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Hautarzt 2014 · 65:301–311 DOI 10.1007/s00105-013-2707-x Online publiziert: 26. März 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 H.A. Haenssle 1  · F. Brehmer 1  · I. Zalaudek 2, 5  · R. Hofmann-Wellenhof 2  · J. Kreusch 3  ·  W. Stolz 4  · G. Argenziano 5  · A. Blum 6 1    Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsmedizin  Göttingen, Georg-August Universität, Göttingen 2  Klinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz 3  Hautarztpraxis Lübeck 4  Klinik für Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin, Klinikum Schwabing, München 5  Abteilung Dermatologie, Arcispedale Santa Maria Nuova (IRCCS), Reggio Emilia 6  Hautarztpraxis Konstanz und Lehrpraxis der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen, Konstanz Dermatoskopie der Nägel Die klinische und dermatoskopische Beurteilung von Nagelveränderun- gen stellt den Kliniker in der tägli- chen Arbeit immer wieder vor Her- ausforderungen. Physiologischerwei- se sind Finger- und Zehennägel nicht pigmentiert, da sich die Melanozy- ten der Nagelmatrix in einem Ruhe- zustand befinden. Eine benigne Akti- vierung von Matrixmelanozyten (z. B. durch Traumata, entzündliche Verän- derungen, als Arzneimittelnebenwir- kungen) kann ebenso wie eine proli- ferative Vermehrung (z. B. Nävus oder Melanom) zu einer Bildung longitudi- naler Pigmentstreifen führen (longi- tudinale Melanonychie). Häufige und wichtige Differenzialdiag- nosen bei nicht longitudinal durchgän- gigen Nagelveränderungen umfassen su- bunguale Hämorrhagien, Onychomyko- sen, bakterielle Besiedlungen, artifiziel- le Verfärbungen oder traumatische Ver- letzungen und Fremdkörper des Nagel- organs. Klassische Systemerkrankungen mit potenzieller Nagelbeteiligung sind die Psoriasis, das atopische Ekzem, der Lichen ruber und die Alopecia areata. Eine Reihe von systemischen Medika- menten, beispielsweise Antibiotika und Zytostatika, wurde mit Nagelverfärbun- gen in Verbindung gebracht. Als selte- nere neoplastische Entitäten des Nagel- organs können auch Plattenepithelkar- zinome, Morbus Bowen oder Kollisions- tumoren aus Plattenepithelkarzinom und Melanom auftreten. Diagnostischer Algorithmus Um der Komplexität gerecht zu werden, ist es sinnvoll, nach einem standardisier- ten diagnostischen Algorithmus vorzu- gehen (. Abb. 1a) und sich die derma- toskopischen Kriterien für häufige Na- gelveränderungen anhand der Icons in . Abb. 1b einzuprägen [1]. Wie bei der Beurteilung von Pigmentläsionen der üb- rigen Haut hat sich ein mehrschrittiges Vorgehen bewährt [2]. In einem ersten Schritt wird die Frage nach einem mela- nozytären Ursprung (longitudinale Mela- nonychie) oder einem nichtmelanozytä- ren Ursprung (keine durchgehende lon- gitudinale Streifung) der Nagelverände- rung beantwortet. Für alle nichtmelano- zytären Nagelveränderungen sollte an- schließend versucht werden, anhand der- matoskopischer Kriterien eine Diagno- se zu stellen (. Abb. 1b, subunguale Hä- morrhagie, Onychomykose). Bei den al- lermeisten Fällen ist keine weitere diag- nostische Maßnahme erforderlich [3, 4, 5]. Eine Verlaufskontrolle im (Foto-)Ver- gleich zum Ausgangsbefund kann aber sinnvoll sein [1]. Handelt es sich jedoch um eine longitudinale Melanonychie, er- folgt in einem zweiten Schritt die Unter- scheidung zwischen einer benignen Ak- tivierung von Melanozyten (. Abb. 1b, Lentigo, meist gräulicher Hintergrund mit longitudinalen grauen Linien, homo- genes Bild) im Sinne einer Makula oder einer melanozytären Proliferation im Sin- ne eines Wachstums. Im Falle einer me- lanozytären Proliferation ist dann die Unterscheidung in Nävus oder Melanom erforderlich (. Abb. 1b, [6, 7]). Insbeson- dere die Erkennung von In-situ oder früh- invasiven Melanomen kann dabei Schwie- rigkeiten bereiten, sodass die Indikation für eine Nagelmatrixbiopsie großzügig zu stellen ist [8]. Die Härte des Nagelorgans mit seinen Konvexitäten und Konkavitäten kann Schwierigkeiten bei der optischen Anbin- dung des Dermatoskops über Immersi- onsöl oder Desinfektionsflüssigkeiten be- reiten. D Für optimale Untersuchungs- bedingungen hat sich die  Verwendung von Ultraschallgel  als Kontaktmedium bewährt. Alternativ können Dermatoskope mit Polarisationsfiltern verwendet werden, bei denen der direkte Oberflächenkon- takt – und somit auch ein Kontaktme- dium – nicht mehr notwendig ist. Schritt I: nichtmelanozytäre Nagelveränderungen Subunguale Hämorrhagie/ Nagelhämatom Die subunguale Hämorrhagie/das Na- gelhämatom ist wie die subkorneale Hä- morrhagie eine der häufigsten Differen- zialdiagnosen bei der Beurteilung akraler Pigmentläsionen. Eine ausführliche Ana- mnese zur Entstehung der Nagelpigmen- tierung (z. B. Trauma, Antikoagulation) sollte in der Regel bereits erste Hinweise auf eine subunguale Hämorrhagie geben. 301 Der Hautarzt 4 · 2014| Leitthema

Dermatoskopie der Nägel; Dermoscopy of nails;

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Page 1: Dermatoskopie der Nägel; Dermoscopy of nails;

Hautarzt 2014 · 65:301–311DOI 10.1007/s00105-013-2707-xOnline publiziert: 26. März 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

H.A. Haenssle1 · F. Brehmer1 · I. Zalaudek2, 5 · R. Hofmann-Wellenhof2 · J. Kreusch3 · W. Stolz4 · G. Argenziano5 · A. Blum6

1  Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsmedizin 

Göttingen, Georg-August Universität, Göttingen2 Klinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz3 Hautarztpraxis Lübeck4 Klinik für Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin, Klinikum Schwabing, München5 Abteilung Dermatologie, Arcispedale Santa Maria Nuova (IRCCS), Reggio Emilia6 Hautarztpraxis Konstanz und Lehrpraxis der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen, Konstanz

Dermatoskopie der Nägel

Die klinische und dermatoskopische Beurteilung von Nagelveränderun-gen stellt den Kliniker in der tägli-chen Arbeit immer wieder vor Her-ausforderungen. Physiologischerwei-se sind Finger- und Zehennägel nicht pigmentiert, da sich die Melanozy-ten der Nagelmatrix in einem Ruhe-zustand befinden. Eine benigne Akti-vierung von Matrixmelanozyten (z. B. durch Traumata, entzündliche Verän-derungen, als Arzneimittelnebenwir-kungen) kann ebenso wie eine proli-ferative Vermehrung (z. B. Nävus oder Melanom) zu einer Bildung longitudi-naler Pigmentstreifen führen (longi-tudinale Melanonychie).

Häufige und wichtige Differenzialdiag-nosen bei nicht longitudinal durchgän-gigen Nagelveränderungen umfassen su-bunguale Hämorrhagien, Onychomyko-sen, bakterielle Besiedlungen, artifiziel-le Verfärbungen oder traumatische Ver-letzungen und Fremdkörper des Nagel-organs. Klassische Systemerkrankungen mit potenzieller Nagelbeteiligung sind die Psoriasis, das atopische Ekzem, der Lichen ruber und die Alopecia areata. Eine Reihe von systemischen Medika-menten, beispielsweise Antibiotika und Zytostatika, wurde mit Nagelverfärbun-gen in Verbindung gebracht. Als selte-nere neoplastische Entitäten des Nagel-organs können auch Plattenepithelkar-zinome, Morbus Bowen oder Kollisions- tumoren aus Plattenepithelkarzinom und Melanom auftreten.

Diagnostischer Algorithmus

Um der Komplexität gerecht zu werden, ist es sinnvoll, nach einem standardisier-ten diagnostischen Algorithmus vorzu-gehen (. Abb. 1a) und sich die derma-toskopischen Kriterien für häufige Na-gelveränderungen anhand der Icons in . Abb. 1b einzuprägen [1]. Wie bei der Beurteilung von Pigmentläsionen der üb-rigen Haut hat sich ein mehrschrittiges Vorgehen bewährt [2]. In einem ersten Schritt wird die Frage nach einem mela-nozytären Ursprung (longitudinale Mela-nonychie) oder einem nichtmelanozytä-ren Ursprung (keine durchgehende lon-gitudinale Streifung) der Nagelverände-rung beantwortet. Für alle nichtmelano-zytären Nagelveränderungen sollte an-schließend versucht werden, anhand der-matoskopischer Kriterien eine Diagno-se zu stellen (. Abb. 1b, subunguale Hä-morrhagie, Onychomykose). Bei den al-lermeisten Fällen ist keine weitere diag-nostische Maßnahme erforderlich [3, 4, 5]. Eine Verlaufskontrolle im (Foto-)Ver-gleich zum Ausgangsbefund kann aber sinnvoll sein [1]. Handelt es sich jedoch um eine longitudinale Melanonychie, er-folgt in einem zweiten Schritt die Unter-scheidung zwischen einer benignen Ak-tivierung von Melanozyten (. Abb. 1b, Lentigo, meist gräulicher Hintergrund mit longitudinalen grauen Linien, homo-genes Bild) im Sinne einer Makula oder einer melanozytären Proliferation im Sin-ne eines Wachstums. Im Falle einer me-lanozytären Proliferation ist dann die Unterscheidung in Nävus oder Melanom

erforderlich (. Abb. 1b, [6, 7]). Insbeson-dere die Erkennung von In-situ oder früh-invasiven Melanomen kann dabei Schwie-rigkeiten bereiten, sodass die Indikation für eine Nagelmatrixbiopsie großzügig zu stellen ist [8].

Die Härte des Nagelorgans mit seinen Konvexitäten und Konkavitäten kann Schwierigkeiten bei der optischen Anbin-dung des Dermatoskops über Immersi-onsöl oder Desinfektionsflüssigkeiten be-reiten.

D Für optimale Untersuchungs-bedingungen hat sich die Verwendung von Ultraschallgel als Kontaktmedium bewährt.

Alternativ können Dermatoskope mit Polarisationsfiltern verwendet werden, bei denen der direkte Oberflächenkon-takt – und somit auch ein Kontaktme-dium – nicht mehr notwendig ist.

Schritt I: nichtmelanozytäre Nagelveränderungen

Subunguale Hämorrhagie/Nagelhämatom

Die subunguale Hämorrhagie/das Na-gelhämatom ist wie die subkorneale Hä-morrhagie eine der häufigsten Differen-zialdiagnosen bei der Beurteilung akraler Pigmentläsionen. Eine ausführliche Ana-mnese zur Entstehung der Nagelpigmen-tierung (z. B. Trauma, Antikoagulation) sollte in der Regel bereits erste Hinweise auf eine subunguale Hämorrhagie geben.

301Der Hautarzt 4 · 2014  | 

Leitthema

Page 2: Dermatoskopie der Nägel; Dermoscopy of nails;

Nagelveränderung

SCHRITT I

nicht-melanozytär

SCHRITT II

Aktivierung BenigneProliferation

MaligneProliferation

Hämorrhagie Onychomykose Lentigo

Nävusa b

Melanomain situ

FortgeschrittenesMelanom

Longitudinale Melanonychia(melanozytär)

Abb. 1 8 a Algorithmus für die dermatoskopische Untersuchung am Nagelorgan. Im ersten Schritt werden die melanozytä-ren von nichtmelanozytären Veränderungen unterschieden. Im zweiten Schritt folgt die Dignitätsbeurteilung der melanozy-tären Nagelveränderungen, die sich in der Regel als longitudinale Melanonychie manifestieren. b Die Icons bilden in verein-fachter und einprägsamer Weise das klassische dermatoskopische Erscheinungsbild 6 häufiger Nagelveränderungen ab

Abb. 2 8 Subunguales Hämatom nach Trauma. a Übersicht. b Dermatoskopie. Die rot-blaue bis blau-schwarze homogene Färbung, die zahlrei-chen Satellitentropfen nach distal und die zer-klüfteten Ränder sind dermatoskopisch weg-weisend. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 3 8 Onychomykose, distolaterale Form, am rechten Zeigefinger einer Tierpflegerin. a Übersicht. b Dermatoskopie. Dermatoskopisch gut erkenn-bare weißliche Aufhellung mit paralleler Streifung und proximalen Zacken, kleinere Splitterblutungen und Nagelverfärbungen mit grünlichen Farbtö-nen. (Mit freundl. Genehmigung*)

302 |  Der Hautarzt 4 · 2014

Leitthema

Page 3: Dermatoskopie der Nägel; Dermoscopy of nails;

In der dermatoskopischen Untersuchung zeigt sich dann eine rot-blaue bis blau-schwarze unstrukturierte und homogene Pigmentierung, die in der Regel nicht den gesamten Nagel durchgehend betrifft [9]. Diagnostisch wegweisend sind oftmals kleine globuläre Satellitentropfen nach distal (. Abb. 2a,b). Das Durchschim-mern des Nagelhämatoms durch das weit-gehend transparente Nagelhäutchen darf nicht mit dem (Mikro-)Hutchinson-Zei-chen eines subungualen Melanoms ver-wechselt werden. In der sequenziellen di-gitalen Dermatoskopie kann das Heraus-wachsen des Nagelhämatoms im Verlauf sicher bestätigt werden.

Onychomykose

Die häufigste Form der Onychomyko-se zeigt ein distal-laterales Ausbreitungs-muster, wobei meist die erste und/oder die fünfte Zehe betroffen sind. Dabei wächst der Pilz am äußeren Ende und den seitlichen Nagelrändern. Die Der-matoskopie zeigt regelmäßig eine weißli-che Aufhellung mit angedeuteter paralle-ler Streifung und nach proximal gerichte-te scharfe Zacken (. Abb. 3a,b). Darüber hinaus treten kleinere Splitterblutungen und Nagelverfärbungen (Chromonychie) mit grünen, gelben oder braunen Farbtö-nen auf [5, 10]. Die kulturelle Erregerdia-gnostik mit Nachweis von Dermatophy-ten (am häufigsten Trichophyton (T.) ru-brum, T. mentagrophytes, selten Epider-mophyton oder Microsporum spec.) be-stätigen die klinisch-dermatoskopische Verdachtsdiagnose. Intensiv grüne Farb-töne sind oft hinweisend für eine sekun-däre Infektion des mykotisch destruierten Nagelorgans mit Pseudomonas-Stämmen (. Abb. 4a,b).

Subunguale Viruswarzen

Die Diagnose akraler Viruswarzen ist meist klinisch zu stellen. Im Falle sehr kleiner, subklinischer vulgärer Warzen, einer Lokalisation unterhalb des dista-len Nagelrandes oder auch bei der Be-urteilung des Therapieerfolges im Verlauf einer Behandlung kann die Dermatosko-pie jedoch sehr hilfreich sein (. Abb. 5a–c). Typisch ist eine gelbliche, rau-verrukö-se Oberfläche mit zahlreichen braun-ro-

ten Punkten und Strichen, die dilatierten Kapillaren und kleineren Hämorrhagien entsprechen [11, 12]. Ein Rückgang der Ka-pillardichte innerhalb der Warzen ist er-fahrungsgemäß häufig mit einer begin-nenden Abheilung assoziiert.

Nagelpsoriasis, Nagelveränderungen bei Ekzempatienten

Auch bei der Beurteilung der Nagelpsoria-sis gilt, dass Tüpfelnägel, Onycholyse und psoriatische Krümelnägel in der Regel kli-nisch diagnostiziert werden können. Die Dermatoskopie kann jedoch bei Patien-ten mit psoriatischer Onycholyse helfen, den entzündlichen erythematösen Rand zu visualisieren, der regelmäßig die Rän-

der der Nagelablösung umgibt. Die Si-cherheit bei der Beurteilung von psoria-tischen Splitterblutungen und subungua-len Hyperparakeratosen wird gesteigert [4]. Ähnlich wie bei der Nagelpsoriasis können sich bei der atopischen Diathese oder einem manifesten atopischen Ekzem Tüpfelnägel ohne weitere Charakteristika zeigen (. Abb. 6a,b).

Artefakte und Fremdkörper im Bereich des Nagelorgans

Gelegentlich sind auch artifizielle Verän-derungen des Nagelorgans zu beobach-ten, die zu großer Beunruhigung bei der betroffenen Person führen können. Hier sind insbesondere Verfärbungen des Na-gels durch feuchtes Lederschuhwerk im

Zusammenfassung · Abstract

Hautarzt 2014 · 65:301–311   DOI 10.1007/s00105-013-2707-x© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

H.A. Haenssle · F. Brehmer · I. Zalaudek · R. Hofmann-Wellenhof · J. Kreusch · W. Stolz · G. Argenziano · A. BlumDermatoskopie der Nägel

ZusammenfassungPigmentierte und nicht pigmentierte Nagel-veränderungen stellen den Kliniker oftmals vor eine Herausforderung, da zahlreiche und z. T. potenziell lebensbedrohliche Differen-zialdiagnosen in Betracht kommen. Obwohl viele Details einer Nagelerkrankung bereits mit dem bloßen Auge beurteilt werden kön-nen, eröffnet die Dermatoskopie eine zwei-te, mikroskopische Betrachtungsebene, die für den diagnostischen Prozess sehr hilfreich sein kann. Die Dermatoskopie konnte in den letzten 20 Jahren rasante Fortschritte in der Weiterentwicklung von Kriterien zur Mela-nomfrüherkennung verzeichnen. Daneben wurde die Anwendung der Dermatoskopie 

jedoch auch auf die Untersuchung der ku-tanen Adnexe wie Haare (Trichoskopie) und Nägel (Onychoskopie) erweitert. Zahlreiche und z. T. hochspezifische Kriterien für die der-matoskopische Beurteilung von Nagelerkran-kungen konnten in einer Reihe kürzlich er-schienener Publikationen beschrieben wer-den. Die folgende Übersichtsarbeit liefert wichtige diagnostische Hilfen für eine fun-dierte dermatoskopische Beurteilung von Na-gelerkrankungen.

SchlüsselwörterNagelveränderungen · Differenzialdiagnose · Nagelerkrankung · Melanom · Nagel

Dermoscopy of nails

AbstractPigmented and nonpigmented nail abnor-malities often represent a challenge for clini-cians because many, and sometimes poten-tially life-threatening differential diagnoses must be taken into consideration. Although many details of nail diseases can already be assessed with the naked eye, dermoscopy opens up a second microscopic level of in-spection, which can be very useful for the di-agnostic process. In the last 20 years dermos-copy has made rapid progress in the further development of criteria for the early recogni-tion of melanoma. In addition, the use of der-

moscopy has been extended to the exam-ination of cutaneous adnexa, such as hairs (trichoscopy) and nails (onychoscopy). Many, sometimes highly specific criteria for the der-moscopic assessment of nail diseases have been described in a series of recently pub-lished articles. This review article provides im-portant diagnostic aids for a well-founded dermoscopic assessment of nail diseases.

KeywordsAbnormalities, nails · Differential diagnosis · Nail diseases · Melanoma · Nails

303Der Hautarzt 4 · 2014  | 

Page 4: Dermatoskopie der Nägel; Dermoscopy of nails;

Sommer zu nennen, die sich leicht me-chanisch entfernen lassen (. Abb. 7a–e). Des Weiteren kann die Anwendung von Selbstbräunern oder die Benutzung von Bräunungsduschen zu einer weitgehend homogenen gelb-bräunlichen Verfärbung aller Nägel führen (. Abb. 8a,b). Fremd-körpereinbringungen mit Zeichen der su-bungualen Hämorrhagie, subungualem Serum und Lufteinschlüssen können ge-legentlich bei Barfußläufern beobachtet werden (. Abb. 9a,b).

Andere seltenere Neoplasien im Bereich des Nagelorgans

GlomustumorGlomustumoren machen rund 1–5% der Weichgewebstumore der akralen Körper-region aus. Es handelt sich um schmerz-hafte, gutartige Gefäßtumoren mit ge-steigerter Kälteempfindlichkeit. Sie ent-stehen aus myoarteriellen Zellen des Na-gelorgans (Hoyer-Grosser-Organe; [13]). Fast zwei Drittel aller Glomustumo-

re sind an der Hand lokalisiert. Neben zahlreichen klinischen Tests, welche die Druckschmerzhaftigkeit und das gestei-gerte Kälteempfinden überprüfen, kann die Dermatoskopie vor allem eine ver-mehrte Vaskularisation des Tumors visu-ell darstellen und bei der Ausdehnungdia-gnostik und Operationsplanung hilfreich sein (. Abb. 10a,b, [13]).

Abb. 4 8 Mykotisch/traumatisch vorgeschädigter Nagel mit vermutlich se-kundärer Pseudomonas-Superinfektion. a Übersicht. b Dermatoskopie. Der-matoskopisch ist eine intensive Grünfärbung des Nagels in direkter Umge-bung einer Rissbildung gut erkennbar. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 5 8 Onychopapillom. a Übersicht. b, c Dermatoskopie. Die Übersicht zeigt einen mehrere Millimeter breiten Streifen mit zahlreichen Splitterblutungen, der praktisch die ganze Länge des Nagelbettes einnimmt. Der dermatoskopische Blick auf den Nagel zeigt zahlreiche streifige, rötlich-schwarze Hämorrhagien und Serumeinschlüsse bei gelblicher Hintergrundpigmentie-rung. Die Bildung betrifft nicht durchgehend den gesamten Nagel, man erkennt aber in der distalen Matrix ein dreieckiges ro-safarbenes Areal, und die Veränderung reicht bis in den freien Nagelrand. Die Dermatoskopie des distalen Nagelrandes lässt die typische rau-verruköse Oberfläche des Onychopapilloms mit rot-schwarzen Punkten und Strichen und eine leichte Eindel-lung der Nagelplatte an der Unterseite erkennen. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 6 8 Tüpfelnägel bei einem Patienten mit atopischer Dermatitis. a Übersicht. b Dermatoskopie. Dermatoskopisch sind kreisrunde, helle Kerati-nisierungsstörungen erkennbar. (Mit freundl. Genehmigung*)

304 |  Der Hautarzt 4 · 2014

Leitthema

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Morbus Bowen und PlattenepithelkarzinomBei der alternden Bevölkerung zeigen sich immer häufiger auch Karzinome (Bowen-Karzinom, Plattenepithelkarzinom) peri-ungual und unterhalb des distalen Na-gelrandes. Da gerade diese Karzinome in der Regel nicht pigmentiert sind, wer-den sie oftmals als Verrucae vulgares kli-nisch fehlgedeutet und die Diagnosen ver-schleppt [14]. Beim Einsatz des Dermatos-kops können jedoch häufig die typischen Muster eines pigmentierten Morbus Bo-wen mit klassischen bräunlichen Punkten entlang gedachter Linien erkannt werden (. Abb. 11a,b). Unpigmentierte Bowen-Karzinome oder Plattenepithelkarzinome zeigen dagegen häufig gruppiert liegende, punktförmige bis glomeruläre Gefäße (bis hin zur Gefäßpolymorphie). Der exemp-larische Fall eines bowenoiden Plattenepi-

thelkarzinoms verdeutlicht die klinische Verwechselungsgefahr mit einer einfa-chen Viruswarze (. Abb. 12a,b).

Kollisionstumore (squamomelanozytärer Tumor)Ein Kollisionstumor im engeren Sinne be-zeichnet die Entstehung von 2 unabhän-gigen Tumorentitäten, z. B. eines Mela-noms und eines Plattenepithelkarzinoms, an einem Ort, und zwar in einer engen zellulären Durchmischung. Ein squamo-melanozytärer Tumor ist ein solcher Kol-lisionstumor im engeren Sinne und tritt meist in lichtgeschädigter Haut des Kopf-Hals-Bereiches älterer Patienten auf [15, 16]. Ein weltweit erster Fall wurde kürz-lich auch im Bereich des Nagelorgans be-richtet [17]. Die klinisch-dermatoskopi-sche Untersuchung ergab ein weitgehend destruiertes Nagelorgan mit braunen bis

schiefergrauen Pigmentierungen sowie einzelnen Keratinpfröpfen in der periun-gualen Haut (. Abb. 13a,b).

Schritt II: Dignitätsbestimmung melanozytärer Nagelveränderungen (longitudinale Melanonychie)

Zunächst sollte man sich klarmachen, dass bei der klinischen und dermatosko-pischen Untersuchung von melanozytä-ren Nagelpigmentierungen die Zone der eigentlichen Pigmentbildung, die in der Nagelmatrixzone und/oder im Nagelbett liegt, nicht der direkten Betrachtung zu-gänglich ist. Das heißt, die Betrachtung ist, ganz im Gegensatz zur dermatoskopi-schen Untersuchung an der übrigen Haut, auf eine Pigmentierung beschränkt, die

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meist Wochen bis Monate zuvor in die Nagelplatte ausgeschleust wurde [18].

Ethnische longitudinale Pigmentierung (Melanozytenaktivierung)

Die ethnische longitudinale Nagelpig-mentierung tritt vermehrt bei Menschen eines dunkleren Hauttyps nach Fitzpa-trick auf (z. B. indischer Hauttyp, Haut-typ V). Diese Form der Pigmentierung wird oft auch als „ethnische Lentigo“ be-zeichnet, obwohl es sich im eigentlichen Sinne einer „Lentigo“ nicht um eine pro-liferative Melanozytenvermehrung, son-dern um eine Melanozytenaktivierung handelt. Die Farbe ist homogen grau-braun, und es sind meist mehrere Nägel

betroffen (. Abb. 14a,b, [7, 8]). Die la-terale Begrenzung des Pigmentbandes ist oftmals unscharf. Gelegentlich ist der Pigmentstreifen einer subungualen Len-tigo sehr blass und daher in der klinisch- dermatoskopischen Untersuchung schlecht abgrenzbar.

Arzneimittelinduzierte melanozytäre Aktivierung

Eine ganze Reihe von Medikamenten wur-de mit der Entwicklung von Nagelverän-derungen in Verbindung gebracht. Aller-dings sind nur wenige Arzneimittel regel-mäßig verantwortlich für toxische Effekte auf Nagelmatrix, Nagelbett oder das pe-riunguale Gewebe [19]. Darunter finden sich vornehmlich Retinoide und Chemo-

Abb. 9 8 Splitterverletzung mit Fremdkörpereinbringungen. a Übersicht. b Dermatoskopie. Dermatoskopisch ist eine subunguale Hämorrhagie mit su-bungualen Serum- und Lufteinschlüssen erkennbar. Fremdkörperreste sind nicht sicher nachweisbar. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 10 8 Glomustumor des proximalen Na-gelorgans (blaulivide, Artefakt: hellrote Nagel-lackreste). a Übersicht. b Dermatoskopie. Die Dermatoskopie zeigt einen ovalären, homo-gen-blaulividen Tumor, der dem Patienten oft durch seine Druckschmerzhaftigkeit und Käl-teempfindlichkeit auffällt. (Mit freundl. Geneh-migung*)

Abb. 8 8 Artifizielle Verfärbungen im Bereich aller Zehennägel durch Ver-wendung von Selbstbräunern. a Übersicht. b Dermatoskopie. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 7 9 Artifizielle Verfär-bungen im Bereich des Na-gelorgans durch abfärben-de Lederschuhe. a, d Über-sicht. b, c, e Dermatosko-pie. Die dermatoskopische Untersuchung des dista-len Nagelendes in c zeigt deutlich die oberflächli-che Lage des Pigmentes. d, e Artifizielle Verfärbun-gen im Nagelbereich lassen sich meist leicht mit einem Skalpell abschaben. (Mit freundl. Genehmigung*)

306 |  Der Hautarzt 4 · 2014

Leitthema

Page 7: Dermatoskopie der Nägel; Dermoscopy of nails;

therapeutika, wie beispielsweise Doceta-xel (Taxotere; . Abb. 15a,b; [20]). Mino-zyklin wurde darüber hinaus wiederholt mit grau-blauen longitudinalen Melano-nychien assoziiert, die in ihrem Erschei-nungsbild sehr den ethnischen Nagelpig-mentierungen ähneln können [21, 22].

Benigner Nävus des Nagelorgans

Für subunguale benigne Nävi sind das junge Alter der Patienten und die durch-gehende Pigmentierung des gesam-ten Nagels in Form eines schmalen, in der Regel weniger als 3 mm durchmes-senden braunen Streifens kennzeich-nend. Die Pigmentierung ist dabei meist

homogen bzw. setzt sich aus gleichmä-ßig verteilten schmaleren Linien dessel-ben Farbtons zusammen (. Abb. 16a,b, . Abb. 17a,b). Im zeitlichen Verlauf, z. B. bei Untersuchungen mithilfe der sequen-ziellen digitalen Dermatoskopie, darf die Farbintensität entsprechend der UV-Ex-position zu- oder auch abnehmen, die

Abb. 11 8 Fortgeschrittenes Bowen-Karzinom des Nagelorgans. a Übersicht. b Dermatoskopie. Das Nagelorgan ist bereits weitgehend zerstört. Dermatoskopisch sind die für den pigmentier-ten Morbus Bowen typischen „Punkte entlang gedachter Linien“ gut erkennbar. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 12 8 Bowenoides Plattenepithelkarzinom unterhalb des distalen Na-gelrandes. a Übersicht. b Dermatoskopie. Der unpigmentierte Tumor lässt dermatoskopisch einige punktförmige/glomeruläre, aber auch polymorphe Gefäßstrukturen erkennen. Typische Kriterien einer Verruca vulgaris liegen nicht vor (keine gelbliche, rau-verruköse Oberfläche mit zahlreichen braun-roten strichförmigen Hämorrhagien). (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 13 8 Squamomelanozytärer Kollisionstumor des Nagelorgans, als echter Mischtumor bestehend aus Plattenepithelkarzinom und Melanom. a Übersicht. b Dermatoskopie. Das Nagelorgan ist komplett zerstört und zeigt sowohl gelblich-keratotische als auch rötlich-erosive Zonen. Dermatosko-pisch sind in der periungualen Haut Keratinpfröpfe (ähnlich den Pseudo-hornzysten einer seborrhoischen Keratose) als Zeichen eines keratinisieren-den Tumors erkennbar. Als Zeichen eines melanozytären Tumors ist eine pe-riunguale homogene und manchmal punktförmige Braunfärbung sichtbar. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 14 8 Ethnische Pigmentierung des rechten Großzehennagels. a Über-sicht. b Dermatoskopie. Dermatoskopisch ist ein homogen gräulich-blas-ses und den gesamten Nagel betreffendes Pigmentband (longitudinale Me-lanonychie) mit etwas unscharfer Abgrenzung erkennbar. (Mit freundl. Ge-nehmigung*)

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Breite der Läsion bleibt jedoch konstant (. Abb. 18a–c, [23]).

Früh- und spätinvasive Melanome des Nagelorgans

Das Melanom des Nagelorgans tritt nach epidemiologischen Studien gehäuft bei Patienten jenseits des 50. Lebensjahres und interessanterweise meist an Daumen- und Großzehennägeln auf. Beim Melano-

ma in situ bzw. bei frühinvasiven Melano-men beträgt die Breite der durchgehend den Nagel betreffenden Pigmentierung meist bereits mehr als 5 mm und weist Linien unterschiedlicher Dicke und Farb-töne auf [3, 7, 8]. Diagnostisch bedeut-sam ist das Auftreten eines Mikro- oder Makro-Hutchinson-Zeichens, das die In-vasion maligner Pigmentzellklone in die angrenzende periunguale Haut beschreibt (. Abb. 19a,b). In der sequenziellen digi-

talen Dermatoskopie zeigen sich im Ver-lauf sowohl deutliche Farbänderungen als auch eine Zunahme der Breite des gesam-ten Pigmentstreifens.

»  Diagnostisch bedeutsam ist das Auftreten eines Mikro- oder Makro-Hutchinson-Zeichens

Bei fortgeschrittenen spätinvasiven Me-lanomen des Nagelorgans ist eine Diag-nosestellung meist bereits bei der Unter-suchung mit dem bloßen Auge möglich. Das Nagelorgan zeigt dann oft einen ho-hen Grad der Zerstörung mit Ulzera-tion, Hämorrhagien, Verlust der Paral-lelität, multiplen Farben und einer aus-geprägten Invasion in die angrenzen-de Haut (. Abb. 20a,b, . Abb. 21a,b, . Abb. 22a,b). Alle hier aufgeführten Kriterien sollten den Untersucher ver-anlassen, mindestens eine Biopsie der Matrixzone zu entnehmen.

Weitere Indikationen für die Dermatoskopie im Nagelbereich

Eine weitere sinnvolle Indikation für die Dermatoskopie im Nagelbereich ist die Untersuchung der Nagelfalzkapillaren bei Patienten mit Kollagenosen wie der sys-temischen Sklerodermie (. Abb. 23a,b) [24]. Bei Sklerodermiepatienten sollte die Beurteilung der Nagelfalzkapillaren den Grad der kapillaren Dilatation, das Aus-maß von Hämorrhagien sowie von avas-kulären Zonen erfassen. Mit diesen Kri-terien kann die Diagnosestellung mit hinreichender Sensitivität und Spezifität unterstützt werden [24].

Hinweis

Die International Dermoscopy Society (IDS) bietet für alle an der Dermatosko-pie interessierten Kolleginnen und Kol-legen ein wertvolles Forum für die Wei-terbildung in dieser für unser Fach wich-tigen Untersuchungstechnik. Nach kos-tenfreier Anmeldung auf der IDS-Home-page (http://www.dermoscopy-ids.org) steht dem Nutzer das gesamte Spektrum von Tutorials bis hin zur Betrachtung von vorgestellten Fällen aus der gesamten Welt offen. Jeder Nutzer kann aber auch im

Abb. 15 8 Nagelveränderung unter Chemotherapie mit Docetaxel. a Über-sicht. b Dermatoskopie. Das dermatoskopische Bild mit diffusen Rötungen als Zeichen der vermehrten Vaskularisation des Nagelbettes, einer Orange-färbung als Zeichen einer diffusen transitorischen Erythrozytenextravasati-on und einzelnen tropfenförmigen Hämorrhagien (distaler Nagelrand) darf als Korrelat der toxischen Nagelschädigung gewertet werden. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 16 8 Benigner Nävus. a Übersicht. b Der-matoskopie. Dermatoskopisch ist ein wenige Millimeter breiter homogen-brauner Streifen er-kennbar. Der Streifen erfasst den gesamten Na-gel (longitudinale Melanonychia). (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 17 8 Benigner Nävus. a Übersicht. b Der-matoskopie. Dermatoskopisch ist ein wenige Millimeter breiter homogen-brauner Streifen er-kennbar. Der Streifen erfasst den gesamten Na-gel (longitudinale Melanonychia). (Mit freundl. Genehmigung*)

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Leitthema

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Fazit für die Praxis

F  Die Dermatoskopie spielt neben der klinischen Untersuchung eine wichti-ge Rolle in der Beurteilung von Na-gelveränderungen. 

F  Die dermatoskopischen Kriterien für eine validierte Diagnosestellung wur-den in zahlreichen klinischen Studien entwickelt. 

F  Bei allen malignitätsverdächtigen Nagelveränderungen ist die Indika-tion zur chirurgischen Intervention für eine histopathologische Gewebe-untersuchung großzügig zu stellen. 

F  Trotz Investition großer Summen in die Entwicklung von diagnosti-schen Medizingeräten, die den Klini-ker in der Diagnosestellung des Mela-noms unterstützen sollen, ist bis dato 

Abb. 18 8 Benigner Nävus im zeitlichen Verlauf (Intervall ca. 6 Monate). a Übersicht. b, c Dermatoskopie. Aufgrund der etwas unregelmäßigen, intensiv bräunlichen Streifung wurde eine digital-dermatoskopische Verlaufskontrolle durchgeführt. Der dermatoskopische Verlauf zeigt eine Abnahme der Pigmentintensität (abhängig von UV-Einstrahlung) bei konstanter Breite der longitudinalen Melanonychie. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 19 8 Frühinvasives subunguales Mela-nom. a Übersicht. b Dermatoskopie. Dermatos-kopisch ist der gesamte Nagel von einer streifi-gen longitudinalen Melanonychie betroffen. Die Streifen zeigen unregelmäßige rötliche bis dun-kelbraune Farben. Das Mikro-Hutchinson-Zei-chen ist positiv (proximal und lateral) und deu-tet auf eine Invasion von malignen Zellklonen in die periunguale Haut hin. (Mit freundl. Geneh-migung*)

Abb. 20 8 Spätinvasives, fortgeschrittenes subunguales Melanom. a Übersicht. b Derma-toskopie. Das Nagelorgan ist weitgehend zer-stört, und der ulzerierte, fleischfarbene Tumor zeigt einige Hämorrhagien. Als wegweisender Befund für ein amelanotisches subunguales  Melanom kann das proximal gelegene kreisrun-de Mikro-Hutchinson-Zeichen gewertet werden. (Mit freundl. Genehmigung*)

kein Gerät besonders für den Einsatz am Nagelorgan geeignet. Im Gegen-teil, zahlreiche Hersteller schließen die sinnvolle Anwendung am Nagel-organ explizit aus (z. B. MelaFind). Ein ausführliches Training in der Verwen-dung der Dermatoskopie im Nagelbe-reich scheint vor diesem Hintergrund besonders wichtig zu sein.

Hinweis*Die Verwaltung der Bildrechte liegt bei der Fa. SurPrise e.K., Postfach 111107, 23521 Lübeck.

Korrespondenzadresse

PD Dr. H.A. HaenssleKlinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August UniversitätRobert-Koch Str. 40, 37075 Gö[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  H.A. Haenssle, F. Brehmer, I. Za-laudek, R. Hofmann-Wellenhof, J. Kreusch, W. Stolz, G. Argenziano und A. Blum geben an, dass kein Inter-essenkonflikt besteht.   Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Ein-willigung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Pa-tienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberech-tigen oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.

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Leitthema

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Literatur

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24.  Ohtsuka T (2012) Dermoscopic detection of nail fold capillary abnormality in patients with systemic scle-rosis. J Dermatol 39:331–335

Abb. 21 9 Spätinva-sives, fortgeschritte-nes subunguales Me-lanom. a Übersicht. b Dermatoskopie. Der mediale Teil des Nagel-organs ist zerstört. Wie oft bei fortgeschritte-nen subungualen Me-lanomen ist auch die-ser Tumor amelano-tisch. Sicher diagnos-tisch verwertbare kli-nische oder derma-toskopische Kriterien sind nicht erkennbar. (Mit freundl. Genehmi-gung*)

Abb. 22 8 Spätinvasives, fortgeschrittenes su-bunguales Melanom. a Übersicht. b Derma-toskopie. Ein Teil des Nagelorgans ist zerstört und gibt den Blick auf einen rötlichen, ulzerier-ten Tumor frei. Die restlichen Nagelanteile sind schwarz-braun (medialer Anteil) bzw. grün-braun (lateraler Anteil) pigmentiert. Sowohl das klinische als auch das dermatoskopische Bild zeigen eine diskrete, distale, gräuliche Pigmen-tierung in der Haut der Zehenkuppe, die diffe-renzialdiagnostisch an invasive Zellklone eines subungualen Melanoms denken lassen sollte. (Mit freundl. Genehmigung*)

Abb. 23 8 Kapillaroskopie mit dem Dermatoskop. Dilatierte Nagelfalzka-pillaren und kleinere Hämorrhagien des Nagelhäutchens (sog. Ehring-Rhe-xisblutung) bei einer jungen Frau mit diskreter Sklerodaktylie und Verdacht eines CREST-Syndroms. a Übersicht. b Dermatoskopie. (Mit freundl. Geneh-migung*)

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