie ohne Bilirubin~mie vorkommt. Vr selbst haben im Laufe verschiedener Untersuchungen hS.ufig den Choledochus des Hundes reseziert. Zuerst 19o7, als wir mit WIDAL und ABRAMI den h~molytischen Ikterus mit dem Ikterus bei Choledochnsunterbindung verglichen~, terrier 1913 mit L:EMMII~R]?;, A. ~VEILI. ulld LAUDAT5 bei der Untersuchung der Rolle des Gallell- und Pankreassafts bei der Fettresorption im Darm llnd schlieBlich 192o mit GARBAN 6 bei den Untersuchungell fiber das Stercobilin. Im VerlauI dieser Operationen konnten wir feststellen, dab die Unter- bincl~ng des Choledochus beim Hullde nicht genfigt, da sictl die Durchl~ssigkeit des Kanals durch L6sung des Fadens, mit dem die Unterbindung vorgenommen wurde, wiederherstellen l~Bt. Wir haben daher eill Stfick des Choledochus reseziert. Diese Resektion muB fast bis zur Einmfindung in das Duode- num ausgeffihrt werden, da manche Leberkan~le erst tier unten in den Hauptgallenweg einmfinden. Als wit uns auf diese Weise yon dem vollst~ndigen VerschluB des Choledochus und der Vermeidung eiller Infektion bei der Sektion fiber- zeugen konnten, haben wir trotzdem eine GalIenretentioll er- halten, wir haben aber auch bemerkt, dab die dutch die Urin- untersuchung erwiesene Gallenretention nicht framer eine Gallenimpr~gnation der Gewebe erzeugt. Diese leichtver- standliche Tatsache haben wit 1919 im Lauie llnserer Unter- suchungen fiber den Minischen Wert der t3robilinurie erkl~rt 7: ,,Beim Menschen ist eine starke Bilirubill~mie ffir das Auf- treten der Bilirllbinurie notwendig. Wir behaupten, dab die Exkretionsschwelle fiir Bilirubin beim MenscAen relativ hoch ist. Ebenso verh~It es sich beim Kaninchell. Aber das ist nicht bei allen Tierarten der Fall. Nach unseren Beobachtun- gen ist beim Hund die Exkretionsschwelle Ifir Bilirubin auger- ordentlich niedrig. Die geringste experimentell erzeugte Gallenretention fiihrt zum sofortigen Auftreten yon Bilirubin im Ham, in vielen F~llen sogar, bevor im Blut eine Bilirubin- vermehrung nachweisbar ist. Der Hund kann also schon bei geringer Bilirubinretention diese Substanz ausscheiden. Man muB sich aber hfiten, aus diesen Eigenschaften des Hundes Analog~eschlfisse auf den Menschen zu ziehen." 1921 ver6ffentlichten McMASTER und PEYTON ]~OUS 8 aus- gezeichnete Untersuchungen fiber die Gelbsucht bei experi- mentellem VerschluB der Gallellwege des Hundes. Obwohl sie unsere Untersuchungen nicht kannten, erhielten sie die gleichen Ergebnisse. Sie wiesen nach, dab beim Hund die Exkretionsschwelle ffir l~ilirubin so niedrig ist, dab es bereits dann im Urin auftritt, wenll die van den Bergsche Reaktion noch negativist. Daher ist nach ihrer Ansicht die Bilirubin- urie der empfilldlichste Indicator fiir die Gallenretention beim Hund. Bei Unterbindullg oder Resektion des Choledochus tritt nach 2--3 Tagen Bilirubinurie auf, Bilirubin~mie da- gegen erst 24 Stunden sp~ter. Die Gallenimpr~gnation der Gewebe, d.h. die Gelbf~rbung der Skleren und der Haut, beginnt erst zwischen dem 5. bis IO. Tag. 19239 beschrieben die gleichen Autoren eine ausgezeichnete Methode, um die sterile Drainage des Choledochus vorzunehmen und die Galle extraabdominal aufzufangen. Bei VerschluB des Drainage- schlauchs tritt Bilirubinurie nach 24 Stunden auI, also noch bedeutend frfiher als nach der operativen Unterbindung des Choledochus. 1924 ffihrte HABERLAND 10, dem alle diese Untersuchungen unbekannt waren, die Unterbindung des Choledochus beim Hund durch. Zu seiner 13berraschung konnte er keine Gallen- impregnation der Haut feststellen, dagegell bemerkte er 6--12 Stunden nach der Operation das Auftreten yon Bili- rubin im Blur und Urin. Eillen Ikterus konnte er abet dann nachweisen, wenn er nach der Unterbindung eine Infektion durch Injektion einer geringen Menge von Darminhalt er- zeugte oder wenn eine Infektionskrallkheit entstand, z. I3. Peritonitis, Verdauungs- oder Nierenerkrankungen. Auf Grund der Versuche HABERLANDS, nicht auf Grund eigener Untersuchungen, behaupten 193 ~ GARIqlER und PRIEUR 11, dab der Verschlug des Choledochus keinen Ikterus erzeugen kann, solldern eine hinzugekommene Infektion dazu not- wendig ist. 1925 unterbanden MANN, 13OLLMANN und DE PAGt~ 1~ beim Hund llnter Schonung der Gallenblase den Choledochus; nach 36--48 Stunden trat eine Bilirubinurie und eine Bili- rubill~tmie auf, nach 3--4 Tagen ein Ikterus der Skleren. Wenn dagegen die Gallenblase dutch Exstirpation oder Unter- bindung des Cysficus bzw. dutch experimentelle Erzeugung

Der Ikterus bei Lithiasis des Haupt-gallenwegs

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2. DEZEMBER I 9 3 3 K L I N I S C t l E W O C H E N S C H t ~ I F T . 12. ] A H R G A N G . Nr. 48 1877

PRAKTISCHE ERGEBNISSE.

DER IKTERUS BEI LITHIASIS DES HAUPT- GALLENWEGS.

Y o n

MARCEL BEULI~, Professor an der Medizinischen Fakult~t zu Paris.

Es w~re frfiher keinem Arzt eingefailen, die Ursache des Ikterus, der bei Lithiasis der Gallenwege auftritt , in Frage zu stellen. Man ffihrte ihn einzig nnd allein auf den Stein- verschlug des Choledochus zurfick.

Sps ist die wichtige Unterscheidung, auf der wit selbst sehr bestanden haben ~, zwischen den Formen des Ikterus dutch VerschluB der Gallenwege einerseits und denen durcla Hepati t is und h~molytischell Ikterus andererseits entstanden. Nellerdings hat man aber erfahren, dab man beJ nachgewiese- her Cholelithiasis einen Ikterus beobachten kann, der nicht durch einen CholedochusverschluG, sondern eille LeberschXdi- gung, eine ikterogene Hepatitis, erzeugt wird. Diese F~lle werden in dem Bericht ~eon Professor HARVlEla beschrieben, und sollen hier bei der Behandlung der Differentialdiagnose besprochen werden.

Ist die Gallenretention, selbst wenn das Vorhandensein eines Hinderllisses im Choledochus unbestreitbar ist, nur die Folge dieses tlindernisses? Die 2"ierversuche scheinen seit langem bewiesen zu haben, dab die Unterbindung des Chole- dochus einen Ikterus erzeugt. Ill einem kfirzlich erschiellenen Artikel haben GARNIER und PRIEI:R lx diese Frage yon neuem aufgerollt. Sie ziehen folgende SchluGfolgerungen:

,,Man kanll es Ms erwiesen allsehen, dab die Unterbindung des Choledochus nur eine - - wahrscheinlich vorfibergehende - - Hyperbilirubin~mie hervorruft, auf alle F~lle genfigt sie allein nicht, urn einen Ikterus zu verursachen. Um eine Gelb- sucht zu erzeugen, mug aber eine Infektion oder Intoxikat ion hinzllkommen. Der Ikterus bei VerschluG der Gallenwege ist also infekti6ser oder toxischer Natur, er entsteht bei einem Organismus, dessen Choledochus verschlossell ist."

13tgNGOLEA und SUAREZ vertreten neuerdings eine ~hnliche Auffassung.

Diese wenig fiberraschenden Schlfisse zwingell uns, zu- sammenfassend die zahlreichen experimentellen Unter- suchungen zll erw~hnen, die, unter Ausschlul3 besfimmter Fehlerquellen, beweisen, dab der Verschlug des Choledoehus beim Tier sehr schnell die Gallenretention sichtbar macht, auch wenn man die Infektion wAhrend der Operation ver- meidet. Wir wollen daher nicht die alten Versuche yon SAUIqDERS (I759), WICKA~I LEGG (1873), CHARCOT und GOM- BAIJLT (1876) USW. anffihren, die vor der ~ ra der chirurgisctlen Asepsis ausgeffihrt worden sind.

Zum Verst~ndnis der Versuchsergebnisse mug mall vor ahem erw,,thnen, dab die verschiedenen Tierarten etwas unter- schiedlich allf den experimentellell VerschluB der GaUellwege reagieren.

]3elm Hund haben die Folgen der Gallenretention einen besollderen Charakter. Schon 191o konllten N. FI]~SSlNGER und LYoN-CAEN 2 zeigen, wie schwer man dutch Unterbin- dung der Gallenwege oder toxische Sch~digung der Leber eine deutliche Hyperbilirubin&mie mit Ikterlls erhaltell kann. Sie erkl&ren dieses Ph~nomell mit der Insuffizienz der Pig- mentspeicherung, der schneH eintretendell Sekretionshem- mung und dem Widerstand der Gallenkan~lchen. 1914 stellen HYMANS VAN DEN BERGH und S N A P P E R a test, daG beim I tund lliemals Bilirubin~mie ohlle 13ilirubillurie, dagegen hXufig 13ilirubinurie ohne Bilirubin~mie vorkommt.

Vr selbst haben im Laufe verschiedener Untersuchungen hS.ufig den Choledochus des Hundes reseziert. Zuerst 19o7, als wir mit WIDAL und ABRAMI den h~molytischen Ikterus mit dem Ikterus bei Choledochnsunterbindung verglichen~, terrier 1913 mit L:EMMII~R]?;, A. ~VEILI. ulld LAUDAT5 bei der Untersuchung der Rolle des Gallell- und Pankreassafts bei der Fettresorption im Darm llnd schlieBlich 192o mit GARBAN 6

bei den Untersuchungell fiber das Stercobilin. Im VerlauI dieser Operationen konnten wir feststellen, dab die Unter- bincl~ng des Choledochus beim Hullde nicht genfigt, da sictl die Durchl~ssigkeit des Kanals durch L6sung des Fadens, mit dem die Unterbindung vorgenommen wurde, wiederherstellen l~Bt. Wir haben daher eill Stfick des Choledochus reseziert. Diese Resektion muB fast bis zur Einmfindung in das Duode- num ausgeffihrt werden, da manche Leberkan~le erst tier unten in den Hauptgallenweg einmfinden. Als wit uns auf diese Weise yon dem vollst~ndigen VerschluB des Choledochus und der Vermeidung eiller Infektion bei der Sektion fiber- zeugen konnten, haben wir t rotzdem eine GalIenretentioll er- halten, wir haben aber auch bemerkt, dab die dutch die Urin- untersuchung erwiesene Gallenretention nicht framer eine Gallenimpr~gnation der Gewebe erzeugt. Diese leichtver- standliche Tatsache haben wit 1919 im Lauie llnserer Unter- suchungen fiber den Minischen Wer t der t3robilinurie erkl~rt 7 :

,,Beim Menschen ist eine starke Bilirubill~mie ffir das Auf- treten der Bilirllbinurie notwendig. Wir behaupten, dab die Exkretionsschwelle fiir Bilirubin beim MenscAen relativ hoch ist. Ebenso verh~It es sich beim Kaninchell. Aber das ist nicht bei allen Tierarten der Fall. Nach unseren Beobachtun- gen ist beim Hund die Exkretionsschwelle Ifir Bilirubin auger- ordentlich niedrig. Die geringste experimentell erzeugte Gallenretention fiihrt zum sofortigen Auftreten yon Bilirubin im Ham, in vielen F~llen sogar, bevor im Blut eine Bilirubin- vermehrung nachweisbar ist. Der Hund kann also schon bei geringer Bilirubinretention diese Substanz ausscheiden. Man muB sich aber hfiten, aus diesen Eigenschaften des Hundes Analog~eschlfisse auf den Menschen zu ziehen."

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gezeichnete Untersuchungen fiber die Gelbsucht bei e x p e r i - mentellem VerschluB der Gallellwege des Hundes. Obwohl sie unsere Untersuchungen nicht kannten, erhielten sie die gleichen Ergebnisse. Sie wiesen nach, dab beim Hund die Exkretionsschwelle ffir l~ilirubin so niedrig ist, dab es bereits dann im Urin auftritt, wenll die van den Bergsche Reaktion noch negat iv is t . Daher ist nach ihrer Ansicht die Bilirubin- urie der empfilldlichste Indicator fiir die Gallenretention beim Hund. Bei Unterbindullg oder Resektion des Choledochus t r i t t nach 2--3 Tagen Bilirubinurie auf, Bilirubin~mie da- gegen erst 24 Stunden sp~ter. Die Gallenimpr~gnation der Gewebe, d .h . die Gelbf~rbung der Skleren und der Haut , beginnt erst zwischen dem 5. bis IO. Tag. 19239 beschrieben die gleichen Autoren eine ausgezeichnete Methode, um die sterile Drainage des Choledochus vorzunehmen und die Galle extraabdominal aufzufangen. Bei VerschluB des Drainage- schlauchs t r i t t Bilirubinurie nach 24 Stunden auI, also noch bedeutend frfiher als nach der operativen Unterbindung des Choledochus.

1924 ffihrte HABERLAND 10, dem alle diese Untersuchungen unbekannt waren, die Unterbindung des Choledochus beim Hund durch. Zu seiner 13berraschung konnte er keine Gallen- impregnation der Hau t feststellen, dagegell bemerkte er 6--12 Stunden nach der Operation das Auftreten yon Bili- rubin im Blur und Urin. Eillen Ikterus konnte er abet dann nachweisen, wenn er nach der Unterbindung eine Infektion durch Injektion einer geringen Menge von Darminhalt er- zeugte oder wenn eine Infektionskrallkheit entstand, z. I3. Peritonitis, Verdauungs- oder Nierenerkrankungen. Auf Grund der Versuche H A B E R L A N D S , nicht auf Grund eigener Untersuchungen, behaupten 193 ~ GARIqlER und PRIEUR 11, dab der Verschlug des Choledochus keinen Ikterus erzeugen kann, solldern eine hinzugekommene Infektion dazu not- wendig ist.

1925 unterbanden M A N N , 13OLLMANN und DE PAGt~ 1~ beim Hund llnter Schonung der Gallenblase den Choledochus; nach 36--48 Stunden t ra t eine Bilirubinurie und eine Bili- rubill~tmie auf, nach 3- -4 Tagen ein Ikterus der Skleren. Wenn dagegen die Gallenblase dutch Exst irpat ion oder Unter- bindung des Cysficus bzw. dutch experimentelle Erzeugung

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einer Cholecystitis funktionell ausgesehaltet wurde, war die Gallenretention st~irker: bereits 3- -6 Stunden nach der Unter- bindung t ra t das Bilirubin im Blur and Urin auf. Ein Ikterns der Slderen war naeh 24 Stunden naehweisbax. Das Auftreten der GalIenretention ist also verz6gert, wenn die normale Funkt ion der Gatlenblase erhalten ist, d .h . ihre F~higkeit, die verschiedenen Gallenbestandteile zu konzentrieren und zu resorbieren.

Schliel31ich erzeugten 1931 CttABROL, MAXlMIN und 13us- son 13, die die Auffassung yon GARNIER nnd PRIXUR be- stritten, einen VerschluB des Choledochus. Sie erhieIten eine auBerordentlich starke Bilirubinvermehrung.

ZusammenJassung. Man kann eine Gallenretention beim Hand schnell und leieht durch den aseptischen Verschlug des Choledochus erhalten, Wenn die Gallenimpr~ignation der I-Iaut bet diesem Tier wenig intensiv ist, so ist das daranf zurfickzufiihren, dab es das Bilirnbin mit besonderer Leich- tigkeit durch den Urin ausscheidet und sich auf diese X~reise vim besser Ms der Mensch gegen die Galtenimpdignation sehfitzt. Die ver6ffentliehten negativen Versuche k6nnen durch 2 Hanptfehlerquellen verursacht sein: Erstens kann die Unterbindung zu hoch vorgenommen sein. Somit konnte ein Ductus hepatieus unter dieser Stetle einmfinden. Nun haben abet PEYTON ROUS und LARIMOREI~ bewiesen, dab schon ein Meiner Teit der Leber die normale Gallenmenge ausseheiden kann. Zweitens mug max bedenken, dab sich die Durch- 1/~ssigkeit des Choledochus nach ether einfachen Unterbindung wieder herstellen oder ein RiB in den erweiterten Gallenwegen oberhalb des Hindernisses sicJa bilden kann. Clir*BaOC hat sogar ein Sinken der Chol~imie beobachtet, well die Galle durch die erweiterte GallenbIase in das Peri toneum eindringt. Aus den in anderer Hinsicht angreifbaren Untersuchungen I-IA~ERLAND S geht hervor, dab eine hinzugekommene Infektion den Ikterus verstgrken kann. Es ist teicht verst~indlich, dab durch die Infektion ein Ikterus durch Hepatitis zu einem Ver- schluB des Choledochus hinzukommt. Diese Infektion wirkt vielleicht auch h~molytisch, wodureh die t3ilirubinzufuhr ver- st/irkt wird. AuI die Bedeutung dieser Tatsache haben TIES- SlNaE~ and LYON-CAEN sei~ langem hingewiesen. Man kann sogar annehmen, dab eine Nierensch~idigung die Exkretions- schwelle fiir Bilirubin erhSht.

Diese Versuche hat man auch an anderen Tieren als am t/[und vorgenommen. Der A J# scheidet ebenso wie der Hund Bilirubin sehr leicht aus. Durch Unterbindung des Chole- dochus haben PEYTON I:{OUS und NICh'IASTER Bitirubinurie und Bilirubin~mie nach 24--28 Stunden erhalten. Die Im- pregnation des Gewebes t ra t am 3- bis 4. Tage auf. Vom io. Tag an stellte sich die Durchl~issigkeit des Gallengangs wieder her, oder das Tier starb an den Folgen eines Risses im Ductus choledoehus.

Beim Kardnchen t r i t t nach der Unterbindung des Chole- docllns Bilirubinvermehrung im Blur und Ikterus sehr schnell ein (FI]~SSlNaEa und ROUD0~VSKA 15, PEYTON-I{ous und LARIMORE14). ]Die Kurven fiber Bilirubin~imie, die DIIgRYCK 1~ and GuY ALLOT ~ angefertigt haben, verraten einen steileren Anstieg als beim Hand,

Die Versuche am Kaninchen erlaubten es, die pathologi- schen Ver~inderungen der Leber zu untersuchen, die durch Unterbindung des Choledochus entstehen, yon den degene- rat iven Zellver~nderungen, die sehneI1 auftreten und dann wieder verschwinden, bis zur cholestatischen. Cirrhose, die lang- sam beginnt (FIESSINGBR und I~OUD-vVOSKA nnd HIYEDA KENTARO TM, GUY ALBOT). Die so erhaltenen Zellsch~idigungen unterscheiden sich erheblich yon denen, die man bet experi- mentetl erzeugter toxiseher Hepatitis beobaehtet. Wit k6nnen bier nu t kurz darauf hinweisen. In der neu erschienenen Ar- beit yon GuY ALBOT wird diese Tatsache ausffihrlieh behandelt.

~Nenn max berficksidltigt, wie verschiedenarfig die ein- zelnen Tierarten sieh gegen die GalIenimpr~ignation ver- teidigen, l~iBt es sieh eindeutig beweisen, dab der Verschlul3 des Ch01edochus allein ohne hinzugekommene Infektion ge- nfigt, um eine Gallenretention hervorzurufen.

Sicher ist aueh beim Mensehen, wie man framer angenom- men hat, de.r bet Lithiasis des Hauptgallenwegs beobachtete

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ikterus ein meohanischer Ikterus, der durch den VerschluB des Gallenausfiihrungsgangs verursaeht ist. Die histologi- schen Ver~inderungen der Leber gleiehen vollsttind N denen, die man bei experimenteIler Unterbindung des Choledochus erh~tlt (GuY ALBOT).

Niemand hat jemats bezweifelt, dab zu diesen mechani- schen Sch~digungen allm~hlich, aber nur in einzelnen FAllen, infekti6se Sch~dignngen der intrahepatischen Gallenwege oder der Leberzellen selbst hinzutreten k6nnen. Aber die infekti6se Hepatitis Iielert ein v6tlig anderes histologisches Bild. Doch selbst in diesen F~illen beweist das sehnelle Versch~4nden des Ikterus nach Choledochussondierung, dab die Hepatitis nu r eine sekund~re Bedeutung bet der Entstehung des Ikterus hat.

Wir selbst behaupten seit mehreren Jahren, dab ein be- st immter infekti6ser ProzeB h~iufig bet der Gallenretention dutch Lithiasis des Hauptgallenwegs eine Rolle spielt; doch handelt es sich nach unserer Meinnng nm eine ausgesproehen tokalisierte Infektion, die sich im Choledoehus abspielt, ohne auf die kleineren Gatlenwege iiberzugreifen. Man kann sich vorstellen, dab tats~tchlich ein kleiner Stein geniigt, um den Choledochus, dessen Durchmesser klein bleibt, v611ig zu ver- schliel3en. Abet h~ufig spielt sich dieser Vorgang ganz anders ab: man weft3, dab der Umfang des Choledoehus bet primgrer oder sekund~rer Cholelithiasis oft hagelkorngroB wird. t n diesem erweiterten Gang kSmlen sich zahlreiche kleine Steine oder ein groBer ansiedeln, die jedoch nicht vollstgndig den Kanal verschlieBen. Der Ikterus kann dann ausbleiben, in leichter Form oder intermitt ierend auftreten. Klinisch konn- ten wir bet solchen F~illen feststellen 1~, dab jeder Zunahme des Ikterus ein hoher Fieberanstieg vorausging. Wir sind der Ansicht, dab zu diesem Zeitpunkt eine Choledochitis auf- tri t t . Sie entsteht durch den dauernden Reiz, den die Gallen- steine auI den leicht entzfindlichen Choledochns ausfiben. Dieser Reiz ffihrt zu einer Schwellung der Schleimhaut des Choledochus nnd bewirkt bzw. vervollst~indigt das Auftreten der Gallenretention.

I~IEDEL, ]~ItRET und L~CLI~RC wiesen bereits vor l~ngerer Zeit auf diese Pathogenese him

Unseres Erachtens verursaehen diese Anf~ille yon Chole- dochitis, mehr noch als die L6sung eines Steins, eine der klassischen Eigenschaften des Ikterus bet Cholelithiasis: die starke Vefiinderlichkeit, die man mit Recht der groBen ]3e- st~indigkeit des Ikterus bet VerschluB der Gallenwege dutch ein Carcinom gegenfiberstellt.

]~in Stein im Choledochus k a n n zwar einen ebenso inten- siren nnd dauerhaften Ikterus bewirken wie ein Careinom, aber es bestehen auch atle $dberg~nge zwischen dieser Form und der ether Cholelithiasis ohne Ikterus.

Die Gallenretention kann auBerordentlich geringgradig sein und sich nur in einem Subikterus mit Urobilinurie ~ul3ern. Als man noch glaubte, die Urobilinurie set ein Zeichen yon Leberinsuffizienz, hat man in solchen F~llen die Diagnose ether Choletithiasis ausgeschlossen und eine Erkrankung der Leber angenommen. Aber heute wissen wir, dat3 die Uro- bilinurie ledigl~ch eine geringgradige Gallenretention verr~kt, bet der die ]3ilirubin~Lmie noch unter der Exkretionsschwelle flit Bilirubin liegt.

Der Ikterus bet Cholelithiasis kann intermitt ierend sein 1~ nnd wit haben fiber eindrucksvolle F~lle berichtet, bet denen der Ikterus ira Laufe mehrerer Jahre anfallsweise auftrat and jeder Anfall mit Fieber verbunden war.

SehlieBlich fehlt h~iufig ein Ikterus bet Cholelithiasis ~~ die in diesen F~illen nur dutch Fieber und Schmerzanf~ille gekennzeifhnet ist. Aber w/ihrend dieser Anf/tlle tritt , wie Prof. I)ELBET nachgewiesen hat, gleichzeitig 13ilirubin im Harn auf. Diese latente Gallenretention hat also eine groBe diagnostische Bedeutung. Wit haben darauf hingewiesen el, dab die Untersuehung auf Bilirubin sehr wichtig, w~ihrend die Urobilinuntersuchung fast wertlos ist. Denn anch die ldeinste St6rung der Leberfunktion kann eine Urobilinurie zur Folge haben. Dagegen kann nut ein VerschluB des Choledoehus innerhalb weniger Stunden den BilirubinspiegeI im Btut so erh6hen, dab diese Substanz im Urin auftri t t .

a. DEZEMBER x933 KLINISCHE WOCHENSCH

Die Verschiedenartigkeit der Gallenretention bei Chole- lithiasis lXBt erwarten, dab die ikterischen Symptome wenig zur Differentialdiagnose beitragen. Sie kSnnen vSllig den Symptomen eines Ik terus bei Hepat i t i s gleichen. Die Ver- /inderlichkeit des Ikterus , ja sogar seine intermit t ierende Form, kommt nicht nur bei Lithiasis, sondern anch bei Tu- moren der Gallenwege vor. W i t haben fiber beweisende F~lle beriehtet i9, und such seitdem konnten wir mehrere Pat ienten beobachten, bei denen das ~Wiederauitreten des Ikterus nach mehreren lVIonaten auI eine Lithiasis h i t t e deuten k6nnen, wih rend es sich tats~chlich um ein Careinom handelte.

Zwei Tatsachen sind allerdings ifir den Verlauf des tk terus bei Lithiasis charakteris t isch: Erstens kann, worauf wir be- reits seit Jahren hinweisen, nur ein Hindernis im Choledochus, gleichgfiltig welcher Art, eine schroJ]e dnderung der Gallen- retent ion hervorrufen. ]3el dem hepatischen Ikterus erfolgt die Abnahme immer langsam und stufenweise, weil die Leber- zelle nur atlm~hlich ihre normale Funkt ion wieder aufnimmt.

Zweitens, darauf ha t ]3EN~OL~A ~ hingewiesen, ist bei einem Steinhindernis ira Choledochus die Galtenretention hie so vollst~ndig, wie es den Ansehein hat . Wie B~NGOLEA haben such wir immer bei wiederholter Duodenalsondierung mi t Magnesiumsulfat Galle herausbefSrdern k6nnen. Da- gegen ha t uns in alien Fi l len , wo wir keine Galle erhal ten konnten, die Operat ion oder die Autopsie bes t i t ig t , dab es sich bei dem Hindernis im Choledoehus nicht um einen Stein handelte, sondern um Carcinom, Pankreat i t i s oder sogar Drfisenschwellungen. Aber ein Zustrom yon Galle dnreh Soridierung er laubt nicht, ein Carcinom auszuschlieBen. Denn anf!ngl ich erzeugt es noch keinen vollst~tndigen Choledochus- verschluB. Wir k6nnen fiber eine Anzahl derart iger F~lle berichten.

Die Duodenalsondierung ha t also eh~e groBe diagnostlsche ]3edeutung. U . a . liefern die schnellen therapeutischen Er- folge, das Verschwinden des Ikterus und des Fiebers, einen weiteren t3eweis daffir, dab der Ikterus bei Cholelithiasis ein mechanischer ist, der durch ein Hindernis im Hauptgallenweg und nicht durch Hepat i t i s entsteht . Denn der Verlaui des tk te rus bei Hepat i t i s wird kaum dutch die Duodenalsondie- rung beeinfluBt. Anscheinend wirkt die Duodenalsondierung m i t Magnesiumsulfat deshalb so raseh, weiI dadurch entweder die Gallensteine mobilisiert werden oder vielleicht such die sekund~re Choledochitis abklingt.

Aber die Ergebnisse der Duodenalsondierung lassen nur da rau I schlieBen, ob das Hindernis im Choledochns ein Stein is t oder nicht. Sie h a t f fir die Entscheidung der Frage, ob es sieh um einen Ikterus dutch ein Choledochushhadernis oder eine Hepat i t i s handelt , nur geringe Bedeutung.

Sehr viele klassisehe Symptome haben unserer Ansicht nach keinerlei differentialdiagnostischen Wert .

Wir k6nnen die Meinung nieht teilen, daB, im Gegensatz zur Hepati t is , bei mechanisehem Ikterus folgende Symptome bestehen: Bilibinurie ohne Urobilinurie, eine erh6hte Chole- sterin~mie, normale Amino~nrenwer te und ein normaIer AusfatI der Funktionsprfifung bei Galaktosebelastung und bei Adrenalinzufuhr.

Gallenleoliken fehlen h iuf ig bei Lithiasis, t reten dagegen in einigen F i l l en yon Hepat i t i s auf.

Eine MilzvergrSfierung fehlt h inf ig bei ikterogenen Hepa- 4Aden, t r i t t dagegen manchmal bei Cholelithiasis auf.

Eine palpable Gallenbl~envergrSfie~ng is t ein ausge- ~sprochen seltenes Symptom bei Lithiasis und wird vor aIlem bei Carcinomen der Gallenwege beobachtet . Zweifellos kann die Gallenblase bei Cholelithiasis erweitert sein, besonders bei einem tier gelegenen Stein. In Ausnahmef~llen (denn selbst eine vergr6gerte Gallenblase ist nicht immer palpabel) wird dann diese vergrSf3erte Gallenb!ase die Diagnose einer Hepa- t i t i s ausschlieBen und auf ein Choledochushindernis hin- deuten.

13estimmte Eigenschaften des I'iebers h~ben such eine diagnostische ]3edeutung. Bei infekti6sen Hepat i t iden ist die Tempera tur besonders in den ersten Tagen erh6ht. Wenn das Fieber l ingere Zeit anhMt, n immt es den Charakter der Continua an,~ dagegen zeigen die Hepat i t iden nicht einen

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pl6tzlichen Temperaturanst ieg auf 4 o~ Ein solcher Fieber- anfall ist beinahe eharakterist isch ffir ein Hindernis im Ghole- dochus, aber er fehlt in der fiberwiegenden Anzahl der F i l le .

Nach unserer Ansicht, die wir seit mehreren Jahren wiederhoIen, ist das wichtigste Symptom ffir die Diagnose eines Choledochushindernisses die s 13ei VerschluB des Choledochus sammelt sich die Galle hinter dem Hindernis im Choledoehus an, erweitert die groBen Gallen- wege und die Gallenblase und dringt schlieBlich in die Leber ein, die wie ein Schwamm die Galle aufsaugt. Je intensiver und ~lter der Ikterus ist, desto grSl?er wird die Leber, deren untere Grenze oft bis an den Nabel reicht. Bei tiefer Pal- pat ion bes teht Schmerzempfindlichkeit, d ie bei einem frischen und intensiven Ikterus am gr6Bten ist. Die Vergr6Berung der Leber ist gleichmiBig. Ihr unterer Rand ist nicht vorspringend oder scharf, sondern ziemlich weich und nur bei tiefer Pal- pat ion ffihlbar. Die Leber bei Gallenretention ha t groBe Khn- lichkeit mi t der Stauungsleber bei Herzinsufiizienz. Wenn das Choledochushindernis spontan oder nach Duodenal- sondierung verschwindet, n immt yon el'them To 4 zum anderen das Volumen der Leber ab. Sie ,,gleicht einer Ziehharmonika" (HANoT). Selbstvers t indl ich muB das AusmaB der Leber- vergr6Berung, wie C~ROLI 2a mit Recht betont, dem Ikterus entsprechen. Eine s tark vergr6gerte Leber bei einem gering- gradigen Ikterus verl ier t jeden diagnostischen Weft . Um- gekehrt t iBt eine wenig vergrSBerte Leber bei einer intensiven und langdauernden Gallenretention nicht anf ein Choledochus- hindernis schliet3en.

Diese Lebervergr6Berung ist ein wesentlieher Bestandtei l der Differentialdiagnose gegen die Hepat i t iden. Uns selbst ha t dieses Symptom niemals get iuscht . Bei den Hepat i t iden ist die Leber nicht mi t Galle geifillt, da das Hindernis tier Gallensekretion in der Leberzetle setbst lokalisiert ist. Wenn f iberhaupt eine Hyper t rophie der Leber vorhanden ist, so ist sie auBerordentlich geringgradig und entspricht keinesfalls einem intensiven Ikterus. Man kann sogar eine Atrophie in den F i l l en beobaehten, die die Tendenz zu einer akuten gelben Leberatrophie haben.

Eine einzige Krankhe i t bleibt diagnostisch schwierig: die hypertropMsche Lebercirrhose mit Ikterus. Abet in diesen F/~llen ist, zumindest theoretisch, die hypertrophische Leber har t und schmerzlos. Ferner ha t sie einen vorspringenden Rand nnd meistens besteht eine s tarke Milzvergr6Berung. Man ist geneigt anzunehmen, dab das Auftreten einer chole- stat ischen Lebercirrhose den Umfang der mit Galle geffillten Leber sekund~r verkieinert . Abet, wie auch die Tierversuche bes t i t igen, erzeugt die choIestatische Cirrhose beim Menschen nu t eine histologische Ver inderung. Alle cholestatischen LebervergrSgerungen, die wir beobachtet haben, sind naeh Verschwinden des Choledochushindernisses sehr sehnell zu- rfickgegangen. Das cirrhotische Gewebe fibt auf d ie Leber- vergr6Berung keinen Einflug aus.

Wir sind der Meinung, dab der Druck der gestauten Galle auf das Leberparenchym eine Sch~digung der Leberzelle ver- ursacht. Daher ist die Operation bei intensivem Ikterus und s ta rk vergrSBerter Leber bedeutend gefihrlicher.

Wir sind aber mit BENGOLEA und SUAREZ der Ansicht, dab man oft die Gallenretention, die LebervergrSBerung und selbst das Fieber dutch Duodenalsondierung mit Magnesium- sulfat herabsetzen kann. Wi t haben bei unserer Behandlung folgende unbedingte Reget eingeftihrt: wenn die Diagnose eines Choledochushindernisses gestellt und dutch die Leber- vergrSBerung gesichert ist, ffihren w i r 3 - - 4 Duodenalsondie- rungen durch. Erhal ten wir keine Galle, Vermuten wit ein Carcinom und ziehen die ZweekmiBigkeit einer Operat ion in Erw~gung. Erhal ten wit Oalle, gewinnt die Diagnose einer Choletithiasis an Wahrscheinlichkeit , und wi t versuehen durch weitere Sondierungen die Gallenretention und die Lebervergr6Berung herabzusetzen. Die Operat ion wird nu t auf einige Tage verschoben und kann dann unter bedeutend giinstigeren Bedingungen vorgenommen werden. Zwar sind der oder die Gallensteine noch im Choledochus, abe t der Ik te- rus ha t bereits abgenommen oder is t sogar verschwunden, da die Galle um die Steine herum dnrch den Choledochus

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flieBen konnte . N u t die Choledochit is h a t abgenommen , das Hindern i s ist geblieben.

A b e t das Ergebn is der Duodena l sond ie rung kann noch gfinst iger sein. Bei der Opera t ion einer yon Ste inen s t ro tzen- den Gallenblase h a b e n wi t uns meh r f ach davon f iberzeugen k6nnen, dab der Choledochus nach den Duodena l sond ie rungen keine Steine m e h r enthie l t . E ine einzige Sondie rung k a n n sogar die Steine ent fernen, die sich dor t anges iedel t haben . Auf Grund dieser t~rfahrung h a b e n wir da rauf verz ichte t , einige ~ltere P a t i e n t e n mi t nachweisbare r Li th ias is oper ieren zu lassen, deren Ik te rus du tch die Duodena l sond ie rung zurfick- gegangen, und deren Gesundhe i t s zus t and ausgeze ichnet ist.

Zusammen/assung: Der bei der Li th ias is des Choledochus beobach t e t e Ik t e rus ist in der Mehrzahl der F~lle ein mechan i - scher Ik terus , der du rch die Obs t ruk t ion des t t aup tga l l enwegs ve ru r sach t ist, aber kein hepa t i s che r Ik terus .

Es is t zwar leicht, exper imente l l d u t c h L iga tu r oder Re- sekt ion des Choledochus eine Gal lenre ten t ion hervorzurufen , aber um die Resu l t a t e r icht ig zu deuten , mu~3 m a n bedenken , dab gewisse T ie ra r ten sich besser als der Mensch gegen die Gal len impr~gnat ion schfi tzen k6nnen. Besonders der H u n d zeigt eine sehr niedrige Exkre t ionsschwel le flit Bi l i rubin und sche ide t die im Organismus zurf ickgehal tenen Gal lenp igmente rasch durch den Ur in wieder aus.

Die h is to logischen Ver~nderungen der Leber, die m a n bei Ch61edochusverschluB exper imente l l und klinisch b e o b a c h t e t hat , un te r sche iden sich erhebl ich yon denen, die bei ik te rogener Hepa t i t i s auf t re ten .

Beim Menschen rufen die im Choledochus s i t zenden Steine of t nu r e inen unvolls tXndigen VersehluB hervor , wenn der Duc tus e rwei te r t ist. Die biliXre Stase wird in tensiver , w e n n eine Choledochit is h i n z u k o m m t . Die Choleli thiasis k a n n sich ohne Ik te rus entwickeln, der Ik te rus kann leichter, urobil in- urisch sein, er kann kont inuier l ich und in tens iv auf t re ten . AuBer einer p l6tz l ichen Ver~nde rung de r Intensit~tt des Ik- t e rus g e s t a t t e t keine E igenscha f t der Gal lenre tent ion , die Dif ferent ia ld iagnose gegen hepa t i s chen Ik t e rus zu stel len auger einer p l6tz l ichen ~ ,nderung der In tens i t~ t .

Bei Choleli thiasis e r laub t im G e g e n s a t z zu Hepa t i t i s die Duodena l sond ie rung mi t Magnes iumsul fa t oft, die bili~tre R e t e n t i o n pl6tzl ich herabzuse tzen .

Die Dif ferent ia ld iagnose zwischen Leber ik te rus und Ik t e ru s durch CholedochusverschluB sche in t heu te le ichter zu sein. D e n n im 2. Fal l b e s t eh t immer eine s ta rke Lebervergr613erung yon besonde rem Charakter , da die h i n t e r d e m Hinde rn i s ge- s t au t e Galle die Leber vergr6Bert .

Die Diagnose zwischen SteinverschluB und K r e b s v e r s c h l u g des Choledochus wird d u t c h die Duodena l sond ie rung erleich- te r t , die es bei der Li thiasis ges ta t t e t , Galle he rauszube f6 rde rn , w~hrend m a n be im Carcinom wenigs tens in fo r tgesch r i t t enen S tad ien keine Galle e rha l t en kann .

Die Duodena l sond ie rung m i t Ein t f i iufe lung yon Magnes ium- sulfa t ist eine ausgezeichnete Behandlung , die es er laubt , e n t - weder die Steine zu ex t rah ieren , n a c h d e m m a n den I k t e r u s zum Verschwinden gebrach t h a t oder zuweilen auch die Aus- s toZung der Steine zu erreiehen.

(Uberse tzung aus d e m Franz6s i schen yon ERNST BODING.)

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REFERATENTEIL. BUCHBESPRECHUNGEN.

Tabulae biologicae periodicae. Hrsg. v. C. O P P E N H E I M E R u. L. PINCUSSEN. Bd. 2, Nr. 1-- 4 . (= Tabulae biologicae, Bd. 8, Nr. I--4.) 416 S. Berlin: W. Junk 1932/1933 . RM. 55.--.

Der eben abgeschlossene 2. Band dieser Zeitschrift, die eine fortlaufende Erg~nzung des bekannten Nachschlagewerkes dar- stellt, bringt eine groBe Reihe yon Tabellen, die auch fflr den Mediziner, besonders den wissenschaftlich Arbeitenden, yon groBem Wert sein dfirften: Ffir den pathologischen Anatomen eine Tabelle der Ver~nderungen bei exogenen Vergiftungen yon E. PETRI, far den Genetiker eine Zusammenstellung neuerer Befunde an Pflanzen yon H. OPPENHEIMEE und ffir alle Mediziner gleich wichtig in sehr tibersichtlicher Anordnung Daten fiber die physiologischen Wir- kungen des Histamins und Acetylcholins aus der Feder yon B.MINZ. Auch die ausffihrliche Tabelle yon TH. MAASS fiber die zoologischen Kennzeichen giftiger Wirbeltiere wird manchem yon Nutzen sein. Ffir die physiologisch Interessierten sind ebenfalls sehr willkommene Tabellen enthalten: Eine Meine Zusammenstellung der Carotinoide you P. KARRER, eine sehr fibersichtliehe Tabelle der enzymatischen Konstanten yon K. ]. STERN, Angaben fiber Vitamineinheiten yon Futtergemischen (M. SCI~IEBLICH) und schlieglich tabellarische 0bersichten der neueren Befunde im Gebiet der allgemeinen Nerven- und Muskelphysiologie aus der Feder yon H. LULLIES. Medizinisch wichtig sind auch die Tabellen yon D. t{R~GER fiber Lichtelektrizit~Lt (gemeinsam mit FR. OBERLIES) und fiber Radio- chemie. TH. CZAJAS Tabellen fiber einige Gebiete der Pflanzen- physiologie dflrften auch manchem Tierphysiologen Interessantes bieten. Nicht alle hier behandelten Gebiete sind ffir eine tabellari- sche Behandlung gleich gut geeignet; abet auch bei solchen Daten, die sich schwer in dieser Weise darstellen lassen, haben die Autoren

es fast ausnahmslos verstanden, eine fibersichtliche Form zu finden_ Da dem Band ein gutes Register angeffigt ist, so ist leicht alles zu finden, was in demselben enthalten ist, BETH,, Frankfurt a. M.

Chemische Grundlagen der Lebensvorg~nge. Eine Einffihrung in biologische Lehrbficher. Von C. OPPENHEIMER. I Textabb. VII, 298 S. Leipzig: Georg Thieme I933. Geh. RM. 22.5o, geb. RM. 24.5o.

Die auBerordentlich rasch Iortschreitende Entwicklung der Biochemie -- in weitestem Siune -- macht es ffir den nicht direkt auf diesem Gebiet TXtigen nahezu unm6glich, den Uberblick tiber den neuesten Stand dieser Disziplin auch nur einigermaBen zu wahren, t t ier fflllt das vorliegende Werk eine Lficke aus, die selbst der eigentliche Biochemiker schmerzlich empfand. Auf breitester Basis behandelt der Verf. die Grundlagen der Lebensprozesse und gibt einen Querschnitt dutch die gegenw~rtige Problematik der Biochemie. Altbekannte feststehende Tatsachen werden kurz er- w~hnt, ffir die neuere Literatur linden sich Hinweise auf zusammen- fassende Darstellungen, direkt aufgefflhrt sind die wichtigsten aller- neuesten Arbeiten. Wie einleitend er6rtert wird, ist eine exakte Definition des chemischen Systems der lebenden Substanz nicht m6glich. Beibehalten wird der historisehe Name Protoplasma, das im wesentlichen aus organischen Bau- und Betriebsstoffen, Elektro- lyten und Enzymen besteht. Bei einer ~bersicht der Bioelemente wird auf die allgemeine Bedeutung des Eisens als Atmungskatalysa- tor hingewiesen. Als charakteristische Tatsache wird vermerkt, dab die Bestandteile der eigentHchen lebenden Substanz sich auf ganz wenige K6rperklassen beschr~nken (Fette und Wachse, Lipoide, Kohlehydrate, Pyrrolfarbstoffe und Protein@ Auf Grund der jfingsten Forschungsergebnisse gewinnen wir ein Bild vom Aufbau und yon der Struktur der erwXhnten Stoffe, das durch An-