46
789 Deutscher Bundestag Protokoll 15/49 15. Wahlperiode 752 – 2401 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Wortprotokoll 49. Sitzung Berlin, Montag, den 9. Februar 2004, 11.00 Uhr Plenarbereich Reichstagsgebäude (PRTG), Sitzungssaal 3 S 001 Vorsitz: Abg. Dr. Rainer Wend (SPD) Tagesordnung Einziger Tagesordnungspunkt .......................... 792 Öffentliche Anhörung von Sachverständigen a) Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG) (BT-Drucksache 15/2316) Hierzu BT-Drucksachen: 15/2329, 15/2345 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (federführend), In- nenausschuss, Rechtsausschuss, Ausschuss für Verbrau- cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Ausschuss für Kultur und Medien b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU Mehr Wettbewerb, Wachstum und Innovation in der Telekommunikation schaffen (BT-Drucksache 15/2329) Hierzu BT-Drucksachen: 15/2316, 15/2345 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (federführend), In- nenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss, Haus- haltsausschuss, Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh- rung und Landwirtschaft, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Ausschuss für Kultur und Medien c) Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG) -15/2316- Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 15/2345) Hierzu BT-Drucksachen: 15/2316, 15/2329 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (federführend), In- nenausschuss, Rechtsausschuss, Ausschuss für Verbrau- cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Ausschuss für Kultur und Medien

Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

  • Upload
    others

  • View
    4

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

789

Deutscher Bundestag Protokoll 15/4915. Wahlperiode752 – 2401

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

Wortprotokoll

49. Sitzung

Berlin, Montag, den 9. Februar 2004, 11.00 UhrPlenarbereich Reichstagsgebäude (PRTG), Sitzungssaal 3 S 001

Vorsitz: Abg. Dr. Rainer Wend (SPD)

T a g e s o r d n u n g

Einziger Tagesordnungspunkt .......................... 792Öffentliche Anhörung von Sachverständigena) Gesetzentwurf der BundesregierungEntwurf eines Telekommunikationsgesetzes(TKG) (BT-Drucksache 15/2316)Hierzu BT-Drucksachen: 15/2329, 15/2345Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (federführend), In-nenausschuss, Rechtsausschuss, Ausschuss für Verbrau-cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Ausschuss fürdie Angelegenheiten der Europäischen Union, Ausschussfür Kultur und Medien

b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann,Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Mehr Wettbewerb, Wachstum und Innovation inder Telekommunikation schaffen (BT-Drucksache15/2329)Hierzu BT-Drucksachen: 15/2316, 15/2345Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (federführend), In-nenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss, Haus-haltsausschuss, Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-rung und Landwirtschaft, Ausschuss für die Angelegenheitender Europäischen Union, Ausschuss für Kultur und Medien

c) Unterrichtung durch die BundesregierungEntwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG)-15/2316-Gegenäußerung der Bundesregierung zu derStellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache15/2345)Hierzu BT-Drucksachen: 15/2316, 15/2329Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (federführend), In-nenausschuss, Rechtsausschuss, Ausschuss für Verbrau-cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Ausschuss fürdie Angelegenheiten der Europäischen Union, Ausschussfür Kultur und Medien

Page 2: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

790

Anwesenheitsliste*

Mitglieder des AusschussesOrdentliche Mitglieder des Ausschusses Stellv. Mitglieder des Ausschusses SPD

Barnett, Doris Barthel (Starnberg), KlausBrandner, Klaus Hoffmann (Chemnitz, JelenaHeil, HubertusWend, Dr. Rainer

CDU/CSUHochbaum, RobertKrogmann, Dr. MartinaKues, Dr. HermannLaumann, Karl-Josef Meckelburg, WolfgangSchauerte, HartmutWöhrl, Dagmar

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENHustedt, Michaele

FDPKopp, Gudrun Funke, Rainer

andere AusschüsseOtto, Hans-JoachimTauss, JörgZöllmer, Wolfgang

MinisterienEulenbruch, OAR Winfried (BMWA)Karwat RR’in z. A. Alexandra (BMF)Müller, Dr. Christopher (BMWA)Ohlenburg, RR’in z. A. Dr. Anna (BMWA)Ortlieb, Manfred (BMWA)Reichle, MR Gerold (BMWA)Reuter, MR Gerhard (BMF)Schultz, MR Andreas (BMI)Staffelt, PStS Dr. Ditmar, MdB (BMWA)Stawowy, RR z. A. Dr. Johannes (BMI)Vogel-Middeldorf, UAl’in Bärbel (BMWA)Zähle, RR z. A. Dr. Kai (BMI)

FraktionenHalldorn, Dr. Sven (FDP-Fraktion)Kleemann, Dr. Georg (CDU/CSU-Fraktion)Passek, Oliver (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)Pfender, Dr. Reinhard (SPD-Fraktion)Stumpfeldt, Götz von (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

BundesratBuck, ORR’in Dr. Waltraud (BW)Donauer, Ref. (SN)Frey (HE)Heegewaldt, Ref. (BE)Hildebrandt, RD Konrad (HH)Jäger, ORR'in Barbara (TH)Jakobs, Dr. Thomas RAng. (SL)Kliemann, RAR'in Gabriele (SA)Klonowski, RR Martin (HE)Schmidt, RD (Nds)Schwarze, Ref. Volker (HB)Welzk, Ref. Dr. Stefan (SH)Wieselt, RR (RP)Worch, Ref. Stephan (BB)

*) Der Urschrift des Protokolls ist die Liste der Unterschriften beigefügt.

Page 3: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

791

SachverständigeBobrowski, Michael (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.)Büttgen, MR Peter (Leiter Ref. VIII beim Bundesbeauftragten f. d. Datenschutz)Doll, Roland (Deutsche Telekom)Elbrecht, Carola (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.)Geywitz, Harald (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdienste e.V. [VATM])Glock, Martin (ARCOR AG& CO. KG)Grünberg, Salomon (Initiative europäischer Netzbetreiber I E N)Hahn, Rüdiger (Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post)Heil, Christoph (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di)Isermann, Marcus (Deutsche Telekom)Kirchner, Prof. Dr. Dr. Christian (Humboldt-Universität zu Berlin)Kopf, Wolfgang (Deutsche Telekom)Langeheine, Direktor INFSO Bernd (EU-Kommission)Langenhorst, Dr. Ralf (Tele 2 Telecommunications Services)Liedtke, Dr. Rainer (e plus Mobilfunk)Neumann, Dr. Karl-Heinz (Direktor Wissenschaftliches Institut f. Kommunikationsdienste GmbH )Osthaus, RA Wolf (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. [BITKOM])Picot, Prof. Dr. Dr. h. c. Arnold (Universität München)Pill, Dr. Bernd (Vodafone D 2)Schaar, Peter (Bundesbeauftragter für den Datenschutz)Stöber, Harald (Vorstandsvorsitzender ARCOR AG & Co. KG)Wagner, Peter (Vorstandsvorsitzender debitel)Wehmeier, Dr. Axel (Deutsche Telekom)Wilke, Stephan (Deutscher Gehörlosenbund)

Page 4: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

792

49. SitzungBeginn: 11.00 Uhr

Einziger TagesordnungspunktÖffentliche Anhörung von Sachverständigena) Gesetzentwurf der BundesregierungEntwurf eines Telekommunikationsgesetzes(TKG) (BT-Drucksache 15/2316)b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann,

Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Mehr Wettbewerb, Wachstum und Innovation inder Telekommunikation schaffen (BT-Drucksache15/2329)c) Unterrichtung durch die BundesregierungEntwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG)-15/2316-Gegenäußerung der Bundesregierung zu derStellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache15/2345)

Vorsitzender Dr. Wend: Meine Damen und Herren, ichdarf Sie bitten, Platz zu nehmen. Gibt es noch weiterenGesprächsbedarf? Darauf würde ich ungern Rücksichtnehmen.Meine Damen und Herren, ich darf Sie sehr herzlich zurheutigen Anhörung begrüßen. Es handelt sich um eineöffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaftund Arbeit. Gegenstand dieser öffentlichen Anhörungsind, das können Sie dem Ablaufplan entnehmen, zweiVorlagen. Erstens der Gesetzentwurf der Bundesregie-rung „Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes“ undzweitens der Antrag der Fraktion der CDU/CSU „MehrWettbewerb, mehr Wachstum und Innovation in der Te-lekommunikation schaffen“.Die von den Verbänden und Einzelsachverständigen ab-gegebenen Stellungnahmen liegen Ihnen auf Ausschuss-drucksache Nr. 15(9)949 zusammengefasst vor. Dortnicht aufgenommen sind die uns erst heute zugegangenenStellungnahmen der EU-Kommission und der Monopol-kommission. Diese liegen auf separaten Drucksachenvor.Ich darf zunächst allen Sachverständigen danken, dievorab zu dem umfangreichen Gesetzentwurf und auch zudem Antrag der CDU/CSU Stellung genommen haben.Mit dem Gesetz der Bundesregierung sollen fünf der EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden, damitverbunden ist eine Neufassung und weitreichende Über-arbeitung des bisherigen Telekommunikationsgesetzes.Zentrales Anliegen bleibt der Wettbewerb auf dem Tele-kommunikationssektor. Mit den neuen Vorschriften sollder Weg aus dem bisherigen sektorspezifischen Rechthin zur Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechtsfür existierende Märkte geebnet werden. Darüber hinaussollen auch die Erfahrungen mit der Telekommunikati-onsregulierung berücksichtigt und Änderungen mit demZiel effizienterer Verwaltungsverfahren und kürzerer Ge-richtsverfahren vorgenommen werden. Der Gesetzent-wurf enthält neben allgemeinen Vorschriften Regelungenzur Marktregulierung, zum Kundenschutz, zur Rund-funkübertragung, zur Vergabe von Frequenzen, Num-

mern und Wegerechten zur Regulierungsbehörde, zumUniversaldienst, zum Fernmeldegeheimnis, zum Daten-schutz und zur öffentlichen Sicherheit, zur Abgaben-,Straf- und Bußgeldern, sowie Übergangs- und Schluss-vorschriften. Der Bundesrat hat mit seiner Stellungnahmezu dem Entwurf in 96 Fällen Prüf- und Änderungswün-sche angemeldet, unter anderem sollen die Mobilfunk-betreiber verpflichtet werden, die personenbezogenenDaten ihrer Pre-Paid-Kartenkunden im öffentlichen Si-cherheits- und Strafverfolgungsinteresse zu erheben.Die Fraktion der CDU/CSU tritt mit ihrem Antrag dafürein, gesetzliche Vorabfestlegungen, welche ein flexibleAnwendung von Eingriffsinstrumenten durch die Regu-lierungsbehörde für Telekommunikation und Post aus-schließen, zu vermeiden. Zu diesen Instrumenten gehör-ten neben der Zugangs- und Entgeltregulierung dieTransparenzverpflichtung und das Diskriminierungsver-bot. Ebenso befürwortet die Fraktion, Chancengleichheitzwischen Infrastruktur und Dienstewettbewerb herzu-stellen. Die Regulierungsbehörde müsse dafür sorgen,dass die von ihr festgesetzten Entgelte so aufeinander ab-gestimmt sind, dass Wettbewerbsverzerrungen vermie-den werden.Von den Sachverständigen, meine Damen und Herren,möchten wir heute hören, wie sie den vorgelegten Ge-setzentwurf der Bundesregierung und den Antrag derFraktion der CDU/CSU beurteilen. Üblicherweise habenwir es hier im Ausschuss so vorgesehen, dass wir ent-sprechend der Fraktionsstärke in einzelnen Runden einFragerecht zuordnen. Für heute haben sich die Berichter-statter der Fraktionen darauf verständigt, dass etwas frei-er verfahren werden soll. Etwas freier bedeutet, dass wirzunächst eine Fragerunde von jeder Fraktion machen,wobei Berichterstatter oder Sprecher die Fragen an dieSachverständigen stellen. Im Anschluss daran meldensich bitte die Kolleginnen und Kollegen. Ich werde ver-suchen, einerseits die Reihenfolge, aber andererseits auchdie Stärke der Fraktionen einigermaßen zu berücksichti-gen. Wenn der Eindruck bei einer Fraktion bestehensollte, dass das nicht gelingt, dann werden wir zu demüblichen regulierten Verfahren zurückkehren.An die Damen und Herren Sachverständigen habe ich dieBitte, dass Sie auf die Versuchung verzichten, Ihreschriftlichen Statements in Form von längeren Erklärun-gen hier zu wiederholen. Gehen Sie bitte davon aus, dassdie Kolleginnen und Kollegen das gelesen haben unddass Sie dann einfach auf die konkreten Fragen auchmöglichst konkret antworten. Ich weiß, dass das gelingt,ich weiß aber auch - das kennen wir Politiker besonders -, dass man manchmal der Versuchung erliegt, Grundsatz-statements abzugeben. Ich bitte Sie um Verständnis,wenn ich dann an der einen oder anderen Stelle eingrei-fen muss. Soviel zum Verfahren. Im Themenkatalog istdie Verständigung so, dass wir von 11.00 bis 13.00 Uhrüber Markt- und Entgeltregelung sprechen, von 13.00 bis14.00 Uhr über Befugnisse, Aufsicht und Struktur derRegulierungsbehörde, von 14.00 bis 15.00 Uhr überKundenschutz, von 15.00 bis 16.00 Uhr über Daten-schutz und Sicherheit und schließlich als Letztes die

Page 5: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

793

Stunde von 16.00 bis 17.00 Uhr Universaldienst, Inkassound Sonstiges.

Als Teilnehmer der Anhörung, als Sachverständige be-grüße ich - mal gucken und abfragen, ob die Damen undHerren anwesend sind -, für die RegulierungsbehördeTelekommunikation und Post die Herren Kurth und Zer-res, für die EU Herrn Generaldirektor Langeheine - derBundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix alsLandesbeauftragter für den Datenschutz aus Brandenburgist auch noch nicht da. Ich denke, der kommt, wenn seinThema dran ist. Für ver.di begrüße ich Herrn Heil, - nunkeine Distanzierungsversuche aus der SPD-Fraktion -Herrn Prof. Dr. Dr. Kirchner von der Humboldt-Universität und von der Universität München Herrn Prof.Dr. Dr. h. c. Picot, Herrn Dr. Neumann vom Wissen-schaftlichen Institut für Kommunikationsdienste, für denDeutschen Gehörlosenbund Herrn von Meyenn, HerrnWilke und Herrn Palleit, für den VerbraucherzentraleBundesverband Herrn von Braunmühl, Herrn Bubrowski- und Frau Elbrecht sind noch nicht da -, für die Mono-polkommission deren Prof. Dr. h. c. Hellwig und HerrnDr. Holthoff-Frank, Herr Hellwig kommt noch -, für dasUnternehmen ARCOR die Herren Stöber und Glock, fürO2 Germany Herrn Haas. Die Deutsche Telekom ist ent-sprechend ihrer Stärke mächtig vertreten durch die Her-ren Dr. Heinacher, Dr. Wehmeier, Dr, UlmerDollWieck,Kopf und Isermann. Um das klarzustellen, bitte nicht je-der von Ihnen antworten sollte , wenn die Telekom ge-fragt ist, sondern sich auf einen konzentrieren. Für dieInitiative europäischer Netzbetreiber begrüße ich HerrnGrünberg, für Vodafone D2 Herrn Dr. Pill, Herrn Schö-berl und Herrn Dr. Herkströter, für e plus Herrn Dr.Liedtke, Herrn Dr. Sörries - die Konkurrenz ist nochnicht da, e plus, das ist natürlich bedenklich -, für EWETel Frau Weißenfels, für debitel Herrn Wagner, Frau Dr.Berger-Kögler, für Tele 2 Telecommunications ServicesHerrn Dr. Langenhorst, für AOL Deutschland Herrn Lau-rent und Herrn Dr. Bender, für Talkline ID Herrn Zilles,Herrn Rudloff -, auch noch nicht da -, für den Bundes-verband Informationswirtschaft, Telekommunikation undneue Medien e.V. (BITKOM) Herrn Osthaus, für denVerband der Anbieter von Telekommunikations- undMehrwertdiensterufnummern e.V. (VATM) Herrn Gey-witz - Herr Grützner kommt noch -, für den Bundesver-band der regionalen und lokalen Telekommunikationsge-sellschaften e.V. (breko) Herrn Lüddemann, Herrn Dr.Geppert, Herrn Helmes. Herr Prof. Dr. Simitis hat seineTeilnahme abgesagt. Dann bin ich von mir aus durch.

Meine Damen und Herren, entsprechend des Ablaufplansbeginnen wir mit dem Thema Markt- und Entgeltrege-lung. Dazu zunächst eine Fragerunde von den Fraktionenher, von der Fraktion der SPD Herr Brandner.

Abgeordneter Brandner (SPD): Herzlichen Dank, HerrVorsitzender, Sie haben ja bereits in die Intention desGesetzgebers, Rechtssicherheit des Ordnungsrahmens si-cherzustellen, sehr umfangreich eingeführt und nun be-wegen wir uns ja in einem Markt, der durch viele Wett-bewerber bunt aufgestellt ist. An einen dieser Wettbe-werber, an BITKOM und zwar an Herrn Osthaus richtetsich deshalb auch meine konkrete Frage, wie sehr müs-sen die unterschiedlichen Interessen, die in diesem Tele-kommunikationsgesetz zu berücksichtigen sind, in einemordentlichen Ordnungsrahmen, einem einheitlichenRechtsrahmen zusammengefasst werden? Meine Frage

an Sie: Bewerten Sie dieses Gesetz als einen fairen Inter-essenausgleich, mit dem in der Tat Innovation undWachstumsimpulse noch stärker als bisher akquiriertwerden können?Vorsitzender Dr. Wend: An wen geht die Frage?Abgeordneter Brandner (SPD): Herrn Osthaus.Vorsitzender Dr. Wend: Vorab darf ich, das habe ich inder Reihe nicht gesehen, für die Bundesregierung denParlamentarischen Staatssekretär Herrn Dr. Staffelt be-grüßen. Herzlich willkommen. Ich habe dann noch eineBitte an die Sachverständigen. Wenn Firmen/Verbände,wo mehrere Vertreter da sind, aufgerufen werden undnicht Einzelpersonen, wie jetzt Herr Osthaus von HerrnBrandner, darf ich Sie bitten, bei der Antwort Ihren Na-men kurz vorab zu sagen, damit wir für das Protokollwissen, wer für das Unternehmen oder den Verband ant-wortet. Dieses Mal aber die Frage an Herrn Osthaus.Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue MedienBITKOM): Zunächst vielen Dank für die Frage. Das istnatürlich eine sehr komprimierte Frage für ein doch rechtkomplexes Thema und wahrscheinlich können wir nachden zwei Stunden die Frage besser beantworten, als wires jetzt tun. Vorab vielleicht eben die Anmerkung dochgenereller Natur: Es ist die zentrale Aufgabe des Gesetz-gebungsvorhabens, erstens Rechts- und Planungssicher-heit für die Unternehmen zu schaffen. Da kann hier teil-weise noch bemängelt werden, dass sicherlich einfachrelativ weite Ermessungs- und Beurteilungsspielräumefür die Regulierungsbehörde eingeräumt werden und da-mit genau das Ziel von Rechts- und Planungssicherheitmöglicherweise nicht in dem Maße gewährt wird, wieman es sich wünschen würde. Gleichzeitig ist dabei zubeachten - das ist vielleicht auch gleich als Einschrän-kung zu berücksichtigen und das hatte sicherlich auchdas BMWA bei der Stellungnahme des Entwurfs zu be-rücksichtigen -, dass wir von Seiten der EuropäischenRichtlinien die Vorgabe haben, dass die nationalen Re-gulierungsbehörden stärkere Ermessensspielräume be-kommen sollen, als sie es bisher, insbesondere auch ineinigen Ländern, hatten. Das ist der eine Punkt.Der zweite Punkt ist sicherlich die Verlässlichkeit, dasSetzen von Investitionsanreizen. Dabei ist darauf zuachten, dass die Investitionsanreize sowohl auf der Dien-ste- als auch auf der Infrastrukturebene angesiedelt wer-den. Eine einseitige Verzerrung sollte sicherlich vermie-den werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen: Geradedie Infrastrukturinvestitionen sind Voraussetzung für ei-nen Dienstewettbewerb, dort, wo wir einen Infrastruk-turwettbewerb auch nicht erreichen können oder nichthinreichend erreichen können. Dort insbesondere machtes Sinn, spezielle Forderungen für den Dienstewettbe-werb einzubringen. Das gelingt im Gesetzentwurf wei-testgehend. Ein zentraler Knackpunkt, der sicherlich auchnoch von den einzelnen Marktteilnehmern zu diskutierensein wird, ist die Frage der Resale-Verpflichtung, die,wenn sie unkonditionell erfolgt, einen sehr starken Im-puls in Richtung Dienstewettbewerb gibt. Wenn sie ande-rerseits ausgeschlossen wird, wird die Möglichkeit ge-nommen, hier Dienstewettbewerb zu schaffen.Ein wesentlicher Punkt ist sicherlich auch die Unter-scheidung zwischen herkömmlichen Märkten. Insbeson-dere ist im klassischen Sprachtelefonmarkt um das Fest-netz eine Stärkeregulierung besser möglich als in den

Page 6: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

794

neuen Märkten, die erst entstehen bzw. die bereits imWettbewerb entstanden sind. Klassisches Beispiel dafürist insbesondere der Mobilfunk. Hier ist zu begrüßen,dass die Bundesregierung sich darum bemüht hat, bei al-ler vorgegebenen Technologie neutrale Regulierungsin-strumente zu schaffen, die es ermöglichen werden, dieRegulierungsdichte im Mobilfunk deutlich zurückzu-nehmen und die damit der Tatsache Rechnung zu tragen,dass dort mit dem Vorhandensein von vielen Infrastruk-turwettbewerbern und zusätzlichem Dienstewettbewerbals einem weiteren belebenden Element tatsächlich be-reits Wettbewerb in erheblichem Maße besteht und des-wegen Regulierung deutlich geringer erfolgen sollte.Was die weiteren Einschätzungen im Detail angeht, soll-ten es wirklich die einzelnen Marktteilnehmer machen.Wir als Überverband des Spitzenverbands sind dort nichtin jeder Hinsicht aussagefähig, weil wir auch berück-sichtigen müssen, dass die Einzelnen ganz natürlich - jenachdem, was ihr Businessmodell ist - unterschiedlicheAnsätze haben.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Lieber HerrVorsitzender, meine Damen und Herren, ich will versu-chen, die Knackpunkte zu dem ersten ThemenbereichMarkt- und Entgeltregulierung zielgerichtet anzuspre-chen und will da gleich den Ball aufgreifen, den HerrOsthaus zugespielt hat. Das Thema Resale gehört sicher-lich zu den am kontroversesten diskutierten Punkten imTKG. Mein Begehr an Herrn Dr. Neumann vom WIK:Wie stehen Sie grundsätzlich zu Resale und wie stehenSie zu der Forderung, die ja von Infrastrukturbetreibernerhoben wird, Resale gesetzlich zu konditionieren?Sachverständiger Dr. Neumann (WissenschaftlichesInstitut f. Kommunikationsdienste): Ja, in der Tat, dies istein bedeutsames Thema auch der Ausbalancierung vonDienste- und Infrastrukturwettbewerb und ich glaube,man muss einen Zusammenhang klar sehen: Die Resale-Regelungen entscheiden darüber, ob und in welchen Um-fang und in welcher Balance wir Dienstewettbewerb be-kommen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass dies auchunter dem Gesichtspunkt der Neutralität gegenüber Ge-schäftsmodellen - das ist jedenfalls das Petitum, was ichin der Sache für richtig halte -, formuliert wird. Ich glau-be, das leitende Motiv für die Phase des Wettbewerbs, indie wir jetzt reinkommen, ist, dass wir eine Vielzahl sehrunterschiedlicher Geschäftsmodelle im Markt beobach-ten. Die Sache der Unternehmen ist, das Wettbewerbs-modell und das Geschäftsmodell zu wählen, das IhrerMeinung nach den größten Kundennutzen schafft. DieRegulierungsbehörde und zunächst Sie als Gesetzgeberunterstützen das, indem Sie sich möglichst neutral zei-gen, indem Sie also nicht einseitig bestimmte Formen desWettbewerbs durch Regelung begünstigen und anderebenachteiligen. Ich glaube, in der Tendenz ist dies imEntwurf gelungen - in der Tendenz. Ich sehe gerade, be-zogen auf das Thema Resale, zwei Punkte, wo nach mei-nem Eindruck der Dienstewettbewerb etwas im Ver-gleich zum Infrastrukturwettbewerb zurückgedrängtwird. Das ist zum Einen die Vorgabe, dass Großhandels-bedingungen nicht unterhalb der Kosten der effizientenLeistungsbereitstellung gestellt werden müssen. Dort gibtes einen Satz in der entsprechenden Regelung, die diesals Nebenbedingung formuliert. Ich glaube, dieser Satzist überflüssig, weil, wenn er zum Tragen kommt, wir esdann im Prinzip mit einer wettbewerbspolitischen Pro-blemlage zu tun haben, nämlich mit einer Preiskosten-schere. Wenn wir es damit zu tun haben, ist zunächst der

Infrastrukturwettbewerb verzerrt und wenn wir den Satzdrin lassen, wird darüber hinaus der Dienstewettbewerbauch noch beeinträchtigt. Ich glaube, das muss man nichtmachen.Zum Anderen gibt es ja die Diskussion durch diesenVorschlag des Bundesrates, dass wir an das Resale Auf-lagen machen, dass wir sagen, definieren wir doch unter-schiedliche Klassen von Resalern und Dienstewettbe-werbern. Ich nenne sie einmal Gute und Schlechte. Gutesind solche, die der Großhandelsleistung, die sie einkau-fen, Mehrwertdiensteleistungen hinzufügen, undSchlechte sind die, die keine Mehrwertdienstleistung nunzufügen. Ich glaube, dass das kein guter Weg ist und dassdas auch ein Irrweg ist, der, wo immer er beschrittenworden ist, in der Vergangenheit auch gezeigt hat, dasser auch - aus definitorischen Problemen - scheitern wird.Er ist auch insoweit ein Irrweg, als wie wir einfach ver-kennen würden, dass Resale einfach schlichtweg dieHandelsfunktion im Markt beschreibt. Niemand käme ineinem anderen Markt auf den Gedanken, etwa einemSchuhverkäufer vorzuschreiben, dass er die Schuhe, dieer bei einem Produzenten einkauft, erst noch verändernmuss, bevor er sie weiterverkaufen darf. Das sind zweiPunkte, Frau Dr. Krogmann, wo ich den Eindruck habe,dass auch die im Grundsatz vorhandene Balance zwi-schen Dienst, Infrastruktur und Wettbewerb vielleichtnoch etwas balancierter im Gesetzentwurf ausgestaltetwerden muss.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich hätte eine Frage an die Regulierungsbehörde und eineFrage an VATM. An die Regulierungsbehörde würde ichgerne die Frage weitergeben, die eben bezüglich Resalegestellt wurde. Wie beurteilt die Regulierungsbehördeden Vorschlag des Gesetzentwurfes. Und an VATM hätteich die Frage...Vorsitzender Dr. Wend: Frau Hustedt, wir hatten dasbisher so gemacht und ich habe die Bitte, dass wir das solassen, dass wir immer nur einen Sachverständigen fra-gen, weil sonst wird das etwas schwieriger...

Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir haben das mit dem Berichterstatter anders geregelt.Wir haben gesagt entweder zwei Fragen an einen Sach-verständigen.....

Vorsitzender Dr. Wend: Ich höre jetzt, also machen wireine Frage an einen Sachverständigen, kriege ich dasrichtig mit, SPD, CDU? Ja? Ich bitte ich um Verständnis,dann in der zweiten Runde.

Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Dann gebe ich erst einmal die Frage an die Regulie-rungsbehörde und melde mich dann für die nächste Run-de.

Vorsitzender Dr. Wend: Anwesend ist für die Regulie-rungsbehörde Herr Kurth und auch Herr Zerres.

Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Das ist Herr Dr. Hahn, HerrZerres kommt vielleicht auch noch. Ich würde zunächsteinmal antworten.Zunächst ist einmal darauf hinzuweisen, dass Resale kei-ne mit diesem Gesetz jetzt völlig neu geschaffene Ver-pflichtung ist, sondern dass wir Resale bereits jetzt imMarkt haben. Wir haben nach § 4 der Telekommunikati-onsschutzverordnung auch unter der Geltung des bisheri-

Page 7: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

795

gen TKG eine Resale-Verpflichtung des den dominieren-den Markt beherrschenden Unternehmens, der DeutschenTelekom. Es gibt ja auch bereits im Markt funktionieren-de Resale-Modelle. Wir haben darüber hinaus eine langerechtliche Auseinandersetzung auch mit der DeutschenTelekom über die Qualität des Resales gehabt, bei der imÜbrigen auch die Telekom dem Grunde nach eine Resa-le-Verpflichtung nicht bestreitet, sondern in dieser Aus-einandersetzung ging es zumeist um die Art und Weiseund die Details von Resale. So war z. B. ursprünglich dieAuffassung vorhanden, man könne Resale-Angebote ineinem Bündel abgeben, bei dem man z. B. Anschlüsse,analoge-, ISDN-, DSL-Anschlüsse, nur dann dem Resalezugänglich macht, dem Wiederverkauf, wenn gleichzei-tig das nachfragende Unternehmen sich auch verpflichtet,ein bestimmtes Kontingent an Verbindungsminuten ein-zukaufen. Es ging gar nicht um „Resale - ja oder nein“,sondern um gebündeltes Resale oder nicht gebündeltesResale. Wir haben eine derartige Bündelung z. B. alsmissbräuchlich angesehen und die Gerichte, insbesonderedas Gericht in Köln, aber auch in Münster, haben uns in-soweit Recht gegeben, weil wir gesagt haben, es musseiner nachfragen, der über eine Infrastruktur verfügt.

Resale wird immer zu Unrecht nur als Gegenüber odergar als Gegensatz zur Infrastruktur dargestellt. DieWahrheit ist, dass wir einen Fall haben, der im Momentnoch nicht abgeschlossen ist und bei dem die Telekommit dem Unternehmen Tele 2 verhandelt. Das Unterneh-men will gerade eine Infrastruktur einsetzen und Resalenur als Ergänzung dort nutzen, wo es keine eigene Infra-struktur hat, nämlich im Anschlussbereich. Das ´war die-se Auseinandersetzung über gebündeltes Resale oderentbündeltes Resale und wir haben gesagt, also insoweitist das Resale, wenn man es richtig macht, eine richtigeErgänzung des Infrastrukturwettbewerbs und kein Wi-derspruch zum Infrastrukturwettbewerb.

Im Übrigen möchte ich Sie darauf hinweisen, ein Resel-ler müsste eine flächendeckende Infrastruktur im BereichKundenbetreuung und Abrechnung aufbauen. Sie wissen,an anderer Stelle wird z. B. die Inkassoverpflichtung derDeutschen Telekom diskutiert, dass sie das nicht aufDauer machen möchte. Die macht ja bei den Call by CallAnbietern den Forderungseinzug für Dritte. Auch daswird zum Teil kritisch gesehen. Ein Reseller will ja eige-ne Endkundenbeziehungen aufbauen, also würde er denGesamtforderungseinzug übernehmen. Er würde dieKundenbetreuung übernehmen und dafür auch entspre-chend einen Abschlag von Endkundenpreisen habenwollen. Sie sehen, gewisse Leistungen, etwa im Inkasso,könnte ein Reseller sogar zurückfahren. Es ist übrigensauch falsch, dass ein Reseller keine Arbeitsplätze schaf-fen würde. Es geistert da immer der Begriff herum, mit20 Leuten könnte man dann in ganz Deutschland Pro-dukte anbieten und man wäre so eine Art Trittbrettfahrer.Weit gefehlt, wir haben z. B. Unternehmen wie debitel,die als reine Service-Provider auftreten, die Tausendevon Arbeitsplätzen geschaffen haben. Wenn sie customercare und billing machen, müssen sie auch Arbeitsplätzeschaffen, d. h., es ist völlig irreführend zu meinen, dassnur der, der Infrastruktur baut, Arbeitsplätze schafft.Auch der, der Services erbringt, schafft Arbeitplätze. Dasist, glaube ich, wichtig, um das darzustellen.

Was Herr Dr. Neumann sagt, möchte ich vielleicht nocheinmal aufgreifen. Ich halte es auch nicht für richtig, dakann ich Sie auf diese Bestimmung des § 28 Abs. 6 hin-

weisen, bei der Berechnung der Entgelte für Resale zweiMaßstäbe zu verwenden, nämlich einmal den Maßstab,den man „Retail minus“ nennt, auf englisch heißt dasnämlich Abschlag auf Kundenpreise und am Schlussnoch einmal das Entgelt, das dabei mindestens den Ko-sten der effizienten Leistungsbereitschaft entspricht. Alsoman gibt uns als Regulierungsbehörde beim Resale zweiMaßstäbe vor. Im Idealfall werden die sich ergänzen. Ichfrage mich allerdings, warum wir zwei Prüfungsmaßstä-be brauchen. Es steht nämlich den marktbeherrschendenUnternehmen durchaus frei, Endkundenpreise kosten-deckend und gewinnbringend zu beantragen.Für Sie an dieser Stelle noch einmal der Hinweis, Resaleführt nicht zu Verlusten, sondern das marktbeherrschen-de Unternehmen, das zum Resale verpflichtet ist, hat ei-nen Anspruch auf Kostendeckung und einen angemesse-nen Gewinn, der natürlich beim Resale-Preis zu berück-sichtigen ist. Das Unternehmen hat gleichzeitig einenAnspruch darauf, einen Endkundenpreis nach diesenMaßstäben nicht nur im Markt zu platzieren, sondernauch von uns genehmigt zu bekommen. Wenn das so ist,dann frage ich mich, warum wir einen zweiten Prü-fungsmaßstab brauchen, dass sozusagen auch die Kostender effizienten Leistungsbereitstellung gedeckt sind. Dahat Dr. Neumann völlig recht. Wenn sie nicht gedecktwären, dann müsste das Unternehmen selbst die Endkun-denpreise erhöhen. Also das Streichen dieses letzten Sat-zes im § 28 Abs. 6 könnte dazu beitragen, dass das Un-ternehmen dann einen Anreiz, um marktgerechte End-kundenpreise zu setzen. Eine Doppelprüfung ist meinesErachtens weder erforderlich noch angezeigt. Ich plädie-re eindeutig hier für Retail minus.Vielleicht noch ein letztes Argument, ich bin dann gleichfertig, Herr Vorsitzender. Wichtig bei dieser Resale-Debatte ist Folgendes: Man muss erkennen, wie schnellwir zum Wettbewerb kommen wollen. Ein Ziel des Ge-setzes ist ja, den Wettbewerb schnell zu fördern. Das istzeitkritisch. Wir wollen nicht die Infrastrukturanbieterdurch ein Resale-Modell beeinträchtigen. Das wird übri-gens durch das Konsistenzgebot im Gesetz gewährleistet.Das wird auch durch die kostendeckende Entgelte ge-währleistet. Wir müssen einfach sehen, z. B. eine An-mietung der Teilnehmeranschlussleitung flächendeckendin Deutschland zu erwarten ist auf absehbare Zeit unrea-listisch. Das Resale-Modell ergänzt die Infrastrukturenund wir haben viele Wettbewerbe, die beide Modellemachen. Dort, wo die Infrastruktur sich lohnt, geht manin die Infrastruktur, dort, wo man sie zunächst nicht wirt-schaftlich darstellen kann, muss man in der Fläche einResale-Angebot haben, um allen Endkunden in Deutsch-land ein Angebot machen zu können. Es ist, wie gesagt,kein „Schwarz/Weiss“, kein „entweder/Oder“, sondernein „Sowohl als Auch“.Abgeordneter Funke (FDP): Im Hinblick darauf, dass jadie Europäischen Richtlinien umzusetzen sind, frage ichzunächst einmal die Europäische Kommission: Wieschätzt die Kommission die Regulierungstiefe der TKG-Novelle im Vergleich zu den anderen europäischen Län-dern ein? Dabei würde mich besonders die Frage interes-sieren, wie sie die Regelung der TKG-Novelle zum Re-sale und insbesondere zum entbündelten bzw. gebündel-ten Resale sieht.

Sachverständiger Generaldirektor Langeheine (EU-Kommission): Gestatten Sie mir, zu Beginn vielleicht dieBemerkung, dass sich die Europäische Kommission

Page 8: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

796

grundsätzlich nicht in nationale parlamentarische Ge-setzgebungsverfahren einmischt. Ich bin einzig und alleinhier, um die Gelegenheit zu ergreifen, Erläuterungen zurAuslegung des Europäischen Rechts zu geben. Es stehtuns also nicht zu, dass wir hier Werturteile über be-stimmte Teil des Gesetzentwurfs abgeben. Was die Fragebetrifft, so möchte ich dennoch sagen, dass dieses Gesetzauf historischen Grundlagen aufbaut, dass es eine Viel-zahl von Einzelregelungen enthält, die wir mit Interessegelesen haben. Wir haben in der einen oder anderen Hin-sicht zusätzliche Hinweise in der schriftlichen Stellung-nahme gegeben, die ich Ihnen leider erst heute Morgenzugänglich machen konnte. Ich glaube, bei aufmerksa-mem Lesen können Sie daraus ganz wichtige Fingerzeigeentnehmen, die auch für das laufende Verfahren durchausnützlich sein können.Ich möchte darüber hinaus lediglich sagen, dass wir imGroßen und Ganzen sehen, dass hier ein guter Versuchgemacht wurde, die Europäischen Richtlinien umzuset-zen. Es ist sicherlich noch das eine oder andere Problemzu betrachten. Es sind hier ja im bisherigen Verfahren imBundesrat und auch in anderen Bemerkungen durchausFragen aufgeworfen worden, zu denen wir, wie gesagt,nur indirekt Stellung nehmen können, indem wir IhnenHinweise zur Auslegung des Europäischen Rechts geben.Insofern möchte ich auch meine Bemerkung zum Resaledarauf beschränken, dass diese Form der Zugangsgewäh-rung im Europäischen Recht im Artikel 12 der Zugangs-richtlinie vorgesehen ist. Es ist auch nicht nach europäi-schem Recht erforderlich, dass eine bestimmte Wert-schöpfung durch den Abnehmer von Resale-Leistungenerfolgt Dies ist durchaus ein Modell, das auch in anderenMitgliedstaaten bekannt ist. Die Kommission hat es in ih-ren Stellungnahmen immer als ein Element begrüßt, dasneben den Infrastrukturwettbewerb tritt und das insbe-sondere für neue Wettbewerber nützlich sein kann, umals Eintrittsstufe in einen neuen Markt zu kommen undum eigene Infrastrukturleistungen darauf aufzubauenoder, wie Herr Kurth es gesagt hat, um mit eigenen Infra-strukturleistungen Resale-Leistungen zu verknüpfen.

Vorsitzender Dr. Wend: Es beginnt jetzt die offeneFragerunde, dort zunächst Herr Heil, es folgt Herr Dr.Krings.

Abgeordneter Heil (SPD): Es ist ein bisschen schwierig,wenn man nur an einen adressieren kann. Ich weiß jetztnicht, können wir jetzt an mehrere adressieren, Herr Vor-sitzender?

Vorsitzender Dr. Wend: Nein, ich bin davon ausgegan-gen, dass wir es jetzt einfach so machen. Ansonsten habeich es nachher nicht mehr im Überblick, dann meldet sicheiner und fragt mehrere Sachverständige und dann wirdes irgendwann schwierig, das noch einigermaßen zu re-geln.

Abgeordneter Heil (SPD): Ich sage es nur insofern, daes bei diesem Resale-Punkt ja wirklich schön ist, wennman wirklich die verschiedenen Positionen bekommt undinsofern versuche ich es gleich aber doch erst einmal miteinem Einzelsachverständigen. Wir haben in dem Be-reich Markt- und Entgeltregulierung, den wir jetzt disku-tiert haben, vier große Punkte, die in dem Zusammen-hang bestehen. Das eine ist die Frage des Wettbewerbs-begriffs, ich glaube, das haben wir noch aufzurufen, es istdie Frage der Vorleistung, der Diensteregulierung undder Entgeltregulierung. Ich will mich jetzt auch auf den

Resale-Punkt beschränken. Meine Frage geht an HerrnProf. Kirchner. Wir haben hier bei der Frage der Rege-lung wirklich die spannende Stellschraube zwischen In-frastruktur und Dienstewettbewerb. Sie sind nicht nurÖkonom, sondern auch Jurist. Meine Frage ist, vor dieserSpannbreite, ob die vorgeschlagene Regelung aus IhrerSicht schon ein Stück fairer Ausgleich zwischen den ver-schiedenen Modellen ist oder ob Sie dort in der einenoder in der anderen Richtung Korrekturbedarf sehen.Sachverständiger Prof. Dr. Dr. Kirchner (Humboldt-Universität Berlin): Vielen Dank, Herr Heil, Herr Vorsit-zender. Ich habe mich mit dieser Problematik des Resalesauseinandergesetzt, insbesondere mit der Formulierungin § 19 Abs. 2 Nr. 3, wo das bisherige Recht allgemeinheißt: Zugang zu bestimmten vom Betreiber angebotenenDiensten. Diese Formulierung könnte Schwierigkeitenbringen. Das heißt, es könnte auf die Art und Weise einreines Anschluss-Resale möglich sein. Wenn das ermög-licht wird, dann laufen wir die Gefahr, dass wir denWettbewerb der infrastrukturbasierten Wettbewerbesnachhaltig schädigen. Es käme also darauf an, hier dieseFormulierung zu präzisieren und zwar innerhalb dessen,was die Richtlinien des Gemeinschaftsrechts vorgeben.Dazu hat das Land Nordrhein-Westfalen seinerzeit einenVorschlag gemacht, den ich selber auch unterstützenwürde, nämlich eine Präzisierung der Resale-Verpflichtung auf Verbindungsleistungen und/oder An-schlüsse in Verbindung mit Verbindungsleistungen. Aufdiese Art und Weise würde ein ausgewogenes Verhältniszwischen Dienstewettbewerb und Infrastrukturwettbe-werb erreicht werden. Da wäre der Regelung der Euro-päischen Union Folge geleistet, dass Resale eingeführtwird. Aber das reine Anschluss-Resale würde auf die Artund Weise verhindert werden.Wenn wir das reine Anschluss-Resale zulassen würden,dann würde damit für Wettbewerber mit eigener Infra-struktur eine Lage geschaffen, dass sich Neuinvestitionenin diesem Bereich nicht mehr lohnen. Es ist auch eine ge-schichtliche Tatsache, dass Deutschland in der Tele-kommunikationsregulierung von Anfang an auf Infra-strukturwettbewerb gesetzt hat. Aus diesem Grunde ha-ben wir ca. 40 regionale und City-Career, die auf derGrundlage eigener Infrastruktur Wettbewerb betreiben.Das heißt, wir müssen aufpassen, dass wir diese Art vonWettbewerb, der einzigartig ist in Europa, nicht leicht-fertig aufs Spiel setzen, indem wir eine derart unbe-stimmte Formulierung in § 19 Abs. 2 Nr. 3 einfügen.Abgeordneter Dr. Krings (CDU/CSU): Da ich ja nureine Frage an einen Experten stellen kann, stelle ich dieseFrage an den Vertreter von AOL Deutschland. Spannendist ja vor allem, sich die Punkte mal anzugucken, woVeränderungen stattgefunden haben im Vergleich vomursprünglichen Arbeitsentwurf des Bundeswirtschaftsmi-nisteriums zum Regierungsentwurf. Deshalb will einekurze Frage stellen zum Thema Bereitstellung von Vor-leistungen. Wie beurteilen Sie die jetzige gesetzliche Re-gelung, was den Zeitpunkt zur Bereitstellung von solchenVorleistungen anbelangt? Sehen Sie hier Änderungsbe-darf auch im Vergleich zu dem, was andere europäischeStaaten in dem Bereich machen, also zum Zeitpunkt undder Bereitstellung von Vorleistung im Vergleich zu derBereitstellung des Endkundenproduktes durch dasmarktbeherrschende Unternehmen?Vorsitzender Dr. Wend: Ich frage mal von AOLDeutschland Herrn Laurent. Oder wer antwortet?

Page 9: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

797

Sachverständiger Laurent (AOL Deutschland): Das isttatsächlich eine der wesentlichsten Verschlechterungendes Gesetzentwurfs, wie er jetzt vorliegt, im Vergleichzum Arbeitsentwurf. Damals war vorgeschrieben, dassgleichzeitig mit der Einführung eines neuen Endkunden-produkts ein Vorleistungsprodukt für Wettbewerbe be-reitgestellt wäre. Dies ist im vorigen Entwurf oder im jet-zigen Entwurf herausgefallen. Damit fehlt dem Wettbe-werb ein kritisches Element, um auch selbst Innovationam Markt einzuführen. Wir haben gerade über Resale ge-sprochen. Resale ist ein Instrument, um im Prinzip diegleichen Produkte wie die Deutsche Telekom an denMarkt zu bringen. Die Vorleistungsprodukte dagegensind Instrumente, die jetzt der Regulierungsbehörde er-möglichen, dem Wettbewerb einen Zugang zum Netz zurVerfügung zu stellen, damit der Wettbewerb diese Pro-dukte auch weiterentwickelt und am Markt differenziert.Das heißt, wir sehen diesen Punkt sehr spezifisch als dengrößten Schwachpunkt im jetzigen Gesetzentwurf. Esmüsste eine ganz klare Verpflichtung bei der Einführungeines Endkundenprodukts geben, auch Vorleistungspro-dukte im Wettbewerb anzubieten und dies natürlich auchauf Basis der Kosten der effizienten Leistungsbereitstel-lung, damit die Deutsche Telekom kein Verlustgeschäfteinfährt. Darum geht es nicht. Es geht nur darum, dassauch der Wettbewerb gleichzeitig wie die Deutsche Te-lekom Innovation am Markt einbringen kann.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich hätte indiesem Zusammenhang eine Frage an die Deutsche Tele-kom: Wir haben gehört, dass wahrscheinlich Resale auf-grund der europäischen Vorgaben als Element und auchaufgrund der Entscheidungen der Regulierungsbehördein dem Gesetz zu verankern sein wird. Mich würde jetztinteressieren, was aus der Sicht der Deutschen Telekomfür Rahmenbedingungen, welche Konditionen oder auchVerbindungen zu anderen Bereichen wie z. B. Entgeltre-gulierung - Herr Kurth sprach das ja schon an, z. B. inFragen der Marktabgrenzung -, Resale haben müsste,damit aus Ihrer Sicht auch in Zukunft Wettbewerbs-gleichheit und belebender Wettbewerb stattfindet. Andersherum gefragt: Welche Auswirkungen hätte es auf dasInvestitionsverhalten und die Unternehmensstrategie Ih-res Unternehmens, wenn Resale nicht in einem einge-betteten Regulierungskonzept stattfinden würde?Sachverständiger Dr. Heinacher (Deutsche Telekom):Herzlichen Dank für die Frage. Das Entscheidende fürdie Deutsche Telekom ist die Frage des entbündeltenoder der gebündelten Resales. Für uns steht eindeutigfest, dass ein ungebündeltes Resale erhebliche Nachteilefür die Deutsche Telekom nach sich ziehen würde. Wirteilen nicht die Meinung, wie sie gerade von Herrn Kurthgeäußert worden ist. Selbstverständlich könnten wir unsgegen eine Einführung des Resales gar nicht wenden, dieeuropäischen Vorgaben sind dabei existent. Aber wir be-fürchten schon, dass es bei ungebündeltem Resale zu ei-ner Rosinenpickerei auf Seiten der Reseller kommenwird. Wir gehen nicht davon aus, dass diese Resellerauch in der Zukunft ihr Geschäftsmodell in der Art undWeise verändern werden, dass man auch in Infrastrukturinvestiert, sondern man wird bei dem Geschäftsmodellauf die Infrastrukturleistung der Infrastrukturanbieter set-zen, unter anderem auch die Deutsche Telekom. Aberdabei ist auch nicht nur die Deutsche Telekom alleine ge-fragt. Es gibt eine ganze Reihe von anderen Unterneh-men, die in dem Bereich in den letzten Jahren Investitio-nen getätigt haben.

Sie haben mich gefragt, in welcher Hinsicht ein derarti-ges ungebündeltes Resale Konsequenzen für die Investi-tionstätigkeit haben würde. Die Deutsche Telekom hat indas Infrastrukturnetz in den letzten Jahren Milliarden in-vestiert, hat auch durchaus vor in den nächsten Jahren indem Bereich aktiv zu werden, vor allen Dingen im Be-reich Breitband, um auch Möglichkeiten für E-Com-merce, für E-Government, E-Hells oder E-Learning zuschaffen, um neue Möglichkeiten zu schaffen. Wenn einungebündeltes Resale zugelassen würde, wird das mit Si-cherheit dazu führen, dass unsere Investitionsplanungenbedacht werden müssen. Jedes privatwirtschaftliche Un-ternehmen wird diese Überlegungen anstellen. Prognosenin der Richtung, inwiefern wir da ganz genau reagieren,kann ich natürlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichtnennen, denn wir werden erst abwarten, wie das Gesetz-gebungsverfahren weiterläuft.Abgeordneter Meckelburg (CDU/CSU): Ich hätte eineFrage an die Vertreter von Tele 2. Wie beurteilen Sie dieForderungen, Resale zu konditionieren, also nur gebün-delter Zugang, und wie beurteilen Sie das Entgeltkriteri-um Resale-Angebot im Gesetzentwurf?Sachverständiger Dr. Langenhorst (Tele 2 Telecom-munications Services): Aus Sicht der Tele 2 ist das Ver-langen nach einer Konditionierung des Resale - wir ha-ben ja auch die verschiedenen Begriffe oder reines An-schluss-Resale, wie Herr Prof. Kirchner das nannte, ge-bündeltes Resale - ein rein taktisches Mittel. Es soll imGrunde genommen der Resale-Wettbewerb aus demMarkt herausgehalten werden. Das gebündelte Resalewürde dazu führen, dass es für Netzbetreiber wie Tele 2,die in eigene Infrastruktur investiert haben, völlig un-nutzbar ist, da sie hiermit keine Kundenangebote realisie-ren können. Sie würden ihre eigenen Infrastrukturinve-stitionen schlagartig entwerten, wenn sie in dieses Ge-schäft einsteigen. Insofern kann man hiermit auch keineAnreize setzen, Resale als Mittel oder als Methode zugenerieren, wie Herr Kurth das geschildert hatte, umWettbewerbern zu ermöglichen, sukzessive eine Migrati-on in eine hohe Wertschöpfung zu leisten. Das ist hiermitausgeschlossen. Deswegen halten wir es unbedingt fürerforderlich, dass es ein ungebündeltes Resale gibt unddass der Gesetzgeber an dieser Stelle auch irgendwo die-se Zielrichtung vorgibt, dass er hier einen Anreiz setzenwill.Ich möchte vielleicht an dieser Stelle auch kurz entgeg-nen, Infrastruktur-Anreize würden da durch ein unge-bündeltes Resale völlig aufgehoben. In diese Aussagepasst nicht hinein, dass die Deutsche Telekom im Mo-ment gerade im Bereich der Breitbandangebote ein Re-sale-Angebot für Wettbewerber vorlegt. Dort, wo sie die-se Milliarden-Investition getätigt hat, bietet sie heute einResale-Angebot an und versucht hier, eine Lösung imMarkt zu finden. Für mich ist nicht nachvollziehbar, wiedas strategisch zusammenpassen soll und vielleicht nochder Hinweis, dass auch die Deutsche Telekom noch voracht Monaten eine Veredelungspflicht gefordert hat.Vorsitzender Dr. Wend: Herr Dr. Langenhorst, nunmachen Sie es mir ein bisschen schwer. Es ist nicht dieAufgabe, dass sozusagen die Firmen/Unternehmen ihreInteressen untereinander diskutieren, sondern meine Bitteist, sehr genau auf die Fragen der Abgeordneten zu ant-worten, denn sonst kommen auch die Politiker in Versu-chung, miteinander zu streiten und das wird dann gefähr-lich.

Page 10: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

798

Sachverständiger Dr. Langenhorst (Tele 2 Telecom-munications Services): Ich gehe dann wieder zurück aufden zweiten Teil der Frage der Entgeltregulierung beimResale. Es ist auch von Herrn Kurth an dieser Stelleschon gesagt worden. Es sind zwei wesentliche Problemedrin. Der letzte Satz in § 28 Abs. 6 mit der Untergrenzefür den Abschlag, dass die Kosten nicht unter den Kostender effizienten Leistungsbereitstellung liegen dürfen,führt in der Hinsicht einzig dazu, dass hier die DeutscheTelekom in dem Moment geschützt würde, wo sie einmissbräuchliches Endkundenentgelt festsetzt. Solch ei-nen Schutzmechanismus darf es meines oder unseres Er-achtens im Gesetz nicht geben.Das zweite Problem ist, was Herr Kurth gesagt hatte, dieVervielfältigung von Prüfungsmaßstäben. Eine Regulie-rung würde an dieser Stelle quasi doppelt bis dreifachbelastet werden und bis sich am Ende die entsprechendenGerichte damit befasst haben, zu endlosen Rechtsstrei-tigkeiten führen.Abgeordneter Tauss (SPD): Ich stehe gedanklich nochimmer unter dem originellen Hinweis der EU-Kommission, dass sie sich nicht in nationale Gesetzge-bungsvorhaben einmischt. Die kühnen Visionen, die beimir durcheinanderwirbeln, muss ich jetzt sortieren. Des-wegen jetzt nicht die Frage an die EU-Kommission, son-dern an die europäischen Netzbetreiber oder breko, wiesie diese Resale-Ausgestaltungen einschätzen, also gera-de unter dem Gesichtspunkt der europäischen Entwick-lung. Stichworte: Finnland, Dänemark oder Italien. Dawäre ich dann auch interessiert, unter diesem Gesichts-punkt etwas zu hören.Sachverständiger Lüddemann (Bundesverband der re-gionale und lokalen Telekommunikationsgesellschaftene.V. breko): Zur europäischen Dimension des Problems -Herr Langeheine hat sich ja bewusst sehr vorsichtig aus-gedrückt in seinem Eingangsstatement - hat dieser ge-sagt, es kann ein positiver Beitrag sein. In der Tat, glaubeich, sieht auch die Kommission die Ambivalenz, die Re-sale haben kann, sehr deutlich und hat in einem entspre-chenden Konsultationsdokument der nationalen Regulie-rungsbehörde mit der Kommission ja auch darauf hinge-wiesen, dass Resale durchaus, je nach Mitgliedsstaat,unterschiedliche Wirkung auf die Wettbewerbsentwick-lung haben kann und auch dort, wo ein ausgeprägter In-frastrukturwettbewerb schon vorliegen kann, sehr vor-sichtig eingepasst werden muss, um diesen Infrastruk-turwettbewerb nicht zu gefährden. Herr Monti seinerseitshat in einer Veranstaltung Ende Januar ausdrücklich dar-auf hingewiesen, dass die Kommission eine gewissenPräferenz für den Infrastrukturwettbewerb als Ziel derRegulierung hegt. Wir müssen in unterschiedlichen Mit-gliedsstaaten unterschiedliche Gegebenheiten zur Kennt-nis nehmen und da entsprechend individuell den Regulie-rungsrahmen anpassen.

Wenn wir uns in Deutschland die Resale-Debatte an-schauen, so ist das ein Thema, das nicht in einem luftlee-ren Raum stattfindet. Wir haben unterschiedliche Wett-bewerbsmodelle am Markt und haben unterschiedlich re-gulierte Vorbedingungen für die unterschiedlichen Wett-bewerbe am Markt. Wir haben die Telekom auf der einenSeite, die ein bestimmtes Preisniveau bei den Endkundenhat. Wir haben Verbindungsnetzbetreiber, die die Instru-mente „call by call/Preselection“ nutzen können und wirhaben die Teilnehmernetzbetreiber in Deutschland, dieüber den entbündelten Teilnehmeranschluss regional

weitgehend differenzierte Netze aufgebaut haben undeben im Wettbewerb Endkundenanschlüsse anbieten. Fürjeden dieser Wettbewerber gibt es bestimmte reguliertePreise. Für die Telekom gibt es noch die Endkunden-preisregulierung, die nach dem Gesetzentwurf mögli-cherweise wegfallen kann. Es gibt für die Verbindungs-netzbetreiber die Interconnectionsgebühren und für dieTeilnehmernetzbetreiber eben die Entgelte für den ent-bündelten Teilnehmeranschluss.

Wenn wir jetzt sagen, wir führen hier einfach Resale ein,was bedeutet das? Herr Kurth sagte vorhin, er brauchtnur einen Maßstab. Aber wenn er nur einen Maßstabnimmt, so kommt er auf alle Fälle in ein Regulierungs-dilemma, wo der Entwurf keine Antwort darauf hat. Ichnehme mal den Maßstab Kosten Retail-minus, also End-kundenpreis minus. Wenn er diesen Maßstab auf die Te-lekomprodukte anlegt, so führt das dazu, dass eine Preis-kostenschere im Verhältnis zum Zugang zur entbündeltenTeilnehmeranschlussleitung auftreten wird. Das ist defacto so und nicht zu ändern. Das bedeutet, dass in die-sem Moment, wo auf diesem Maßstab ein Resale-Produkt im deutschen Markt implementiert wird, jegli-cher Anreiz, in Infrastrukturen zu investieren, verlorengeht. Diese Preiskostenschere ist einfach da und nichtwegzudiskutieren. Auf der anderen Seite bedeutet es, wasder Eine oder Andere sieht, wenn er die kosteneffizientenLeistungsbereitstellungen zugrunde legt und von demTeilpreis ausgeht, dass ein Resale-Produkt über den End-kundenpreisen der Deutschen Telekom liegen wird. Dasbedeutet, ein Resale-Modell wird es im deutschen Marktde facto nicht geben können. Darauf weiß die Regulie-rungsbehörde bis heute keine Antwort, darauf weiß derGesetzentwurf des Gesetzgebers keine Antwort und dasist das Problem, was sich hinter dem Stichwort des kon-sistenten Entgeltkonzeptes verbirgt.

Wir können nur feststellen, wenn wir heute im deutschenMarkt ein tragfähiges Resale-Modell einführen wollen,dann müssten wir einen Retail-minus Ansatz wählen. Dasbedeutet, wir verhindern Infrastrukturinvestitionen. Dieeinzige Lösung, aus diesem Problem unseres Erachtensherauszukommen, wäre die, dass man für alle Produkteeinen einheitlichen Entgeltbemessungsmaßstab nimmt,also entweder KeL (Kosten der effizienten Leistungsbe-reitstellung) oder Retail-minus für alle Produkte, sowohlResale-Produkte als auch für Vorleistungsprodukte. Daswürde, um ein anderes Tabu der deutschen Regulie-rungspraxis heranzuziehen, bedeuten, dass Resale imdeutschen Markt nur eingeführt werden könnte, wenn imgleichen Zug oder vorausgehend der Preis für den ent-bündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung mas-siv gesenkt würde. Das ist sozusagen conditio sine quanon für den Resale-Ansatz und dann könnte auch brekowahrscheinlich damit leben. Aber wir sehen keinen An-haltspunkt bei der Regulierungsbehörde, dass der Weggegangen wird und wir sehen auch im vorliegenden Ge-setzentwurf noch keine Regelung, die diesen Weg er-möglicht.

Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich willgleich daran anknüpfen an dem, was Sie Herr Lüdde-mann, zum konsistenten Endregulierungskonzept sagten,und die Frage, wie es möglich wäre, es wirklich zu schaf-fen, Infrastrukturwettbewerb und Dienstewettbewerbauch mit Resale zu einer fairen Balance zu bekommen.Deshalb geht meine Frage zu dem Bereich an Sie, HerrGrützner vom VATM. Vor dem Hintergrund dessen, was

Page 11: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

799

Herr Lüddemann sagte, das Konsistenzgebot ist im Ge-setz aufgeführt, der Bundesrat hat hier eine weitergehen-de Prüfung zur Konkretisierung vorgeschlagen. Das istvon der Bundesregierung abgelehnt worden. Wie stelltsich aus Ihrer Sicht die Forderung von Herrn Lüddemanndar und wäre es sinnvoll, dieses Konsistenzgebot im Ge-setz weiter zu konkretisieren oder das doch der Ausge-staltung der Regulierungsbehörde zu überlassen?Sachverständiger Grützner (Verband der Anbieter vonTelekommunikations- und Mehrwertdiensterufnummerne.V. VATM): Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. FrauDr. Krogmann, es ist sicherlich als erste Antwort aus un-serer Sicht weitgehend dem Regulierer zu überlassen,wie er hier vorgehen sollte. Aus unserer Sicht, ebensowie aus Sicht des breko, ist aber darauf hinzuweisen,dass die Investitionen von Unternehmen Berücksichti-gung finden müssten. Das sind aber nicht nur die Investi-tionen, die hier z. B. City-Carrier geleistet haben, son-dern auch Investitionen, die andere Unternehmen wieTele 2 und andere geleistet haben, die nämlich im Hin-blick darauf anders als in Europa bis zu 475 Punkten ihrNetz ausgebaut haben, dort wo sich ein weitergehenderwirtschaftlicher Ausbau nicht lohnt. Hier hat Herr Kurthganz richtig darauf hingewiesen, dass hier, um flächen-deckende Angebote für alle Bürger zu erhalten, auch an-dere Konzepte greifen müssen. Die Lösung des Problemsist nicht so trivial. Auch hier hat Herr Lüddemann daraufhingewiesen, dass wir eine Kostenpreisschere jahrelangin Deutschland hatten. Aus unserer Sicht ist diese Ko-stenpreisschere noch nicht durch die jetzt vorliegendePreisgestaltung seitens des Regulierers abgestellt. Hier istimmer noch eine nachteilige Verschiebung zu Lasten derWettbewerber vorhanden. Auch aus unserer Sicht wäredeswegen eine deutliche weitere Absenkung, so wie wirdies seit Jahren auch gefordert und auch vorgerechnethaben, der richtige Weg, um hier in einem ersten Schritterst einmal die Kostenpreisschere zu beseitigen. Dann hatein Resale-Modell ganz richtig, so wie es die EU fordert,seine Berechtigung in Deutschland.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Auch wenn es mich jetzt reizen würde, bei diesem The-ma weiter nachzufragen, möchte ich mit Blick auf dieUhr das Thema noch einmal wechseln und würde auchHerrn Grützner vom VATM nach den Sanktionsregelun-gen fragen: Bisher ist es ja so, dass im Gesetz nur einBußgeld bis zur Höhe des wirtschaftlichen Vorteils auf-gelegt werden kann. Sehen Sie das als ausreichend an?Sachverständiger Grützner (Verband der Anbieter vonTelekommunikations- und Mehrwertdiensterufnummerne.V. VATM): Ich glaube, dass wir bei der Frage derSanktionen einen Gesamtblick auf die Sanktionsmög-lichkeiten wenden müssen. Es geht hier nicht darum, dasswir uns um 100.000 Euro rauf oder runter rechnen. Esgeht uns auch in keinster Weise darum, dass die Deut-sche Telekom mit höheren oder niederen Sanktionen be-lastet werden soll. Es geht ausschließlich darum, mit ei-nem möglichst klaren und auch bedrohlichen Szenariodas marktbeherrschende Unternehmen dazu zu bewegen,dass es genau zur Anwendung dieser Sanktion nichtkommt. Dies bedeutet, dass diese Sanktion in der richti-gen Höhe und an der richtigen Stelle greifen muss. Dierichtige Höhe ist nur eine der Möglichkeiten. Hier habenwir uns für höhere Sanktionen, als bisher im Gesetzent-wurf vorgesehen sind, ausgesprochen. Insbesonderewichtig ist aber der Zeitpunkt, zu dem Sanktionen grei-fen. Wir haben hier eine Forderung aufgestellt, die aus

unserer Sicht insbesondere geeignet ist, Regulierungsver-fahren von vornherein obsolet zu machen, nämlich, dassüber eine sogenannte Mehrerlösabschöpfung in den Fäl-len, in denen die Deutsche Telekom marktmissbräuchlichvorgeht und auch vom Regulierer angekündigt wird, dasshier der Verdacht eines Missbrauchs besteht, bereits zudiesem Zeitpunkt eine Entscheidung getroffen wird, obsie auf einen Missbrauch verzichtet oder ob ein Regulie-rungsverfahren überhaupt aufgenommen wird. Das ist einviel wichtigerer Punkt, als sich hier um ein paar Eurorauf oder unter zu streiten. Wir wollen Regulierungsver-fahren vermeiden und wir wollen Missbräuche von vorn-herein vermeiden. Deswegen sollte man die Sanktionenmöglichst klar, präzise und zum richtigen Zeitpunkt set-zen.Abgeordneter Otto (Frankfurt) (FDP): Herr DirektorLangeheine, wir alle haben mit großem Amüsement zurKenntnis genommen, dass Sie sich in innerstaatliche Ge-setzgebungsprozesse nicht einmischen wollen. Sie sindaber hier geladen worden und Sie haben auch eine Stel-lungnahme abgegeben. Ich kann mir nicht vorstellen,dass es im Interesse der EU-Kommission wäre, wenn wirhier Gesetze verabschiedeten, die mit der Rahmenrichtli-nie nicht im Einklang sind. Wegen Ihrer schwierigen Si-tuation will ich Sie sehr präzise fragen: In Ihrem Papier,das Sie uns heute vorgelegt haben, ist ein Satz enthalten,der heißt wörtlich, auf Seite 2 unten und 3 oben: EinePrüfung, ob Unternehmen mit beträchtlicher Marktmachtauch auf weiteren Märkten marktbeherrschend sind, istals Voraussetzung für eine Entgeltregulierung im EU-Rechtsrahmen nicht vorgesehen. Präzise Frage, Herr Di-rektor Langeheine: Verstehe ich Ihren Hinweis richtig,dass die Schwelle der doppelten Marktbeherrschung in §28 Abs. 4 Satz 2 des Entwurfes nicht übereinstimmt mitArtikel 16 der Rahmenrichtlinie? Habe ich Ihren Hinweisrichtig verstanden?Sachverständiger Generaldirektor Langeheine (EU-Kommission): Es ist in der Tat so, dass der Artikel 16 derRahmenrichtlinie lediglich vorsieht, dass Marktbeherr-schung auf dem untersuchten Markt festgestellt wird undwenn Marktbeherrschung auf einem anderen Markt fest-gestellt wird, dann hat die Regulierungsbehörde ihre ei-genen Maßnahmen zu ergreifen. Das Eingreifen wirdnicht davon abhängig gemacht, dass auf anderen MärktenMarktbeherrschung besteht. Es wäre meiner Ansichtnach auch missverständlich, wenn man so weit gehenwürde. Denn es ist nicht immer klar, um welche Endkun-denmärkte es sich handelt, insbesondere dann, wenn dieZugangsleistungen benutzt werden können, um verschie-den Endkundenmärkte zu erreichen. Es ist also in der Tatso, dass im europäischen Recht alleine die markbeherr-schende Stellung auf dem untersuchten Markt entschei-dend ist. Ich bin noch einmal dankbar für den Hinweis,dass die EU-Kommission heute hier vertreten ist, weil sieeingeladen worden ist. Natürlich beobachtet die EU-Kommission aufmerksam die Gesetzgebungstätigkeitenin den Mitgliedsstaaten und sie ist auch in einem ständi-gen Dialog z. B. mit den Ministerien, die Gesetze entwer-fen. Das halten wir auch für ganz legitim und natürlichsoll es so sein, dass etwaige Bedenken soweit wie mög-lich im Vorfeld ausgeräumt werden. Aber trotzdem ist esso, dass natürlich vor einem Parlament die Kommissionmit der gebotenen Zurückhaltung agieren muss. Ich dan-ke für Ihr Verständnis und auch für das Verständnis vonHerrn Tauss, dass ich anfangs dieses kleine Statement,diese kleine Einschränkung hier gemacht habe.

Page 12: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

800

Abgeordneter Heil (SPD): Ich habe Verständnis dafür.Allerdings haben andere Vertreter Ihrer Institution auföffentlichen Veranstaltungen nicht so viel Zurückhaltunggehabt. Insofern lade ich Sie herzlich ein. Dann könnenwir auch offen miteinander umgehen. Es ist die Frage, obwir die EU-Kommission zukünftig einladen. Sie sindnatürlich Verfahrensbeteiligte. Das ist für uns grenzwer-tig. Darüber müssen wir uns mal unterhalten.Vorsitzender Dr. Wend: Wollen wir jetzt das ThemaEU als erörtert betrachten? Ok.Abgeordneter Heil (SPD): Wir wollen die Rollen ver-tauschen. Die CDU fragt immer die Diensteanbieter unddie SPD die Infrastruktur. Meine Frage an Herrn Wagnervon debitel. Herr Dr. Heinacher von der Telekom hatvorhin etwas unmissverständlich klar gemacht, dass be-stimmte Investitionen in Dienste, die die Telekom offen-sichtlich vorhat, nicht stattfinden würden, wenn wir beiResale die jetzige Vorlage so durch das Parlament win-ken würden. Was ist denn als Diensteanbieter Ihre Posi-tion zu dem Thema? Könnten Sie das, was die Telekomnicht macht, substituieren oder wie sehen Sie die Resale-Problematik?Sachverständiger Wagner (debitel): Zunächst einmal,ich sehe die Grenzkante zwischen Resale und Dienstean-gebot relativ fließend, und das macht es gerade soschwierig, die Sachen abzugrenzen. Denn es wird auf dereinen Seite gesagt, der reine Wiederverkauf ist keineVeredelungsleistung. Wenn Sie es auf eigene Rechnungund im eigenen Namen machen, wie es Herr Kurth ge-sagt hat, ist schon eine heftige Veredelungsleistung mitdabei. Hier ist ein fließender Übergang, und wenn mannach der Bekreisung geht, dass man auf der Retail-minus-Basis aufsetzt, misst man gerade, was ist dieWertschöpfung, die derjenige, der den Wiederverkaufmacht, dem, der den Wiederverkauf ermöglicht, ab-nimmt. Auf der Basis ermittelt man, was hat eigentlichder damit gespart? Da kann ich nur aus dem Mobilfunkberichten, da war der Ansatz ursprünglich auch im Sinneder Telekommunikationsdienstleistung ein Resale-Ansatz, der dann von den Diensteanbietern veredelt wur-de. Hier ist es sicherlich so, dass das, was an indirektemVertrieb von den Diensteanbietern geleistet wird, kosten-günstiger gemacht wird, als wenn es der Betreiber selbstmacht. Das ist erst einmal verblüffend, hat aber etwas mitder Bündelung zu tun, die Diensteanbieter über mehrereNetzbetreiber zu einem Händler beispielsweise machen.Von daher kann ich es nicht nachvollziehen, wenn dasResale in der Form ohne eine zusätzliche Veredelungs-leistung oder Herausbrechen von einzelnen Themenkommen sollte, dass dann die Investitionen massiv in dieKnie gehen sollten.Zu dem, was Herr Lüddemann gesagt hat, das kann ichnur als nicht existente Harmonisierung in den Entgeltensehen, denn da passt sicherlich die Diskrepanz zwischender Teilnehmeranschlussleitung und dem, was dann anResale kommen würde, nicht zueinander, und dass dasdann natürlich schädlich für die Infrastukturinvestitions-vertreiber ist, ist selbstverständlich. Aber da muss dieKonsistenz des Entgeltansatzes her.Abgeordneter Funke (FDP): Ich habe eine Frage zu derKapitalverzinsung. Was ist eine angemessene Kapital-verzinsung? Wäre z. B. der durchschnittliche Kapital-marktzinsfuß oder ein Unternehmenszinsfuß, den mandann auch definieren müsste, angemessen? Und wie istdieses im europäischen Ausland geregelt?

Sachverständiger Prof. Dr. h. c. Hellwig (Monopol-kommission): Vielen Dank. Die Monopolkommission hatsich zu diesem Thema grundsätzlich in ihrem Sondergut-achten im letzten Dezember geäußert und sie wird auchin diesem Punkt im Kontext der jetzigen Novellierungerneut Stellung nehmen. Zum Ersten: Eine angemesseneKapitalverzinsung muss den Kapitalkosten des Unter-nehmens Rechnung tragen. Das sind sowohl die reinenKapitalkosten im Sinne der Zeitkosten, der Opportuni-tätskosten alternativer Anlagen über die Zeit. Es sindgleichzeitig die Risikokosten. Kritische Fragen ergebensich im Hinblick auf die Bemessung der Risikokosten.Hier hat die Monopolkommission vorgeschlagen, auf diespezifischen Risiken der betreffenden Anlagen abzustel-len, nicht aber auf das Gesamtrisiko des Unternehmensoder der betreffenden Unternehmensbereiche. Das istinsbesondere auch deshalb von Bedeutung, weil typi-scherweise das Risiko im regulierten Bereich deutlichniedriger ist als das Risiko in den nicht regulierten Berei-chen. Und es wäre unangemessen, den regulierten Be-reich Risikokosten von anderen Abenteuern tragen zulassen.

Ein zweiter Fragenkomplex betrifft den Komplex desUmgangs mit den Steuern. Hier stehen nach Auffassungder Monopolkommission die sowohl von der RegTP alsauch von anderen Regulierungsbehörden angewandtenVerfahren nicht ganz im Einklang mit den zugrundelie-genden theoretischen Modellen des Kapitalmarkts undder Bewertung von Risiken im Kapitalmarkt. In der Sa-che glauben wir allerdings, dass alle diese Punkte auf derEbene der Regulierungspraxis und nicht auf der Ebenedes Gesetzes zu regeln sind. Detailregelungen des Typs,wie sie in § 29 Abs. 4 vorgesehen sind, sind nach Auffas-sung der Monopolkommission problematisch, weil sieerstens vage sind, nicht klar ist, was sie operational zubedeuten haben und sie möglicherweise auch wider-sprüchlich sind. Wenn in Nr. 4 dieser Liste die durch-schnittliche kapitalmarktübliche Verzinsung vergleichba-rer Anbieter in den anderen Mitgliedstaaten in der Euro-päischen Union genannt wird, muss man berücksichtigen,dass die kapitalmarktübliche Verzinsung in Großbritan-nien mit der autonomen Geldpolitik der Bank of Englandhat zu tun. Die kapitalmarktübliche Verzinsung für mei-netwegen France Telecom hat zu tun mit spezifischen Ri-siken, die France Telecom eingehen mag. Das hat nichtsmit Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung derDeutschen Telekom in Deutschland zu tun. Hier sehenwir das Potenzial eines Widerspruchs zu den eigentlichenKriterien, dessen was im Gesetz für die Entgeltregulie-rung vorgenommen wird.

Abgeordnete Wöhrl (CDU/CSU): Eine Frage an dieRegulierungsbehörde, und zwar bezüglich Zugangsver-pflichtungen und zur Systematik von § 18, § 19. Sind ausSicht der Regulierungsbehörde die Vorschriften zur Auf-erlegung von Zugangsverpflichtungen aus diesen beidenParagrafen, nämlich aus § 18 und 19, hinreichend klar,wie sehen Sie die Wechselwirkung auch zwischen diesenbeiden Paragrafen (§ 18 und 19) und sehen Sie hier nocheinen Klarstellungsbedarf?

Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Zunächst einmal ist klar, dassdie Systematik im Grunde genommen richtig ist, dassman Nichtmarktbeherrschern, die nur über den End- zuEndverbund überhaupt in den Bereich der Regulierungs-behörde fallen, unterscheidet von Marktbeherrschern.

Page 13: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

801

Das entspricht dem Grundkonzept der asymmetrischenRegulierung, und das ist durchaus richtig. Wir sind inso-weit mit dieser Grundsystematik durchaus einverstanden.Es ist allerdings so, dass wir gerade in letzter Zeit ver-mehrt offene Fragen haben bei der Frage, mit welchemMaßstab nicht marktbeherrschende Unternehmen regu-liert werden sollen. Es gab im Übrigen auch im vergan-genen Jahr eine breite Diskussion, dass gerade die ange-sprochenen City-Carrier inzwischen im Bereich der Zu-sammenschaltung höhere Entgelte verlangen als dieDeutsche Telekom. Seit 1998 hatten wir die Situation,dass beide Seiten symmetrische Entgelte hatten. Jetztsind wir mit einer Situation konfrontiert, dass dortasymmetrische Entgelte zum Teil bis zum Siebenfachendessen verlangt worden sind, was die Telekom erhaltenhat. Wir haben versucht - ich will Ihnen das einmal prak-tisch schildern -, einen Kompromiss zu finden, so ein fa-cing-out-Modell, und haben einen Zuschlag von 0,5 Eu-rocent gewährt für die marktbeherrschenden kleinerenUnternehmen, allerdings mit der klaren Aussage, dass sieüber eine Zeitschiene dann doch wieder die gleiche Effi-zienz wie die Telekom erreichen müssen.Gerade kürzlich - und das habe ich auch in unsererschriftlichen Stellungnahme dargelegt - wurde allerdingsvom Verwaltungsgericht Köln ein solches Modell „we-gen mangelnder Bestimmtheit der Rechtsgrundlage“durch einen Beschluss aufgehoben. Wir haben zwar imMoment noch nicht das neue Gesetz, aber wir haben ver-sucht, im Vorgriff auf die Richtlinien der EU diese gera-de auf diese Situation bei Nichtmarktbeherrschern anzu-wenden. Wenn Sie so wollen, dann müssten Sie sich den§ 18 nochmals ansehen. Da steht im § 3 bei den Nicht-marktbeherrschern, dass die Maßnahmen nach Abs. 1 -auch Zugangsverpflichtungen und da gibt es Verweiseauf Entgeltmaßstäbe - objektiv transparent und nicht dis-kriminierend sein müssen. Das sind die Kriterien, die wirdort vorgegeben haben. Aber im gerichtlichen Prozesskann es durchaus bedeuten, dass diese Kriterien nichthinreichend bestimmt sind. Wir würden uns hier wün-schen, dass klarer im Gesetz herausgestellt wird, dassdas, was ich eben geschildert habe, nämlich, dass wirauch vermittelnde Modelle entsprechend der EU-Richtlinien durchführen können, im Gesetz seine Stützefindet.Das gilt im Übrigen in gewisser Weise auch für denSektor des Mobilfunks, den Herr Langeheine schon ein-mal gestreift hat, unabhängig von dieser Frage der recht-lichen Qualität des Arguments der Doppelmarktbeherr-schung. Wir würden uns hier generell wünschen, dass sogenannte Elemente einer Softregulierung, die die Richtli-nien übrigens vorsehen, dann für derartige Konstellatio-nen in Deutschland auch zur Verfügung stehen. Ich willIhnen das konkret nennen: Es geht z. B. darum, ob wirdann wirklich über Querverweise nicht auch bei Nicht-marktbeherrschern oder bei Unternehmen, die nicht ausder Monopolzeit stammen, sondern die im Wettbewerbschon ihre Tätigkeit aufgenommen haben, z. B. mitGleitpfaden, mit Abschlägen oder mit anderen Elementenarbeiten können. Die EU-Richtlinien sehen das Transpa-renzgebot oder andere Dinge vor. Wir würden uns hierwünschen - und haben auch dazu Vorschläge gemacht -,dass man insoweit der Regulierungsbehörde im Gesetzein weiteres Ermessen oder einen Beurteilungsspielraumeinräumt, der dann eine gewisse Sicherheit, auch eineRechtssicherheit vor Gericht durch die Ermächtigungs-grundlage für uns bringt.

Ich habe Ihnen dieses aktuelle Beispiel des VG Köln ge-rade genannt, weil diese Rechtssicherheit durch die offe-ne Formulierung jedenfalls der jetzigen Regelungen zurEntgeltregulierung bei Nichtmarktbeherrschern in Zwei-fel gezogen wird. Wir haben hier aktuellen Anlass, einepräzisere Erwartungshaltung an den Gesetzgeber zu ha-ben, was bezüglich der Entgeltregulierung bei Nicht-marktbeherrschern geschehen soll. Es gibt nämlich eineharte Position, die sagt, dass die gleichen Maßstäbe gel-ten sollen, das heißt, auch die nicht marktbeherrschendenUnternehmen sollen von Anfang an nach Kosten der effi-zienten Leistungsbereitstellung reguliert werden. Das wä-re sowohl für die Situation des Mobilfunks als auch fürdie Situation der kleineren City-Carrier unserer Auffas-sung nach nicht angemessen.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Mich hat dasThema Resale und auch EU noch nicht ganz losgelassen,deswegen noch einmal eine Frage an den Vertreter derEU-Kommission. Wir wissen, dass es in verschiedenenMitgliedsländern schon Resale seit längerem gibt undzum Teil jetzt auch schon in Umsetzung der neuenRichtlinien Resale dort in den Gesetzen verankert wor-den ist. Mich würde interessieren: Welche Erfahrungengibt es mit Resale und welche Ausgestaltungen von Re-sale gibt es in anderen Mitgliedsländern, z. B. in Finn-land, Dänemark und in Italien, wo wir vom Hörensagenwissen, dass so etwas gemacht worden ist. WelcheRückwirkungen auf die Infrastrukturentwicklung und denDienstewettbewerb sind dort zu beobachten?Sachverständiger Generaldirektor Langeheine (EU-Kommission): Es ist leider nicht möglich, hier in aus-führlicher Form auf die Situation in sämtlichen Mitglied-staaten einzugehen. Aber nach unseren Erfahrungen hatsich gezeigt, dass Resale-Angebote durchaus sinnvollund notwendig sind, dass sie eine wichtige Ergänzungzum Infrastruktur-Wettbewerb darstellen und dass sieauch einen wichtigen ersten Schritt darstellen, auf demspäterer Infrastruktur-Wettbewerb aufgebaut werdenkann. Was wichtig ist und was man zur Zeit auf europäi-scher Ebene diskutiert - wir sprechen darüber z. B. mitden europäischen Regulierungsbehörden - ist, dass maneine konsistente Entgeltregulierung einführt und dass ei-ne Regulierung auf die Art und Weise geschieht, dass derÜbergang von reinen Resale-Produkten zu Infrastruktur-Wettbewerb ermöglicht wird. Das ist etwas, das sowohlin diesem Bereich als auch in anderen Bereichen durch-aus zu berücksichtigen ist.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Darf ich maldazwischen fragen: Wie sieht denn diese Verbindungaus?Sachverständiger Generaldirektor Langeheine (EU-Kommission): Es gibt z. B. in den Niederlanden ein Bei-spiel, wonach bestimmte Zugangsprodukte mit einerzeitlichen Dynamik unterschiedlich preislich gestaltetwaren, so dass es gewisse Anreize für reine Dienstleistergab, im Laufe der Zeit weitere Infrastruktur-Elementehinzuzuführen und ihre Infrastruktur-Elemente weiterauszubauen. Das Problem neuer Wettbewerber ist oft,dass noch keine Kundenbasis besteht, die sich vom Um-fang und vom Geschäftsaufkommen her messen kann mitder Kundenbasis, die für historische Anbieter oftmals ge-geben ist. Insofern ist es wichtig, dass alle möglichenArten von Produkten, insbesondere Resale-Produkte, zurVerfügung stehen als Aufbaustein, um weiteren Infra-struktur-Wettbewerb zu schaffen.

Page 14: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

802

Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich möchtenoch einmal anknüpfen an den letzten Gedanken, denHerr Kurth gerade geäußert hat, und zwar die Frage derVerfügbarkeit des Regulierungsinstrumentariums undmöchte in diesem Zusammenhang eine Frage an Sie,Herr Pill von Vodafone, stellen. Aus meiner Sicht ist eswichtig, dass das gesamte von der EU vorgesehene In-strumentarium, diese berühmte Toolbox auch in den Er-messensspielraum der Regulierungsbehörde gestellt wird,um auch auf unterschiedliche nationale Gegebenheitenadäquat zu reagieren und flexibel zu reagieren. Sehen Siedie gesamte Verfügbarkeit im Gesetzentwurf der Bundes-regierung ausreichend berücksichtigt?Sachverständiger Dr. Pill (Vodafone D 2): In der Tatsind nach unserem Eindruck insoweit die Vorschriftenoder Regelungen der EU-Kommission, die europarechtli-chen Vorschriften nicht vollständig umgesetzt. Hier gibtes sehr viel mehr Spielraum für den nationalen Gesetzge-ber, der ausgeschöpft werden müsste. Es gibt im Momentnur eine Möglichkeit, nämlich die Kostenregulierung,während die EU auch andere Maßstäbe für die Regulie-rung, die vorgeschaltet sein können, vorsieht. Wir mei-nen, diesen Freiraum sollte der Gesetzgeber der Regulie-rungsbehörde geben, dass sie auch die Möglichkeit hat,beispielsweise das Transparentgebot oder die Gleichbe-handlungsverpflichtung und andere Maßnahmen vorzu-sehen, ehe sie zu einer Kostenregulierung kommt, unddies alles nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich möchte eine Frage zur Berechnung des Zinssatzesstellen. Das ist auch ein zentraler Punkt. Prof. Hellwighat ausgeführt, dass er der Meinung ist, dass das Aufgabeder Regulierungsbehörde sein sollte und im Gesetz des-wegen keine genaue Beschreibung erfolgen sollte. Aller-dings ist notwendig, dass der Gesetzgeber Kriterien vor-gibt. Meine Frage an Herrn Kurth: Bei der neuen TKG-Novelle sind zwei Kriterien, nämlich langfristige Rah-menbedingungen und Förderung von Wettbewerb, weg-gefallen. Halten Sie das für sachgemäß und glauben auchSie wie Prof. Hellwig, dass auch andere Beschreibungenwie Zinssatz wegfallen sollten?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Die Bemessung des richtigenZinssatzes bzw. der richtigen Verzinsung ist ein hoch-komplexes und kompliziertes Thema. Das hat Prof.Hellwig schon deutlich gemacht. Auch hier fangen wirnicht bei Null an, sondern wir haben zahlreiche Verfah-ren in den vergangen Jahren hierzu gehabt, auch ersteEntscheidungen z. B. des Verwaltungsgerichts Köln. Wirbemühen uns hier, eine Balance zu finden, übrigens auchdurch eine flexible Anwendung. Insoweit stimme ichHerrn Hellwig zu. Man muss der Regulierungsbehördedie Möglichkeit eröffnen, die unterschiedlichen Interes-sen auszutarieren. Im Übrigen ist in der Telekommuni-kation der Zinssatz, der den marktbeherrschenden Unter-nehmen gewährt wird, mit über 8 % weit auskömmlicherals das, was in der Energiewirtschaft im Moment disku-tiert wird, um hier nur mal einen Hinweis zu geben. In-soweit ist sogar das Ergebnis dieser Anwendung der bis-herigen Praxis meines Erachtens nach sehenswert. DieEnergieleute wären froh, wenn sie einen derartigen Zins-satz bekommen würden.Aber wieder zurück zur Frage von Frau Hustedt. Es sindin der Tat zwischen dem ersten Entwurf und dem jetztvorliegenden zwei Spiegelstriche herausgefallen, die ich

auch für richtig halte, und ich würde insoweit anregen,sie wieder aufzunehmen, nämlich die wettbewerblichenRahmenbedingungen im Hinblick auf die Förderung vonWettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten unddie langfristige Stabilität dieser Rahmenbedingungen.Herr Hellwig hat darauf hingewiesen, wenn Sie einen Ri-sikofaktor, egal nach welcher betriebswirtschaftlichenMethode, aufnehmen, ist dieser Risikofaktor immer sehrstark mit dem Aktienkurs des Unternehmens verbunden.Überlegen Sie sich einmal, allein wenn Sie die letztenJahre Revue passieren lassen, seit dem Börsengang wardie Aktie der Deutschen Telekom einmal bei Hundertund ging dann zeitweit in die Größenordnung Zehn, alsoum den Faktor Zehn, zurück. Das wäre z. B. über denBeta-Faktor in bestimmten Bereichen auf die Vorpro-duktpreise durchgeschlagen, die Wettbewerber zu zahlenhaben. Das würde gerade das, was der Gesetzgeber will,nämlich langfristige Planungssicherheit und Vorherseh-barkeit der Rahmenbedingungen, gefährden, denn dannwürden Vorproduktpreise entsprechend dem Aktienkursmehr oder weniger schwanken. Ich glaube, das wäre einegroße Gefahr.Der im ursprünglichen Entwurf vorgesehene Begriff derlangfristigen Stabilität ist nicht der einzige unbestimmteRechtsbegriff. Wenn der Gesetzgeber sich entscheidet,diesen Katalog unbestimmter Rechtsbegriffe zu lassen,dann würde ich es für sinnvoll halten, auch diesen mitaufzunehmen. Er entspricht im Übrigen auch dem Sach-und Streitstand, den wir im Bereich der Verzinsung beiden Gerichten haben, und unserer Meinung nach würdenun das Gewicht der unbestimmten Rechtsbegriffe in ei-ner nicht sachgerechten Weise verschoben, wenn mandiese langfristige Stabilität und auch die Wettbewerbs-förderung fallen lässt.Im Übrigen wäre auch eine Gefahr, was Herr Hellwigsagt - aber das ist hier nicht drin -, wenn man z. B. diffe-renzieren würde zwischen Unternehmensrisiken. Wir ha-ben im Moment - das ist die Position der Deutschen Te-lekom - die Position, dass das Unternehmen einen ein-heitlichen Risikozuschlag bekommt, dass auch Risiken,die im Auslandsgeschäft letzten Endes auf den Kursdurchschlagen, die Vorprodukte im Inlandsbereich beein-flussen. Wenn man das, was Herr Hellwig sagte, machenwollte, müsste man auch aufnehmen, dass man sagt, eskann hier eine differenzierte Risikobetrachtung bezüglicheines integrierten Unternehmens vorgenommen werden,was - Herr Hellwig - sicherlich schwierig ist, wenn mandifferenziert, denn das eine können Sie sozusagen amKursblatt in jeder Zeitung ablesen, das andere wiederumsetzt Auslegungsarbeit unsererseits voraus. Ich plädierenochmals - Frau Hustedt - für die Aufnahme dieser bei-den zusätzlichen Spiegelstriche und für eine gewisse Fle-xibilität der Regulierungsbehörde in diesem Bereich.Abgeordneter Dr. Krings (CDU/CSU): Ich möchtegleich bei Ihnen, Herr Kurth, bleiben. Thema: Resalenochmals in einer konkreten Variante. Der Gesetzent-wurf sieht in § 19 Abs. 2 eine nicht unwesentliche Ein-schränkung von Resale vor, und zwar auf Dienste nachden allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wie beurteilenSie diese Einschränkung vor allen Dingen im Hinblickauf zukünftige Innovationen?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Ich denke, die Einschränkungauf allgemeine Geschäftsbedingungen hat zunächst ein-mal ein Verfahrensproblem, denn Sie geben dann in ei-

Page 15: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

803

nem wichtigen Sektor - und Sie sehen, wie hier bereits inder Diskussion die Frage des Resales umstritten ist -praktisch dem marktbeherrschenden Unternehmen dieGelegenheit, durch Umdefinition der allgemeinen Ge-schäftsbedingungen auch jeweils die Geschäftspläne deranderen zu beeinflussen. Das ist quasi eine dynamischeVerweisung auf autonome Entscheidungen eines betrof-fenen Marktteilnehmers. Ich glaube, das ist etwas, waswir sehr kritisch sehen. Denn letzten Endes, wenn Sie ei-ne dynamische Verweisung haben, kann dann eine Seitedurch einseitige Veränderungen der allgemeinen Ge-schäftsbedingungen auch jeweils das ganze Resale-Umfeld verändern. Das ist - glaube ich - ein Punkt, dersehr kritisch zu sehen ist, im Übrigen auch, wenn mandem Resale - Herr Wagner hat das schon gesagt - gewis-se innovative Wirkungen beimisst. Dann ist es auch nichtsinnvoll, es immer an die Produkte der allgemeinen Ge-schäftsbedingungen zu koppeln, weil dann auch ein In-novationswettbewerb beeinträchtigt wird.Vielleicht ein Letztes in dem Zusammenhang: Es wirdimmer so getan, als wären die Produkte, die man im In-frastrukturbereich, im Resale-Bereich einkauft, immergleich. Mit einer Teilnehmeranschlussleistung könnenSie erheblich mehr machen als mit Sprachtelefonie oderdem Wiederverkauf von Anschlüssen. Einige werden so-gar Voice-over-IP oder derartige Dinge mit der An-schlussleitung machen. Sie können mit der Teilnehmer-anschlussleitung auch höherwertige Produkte rausholen.Deshalb ist in der Frage der Konsistenz, die hier mehr-fach schon eine Rolle gespielt hat, es nicht zielführend,wenn man eine Teilnehmeranschlussleitung und derenVorproduktpreis eins zu eins mit einem Resale-Produktvergleicht. Das eine Produkt gibt Ihnen viel mehr Mög-lichkeiten. Ich sehe deshalb auch nicht die Beeinträchti-gung des Geschäftsprodukts oder des Produkts Teilneh-meranschlussleitung. Im Gegenteil: Es läuft auch imletzten Jahr trotz weiterer Call-by-Call-Verpflichtungbesser denn je. Wir haben 400.000 Teilnehmer-Anschlussleitungen von der Telekom an Wettbewerbervermietet, so viel wie früher in drei Jahren, als wir damitangefangen haben. Man darf auch nicht Äpfel mit Birnenvergleichen. Darauf möchte ich Sie nochmals hinweisen.Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage geht an Prof.Picot. Das ist eine Stellschraube, wo es heikel bei derFrage Dienste- und Infrastrukturwettbewerb wird. Kön-nen Sie uns als jemand, der ein bisschen mehr Überblickhat und der vor allen Dingen den unterentwickelten Aus-bau von Breitbandinfrastruktur in Deutschland beklagt,auf die Sprünge helfen? Was wäre volkswirtschaftlich fürInvestitionen in dem Bereich das richtige Maß? Ist es ausIhrer Sicht in der jetzigen Formulierung getroffen, wasdie Möglichkeit des Resale betrifft oder tendieren Sieeher in die eine oder andere extreme Richtung, die hierauch angedeutet wurde?Sachverständiger Prof. Dr. Dr. h. c. Picot (UniversitätMünchen): In der Tat. Über Resale werden sich auch be-stimmte Zukunftsentwicklungen, die unser Land und un-sere Wirtschaft und die Gesellschaft brauchen, mit ent-scheiden. Natürlich nicht nur darüber, aber auch darüber,z. B. zur Frage, wie Vorleistungen, aber auch Endlei-stungen zur Verfügung gestellt werden für Dritte, diesich auf diesem Gebiet entwickeln wollen. Ich bin derMeinung, dass das Gesetz in diesem Punkt eine weitge-hende Ausgewogenheit enthält, allerdings der Punkt, derschon mehrfach angesprochen worden ist, nämlich der §28 Abs. 6 letzter Satz, hat schon zu kontroversen Ausfüh-

rungen hier geführt und meines Erachtens ist er Verwir-rung stiftend und nicht Klarheit schaffend. Es wird dieAufgabe des Regulierers sein, die Resale-Bepreisung sovorzunehmen, dass diese Balance, die zu Recht gefordertwird, zu den verschiedenen Wettbewerbselementen zu-stande kommt. Dazu bietet das Gesetz sehr wohl sehrklare Anhaltspunkte, nämlich sowohl in den Regulie-rungszielen als auch in dem Absatz 1 des § 19 wird derRegulierer aufgefordert, die entsprechenden innovations-bezogenen und investiven, aber auch infrastrukturbezo-genen Aspekte neben den anderen Wettbewerbsaspektenexplizit zu würdigen. Insofern ist auch die manchmal hierzum Ausdruck gekommene Befürchtung, dass mit derjetzigen Regelung des Gesetzes infrastrukturbezogeneInvestitionen benachteiligt werden können, meines Er-achtens nach nicht gerechtfertigt, wenn das Gesetz, sowie es hier entwickelt ist, angewandt wird. Da besteht ei-gentlich kein Zweifel, dass es so angewandt werdenkann. Denn entscheidend wird hinterher sein, welchePreise in einem konkreten Fall hier entsprechend aufer-legt werden.Um auf Ihre konkrete Frage zurückzukommen, was dieBreitbandzugänge betrifft, so muss man das in zweiRichtungen sehen. Einmal kann man sich vorstellen, dassman Breitbandzugang über Resale fördert, man kann esaber auch dadurch fördern, dass man einen Bitstream-Access ermöglicht, der den Internet-Service-Providernoder anderen Anbietern z. B. einen direkten Kundenzu-gang ermöglicht. Der Bitstream-Access wird auch nachder EU-Definition nicht als Resale definiert, sondern alsdie Möglichkeit, seitens neuer Wettbewerber bestimmteVorleistungen in Anspruch zu nehmen. Ich glaube, dasswir einen solchen Bitstream-Access auf jeden Fall brau-chen, um den Rückstand, den Deutschland im Bereichder Breitbandzugänge international hat, aufzuholen. Wirhaben zur Zeit nur den DSL-Zugang als wesentlichenBreitbandzugang und die Kabelnetze bieten hierzu nochsehr wenig, so dass wir das, was über die bestehendenKupferaderanschluss-Systeme möglich ist, auch durchDienstewettbewerb sowohl auf der Bitstream-Ebene alsauch auf der Resale-Ebene intensiv fördern müssen. Daskommt dem Incumbent zugute, denn der hat natürlichdadurch Einnahmen, weil er mehr Kunden erreichenkann und seine Vorleistung verkauft, und das kommt denneuen Wettbewerbern zugute. Das kommt aber vor allenDingen den Haushalten, den privaten Haushalten, denkleinen und mittleren Unternehmen zugute, denn derenWettbewerbs- und Entwicklungsfähigkeit wird ganz ent-scheidend davon abhängen, dass wir zu günstigen Bedin-gungen z. B. einen Always-on-Zugang zu den Datennet-zen bekommen, die das Verhalten nach aller Erfahrungim internationalen Bereich nachhaltig ändern und neueQualitäten einführen.Abgeordneter Meckelburg (CDU/CSU): Ich hätte eineFrage an Prof. Picot zum Verfahren der Marktregulierungder Eingriffsschwelle für die Regulierungsmaßnahmen.Nach der EU-Rahmenrichtlinie greift die Regulierungdann ein, wenn - so heißt es da - auf dem Markt keinwirksamer Wettbewerb herrscht. Im Gesetzentwurf heißtes dann, dass das Fehlen eines funktionsfähigen Wettbe-werbes gefordert ist. Halten Sie die Eingriffsschwelle imInteresse der Rechtssicherheit für die Unternehmen fürklar oder sehen Sie da noch Nachbesserungsbedarf?Sachverständiger Prof. Dr. Dr. h. c. Picot (UniversitätMünchen): Dieser Punkt, den Sie ansprechen, ist ver-schiedentlich in den Stellungnahmen auch in der Unter-

Page 16: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

804

lage, die uns heute von der EU zur Verfügung gestelltwurde, deutlich gemacht worden. Ich glaube, dass dieseDifferenzierung in funktionsfähigen und wirksamenWettbewerb im Gesetz mehr Unklarheit als Klarheitbringt. Es ist in der jetzigen Form sehr schwer verständ-lich, was damit eigentlich gemeint ist und wie es opera-tional gefasst werden kann. Demgegenüber bietet dieEU-Rahmenrichtlinie hier eine klare Leitlinie, ebenfallsdie entsprechenden Empfehlungen, wie diese Richtlinieauszufüllen ist. Hier werden die drei Kriterien genanntfür den möglichen Eingriff in den Markt, nämlich ob Zu-gangshindernisse strukturell bestehen, anhaltend beste-hen, ob eine fehlende Tendenz zu wirksamem Wettbe-werb als das prospektive dynamische Element festgestelltwerden kann und ob das Marktversagen, was hier in ei-nem speziellen Markt besteht, allein mit Hilfe des Wett-bewerbsrechts nicht reduziert werden kann. Wenn dasder Fall ist, dann ist der Regulierer aufgerufen, hier etwaszu tun. Das erscheint mir eine klare Sache zu sein, diedann auch europaweit entsprechende Anwendung findetund auch verständlich wird für alle, die sich damit be-schäftigen. Ich würde dafür plädieren, sehr viel stärkerund deutlicher in dem Gesetz zum Ausdruck zu bringen,dass das der entscheidende Ankerpunkt für Dinge ist, diehier nun einmal - for the time being - in bestimmtenMärkten noch zu regeln sind. Damit zusammenhängendwürde ich mich sehr dafür aussprechen, was mehrfachhier schon angesprochen worden ist, nämlich explizit dasgesamte Instrumentarium der EU-Richtlinien, vor allemder Zugangsrichtlinie, im Gesetz niederzulegen, alsoauch die Transparenz und die Gleichbehandlungsgebote,die jetzt nur explizit an verschiedenen Stellen angespro-chen werden.Abgeordneter Tauss (SPD): Ich hätte eigentlich dreiFragen. Meine Frage ginge, nachdem sich die Telekomsehr beeindruckend wie wohlwollend und polternd in denletzten Tagen zu Wort gemeldet hat, an Ihre europäi-schen Wettbewerber mal unter dem Gesichtspunkt des-sen, was Herr Picot auch gesagt hat und uns unter demThema „Bitstream-Zugang“ beschäftigt hat. Ich wollteeinfach noch mal nach § 2 fragen, Förderung von Inno-vation und Investition. Ist das, Herr Grünberg, beispiels-weise im Gesetz umgesetzt oder sehen Sie hier noch Pro-bleme und welche Probleme sehen Sie auch unter demGesichtspunkt dessen, was Sie in den letzten Tagen sei-tens Ihrer Wettbewerber gehört haben?Sachverständiger Grünberg (Initiative europäischerNetzbetreiber): Wir sehen eine Reihe von Umsetzungsde-fiziten, was das europäische Richtlinienpaket anbelangt,und zwar gehören darunter vornehmlich zunächst einmaldie Kriterien des funktionsfähigen Wettbewerbs und dieVorschrift der doppelten Marktbeherrschung des 28 Abs.4. Die Vorschrift oder das Kriterium des funktionsfähi-gen Wettbewerbs ist in den einschlägigen Richtlinienvor-schriften nicht vorgesehen. Das einzige Kriterium, wasdas EU-Paket vorsieht, ist der so genannte wirksameWettbewerb. Deshalb halten wir die Vorschrift, das Kri-terium im Entwurf für klar EU-rechtswidrig und forderneine entsprechende Anpassung.Das zweite Kriterium, was ebenfalls sehr kritisch ist, istdie doppelte Marktbeherrschung. Das europäische Richt-linienpaket sieht eine doppelte Marktbeherrschung füreine Vorabentgeltregulierung nicht vor. Aus diesemGrunde wäre auch diese Vorschrift ganz klar aus demGesetzentwurf zu streichen.

Abgeordneter Otto (FDP): Dürfte ich konkret nach In-vestitionen fragen, das interessiert mich ein bisschenmehr, alles andere habe ich schon Ihrer Stellungnahmeentnommen.Sachverständiger Grünberg (Initiative europäischerNetzbetreiber): Investitionen werden davon abhängen,dass klare rechtliche Vorgaben vorhanden sind. Wirbrauchen diese Planungssicherheit, um entsprechende In-vestitionen kalkulieren zu können. Solange solche In-strumente, ein klarer Zugangsanspruch zu einem Bit-streamzugangsprodukt, nicht im Gesetz festgelegt ist, wiees von den EU-Richtlinien gefordert wird, wird es sehrschwierig sein, entsprechende Investitionen zu rechtferti-gen. Das heißt, zunächst muss der Rechtsrahmen ge-schaffen werden, um Planungssicherheit und Rechtssi-cherheit zu verschaffen und dann erst können wir überentsprechende Investitionen entscheiden.Welche Auswirkungen es hat, wenn man einen unklarenRechtsrahmen hat, sehen wir bereits am Beispiel desStreites zwischen der finnischen-schwedischen Regulie-rungsbehörde und dem Artikel 7, Task-force. In demMoment, in dem das Umfeld nicht klar ist, werden Siekeine Investitionen oder Innovationen schaffen können.Abgeordneter Otto (FDP): Wenn ich den bisherigenVerlauf der Anhörung Revue passieren lasse, dann mussich schon feststellen, dass erhebliche Bedenken von sehrunterschiedlichen Seiten im Hinblick auf die EU-Konformität dieses Gesetzentwurfes geäußert werden.Ich habe in dem Zusammenhang noch eine Frage anHerrn Grünberg. Die Initiative europäischer Netzbetrei-ber ist wohl die Organisation, die die heftigsten Vorwür-fe, was die EU-Konformität angeht, gestellt hat. HerrGrünberg, Sie haben in Ihrer schriftlichen Stellungnahmeeinen Punkt aufgenommen, Antragsrechte einfügen, undhaben gesagt, für einen wirksamen Instrumententool istes erforderlich, dass die Wettbewerber auch Antrags-rechte eingeräumt bekommen, was sie bisher nicht ha-ben. Sind Sie denn der Auffassung, dass diese Antrags-rechte nicht nur aus Ihrer Sicht wünschenswert wären,sondern gibt es - dazu nehmen Sie, glaube ich, nichtStellung in Ihrem Papier - auch eine EU-rechtliche Ver-anlassung dafür, den Wettbewerbern Antragsrechte zurRegulierungsbehörde einzuräumen? Ja oder Nein.Vorsitzender Dr. Wend: Wir haben jetzt ein bisschendas Problem, unter 2. steht „Befugnisse und Struktur derRegulierungsbehörde“.Abgeordneter Otto (FDP): Es geht nicht um die Befu-gnisse der Regulierungsbehörde, sondern um die Befu-gnisse der Wettbewerber. Das ist meines Erachtens nachschon eine Frage der Wettbewerbsregulierung, ob ich denWettbewerbern Antragsrechte gebe, was dann die Regu-lierungsbehörde auch immer damit später macht.Vorsitzender Dr. Wend: Die Frage ging an HerrnGrünberg, so habe ich es verstanden, nicht zur Frage-kompetenz auf Seiten der Behörden, sondern inwieweitdie Antragsteller auch als Wettbewerber die Möglichkeithaben, dort entsprechend tätig zu werden.Sachverständiger Grünberg (Initiative europäischerNetzbetreiber): Natürlich sind die Antragsrechte essenti-ell. Sie sind im Moment nicht vorhanden. Sie sind aberauch wiederum in den europäischen Richtlinienpaketenzu finden, nämlich in Artikel 20 der Rahmenrichtlinie.Dort ist festgelegt, dass die Streitigkeiten zwischen Netz-

Page 17: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

805

betreibern - und darunter fallen u. a. auch Fragen derEntgeltregulierung - natürlich entsprechende Antrags-rechte der Wettbewerber oder der Unternehmen gegen-einander zur Folge haben. Auch hier gibt es ein ganz kla-res Umsetzungsdefizit bzw. eine Falschumsetzung durchdie Streichung im TKG-Entwurf.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Wir hattenin der Eingangsbesprechung kurz gesagt, dass wir immernach gewissen Themenblöcken fragen wollten, auch in-nerhalb der fünf Themenbereiche, die wir sowieso haben.Deshalb werde ich mich jetzt auch der Frage der An-tragsrechte anschließen. Antragsrechte der Wettbewerberhaben nichts mit der Struktur der Regulierungsbehördezu tun. Aber das ist in der Tat aus meiner Sicht ein zen-traler Knackpunkt. Antragsrechte waren im Referenten-entwurf noch in zwei Bereichen enthalten, sind dann imGesetzentwurf herausgefallen. Nach Durchsicht allerStellungnahmen ist dies auch ein Punkt, der wirklichkontrovers betrachtet wird. Auf der einen Seite wird vonden Gegnern immer eine mögliche Verfahrensflut insFeld geführt, was natürlich zu vermeiden ist, auf der an-deren Seite wird von den Wettbewerbern die Notwendig-keit solcher Nachtragsrechte vor allem im Rahmen dernachträglichen Entgeltregulierung und im Rahmen derMissbrauchsaufsicht genannt. Deshalb meine Frage zu-nächst ganz allgemein an Herrn Stöber von ARCOR.Können Sie uns nochmals deutlich machen, warum An-tragsrechte trotz der Fristen, die teilweise gesetzt undverschärft wurden, für die Regulierungsbehörde im Ver-fahren für Sie als Wettbewerber so wichtig sind?Sachverständiger Stöber (ARCOR): Die Antragsrechtesind für den Wettbewerber eigentlich deshalb von gro-ßem Nutzen, weil damit natürlich aktiv auch in Fällen,wo die Preiskostenschere z. B. nicht offensichtlich istoder wo Wettbewerb durch Einfluss auf einem Markt einanderer Markt wieder entsteht, für uns im Prinzip sonstkeine andere Reaktionsmöglichkeit mehr da ist. Sie ha-ben im Wettbewerb das Problem, wenn Entscheidungenvon einem Wettbewerber einmal gefallen sind, dass esnicht geht, die im Markt rückwärts wieder zurückzudre-hen. Das heißt, hier ist ein Beschleunigungsverfahrennotwendig. Das hat auch die Vergangenheit schon einpaar Mal gezeigt, wo Sachen, die einmal im Markt drinsind, nicht mehr wieder zurückgedreht werden können.Daher ist es existenziell für den Wettbewerber notwen-dig, hier ein Antragsrecht zu haben.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich wollte Herrn Kurth dazu fragen. Eigentlich hatte icheine andere Frage, aber ist es richtig, dass es Sinn macht,hier in eine Diskussion zu kommen. Deswegen zu dem-selben Thema die Regulierungsbehörde.

Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Sie alle sagen, wir müssen dieProzesse beschleunigen, wir müssen schneller zu Ergeb-nissen kommen. Man muss jetzt analysieren, inwieweitfehlende Antragsrechte denn bisher rein empirisch prak-tisch das Problem innerhalb der Regulierungspraxis wa-ren, weshalb bestimmte Prozesse nicht schnell zu Ergeb-nissen gekommen sind. Ich glaube - jedenfalls nach mei-ner Erfahrung in vier Jahren -, dass wir auch gerade inMissbrauchsbereichen nahezu allen Fällen nachgegangensind, auch letzten Endes auf Anregung der Wettbewer-ber. Mir sind recht wenige, eigentlich gar keine Fälle inErinnerung, bei denen wir nicht bestimmte Beschwerden,die an uns herangetragen worden sind, auch verfolgt

hätten. Das Problem sind eher - und darauf würde ich denSchwerpunkt legen - dann manchmal materielle Rechte,denn z. B. die Telekom ist im Bereich von Missbrauchs-verfahren formal jedenfalls immer den Auflagen unserer-seits nachgekommen, hat z. B. neue Angebote vorgelegt.Aber diese Angebote waren dann wieder verändert, dannmusste wieder verhandelt werden, wie z. B. in diesem be-rühmten Resale-Fall. Deshalb möchte ich den Schwer-punkt eher auf Mechanismen legen, die am Ende des Ta-ges uns einen Erfolg, auch einen kurzfristigen Erfolg ga-rantieren, z. B. das vorhin schon einmal angesprocheneKoppeln einer Bereitstellung von Vorprodukten mit einerRegulierung eines Endproduktes. Das ist ein pfiffigerMechanismus, der schnell zu einem Ergebnis führt, weilauch das marktbeherrschende Unternehmen schnell zueinem Endkundenprodukt kommen will. Da hätte maneinen Hebel in der Hand, mit dem man auch schnell Ei-nigung im Markt bewirken kann.

Ich will auf ein Zweites hinweisen: Das Antragsrecht al-leine bringt den Wettbewerbern auch nichts, wenn nach-her die materiellen Befugnisse jedenfalls nicht so sind,dass Anträge auch zum Erfolg führen können. Das sehenSie z. B. bei der ex-Post-Entgeltkontrolle. Da gibt es be-stimmte Vorschriften, da muss z. B. der Verstoß offen-kundig sein. Da wird sozusagen die Schwelle, um nach-her zum Erfolg zu kommen, durch so ein Wort wie of-fenkundig recht hoch gelegt. Auch kurze Verfahrensfri-sten, die dann die Regulierungsbehörde hat, oder Mög-lichkeiten, Kostenunterlagen anzufordern, die dort nichtvorhanden sind, erschweren dann letzten Endes, zumwirklichen Durchbruch zu kommen. Das heißt, ein An-tragsrecht allein ist ein formales Recht, das ins Leeregeht, wenn es abgewiesen werden muss. Das heißt, ichpersönlich könnte mit der Situation leben. Wir benötigenals Behörde diese Antragsrechte nicht, weil wir vonAmts wegen diese Dinge verfolgen. Wir benötigen aberein Entscheidungsinstrumentarium, das uns Erfolge dannauch in Missbrauchsfällen garantiert. Deshalb würde ichden Schwerpunkt - um es mal so zusammenzufassen,Frau Abgeordnete - in keinem Fall im Bereich der An-tragsrechte setzen, sondern im Bereich der materiellenRechte und dort würde ich der Behörde ein Instrumenta-rium geben, mit denen sie auch die Marktteilnehmerdann letzten Endes zu einer Einigung im Markt bringenkann.

Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich wolltenoch einmal nachfragen zu der Debatte über Märkte, undzwar Herrn Prof. Kirchner. Aus Ihrer Sicht: Halten Siedie bisherigen Bestimmungen im Gesetzentwurf, Stich-worte Marktbegriff, Marktabgrenzung, Teilmärkte, ins-besondere jetzt auch nochmals die Debatte um den wirk-samen Wettbewerb, wie die EU schreibt, und den funkti-onsfähigen Wettbewerb, wie er jetzt im Gesetzentwurfverankert ist, so für tragfähig und funktionsfähig, fürzielführend und EU-konform?

Sachverständiger Prof. Dr. Dr. Kirchner (Humboldt-Universität Berlin): Ich hatte schon beim Referentenent-wurf darauf hingewiesen, dass von Seiten der Richtlinienklare Vorgaben bezüglich des Begriffs des wirksamenWettbewerbs und der beträchtlichen Marktmacht existie-ren. Die Aufnahme des Begriffs funktionsfähiger Wett-bewerb ist nicht gedeckt von europäischem Recht. Ichwürde behaupten, dass er in der Form, in der in § 3 Nr.10 der funktionsfähige Wettbewerb definiert ist, mit eu-ropäischem Recht in Widerspruch steht, weil diese Defi-

Page 18: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

806

nition sehr breit, sehr unscharf ist und diese Definitionsozusagen eine Beweislastumkehr voraussetzt. Es heißtnämlich dort jetzt: „Funktionsfähiger Wettbewerb ist einWettbewerb, der bestimmte Funktionen produktiver unddynamische Funktionen effizient erfüllt und dabei so ab-gesichert ist, dass er auch nach Rückführung der wettbe-werbsgestaltenden Regulierung fortbesteht“. Das bedeu-tet, man muss sozusagen nachweisen, dass er nach Aus-laufen der Regulierung fortbesteht, wohingegen der An-satz im europäischen Recht genau umgekehrt ist. Dort,wo die Öffnung existiert, dort, wo zu erwarten ist, dasssich wirksamer Wettbewerb einstellt, ist die sektorspezi-fische Regulierung zurückzuführen. Von daher haben wires nicht nur mit einer unterschiedlichen Semantik zu tun,sondern mit inhaltlich unterschiedlichen Ansätzen. Ichbegrüße es deshalb sehr, Herr Dr. Langeheine, dass Sie inIhrer Stellungnahme heute richtig gestellt haben, dass dernationale Gesetzgeber an die Kriterien gebunden ist, diedurch den Richtlinienrahmen aufgestellt sind.

Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage geht in diesemZusammenhang an die Telekom. Mich würde Ihre Stel-lungnahme zum Wettbewerbsbegriff interessieren, dergerade angesprochen wurde. Was heißt es eigentlich ausIhrer Sicht - ganz praktisch? Dass das rechtlich so ist,wie Prof. Kirchner anführt, wagen wir gar nicht zu be-zweifeln, aber was heißt das lebenspraktisch für Regulie-rungsentscheidungen aus Ihrer Sicht, aus der Sicht IhresUnternehmens?

Sachverständiger Doll (Deutsche Telekom): Ich stimmezunächst einmal dem zu, was Prof. Kirchner gesagt hat.Auch wir halten es für problematisch, nicht dass auf na-tionaler Ebene nochmals anhand der Kriterien der EU-Kommission überprüft wird, ob es einen Regulierungs-bedarf gibt oder nicht, sondern dass es hier eine Abwei-chung der Kriterien gibt, wie sie die EU aufgestellt hatund wie sie jetzt in der Definition funktionsfähiger Wett-bewerb im Entwurf des Gesetzes aufgenommen ist. Ganzpraktisch sehen wir dabei Probleme insbesondere darin,dass künftig Abweichungen von der EU-Empfehlung derKommission vorgelegt werden müssen, und die EU-Kommission ihrerseits natürlich nur anhand der von ihraufgestellten Kriterien eine Überprüfung vornehmenkann, d. h., allein schon deswegen Probleme praktischerArt auftreten werden, wenn die nationalen Kriterien hiervon den nationalen Kriterien abweichen, die die EU auf-gestellt hat.

Darüber hinaus halten wir im Anschluss an das, wasProf. Picot gesagt hat, auch die Kriterien, wie die EU sieaufgenommen hat, für klarer und nachvollziehbarer alsdie Kriterien, wie sie jetzt im Gesetz aufgenommen wor-den sind. Hinzu kommt natürlich das, was Prof. Kirchnersagte, dass hier auch das Problem der Umkehr der Be-weislast damit verbunden ist. Insofern würden wir be-fürworten, dass der Begriff „funktionsfähiger Wettbe-werb“ im Gesetz bleibt, insbesondere im Hinblick auf dieÜberprüfung eines Regulierungsbedarfs, dieser Begriffaber dann so definiert werden soll, wie er in den Kriteri-en der EU-Kommission vorgesehen ist.

Abgeordneter Meckelburg (CDU/CSU): Ich nehmemit, dass ich feststelle, dieser Gesetzentwurf stimmt anvielen Stellen nicht so mit den Vorgaben der EU-Richtlinie überein. Ich würde jetzt einen Versuch ma-chen, Herrn Langeheine ins Gespräch zu bringen, ohnedass wir in diplomatischen Notenaustausch geraten. Zu

der Frage des funktionsfähigen Wettbewerbs hätte ich dieFrage, ob Sie nicht einmal hier mutig sagen können, dasszumindest das, was wir gerade als Letztes gehört haben,so definiert werden müsste, dass die Kriterien, die Sievorgeben, in der Richtlinie aufgegriffen werden und zueiner Klarheit für Europa zu kommen. Seien Sie mutig.

Vorsitzender Dr. Wend: Herr Langeheine, die CDU/CSU-Fraktion wünscht von Ihnen eine klare Positionie-rung gegen die Bundesregierung. Sie haben das Wort.

Sachverständiger Generaldirektor Langeheine (EU-Kommission): Ich kann nur sagen, mir tut es selbst Leid,dass ich hier nicht alles sagen kann, was vielleicht ange-bracht wäre. Aber lassen Sie mich kurz auf die Fragefunktionsfähiger Wettbewerb eingehen. Dieses Kriteriumist natürlich im Rechtsrahmen nicht vorgesehen, es istauch nicht klar definiert. Es werden im TKG-Entwurfbeide Begriffe nebeneinander benutzt, der funktionsfähi-ge Wettbewerb und der wirksame Wettbewerb. Der letzteBegriff ist natürlich klar bekannt und definiert im euro-päischen Recht. Da gibt es überhaupt keine Meinungs-verschiedenheit. Wir haben auch, was die Angemessen-heit der ex-ante-Regulierung betrifft, ausdrücklich nocheinmal drei Kriterien aufgestellt, die in der Empfehlungüber Produktmärkte genannt sind. Man hat den Eindruck,wenn man den Entwurf liest, dass hier das Ganze ver-kürzt wird auf ein Kriterium, nämlich die Frage, ob dieAnwendung des Wettbewerbsrechts alleine ausreicht. Esist sicherlich auch problematisch, dass diese Vorfrage ei-gentlich gar nicht ohne eingehende Marktanalyse geklärtwerden kann. Denn der Begriff des funktionsfähigenWettbewerbs ist, wie auch selbst im Entwurf festgestelltwird, nicht eindeutig definiert, d. h., die Marktanalyse istin jedem Fall erforderlich. Damit wird auch dann erfor-derlich, dass die Ergebnisse der Marktanalyse in Brüsselnach Artikel 7 der Rahmenrichtlinie angemeldet werden.Letztlich bringt das keine besondere Klarheit in demEntwurf und es schafft auch in der Sache nicht sehr vielhinzuzusetzen. Es ist sicherlich richtig, dass in der Emp-fehlung über Produktmärkte die Kommission sich ausge-sprochen hat, über 18 Märkte, von denen sie der Ansichtist, dass ex-ante-Regulierung angemessen und erforder-lich ist, eine Marktanalyse durchgeführt werden soll unddass für diejenigen Märkte, wo wirksamer Wettbewerbbesteht, Regulierung zurückgeführt wird und dass im Üb-rigen Maßnahmen zu ergreifen sind.

Die Frage, ob funktionsfähiger Wettbewerb festgestelltwerden kann, obwohl eine marktbeherrschende Stellungvorliegt, ist der eigentliche Kern dieses Begriffs, und dasist auch die eigentlich wichtige Frage. Ich glaube nicht,dass man davon ausgehen kann. Das ist jedenfalls nichtdie Vorstellung des europäischen Rechts. Wir kennen nurden Begriff des wirksamen Wettbewerbs. Wenn der nichtgegeben ist, dann ist in aller Regel hier zu Maßnahmenzu schreiten. Welche Maßnahmen das sein müssen, dasist im Einzelfall nicht genau vorgegeben. Dort sind wirder Ansicht, dass die Regulierungsbehörde über einmöglichst weites Ermessen verfügen sollte. Wir denken,dass es nur in Ausnahmefällen überhaupt möglich seinwird, dass bei dynamischer Betrachtungsweise auf einemMarkt sich Wettbewerb entwickelt, dass Marktbeherr-schung dabei ist, sich aufzulösen, und dass für diese Fällees unter Umständen angemessen sein könnte, von denMärkten in der Empfehlung abzuweichen. Aber wie ge-sagt, das kommt sicherlich nur in einigen Ausnahmefäl-len in Frage, die normalerweise nicht gegeben sind.

Page 19: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

807

Vorsitzender Dr. Wend: War das in der gebotenen Zu-rückhaltung deutlich genug?Abgeordneter Tauss (SPD): Mit Sinn für den prakti-schen Nährwert bleibe ich jetzt bei meinem Hobby Bit-streamzugang und frage die Telekom: Warum, um dieseszu begreifen, hat die Telekom den Wettbewerbern zeit-nah zur Einführung von DSL keinen Bitstreamzugang zuattraktiven Konditionen angeboten? Wäre sie dazu jetztbereit?Sachverständiger Dr. Wehmeier (Deutsche Telekom):Wir haben einfach in Deutschland ein anderes Ge-schäftsmodell. Wir verkaufen in Deutschland mehr DSL-Vorprodukte als sonst in Europa. Wir haben fünf, eigent-lich auch sechs, wenn man den indirekten Vertrieb nochdazu nimmt, Vorprodukte für DSL-Wettbewerber anzu-bieten. In Deutschland nutzen die Wettbewerber vor allenDingen die Teilnehmeranschlussleitung. Das ist unserBitstreamzugang, und darüber machen wir mehr breit-bandige Angebote als sonst in Europa.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Eine Frage nochmals an die EU-Kommission: Sie habenschon etwas zum Thema funktionsfähiger Wettbewerbgesagt. Es wurde auch von Sachverständigen die Mei-nung vertreten, dass der Bereich doppelte Marktbeherr-schung und die Frage Antragsrechte, die nicht vorhandensind, nicht EU-konform wären. Können Sie dazu etwassagen?Sachverständiger Generaldirektor Langeheine (EU-Kommission): Zu dem letzten Punkt ist bereits auf Arti-kel 20 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie hingewiesen wor-den. Was die Frage der doppelten Marktbeherrschungbetrifft, so habe ich bereits in einer Antwort auf eine an-dere Frage gesagt, dass in Artikel 16 der Rahmenrichtli-nie allein vorgesehen ist, dass auf dem untersuchtenMarkt Marktbeherrschung vorliegt. Es ist auch nicht klar,was mit dem Erfordernis der doppelten Marktbeherr-schung bezweckt werden soll. Es ist vor allen Dingendann bedenklich, wenn auf dem Endkundenmark Wett-bewerb nur deswegen besteht, weil Dienstenanbieter re-gulierten Zugang zu einer nicht duplizierbaren Infra-struktur haben. Das heißt, Wettbewerb besteht auf demEndkundenmarkt allein deswegen, weil gerade Zuganggewährt wird. Sofern es auf der Vorleistungsstufe bereitsverschiedene Infrastrukturen gibt, die miteinander imWettbewerb stehen, so wie es in einigen Mitgliedstaatender Fall ist, wo man das Nebeneinander hat von DSL-Leitungen, Kabel, vielleicht in Zukunft auch Stromlei-tungen, über die Breitbanddienste erbracht werden, sowird normalerweise schon auf dem Vorleistungsmarkt,auf dem Zugangsmarkt, keine Marktbeherrschung vorlie-gen. Es ist uns nicht klar, warum hier noch einmal aufden Endkundenmarkt abgestellt wird. Das Ganze scheintauch das von dem Richtlinienpakt, vom neuen Rechts-rahmen gewollte System auf den Kopf zu stellen. Dort istnormalerweise die Regulierung von Zugangsleistung dieRegel. Auf den Endkundenmarkt wird nur dann abge-stellt, sofern bei der Regulierung von Zugangsleistungendort kein entsprechender Wettbewerb geschaffen werdenkann. Nach Artikel 16 Absatz 4 der Rahmenrichtlinie istallein auf die Marktbeherrschung im betreffenden Marktabzustellen, nicht auf irgendwelchen anderen Märkten.Vorsitzender Dr. Wend: Mein Vorschlag ist, weil wirfünf Minuten später angefangen hatten: Wir haben nochdrei Fragesteller, Herrn BarthelFrau Krogmann und

Herrn Heil. Wollen wir das noch machen und versuchen,in der zweiten Runde ein paar Minuten aufzufangen?Wenn kein Widerspruch ist, Herr Barthel und FrauKrogmann.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich wolltenoch einen Aspekt zum Schluss dieser Runde anspre-chen, der noch nicht so zum Tragen gekommen ist. Ichwollte nochmals Herrn Heil von ver.di fragen: Wenn Siedas jetzt alles hören, Marktabgrenzung und funktionsfä-higer Wettbewerb, Resale usw. Sie haben in Ihrer Stel-lungnahme für Infrastrukturwettbewerb Position bezo-gen. Mich würde interessieren: Wie beurteilen Sie dieseganze Diskussion im Hinblick auf die Entwicklung desSektors Telekommunikation und auf die Arbeitmarkt-entwicklung in diesem Zusammenhang, welche Wettbe-werbs- und Marktphilosophie, Infrastrukturdienste, wel-che Philosophie bringt arbeitsmarktpolitisch gesehenauch aus der Sicht der Beschäftigten die positivste Wir-kung?Sachverständiger Heil (Vereinte Dienstleistungsge-werkschaft ver.di): Man kann hier in der Diskussion fest-stellen, dass arbeitsmarktpolitische oder beschäftigungs-politische Aspekte gänzlich außen vor bleiben. Es ist so-zusagen ein kleiner Vorwurf, der aus der Feststellungheraus für einen Gewerkschaftsvertreter zu resultierenhat. Wir haben uns in unserer Stellungnahme ganz klarfür den Infrastrukturwettbewerb ausgesprochen, für eineFörderung und auch für den Schutz bestehender Infra-strukturen, weil wir auf Grund unserer Erfahrungen im-mer wieder feststellen, dass in den infrastrukturbasiertenUnternehmen langfristigere, nachhaltigere, besser quali-fiziertere und höher qualifizierte Beschäftigung sicherge-stellt wird. Das ist natürlich eine sehr pauschale Aussage,die auch die Dienstewettbewerber wie debitel ein biss-chen außen vor lässt, aber in der Tendenz kann mir kei-ner der hier vertretenen Institutionen das Gegenteil be-weisen, weil es einfach einschlägige Untersuchungen amMarkt nicht gibt. Das ist einer der Grundlagen, warumwir uns so positioniert haben.Der zweite Aspekt ist, dass wir ein bisschen zur Abgren-zung zur Regulierungsbehörde den Dienstewettbewerbals Komplementär sehen. Wenn einfach eine Infrastruk-tur breit gestreut ist und sich sehr intensiv darstellt, kannder Dienstewettbewerb um so diversifizierter entstehen,nachhaltiger umsetzen und dann auch Beschäftigung ga-rantieren.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich muss ge-stehen, dass ich nach den diversen Fragen und Antwortenzum Thema Bitstream-Access noch nicht ganz befriedigtbin. Deshalb zu meiner Befriedigung eine Frage an Sie,Herr Kurth: Ich finde, es ist entscheidend, dass wir inDeutschland beim Thema Breitband schneller voran-kommen, insbesondere auch in der Fläche. Halten Sie esvor dem Hintergrund für notwendig, Bitstream-Accessexplizit ins Gesetz aufzunehmen und was halten Sie indem Zusammenhang von der Prüfbitte, die auch im Bun-desrat formuliert worden ist, dies aber in technologie-neutraler Form zu tun?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Der Bitstream-Access-Marktist auch ein Markt, der zu untersuchen ist, im Bereich der18 Märkte, die die EU uns vorgibt. Inzwischen hat auchdie Deutsche Telekom erklärt, dass sie grundsätzlich be-reit ist, ein Bitstream-Access-Produkt bereitzustellen.

Page 20: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

808

Allerdings finden im Moment Verhandlungen statt unddie sind noch nicht abgeschlossen. Insoweit haben wir alsRegulierungsbehörde weder den Markt abschließend un-tersucht, noch haben wir bereits ein reguliertes Bit-stream-Access-Produkt. Wir haben im Moment eine An-hörung laufen, in der alle Marktteilnehmer sich hierzupositioniert haben. Wir halten mit der EU ein Bitstream-Access-Produkt zusätzlich zu einem Resale-Produkt fürwichtig, weil ein Bitstream-Access-Produkt - und es gibtauch andere Mitgliedstaaten der EU, die das bereits ha-ben - demjenigen, der es nachfragt, ein Vorprodukt be-reitstellt, mit dem er auch andere und innovativere Pro-dukte als den bloßen Wiederverkauf gestalten kann. In-soweit ist das auch ein Teil einer solchen Leiter, indemman vom einfachen Wiederverkauf zu einer Umgestal-tung des Produkts und zu mehr Innovation kommt. Es istkein Widerspruch zu den anderen Produkten, sondern dasBitstream-Access-Produkt muss sich einfügen.

Es wird auch nicht nur ein Produkt geben, um wiederumim Bereich der Infrastruktur zu bleiben, sondern wirwollen gerade Unternehmen, die Infrastruktur im Back-Bone-Bereich haben, die Möglichkeit eröffnen, ihre ei-gene Infrastruktur so weit zu nutzen, dass sie den Ver-kehr immer erst dann übergeben müssen, wenn sie weiterin die Fläche gehen. Die Infrastruktur in der letzten Meileist auch angemietet, die Teilnehmeranschlussleitung istauch nur ein Mietprojekt und ein eigenes Infrastruktur-projekt. Aber Infrastruktur ist auch in den Back-Bone-Netzen. Deshalb werden Sie mehrere Ebenen brauchen,an denen man den Verkehr übergibt. Es muss sich loh-nen, Infrastruktur auszubauen, indem der Zusammen-schaltungspreis, den man bezahlen muss, niedriger istund entsprechend vom Abstand her in Bereichen niedri-ger ist, in denen man sein eigenes Netz weiter nutzt. Dasist unser Modell und ich glaube, das muss bei Bitstream-Access verwirklicht werden.

Insoweit, wenn Sie fragen, was könnte man im Gesetztun: Wir haben in unserer Stellungnahme bei der Zu-gangsregulierung und beim Katalog der Zugangsregulie-rung einige Anmerkungen gemacht. Zum Beispiel ist im§ 19 Abs. 7 Ziffer 7 eine Formulierung - ich will Sie nurauf solche Dinge hinweisen -, die unter Umständen spä-ter in der Umsetzung Schwierigkeiten für uns darstellenkönnen, wenn wir denn überhaupt mal streitig entschei-den müssen. Es kann ja sein, dass sich alle einigen, aberwenn es eine streitige Entscheidung gibt, steht da z. B.,dass wir neben sechs anderen Kriterien, die wir für weit-gehend richtig halten, berücksichtigen müssen, ob bereitsauferlegte Verpflichtungen nach diesem Teil oder - jetztkommt es - freiwillige Angebote am Markt zur Sicher-stellung der im § 2 Absatz 2 genannten Regulierungszieleausreichen. Dann wird es unter Umständen schwieriger,zu sagen, wir brauchen ein Bitstream-Access-Produkt,weil die Telekom - das war auch hier am heutigen Tagschon der Fall - jetzt sagt, aber wir haben doch schon einResale-Produkt, das ist ein freiwilliges Angebot, oder siewerden sagen, wir haben ein Bitstream-Access-Produktmit einem Marktteilnehmer vereinbart, ein freiwilligesAngebot, warum soll die Regulierungsbehörde weitereBitstream-Access-Produkte anordnen? Es ist doch einfreiwilliges Angebot da. Aber ein derartiges Angebotwird möglicherweise nur einem Marktteilnehmer gerecht.Wir haben aber sehr viele Marktteilnehmer, die vielleichtein anderes Produkt wollen.

Wir halten es daher für erforderlich - das haben wir auchmit zwei Workshops getan -, dass wir die Interessen derMarktteilnehmer bündeln. Da könnte z. B. eine solcheZiffer mit diesen freiwilligen Angeboten eher Missver-ständnisse oder im schlimmsten Fall sogar rechtlicheAuseinandersetzung provozieren, die dann wiederum einEinfallstor für Verzögerungen, für Verfahren u. a. sind.Ich würde Ihnen den Rat geben, diese ganzen unbe-stimmten Rechtsbegriffe noch einmal sehr kritisch zuprüfen. Dort, wo sie hilfreich sind, akzeptieren wir sienatürlich als Konkretisierung der Wesentlichkeit. Dort,wo sie Zweifelsfragen oder gar rechtliche Einfallstore fürweitere Verzögerung bringen, wie etwa dieses freiwilligeAngebot, sollte man besser von ihnen Abstand nehmen.

Abgeordneter Heil (SPD): Ich möchte zum Abschlussmeine Frage an Frau Weißenfels von EWE Tel richten.Die Resale-Problematik aus Sicht Ihres Unternehmenswürde ich ganz gern nochmals betrachtet wissen, undzwar nicht nur, was es für Ihr Geschäftsmodell als sym-pathisches Unternehmen aus Niedersachsen bedeutet,sondern im Hinblick auf die Frage, was aus Ihrer SichtEU-konform ins Gesetz kommen sollte. Meine Frage ist:Wie ist der Wunsch des Unternehmens, dass das ausge-staltet werden kann. Ich habe aus dem Bereich vonBREKO in den letzten Tagen und Wochen Vorschlägegehört, die ungefähr so aussehen, Resale ja, aber nicht inder Praxis. Das würde mich interessieren, ob Sie dazuvielleicht noch ein bisschen sagen können.

Sachverständige Weißenfels (EWE Tel): Die These,Resale in der Theorie oder im Gesetz ja, in der Praxismöglichst nicht, teilen wir nicht. Insofern, eine Schwarz-weiß-Malerei, wie Herr Kurth sie auch befürchtet odersieht, sehen wir auch nicht. Das Ob von Resale sehen wirganz klar durch die EU-Richtlinien vorgegeben. UnserFokus liegt auf dem Wie, also auf der Ausgestaltung. Dakomme ich zu Ihrem zweiten Teil der Frage, wie solltedas EU-rechtskonform aus unserer Sicht aussehen? Wirsind in der Einschätzung schon sehr nah bei der Deut-schen Telekom. Unsere Befürchtung ist, dass ein unkon-ditioniertes Resale - wir sehen ein entbündeltes Resaleals unkonditioniertes Resale an - für unser Geschäftsmo-dell ein großes Gefahrenpotenzial darstellt, sollten dieRegulierungsmechanismen ansonsten nicht ausreichendeingreifen. Da sind wir ein bisschen ein gebranntes Kindaus der Vergangenheit. Es wurde heute schon angespro-chen, die Preiskostenschere wurde im Teilbereich jahre-lang nicht erkannt. Wer gibt uns da die Gewähr, dass eszukünftig anders laufen soll? Wenn man im Konsistenz-gebot - und da wäre aus unserer Sicht der zweite Angel-punkt für eine richtlinienkonforme und wettbewerbsför-dernde Resale-Umsetzung zu sehen -, nicht noch eineErgänzung vornimmt, die vorsieht, die unterschiedlichenGeschäftsmodelle oder Wertschöpfungsstufen zu berück-sichtigen, haben wir die Sorge, dass unser Geschäftsmo-dell entwertet wird und das nicht nur für bereits getätigteInvestitionen in diesem Bereich, weil unter UmständenWettbewerber auf den Markt kommen, die zu ungleichniedrigeren Vorleistungskonditionen für den Kundenzumindest gleiche Angebote machen können, sondernauch die Anreize für zukünftige Investitionen würden ausunserer Sicht schon entfallen.Da muss ich auch Herrn Kurth widersprechen. Natürlichist es so, dass weiterhin Teilnehmeranschlussleitungenbestellt werden, aber das ist nicht der entscheidende

Page 21: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

809

Punkt. Wir haben, seit es Call-by-Call im Ortsnetz gibt,keine weiteren Ortsnetze mehr ausgebaut und das istdoch der Punkt, der betrachtet werden muss. Welcheweiteren Gebiete erschließe ich mit DSL oder erschließeich mit analogen, mit ISDN-Anschlüssen, inwieweit er-schließe ich in der Fläche? Und das ist unsere Aufgabe,die wir uns gesetzt haben als EWE Tel, nicht nur im lo-kalen Bereich, d.h. im City-Bereich, sondern auch geradein der Fläche Kundenwettbewerb zu bringen. Inwieweitverhindere ich das? Da ist unsere Bitte, sehr sorgfältigdarauf zu achten. Wir sehen schon den Gesetzgeber inder Pflicht, bei Resale bei § 19 Absatz 2 Nr. 3 eine Ein-schränkung vorzunehmen, die diesen Ausgleich gewähr-leistet.Vorsitzender Dr. Wend: Wir werden gleich fast ohnePause weiter machen. Ich habe nur die Bitte, dass nocheinmal kurz die Berichterstatter der vier Fraktionen we-gen des weiteren Verfahrens mit mir zusammenkommen,damit wir das einmal kurz klären können, bevor nochMissverständnisse auftreten.

2. BefragungsrundeVorsitzender Dr. Wend: Meine Damen und Herren, wirbeginnen jetzt mit der zweiten Runde. Thema dieserzweiten Runde sind Befugnisse, Aufsicht und Strukturder Regulierungsbehörde. Es gab ja schon im erstenDurchgang mindestens das eine oder andere Mal eine Be-rührung mit diesem Thema. Wir wollen sehen, wie wirdas jetzt in dieser knappen Stunde, die uns jetzt nochbleibt, hinbekommen. Die Berichterstatter haben sichdarauf verständigt, dass wir das Verfahren wie gehabtaufrechterhalten, d.h., wir haben zunächst eine Runde derBerichterstatter. Die erste Frage stellt der Kollege Heil.Abgeordneter Heil (SPD): Meine erste Frage beziehtsich auf die Diskussion über den Rechtsweg. Es ist nichtnur durch den Antrag der Union die Frage in die Diskus-sion gekommen, ob wir durch das TKG den Rechtswegvom Verwaltungsgerichtsweg hin zu den Zivilgerichtenverändern. Meine Frage geht zunächst an ARCOR. HerrStöber, meine Frage möchte ich erläutern. Es geht darum,dass wir in den letzten Tagen und Wochen für beideRechtswege gute Argumente gehört haben. Jetzt lasse ichdie pragmatischen Argumente, ob die Kartellsenate beiden Zivilgerichten in Düsseldorf oder wo auch immersich jetzt kurzfristig Richter beschaffen können, beiseite;ich lasse auch die Frage des Kompetenzaufbaus beiseite.Wir sind da pragmatisch und offen. Wir wollen nur wis-sen, ob Sie vermuten, ob der eine oder andere Weg Zieleerreicht, nämlich Ziele, schneller und gut zu entscheiden.Insofern ist die Frage – von Prof. Holznagel ist in dieDiskussion gebracht worden, dass Zivilgerichte im Ge-gensatz zu Verwaltungsgerichten nicht so sehr mit demBegriff des Ermessens von staatlichem Handeln umgehenkönnen -, inwieweit aus Sicht Ihres Unternehmens beimZivilgerichtsweg in die materielle Bedeutung der Ent-scheidung in die Prüfung stärker eingegriffen würde undnicht die Frage des Ermessens der Regulierungsbehördezum Gegenstand wird. Das ist ein Argument, das kommt.Die anderen Argumente in beide Richtungen kennenwir. Ich möchte Sie fragen, weil Sie sich ja auch als Un-ternehmen geäußert haben, wie Sie den Rechtsweg vordiesem Hintergrund betrachten.

Vorsitzender Dr. Wend: Ich würde als leidenschaftli-cher Zivilrechtler selber am liebsten eine Antwort geben,aber weil ich nicht gefragt bin, deswegen Herr Stöber.

Sachverstandiger Stöber (ARCOR): Welcher Gerichts-weg sich am ehesten dort durchringen könnte, Ermessenzu beurteilen, steht außerhalb meiner Kompetenz, das zubeurteilen. Das, was wir bisher an Erfahrungen bei derBeurteilung durch den Verwaltungsgerichtsweg gemachthaben, ist eigentlich positiv, weil wir hier im Prinzip dieStruktur der Entscheidungsfindung nachvollziehen kön-nen. Wir haben ja auch im Regulierungsverfahren einenVerwaltungsgerichtsweg. Wenn ich die gesamten Struk-turen in Richtung einer ex-ante-Marktgestaltung sehe, diewir ja brauchen – ansonsten haben wir ein Regulierungs-problem -, hat sich z.B. bisher der ganze Kartellweg jabisher mit ex-post-Problemen beschäftigt. Von daher fin-den wir uns eigentlich in der Verwaltungsgerichtsbarkeitbesser aufgehoben.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich möchteauch die Frage meines Kollegen Heil aufnehmen undgerne von Ihnen, Herrn Prof. Hellwig, beantwortet ha-ben. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass sich dieAufgaben der Regulierungsbehörde mehr RichtungMarktanalyse, Marktabgrenzung verändern, wie beurtei-len Sie die Frage des Rechtsweges?Sachverständiger Prof. Dr. h.c. Hellwig (Monopol-kommission): Die Monopolkommission hat hier in einemPunkt eine sehr entschiedene Meinung, und das ist die,dass die höchste Revisionsinstanz einheitlich für Kartell-und Telekommunikationsrecht der BGH sein sollte, umsicherzustellen, dass zentrale Begriffe wie Marktabgren-zung und Ähnliches, die beiden Gesetzen – GWB undTKG – gemeinsam sind, in der höchsten Instanz einheit-lich interpretiert werden. Ansonsten ist die Monopol-kommission in der Frage Verwaltungsgericht oder Zivil-gericht etwas unschlüssig und hat keine eindeutige Präfe-renz für das eine oder andere. Sie hat allerdings eine Prä-ferenz dafür, im Falle der Beibehaltung des Verwal-tungsgerichtsweges als erste Instanz das Obergericht zunehmen, um sicherzustellen, dass aufgrund der längerenVerweildauer der Richter in diesem Gericht der betref-fende Sachverstand doch etwas länger erhalten bleibt.Beim Verwaltungsgericht ist der Personalumschlag etwaszu groß und das ist doch gerade bei einer Materie, diespezialisierte Kenntnisse erfordert, wie das bei der Tele-kommunikation der Fall ist, ein Problem.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Auch eine Frage an Herrn Prof. Hellwig: Wir werden jadie Regulierungsbehörde zu einer Wettbewerbsbehördeauch für Strom und Gas ausweiten. Die Frage, die ichhabe, ist, ob es nicht vorteilhaft wäre, ein gemeinsamesDachgesetz zu haben, was bestimmte Dinge gemeinsamregelt, wie z.B. den Rechtsweg, also die Frage, ob esnicht sinnvoll wäre, die Synergieeffekte in bestimmtenBereichen zu nutzen und aus Energiewirtschaftsgesetzund Telekommunikationsgesetz bestimmte Dinge ge-meinsam zu regeln und dann nicht sektorspezifisch inden anderen Gesetzen fortzufahren.Sachverständiger Prof. Dr. h.c. Hellwig (Monopol-kommission): Mir ist nicht ganz klar, war das jetzt eineFrage über die Behörde oder war das eine Frage desRechtsweges?Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Es war eine Frage über die Gesetzesstruktur und damitdie Frage, wie die Behörde beschrieben werden muss, al-so die Frage des Rechtsweges, aber auch die Frage, werberuft den Präsidenten und den Vizepräsidenten, also dieDinge, die gemeinsam geregelt werden könnten, Energie

Page 22: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

810

und Telekommunikation und Postbereich, ob das Syner-gieeffekte geben würde, ob das Sinn machen würde, weilwir zurzeit ja ein Telekommunikationsgesetz und Ener-giewirtschaftsgesetz haben. Beides hat Einfluss auf dieBehörde. Sehen Sie hier irgendwie Vorteile?

Sachverständiger Prof. Dr. h.c. Hellwig (Monopol-kommission): Die Monopolkommission hat sich in ihrem14. Hauptgutachten natürlich grundsätzlich zur Thematikder sektorspezifischen Regulierung geäußert und insbe-sondere im Hinblick auf den Aspekt, dass das Problemder Zugangsregulierung auf Dauer in verschiedenenBranchen ein Problem sein wird, gesagt, eine Sektorübergreifende Instanz wäre sinnvoll, insbesondere auch,um auf dem Weg der Personalrotation gewisse Problemeder regulatory capture zu reduzieren. Das heißt abernicht, dass alle Sektoren einheitlich reguliert sein sollten.Es wird bestimmte Verfahrensaspekte geben, die für dieverschiedenen Sektoren ähnlich zu regeln sein werden.Hier würde ich jetzt unmittelbar antworten wollen, so-weit im energiewirtschaftlichen Bereich Konzepte wieMarkt, Marktabgrenzung usw. auch wiederum im Zen-trum stehen werden, spricht das dafür, dass man auchhier zumindest auf der Ebene der letzten Instanz die selbeInstanz hat, die auch sonst für die Interpretation dieserBegriffe in den Gesetzen zuständig ist. Ansonsten seheich zwar das in Ihrer Frage zum Ausdruck kommendeAnliegen als sehr sinnvoll an, fürchte aber, dass wir imBereich der Energiewirtschaftsregulierung noch nicht soweit sind, dass es jetzt schon Sinn macht, sich zu überle-gen, was ist für die verschiedenen Branchen einheitlichzu tun, was ist für sie verschieden zu tun? Und in Anbe-tracht der Notwendigkeit, das Telekommunikationsgesetzvoranzubringen, würde ich vielleicht raten, dass mandoch einfach das tut und möglicherweise in einigen Jah-ren, wenn man mit der Regulierung auch anderer Sekto-ren Erfahrungen hat, diese Frage erneut aufgreift.

Abgeordneter Funke (FDP): Ich habe eine Frage zumThema Ermessensspielraum bei der Missbrauchsaufsicht,und zwar geht die Frage an die Monopolkommission. Istes hinnehmbar, dass die Regulierungsbehörde im Falleder missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherr-schenden Stellung einen Ermessensspieltraum hat, ob sieeingreift oder nicht? Mir kommt es hier auf das Ob an

Sachverständiger Prof. Dr. h.c. Hellwig (Monopol-kommission): Die Monopolkommission hat sich allge-mein mit dem Problem der Ermessensspielräume ausein-andergesetzt und ist diesbezüglich der Auffassung, esgibt einerseits Bereiche, wo Ermessensspielräume erfor-derlich sind, z.B. bei der Marktdefinition ist ein Ermes-sensspielraum der Regulierungsbehörde erforderlich. Esgibt andererseits Bereiche, insbesondere bei der Zu-gangsregulierung, wo wir der Auffassung sind, dass dieErmessensspielräume, die im Gesetz – sei es explizit, seies auch durch die Verwendung der unbestimmtenRechtsbegriffe - vorgegeben werden, möglicherweisevon Gerichten zum Anlass der Einräumung von Ermes-sen genommen werden, dass man dort doch etwas schär-fer aufpassen muss, dass die Betroffenen die Möglichkeithaben, die Regulierungsmaßnahmen auf dem Rechtswegzu überprüfen. Diese Überlegung gilt grundsätzlich auchim Bereich des Missbrauchs. Insofern wäre ich auch hierhinsichtlich der Verfolgung von Missbrauch als Ermes-senstatbestand – oder was im Ermessen der Regulie-rungsbehörde liegt – sehr skeptisch. Das Wort „kann“ im§ 40 halte ich für problematisch.

Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage geht an HerrnProf. Kirchner, und zwar zweiteilig. Zunächst zumRechtweg, beleuchtet vor dem Hintergrund der Argu-mentation, dass der Kartell- oder Zivilgerichtsweg diePerspektive zum allgemeinen Wettbewerbsrecht eröffnenwürde: Ist das so in der Praxis, würde das zu besserenund schnelleren Entscheidungen führen? Der zweite Teilmeiner Frage bezieht auf die eben angesprochenen Er-messensentscheidungen, nämlich die Frage, ob die Zivil-gerichtsbarkeit das Ermessen von staatlichen Behördenvor dem prozessualen Hintergrund entsprechend würdi-gen kann.Sachverständiger Prof. Dr. Dr. Kirchner (Humboldt-Universität Berlin): Dass ich ein Verfechter des Kartell-rechtsweges bin, ist – glaube ich – bekannt. Ich habe vielErfahrung mit dem Kartellrecht und ich weiß, dass dieZivilgerichte hier eine spezifische Fähigkeit entwickelthaben, mit der sehr komplexen wirtschaftlichen Materieumzugehen. Es ist praktisch ein Schatz, auf den wir zu-rückgreifen können. Wenn es um die Frage der Verweil-dauer von Richtern geht, ich glaube, ein OLG ist da min-destens so gut angesiedelt wie ein Oberverwaltungsge-richt, Herr Hellwig. Die Frage, dass wir ein gemeinsamesDach brauchen – nämlich den Bundesgerichtshof – liegtmeines Erachtens auch auf der Hand. Insofern bin ichauch hier in Übereinstimmung mit dem Herrn Vorsitzen-den der Monopolkommission. Die Frage, wie weit einZivilgericht – das wäre jetzt das OLG auf der einen Seiteund der BGH auf der anderen Seite - mit Ermessen um-gehen kann, ist nur eine Frage der Etikettierung. Wir ha-ben es sehr wohl überall im Kartellrecht mit unbestimm-ten Rechtsbegriffen zu tun und wir haben sehr wohl sehrausgeklügelte Interpretationsmethoden, um mit diesenProblemen fertig zu werden. Wir müssen davon unter-scheiden, ob der Gesetzgeber eine Kann-Formulierung indas Gesetz hineinschreibt. Dann ist es auch nicht Aufga-be des Gerichts, etwa die Regulierungsbehörde anzuhal-ten, tätig zu werden.In dem Punkt des § 40 Abs. 4 bin ich anderer Meinungals der Vorsitzende der Monopolkommission, weil ichhier nichts weiter sehe als die Fortschreibung einer gutenTradition im Kartellrecht. Die Missbrauchskontrolledurch das Bundeskartellamt war immer durch dieseKann-Vorschrift gekennzeichnet und es würde mögli-cherweise die Arbeit einer Behörde lahm legen, wennhier eine Muss-Vorschrift hineingeschrieben wird. Wirbrauchen hier sozusagen eine Kann-Vorschrift. Das istaber nicht ein Punkt, der später von einem Gericht über-prüft wird. Das ist also die doppelte Antwort auf die zweiHälften der Frage.Abgeordneter Funke (FDP): Ich habe eine Frage anHerrn Kurth von der RegTP zur Zusammenarbeit mitdem Bundeskartellamt. Halten Sie die Regelung des§ 121, die z.B. bei Entscheidungen zur Marktanalyse und-abgrenzung Einvernehmen mit dem Bundeskartellamtverlangt, für hinreichend praktikabel? Können Sie damitumgehen?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Die Regelung entspricht ei-gentlich der bisherigen Praxis. Wir haben insoweit mitdem Bundeskartellamt immer Einvernehmen herstellenkönnen. Es gab keine Probleme bei dieser Abstimmung,insbesondere zu Fragen der Marktbeherrschung oder –abgrenzung. Insofern ist es die bewährte Praxis. Es istaber zu begrüßen, dass wir jetzt umgekehrt auch Stel-

Page 23: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

811

lungnahmerechte als Regulierungsbehörde erhalten.Wenn das Kartellamt in seinem Aufgabenbereich tätigwird und der Markt der Telekommunikation bzw. derPost etwa im Bereich der Fusionskontrolle oder andererAufgaben tangiert wird, dann werden wir jetzt auchMöglichkeiten zur Stellungnahme erhalten; das begrüßenwir. Es wird sozusagen die wechselseitige Zusammenar-beit durch diese Regelungen befördert.Abgeordneter Dr. Krings (CDU/CSU): Ich möchte beiIhnen, Herr Prof. Hellwig, noch einmal nachfragen.Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie sich klardafür ausgesprochen, dass die letzte Revisionsinstanzbeim Bundesgerichtshof einzusetzen sei wegen der Par-allelität auch zu den Kartellrechtsthemen. Sie haben dasaber bei der Eingangsinstanz sozusagen offen gelassen.Deshalb meine Frage, halten Sie es für praktikabel, einenRechtsweg etwa so zu gestalten, die erste Instanz beimOVG, für das Sie sich ja innerhalb des Verwaltungs-rechtswegs präferiert ausgesprochen haben, und dann dieRevisionsinstanz beim BGH anzusetzen? Wäre das einepraktikable Ordnung des Rechtsweges?Sachverständiger Prof. Dr. h.c. Hellwig (Monopol-kommission): Es ist natürlich etwas vermessen, wenn ichals Ökonom zu dieser Frage mich äußern soll. Der juristi-sche Sachverstand in der Monopolkommission hat sichhierzu geäußert und gesagt, das wäre insofern kein Pro-blem, als die Revisionsinstanz ja nichts mehr mit der Tat-sachenprüfung des einzelnen Falls zu tun hat. Hinsicht-lich der Sachfrage – um auf den Punkt von Herrn Kirch-ner einzugehen –, Oberinstanz – ob OLG oder OVG –,wäre es in dem Sinn völlig gleich. Das grundlegende Ar-gument für die Oberinstanz ist in beiden Fällen dasselbe.Wenn man sich überlegt, worum es materiell geht, mussman doch sehen, die eigentliche Crux, an der wir hierleiden, ist die, dass die sektorspezifische Regulierung,insbesondere als Zugangsregulierung, eine Rechtsfigurkonstruiert, die irgendwo zwischen Zivilrecht und Öf-fentlichem Recht liegt - Öffentliches Recht als Verhältniszwischen der staatlichen Instanz und den betroffenenUnternehmen, Zivilrecht in dem Sinn, dass die Bezie-hungen zwischen den betroffenen Unternehmen und denZugang begehrenden Unternehmen, die als Vertragspart-ner dastehen, dann betroffen sind. Diese Dreierkonstella-tion passt nicht zu dem traditionellen Bild des Interessen-ausgleichs zwischen privaten Parteien im Zivilrecht oderdes Ausgleichs zwischen staatlicher Behörde und Betrof-fenen im Öffentlichen Recht. Im gewissen Sinn ist hierdie Frage, wo siedeln wir diese neue Konstruktion besseran? Hierfür gibt es sowohl für das Eine oder das Anderegute Gründe, allerdings wäre es aus Sicht der Monopol-kommission unbedingt wichtig, dass, auch wenn das ver-fahrensrechtlich beim Verwaltungsgericht bleibt, derStatus der Drittbetroffenen – also der Zugang begehren-den Unternehmen – im Rechtsverfahren gegenüber dem,wie es jetzt ist, deutlich verbessert wird.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich habenoch eine etwas grundsätzlichere Frage an Herrn Prof.Kirchner. Wir schlagen uns ja mit dem Problem herum,dass auf der einen Seite immer die Forderung da war, derRechtsrahmen müsse möglichst präzise, stabil, verläss-lich und berechenbar sein, und auf der anderen Seitewerden hier ja jetzt – die Anhörung macht es ja sehrdeutlich – eigentlich ständig – und das sieht auch der eu-ropäische Rechtsrahmen so vor – neue Felder aufge-macht, wo die Regulierungsbehörde entscheiden soll, wo

sie auch mehr eigenen Entscheidungsspielraum bekom-men soll. Wir geraten hier so langsam in eine Situation,wo es oft für den Gesetzgeber der bequemste Weg ist zusagen, „na ja, das machen wir halt alles ganz offen undmöglichst wenig Kriterien und möglichst viel unbe-stimmte Begriffe, dann haben wir möglichst wenig Kon-flikte und letzten Endes entscheidet dann die Regulie-rungsbehörde in der Praxis.“ Wie sehen Sie dieses Span-nungsverhältnis, denn Sie haben ja in Ihrer Stellungnah-me Einiges dazu gesagt. Was auch die Grenzen der Re-gulierung betrifft, wie weit würden Sie gehen? Wird derGesetzentwurf dem Anspruch einer Planungssicherheit,einer Berechenbarkeit und einer Stabilität auf den Märk-ten gerecht?Sachverständiger Prof. Dr. Dr. Kirchner (Humboldt-Universität Berlin): Wir sind in Richtung Planungssi-cherheit, Rechtssicherheit im Laufe des Gesetzgebungs-verfahrens ein gutes Stück vorangekommen. Es ist mehrPräzisierung hereingebracht worden, es besteht an eini-gen Stellen nach wie vor Korrekturbedarf. Den einenKorrekturbedarf hatte ich vorhin schon genannt, das wardie Frage des funktionsfähigen Wettbewerbs, so etwasdarf in dieser Form nicht hineingeschrieben werden.Denn bei der Präzisierung geht es ja jeweils darum, wennman hier Begriffe verwendet, die mit dem europäischenRecht nicht kompatibel sind, kann das zur Paralyse desgesamten Verfahrens führen, über das Konsolidierungs-verfahren, weil die Entscheidungen dann automatischnach Brüssel gehen und wir dann die enormen Verzöge-rungen haben.Ein Beispiel für eine gelungene Präzisierung ist für michder § 28 Abs. 4 bezüglich der doppelten Marktbeherr-schung. Es war nämlich hier immer ein Irrtum, es gehtnicht darum, dass in Artikel 16 der Rahmenrichtlinie voneinem Markt die Rede ist – das ist völlig unbestritten. Esgeht darum, dass in Artikel 13 der Zugangsrichtlinie sehrpräzise festgelegt ist, welche Prüfungen vorzunehmensind. Was der deutsche Gesetzgeber mit dem Erfordernisder doppelten Marktbeherrschung gemacht hat, er hat ei-ne Unsicherheit aus dem Markt genommen, weil er dar-auf verwiesen hat, dass die Regulierungsbehörde an die-ser Stelle sozusagen den Grundgedanken des Artikel 13der Zugangsrichtlinie mitzuprüfen hat, und die Erforder-nisse, die dort festgelegt sind, sind nur erfüllt, wenn aucheine Marktmacht auf dem Endkundenmarkt besteht. Dasist für mich ein Beispiel einer guten Präzisierung. Anson-sten gebe ich Ihnen, Herr Abgeordneter, völlig Recht,man muss an den verschiedenen Stellen noch einmaldurchgehen, wo sozusagen noch „weiche Stellen“ im Ge-setz sind. Denn für die betroffenen Unternehmen sindteilweise die materiellen Entscheidungen gar nicht soentscheidend, aber die Rechtssicherheit, dass sie Pla-nungssicherheit für ihre Investitionen haben.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich habe ei-ne Frage an Sie, Herr Kurth. Ich bin aufgrund Ihrer Stel-lungnahme über einen Sachverhalt gestolpert, der mirbisher noch nicht so klar war. Er betrifft die Kompetenz-verteilung zwischen EU-Kommission und Ihrer Behörde.Es ist aus meiner Sicht auch wichtig, dass Sie als Behör-de größtmöglichen nationalen Spielraum bei den Regu-lierungsverfügungen auch behalten. Jetzt scheint es mirso zu sein, dass durch die Zusammenfassung der Verfah-ren – also Konsultations- und Konsolidierungsverfahrenzur Regulierungsverfügung sowie Konsultations- undKonsolidierungsverfahren zur Marktdefinition und

Page 24: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

812

Marktanalyse - die Gefahr besteht, dass die EU-Kommission in dem Verfahren zur Marktanalyse undMarktdefinition ja ein Vetorecht hat, jedoch nur ein Be-nehmensrecht, wenn ich es richtig weiß, bei der Frageder Regulierungsverfügung. Fasst man dieses nun zu-sammen, besteht die Gefahr der erweiterten Eingriffs-möglichkeiten für die EU-Kommission und eines einge-schränkten Handlungsspielraums für Ihre Behörde. Istdas so richtig, gehen dahin Ihre Befürchtungen und wiewäre das im Gesetz zu verbessern?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Sie haben Recht, im Momentsieht das Gesetz vor, dass wir das Konsolidierungsver-fahren in Richtung EU gleichzeitig mit unserem Vor-schlag zu den Maßnahmen oder auf englisch remediesdurchführen. Es gab ja hier mit den Marktteilnehmern ei-ne Diskussion, inwieweit die EU diese Maßnahmen ingewisser Weise auch durch eine Empfehlung vorgibt.Alle europäischen Regulierer sind in dieser ERG-Gruppeder Meinung, dass hier keine Empfehlung durch dieKommission abgegeben werden sollte, weil der Ein-griffscharakter bei diesen Maßnahmen bzw. remedies er-heblich weniger ist als bei der Marktabgrenzung undMarktdefinition, wo das Vetorecht besteht. Man könntealso das wie folgt lösen: Man könnte in § 13 schreiben,„die Regulierungsbehörde führt das Verfahren nach Satz1 in der Regel im Anschluss an das Verfahren nach § 12durch.“ Das würde uns die Möglichkeit eröffnen, dort,wo wir keine Probleme sehen, wo auch unproblematischZugangsverpflichtungen weiterhin aufrecht erhalten wer-den, das aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung ge-meinsam zu machen. Dort, wo wir allerdings unsere re-medy-Seite davon entkoppeln wollen, könnten wir das inzwei Stufen machen. Es gibt durchaus auch schon ersteAnzeichen bei den Mitgliedsstaaten, die bereits die Kon-solidierung durchgeführt haben wie etwa Finnland oderÖsterreich, dass die Kommission dann durchaus imLichte der vorgeschlagenen remedies bestimmte Urteileabgibt und dass da eine Grauzone entstehen könnte.Durch die klare Trennung würden wir diese Grauzonevermeiden. Insoweit würde ich unseren Vorschlag, denwir hier gemacht haben, zu berücksichtigen bitten.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Eine Frage an Herrn Prof. Picot noch einmal zu den Syn-ergieeffekten durch eine gemeinsame Behörde Strom,Gas, Telekom und Post: Sehen Sie Synergieeffekte undwelche Konsequenzen hätte das für das Gesetzgebungs-verfahren und für den Rechtsweg?Sachverständiger Prof. Dr. Dr. h.c. Picot (UniversitätMünchen): Ich sehe Synergieeffekte - wenn ich beimRechtsweg einmal anfangen darf -, weil das ja hier nunder akute Ansatzpunkt ist. Ich glaube, dass es sinnvoll ist,einen einheitlichen Rechtsweg für die hier anzuwenden-den Gesetz zu wählen – jetzt und für die Zukunft. Dasschafft Spezialisierungsvorteile auf allen Seiten, sowohlbei den betroffenen Industrien als auch bei der Regulie-rungsbehörde selber. Ferner sollten Erfahrungsvorteile,die bereits in bestimmten Gerichtswegen vorliegen undmühsam in Jahren angeeignet wurden – wir haben ja ge-sehen, dass das eine sehr schwierige und komplexe Mate-rie ist, darauf ist immer wieder hingewiesen worden –,genutzt werden. Insofern glaube ich, dass es in Bezug aufdie Rechtswege das Petitum sein muss, a) einen Rechts-weg zu nehmen und nicht die Behörde zu spalten, dassman mit mehreren Rechtswegen arbeiten muss, und b)

diese anderen Punkte zu berücksichtigen. Das würde fürmich zurzeit eher dafür sprechen, den Verwaltungs-rechtsweg zu präferieren, weil hier schon die entspre-chenden Erfahrungen vorliegen und weil das TKG si-cherlich zu einem nicht geringen Teil verwaltungsrecht-lich gebunden bleiben wird, wenn ich an die ganze tech-nische Regulierung denke. Andererseits haben die Ver-waltungsgerichte auch in der Wettbewerbsregulierunginzwischen eine Menge Erfahrung gesammelt. Die ge-meinsame Dachinstanz, die Herr Hellwig ins Spiel ge-bracht hat, halte ich für einen interessanten Gedanken,den man hier verfolgen sollte. Man sollte dann hier auchdie Energieregulierung entsprechend einbinden. Darüberhinaus gibt es natürlich Synergievorteile und ich glaube,die haben auch die Bundesregierung bewogen, diesenVorschlag zu machen, dass die weiteren Regulierungs-felder neben Post und Telekom, also die Energie, eben-falls von der Behörde übernommen werden sollen. DerRotationseffekt, der Erfahrungsaustausch und die Unab-hängigkeit, die sich daraus ergeben können, ist ein wich-tiger Gesichtspunkt, den Herr Hellwig bereits genannthat.Daneben gibt es aber natürlich eine Menge von Ähnlich-keiten bei der Marktregulierung, Definition und Analyseder Märkte, aber auch bei den Kostenbestimmungen, so-weit sie notwendig sind, und den entsprechenden Prüf-vorgängen. Ob das jetzt bedeutet, das wir ein gemeinsa-mes Gesetz als Dachgesetz brauchen, wie Sie es, FrauAbgeordnete andeuten, bin ich mir nicht so sicher, weiles – wie gesagt – ein sich bewegendes System ist. Ichglaube, der Gesetzgeber wäre gut beraten, wenn er z.B.im kommenden Energiewirtschaftsgesetz einen Hinweisaufnimmt, indem er sagt, die entsprechende Zuständig-keit ist in der Regulierungsbehörde anzusiedeln, indemz.B. eine Beschlusskammer oder ein Vizepräsident beider Aufgabenverteilung auch mit betraut wird. Ansonstensind die Dinge analog anzuwenden. Das wird ja bei derPostregulierung auch ähnlich gehandhabt. Vielleichtkann man ja in späteren Jahren einmal darüber nachden-ken, einen Regulierungsrahmen für netzbasierte Bran-chen zu schaffen, wenn es denn sein sollte. Aber ichglaube, zurzeit würde man sich damit überheben.Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage geht an HerrnKurth. Gegenstand dieses Teils der Anhörung ist ja auchdie Frage der inneren Struktur der Regulierungsbehörde.Mich interessiert Ihre Sicht der Dinge, was beispielswei-se die zukünftigen Kompetenzen der Präsidialkammerbetrifft im Gegensatz zu den anderen in Ihrer Behördeund natürlich auch Ihre Sicht der Frage des Rechtsweges.Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Zunächst zu der innerenStruktur: Es ist so, dass die Präsidentenkammer im Be-reich der Konsistenz auch eine gewisse Verantwortungbekommen soll und auch im Hinblick auf die Fragen desKonsultations- und Konsolidierungsverfahrens in Rich-tung der EU-Kommission halte ich das für richtig. Dennes sollte nicht zu einer Zersplitterung in diesenGrundsatzfragen führen. Dass der Gesetzentwurf vor-sieht, dass im Übrigen diese Dinge durch die Geschäfts-ordnung geklärt werden, halte ich auch für sachgerecht,weil dann ein gewisser Spielraum da ist. Befürchtungen,die manchmal geäußert worden sind, dass hier die Unab-hängigkeit beeinträchtigt werde, sehe ich auch im Hin-blick auf die Präsidentenkammer nicht. Da sichert dieKonstruktion, wie die Präsidentenkammer besetzt wird,

Page 25: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

813

letzen Endes auch unter Mitwirkung des Beirats ein ho-hes Maß an Unabhängigkeit. Gleichzeitig ist das jetzigeVerfahren auch Gewährleistung dafür, dass Konsistenz inden Entscheidungen und im Verfahren zur EU erreichtwerden kann.Zur Frage des Rechtsweges: Wenn ich hier noch einmaleine Anmerkung machen darf, wir müssen ja das Ziel derNovelle nicht aus den Augen verlieren, das war ja Be-schleunigung und eine schnellere Entscheidung, um fürdynamische Märkte auch schnell Planungssicherheit zuschaffen. Wenn man dieses Ziel noch einmal in den Vor-dergrund rückt, stellt sich natürlich die praktische Frage,wenn Sie nach sechs Jahren Regulierungspraxis, die jaden Verwaltungsrechtsweg beschritten hat und auch zuverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen geführt hat,den Rechtsweg wechseln, dann ist das natürlich ein Pro-blem - mal ganz abgesehen von der Frage, ob das LandNordrhein-Westfalen so ohne weiteres die dort befasstenRichter, die sich ja auch eine gewisse persönliche Kom-petenz erworben haben, jetzt automatisch jetzt vom Ver-waltungsrechtsweg in den Zivilrechtsweg versetzen wür-de und ob das so ohne weiteres ginge. Das sind sehrpraktische Fragen, aber Sie werden Verständnis dafürhaben, dass ich mich mit solchen praktischen Fragenauseinander setze. Wenn wir von Null her diskutierenwürden, würde ich durchaus sagen, man könnte die Sa-che anders entscheiden, aber wir fangen ja im Bereichder TK-Regulierung nicht bei Null an. Im Übrigen warneich davor, nicht zu viel zu vereinheitlichen. Es könnte jaauch im Hinblick auf die Energie- und Gasregulierungdurchaus eine spannende Situation sein, dass man nundie Schnelligkeit und Effizienz zweier Rechtswege mit-einander vergleichen kann.Vorsitzender Dr. Wend: Sie meinen Rechtswege imWettbewerb?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post):Ja, genau. Dann hätten wir so-zusagen einen Praxistest. Jedenfalls hätte uns dann derGesetzgeber einen Praxistest gegeben, bei dem wir alsBehörde auch durchaus sehen würden, welcher Rechts-weg jetzt schneller zu greifbaren Ergebnissen führt, wo-bei ich meines Erachtens Probleme eher im materiellenBereich sehe. Aber dazu auch noch eine Anmerkung: DieVereinheitlichung der Fragen im Bereich des Kartell-rechts im BGH, wie es Herr Hellwig vorschlägt, ist na-türlich ein Aspekt. Aber man muss sehen, dass im Be-reich der TK-Regulierung auch in den Diskussionen mitdem Kartellamt es gar nie das Problem der Marktbeherr-schung oder –abgrenzung bisher war, das die Hauptstrei-tigkeiten bis hin zur höchsten Instanz gebracht hat. DieseFragen waren bisher nicht Gegenstand der Streitigkeiten,sondern etwa Fragen der Zugangsregulierung, was wirvorher mit bitstream-access hatten – ist das nötig odernicht, ist eine solche Leistung wesentlich? Das sind ei-gentlich die Dinge gewesen über die Teilnehmeran-schlussleitung, ist das richtig reguliert, und nicht die Fra-ge der Marktabgrenzung. Deshalb ist dieser hohe Verein-heitlichungsbedarf, der hier immer wieder als tragenderGrund genannt wird, in unserer Entscheidungspraxisauch in Abstimmung mit dem Kartellamt bisher nie dasProblem gewesen.Und es kommt noch eines hinzu: Die EU gibt ja geradein diesem Sektor sehr starke und bindende Vorgaben bishin zu einem Vetorecht. Dieser Begriff, was Marktbe-herrschung oder –abgrenzung bedeutet, wird sogar sehr

stark europarechtlich vorgegeben und geprägt werden.Da gibt es die starke Absicht der Kommission, das euro-paweit zu vereinheitlichen. Ich will dem BGH nicht zunahe treten, aber ich denke, dann noch zu sagen, „umGottes willen, wenn jetzt nicht der arme BGH Hand an-legt, dann läuft das alles auseinander“, ist angesichts die-ser europarechtlichen Rahmenbedingungen nicht meinHauptproblem. Aber die Probleme, die bisher in derVerwaltungsgerichtsbarkeit diskutiert wurden, ist Resaleerforderlich – alles, was wir heute hier diskutiert haben,brauchen wir ein bitstream-access-Produkt –, das sindalles Dinge, die eigentlich mit der Marktabgrenzungherzlich wenig zu tun haben, die aber eher in die Frageder Auslegung, der Ermessensspielräume und der Flexi-bilität gehen. Das wollte ich noch einmal zu bedenkengeben, damit man nicht in die Irre läuft, wo sozusagender große Harmonisierungsbedarf ist.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ein höheresAuswahlermessen der Regulierungsbehörde muss ausmeiner Sicht zwingend bedeuten, dass die Unabhängig-keit der Regulierungsbehörde gestärkt wird und dass dieTransparenz des Regulierungsprozesses nochmals größerwird. Deshalb auch an Sie, Her Kurth, meine zusammen-gefasste Frage: Der Gesetzentwurf sieht bei Weisungennur die Veröffentlichungspflicht mit Auswirkungen aufdie Beschlusskammerentscheidungen vor. Halten Sie diesim Sinne des Transparenzgebots für richtig und ausrei-chend? Zum Teil B, was die Bestimmungen über die in-ternationalen Aufgaben und Befugnisse der Regulie-rungsbehörde auf internationaler Ebene angeht, also inder ERG oder IRG, halten Sie da die Bestimmungen fürhinreichend klar, die jetzt im Gesetzentwurf stehen?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Es hat ja wohl zwischen demersten und dem jetzigen Gesetzentwurf schon eine gewis-se Korrektur stattgefunden, bei der man sozusagen eineenge Bindung nur an die Beschlusskammern geprägthatte Wir sind uns ja einig, dass Weisungen wie bisher -das sieht auch der Gesetzentwurf vor – veröffentlichtwerden sollen, um dem Transparenzgebot und der Unab-hängigkeit Rechnung zu tragen. Inzwischen ist die For-mulierung nicht mehr so eng nur auf die Beschlusskam-mertätigkeit zugeschnitten, sondern es gibt auch eineWeisungspflicht, wenn vorbereitende Tätigkeiten – wennich es richtig sehe -, die etwa in den Abteilungen ge-macht werden, aber Beschlusskammerentscheidungenvorprägen wie Anhörungen, dass dann auch eine Wei-sung veröffentlicht werden soll. Wir haben Folgendesangeregt, dass letzten Endes der Gesetzgeber darüberentscheiden sollte, in welchen Bereichen dieses hoheMaß an Unabhängigkeit über das Transparenzgebot reali-siert wird. Wir würden daher bei § 138 TKG folgendenSatz für angemessen halten: „Dies gilt nicht für Aufga-ben, die die Regulierungsbehörde aufgrund dieses Geset-zes oder anderer Gesetze sowie aufgrund von Rechtsak-ten der Europäischen Gemeinschaft wahrnimmt“. Derletzte Aspekt wäre nämlich die europäische Regulierer-gruppe. Im Übrigen, wenn wir bei der ITU oder bei ande-ren Gremien auf internationaler oder europäischer Ebeneim Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums tätig sind,ist es immer unstrittig gewesen, dass wir Weisungen un-terworfen sind, weil dort die Bundesrepublik Deutsch-land und das Ministerium natürlich auch die deutsche Po-sition vertreten und wir da sozusagen im Auftrag des Mi-nisteriums tätig werden. Aber etwa in der europäischenRegulierergruppe werden wir aus eigenem Recht quasi

Page 26: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

814

tätig werden. Um alle Unklarheiten hier zu beseitigen,müsste man im Gesetz jeweils sagen, das soll eine Auf-gabe sein, die auf Weisung des Ministeriums wahrge-nommen wird wie im Bereich Standardisierung ITU. Dassollte der Gesetzgeber klarstellen. Deshalb dieser Vor-schlag.Abgeordneter Singhammer (CDU/CSU): Meine Fragerichtet sich auch an den Herrn Präsidenten. Aus den bis-herigen Erfahrungen, sollten die Marktteilnehmer zumVorhabensplan der Regulierungsbehörde, der ja immererstellt wird, angehört werden? Ist dies auch unter demGesichtspunkt Transparenz aus Ihrer Sicht sinnvoll, istdas, was wahrscheinlich die Marktteilnehmer erwartet,sinnvoll und sollte dies auch im Gesetz verankert wer-den?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Wir beginnen ja bereits damit,so einen Vorhabenplan für dieses Jahr zu erstellen, sozu-sagen im Vorgriff auf dieses Gesetz. Wir halten dieseVorschrift für gut und richtig. Ich hätte auch keine Be-denken, dazu noch einmal die Marktteilnehmer anzuhö-ren. Es kann dazu beitragen, die Transparenz auch in die-sem Bereich zu verbessern.Abgeordneter Heil (SPD): Noch eine Frage an Sie,Herr Kurth: Es wird ja immer wieder die UnabhängigkeitIhrer Behörde betont. Unabhängigkeit eigentlich vonwas? Da sind immer die Bundesregierung und das Bun-deswirtschaftsministerium im Blick, aber wie sehen Sieeigentlich Ihre zukünftige Abhängigkeit von der Europäi-schen Kommission? Es heißt in weiterem Sinne Unab-hängigkeit von der Politik, aber man tut so, als sei dieKommission etwas furchtbar Unpolitisches in der ganzenGeschichte. Können Sie uns auch vor dem Hintergrundder gewünschten Beschleunigung von Verfahren etwasdazu sagen? Wir wissen, wir müssen uns an den Richti-gen halten, aber die Rolle der Kommission ist ja eineganz beträchtliche in der zukünftigen Regulierung, auchin der Frage der Marktbetrachtung u.ä. Meine Frage istalso, wie sieht das der nationale Regulierer im Rahmendessen, was er an Meinungen haben darf?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Wir versuchen ja, mit derKommission gemeinsam in dieser europäischen Regulie-rergruppe das europäische Umfeld zu gestalten. Es gibtz.B. Diskussionen über das Vorgehen oder bestimmtegemeinsame Prinzipien etwa der Mobilfunkregulierungoder anderer Themen. Dort versuchen wir – also auch diedeutsche Regulierung -, aktiv Einfluss auf das zu neh-men, was in Europa an Harmonisierung angestrebt wird.Ich sehe das so, dass das ein Geben und Nehmen ist inder Ausfüllung dessen, was als Rahmenrichtlinie ohnehinunverbindlich vorgegeben ist. Es macht dann wenig Sinn,die Grundlagen dann noch einmal in Frage zu stellen,sondern wir versuchen in Ausfüllung des Rahmenrechts,dann die Kommission möglicherweise auch von natio-nalen Besonderheiten zu überzeugen. Denn eines darf janicht vergessen werden, auch die Empfehlungen, auchguidelines oder das, was wir vorhin bei remedies disku-tiert haben, haben immerhin die Position, dass es in dennationalen Märkten auch Besonderheiten gibt, die dannbei Marktuntersuchungen auch belegt werden müssenund dann auch zu unterschiedlichen Reaktionen führenkönnen. Das ist das, was wir vorhin über Flexibilität dis-kutiert haben. Das ist durchaus mit der Unabhängigkeitder Behörde vereinbar. In gewisser Weise will ja die Eu-

ropäische Union auch mit den unabhängigen Regulie-rungsbehörden zusammen den Wettbewerb in Europa be-fördern. Ich sehe hier im Grunde genommen keinen Wi-derspruch und auch in der Praxis bemühen wir uns schonim Vorgriff, möglichst auch mit Stellen der Kommissionund Gesprächen denkbare Entscheidungen abzusichern.Ob das immer gelingen wird, wird die Zukunft zeigen,aber das Bemühen um Kooperation ist jedenfalls vorhan-den.

Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Herr Kurth,auch ich lande zum Abschluss noch einmal bei Ihnen.Höheres Auswahlermessen, das Sie jetzt haben, bedeutetja auch eine höhere Verantwortlichkeit. Und deshalbwürde es aus meiner Sicht Sinn machen – wir fordern dasja auch -, dass Regulierungsverfügungen und Entschei-dungen auch wegen der hohen Bedeutung auch für dieMarktteilnehmer grundsätzlich von der Präsidentenkam-mer getroffen werden sollten. Ich nenne nur mal ein Bei-spiel: Wenn jetzt die Frage aufkommt, Softregulierungbeispielsweise im Bereich der city carrier oder auch derMobilfunkbetreiber, finde ich, dass das eine solche zen-trale und wichtige Frage ist, die von der Präsidenten-kammer und nicht von einer Beschlusskammer getroffenwerden sollte. Das hat nichts mit fehlender Sachkompe-tenz zu tun, sondern ganz einfach mit einer stärkerenVerantwortlichkeit der Präsidentenkammer. Meine Fragean Sie ist: Teilen Sie hier meine Ansicht oder was haltenSie davon?

Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Es ist meines Erachtens nachder jetzigen Formulierung des § 130 nicht ausgeschlos-sen, dass die Präsidentenkammer auch in weiteren Fällentätig wird. Es ist durch § 130 Abs. 2 aber so geregelt,dass ein Mindestbestand durch das Gesetz quasi vorge-geben wird, dass nämlich Festlegungen nach den §§ 10und 11 – das sind also die Marktabgrenzungsfragen –durch die Präsidentenkammer erfolgen. Und im Übrigen– so sehe ich das jetzt – ist durch die Geschäftsordnungsicherzustellen, dass zum Beispiel das Konsistenzgebotgewahrt wird, die einheitliche Spruchpraxis und so wei-ter. Ich sage mal so, wir hatten im ursprünglichen Ent-wurf bei der Präsidentenkammer einen weit größerenAufgabenkatalog, der bei meinem Beschlusskammer-vorsitzenden zu der Reaktion geführt hat, dass sie kaumetwas zu tun hätten und die Präsidentenkammer alles tunwürde.

Vorsitzender Dr. Wend: Fanden die das gut oderschlecht?

Sachverständiger Kurth (Präsident Regulierungsbehör-de Telekommunikation und Post): Das fanden dieschlecht, die wollten ihren Aufgabenbereich behalten. Ichmeine,, es darf am Ende des Tages nicht so aussehen, alswürden die anderen Beschlusskammern nur noch Abfall-produkte bekommen. Um dieses diffizile Verhältnis zuregeln, scheint mir in der Tat die Geschäftsordnung dergeeignete Platz zu sein. Wir müssen auch sehen, dass wireine einheitliche Auslastung dieser Beschlusskammernhinbekommen. Umgekehrt glaube ich, dass die jetzigeRegelung, dass Grundsatzfragen durch die Präsidenten-kammer zu entscheiden sind, getroffen wird. Alles ande-re ist relativ schwierig, weil Sie dann in sehr detaillierteRegelungen hineingehen müssten. Ich denke, die Ge-schäftsordnung ist vielleicht der richtige Platz, um dasauszutarieren.

Page 27: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

815

3. BefragungsrundeVorsitzender Dr. Wend: Vielen Dank. Jetzt folgt derdritte Bereich „Kundenschutz“ von 14 bis 15 Uhr. Wirmachen zunächst wieder eine Runde der Fraktionen. Vonder SPD-Fraktion wurde mir das Signal gegeben, dasszunächst Herr Heil und dann Frau Dr. Krogmann Be-richterstatter sind.Abgeordneter Heil (SPD): Herr Vorsitzender, meineDamen und Herren, meine erste Frage geht an Herrn Sör-ries von e plus. Der VZBV, der vor Ihnen sitzt, hat unteranderem in seiner Stellungnahme eine allgemeine Preis-ansageverordnung gefordert. Ich möchte aus der Sicht Ih-res Unternehmens wissen, was das praktisch für Sieheißt, ob das praktikabel ist, ob es aus Ihrer Sicht ver-hältnismäßig ist.Vorsitzender Dr. Wend: An wen ging die Frage?Abgeordneter Heil (SPD): An Herrn Sörries von e plus.Sachverständiger Dr. Sörries (e plus Mobilfunk): HerrHeil, eine allgemeine Preisansagepflicht würde bei unsdazu führen, dass wir unsere Billing- und Abrechnungs-prozesse „umstricken“ müssten. Im Bereich der Lauf-zeitverträge sind die Systeme nicht so „gestrickt“, dasssie in Echtzeit eine Preisansage durchführen könnten.Am Markt gibt es allerdings schon Lösungen, die mit ei-ner gewissen Zeitverzögerung den Preis angeben, so dasssich auch die Laufzeitkunden über die bisher entstande-nen Kosten informieren können. Ähnliches haben wir imBereich der Pre-Paid-Produkte, wo sich der Kunde jeder-zeit über sein Guthaben informieren kann und insofernvolle Kostenkontrolle besteht.Abgeordnete Krogmann (SPD): Ich habe eine Frage anHerrn von Braunmühl vom VZBV zur Frage der Mehr-wertdienste. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrenszur Bekämpfung der 0190er/0900er-Nummern hat es be-reits damals eine intensive Debatte darüber gegeben, obdie Eingriffsbefugnisse auch auf andere Rufnummern-gassen ausgeweitet werden sollten. Sehen Sie zum jetzi-gen Zeitpunkt zusätzlichen Handlungsbedarf?Vorsitzender Dr. Wend: VZBV ist die Verbraucher-zentrale Bundesverband, für alle die Übersetzung. Herrvon Braunmühl.Sachverständiger von Braunmühl (Verbraucherzen-trale Bundesverband e.V.): Vielen Dank, Herr Vorsitzen-der, vielen Dank, Frau Krogmann. Wir haben im Vorfelddieser Anhörung nochmals eine Umfrage unter unserenVerbraucherzentralen gemacht und gefragt, ob sich dieAnzahl der Beschwerden im Bereich der Mehrwertdien-ste seit dem Mehrwertdienstegesetz reduziert hat. DieAntwort fast aller Geschäftsführer war, dass sie sich ent-weder gar nicht oder nur sehr geringfügig reduziert hat.Die Beschwerden beziehen sich, wie wir das vorausge-sagt haben, inzwischen zunehmend auf diejenigen Ruf-nummerngassen, die in dem Mehrwertdienstegesetz nichtgeregelt sind. Das heißt, man findet zunehmend Werbun-gen. Man kann zum Beispiel Mandy unter einer Aus-kunftsnummer anrufen und wird dann möglicherweiseweitervermittelt und es entstehen dadurch Kosten. DieAntwort ist eindeutig: Wir sehen Nachbesserungsbedarfim Bereich der Mehrwertdienste.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich knüpfe mit einer Frage an Herrn Kurth an. KönnenSie bestätigen, dass es, nachdem wir 2003 der Regulie-rungsbehörde zur Bekämpfung von Missbrauch von

0190er/0900er-Nummern Befugnisse gegeben haben,Ausweichtendenzen zum Beispiel in Auskunftsnummerngibt? Könnten Sie sich eine Befugnis im Gesetz vorstel-len, die unabhängig von Benennung von Nummern mög-lich wäre? Wäre das ein praktikabler Weg, um von die-sem Hase-und-Igel-Spiel wegzukommen?

Sachverständiger Kurth (Präsident Regulierungsbehör-de Telekommunikation und Post): Es ist richtig. Nebenden Auskunftsnummern, die bisher nicht den Regelungendes Missbrauchsgesetzes unterliegen, gibt es auch eineweitere Gasse, mit der Missbrauch getrieben wird, näm-lich die 0130er-Nummern. Das sind die Massenabstim-mungsverfahren - Deutschland wählt den Superstar undandere. Auch da gibt es inzwischen exorbitante Entgelte.Es gibt auch den Bereich Premium-SMS und anderes, indem wir viele Missbrauchsfälle gemeldet bekommen. In-soweit ist es durchaus zielführend, eine Bestimmung auf-zunehmen, die Missbrauchsmöglichkeiten stoppt. Daswürde auch dem Prinzip der Gleichbehandlung aller An-bieter in diesem Mehrwertdienstebereich gerecht werden.Wir haben auch Klagen darüber, dass nur in diesen Ruf-nummerngassen Auflagen bestehen. Andere Dienstean-bieter haben diese Auflagen nicht. Wir müssen auch se-hen, dass hier möglichst eine Gleichbehandlung gewährtwird. Bevor wir nun einen ganzen Katalog weiterer Ruf-nummergassen aufnehmen, bietet sich an, eine Norm zufinden, die das rufnummerngassenunabhängig gestaltet.Wir haben dazu einen Vorschlag gemacht, nämlich den §65 Absatz 1 Satz 3 TKG wie folgt zu fassen: „Sie sollferner im Fall der gesicherten Kenntnis von rechtswidri-gen Nutzungen einer für Mehrwertdienste“ - das wäre diekategoriegenutzte Rufnummer - „gegenüber dem Netz-betreiber, in dessen Netz die Nummer geschaltet ist, dieAbschaltung der Rufnummer anordnen“. Es wäre nichtmehr auf Gassen bezogen, sondern nur noch auf denMissbrauch im Mehrwertdienstebereich. Das wäre einederartige neutrale Gesetzesformulierung.

Abgeordneter Funke (FDP): Ich habe eine Frage zumThema Rufnummernübertragbarkeit. Die Frage richtetsich an breko. Halten Sie die Regelungen des § 44 fürausreichend, um unnötige Hürden für die Wechselbereit-schaft der Nutzer abzubauen und auf diese Weise denWettbewerb zu beleben?

Sachverständiger Dr. Geppert (Bundesverband der re-gionalen und lokalen Telekommunikationsgesellschaftene.V. breko): Vielen Dank für die Frage. Wir hatten vor-geschlagen, die Regelung zu ändern. Und zwar bezüglichder Kostentragungsregeln, die halten wir nicht für ausrei-chend. Als Beispiel Ihnen vorgestellt sei das derzeitigeösterreichische TKG, wo geregelt ist, dass der abgebendeNetzbetreiber kein Entgelt verlangen darf. Es ist einewichtige Regelung, um Wettbewerb zu fördern. Um Ih-nen dies in Erinnerung zu rufen: Wir haben seit langenJahren ein Entgelt für die Rufnummermitnahme seitensder Deutschen Telekom. Wirtschaftlich streckt es derneue Netzbetreiber. Es ist ein Element, um Wettbewerbentsprechend zu behindern. Ein sehr schönes Beispiel,dass uns der Verwaltungsrechtsweg in dem Fall nicht ge-holfen hat, da waren sich die RegTP und die DeutscheTelekom einig, da ist der Instanzenweg nicht mehr ge-gangen worden. Mit einem entsprechenden Beschluss istdas Verfahren eingestellt worden. Das war kein Mehr-parteienverfahren. Der eigentlich wirtschaftlich Betroffe-ne - sprich neue Netzbetreiber - war an diesem Verfahrenüberhaupt nicht beteiligt.

Page 28: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

816

Vorsitzender Dr. Wend: Wir beginnen jetzt mit derfreien Runde. Zunächst hat Herr Zöllmer das Wort. Ihmfolgt Herr Meckelburg.Abgeordneter Zöllmer (SPD): Vielen Dank, Herr Vor-sitzender. Meine Frage richtet sich an Herrn von Braun-mühl vom VZBV. Das Stichwort lautet wieder Mehr-wertdiensterufnummernmissbrauch. Hier geht es um dieFrage der Regelung. Der vorgesehene, auf dem Tisch lie-gende Gesetzentwurf verweist auf eine Numerierungs-verordnung. Sie kritisieren das in Ihrer Stellungnahme.Mich würden die Gründe interessieren und welche alter-nativen Vorschläge Sie machen, um diesen Bereich ad-äquat zu regeln.Sachverständiger von Braunmühl (Verbraucherzen-trale Bundesverband e.V.): Herr Zöllmer die im TKGvorgesehene Abschiebung in die Telekommunikations-numerierungsverordnung kritisieren wir deswegen, weilwir den Bereich Kundenschutz und Bekämpfung desMissbrauchs für einen sehr wichtigen Bereich halten undwir deswegen meinen, er sollte am besten im Gesetz sel-ber aufgehoben werden. Der Nachteil ist, dass man nichtso flexibel reagieren kann und sozusagen nicht das Ge-setz an neue Missbrauchsformen anpassen kann. Wennman also vom Gesetz wegkommen möchte ind den Kun-denschutz in einer Verordnung regeln möchte, sollte mandas unseres Erachtens nach in der Kundenschutzverord-nung tun, weil dort auch ein anderes Verfahren gilt. Dortmuss der Bundesrat zustimmen. Es findet auch eine Ab-stimmung unter den Ministerien statt, während die Nu-merierungsverordnung ausschließlich vom Bundeswirt-schaftsministerium verabschiedet wird. Insofern ist es imInteresse einer Abstimmung zwischen allen Beteiligtenbesser, es in der Kundenschutzverordnung zu regeln.Abgeordneter Meckelburg (CDU): Ich bewundereschon den ganzen Tag über die Gebärdensprache. Ichfrage deshalb den Deutschen Gehörlosenbund, warumVermittlungsdienste für Hörbehinderte angesichts derMöglichkeiten von SMS, Fax, E-Mail und anderer Dingeerforderlich sein müssen.Sachverständiger von Meyenn (Deutscher Gehörlosen-bund): Es gibt verschiedene Möglichkeiten im telekom-munikativen Bereich. Fax oder SMS ermöglichrn nur ei-ne einseitige Kommunikation. Man macht eine Meldungund wartet auf eine Rückmeldung. Es ist kein normalerDialog möglich, so wie er hier schon die ganze Zeit pas-siert. Ein Fax kann man erst bekommen, wenn man zuHause ist. Dieser Vermittlungsdienst ist dafür da, dassman direkte Absprachen auf relativ unkompliziertemWege treffen kann und so schnell wie möglich eine Ant-wort bekommt. Ich denke, da muss man zwei Sachenvoneinander trennen,, auf schriftlichem Wege oder perTelefon. Die Bildtelefonie oder die Vermittlungsdiensteermöglichen Gehörlosen eine direkte Kommunikation. Esgibt auch Leute, die sprachliche Probleme haben, schrift-sprachliche Probleme, die mit Fax oder SMS gar nichtadäquat kommunizieren können. Insofern ist der Ver-mittlungsdienst für Gehörlose oder Spätertaubte je nachBedürfnissen einzurichten und auch je nach Bedürfnissenanzubieten. Es ist so, was Sie angesprochen haben, dasSchreiben von SMS, was Normalhörende auch machen,sie schicken eine kurze Nachricht, da ist überhaupt keinDialog möglich. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste SMSschreiben und Dialoge führen, das geht nicht. Ein Faxkann ich auch erst bekommen, wenn ich zu Hause bin.SMS schreiben ist etwas für die Mobilität, ich denke, das

benutzen Hörende wie Gehörlose genauso. Aber wirkönnen dann nicht schnell zurückrufen und das Mobilte-lefon anderweitig benutzen. Insofern ist es keine aus-führliche Kommunikation. Es hat die Möglichkeit füruns, dass wir bedürfnisgerecht kommunizieren können.

Vielleicht ist es so, wenn der Arbeitsmarkt dementspre-chend ist und man zum Beispeil mit Kollegen kommuni-zieren muss, dann kann man auch, wenn man nicht direktkommunizieren kann, diese Vermittlungsdienste nutzen,wenn zum Beispiel kein Schreibtelefon oder keine ande-ren Spezialgeräte, die dafür notwendig sind, die von Spe-zialfirmen angeboten werden, zur Verfügung stehen. Esgibt in diesem Bereich ja keine Kommerzialisierung. Siekönnen nicht einfach in ein Geschäft gehen und einSchreibtelefon kaufen wollen. Insofern ist das der Zu-gang, den wir für den telekommunikativen Bereich alsganz normalen Zugang nutzen. Wir waren aus diesemBereich oftmals ausgeschlossen und sind sozusagen eineGruppe, die nur unter sich kommunizieren konnte undjetzt die Möglichkeit natürlich nutzen will. Zum Beispiel,wenn ich mir eine Pizza bestellen will oder einen Arzt-termin abmachen will, kann ich das nicht per SMS tun.Das ist nicht möglich.

Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich habe ei-ne Frage an den VZBV, bei der ich mir nicht ganz sicherbin, ob ich das richtig sehe. Sie bezieht sich auf die heuteschon einmal diskutierte Möglichkeit der Mehrerlösab-schöpfung. Wie bewerten Sie Mehrerlösabschöpfung inBezug auf den Verbraucherschutz? Ist die Regelung, dieim Gesetzentwurf vorgesehen ist, für Verbraucherinnenund Verbraucher bei möglichen illegalen oder problema-tischen Praktiken einschlägig und interessant? Wasmüsste eventuell geändert werden?

Sachverständiger von Braunmühl (Verbraucherzen-trale Bundesverband e.V.): Wir begrüßen es als Verbrau-cherorganisation sehr, dass die Mehrerlösabschöpfungsozusagen als abschreckendes Element eingeführt wird.Wir würden es allerdings besser finden, wenn es ähnlichgehandhabt würde wie in dem neuen Referentenentwurfzum GWB, der eine Mehrerlösabschöpfung nicht erst beieinem Verstoß gegen Auflagen der Behörden anordnet,sondern grundsätzlich bei schuldhaften Verstößen gegendas Gesetz. Das ist ein großer Unterschied. Zusätzlichregelt das GWB auch neben einer Abschöpfung durch dieKartellbehörde einen Abschöpfungsanspruch durch dieVerbände, falls die Behörde einmal nicht von ihremRecht Gebrauch machen sollte. Auch das wäre nach un-serer Ansicht sinnvoll. Es wäre insofern konsistent, eshier genauso zu regeln wie im GWB.

Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich habe eine Frage an den Gehörlosenverband. Wieschätzen Sie die Kostenbelastung ein und wie ist andereneuropäischen Ländern diese Frage geregelt?

Sachverständiger Palleit (Deutscher Gehörlosenbund):Zunächst zu der Frage, wie das in anderen Ländern gere-gelt ist: Es ist in vielen Ländern so, dass Gehörlose seitmittlerweile über zehn Jahren es als selbstverständlichansehen können, einen solchen Vermittlungsdienst zunutzen. Das ist außerhalb Europas in den USA sehr be-quem möglich, zum Beispiel brauchen Sie nur auf dieWebsite von ATNT zu klicken, da haben Sie gleich imzweiten Menü die Möglichkeit, direkt durch einen Maus-klick einen solchen Relayservice in Anspruch zu neh-men. In Australien, in Japan gibt es solchen Service, aber

Page 29: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

817

in Europa selbst ist es auch weit verbreitet. Da war in ei-ner Studie von 2001 die Rede davon, dass Deutschlandeines von nur sechs Ländern der EU sei, das noch überkeinerlei solcher Dienste verfügt. Mittlerweile sind wirnur noch eins von drei Ländern, weil nach unseremKenntnisstand auch Österreich, Irland und Italien zumin-dest einen Probebetrieb solcher Vermittlungsdienste auf-genommen haben. Auch bei den Beitrittskandidaten wer-den solche Dienste aufgebaut. Tschechien zum Beispiel,Ungarn, in Malta gibt es so etwas auch schon länger.Wenn wir von den Diensten in anderen Ländern reden,reden wir von 24 Stunden verfügbaren Diensten.Diese Dienste gibt es, wie schon gesagt, seit mehrerenJahren. In acht Ländern seit über zehn Jahren. Es sind,der Technik geschuldet, überwiegend Dienste, die überdiese Schreibvermittlung arbeiten. Aber seit die Techniksoweit ist, setzt sich auch mehr und mehr durch, dass zu-sätzlich die Vermittlung über Bildverbindung möglichist, sprich Gehörlose in die Lage versetzt werden, Gebär-densprache zu verwenden. Wie das rechtlich in anderenLändern umgesetzt ist, kann man schwer kurz beantwor-ten, weil das je nach Situation unterschiedlich gehand-habt wird. Was allerdings feststellbar ist, ist eine gene-relle Tendenz, dass es eine Proportionalität zwischenKlarheit der gesetzlichen Regelung und Qualität bezie-hungsweise im Umfang des angebotenen Dienstes gibt.Interessant ist auch, dass Länder, die bisher die Relayser-vices rechtlich außerhalb des Universaldienstregimes ge-regelt haben, jetzt im Zuge der Umsetzung der Richtlini-en - ich rede hier von Ländern wie Schweden und Nor-wegen - dazu übergegangen sind, die Frage der Relay-dienste auch mit in den Universaldienst aufzunehmen.Zur geschätzten Kostenbelastung: Angesichts der Inve-stitionssummen, die generell im Telekommunikations-sektor in Rede stehen, ist so ein Dienst vergleichsweisebillig. Voll ausgebaut schätzen wir die jährliche Bela-stung auf unter 15 Millionen Euro ein. Da sprechen wiraber von langfristigen Kostenbelastungen, denn es wirdeinige Zeit dauern, bis ein solcher Dienst überhaupt die-ses Maß erreichen kann. Das hat verschiedene Gründe.Es wäre zu weit führend, wenn wir darauf eingehen wür-den. Wir haben das in einem Konzept, das wir der Bun-desregierung zur Verfügung gestellt haben, ausführlichdargelegt. Ein solcher Dienst müsste schrittweise aufge-baut werden. Die ersten Jahre wird sich dies nach unse-ren Schätzungen auf etwa zwei Millionen Euro pro Jahrbelaufen - Gesamtkosten wohlgemerkt. Uns geht es dar-um, dass der Teil der Kosten abgedeckt ist, der sich nichtdurch Entgelte der Nutzer selber finanziert. Diese Unter-scheidung ist für uns ganz wichtig. Wir wollen keinenDeluxeservice zum Nulltarif, sondern uns geht es darum,dass auch die hörbehinderten Betroffenen einen ange-messenen Teil selber tragen. Wir meinen aber, dass manhier nicht über das Maß der Verhältnismäßigkeit hinaus-gehen kann. Denn Behinderte werden, verglichen mit unsNichtbehinderten, so schon mit erhöhten Kosten kon-frontiert.Abgeordnete Roth (SPD): Ich bin froh, dass die Fragezu dem Thema Behandlung der behinderten Menschenim Bereich der Telekommunikation schon einmal gestelltwurde. Sie haben in Ihrer Stellungnahme gesagt, dass der§ 43 nicht ausreichend ist. Dort wird ja vorgesehen, dassdie behinderten Menschen und die Belange der behin-derten Menschen in der Kundenschutzverordnung be-rücksichtigt werden müssen. Sie verlangen die Aufnahme

im Universaldienstleistungsbereich. Wenn ich das richtigsehe, ist das offensichtlich in anderen europäischen Län-dern auch üblich. Deshalb meine Frage an den Vertreterder europäischen Kommission, der sich ja in der Regelheraushalten möchte. Aber weil es sich hier um eine...Vorsitzender Dr. Wend: Der ist nicht mehr da.Abgeordnete Roth (SPD): Der ist nicht mehr da? Das istja noch toller. Dann kann ich ihn ja gar nicht fragen. Be-achten wir die EU-Richtlinie und fragen den Gehörlo-senverband, die sind ja da. Vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie und vor dem Hintergrund dessen, was Sie ge-rade geschildert haben, und auch das, was technischmöglich ist - auch als Innovation -, halten Sie es nicht fürausreichend, dies in der Kundenschutzverordnung zumachen? Warum muss es unbedingt in Universaldienst-leistungen niedergeschrieben werden? Erwarten Sie dar-aus Innovationen der Anbieter oder was sind die Gründedafür?Sachverständiger Palleit (Deutscher Gehörlosenbund):Nach unserer Ansicht ist eine Verankerung im Univer-saldienstregime das Sinnvollste. Dazu haben wir einRechtsgutachten von Herrn Professor Gersdorf vorgelegt,wo dies sehr ausführlich dargelegt ist. Darauf möchte ichan dieser Stelle verweisen. Da es uns in erster Linie umdas Ergebnis geht, sind wir durchaus für Alternativen of-fen. Wenn der Gesetzgeber einen anderen Weg bevorzu-gen sollte, wird uns das nicht wesentlich stören, solangeder Effekt der richtige ist. Was der Effekt sein sollte, istin der Universaldienstrichtlinie nach unserem Dafürhal-ten sehr eindeutig festgelegt. Es soll ein gleichwertigerZugang Hörbehinderter sichergestellt werden. Genau dasind wir bei dem springenden Punkt. So wie wir § 43 desRegierungsentwurfs lesen, kann da von einer Sicherstel-lung schlecht die Rede sein. Denn die Verordnungser-mächtigung sagt, die Belange behinderter Menschen sindbesonders zu berücksichtigen, trifft aber keine Regelungzur Kostenfrage.Die Finanzierungsfrage ist überhaupt nicht dort ange-sprochen, so dass wir Schwierigkeiten haben, darin eineausreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage zu se-hen. Man muss auch in Betracht ziehen, dass dort steht,die Belange behinderter Menschen seien besonders zuberücksichtigen. Aber welchen dieser Belange ist auch zuentsprechen? Wird im Ergebnis durch eine solche For-mulierung tatsächlich sichergestellt, dass ein gleichwerti-ger Zugang für hörbehinderte Menschen geschaffenwird? Ich meine, irgendein Zugang erscheint durchausmöglich. Insofern sagen wir nicht, dass dieser Satz über-haupt keinen Effekt hat. Aber wir haben große Zweifeldaran, dass tatsächlich diese Gleichwertigkeit, die uns es-sentiell wichtig ist, sichergestellt werden kann. Ganz zuschweigen von dem Zeitfaktor. Wir haben die Befürch-tung, wenn dies in einer Verordnung geregelt wird, dassdann wieder Jahre ins Land ziehen. Wir sind nicht erstseit gestern im Hintertreffen im Vergleich mit anderenLändern. Wir werden die Befürchtung nicht los, dass wireine gewisse Zeit ohne einen solchen Dienst auskommenmüssen.Es wird im Gesetzentwurf an anderer Stelle, nämlich inder Begründung zu § 3 darauf hingewiesen, dass eineumfassende Umsetzung der Universaldienstrichtliniedurch das Bundesgleichstellungsgesetz erfolgt sei. Dasführt aber dazu, dass wir als Betroffenenverbände einenAnspruch auf die Aufnahme von Verhandlungen haben.

Page 30: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

818

Was uns das nützt, ich nehme an, Sie können sich vor-stellen, mit welcher Verhandlungsmacht und Überzeu-gungskraft wir in solche Verhandlungen gehen können.Ich glaube nicht, dass jemand von Ihnen davon ausgeht,dass wir aus einer Position der Stärke verhandeln könn-ten. Und einen Abschlusszwang sieht das Bundesgleich-stellungsgesetz nicht vor. Ich finde die Stellungnahmevon Bitkom, die in der Materialzusammenstellung, dortNr. 949, steht, recht bezeichnend. Sie spiegelt relativdeutlich unsere Befürchtung im Zusammenhang mit sol-chen Verhandlungen wider. Unsere Erfahrung ist, dassman bei solchen Verhandlungen mit einer eigenartigenMischung aus durchaus bekundeten guten Absichten unddem Willen zu helfen und andererseits einer frappieren-den Ergebnislosigkeit konfrontiert wird. Dass sich dieseSituation maßgeblich durch den vorliegenden Gesetz-entwurf ändern wird, sehen wir nicht.Abgeordneter Funke (FDP): Ich habe eine Frage anBitkom. Halten Sie ein Klagerecht für Verbände imRahmen des TKG für notwendig?Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.[BITKOM]): Vielen Dank für die Frage. Wir sehengrundsätzlich die Frage der Verbandsklagebefugnis et-was skeptisch. Das bezieht sich keinesfalls nur auf Ver-braucherverbände, sondern durchaus auch auf Unterneh-mensverbände. Diese sind nach dem aktuellen Stand desKabinettsentwurfs bereits als klageberechtigt vorgesehen.Der Bundesrat hat zusätzlich die Erweiterung auf Ver-braucherverbände angeregt. Grundsätzlich sprechen wirhier gegen unsere eigenen Rechte, aber tun es an dieserStelle doch mit Überzeugung, halten dieses letztendlichdoch für eine Gefährdung einer übermäßigen Rechtsver-folgung. Dort, wo tatsächlich Rechte betroffen sind, be-stehen genug Klagerechte der individuell Betroffenen.Eine Sammlung im Sinne von Klagerechten von Verbän-den ist eher problematisch. Wenn wir solche einführen -das ist zumindest ein wichtiger Punkt, der bislang nichtim Kabinettsentwurf berücksichtigt wurde -, ist das Ver-braucherklagerecht so zu beschränken, dass dieses er-stens nur auf Unterlassungs- und nicht auf Schadener-satzrecht gehen kann. Das ist etwas, was bislang als Un-terscheidung nicht im Gesetzentwurf vorgesehen ist. EinSchadenersatzrecht würde sich bestenfalls auf Drittschä-den beziehen. Das wäre gänzlich ungewöhnlich undsollte deshalb klargestellt werden.Ein zweiter Punkt ist dabei auch, dass wir ein Korrektivbrauchen, um eine missbräuchliche Anwendung solcherKlagerechte auszuschließen. Vorbilder gibt es hierfür,etwa auch im aktuellen Gesetzentwurf für das novellierteUWG, wo wir auch lange Erfahrungen in Bezug auf Ver-bandsklagerechte haben. Auf diese Erfahrungen sollteman zurückgreifen und ein entsprechendes Korrektiv ein-fügen. Das fehlt bislang. Vorzugsweise sollte man aberVerbandsklagerechte gänzlich streichen.Abgeordneter Meckelburg (CDU): Ich habe eine Fragean Bitkom: Im Gesetzentwurf werden die Anwendungender Kundenschutzverordnung auf Anbieter von Privat-netzen und geschlossene Benutzergruppen ausgeweitet.Ist diese generelle Ausweitung aus Ihrer Sicht sinnvoll?Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.[BITKOM]): Auch hier die Antwort: definitiv nein, sieist nicht sinnvoll. Wir haben bislang eine Beschränkung

der Kundenschutzregeln, die sich von der Zielrichtunganbietet, die sich an die unbestimmte Öffentlichkeitrichtet. Wir finden eine Beschränkung der bisherigen Ge-setzeslage. Die jetzt vorgesehene Ausweitung würde da-zu führen, dass etwa Corporate Networks bis hin zu Be-hördennetzen, Hotels, Krankenhäuser etc mit in den An-wendungsbereich hineingenommen würden. Das ist ge-rade bedenklich angesichts dessen, dass nach dem bis-lang vorliegenden ersten Entwurf für eine neue Kunden-schutzverordnung dort weitergehende Vorschriften ge-macht werden, etwa zu Qualitätsstandards, zu Ausge-staltung von Vertragsbestandteilen etc. Hier ist es defini-tiv nicht erforderlich, solche Dinge, auch etwa für Corpo-rate Networks, zu regeln. Dies führt zu deutlich höherenBelastungen für diesen Bereich, indem ein besondererKundenschutzbedarf nicht besteht.Abgeordneter Zöllmer (SPD): Das Stichwort zum § 43ist eben genannt worden - Verbandsklagerecht - HerrOsthaus von Bitkom hat sich dazu geäußert. Mich würdeauch die Sicht des VZBV zu dieser Frage interessieren,warum er - in seiner Stellungnahme wird das ja deutlich -ein Verbandsklagerecht der Verbraucherverbände fürnotwendig hält. Mich würde auch die Position der Regu-lierungsbehörde zu dieser Frage interessieren.Sachverständiger von Braunmühl (Verbraucherzen-trale Bundesverband e.V.): Ich meine, es ist ein Gebotder Gleichbehandlung. Es haben in dem jetzigen Gesetz-entwurf fast alle ein Klagerecht, das heißt, die Wettbe-werber selber, Verbände der Wettbewerber. Es habenauch einzelne Kunden ein Klagerecht, nur nicht die Ver-braucherverbände. Die Erfahrung lehrt, dass der einzelneKunde nicht unbedingt auf Unterlassung klagt, weil dasteuer und langwierig ist. Dafür gibt es ja die Verbands-klagen. Insofern ist es hier ein Gebot der Gleichbehand-lung, wenn man Wirtschaftsverbände als klagebefugt ak-zeptiert, dass die Verbraucherverbände die gleichenRechte bekommen. Man kann sich natürlich auch auf denStandpunkt stellen, dass die Verbraucherverbände bereitsnach dem Unterlassungsklagegesetz eine Klagebefugnishaben. Insofern wäre zumindest eine Klarstellung in die-sem Gesetz deutlich, so dass man sich darüber anschlie-ßend nicht streiten muß.Vorsitzender Wend: Herr Zöllmer, da Sie nicht zweiFragen stellen dürfen, mache ich von meinem Recht alsVorsitzender Gebrauch. Wie sehen Sie das denn, HerrKurth?Sachverständiger Kurth (Präsident Regulierungsbehör-de Telekommunikation und Post): Es ist eine rechtspoli-tische Frage, wem man Klagerechte einräumt, Verbrau-cherverbänden, Naturschutzverbänden oder anderen. Daswird rechtspolitisch diskutiert. Da muß ich mich als Ver-treter der Regulierungsbehörde zurückhalten, ob man dasKlagerecht rechtspolitisch erweitern will oder nicht. Ichwill Ihnen zu Ihrer Meinungsbildung ein paar Faktennennen: Es ist nicht so, dass die Regulierungsbehördebisher an mangelnden Klagen leidet. Ich habe gerademeinen zuständigen Stabsleiter befragt. Wir haben nahe-zu 3.000 Klagen in diesen sechs Jahren abgewickelt undhaben dafür sechs Mitarbeiter, die das in der Behördemachen, die ganzen Prozesse betreuen, zur Verfügung.Wir diskutieren über Beschleunigung und über Effizienz,über Flexibilität.Ob die Ausweitung der Klage- und Antragsrechte undder Verfahrensrechte - das sage ich ganz neutral, nicht

Page 31: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

819

nur in Bezug auf Verbraucherverbände - der Stein derWeisen ist, um zu Beschleunigung und Flexibilität zuführen, wenn wir nun auf die 3.000 Klagen nochmals3.000 Klagen draufsetzen, das wage ich jedenfalls zu be-zweifeln. Ich kann mein Statement von vorhin nur noch-mals wiederholen: Nicht durch Verfahren und weitereVerfahren erreicht man mehr Klarheit, sondern durchklare Befugnisse. Schauen Sie besser auf die Inhalte.Was nutzen alle Antrags- und Klagerechte, wenn wir sieam Ende abweisen müssen. Dann haben wir mit Zitronengehandelt. Ich glaube, diese Schwerpunktsetzung auf dieVerfahrensrechte auch in dieser Anhörung ist etwas indie Irre führend.Abgeordneter Singhammer (CSU): Meine Frage richtetsich an Herrn Haas von O2. In der Stellungnahme, dieSie abgegeben haben, befürchten Sie, dass Gedanken undRegelungen des Kundenschutzes dazu führen, dass be-stehende Geschäftsmodelle erschwert werden. Wie kannman Ihrer Meinung nach den berechtigten Gedanken desKundenschutzes und den Wunsch, innovative, neue Mo-delle der Geschäftspolitik nicht zu behindern, unter einenHut bringen? Welche Vorschläge haben Sie dazu?Sachverständiger Haas (O2 (Germany) GmbH & Co.KG): Unser Anliegen richtet sich im Wesentlichen aufeine Formulierung bei der Numerierung, wo wir sehen,dass derzeit bestehende Geschäftsmodelle durch das Zu-sammenwachsen von Festnetz und Mobilfunk und inso-fern auch einen entsprechenden Verbrauchernutzen undKundenfreundlichkeit zur Folge haben. Die bestehendeVorschrift in § 44 Absatz 1 Satz 2 steht dem entgegen,weil dort eine Portierung von geografischen Rufnum-mern zu Mobilfunkrufnummern im Gegensatz zur bisherbestehenden Rechtslage im alten TKG unterbunden wird.Insofern haben wir hierzu auch einen Formulierungsvor-schlag unterbreitet, der diesen Lapsus beseitigt. Insofernunterstellen auch wir dem Gesetzgeber keine Absicht,nur, wir haben festgestellt, dass bei vielen Vorschriften,die das Festnetz berücksichtigen, oft das Zusammen-wachsen von Mobil- und Festznetz ein wenig vernachläs-sigt wird. Wir haben hierzu einen Formulierungsvor-schlag gemacht, der insofern berücksichtigt, dass diesesZusammenwachsen und auch insofern eine verbraucher-freundliche Zusammenführung der Rufnummern ermög-licht wird.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Wir sind ge-rade dabei, zu sammeln, was alles gegen mehr Verbrau-cherschutz spricht. Da darf die Frage auch an einenMehrwertdiensteanbieter wie Talkline nicht fehlen. Wieist Ihre Position zur Verhinderung von Missbrauch durchErlösabschöpfungausweitung des Verbraucherschutzesauf alle Rufnummerngassen?Sachverständiger Zilles (Talkline ID): Herr Barthel, ichhatte interessiert zugehört, was die Vorredner zum The-ma Missbrauch, der sich nicht gebessert hat, gesagt ha-ben. Ich kann dies nicht nachvollziehen. Da ich auch imFST vertreten bin, muß ich sagen, natürlich hat sich in-zwischen eine Verbesserung ergeben. Es gibt immerAuswüchse in andere Rufnummerngassen, darauf hattenwir damals schon hingewiesen. Aber ich denke, geradedie 118-Gasse ist vorbildlich. Dort gibt es eine kostenlo-se Tarifansage auf Netzebene. Also, jeder Anrufer, egal,welchen Anbieter er haben möchte, ob er Gina, Fleuropoder die Bundesbahn haben möchte, bekommt diese An-sage und weiß genau, was er zu welchem Tarif erhält. Erhat danach die Möglichkeit, aufzulegen. Wir haben Vor-

kehrungen getroffen. Es gibt mit Sicherheit Verbesse-rungsmöglichkeiten, das eine oder andere. Die Gesetzemüssten mehr gelebt werden. Ich glaube, das ist der ent-scheidende Punkt. Ich glaube, man sollte es auch nichtüberregulieren. Wie gesagt, die Gefahr, dass man dortdas Ganze überreguliert, ist sehr groß. Ich denke, dieVoraussetzungen sind geschaffen worden, dass wennman die Gesetze, die im vergangenen Sommer verab-schiedet worden sind, wirklich nicht nur anwendet, son-dern auch seitens der Regulierungsbehörde und der ent-sprechenden Organe nachhält, dann ist schon der richtigeSchritt in die richtige Richtung getan worden. Wichtig istnur, dass man von Zeit zu Zeit schaut, ob das, was derGesetzgeber und die Verbände und Industrie gemachthaben und wollten, auch gehalten wird und Verstöße, diesich dann wieder mit der Zeit ergeben, dann in einer kon-sequenten Weise nachregulieren wird. Zum heutigenZeitpunkt ist nichts nötig.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Da sind meine Erfahrungen in der Praxis anders. Ich habeeine Frage an die Verbraucherzentrale. Vorhin, ganz amAnfang, hatten wir das Thema Transparenz und Aus-weitung der Preisansage. E-plus hat gesagt, dass das, sowie Sie es fordern, zu starke Belastungen bedeutet. Kön-nen Sie dazu nochmals Ihre Position sagen, also insbe-sondere warum und welche Belastung das in der Konse-quenz das aus Ihrer Sicht bedeuten würde?Sachverständiger von Braunmühl (Verbraucherzen-trale Bundesverband e.V.): Die Frage der Belastungmüßte e-plus beantworten. Das ist für mich schwierig.Ich weiß nur, dass die Mobilfunktbetreiber im Rahmendes Mehrwertdienstegesetzes ohnehin in wenigen Mo-naten eine Preisdurchsage für Mehrwertdienste machenmüssen. Möglich scheint das Ganze ja zu sein. UnsereForderung lautet: Man sollte es wegen der bestehendenerheblichen Intransparenz bei den Preisen insgesamt aufalle Mobilfunkgespräche ausweiten. Durch die Portabili-tät der Mobilfunkrufnummern weiß man inzwischennicht mehr, welchen Provider man gerade anruft. DiePreisunterschiede sind sehr, sehr hoch - ob ich eineNummer meines eigenen Netzes anrufe oder eine andereNummer, deswegen ist eine allgemeine Preisdurchsagesehr geboten.Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage richtet sich anHerrn Kurth. Herr Kurth, sie haben Erfahrungen mit derMissbrauchbekämpfung spätestens seit dem Sommerletzten Jahres, was das Ausweichen auf Rufnummerngas-sen und ähnliches betrifft. Denn damals haben wir alsGesetzgeber, der wir sind, nicht die Bundesregierung -kleine Besserwisserei an diejenigen, die immer von Ge-setzgeber sprechen und auf die Bundesregierung gucken- gesagt, dass wir uns das angucken wollen, auch imHinblick auf das TKG. Meine Frage ist insofern, welcherHandlungsbedarf besteht in diesem Zusammenhang, washätte die Preisansagepflicht, die eben eingefordert wurde,auch für den Mobilfunkbereich für Auswirkungen aufden Markt? Würde es Unternehmen in eine unterschied-liche Situation bringen, was die Frage von Wettbewerbs-entwicklungen betrifft?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Zunächst einmal teile ich das,was soeben gesagt worden ist, dass natürlich das Gesetzzur Bekämpfung des Rufnummernmissbrauchs deutlicheund erhebliche Erfolge gebracht hat. Das ist auch sicht-bar, wir haben Rufnummern entzogen, wir haben Dialer

Page 32: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

820

in gewaltigem Umfang widerrufen, wir haben die Dialerjetzt in eine Nummerngasse migiriert, die dem Kundenpraktisch eine Sperrung im 900er-Bereich ermöglicht.Das sind alles deutliche Schritte, in denen auch gehandeltwird und in denen sich einiges verbessert hat. Ich habebereits vorhin gesagt, dass das Ausweichen in andereNummerngassen als Problem gesehen werden muss. Dasist auch ein Problem der Gleichbehandlung – das ist der137er-Bereich und anderes –, dazu haben wir einen Vor-schlag unterbreitet, der letzten Endes auch zukunftsoffenist und der eben die Missbrauchfälle nicht mehr abhängigmacht von einer Nummerngasse. Das war z. B. ein solchkonkreter Vorschlag und man muss natürlich auch beiweiteren Preisansagen Auswirkungen berücksichtigenund ich rate da halt immer zur Gleichbehandlung. Es sindja immer Schwierigkeiten genannt worden und wir hattenauch Probleme bei der Implementierung der jetzigen Re-geln, wenn man etwas ändert. Vielleicht wird das nochein Hinweis von mir, man sollte vielleicht Übergangsfri-sten vorsehen, denn gewisse technische Schwierigkeiten,die es immer gibt, lassen sich natürlich auch durch eineÜbergangszeit, die man einräumt, von den Unternehmeneher in den Griff bekommen, als wenn man dann überNacht Veränderungen durchsetzen will; das sollte be-dacht werden.

4. BefragungsrundeVorsitzender Dr. Wend: Vielen Dank. Da keine weite-ren Fragewünsche mehr vorliegen, schließen wir jetztdiesen Bereich ab und kommen zum vierten Bereich:Datenschutz und Sicherheit. Da verfahren wir wieder wiegehabt, eine Fragerunde der Fraktionen. Für die SPD be-ginnt der Kollege Tauss. Jetzt habe ich Dich mal richtigin Bewegung gebracht. Bitteschön.Abgeordneter Tauss (SPD): Der randaliert hier auchgleich herum und reißt hier alles nieder. HerzlichenDank, Herr Vorsitzender.Vorsitzender Dr. Wend: Da sind wir nicht völlig über-rascht, nicht völlig.Abgeordneter Tauss (SPD): Ich habe es befürchtet, dassmein Ruf mir so auch hier vorauseilt. Herr Vorsitzender,völlig unabhängig von Generalfragen, ich sage das auchnur zur Erläuterung, weil hier im Raum auch der Eineoder Andere privat geäußerte Meinungen von mir in derÖffentlichkeit kennt, zu dem Thema: Ich frage mich, obes Sinn macht, Teil 7 herauszulösen und wie auch immer.Ich bin auch heute an vielen Stellen auf diesen Punkt an-gesprochen worden, den wir bei uns auch in der Fraktionin einem weiteren Verfahren klären wollten. Aber dessenvöllig ungeachtet ist es natürlich so, dass wir uns mitdem Teil 7 TKGE jetzt auch beschäftigen wollen undnicht nach dem Motto, es gibt andere Überlegungen, dieDebatte, die notwendig ist, in irgendeiner Form nichtführen wollen. Ich sage das nur als Vorbemerkung unddeswegen wäre meine erste Frage gerichtet an Herrn Dr.Dix. Ich möchte wissen, ob sich der Schutz des Fernmel-degeheimnisses möglicherweise noch weiter erstreckensollte als das, was wir im Moment vorgesehen haben.Stichworte PIN, PUK, Passwort usw. In dem Zusam-menhang bitte ich auch um Ihre Einschätzung des Kop-pelungsverbotes nach § 93.Sachverständiger Dr. Dix (Landesbeauftragter f. d.Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht d. LandesBrandenburg): Herr Taus, zur ersten Frage, die sich ja

auf den § 111 des Entwurfs bezieht, bin ich der Auffas-sung, dass hier die von der Bundesregierung vorgesehenePflicht zur Mitteilung von PINs, PUKs, also sogenanntenpersonal unblocking keys oder auch Passwörtern, eine inder Tat problematische Regelung ist und in das Fernmel-degeheimnis eingreift. Der Regierungsentwurf begründetdas damit, dass der eigentliche Eingriff in diese Datenoder die Nutzung dieser Daten - um auf Inhalts- oderVerkehrsdaten zurückgreifen zu können nach der Straf-prozessordnung - im Einzelfall beantragt werden müsse,aber die Auskunft über solche Passwörter ohne Einhal-tung der StPO-Regelung möglich sein muss. Ich halte dasfür verfehlt. Hier wird das Fernmeldegeheimnis in derTat umgangen.Im Übrigen noch eine praktische Bemerkung: Übrigensist auch der Bundesrat der Auffassung, dass diese Infor-mationen - PINs, Passwörter - dem Fernmeldegeheimnisunterliegen. Aus praktischer Sicht geht diese Vorschriftauch deshalb ins Leere, weil nämlich die Netzbetreiberaus Datensicherheitsgründen solche Informationen selbergar nicht speichern oder kennen dürfen. Das wissen Sieselber aus eigener Erfahrung, wenn Sie eine EC-Kartemit PIN zugeschickt bekommen, dann generiert die Bankdie PIN bei sich, aber ohne selbst davon Kenntnis neh-men zu können oder zu dürfen und übersendet sie Ihnen.Das selbe gilt für die PINs und PUKs, die die Mobil-funkanbieter übersenden, die werden verdeckt, praktischabgedeckt, Ihnen zugesandt, die müssen Sie erst freirub-beln. Von daher ist es geradezu praktisch gar nicht durch-führbar, dass Netzbetreiber den Sicherheitsbehörden übersolche Informationen Auskunft geben sollten.Was das Koppelungsverbot angeht, bin ich auch der Auf-fassung, dass der Regierungsentwurf hier das Schutzni-veau, wie es in der TDSV vorgesehen war, unnötig ab-senkt. Hier wäre ich entschieden für eine Beibehaltungdes gegenwärtigen Rechtszustandes eintreten.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich habe ei-ne Frage an Herrn Osthaus von BITKOM, und zwar zueiner Diskussion, die wir wie auch Herr Kollege Taussvor rund anderthalb Jahren im Bereich der Telekommu-nikationsüberwachungsverordnung schon einmal hatten...Abgeordneter Tauss (SPD): Aber nicht nur da.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Und nichtnur da, Herr Kollege.Vorsitzender Dr. Wend: Mach mal Dein Mikro aus, daswird zu gefährlich.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): So ein Dia-log ist auch ganz nett.Der Gesetzentwurf der Bundesregierung weitet den Kreisder Verpflichteten für Überwachungsmaßnahmen undDatenerhebungs- und Speicherpflichten auch auf dieBetreiber nichtöffentlicher Netze aus. Ist dies aus IhrerSicht sinnvoll, Herr Osthaus?Vorsitzender Dr. Wend: Herr Osthaus, lassen Sie michraten, was Sie antworten.Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.BITKOM): Ich könnte es jetzt ganz kurz machen undnein sagen, aber vielleicht wäre das meiner Stellung hierals Sachverständiger unangemessen. Die Frage ist natür-lich zum Teil an mich zu richten, zum Teil sicherlichauch an die Sicherheitsbehörden, denn von dort gibt es

Page 33: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

821

möglicherweise die entsprechenden Begehrlichkeiten undes kommen die entsprechenden Forderungen, wobei esdort ganz erleuchtend war letztens in einer Diskussionmit Herrn Wertebach, sicherlich vielen von Ihnen be-kannt als Präsident des Verfassungsschutzes und ehema-liger Berliner Innensenator, der seinerseits eingeräumthat, dass dies in weiten Teilen eigentlich auch keine zen-trale Bedeutung hat. Wir müssen uns darüber Gedankenmachen, was sind solche nichtöffentlichen Anbieter? Ichhabe das vorhin schon einmal im Zusammenhang mitdem Kundenschutz erwähnt, das sind z.B. diese CorporalNetworks, man stelle sich also das firmeninterne Netzvon Siemens vor.Zweitens sind es auch bereits Einrichtungen wie Hotels,Krankenhäuser, die Nebenstellenanlagen betreiben. Auchdiese fallen in den Bereich der nichtöffentlichen Tele-kommunikationsanbieter. Dazu gehören auch - das kannman auch sagen -, die öffentlichen Anbieter im behördli-chen Bereich, also auch das Bundestagsnetz würde dar-unter fallen, aber eben auch Behördennetze. Es sindschließlich, und das ist wohl der eine Knackpunkt, auchNetze, die von Universitäten betrieben werden und dortauch Studenten zugänglich gemacht werden. Ein wirkli-cher Auslöser dieser Begehrlichkeiten seitens der Sicher-heitsorgane ist wohl nur dieser letzte Punkt, vielleicht inErfahrung des 11. September. Der Weg ist wohl der völ-lig falsche, nun zu sagen, wir erschlagen gleich alle undüberwachen künftig auch Siemens. Auch Herr Wertebachräumte gleich ein, dass ein Interesse von Siemens nichtbesteht und auch der Deutsche Bundestag muss nicht ab-gehört werden.Vorsitzender Dr. Wend: Aber vielleicht bei uns, daskann ja sein.

Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.BITKOM): Interessant wäre das sicher auch, aber mansollte sich eben auch klarmachen, was bedeuten dieseMehrbelastungen, insbesondere etwa bei der Frage Kun-dendatenerhebung, Kundenspeicherung. Hier geht eswirklich nur darum, zu erheben und für eine bestimmteZeit mich bis zu zwei Jahre zu speichern und wer hatwann Zugang zu welchem Telefon gehabt. Stellen Siesich jetzt einmal vor, was eine solche Ausweitung auf dienichtöffentlichen Anbieter für ein Hotel- oder Kranken-hausbetreiber im Mittelständischen bedeutet. Der sollkünftig über zwei Jahre unmittelbar abrufbereit doku-mentieren können, wann, wer, welche Nebenstelleanlagezugewiesen bekommen hatte. Das ist ein wahnsinnigerVerwaltungsaufwand, der also wirklich die mittelständi-schen Unternehmen in die Knie zwingen kann und dasobwohl, wie vorhin geschildert, ein tatsächlicher Sicher-heitsbedarf auf dieser Stelle nicht besteht. Deswegen hierdie generelle Forderung, Beschränkung auf die öffentli-chen Anbieter.

Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich hätte eine Frage an den Datenschutzbeauftragten,Herrn Schaar. Es gibt ja eine deutliche Ausweitung derinhaltlichen Verpflichtung, aber auch der zeitlichen Ver-pflichtung zur Datenspeicherung. Können Sie Ihre Posi-tion noch einmal darstellen, wie weit das mit prinzipiel-len datenschutzrechtlichen Grundsätzen zur Datenver-meidung, Datensparsamkeit usw. vereinbar ist?

Sachverständiger Schaar (Bundesbeauftragter für denDatenschutz): Vielen Dank für diese Frage. Grundsätz-

lich geht das Datenschutzrecht von den Voraussetzungenaus, dass eine Datenspeicherung oder eine Datenerhe-bung oder auch die weitere Verwendung der personenbe-zogenen Daten nur dann stattfinden wird, wenn dies zurAufgabenerfüllung erforderlich ist. Im Zusammenhangmit der Telekommunikation bedeutet dies, dass nur sol-che Daten erhoben und weiter verwendet werden dürfen,die für die Erbringung der jeweiligen Dienste und für ih-re Abrechnung erforderlich sind. Von dieser Prämissegeht der vorliegende Gesetzentwurf in Teilen ab, z.B.was die Frage der Bestandsdaten anbelangt. Hier geht esinsbesondere um Kundendaten, die in Zukunft durch dieTelekommunikationsdiensteanbieter auch dann gespei-chert werden müssen, wenn diese Daten für dieDiensterbringung nicht erforderlich sind. Konkret beziehtsich diese Verpflichtung auf die Anbieter von Pre-PaidProdukten, bei denen aus Sicherheit häufig jedenfalls ei-ne entsprechende Personalisierung dieser Dienstleistunggar nicht erforderlich ist. Wenn aber eine solche Perso-nalisierung nicht erforderlich, ist um den Dienst zuerbringen, ist es im Grundsatz datenschutzrechtlich auchunangemessen von den Diensteanbietern, dass sie dieseDaten speichern. Hier wird im Interesse der Strafverfol-gung von diesem Grundsatz der Erforderlichkeit für dieDiensterbringung abgewichen und die Dienstenabietersollen verpflichtet werden, diese Daten generell zu spei-chern und in Kundendateien auch dann einzustellen,wenn es eben wie gesagt für ihre Zwecke erforderlich ist.Der zweite Punkt betrifft die sogenannten Verkehrsdaten,d. h. eigentlich die näheren Umstände der Telekommuni-kation. Hier gab es bisher den Grundsatz, dass diese Ver-bindungsdaten - so ist der Terminus des bisherigenRechts - nur gekürzt für Abrechnungszwecke gespeichertwerden und es ein Wahlrecht der Betroffenen gibt, ent-weder diese Daten vollständig zu speichern oder voll-ständig zu löschen. Der Gesetzentwurf weicht hiervonab, d.h., er dreht dieses Regel- und Ausnahmeverhältnisum in dem Sinne, dass in Zukunft eine Vollspeicherungdieser für Abrechnungszwecke gespeicherten Verkehrs-daten vorgesehen ist. Es bleibt dann allerdings immernoch ein Wahlrecht des Kunden, jeweils die Löschungdieser Daten zu verlangen; aber im Regelfall würden die-se Daten dann gespeichert. Die Gesetzesbegründung gibteigentlich nichts her, was diese Veränderung rechtfertigt.In diesem Zusammenhang möchte ich auch eingehen aufdie Forderung des Bundesrates nach einer Vorratsdaten-speicherung, einer generellen Verpflichtung zur Speiche-rung dieser Verkehrsdaten auf Vorrat und zwar für sechsMonate. Auch eine solche Verpflichtung wäre mit demGrundsatz der Erforderlichkeit und mit der Datenspar-samkeit nicht vereinbar. Deshalb begrüße ich es auch,dass z. B. durch den Beschlussvorschlag der CDU/CSU-Fraktion hier eine solche undifferenzierte Vorratsdaten-speicherungsverpflichtung abgelehnt wird, wie es dieBundesregierung 1996 auch schon einmal gemacht hat,als eine ähnliche Forderung aus dem Bundesrat vorlag.Abgeordneter Funke (FDP): Ich möchte an die beidenletzten Fragen und auch Antworten anknüpfen und stelleeine Frage an den VATM: Wenn man die ganzen Siche-rungsvorkehrungen beachten würde – auskunftssuchendeSicherheitsbehörden – ,was kostet das? Und was kostetes, wenn man noch die zusätzlichen Wünsche des Bun-desrates berücksichtigt?Sachverständiger Grützner (Verband der Anbieter vonTelekommunikations- und Mehrwertdiensterufnummern

Page 34: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

822

e.V. VATM): Es ist natürlich eine sehr schwierige Frage,weil man sehr weit in die Zukunft schauen muss, weilman einmal Kosten hier von laufenden Kosten und Per-sonalkosten unterscheiden muss. Wir haben das einmalüberschlägig mit einem auf jeden zweistelligen Millio-nenbetrag pro Jahr zusammengerechnet. Es geht sicher-lich in der Anfangsphase bis hin zu einem dreistelligenMillionenbetrag, weil ja auf Serverebene zum Teil neuinstalliert werden müsste. Das Ganze spielt sich ja dannauch noch in einem internationalen Raum ab, d. h., vielevon diesen Maßnahmen, die hier angedacht werden, kön-nen gar nicht isoliert auf Deutschland betrachtet werden,sondern muss man im internationalen Kontext sehen. Siesind entweder auf Deutschland bezogen oder wenigerwirkungslos, so dass es hier zu einem wenig sinnvollen,aber dafür sehr kostenintensiven Aufwand käme. Wennman das Ganze aber dann europaweit hochrechnen wür-de, kämen wir zu einem sehr viel effizienteren Verfahren,aber dafür auch zu einer Vervielfachung der Kosten, weilviele Unternehmen und Investoren ja nicht nur inDeutschland im Telekommunikationsmarkt tätig sind,sondern auch im Ausland, d. h., wir haben auf jeden Falleinen sehr hohen Investitionsansatz, der ein Mehr an Si-cherheit aus unserer Sicht sehr wenig bringt. Unter demGesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit können wir denvorgeschlagenen Maßnahmen von daher auf keinen Fallzustimmen.Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage geht an die Te-lekom, die Frage der Pre-Paid-Karten ist vorhin ange-sprochen worden. Mich würde interessieren - Sie habenja viel zu tun mit Sicherheitsbehörden -, inwieweit Sieden § 109 TKGE einfach hinsichtlich seiner ermitt-lungstechnischen Effizienz und seiner Durchsetzbarkeitbeurteilen Die Frage ist, ob die Vorschriften, die dortsind, verhältnismäßig sind bei dem, was bezweckt wer-den muss, also Aufwand und Ertrag in einem Verhältnisstehen.Sachverständiger Ulmer (Deutsche Telekom): Die Effi-zienz der bisherigen Überwachungsmöglichkeiten, diewir im Telekommunikationsrecht haben, wird von unsnatürlich angezweifelt, weil wir Erfahrungen haben, dassdie zu einem ganz erheblichen Aufwand führen, nicht nurin technischer Hinsicht, sondern auch in Hinsicht aufPersonal-Ressourcen. Wir haben das Thema auch zuletztmit der Justizministerin in Baden-Württemberg diskutiertund haben zusammen mit den Vertretern der Staatsan-waltschaft und Ermittlungsbehörden dort festgestellt,dass auch da ein ganz erheblicher Aufwand erforderlichist, um diese Maßnahmen umzusetzen. Wir halten esdeshalb dringend für erforderlich, diese Ansätze einzu-schränken.Abgeordneter Schauerte (CDU/CSU): Wir stehen voreiner ausgesprochen kritischen Lage in Verfolgung desWorld-Trade-Center Dramas, alles, was wir bisher anvernünftigem Datenschutz für wichtig und richtig gehal-ten haben, achtlos über Bord gehen zu lassen. Mein Ein-druck ist, dass der Datenschutz noch nie so zahnlos warwie heute.

Zwischenruf:War das jetzt eine Forderung oder eine Feststellung?Deswegen meine Frage an Herrn Prof. Simitis – nicht da?Dann an Herrn Dr. Dix oder Herrn Schaar – wahlweise.Vorsitzender Dr. Wend: Wer darf das auswählen? Ich?Herr Dr. Dix, bitte gleich.

Abgeordneter Schauerte (CDU/CSU): Nach der Kom-petenz oder nach dem Alphabet?Vorsitzender Dr. Wend: Das habe ich nicht gesagt, aberAlphabet stimmt.Abgeordneter Schauerte (CDU/CSU): Meine Frage isteinfach, das automatisierte Auskunftsverfahren wird jaals verfassungswidrig eingestuft. Wie bewerten Sie die-sen rechtlich relevanten Hintergrund?Sachverständiger Dr. Dix (Landesbeauftragter f. d.Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht d. LandesBrandenburg): Das automatisierte Auskunftsverfahren istja im TKG schon enthalten. Es wirft eine Reihe von Fra-gen auf, die die Datenschutzbeauftragten auch bei der vo-rigen Neufassung des TKG schon gestellt haben. Es wirftDatensicherheitsfragen auf, weil hier auf Datenbankenvon Seiten der Sicherheitsbehörden zugegriffen werdensoll bei der Regulierungsbehörde, ohne dass die Providerdies überhaupt feststellen, geschweige denn die Nutzerfeststellen können. Im Übrigen wirft die jetzt neugefassteVorschrift zusätzliche Fragen der Datensicherheit - dassind alles technische Fragen der Sicherheit - auf, weil diesogenannte Joker-Abfrage eingeführt wird. Da wird,wenn man das mal bildlich beschreibt, ein Schrotschusszugelassen auf die Datenbank, auf die zugegriffen wer-den soll, wenn der Name des Verdächtigen im Einzelfallnicht genau bekannt ist. Oder aber, um Schreibfehleroder Hörfehler auszuschließen, kann man ein Joker-Zeichen an einer bestimmten Stelle des Namens einset-zen oder auch generell diese Rechercheoption sehr weitgestalten. Das führt natürlich dazu, dass in viel größeremUmfang als bisher auch unverdächtige Personen in dasVisier der abfragenden Sicherheitsbehörde kommen. Dasind wird der Auffassung, dass hier eindeutig dringendstärkere Einschränkungen im Regierungsentwurf vorge-nommen werden müssen. Der Bundesbeauftragte hat da-zu auch konkrete Vorschläge gemacht, die ich unterstüt-ze.Vorsitzender Dr. Wend: Herr Schaar, weil ich eben einbisschen flapsig war, aus Ihrer Sicht eine Ergänzung.Sachverständiger Schaar (Bundesbeauftragter für denDatenschutz): Die Frage ging ja in die Richtung, haltenwir diese Vorschrift für verfassungskonform oder verfas-sungswidrig? Ich denke, Herr Prof. Dr. Simitis hat sich jahier sehr eindeutig geäußert, auf den Sie sich auf bezogenhaben. Ich teile inhaltlich seine Bedenken, allerdingswürde ich trotzdem nicht so weit gehen, hier sozusagenschon a priori eine Verfassungswidrigkeit der Vorschriftanzunehmen. Es geht aus meiner Sicht in erster Liniewirklich darum, diese an und für sich problematischeAuskunftsregelung nicht noch einmal auszuweiten aufDaten, die nicht erforderlich sind für die Diensteanbieter,denn dann kommt man tatsächlich in den Bereich, wo dasBundesverfassungsgericht, wenn es seiner bisherigenRechtssprechungspraxis weiter folgen wird - wovon ichausgehe -doch möglicherweise eine solche Vorschriftkassieren würde.

Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Meine Fragebezieht sich noch einmal auf das Problem der Aufnahmebestimmter Bestandsdaten von Pre-Paid-Kunden. HerrSchaar hat vorhin schon darauf aufmerksam gemacht,dass es bei diesen zusätzlichen Bestimmungen zweifel-haft ist, ob dadurch auch ein Mehr an Sicherheit erreichtwird, zumal beim gesamten Zwischenhandel diese Frageüberhaupt nicht geklärt ist. Meine Frage geht an Herrn

Page 35: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

823

Osthaus von BITKOM. Gerade bei Mobilfunkunterneh-men herrscht die große Besorgnis, dass durch diese zu-sätzliche Regelung im Gesetz sogar die Gefahr besteht,dass dieses Geschäftsmodell, was auf Flexibilität ausge-richtet ist, durch diese Bestimmungen in Frage gestelltist. Dazu hätte ich gerne Ihre Meinung.Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.BITKOM): Tatsächlich ist in erster Linie die Frage zustellen, ob mit der jetzigen neuen Regelung ein Sicher-heitsgewinn verbunden ist. Das ist aus zwei Seiten zu be-antworten. Der eine Punkt ist der, es ist tatsächlich so,dass alles, was erfasst werden kann, die Daten des erst-maligen Käufers einer Pre-Paid-Karte sind. Diese Datenbehalten aber in der Regel nicht lange ihre Gültigkeit.Wir beobachten mit Pre-Paid-Karten einen schwunghaf-ten Handel, der stattfindet auf Schulhöfen, auf Floh-märkten, auf ebay-Tauschbörsen oder ...

...Zwischenruf:

Oder im Bundestag...

Oder im Bundestag? Da fehlt mir die persönliche....Vorsitzender Dr. Wend: Bisher nur bei seriösen Ein-richtungen, Herr Osthaus.

Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.BITKOM): Also, selbst bei seriösen Einrichtungen findetdas statt. Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden, dasist Teil des Geschäftsmodells, Karten werden weiterge-geben an Geschwister, an Freunde und dorthin, wo ebenein gewisser Bedarf besteht. Folge ist also, dass imNachhinein, wenn dann konkret ein Informationsbedarfbesteht, keine Daten gewonnen werden können, aufgrundderer tatsächlich der jeweilige Nutzer der Pre-Paid-Karteermittelt werden kann. Gegen ein solches Modell - das istauch wichtig - besteht gar keine richtige Handhabe, es istauch nicht geplant. Würde tatsächlich jetzt eine Daten-speicherpflicht eingeführt werden, könnte sich ganz legalein Geschäftszweig entwickeln von jemandem, der ein-fach 1.000er Pakete Pre-Paid-Karten kauft und diese an-schließend über ebay wieder versteigert. Dagegen wäregar keine Handhabe da – absolut zulässig – und damitmöglicherweise aber auch ein Weg für kriminelle Ele-mente, sich solche Karten zu besorgen, ganz zu schwei-gen von weiteren Möglichkeiten wie etwa das Auswei-chen auf ausländische Pre-Paid-Karten, die es natürlichauch gibt und die etwa in der Schweiz ganz eindeutig inkeiner Weise erfasst werden. Das ist die eine Richtung,das ist die Frage, kann ich damit überhaupt die tatsäch-lich gebrauchten Informationen erlangen?

Der zweite Punkt ist aber auch, inwieweit ist es notwen-dig? Auch heute ist es schon so, dass in Deutschland dieNamen – in der Regel – des Pre-Paid-Käufers erworbenwerden. Oft sind Pre-Paid-Produkte heute mit zusätzli-chen Mehrdiensten, nicht Mehrwertdiensten im Sinne desKundenschutzes, verbunden, etwa der Möglichkeit desinternationalen Roaming. Im selben Moment habe ichaber eine zusätzliche Vertragsbeziehung zwischen demanbietenden Unternehmen und dem Kunden, weil dasGanze plötzlich nicht mehr auf Pre-Paid-Basis, sondernauf einer Credit-Basis läuft. Im selben Moment hat dasUnternehmen selbst ein Interesse daran zu wissen, wertelefoniert mit der Karte? In dem Moment haben wirauch die Daten, dafür brauchen wir keine gesetzliche

Vorschrift. Deswegen ist schon die Frage, ob wie hier ei-ne Ausweitung in irgendeiner Weise Sinn macht; mirscheint das sehr fraglich.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich hätte eine Frage an BITKOM und zwar eine grund-sätzliche Frage zu der Kostenübernahme. Der Österrei-chische Verfassungsgerichtshof hat ja die Kostenüber-nahme von den Unternehmen als verfassungswidrig fest-gelegt und hat gesagt – und das ist meines Wissens jetztauch österreichisches Gesetz -, dass der Staat diese Ko-sten zu übernehmen hat, weil er sie auch beauftragt.Könnten Sie einmal sagen, wie aus Ihrer Sicht mit deut-schem Recht das zu beurteilen ist?Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.BITKOM): Wunderbar, ich habe gar nicht mitgekriegt,dass diese letzte Frage an mich gegangen ist, ich habe sieaber zum Glück trotzdem gehört.Nach deutschem Recht ist es auch ganz schlicht eine ver-fassungsrechtliche Prüfung, wir haben eine ganze Reihebetroffener Grundrechte, das ist Artikel 12, die Be-rufsausübung, das ist insbesondere Artikel 14, die Ei-gentumsfreiheit, und das ist schließlich Artikel 3. Wennman zunächst einmal Artikel 12 und14 nimmt, Eigen-tumsfreiheit und Berufsfreiheit, haben wir hier sicherlicheinen Eingriff, der darin besteht, dass Private in An-spruch genommen werden für rein staatliche Aufgaben,denn die Verfolgung der öffentlichen Sicherheit ist einestaatliche Aufgabe, aber sicherlich keine Aufgabe derUnternehmen. Grundsätzlich sind öffentliche Aufgabenaus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren und es gibtauch in der Rechtssprechung des VerfassungsgerichtesAusnahmen für solche Fälle: Erdölbevorratungsbeschlussfür Leute, die hier vielleicht Juristen sind. Das Ganzeläuft unter dem Stichwort Sonderabgabe. Hierfür gibt esdann drei Voraussetzungen im deutschen Recht, das istzum Einen eine besondere Sachnähe. Das mag schonzweifelhaft sein, inwieweit, bezogen auf die kriminelleNutzung der Telekommunikationseinrichtung, mögli-cherweise eine besondere Sachnähe der Unternehmengegeben ist.Das Zweite ist aber - und das ist der relevantere Punkt -die Gruppenverantwortung der belasteten Gruppe für diezusätzlich Aufwendung. Diese Gruppenverantwortungoder Verantwortlichkeit der Unternehmen für das, wasmöglicherweise mit ihren Einrichtungen geschieht, be-steht ganz sicherlich nicht. Und schließlich - und das istder entscheidende Knackpunkt -, ist es endgültig, wenndie verfassungsrechtliche Prüfung negativ ausfällt, dannder Punkt der Gruppenützigkkeit. Hier ist eben zu ver-neinen, dass die zusätzliche Sonderabgabe, die in denAufwendungen an Investitionskosten bestehen, in ir-gendeiner Weise zu Gunsten der Gruppe ausfallen. DasGanze führt dazu, dass relativ deutlich eigentlich dieVerfassungswidrigkeit zu bejahen ist, also verfassungs-gemäß zu verneinen, so wollte ich formulieren. Frau Hu-stedt hat richtig das österreichische Urteil angesprochen,das auch insofern ganz richtig unterschieden hatte zwi-schen zwei Fragestellungen, die man auseinanderhaltenmuss. Das eine ist die Frage, dürfen TK-Unternehmenmit Verpflichtung herangezogen werden, um Strafverfol-gung und um auch präventive Sicherheitsmaßnahmen zuermöglichen? Hier ist mit ja zu antworten, weil es wohlanders gar nicht geht, als wenn die TK-Unternehmen be-stimmte Dinge machen.

Page 36: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

824

Die zweite Frage, die zu stellen ist, sind sie entschädi-gungslos heranzuziehen oder hat hier eine Erstattung zuerfolgen? Dies ist eben so eindeutig in Österreich beant-wortet worden, ja, es muss so eine Erstattung gewährtwerden, sonst ist es verfassungswidrig. Diese Rechtslageist ohne weiteres auf Deutschland übertragbar.Vorsitzender Dr. Wend: Wenn Sie etwas anderes ge-sagt hätten, wären Sie auch Ihrer Arbeit nicht nachge-kommen, Herr Osthaus, glaube ich. Herr Funke und dannHerr Tauss.Abgeordneter Funke (FDP): Da könnte man ja noch er-gänzen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auchnoch eine Rolle spielt. Ich habe eine Frage an HerrnSchaar zum Thema Beendigungen von Vertragverhält-nissen. Ist die im § 93 Abs. 3 vorgesehene Löschung vonBestandsdaten mit Ablauf des auf die Vertragsbeendi-gung folgenden Kalenderjahres datenschutzrechtlich un-problematisch?Sachverständiger Schaar (Bundesbeauftragter für denDatenschutz): Die Frage ist, inwieweit die Daten so langenoch tatsächlich benötigt werden. Grundsätzlich habenwir auch in anderen Bereichen Vertragsdaten, die sehrviel länger gespeichert werden, z.B. wenn Sie in einemVersandhaus irgendwelche Waren bestellen, dann wer-den Vertragsdaten auch über eine längeren Zeitraum ge-speichert. Wir als Datenschutzbeauftragte treten natürlichfür eine möglichst frühzeitige Löschung ein. Allerdingshaben wir mit dieser Regelung bisher keine großen Pro-bleme gehabt, so dass wir hier jetzt auch nicht mit Nach-druck für eine Änderung eintreten würden.Abgeordneter Tauss (SPD): Ungeachtet der Kosten, dienatürlich ein ganz wichtiges Argument sind, interessiertmich jetzt auch noch einmal - die Frage würde an HerrnDr. Dix gehen - so eine generelle Bewertung der Be-stimmungen des TKG-Entwurfs zu der öffentlichen Si-cherheit auch im Vergleich zur Rechtslage von TKG undTKÜV. Das hat natürlich dann auch wieder mit Kostenzu tun; es ist ja völlig klar, wenn man weit darüber hi-nausginge. Würden Sie, Herr Dr. Dix, jetzt aus IhrerSicht im Vergleich zur geltenden Rechtslage im TKGund TKÜV Verschärfungen sehen, Erleichterungen beiwirkungsgleicher Beibehaltung der Rechtslage oder nichtwirkungsgleicher Beibehaltung der Rechtslage? Ihre Ein-schätzung würde mich in dem Zusammenhang interessie-ren, weil sich daran natürlich auch die Frage von Kostenfestmacht, wenn hier große Divergenzen auftauchen zudem, was wir heute haben.Sachverständiger Dr. Dix (Landesbeauftragter f. d.Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht d. LandesBrandenburg): Ich würde die Frage in der Weise syste-matisch beantworten, dass ich mich sehr dafür einsetzenwürde, den dritten Abschnitt dieses siebten Teils in die-ser Weise nicht zu verabschieden und zwar aus folgen-dem Grund: Die Bundesregierung hat ja erklärt, die ge-samte Telekommunikationsüberwachung in der Strafpro-zessordnung einer Evaluation zu unterziehen – zeitnah.Parallel dazu müssten Bestimmungen ins deutsche Rechteingeführt werden, die die sogenannte Cybercrimecon-vention des Europa-Rats umsetzt in staatliches Recht.Vor diesem Hintergrund halte ich die Verschärfungen derZugriffsbefugnisse, die dieser Teil öffentliche Sicherheitim TKG-Entwurf enthält, jetzt nicht für sachgerecht. Ichwürde hier für ein Moratorium plädieren und gewisser-maßen den gegenwärtigen Rechtszustand, also der Vor-

schriften, die die Zugriffrechte der Sicherheitsbehördenim geltenden TKG vorsehen, solange beizubehalten, bisdie Evaluation der strafprozesssualen Regelung abge-schlossen ist. Erst dann kann man gewissermaßen in ei-nem Gesamtbild zusammen auch mit den Vorschriftender geltenden TKÜV zu einem neuen Regelungskonzeptkommen, das ich dann für angemessen hielte.Vorsitzender Dr. Wend: Möchte der Bundesbeauftragtedas ergänzen?Sachverständiger Schaar (Bundesbeauftragter für denDatenschutz): Ja, ich möchte es dahingehend noch ein-mal ergänzen, es war ja im Grunde eine Gesamtwürdi-gung auch des Gesetzentwurfs hier gefragt. Dieser Ge-setzentwurf enthält leider nur sehr wenige datenschutz-rechtliche Verbesserungen. Die sind in erster Linie for-maler Art, dass nämlich überhaupt bestimmte Daten-schutzvorschriften, die bisher in einer Verordnung gere-gelt waren, jetzt ins Gesetz aufgenommen werden sollen.Materiell sehe ich leider durchgängig nur Verschlechte-rungen, und zwar an den verschiedenen Stellen – ich ha-be auf verschiedene Stellen hier hingewiesen – und meinKollege Dr. Dix hat ja auch andere Punkte noch einmalerwähnt. Insofern sind wir als Datenschutzbeauftragtemit diesem Gesetzentwurf nicht zufrieden. Ich würdeauch nachdrücklich für ein entsprechendes Moratoriumfür diesen dritten Abschnitt des siebten Teils plädierenim Hinblick auf eine dynamische Fortentwicklung desDatenschutzrechts. Auch in diesem Bereich würde ichmeinen, dass es sinnvoll wäre, diese Abschnitte eins undzwei, also Fernmeldegeheimnis und Datenschutz, in eineigenes Telekommunikationsdatenschutzgesetz zu über-nehmen, um dann bei einer Weiterentwicklung zu einemallgemeinen Telekommunikations- und Telediensteda-tenschutzrechts zu kommen, das auf einheitlichen Wer-tungen beruht und entsprechende Risiko- und Kostenab-schätzungen mit berücksichtigt.Abgeordneter Heil (SPD): Herr Osthaus, eine politischeBemerkung: Es ist natürlich relativ legitim, die Frage derKostenerstattung in den Vordergrund zu rücken, aberdass es natürlich auch eine Sozialbindung oder eine Bin-dung des Eigentums gibt, natürlich auch im Interesse derBranche selbst, sollte klar sein. Ich gelte nicht alsScharfmacher im Bereich innerer Sicherheit, aber dassSie da eine vollständige Kostenerstattung bekommen -das kann ich Ihnen schon versprechen -, das wird schwie-rig.Meine Frage an Sie geht in Richtung Vorratsdatenspei-cherung. Das vom Bundesrat vorgesehene Anlegen einessechsmonatigen verdachtsunabhängigen Vorratsdaten-speichers möchte ich einfach mal von Ihnen illustrierthaben. Können Sie das ein bisschen ausmalen, auf wel-cher Stufe da Belastungen anfielen, mit welchem Volu-men wir es zu tun haben und wo da Kosten entstehenwürden? In dem Zusammenhang auch die Frage, findenSie das Anliegen der Ausgliederung des datenschutz- undsicherheitsrelevanten Bereiches für möglich hinsichtlichder Richtlinien? Gibt es umsetzungsrelevante Teile derRichtlinien, die ein Ausgliedern aus Ihrer Sicht erschwe-ren würden?Sachverständiger Osthaus (Bundesverband Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.BITKOM): Kurze Vorbemerkung zu Ihrer politischenAnmerkung: Sicherlich wünschen wir uns eine vollstän-dige Kostenerstattung und halten sie für richtig.

Page 37: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

825

Wir wären natürlich auch schon zufrieden, wenn einfachnur der Satz der Erstattung, der erreicht werden wird, et-was erhöht würde. Im Augenblick ist es so, dass es anverschiedenen Einzelecken gewisse Kostenerstattungengibt. Wir haben ausführliche Erhebungen gemacht unterall unseren Mitgliedsunternehmen und auch anderen An-bietern, die darauf hinauslaufen, dass im Augenblick et-wa 2 % des Gesamtaufwandes erstattet werden. Das istnun wahrlich marginal. An der Stelle ist eben doch zufragen, ob eine gewisse Anhebung zumindest erreichbarwäre.

Hier noch eine Antwort auf die Bundesregierung in ihrerGegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates: Iminternationalen Vergleich steht Deutschland relativ allei-ne. Es gibt einige wenige Länder, die auch keine Kosten-erstattung haben. Das BMWA selbst hat einmal eine Stu-die in Auftrag gegeben unter den G7-Staaten. Hier ist zubeobachten, dass mit Ausnahme von Kanada und Japan -Japan deshalb, weil sie überhaupt noch keine TK-Überwachungsvorschriften haben - alle anderen Länderwesentlich weitergehende, zum Teil voll umfänglicheKostenerstattungsregeln haben. Wir kommen zur Vor-ratsdatenspeicherung. Es Ihnen auszumalen ist sicherlichnicht ganz einfach. Das liegt alleine schon daran, dasswir es mit neuen Begrifflichkeiten zu tun haben. Neueingeführt ist der Begriff der Verkehrsdaten, der den bis-herigen Begriff der Verbindungsdaten ablöst. Der Begriffder Verkehrsdaten ist deutlich weiter gespannt und um-fasst alle Daten, die unmittelbar im Zusammenhang mitder Telekommunikation irgendwo anfallen, nicht nur dieFrage, wer, wann, wo, mit wem telefoniert. Hinzu kom-men Mobilfunk und natürlich auch Standortinformatio-nen, die erhoben werden, aber auch die gesamten Ver-mittlungsinformationen an einzelnen Verbindungspunk-ten sind wiederum Verkehrsdaten, die dann nach dieserVorschrift gespeichert werden müssen. Das geht in un-vorstellbare Bereiche, in den Terrabite-Bereich. Wennman sich allein nur mal den Email-Verkehr eines Provi-ders vorstellt, dann finden dort pro Tag etwa 75 Mio.Datenvorgänge statt, die protokolliert werden. Diese nurkurzen Datensätze zu speichern würde bedeuten, ausge-druckt – aber kein Mensch würde es ausdrucken, derEinwand kommt immer, aber nur um sich die Datenmen-ge vorzustellen - und in einem Aktenordner abgeheftet,würde die ganze Speicherung über sechs Monate nur beidiesem einen Provider 1.500 km aneinandergereihte Ak-tenordner ergeben. Das ist in etwa die Strecke Berlin-Palermo.

...Gelächter...

Als eine Zeitlang zwölf Monate im Gespräch waren,konnte man 3.000 km Berlin-Bagdad sagen, das kamauch immer gut. Jetzt ist es nur noch die Hälfte. DieseMenge soll verdeutlichen, dass es gar nicht mal nur umdie Speicherkosten geht. Speichern wird immer billiger.Es geht um zwei ganz andere, wesentlichere Punkte. Dererste ist, dass solche Datenmengen gegen unbefugtenZugriff gesichert werden müssen. Darauf werden geradeauch die Datenschützer einen sehr hohen Wert legen. Dasist enorm teuer, wenn so viele Daten erst einmal gespei-chert worden sind. Der noch viel größere Punkt ist dieBeauskunftung der Sicherheitsbehörden aus diesen Da-tenbeständen. Nach den Erfahrungen sind 0,0004 % sol-cher Daten tatsächlich in irgendeiner Weise später für ei-nen Sicherheits- oder Strafverfolgungstatbestand rele-vant. Das wären von diesen 1.500 km sechs Meter. Und

diese sechs Meter zu finden, die auch nicht zusammenabgeheftet, sondern irgendwo verteilt sind, das ist das ei-gentlich entscheidend Teure. Dort geht eben die Kalku-lation, wenn auch nur für einen Netzbetreiber alleine, da-hin, dass man ohne weiteres einen hohen zweistelligenMillionen-Euro-Bereich erreicht. Bei einem Unternehmersind wir dort bereits - in einem Fall ist das konkretdurchgerechnet worden - bei 90 Mio. Euro. Das istenorm.Der weitere Punkt, den Sie angesprochen haben, war dieFrage Auslagerung des siebten Teiles insgesamt unterEU-Richtlinien-Konformität. Ich sehe da grundsätzlichkein großes Problem, was den Bereich der öffentlichenSicherheit angeht. Da gibt es so gut wie keine Vorgabeauf europäischer Ebene. Das ist eine nationale Angele-genheit, insofern können wir damit machen, was wirwollen. Was den Kundendatenschutz angeht, müsstennatürlich weiterhin Kundendatenschutzregeln bestehen.Letztlich bedeutet aber die Auslagerung, wie sie jetztvom Bundesbeauftragten für den Datenschutz angeregtwurde und die wir auch unterstützen insbesondere im Be-reich Kundendatenschutz, dass wir quasi ein Artikelge-setz machen und das parallel verabschieden. Das, wasdamit erreicht werden sollte, ist, dass wir auf Dauer bes-ser eine Vereinheitlichung mit den Datenschutzvor-schriften im Tele-Medien-Bereich hinbekommen können.Das wäre interessant, um das Ganze einfacher und durch-schaubarer für die Unternehmen zu machen.Was die Auslagerung des Bereichs öffentliche Sicherheitangeht, bin ich ein bisschen skeptischer als manche Vor-redner, denn letztlich macht es sicherlich Sinn, dies sehrgenau zu evaluieren. Andererseits bedarf es hier natürlichauch, dass wir ein Teil des alten TKGs in Kraft lassenmüssen. Insofern wird es gesetzestechnisch relativschwierig und wir müssen alles noch einmal unter derÄgide des Bundesjustizministeriums ganz neu aufrollen.Das wäre dann wohl eine Justizfrage und keine Wirt-schaftsfrage mehr.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Auch vonmir eine politische Bemerkung: Ich finde, man kann dieUnternehmen nicht gewissermaßen zum Hilfssheriff desStaates machen und sie mit unverhältnismäßigen Maß-nahmen überziehen und damit mit unendlichen Kostenalleine lassen. Meine Frage geht an Sie, Herr Grünberg,von der Initiative europäischer Netzbetreiber, da Sie dendirekten Überblick haben, was den europäischen Ver-gleich angeht. Vielleicht können Sie aus Ihrer Sicht nocheinmal schildern, wie diese Fragen der Vorratsspeiche-rung in der Kostenerstattung um uns herum als Wettbe-werbsfaktor gewissermaßen geregelt sind?Sachverständiger Grünberg (Initiative europäischerNetzbetreiber): Im Moment sehen wir im Prinzip keinenGrund zu schädlicher Eile. Wenn wir uns die europäi-schen Grundlagen anschauen, besteht zum heutigen Zeit-punkt kein Grund, die entsprechenden Vorschriften jetztzu diskutieren. Wir haben auf europäischer Ebene unter-schiedliche Ausgangssituationen. Im Wesentlichen ist esaber so, dass zum Teil zumindest Kostenerstattungsre-geln bestehen. Was die Verhältnismäßigkeit für die deut-schen Regelungen anbelangt, so sollten wir uns hier aus-reichend Zeit nehmen, diese im Einzelnen zu diskutieren.Auch wir plädieren deshalb für eine Ausgliederung, einMoratorium, unter Fortbildung der heute bestehendenVorschriften, aber wir sollten uns die Ruhe und die Zeitnehmen. Das ist ein Punkt, der im ersten Schlag des

Page 38: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

826

TKG‘s 1996 im Prinzip nicht durchgeführt wurde. Wirsollten uns heute die Zeit nehmen, diese Vorschriftenausreichend zu diskutieren und ein für alle Seiten tragba-res Ergebnis zu erarbeiten.Abgeordneter Tauss (SPD): Eine Frage noch einmalzum Datenschutz, an Herrn Schaar im Zusammenhangmit §§ 108 und 110 des Entwurfes. Mir geht es einfachum die Frage, ob Sie die Übernahme der Begrenzung derAnbieter von TK-Diensten für die Öffentlichkeit, so wiewir es hier sehen und wie es auch in der TKGV besteht,für sinnvoll im Gesetzestext halten. Wenn ja, würde michdie Begründung interessieren. In diesem Zusammenhangmit dem in § 110 aufgeführten berechtigten Stellen, ne-ben dem Teilnehmer, dem betroffenen Kreis bei derVerwendung von Kundendaten, sind diese berechtigtenStellen notwendig und halten Sie den Wortlaut zur Er-füllung der gesetzlichen Aufgaben in dem Zusammen-hang für ausreichend?Vorsitzender Dr. Wend: Um gedanklich beweglich zubleiben, machen wir es doch umgekehrt. Herr Schaar.Sachverständiger Schaar (Bundesbeauftragter für denDatenschutz): Erst einmal zu dem § 108: Sie haben auchschon zu Recht auf die bestehende TKGV Bezug ge-nommen, die dazu führt, dass ein Teil der theoretischVerpflichtbaren nicht verpflichtet werden. Das ist eineKonstruktion, die offensichtlich beibehalten werden soll.D.h., auch jetzt ist nach § 108 Abs. 2 Nr. 2 hier die Mög-lichkeit vorgesehen, den Kreis der zu Verpflichtendenentsprechend in der TKGV zu begrenzen. Ich persönlichwürde es allerdings für sinnvoll und auch für besser hal-ten, diese Begrenzung nicht erst dem Verordnungsgebervorzuschreiben, sondern bereits hier im Gesetz eine ent-sprechende Begrenzung vorzunehmen auf die Anbietervon Telekommunikationsdienstleistungen, die für die Öf-fentlichkeit bestimmt sind. Ich habe jedenfalls noch nichtgehört, dass es jetzt Bestrebungen gibt, andererseits diesämtlichen, sonst noch betroffenen Stellen noch zu ver-pflichten. Dann wäre es eigentlich auch sinnvoller, auchim Sinne einer verbesserten Transparenz, eine Fest-schreibung im Gesetz vorzunehmen.Im Hinblick auf den zweiten Teil Ihrer Frage ist in derTat festzustellen, dass es eine ganze Reihe von Stellengibt, die ohne weitere Voraussetzung Zugriff auf dieseDaten haben. Ich würde es begrüßen, wenn auch dieselange Liste mal evaluiert wird. Diese Liste ist nicht ver-längert worden, aber sie ist schon lang genug und auchbestehende Auskunftsrechte sollten einer Überprüfungzugänglich sein. Insofern würde ich dafür plädieren, hierauch einmal eine Evaluation vorzunehmen.Vorsitzender Dr. Wend: Dr. Dix, möchten Sie das er-gänzen?Sachverständiger Dr. Dix (Landesbeauftragter f. d. Da-tenschutz und das Recht auf Akteneinsicht d. LandesBrandenburg): Ganz konkret habe ich Zweifel, ob wirk-lich zur Ahndung von Verwaltungsunrecht oder von Ord-nungswidrigkeiten, wie es der § 110 im Absatz 2 Num-mer 7 vorsieht, wirklich der online-Zugriff auf dieseKundendatenbank eröffnet werden soll. Das halte ich fürunverhältnismäßig.Abgeordneter Schauerte (CDU/CSU): Eine vernünftigeKostenerstattung ist auch ordnungspolitisch darum ge-boten, weil nur eine Anforderung, die etwas kostet, sorg-fältig, überlegt und sparsam genutzt wird. Ich frage des-

wegen in diesem Zusammenhang die Telekom mit ihrerinternationalen Erfahrung: Haben wir beim Bereich derKostenerstattung, beim Bereich der Datenschutzregelun-gen und bei dem Bereich der Bürokratie in diesem Zu-sammenhang ein Gefälle zu europäischen Standorten?Kann sich diese Frage als Standortnachteil herausbildenfür die Frage, wo und welche Unternehmen sich ansie-deln, wenn man das im Zuge sehen würde?Sachverständiger Dr. Ulmer (Deutsche Telekom): Dasind wir in dem Bereich, den wir vorhin schon einmalangesprochen hatten. Herr Osthaus hat es auch schoneinmal angesprochen. Wir haben hier die Nachteile, weilin anderen Ländern die Kostenerstattung natürlich zu ei-nem fast teilweise vollständigen, jedenfalls aber erhebli-chen Umfang stattfindet. Wir bei uns hier haben diesemaximalen 2 %, die vorhin auch schon erwähnt wurden,was im Hinblick auf die zu betrachtenden Kosten, die beiuns anfallen, an die Grenzen dessen geht, was im Prinzipin einem Unternehmen wirtschaftlich umsetzbar ist. Wirkönnen uns auch nicht auf den deutschen Markt alleinekonzentrieren, weil wir natürlich international agierenwollen, so wie andere auch bei uns national agieren wol-len. Insofern muss im europäischen Raum zumindesteinmal Wettbewerbsgleichheit geschaffen werden. Dasgilt für viele andere Bereiche natürlich auch.

5. BefragungsrundeVorsitzender Dr. Wend: Vielen Dank. Da zu diesemBereich keine weiteren Fragen vorliegen, kommen wirdamit zum letzten Thema „Universaldienst, Inkasso,Sonstiges“. Auch da beginnen wir wieder mit den Frakti-onsrunden. Herr Kollege Heil.Abgeordneter Heil (SPD): Meine erste Frage geht in be-zug auf Inkasso an den VATM, Herrn Grützner. Sie wis-sen, dass wir hoffen, dass es bei der Frage Billing, Inkas-so jetzt noch im Gesetzgebungsverfahren. zu gemeinsa-men Vorschlägen aus der Branche kommt. Eine Frage anSie in diesem Zusammenhang: Wenn wir als Gesetzgeberuns dazu entschließen würden, das marktbeherrschendeUnternehmen auf Sicht weiterhin zu verpflichten, undzwar auf Rechnungslegung und auch in der Frage derMahnung in der ersten Stufe, sehen Sie es als möglich an,dies zeitlich zu befristen, so dass der Zeitraum klar wäre,zu dem auch alternative Systeme von Mitbewerbern auf-gebaut werden können?Sachverständiger Grützner (Verband der Anbieter vonTelekommunikations- und Mehrwertdiensterufnummerne.V. VATM): Herzlichen Dank. Zunächst: Inkasso ist in-soweit erst einmal etwas missverständlich, ich möchtedas hier noch einmal klarstellen. Niemand verlangt vonder Telekom, dass sie ein gerichtliches Inkassoverfahrenoder auch ein vorgerichtliches Inkassoverfahren durch-führt. Es geht tatsächlich nur um die Fragestellung, in-wieweit wir die Rechnungsstellung und die Mahnung -und hier macht die Telekom die erste Mahnung, wie wires jetzt im Rahmen dieser Gespräche erfahren haben -zusammenfassen können und müssen, einerseits auswettbewerbsrechtlicher Sicht, andererseits aber auch ausKundenschutzsicht. Wir haben in den Verhandlungen mitder Telekom, zu denen ich mich im Einzelnen nicht äu-ßern möchte, die aber sehr konstruktiv verlaufen - dashaben beide Seiten auch so bekundet -, die Möglichkeitgesehen, der Telekom in gewisser Weise entgegenzu-kommen. Wir haben von Anfang an gesagt, dass es uns

Page 39: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

827

darum geht, einen nicht aufholbaren Wettbewerbsnach-teil der Telekom wettmachen zu können, der immer mehrauch in anderen Märkten, gerade im Bereich der Mehr-wertdienste, dazu führt, dass Wettbewerber die Dienstlei-stung nicht anbieten können, weil die Kunden sie entwe-der ohne die Rechnung der Telekom oder auch ohne dieeinheitliche Mahnung nicht wollen. Der Kunde wünschthier ein einheitliches Verfahren. Er wünscht insbesonde-re ein einfaches Bezahlverfahren. Das wird also insofernzu einem Wettbewerbsnachteil, so dass wir ganz klar ge-sagt haben, es ist eine wesentliche Leistung und sie mussdeshalb auch ins Gesetz.

Wir haben mit vielen Dienstleistern Gespräche seit vielenMonaten geführt, die zeigen, dass wir in der Lage seinwerden, wenn die Telekom die Daten uns als Wettbe-werbern oder den Billinghäusern so zur Verfügung stellt,wie wir sie benötigen, und zu vernünftigen Preisen, hierein eigenes Mahnwesen aufzubauen. Für diese Über-gangszeit brauchen wir die klare Zusage dieser aus Sichtder Wettbewerber wesentlichen Leistung Mahnung. Wirkönnen hier im Zeitfenster von dieser wesentlichen Lei-stung herunterkommen. Wir werden sie im Wettbewerbmachen können. Für das Billing sieht es zum Teil andersaus. Es gibt Bereiche wie das Call-by-Call, aber auch an-dere Dienste, die sicherlich definitiv nicht ohne die Tele-kom durchgeführt werden können. Es gibt Marginalbe-träge, da können Sie ein externes Billinghaus zwar damitbeauftragen, aber das wird niemals ohne eine erheblichewettbewerbliche Benachteiligung vonstatten gehen. Inso-fern muss man das ein bisschen unterschiedlich sehen.

Vorsitzender Dr. Wend: Diesen Zeitraum, den Sie jetztin der Sache beschrieben haben, ist das einigermaßenrealistisch, den auch sozusagen in Zeitspannen von Jah-ren oder so zu benennen?

Sachverständiger Grützner (Verband der Anbieter vonTelekommunikations- und Mehrwertdiensterufnummerne.V. VATM): Ja, und nicht nur in vielen Jahren, sondernwir reden hier zum Teil über Monate, in denen wir dieseSchritte auf- oder abbauen könnten und insgesamt be-stimmt in einem Zeitraum von zwei Jahren, in dem mandann schauen muss, wie weit die Clearing-Häuser ihrer-seits in der Lage gewesen sind, aufgrund der Daten, diesie von der Telekom erhalten müssen, ihre eigenen Ver-fahren aufzubauen. Das ist ein sehr überschaubarer Zeit-raum.

Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich möchtedirekt anknüpfen. Zunächst freue ich mich, dass die Ge-spräche so konstruktiv und positiv verlaufen, weil das inder Tat nicht nur aus wettbewerbspolitischen Gründen,sondern auch aus Verbraucherschutzgründen wichtig ist.Deshalb noch einmal zu der Frage Facing-Out. Die Deut-sche Telekom hat in ihrer Stellungnahme ein Auslaufendes Facing-Out bis zum Jahr 2008 vorgeschlagen. MeineFrage an Sie, Herr Kurth: Im konkreten Gesetzentwurfgibt es zwei Möglichkeiten. Wir haben zumindest dieRechnungsstellung jetzt drin als Kann-Bestimmung.Dann brauchen wir kein Enddatum. Dann brauchen wirkein Facing-Out. Hätten wir es drin als Soll-Bestim-mung, nur dann würde ein solches zeitliches Limit Sinnmachen, um die Anreize für die Weiterentwicklung, wieSie es auch angesprochen haben, Herr Grützner, möglichzu machen. Dazu hätte ich gerne Ihre Meinung, HerrKurth, was Kann- und Soll-Bestimmung angeht und auchdie Ausweitung, die wir gefordert haben und auch der

Bundesrat, die aussergerichtliche Mahnung mit einzube-ziehen.Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde für Te-lekommunikation und Post): Ich denke, mehr Klarheit indiesem Bereich wäre für die Regulierungsbehörde auchwünschenswert, da das ein Feld ist, wie Sie anhand derStellungnahme sehen, das einerseits eine große ökonomi-sche Bedeutung hat, andererseits aber auch von starkenInteressenkonflikten bestimmt ist. Vielleicht ist es sach-gerecht, was auch im Übrigen in unserer Entscheidungs-praxis einen gewissen Niederschlag findet, an den Beträ-gen - das hat Herr Grützner auch schon gesagt - anzuset-zen, denn beim ersten Inkasso, beim Einzug wird es beiMinibeträgen, wenn man den Call-by-Call-Markt weiter-hin aufrechterhalten will, in der Tat Zweifel geben, obdafür je ein Dritter solche Kleinstbeträge einziehen kann.Es geht aber gar nicht um die Kleinstbeträge, sondern jegrößer der Betrag wird, je mehr sozusagen der Inhalt imVordergrund der Leistung steht - das ist auch Gegenstandzum Teil der Beschlusskammerpraxis -, geht das wegvon einer TK-Leistung hin zu einer Inhalteleistung, wodann der Betrag, der eingezogen wird, auch entsprechendgrößer wird.Mein erstes Plädoyer wäre zu sagen, wir müssen diffe-renzieren zwischen den Beträgen bei Kleinstbeträgen.Wenn man überhaupt Call-by-Call machen will, wird esmöglicherweise eine dauerhafte Verpflichtung sein müs-sen. Je höher der Betrag wird, umso eher ist dieses Fa-cing-Out-Modell rein ökonomisch denkbar. Deswegenwäre in diesem Kleinstbetragbereich möglicherweise einSoll richtig, damit wir keine Zweifel kriegen, dass eindauerhafter Zustand besteht, und in dem anderen Teil, woein Facing-Out möglich sein sollte und wo man vielleichtauch von seiten des Gesetzgebers einen gewissen Druckauf diese Lösung machen sollte, da sollte man dannklarlegen, bis wann das erfolgen kann. Ich würde es be-grüßen, wenn wir eine Klarstellung im Gesetz bekommenkönnten.Abgeordnete Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich glaube, die Unterscheidung von geringen Beträgenund größeren Beträgen macht Sinn. Ich stelle an Tele 2auch diese ähnliche Frage. Wie sind Ihre Erfahrungenmit eigenständigem Inkasso und was ist Ihre Position zudem sog. Sonnenuntergangstermin?Sachverständiger Dr. Langenhorst (Tele 2 Telecom-munications Services): Vielleicht aus dem Geschäftsmo-dell der Tele 2 heraus eine Antwort: Zunächst einmalliegt die Wirtschaftlichkeit von eigener Rechnungsstel-lung und Inkasso im Erfahrungshorizont der Tele 2. Wirhaben das selber gemacht, direkt nach dem Markteinstiegund kommen hiermit klar. Insofern halten wir ein Facing-Out, um jetzt eine marktgerechte Lösung zu finden, füreine sinnvolle Vorgehensweise, auch im Call-by-Call-Bereich, so dass man wirklich zu einer vernünftigen,marktgerechten Ursprungslösung ggf. kommt. Aus unse-rer Sicht ist ein Erfordernis, im Wettbewerb auch denCall-by-Call-Preselection-Markt zu einer Kundenbin-dungsorientierung hin, also eine Nachhaltigkeit zu ent-wickeln. Wir sehen in Deutschland ein sehr geringesMaß an Kundenbindung in diesem Markt im Vergleichzum europäischen Ausland, wo diese Verpflichtung fürFakturierung und Inkasso nicht gegeben war im BereichCall-by-Call-Preselection. Sie ist im Ausland gegeben fürMehrwertdienste in verschiedenen Ländern und für Aus-kunftsdienste, aber nicht im Bereich Call-by-Call. Aus

Page 40: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

828

unserer Sicht würde es Sinn machen, in einem Facing-Out dafür zu sorgen, dass der Wettbewerb sich hin aufKundenbindung orientiert und dadurch eine Stärkung desWettbewerbs stattfindet.Ich habe heute Morgen in der Stellungnahme des VZBVetwas gefunden, was mich eigentlich darin bestärkt, woder VZBV sagt, aus Kundensicht sollte es aufrechterhal-ten bleiben. Wenn wir über eine wettbewerbspolitischeOrientierung reden, muss man sich das doch noch einmalgut überlegen. Der VZBV schreibt: „Bei einer Trennungzwischen der Rechnungsstellung und einer späterenMahnung durch den Diensteanbieter selbst bleibt zu be-fürchten, dass der Kunde die Mahnung durch ein Unter-nehmen, zu dem er aus seiner Sicht niemals zuvor in ei-ner Geschäftsbeziehung stand, weder nachvollziehenkann, noch für gerechtfertigt hält.“ Ich finde, wir könnenes durchaus nachvollziehen und es sollte auch so sein,dass jetzt in einem Facing-Out die Mahnung wieder mitreinkommt und die Verpflichtung selbst. Es ist auf jedenFall sinnvoll für den Kunden, hier eine Lösung zu finden.Aber die Frage ist, wollen wir auf Dauer dabei bleiben,dass der Kunde nicht weiß, mit wem er eigentlich in ei-ner Geschäftsbeziehung gestanden hat? Ich finde, dassollten wir uns als Wettbewerber überlegen. Müssen wiruns nicht selbst dahin orientieren auf dieses berühmteWort Nachhaltigkeit und uns überlegen, was wollen wireigentlich in drei, fünf Jahren oder wann auch immersein?Abgeordneter Funke (FDP): Ich habe keine Frage zurRechnungsstellung, sondern zum Thema Rundfunküber-tragung. Die Frage geht an die Regulierungsbehörde. Se-hen Sie die Gefahr von parallelen Entscheidungskompe-tenzen zwischen RegTP und den 15 Landesmedienan-stalten und daraus resultierende Entscheidungsdivergen-zen oder Rechtsunsicherheiten bei den Betreibern vonRundfunkübertragungssystemen in den §§ 47 bis 49 ge-bannt, oder sehen Sie Probleme, die uns auch mit dersog. Rundfunkhoheit der Länder entstehen könnten?Sachverständiger Kurth Regulierungsbehörde für Tele-kommunikation und Post): Grundsätzlich sind die Vor-schriften, die im vierten Teil sind, zu Interoperabilitätund zu Übertragung digitaler Fernsehsignale zu begrü-ßen, auch aus unserer Sicht. Sie sollen mehr Klarheitschaffen, um den Zugang auch über Systeme wie Boxen,Modems u. a. zu ermöglichen. Da ist eine Schnittstelle inder Tat zwischen dem Rundfunkrecht bzw. dem Medien-recht und dem Telekommunikationsrecht. Ich bin jetztnicht mehr ganz sicher, ob die Verfahrensvorschriften inder Abgrenzung der Zuständigkeiten der Regulierungs-behörde und der Landesmedienbehörden so klar sind.Vielleicht sollte man sich die Verfahrensvorschrift hiernoch einmal ansehen, weil es dann doch keine Art vonMischverwaltung geben kann. Wir haben bisher ein sehrgutes Verhältnis, auch zu den zuständigen Landesbehör-den, aber das würde ich im Detail noch einmal nachrei-chen. Wir haben hierzu bisher keine offizielle Stellung-nahme abgegeben.Abgeordneter Heil (SPD): Ich möchte an die Frage derRechnungsstellung noch einmal anknüpfen und diesesMal die Telekom zu Wort kommen lassen. Ich will es of-fen sagen: Ich will nicht die Atmosphäre Ihrer konstruk-tiven Gespräche stören, indem wir das hier vollständigoffen austragen. Das werden Sie miteinander zu machenhaben. Mich interessiert noch einmal, um das zu charak-terisieren, die grundsätzliche Position aus Sicht der Tele-

kom, auch was die Frage betrifft, wie die Abgrenzung beiMehrwertdiensten stattzufinden hat. Es wurde vorhindarauf hingewiesen, dass es da Grenzen gibt, also Dinge,die wirklich unmittelbar mit der Erbringung von Tele-kommunikationsleistungen zu tun haben und dann ir-gendwann die Frage von Payment-Systemen und ähnli-chem. Es interessiert mich da die Position der Telekom.Was können Sie sich vorstellen? Und auch von Ihnennoch einmal die Beantwortung der Frage nach Sonnen-aufgang oder -untergang, je nach Position, wie man dassieht.Sachverständiger Dr. Wehmeier (Deutsche Telekom):Wir werden natürlich stutzig, wenn alle im Prinzip jetztauch unsere Position teilweise übernehmen, was Sunsetangeht. Aber in der Tat, wir glauben, das ist der richtigeWeg. In den anderen europäischen Ländern wird auchdeutlich, dass es alternative Anbieter gibt, auch fürRechnungen aus einer Hand, für die gesamte Geschichte.Dafür muss man natürlich Teilnehmerdaten übergeben,aber es kann funktionieren und es wird funktionieren,wenn man hinter Sunset ein klares Datum setzt und sagt,da muss es stehen. Der richtige Weg ist sicherlich auch,über teure Mehrwertdienste dort einzusteigen. Das kannich auch hier sagen. Wir werden im Call-by-Call-Marktetc. weiterhin für Kleinstbeträge die Rechnungsstellungübernehmen, da wird es keinen Strukturbruch geben.Die Frage der Abgrenzung der Dienste ist in der Tat füruns entscheidend. Herr Kurth hatte schon das Stichwortgenannt. Irgendwo beginnt dann die Content-Regulierung. Um vielleicht nur ein Problem zu verdeutli-chen, das wir an der Stelle haben: Wenn wir umfassendeVerpflichtungen im Bereich des Inkasso übernehmen, al-so auch für fixe Beträge, können wir irgendwo nichtmehr nachvollziehen, was stellen wir dort überhaupt inRechnung. Stichwort auch: Geldwäsche etc. Es ist einLeichtes, sich vorzustellen, dass hier über Mehrwertdien-stenummern Konstrukte gewählt werden, wo ich schnellGelder durchlaufen lassen kann, was wir überhaupt nichtmehr kontrollieren können. Insofern meinen wir auch,dass der Weg der Mehrwertdienstegesetze, der jetzt ein-geschlagen worden ist, aus Verbraucherschutzgründenauch wegweisend ist, dass gerade bei größeren Geldbe-trägen der Kunde direkt ein Vertragsverhältnis zu demDiensteanbieter aufbaut. Unser Vorschlag geht dann da-hin, dass man Telefonmehrwertdienste, angeglichen andas Mehrwertdienstegesetz, aufzählt oder entsprechendbegrenzt.Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Ich möchtean das anknüpfen, was Sie zuletzt sagten, Herr Dr. Weh-meier. Es ist klar, man kann die Telekom nicht dazu ver-pflichten, für Waschmaschinen oder Autos und was auchimmer über Jahre hinaus die Rechnung zu übernehmen.Deshalb interessiert mich hier noch einmal die Positionvon Ihnen, Herr Zilles von der Talkline. Welche Bedeu-tung hat für Sie als Mehrwertdiensteanbieter oder alsPlattformanbieter die Bedeutung einer einheitlichenRechnung und einer einheitlichen Mahnung?Sachverständiger Zilles (Talkline ID): Frau Dr. Krog-mann, es hat zwei Bedeutungen. Erst einmal aus derSicht des Verbraucherschutzes hat der Verbraucher auchdas Recht, eine einheitliche Rechnung zu erhalten. Ichmöchte gerade nicht bei Mehrwertdiensten, die ich nursehr sporadisch nutze, immer wieder eine neue Rechnungvon einem anderen Anbieter bekommen, wo ich zum Teilin dem Moment gar nicht mehr weiß, wo ich eine Num-

Page 41: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

829

mer wähle, da ich ja eine Nummer und nicht einen An-bieter wähle. Bei Call-by-Call könnte mir bewusster sein,dass ich verschiedenartige Rechnungen bekomme. Ausökonomischer Sicht ist es dasselbe, da zum Teil auchKleinstbeträge abgerechnet werden, wo es sicherlich kei-nen Sinn macht, dass man diese separat abrechnet in a)Druckkosten und b) Portokosten und viele andere Kostenauch. So gesehen ist für uns das Thema der Rechnungs-stellung unumstritten, genau wie Call-by-Call, Internet-by-Call, was man auf eine gewisse Dauer hin nicht abset-zen kann.Zum Thema Mahnung: Da gibt es momentan Möglich-keiten, über die man diskutiert. Die jetzige Position – dasmuss man jetzt auch ganz klar sagen - ist eigentlich ausVerbraucherschutzsicht heraus, dass die erste und zweiteMahnung, so wie sie früher erfolgte, gemacht wird. Wirdürfen eines nicht vergessen, dass wir einen alten Faktu-rierungsvertrag hatten in einer Zeit, wo die Verbraucherdamit sehr gut klar kamen. Erst nach der zweiten Mah-nung, nachdem das Geld wirklich nicht eingetriebenwerden konnte, wurde es an den Anbieter zurücküber-wiesen. Dann hat er sich mit dem Endverbraucher inVerbindung gesetzt, womit der Endverbraucher klar in-formiert war, und es gab eine saubere Schnittstelle. Wirhaben jetzt momentan eine Schnittstelle, die jetzt derFakturierungsvertrag gelegt hat. Das haben in den letztenWochen und Monaten die Bürgerproteste gezeigt, dassdas Verfahren einfach nicht funktionieren kann und dassder Verbraucher eigentlich diese alte einheitliche Rech-nungsstellung mit erster und zweiter Mahnung sehr deut-lich begrüßt. Wenn es um die kommerziellen Aspektegeht, da gibt es mit Sicherheit Einigungsmöglichkeiten.Ich glaube, im Sinne des Marktes und der Verbraucher istes eigentlich erforderlich, dass es die Rechnungsstellunggibt, die erste und zweite Mahnung aus einer Hand, unddanach kann man gerne diesen Prozess auseinanderdivi-dieren. Es gibt da diese drei Produkte, die wir vorhin zi-tiert haben, Call-by-Call, Internet-by-Call und auch dieMehrwertdienste.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich habejetzt einen anderen Themenbereich, nämlich den derUniversaldienste, der in diesem Block noch zur Sprachekommen soll. Eine Frage zunächst einmal an den Ver-treter von ver.di. Ver.di plädiert ja dafür, den Universal-dienst tendenziell auszuweiten, Stichwort: Breitband oderInternetanschluss für alle. Dazu wird vorgeschlagen, eineFinanzierungsbasis für einen Universaldienst zu schaffen.Sie erwähnen dort ein französisches Modell. Ich wolltenur noch einmal nachfragen, ob Sie uns das noch einmalbegründen oder erläutern, wie so ein Modell aussehenkann?Sachverständiger Heil (Vereinte Dienstleistungsge-werkschaft ver.di): Das ist jetzt eine unglückliche Frage,weil wir von diesem Modell eigentlich Abstand genom-men haben. Da gab es in der Tat Äußerungen unserer-seits, auch in Absprache mit dem DGB, dass wir in die-sem Fall die Auswahl der Universaldienstleistungen vor-schlagen unter Berücksichtigung einiger Finanzierungs-modelle, die - wie eben angesprochen – in Frankreichexistieren. Da hatten wir auch verstärkt im Hinblick aufdie Verbände bzw. auf die Verbraucher in den Bereichender benachteiligten Bevölkerungsschichten, insbesondereder Behinderten, vorgeschlagen, besondere Dienstlei-stungen in den Universaldienstleistungen aufzunehmen,um diese Dinge zu gewährleisten. Unter anderem, da die-

se Universaldienstleistungen letztendlich von den Markt-beherrschern in der Regel geboten werden müssen, dassdie anfallenden Kosten letztendlich hoheitlich bzw. ge-sellschaftlich getragen werden über Steuermodelle bzw.über Umlageverfahren. Das ist aber in der aktuellenStellungnahme momentan nicht mehr so expliziert wor-den. Deswegen war ich jetzt ein bisschen überrascht.Abgeordneter Schauerte (CDU/CSU): Dass ich mit ei-ner zunehmenden Vergesellschaftung dieses Sektorsmeinen Frieden nicht machen kann, können Sie sich den-ken. Ich wollte noch einmal eine Frage zur Rechtswegla-ge stellen. Sie ist zwar schon angesprochen worden, ichwürde sie aber trotzdem gerne noch einmal klar von derMonopolkommission beantworten lassen. Unserer Auf-fassung nach ist das Telekommunikationsrecht eindeutigjetzt noch stärker als früher Wettbewerbsrecht oder solltees jedenfalls sein. Das Wettbewerbsrecht ist ein einheitli-ches Recht, das im Prinzip und seiner Natur nach aucheinem einheitlichen Rechtsweg unterworfen werden soll.Deswegen ist unsere Überzeugung, dass es richtiger wä-re, es ganz eindeutig nicht mehr dem Verwaltungsge-richtszweig zu überlassen, sondern der normalen Ge-richtsbarkeit. Was spricht aus Ihrer Position gegen dieseEntwicklung hin zur normalen Gerichtsbarkeit?Vorsitzender Dr. Wend: Herr Professor Hellwig, gibt eszu dem, was Sie bisher gesagt haben, noch etwas hinzu-zufügen an der Stelle? Es haben zwei, drei etwas dazugesagt, aber bitte natürlich, wenn Sie noch antwortenwollen.Sachverständiger Prof. Dr. Hellwig (Monopolkommis-sion): Es gibt einen Aspekt hinzuzufügen. Hinsichtlichder Grundfrage bleibe ich bei der Aussage, die ich heutefrüh getroffen habe. Gibt es eine Ambivalenz zwischenverwaltungsrechtlichen Aspekten des Problems? Manmuss sehen, das Bundeskartellamt ist auch eine Verwal-tungsbehörde. Für eine stärkere Integration mit demWettbewerbsrecht, auch vom Verfahren her, spricht einAspekt, der m.E. im Gesamtvorhaben der Novellierungzu wenig Beachtung gefunden hat: Wie geht man eigent-lich mit der Übergangsproblematik um, wenn man einNebeneinander von regulierten und nicht reguliertenMärkten hat? Intention der europäischen Vision - das warauch einmal die Vision des TKG - ist, in dem Maße, indem Wettbewerb sich entwickelt, können Märkte ausdem Bereich des TKG entlassen werden. Dann habe ichnebeneinander Märkte, die der Regulierung unterliegen,und Märkte, die dem allgemeinen Wettbewerbsrecht un-terliegen. Wie ich damit verfahrensrechtlich umgehe, dasProblem wird im jetzigen Gesetzentwurf m.E. nichtwirklich angesprochen. Wenn man sich den gleitendenÜbergang vorstellt, auch wenn man eine Langfristvisionhat, dass möglicherweise in bestimmten Bereichen derletzten Meile auf die Regulierung nicht verzichtet werdenkann, wir aber ansonsten das Wettbewerbsrecht laufenlassen, dann brauchen wir an irgendeiner Stelle eine In-tegration der Verfahren.Vorsitzender Dr. Wend: Herr Schauerte, Sie konntenheute Morgen nicht dabei sein, als das ausführlich be-sprochen wurde. Danke schön. Dann Herr Kollege Heilund Herr Barthel.Abgeordneter Heil (SPD): Da es die letzte und damitdie offene Runde ist, möchte ich an Herrn Kurth nocheinmal die Frage in bezug auf die Mehrerlösabschöpfungrichten. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 39 ist das Instru-

Page 42: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

830

ment der Mehrerlösabschöpfung beschrieben. MeineFrage an Sie: Hat das aus Ihrer Erfahrung abschreckendeWirkung auf missbräuchliches Verhalten? Ist es richtigausgestaltet?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Ich denke, das Prinzip derMehrerlösabschöpfung hat sich seit dem ursprünglichenArbeitsentwurf und dem jetzigen Entwurf verändert. Diebeiden Entwürfe sind ja bekannt. Wenn man das neben-einander hält, wird man feststellen, dass die Mehrerlös-abschöpfung jetzt erst stattfindet, wenn eine Abmahnungunsererseits durch die Regulierungsbehörde erfolgt ist.Ich sage ganz offen, ich halte die Deutsche Telekom beiallen Erfahrungen, die wir mit ihr gesammelt haben, im-merhin für so rechtstreu, dass sie auf Abmahnung oderVerfügung unsererseits bisher reagiert hat.Vorsitzender Dr. Wend: War das jetzt ein Kompliment?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Es ist ein verstecktes Kom-pliment, Herr Vorsitzender. Wenn eine Entscheidungfällt und es muss ein neues Angebot vorgelegt werden -es muss immer ein neues Angebot vorgelegt werden,manchmal ist es nicht so ganz das, was wir intendiert ha-ben, aber es ist jedenfalls formal immer ein neues Ange-bot. Genauso wird es hier sein, d.h., dieser Fall ist m.E.ein höchst theoretischer Fall, weil das Verhalten, was wirdann anordnen, nicht zu einer Mehrerlösabschöpfungführen wird. Wenn die Vorschrift nicht leer laufen soll,dann müsste eben, wie es ursprünglich auch vorgesehenwar, die Mehrerlösabschöpfung bereits mit dem Verstoßanfallen und nicht erst mit einem Tätigwerden unserer-seits. Das wäre mein Plädoyer, insoweit die frühere Fas-sung aus dem Arbeitsentwurf wieder herzustellen.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich habe dieSache mit dem Universaldienst noch nicht ganz aufgege-ben. Dieses Stichwort taucht u.a. noch einmal in derStellungnahme der Regulierungsbehörde auf. An die jetztauch noch einmal meine Frage. Auch der Gesetzentwurfgeht eigentlich von einem dynamischen Universaldienst-begriff aus, d.h., dass das, was auf dem Telekommunika-tionsmarkt als übliche Leistung angesehen wird, sich imLaufe der Zeit verändert und qualitativ verbessert. Wirhaben jetzt im Moment viele Beispiele dafür, dass etwaDSL nicht flächendeckend in der Republik angebotenwird, weil eben gesagt wird, es ist für die Anbieter tech-nisch und in entsprechenden Kosten nicht darstellbar. Ichdenke, das ist sicher ein Problem. Jetzt schreibt die Re-gulierungsbehörde, dass sie es für sinnvoll und notwen-dig hält, ein bestimmtes Qualitätsniveau auch des Uni-versaldienstes sicherzustellen, aber dass das Gesetz garkeine ausreichende Ermächtigung dafür schafft, dass dieRegulierungsbehörde das auch entsprechend spezifizie-ren und durchsetzen kann. So einem bestimmten Niveauvon universellen Dienstleistungen könnte man nur aufzwei Wegen abhelfen, entweder man regelt das eben ge-setzlich bzw. auf dem Verordnungsweg oder man schafftdie Voraussetzungen, dass die Regulierungsbehörde hierhandeln kann. Beides scheint nicht gewährleistet zu sein.Herr Kurth, wenn Sie das noch einmal erläutern würden.Wo sehen Sie eventuell einen Veränderungs- und Ver-besserungsbedarf?Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Zunächst einmal glaube ichnatürlich, dass neue Dienste, die sich am Markt entwik-

keln, nicht sofort Universaldienst sein können. Wir habengesehen, dass z.B. der Mobilfunk sich erfreulicherweiseso entwickelt hat, dass inzwischen 80 % der Bevölkerungein Mobilfunkgerät haben, ohne dass es je ein Universal-dienst war. Ich sage, vom Prinzip her sollte das auch beibreitbandigen Internetzugangsdiensten oder anderenDingen möglich sein. Das ist unsere Grundsatzposition.Umgekehrt findet ja möglicherweise eine ähnliche Pene-tration statt. Worin es in unserer Stellungnahme geht, isteigentlich nur, den Maßstab noch einmal zu konkretisie-ren, wann ein Dienst oder seine Qualität als universellverfügbar anzusehen ist. Das ist ein sehr weiter, unbe-stimmter Rechtsbegriff. Damit es hier nicht zu Streitig-keiten kommt, wären wir dankbar, wenn man die Er-mächtigungsgrundlage auch im Hinblick auf die Min-destqualitäten, die bei Diensten festzulegen sind, etwaspräziser formuliert und zuspitzt. Bei Mindestqualitäten,gerade bei Übertragungsgeschwindigkeiten und anderenDingen, ist das auch eine sehr offene Formulierung. Esgeht nur darum, den Maßstab zu präzisieren. Im Übrigenist es Sache des Gesetzgebers, den Universaldienst zu de-finieren.Abgeordneter Tauss (CDU/CSU): Ich möchte daran an-knüpfen, wenn Sie es mir nicht ganz so einfach machenwürden, sehr verehrter Herr Kollege Schauerte, zumalich hinten den großen Vergesellschafter Bötsch sitzensehe. Ich glaube, wir sind uns hier im Saale alle einig,dass wir zumindest einen Universaldienst im alten TKGhatten. Ich denke an die ISDN-Merkmale, die wir poin-tiert hineingeschrieben haben. Sie haben weder in denSozialismus geführt, noch in den Untergang der Gesell-schaft, sondern haben tatsächlich eine Erfolgsstory aus-gelöst.Meine Frage an Herrn Prof. Picot wäre, inwieweit nichtdoch eine Chance gesehen wird - wir haben heute Mor-gen über Innovation in diesem Zusammenhang geredet -,nicht durch Universaldienst, bei allen Problemen, dieimmer zu sehen sind, aber ausgehend vom Beispiel ISDNtatsächlich zu sagen, hier können wir einen Schub für denTelekommunikationsstandort Deutschland einleiten. Diegroße Problematik, die ich immer gesehen habe, war,dass ich wenig Spielraum in der Richtlinie gemeint habezu spüren, im Gegensatz zu sonstigen Richtlinien. Es gibteine Universaldienstrichtlinie der EU, die im eigentlichenWiderspruch zu dem steht, was jetzt unsere Telekommu-nikationsrichtlinie ist. Dies verwirrt natürlich den einfa-chen, schlichten Abgeordneten. Meine Frage wäre ein-fach, immer ausgehend von den Erfahrungen mit denBötsch‘en Universaldiensten, die ich damals für nichtbreit genug gehalten habe - ich habe immer dafür plä-diert, sie breitbandiger anzulegen -, ob wir diese Diskus-sion nicht noch intensiver führen müssten. Welche Spiel-räume würde eine Richtlinie oder würden Richtlinien da-für geben?Sachverständiger Prof. Dr. Dr. h. c. Picot (UniversitätMünchen): Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich glau-be, dass die Möglichkeit der Erzeugung, der Generierungvon mehr Innovation und zukunftsweisender Infrastruk-tur, wie auch Dienste aus diesen Infrastrukturen, im We-sentlichen durch die Wettbewerbsordnung selbst dieRichtlinien ermöglicht, die das TKG ermöglichen soll. D.h., dass auch in den Zielen des TKG, wie auch bei deneinschlägigen Marktregulierungsbestimmungen vorgese-henen Kriterien sich entsprechende auch innovative In-frastrukturen und Innovationen entwickeln können müs-

Page 43: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

831

sen, dass diese Punkte bei den verschiedenen Regulie-rungsentscheidungen zu berücksichtigen sind, die zu tref-fen sind, sofern wir regulierungsbedürftige Märkte über-haupt haben. Das ist eine sehr schwierige Abwägung undfür den Regulierer eine große Verantwortung. Ich glaube,dass da der Hauptansatzpunkt liegt. Wir haben auch eineReihe von Innovationen in den letzten Jahren erlebt undwerden hoffentlich auch noch mehr erleben. Durch einHineinschreiben in eine Universaldienstverordnung soeinen Innovationsschub zu generieren, erscheint mirschwierig wegen der Finanzierungsthematik. Wir habenim bisherigen TKG eine ganz andere Finanzierung fürunsere Universaldienstleistung, wenn sie denn notwendigwerden sollte. Da muss man auch einen Erfolg des altenTKG sehen. Das ist bisher nicht in Anspruch genommenworden, weil die Marktkräfte selbst die flächendeckendeVersorgung der vom Gesetzgeber erwähnten Niveaus si-chergestellt haben. Ich glaube, es ist nicht die schlechte-ste geworden. Es könnte auch in Zukunft der Fall sein,wenn die entsprechenden Wettbewerbselemente sowohlzwischen den Infrastrukturen, wie auch auf den Infra-strukturen belebt und nicht blockiert werden. Das ist derentscheidende Hebel auf dem Gebiet.Abgeordneter Heil (SPD): Meine Frage geht an HerrnDr. Sörries von e plus. Es betrifft die Frage Mobilfunk-markt insgesamt. Es ist ja in die Diskussion gekommen,durch den Anspruch der Richtlinie technologieneutral zuregulieren, dass Regulierungsmöglichkeiten im Mobil-funkmarkt geschaffen werden sollten. Es ist von Softre-gulierung gesprochen worden. Können Sie aus IhrerSicht den Wettbewerb im Mobilfunkmarkt in Deutsch-land charakterisieren und die Bedeutung der Regulierungbzw. Nichtregulierung in dem Bereich unter dem Ge-sichtspunkt, dass das immer wieder in die Diskussion ge-bracht wird?Sachverständiger Dr. Sörries (e plus): Herr Vorsitzen-der, Herr Heil, der deutsche Mobilfunkmarkt im End-kundenbereich zeichnet sich durch eine hohe Wettbe-werbsintensität aus. Das sehen Sie an der Preisentwick-lung, die in den vergangenen Jahren stetig nach untengegangen ist, teilweise stärker als im Festnetz. HerrKurth hat eben schon erwähnt, dass wir jetzt eine sehrhohe Penetration in Deutschland erreicht haben. DerWettbewerb wird dabei von vielen Mobilfunkbetreibernund den Serviceprovidern getragen. Zwei von den Mobil-funknetzbetreibern haben noch keine kritische Masse er-reicht, um am Markt langfristig bestehen zu können, sodass jegliche Form von Regulierung, die in Einnahme-ströme eingreift, deren Position im Verhältnis zu den an-deren Marktteilnehmern nachhaltig beeinträchtigen wür-de. Wenn von Regulierung gesprochen wird, aufgrundder These „Ein Markt – ein Netz“ im Vorleistungsbe-reich, wird es umso wichtiger, dass die Regulierungsbe-hörde über die entsprechende Auswahl an Netzen ver-fügt. Hier ist insbesondere daran zu denken, dass – wieHerr Kurth im ersten Teil schon ausgeführt hat – unter-schiedliche Kostenmaßstäbe und Entgeltregulierungs-maßstäbe zur Anwendung kommen. Es kann nicht sein,dass ein Kostenregulierungsmaßstab, der zur Öffnung ei-nes Festnetzmonopols entwickelt worden ist, auch aufMärkte wie Mobilfunk oder auf dem Kabelmarkt spätermal Anwendung findet. Hier sollte man den entsprechen-den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterschiedlicherMaßstäbe heranziehen, so dass die Eingriffintensität un-terschiedlich ausfällt. Und - wie gesagt – durch die Ein-nahmeströme mit dem Aufbau von UMTS werden wir

wieder Milliarden in den Markt investieren, um neue In-novationen an den Markt zu bringen.

Abgeordneter Schauerte (CDU/CSU): Prof. Hellwig,wir haben Sie nun mal hier. Ich würde gerne noch einmalfragen, welchen Regulierungsbedarf sehen Sie eigentlichbeim Mobilfunkbereich? Welche Notwendigkeiten sehenSie? Wo sehen Sie ihren Schwerpunkt?

Sachverständiger Prof. Dr. h. c. Hellwig (Monopol-kommission): Im Mobilfunk sehen wir bei den Terminie-rungsgebühren einen Regulierungsbedarf. Wir haben unsin dem letzten Sondergutachten ausführlich mit den Ar-gumenten des Für und Wider einer solchen Regulierungauseinandergesetzt. Das grundlegende Problem ist, dassTerminierung natürlich Monopol ist, weil ich den Netz-betreiber, bei dem mein Anrufpartner seine Verbindunghat, nicht durch einen anderen Netzbetreiber ersetzenkann. Wir haben uns auch auseinandergesetzt mit demArgument, was man braucht, diese Monopolmargen aufdie Terminierungsgebühren anzuwenden, um die Investi-tionen in die Netze zu finanzieren, und haben uns dabeimit dem Problem beschäftigen müssen, ob es möglicher-weise auch ein Zuviel an Investitionen in Netze gibt. Wirsind unter den gegebenen Erwägungen bei Berücksichti-gung der Charakteristika der Branche zu dem Entschlussgekommen, dass wahrscheinlich eine Unterwerfung die-ses Marktes, sprich der Gesprächsterminierung, unter einRegulierungsregime angebracht ist. Wir haben uns aller-dings im Hinblick auf die vergangenen Pläne der Unter-nehmen in dieser Branche dafür ausgesprochen, denÜbergang graduierlich zu fassen, wofür sich ein Preis-kappregime besonders eignen würde.

Abgeordnete Dr. Krogmann (CDU/CSU): Herr Kurth,würden Sie mir zustimmen, wenn ich auch im Hinblickauf den zweiten großen Themenblock, den wir vorhinhatten, und auch den ersten „Marktregulierung/Markt-abgrenzung“ sage, dass die Frage, ob ein Markt reguliertwerden soll oder nicht, nicht der Gesetzgeber zu ent-scheiden hat, sondern die Regulierungsbehörde, und dassder Gesetzgeber einzig und allein den Rahmen zu stellenhat, innerhalb dessen die Regulierungsbehörde nach ih-rem Auswahlermessen und mit der gesamten Toolbox,also allen zur Verfügung stehenden Instrumenten, auchdie Softregulierung, dann nach einer eingehenden Markt-analyse zu beurteilen hat, welche Instrumente sie wann,wie und auch vor allem unter Berücksichtigung der na-tionalen Gegebenheiten auf bestimmten Märkten durch-zuführen hat.

Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Frau Dr. Krogmann, natürlichist das so, denn das sieht der Gesetzentwurf auch so vor,d.h., reguliert werden soll, wenn nach § 10 bzw. § 11 einMarkt erst einmal definiert ist. Dafür haben wir die Emp-fehlung der EU-Kommission, die wir auch nach diesemvorliegenden Gesetzentwurf zu beachten haben. Wenndann die Marktanalyse ergibt, dass auf dem untersuchtenMarkt ein wirksamer Wettbewerb besteht, ist das imPrinzip der entscheidende Punkt. Es gibt sowohl auf derEU-Ebene als auch hier im TKG eine technologieneu-trale Regulierung. Es ist auch nicht so, dass bestimmteTechnologien von vornherein nicht der Regulierung un-terliegen, sondern das Kriterium ist, herrscht hier Wett-bewerb oder herrscht hier kein Wettbewerb, egal in wel-cher Technologie sozusagen das Angebot betrieben wird.Alles andere wäre auch EU-rechtswidrig.

Page 44: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

832

Im Übrigen ist es auch so, dass bereits jetzt unter demgeltenden TKG bzw. unter einem anderen, unter einemneuen TKG, man sich die Frage stellen könnte, wennsich zwei Netzbetreiber nicht auf Entgelte einigen undüber einen Netz-zu-Netz-Verbund einen Zusammenschaltanordnen, was dann für Entgelte gelten würden. Wir wa-ren schon einmal kurz vor solchen Punkten. Auch wennsich z.B. jetzt ein Festnetzbetreiber wie T-Com mit ei-nem Mobilfunkbetreiber nicht auf Entgelte verständigenwürde, müssten wir auch nach dem alten oder nach demneuen TKG eine Zusammenschaltung anordnen. Das istunstrittig und dann müssten wir im Zweifelsfall auch dieEntgelte festlegen. Dieser Fall ist bisher nie praktischgeworden, weil es noch nie zu diesem Punkt gekommenist. Aber wir könnten uns dem gar nicht entziehen, son-dern wir müssten dann Entgelte festlegen.

Das lenkt jetzt noch mal zum dritten Punkt: Aber welcheEntgelte sollen wir festlegen? Da stimme ich meinenVorrednern zu - das hat auch Prof. Hellwig eben gesagt -,es ist sicherlich nicht angebracht, in Fällen wie etwa derTerminierung vom Festnetz in den Mobilfunk, die histo-risch anders gewachsen ist, weil das auch keine Mono-polmärkte sind, sondern Märkte, die sich im wettbe-werblichen Szenario entwickelt hatten, oder bei den Ci-tynetzbetreibern, die nur regional tätig sind, diese dannvon Anfang an dem gleichen Effizienzmaßstab zu unter-werfen wie ein marktbeherrschendes Unternehmen. DieLösung liegt jetzt nicht darin zu sagen: Regulierung jaoder nein. So eine Regulierung hängt ab von den allge-meinen Kriterien, ist technologieneutral. Die Lösung istzu sagen: Regulierung, wie auf dieser Maßnahmenebene?Und da halte ich es in der Tat, übrigens wie auch vieleandere europäische Kollegen, für sachgerecht, dann eineArt Gleitpfad zu beschreiben für den Fall des Falles,wenn keine wettbewerblichen Szenarien da wären. Hiersoll ein Mittel der Softregulierung ermöglichen, gewisseAbschläge zu machen oder das volle Instrumentarium,das die EU eröffnen soll, sollte dann auch in Deutschlanderöffnet sein und nicht nur der Weg einer harten Kosten-regulierung.

Abgeordneter Heil (SPD): Herr Kurth, dann noch ein-mal nachgefragt, um das klarzustellen: Wie ist Ihre heu-tige Sicht auf den Mobilfunkmarkt, auch im europäischenVergleich der Wettbewerbsintensität, der sich mittler-weile entwickelt hat? Sie haben eben ausgeführt, es hateine andere Historie, es kommt nicht aus dem Monopol,sondern aus einem technisch anderen Bereich, es kann jaalles möglich sein. Wie ist der Status quo?

Sachverständiger Kurth (Regulierungsbehörde Tele-kommunikation und Post): Im Mobilfunkmarkt ist es si-cherlich so, dass wir zwei größere Netzbetreiber haben,die jeweils über ca. 40 % Marktanteil verfügen, und dannzwei kleinere Netzbetreiber, die so über 12 oder 8 %Marktanteil verfügen. Das wechselt immer von Jahr zuJahr ein bisschen, mit auch kleineren Hinzugewinnen. Indieser Situation haben die zwei kleineren Netzbetreibereinen gewissen Nachteil gehabt, weil sie später gestartetsind. Die E-Netze sind später an den Markt gegangen undhaben deswegen kleinere Marktanteile. Sie haben dasProblem, in diesem Markt sich Marktanteile zu erkämp-fen. Deswegen erhalten sie z.B., ohne dass wir das bisherreguliert haben, auch ein höheres Terminierungsentgeltvon ca. 4 Cent. Das ist übrigens eine Situation, die wir invielen anderen europäischen Ländern auch haben, dassdie kleineren Netzbetreiber, die später gekommen sind,

auch aufgrund einer anderen Charakteristik ein höheresTerminierungsentgelt erhalten, auch aus wettbewerbli-chen Gründen.

Die ganzen Jahre, Herr Heil, lagen wir mit unseren Ter-minierungsentgelten durchaus im unteren Bereich der eu-ropäischen Benchmarkvergleiche, wie man das so nennt.Deshalb war eine Regulierung auch aus diesem Grundbisher in Deutschland - jedenfalls eine Preisregulierung -oder eine harte Preisregulierung, kein Thema. Wir stellenjetzt fest, dass rings um uns herum, in Holland, in Eng-land und auch in anderen Bereichen, inzwischen Eingrif-fe erfolgen, allerdings nach dieser Gleitpfadarhythmie,nicht eine harte Kostenregulierung nach effizienten Ko-sten, sondern in Holland etwa hat man sich über be-stimmte Abschläge über einen mehrjährigen Zeitraumverständigt. Das kann dazu führen, dass möglicherweiseauch der europäische Durchschnitt bzw. dieser Best-Practice-Ansatz nach unten geht. Dann gibt es sicherlicheine Berechtigung, dass wir auch in Deutschland zumin-dest diesem Bereich mit folgen.

Eine dauerhafte Konstanz gibt es in keinem Entgeltbe-reich, auch nicht bei dem Terminierungsentgelt. Wie die-ses Ziel dann angestrebt wird, kann ich erst beantworten,erstens, wenn der gesetzliche Rahmen hier klar ist, aberzweitens auch, wenn wir die Marktuntersuchung abge-schlossen haben. Denn diese Marktuntersuchung beginntjetzt und kann erst abgeschlossen werden, wenn das Ge-setz verabschiedet ist. Erst nach der Marktanalyse, erstnach der Analyse dieses Terminierungsmarktes könnengeeignete Maßnahmen festgelegt werden. Deshalb ist esaus meiner Sicht jetzt zu früh, aber es wäre für uns na-türlich gut, wenn der Gesetzgeber uns den eben genann-ten Spielraum bei der Festlegung der Auswahl der Maß-nahmen ermöglichen würde.

Abgeordneter Heil (SPD): Eine Nachfrage noch einmalan einen Mobilfunkbetreiber, an O2: Können Sie uns IhreStellungnahme zur derzeitigen Formulierung in dem Be-reich übermitteln? Können Sie uns sagen, wie Sie dieseSituation sehen?

Sachverständiger Haas (O2 (Germany)): Vielen Dank,Herr Vorsitzender, vielen Dank, Herr Heil. Derzeit hiel-ten wir es, das wurde schon angesprochen, im Bereichdieser Toolbox für begrüßenswert, wenn der Artikel 9und 10 der Zugangsrichtlinie umgesetzt würde, auch imBereich zwischen den §§ 18 und 19 TKG, wie sie derzeitaufgeführt sind. Insofern würde dieses Auswahlermes-sen, was angesprochen worden ist, auch 1:1 umgesetztwerden und die Regulierungsbehörde hätte nach unsererSicht auch die Möglichkeit, entsprechende Instrumentari-en für unterschiedliche Marktsituationen anzuwenden. ImBereich des § 29 bei der Entgeltregulierung sehen wirderzeit zusätzlichen Regelungsbedarf dahingehend, dassneben der harten Entgeltregulierung, wie sie im Bereichder Marktöffnung des ehemaligen Monopolisten ange-wandt wird, für die anderen im Wettbewerb gewachsenenInfrastrukturen ein weiterer Entgeltmaßstab hinzugefügtwird, insbesondere die Vergleichsmarktbetrachtung. HerrKurth hat das angesprochen. Diese Vergleichsmarktbe-trachtung, die auch insofern eine indirekte Regulierungbeinhaltet, weil man Regulierungsentscheidungen ausanderen Ländern in einen solchen Benchmark mit ein-stellt, könnte auch dazu führen, dass man von dieserharten Entgelt- oder kosteneffizienten Leistungsbereit-stellungsregulierung einen weiteren Maßstab erhält und

Page 45: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

833

diesen besonderen Marktgegebenheiten auf dem interna-tionalen Mobilfunkmarkt Rechnung trägt. Vielen Dank.Abgeordneter Barthel (Starnberg) (SPD): Ich habe indiesem Zusammenhang jetzt noch einmal Erläuterungs-bedarf vom VATM. Mir ist jetzt nicht ganz klar, wie daszu sehen ist. Herr Kurth sagt, wir brauchen erst einmaldie Marktanalyse in diesem Bereich des Mobilfunks.Herr Hellwig hat vorher gesagt, dass für ihn im Grundegenommen diese Frage entschieden ist, weil gesagt wird,es gibt ein natürliches Monopol bei der Terminierung.Damit wäre die Frage der Marktanalyse eigentlich be-antwortet. Jetzt haben wir gerade gehört, wir brauchenVergleichsmärkte, um das beurteilen zu können. Ich wür-de noch einmal nachfragen. Wie sieht der VATM dieWettbewerbssituation im Mobilfunk und wie sollen wirjetzt gesetzgeberisch mit dieser Materie umgehen? Zwi-schen der Position einerseits besteht hier eine bestimmteDefinition des Marktes, das ist eben ein natürliches Mo-nopol, und auf der anderen Seite gibt es doch im europäi-schen Vergleich und sonst wo bestimmte Wettbewerbser-fahrungen. Da sehe ich im Moment noch nicht so denAusweg, wie wir das in der Gesetzgebung adäquat be-antworten sollen.Sachverständiger Grützner (Verband der Anbieter vonTelekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.(VATM)): Herr Barthel, das ist eine sehr schwierige Fra-ge, wie Sie wissen, weil unser Grundsatz ist: Drohe mitRegulierung und lasse sie bloß irgendwie sein. Wir habenjetzt zwei Ausgangspositionen: Das erste ist, wir habenimmer gesagt, da, wo ein Monopol in den Wettbewerbführt, brauchen wir eine sehr klare, sehr harte und plan-bare Regulierung. Dort, wo wir uns in einem Markt be-finden, wo wir mit partiellen Marktschwierigkeiten zurechnen haben, wie jetzt auch hier vorgetragen wordenist im Bereich der Terminierung, ist die Frage, wie ichmit einem solchen Marktproblem umgehe. Ich würdesehr stark davor warnen, dass wir aufgrund von einzelnenMarktschwierigkeiten einen gesamten Bereich in eineRegulierung überführen, die wir für den Festnetzmarktganz sicherlich brauchen, die wir aber im Bereich desMobilfunks differenzierter betrachten müssen. Dort, wowir aufgrund von Problemen im Terminierungsbereich zuMarktschwierigkeiten kommen, müsste dies aus unsererSicht im Rahmen von Missbrauchsverfahren und einersehr schlagkräftigen Missbrauchsaufsicht in den Griff zukriegen sein. Wir haben deswegen in diesem Bereichzum Beispiel eine ex-ante-Entgeltregulierung nicht ge-fordert. Wir sagen ganz klar: Wir müssen uns im EU-Rahmen bewegen. Insofern ist auch die Positionierungvon Frau Krogmann hier voll korrekt. Man muss sicher-lich, wenn man alle Instrumente zur Verfügung hat, dasrichtige Instrument wählen, aber immer im Hinterkopfbehalten: Überführe ich ein Monopol in den Wettbewerboder bekämpfe ich einzelne Machtverzerrungen? Deswe-gen plädieren wir hier für eine Missbrauchsaufsicht.Vorsitzender Dr. Wend: Vielen Dank, meine Damenund Herren. Wir sind am Ende einer sehr gründlichenAnhörung. Ich möchte mich zunächst bei der Dolmet-scherin und bei dem Dolmetscher für Gebärdensprachesehr herzlich bedanken. Ich vermute, Sie hatten auch kei-nen ganz leichten Arbeitstag, auch wenn ich das nichtsehr genau beurteilen kann. Ich danke den Damen undHerren Sachverständigen und möchte Ihnen vielleicht andieser Stelle eines sagen: Häufig dienen Anhörungen -leider - dazu, dass die politischen Fraktionen von den

Sachverständigen sozusagen nur noch die Bestätigungder eigenen Auffassung hören wollen. Ich hatte heute denEindruck, dass die Fraktionen recht ergebnisoffen wenig-stens mit einigen Teilen des Gesetzentwurfes bzw. desAntrages der Union umgegangen sind und dass dieses ei-ne sehr sachliche, interessante Anhörung war. Das istauch Ihnen zu verdanken. Sie haben viel Geduld gehabtheute Nachmittag. Noch einmal dafür herzlichen Dankund allen Anwesenden einen schönen Tag noch. Tschüss.

Sitzungsende: 16.30 Uhrto/ge/ha/oe/se/zo/

Page 46: Deutscher BundestagProtokoll 13/75 - …...Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar so-wie Herrn Büttgen kommen später, höre ich. Dr. Dix als Landesbeauftragter für

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, 49. Sitzung, Montag, 9. Februar 2004

834

Sprechregister

Barthel (Starnberg), Klaus 797, 801, 805, 807, 811, 816,819, 829, 830, 833

Brandner, Klaus 793Braunmühl von, Patrick (Verbraucherzentrale Bundes-

verband e. V.) 815, 816, 818, 819Dix, Dr. Alexander (Datenschutzbeauftragter f. d. Da-

tenschutz und das Recht auf Akteneinsicht d. LandesBrandenburg) 820, 822, 824, 826

Doll, Roland (Deutsche Telekom) 806Funke, Rainer 795, 800, 810, 815, 818, 821, 824, 828Geppert, Dr. Martin (Bundesverband der regionalen und

lokalen Telekommunikationsgesellschaften e. V.breko) 815

Grünberg, Salomon (Initiative europäischer NetzbetreiberI E N) 804, 825

Grützner, Jürgen ((Verband der Anbieter von Telekom-munikations- und Mehrwertdienste e. V. [VATM])799, 821, 826, 827, 833

Haas, Markus (O2 (Germany) GmbH & Co. KG) 819,832

Heil, Christoph (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaftver.di) 807, 829

Heil, Hubertus 796, 800, 803, 806, 808, 809, 810, 812,814, 815, 819, 822, 824, 826, 828, 829, 831, 832

Heinacher, Dr. Peter (Deutsche Telekom) 797Hellwig, Prof. Dr. h. c. Martin (Vorsitzender Monopol-

kommission) 800, 809, 810, 811, 829, 831Hustedt, Michaele 794, 799, 802, 805, 807, 809, 812,

815, 816, 819, 821, 823, 827Kirchner, Prof. Dr. Dr. Christian (Humboldt-Universität

zu Berlin) 796, 805, 810, 811Krings, Dr. Günter 796, 802, 811Krogmann, Dr. Martina 794, 798, 802, 805, 807, 809,

811, 813, 814, 815, 820, 822, 825, 827, 828, 831Kurth, Matthias (Präsident Regulierungsbehörde Tele-

kommunikation und Post) 794, 800, 802, 805, 807,810, 812, 813, 814, 815, 818, 819, 827, 828, 830, 831,832

Langeheine, Direktor INFSO Bernd (EU-Kommission)795, 799, 801, 806, 807

Langenhorst, Dr. Ralf (Tele 2 Telecommunications Ser-vices) 797, 798, 827

Laurent, Stanislas (AOL Deutschland) 797Lüddemann, Rainer (Geschäftsführer Bundesverband der

regionalen und lokalen Telekommunikationsgesell-schaften e. V. breko) 798, 800

Meckelburg, Wolfgang 797, 803, 806, 816, 818Meyenn von, Alexander (Deutscher Gehörlosenbund)

816Neumann, Dr. Karl-Heinz (Direktor Wissenschaftliches

Institut f. Kommunikationsdienste GmbH ) 794Osthaus, RA Wolf (Bundesverband Informationswirt-

schaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.[BITKOM]) 793, 818, 820, 821, 823, 824

Otto, (Frankfurt) Hans-Joachim 799, 804Palleit, Leander (Deutscher Gehörlosenbund) 816, 817Picot, Prof. Dr. Dr. h. c. Arnold (Universität München)

803, 812, 830Pill, Dr. Bernd (Vodafone D 2) 802Roth, Karin 817Schaar, Peter (Bundesbeauftragter für den Datenschutz)

821, 822, 824, 826Schauerte, Hartmut 822, 826, 829, 831Singhammer, Johannes 814, 819Sörries, Dr. Bernd (e plus Mobilfunk) 815, 831Stöber, Harald (Vorstandsvorsitzender ARCOR AG &

Co. KG) 805, 809Tauss, Jörg 798, 804, 807, 820, 824, 826, 830Ulmer, Dr. Claus (Deutsche Telekom) 822, 826Wagner, Peter (Vorstandsvorsitzender debitel) 800Wehmeier, Dr. Axel (Deutsche Telekom) 807, 828Weißenfels, Andrea (EWE Tel) 808Wend, Dr. Rainer 792, 793, 794, 796, 797, 800, 804,

806, 807, 809, 813, 814, 815, 816, 817, 818, 820, 821,822, 823, 824, 826, 827, 829, 830, 833

Wöhrl, Dagmar 800Zilles, Renatus (Talkline ID) 819, 828Zöllmer, Manfred Helmut 816, 818