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Ergebnisse der Untersuchungen uber die Wirkung ober- flachenaktiver Stoffe auf das Kaninchenauge zeigen, da& die Moglichkeit besteht, waschaktive Kompositionen her- zustellen, die eine gute Schleimhaut-Vertraglichkeit be- sitzen. Es wird weiteren wissenschaftlichen Untersuchun- gen vorbehalten bleihen, den Wirkungsmechanismus des Hautschutzes durch aminosaurehaltige Verbindungen in seinen Einzelheiten zu erforschen. Weitere Literaturhinweise R. A. C& U. w. R. Illarkland, Proc. !%. Sect., T. G. A. 17, 10 119521. L. w. ~ ~ ~ l ~ ~ ~ proc. sci. sect., 'r. G, A. 17, 5 ~19521. f E. Kirk u. H. Efersoe, J. Invest, Detmatol. [Baltirnorc] 22, 257 [1954]. E, Lyon, British .T, Dermatol, 66, 368 [19541, Wschr. 36, 1355 [1939]. Konradin, Stuttgart 1954. H. Ruf, Parfiimerie u. Kosmet. 5/6 [I9561 ; Miinchener med. H. Stupel, Synthetische Wasch- u. Reinigungsmittel. Verlag Die Bakterienflora der Haut und ihre Beeinflussung durch Antibiotika und Desinfizientien'> Von Priv.-Doz. Dr. J. M e y e r - R o h n Ails drr UriiZicr,~itiitsh(lutklinik Hamburg-Eppendorf (Direktor: Prof. Dr. Dr. J. K i rn Tn i g) Die fur eine Bcurteilung van Bakterienbefunden auf gesunder und kranker Haut wichtigen Voraussetzungen werden eingehend crorlert: Kenntnis der Qualitat und Quantitat der Hautkeime, deren Herkunft, Besiedlungsbeginn, Pathogenitat u. a. und deren Beeinflussung durch desinfizierende Substanzen und Antibiotika. La flore microbienne de la peau et son affectation par les anti- biotiques et les dksinfectants On discute B fond des postulats qui importent pour une appre- ciation des inventaires microbiens sur la peau saine et inalade: connaissance de la qualite et quantite des germes de la peau, leur origine, debut de colonisation, pouvoir pathogene, etc., et leur affectation par les substances desinfectantes et les anti- biotiques. Voraussetzung fur die Beurteilung von Bakterien- befunden auf gesunder und kranker Haut ist die Kennt- nis der normalen Hautflora, das Wissen um die Her- kuntt der Hautkeinie und den Beginn der Hautbesied- lung, uin die Topographie, Qualitat und Quantitat der Hautflora, den Einflui3 von Beruf und Umgebung auf die Hautkeime, die Pathogenitat der auf der Haut ge- fundenen Keime u. a. Bcginii der Hairtbesiedlirng wad Herkzcnft der Keime Durch Untersuchungen an Kaiserschnittskindern weii3 man, dai3 die fotale Haut in utero praktisch steril ist; wenige Stunden nach der Operation jedoch - hier liegen systematisch durchgefiihrte Arbeiten vor - unterscheidet sich die Haut des Neugeborenen in ihrem Keimgehalt nicht mehr wesentlich von der der Mutter. Durch Be- riihrung mit den Handen von Mutter und Pflegepersonal und durch den Keimgehalt der Luft ist also die Besied- lung exogen eingetreten. Anders beginnt die Hautbesied- lung bei der Normalgeburt: Die in der mutterlichen Vagina vorhandenen zahlreichen Bakterien werden im Verlauf der Geburt unter starkem Druck in die Haut des Kindes eingepreflt; hier sind besonders die Mikro- kokken imstande, sich nicht nur zu halten, sondern so- gleich so stark zu vermehren, dafl sie 24 Std. post partum iiberall reichlich nachzuweisen sind. Topogrnldi ic dcr Hail f flora Die Hautkeime sind art- und zahlenmaflig nicht gleich- mii3ig iiber die Kiirperoberllache verteilt: Die regio analis hat eine vollig andere Flora als die regio oralis '' Vortrag anlai3lich der DGF-Vortragstagung 1959 in Baden- Baden am 5 November 1959. The Bacterial Flora and the Action of Antibiotics and Disinfec- tants on them The prerequisites for an estimation of the bacteria found on the skin of sick and healthy persons are: knowledge of the quality and quantity of the skin germs, their origin, the be- ginning of their multiplication, pathogenity etc. and the action of antibiotic and disinfecting substances on them. Fuic.repsa.nmnsr c~inopn K O ~ I M I~JIII~IIIIN? ITZL IICO nri~rr6~o- TM KO u M ne3 I I H (1) I I I { 13 1) y ro rq1.12: c p) e;~ CTI 3. B ~:I,~OTC noxpo6iio pnc:c:ni,2ipMijnK)'i,c,r 13 n peAnocLrJi ISPI AJX oqetr KM CO(YI'OSIIIMJI 6arxcpi.t ti I I:L :~:co - po~clci M 6OiILIIoti Iioxce: YUT:III~~~.:ICIIHC i;mCc~ri~cHiioro CoeTma M KoniqecrBa Bn~i~ep~li, iix rrpor?cxosir:~ciiM(., tiarIa.no 3acene1~~~1, I I ~ ~ ~ ~ I ~ ~ I I M ~ ~ I I ( ~ ( ~ T ~ IT T. g., :L :mwni pat- CMaTpMIXLCTC,X HJII.IHHMe IIil. IIMX ~ R ~ ~ I ~ l l ~ ~ I ~ DC- UIRGTB M nHTM6MO'TMKOB. oder die regio scapularis. Die Umgebung der verschie- denen Korperoffnungen hat eine jeweils charakteristische Rakterienflora: Wahrend in der Uingebung des anus immer Colibakterien und Milchsaure-Streptokokken vor- handen sind, finden sich diese Keime - von Ausnahmen abgesehen - nicht am Kopf mit seinen verschiedenen Korperoffnungen; dafur findet man hier regelmai3ig Mikrokokken - auch pathogene Arten - und Coryne- bakterien. Die Keimflora der Korperhohlen bestimmt also die ihrer Offnungspartien. Auch die Quantitat der Hautkeime ist von topographischen Faktoren abhangig: Massenhaft Mikroben werden an den Stellen gefunden, an denen bei hoher Feuchtigkeit und mechanischem Schutz (z. B. unter den Mammae in Hautfalten bei Hangebauch) eine Stagnation von Korperschweii3, von abgestoflenen Epithelia usw. besteht. Vielfach liegen solche Korperpartien in der Nahe der Korperoffnungen (Anus, Vulva, Praputialsack) mit dauerndem reichlichen Keimnachschub. Quantitat der Hriutflora Die Quantitat der Hautflora ist von einer Reihe von Faktoren abhangig: vom physiologischen Zustand der Haut, vom Reruf, vom Milieu, von der personlichen Sauberkeit des Individuums und nicht zuletzt von der Versuchstechni k. Die Haut des Kindes hat eine quantitativ andere Flora als die des Greises. Bei rauher und auch feuchter Haut sind wesentlich mehr Keime vorhanden als hei glatter, trockener Beschaffenheit der Kiirperoberfliiche. Die Behaarung spielt ebenfalls fur das Haften von Kei- men eine groi3e Rolle, wie eigene Untersuchungen an FETTE . SEIFEN * ANSTRICHMITTEL 62 Jahrgang Nr 2 1960

Die Bakterienflora der Haut und ihre Beeinflussung durch Antibiotika und Desinfizientien

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Page 1: Die Bakterienflora der Haut und ihre Beeinflussung durch Antibiotika und Desinfizientien

Ergebnisse der Untersuchungen uber die Wirkung ober- flachenaktiver Stoffe auf das Kaninchenauge zeigen, da& die Moglichkeit besteht, waschaktive Kompositionen her- zustellen, die eine gute Schleimhaut-Vertraglichkeit be- sitzen. Es wird weiteren wissenschaftlichen Untersuchun- gen vorbehalten bleihen, den Wirkungsmechanismus des Hautschutzes durch aminosaurehaltige Verbindungen in seinen Einzelheiten zu erforschen.

Weitere Literaturhinweise R. A . C& U. w. R. Illarkland, Proc. !%. Sect., T. G. A. 17,

10 119521. L. w. ~ ~ ~ l ~ ~ ~ ~ , proc. sci. sect., 'r. G, A. 17, 5 ~19521. f E. Kirk u. H . Efersoe, J. Invest, Detmatol. [Baltirnorc] 22,

257 [1954]. E , Lyon, British .T, Dermatol, 66, 368 [19541,

Wschr. 36, 1355 [1939].

Konradin, Stuttgart 1954.

H . Ruf, Parfiimerie u. Kosmet. 5/6 [I9561 ; Miinchener med.

H . Stupel, Synthetische Wasch- u. Reinigungsmittel. Verlag

Die Bakterienflora der Haut und ihre Beeinflussung durch Antibiotika und Desinfizientien'>

Von Priv.-Doz. Dr. J . M e y e r - R o h n Ails drr UriiZicr,~itiitsh(lutklinik Hamburg-Eppendorf (Direktor: Prof . Dr. Dr. J . K i rn Tn i g)

Die fur eine Bcurteilung van Bakterienbefunden auf gesunder und kranker Haut wichtigen Voraussetzungen werden eingehend crorlert: Kenntnis der Qualitat und Quantitat der Hautkeime, deren Herkunft, Besiedlungsbeginn, Pathogenitat u. a. und deren Beeinflussung durch desinfizierende Substanzen und Antibiotika.

La flore microbienne de la peau et son affectation par les anti- biotiques et les dksinfectants

On discute B fond des postulats qui importent pour une appre- ciation des inventaires microbiens sur la peau saine et inalade: connaissance de la qualite et quantite des germes de la peau, leur origine, debut de colonisation, pouvoir pathogene, etc., et leur affectation par les substances desinfectantes et les anti- biotiques.

Voraussetzung fur die Beurteilung von Bakterien- befunden auf gesunder und kranker Haut ist die Kennt- nis der normalen Hautflora, das Wissen um die Her- kuntt der Hautkeinie und den Beginn der Hautbesied- lung, uin die Topographie, Qualitat und Quantitat der Hautflora, den Einflui3 von Beruf und Umgebung auf die Hautkeime, die Pathogenitat der auf der Haut ge- fundenen Keime u. a.

Bcgini i der Hairtbesiedlirng wad Herkzcnft der Keime Durch Untersuchungen an Kaiserschnittskindern weii3

man, dai3 die fotale Haut in utero praktisch steril ist; wenige Stunden nach der Operation jedoch - hier liegen systematisch durchgefiihrte Arbeiten vor - unterscheidet sich die Haut des Neugeborenen in ihrem Keimgehalt nicht mehr wesentlich von der der Mutter. Durch Be- riihrung mit den Handen von Mutter und Pflegepersonal und durch den Keimgehalt der Luft ist also die Besied- lung exogen eingetreten. Anders beginnt die Hautbesied- lung bei der Normalgeburt: Die in der mutterlichen Vagina vorhandenen zahlreichen Bakterien werden im Verlauf der Geburt unter starkem Druck in die Haut des Kindes eingepreflt; hier sind besonders die Mikro- kokken imstande, sich nicht nur zu halten, sondern so- gleich so stark zu vermehren, dafl sie 24 Std. post partum iiberall reichlich nachzuweisen sind.

Topogrnldi ic dcr Hail f flora Die Hautkeime sind art- und zahlenmaflig nicht gleich-

mii3ig iiber die Kiirperoberllache verteilt: Die regio analis ha t eine vollig andere Flora als die regio oralis

'' Vortrag anlai3lich der DGF-Vortragstagung 1959 in Baden- Baden am 5 November 1959.

The Bacterial Flora and the Action of Antibiotics and Disinfec- tants on them

The prerequisites for an estimation of the bacteria found on the skin of sick and healthy persons are: knowledge of the quality and quantity of the skin germs, their origin, the be- ginning of their multiplication, pathogenity etc. and the action of antibiotic and disinfecting substances on them.

Fuic.repsa.nmnsr c~inopn K O ~ I M I ~ J I I I ~ I I I I N ? ITZL I I C O n r i ~ r r 6 ~ o - TM KO u M ne3 I I H (1) I I I { 13 1) y r o rq1.12: c p) e ; ~ CTI 3.

B ~ : I , ~ O T C noxpo6iio pnc:c:ni,2ipMijnK)'i,c,r 13

n p e A n o c L r J i I S P I AJX oqetr KM CO(YI'OSIIIMJI 6arxcpi.t ti I I:L :~:co - po~clci M 6 O i I L I I o t i Iioxce: Y U T : I I I ~ ~ ~ . : I C I I H C i ; m C c ~ r i ~ c H i i o r o CoeTma M K o n i q e c r B a B n ~ i ~ e p ~ l i , iix rrpor?cxosir:~ciiM(., tiarIa.no 3 a c e n e 1 ~ ~ ~ 1 , I I ~ ~ ~ ~ I ~ ~ I I M ~ ~ I I ( ~ ( ~ T ~ IT T. g., :L :mwni pat- CMaTpMIXLCTC,X HJII.IHHMe IIil. I IMX ~ R ~ ~ I ~ l l ~ ~ I ~ ~ ~ ~ ~ l ~ ~ I ~ ~ ~ l ~ DC- UIRGTB M nHTM6MO'TMKOB.

oder die regio scapularis. Die Umgebung der verschie- denen Korperoffnungen hat eine jeweils charakteristische Rakterienflora: Wahrend in der Uingebung des anus immer Colibakterien und Milchsaure-Streptokokken vor- handen sind, finden sich diese Keime - von Ausnahmen abgesehen - nicht am Kopf mit seinen verschiedenen Korperoffnungen; dafur findet man hier regelmai3ig Mikrokokken - auch pathogene Arten - und Coryne- bakterien. Die Keimflora der Korperhohlen bestimmt also die ihrer Offnungspartien. Auch die Quantitat der Hautkeime ist von topographischen Faktoren abhangig: Massenhaft Mikroben werden an den Stellen gefunden, an denen bei hoher Feuchtigkeit und mechanischem Schutz (z. B. unter den Mammae in Hautfalten bei Hangebauch) eine Stagnation von Korperschweii3, von abgestoflenen Ep i the l i a usw. besteht. Vielfach liegen solche Korperpartien in der Nahe der Korperoffnungen (Anus, Vulva, Praputialsack) mit dauerndem reichlichen Keimnachschub.

Quantitat der Hriutflora Die Quantitat der Hautflora ist von einer Reihe von

Faktoren abhangig: vom physiologischen Zustand der Haut, vom Reruf, vom Milieu, von der personlichen Sauberkeit des Individuums und nicht zuletzt von der Versuchstechni k.

Die Haut des Kindes hat eine quantitativ andere Flora als die des Greises. Bei rauher und auch feuchter Haut sind wesentlich mehr Keime vorhanden als hei glatter, trockener Beschaffenheit der Kiirperoberfliiche. Die Behaarung spielt ebenfalls fur das Haften von Kei- men eine groi3e Rolle, wie eigene Untersuchungen an

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behaarten und rasierten Achselhohlen ergeben haben. Auf ekzematoser, vor allem aber nassend entzundeter Haut kiinnen viele Keime gedeihen; sklerodermische Haut ist dagegen auiierordentlich keimarm.

Tabelle 1

K c i m z c i h l c n nu/ 2 I nip Haul

Sklerodermie Normalhaut Trockenes Ekzeni Intertrigo Nassendes Ekzem

62 159

3 101 4 290

28 570

Berufe mit hoher Verschmutzungs- und Verstaubungs- moglichkeit verursachen eine rapide Zunahme der An- flugskeime wahrend der Arbeitszeit, z. B. bei Erdarbei- tern, Miillarbeitern und Miihlenarbeitern. Dagegen haben Angehorige von Berufen, die grofite Sauberkeit erfor- dern - wie Arzte oder Pflegepersonal -, wesentlich niedrigere Keimzahlen auf ihrer Haut. Besonders keim- arm ist die Haut beim Personal von Penicillin-Abfiill- betrieben durch Baden vor der Arbeitszeit, sterile Ar- beitskleidung und UV-Schleusen.

Bei Patienten, die stationar behandelt werden, findet im Laufe des Klinikaufenthaltes ein deutlicher Wechsel in Quantitat und Qualitat der Hautflora statt, wobei letzterer besondere Bedeutung in der Frage des heute so viel diskutierten Hospitalismus erlangt hat. In einer ge- pflegten Umgebung wie Klinik oder Buro konnen wesent- lich weniger Keime auf den Menschen ubergehen als in einer Abdeckerei oder in einer Lumpenaufarbeitungs- fabrik.

Durch kosmetische Mafinahmen, wie Abreibungen mit meist alkoholischen Gesichtswassern, austrocknende Pro- zeduren durch Puder, glattende Mafinahmen durch Salben, werden die Ansiedlungsbedingungen fur Bakterien ver- schlechtert; die Keimzahlen der Haut werden geringer, genau so, wie sie durch haufiges Waschen mit Wasser und Seife schon rein mechanisch reduziert werden konnen. So vermindert z. B. ein 1 bis 3 Min. langes Hande- waschen mit Kernseife die normale Hautflora schon urn ein Drittel. Der Ausdruck ,,personliche Sauberkeit" weist schon auf die Wichtigkeit dieses Individualfaktors fur die Quantitat der Hautkeime hin. DaB starke Unter- schiede in der Keimzahlbestimmung bei verschiedenen Versuchstechniken auftreten konnen, sei nur am Rande vermerkt; daher sind stets exakte und bis ins kleinste gehende Angaben der angewendeten Methoden not- wendig.

Quulitd dei Hniitfloiu Alle in Luft, Wasser, Boden und Staub vorhandenen

Keimarten konnen als Anflugskeime auf der Haut vor- kommen. Auf der Haut befindet sich also eine viel- gestaltige Keimflora, deren Skala von vollig apathogenen Kokkenarten $is zu hochpathogenen Kokken, Bakterien und Clostridien reicht. Die Vielzahl der Arten ver- schwindet allerdings bei den eigentlichen Hauthaftkeimen einschliefilich der Invasionskeime. Auch die Qualitat der Hautflora ist von verschiedenen Faktoren abhangig: Zu- stand der Haut, Beruf, Umgebung, Einflufi von Anti- biotika und Desinfizientien.

Wahrend fur die Quantitat der Hautkeime die Haut- beschaffenheit - hautgesund, hautkrank - eine mafi-

52 Jahrqdny Nr 2 1960 F E T T E . S E I P E N . A N S T R I C H M I T T E L

gebliche Rolle spielt, ist dies bei der Qualitat nicht in dem MaBe der Fall. Die Hautflora des Ekzematikers unterscheidet sich wohl in der Quantitat von der des Hautgesunden, jedoch nur unbetrachtlich in der Qualitat. Ober die zur normalen Hautflora gehorenden Arten gibt es divergierende Ansichten vor allem in bezug auf die Streptokokken, die von einer Reihe amerikanischer Au- toren nicht zur eigentlichen Hautflora gerechnet werden. wahrend hinsichtlich der Mikrokokken und Corynebak- terien verschiedener Art die Meinungen iibereinstimmen. Nach eigenen Untersuchungen, die sich in ihren Ergeb- nissen mit denen anderer Autoren decken, stehen die Mikrokokken-Arten mit Abstand an erster Stelle; es folgen Streptokokken, Corynebakterien, Sarzinen, Spo- renbildner, Neisserien und Coli. Der Entnahmeort der ermittelten Arten war bei unseren Untersuchungen die Region zwischen den Schulterblattern. Die Versuchs- technik bestand im Hautabklatsch mit der Blutplatte.

Tabelle 2

Keimrirtrn hri 120 Hniitgesunden

Art Zahl 010

Mikrokokken 275

Sarzinen 26 Gaffkyen 21

Streptokokken 5 1 Corynebakterien 33 Neisserien 11 Bacillen I 6 Escherichia 1 1 Andere gramnegative Bakterien 3

62 5 6

11 7 2 4 2 1

1 4 7 1 on

Der Vollstandigkeit halber mufi hier unbedingt noch auf die Hefebefunde hingewiesen werden. An unserer Klinik hat Rieth in 9347 Proben von Hautschuppen ein- schliei3lich Gehorgang 1717 ma1 Hefen gefunden, wovon 145 Candida albicaris waren; aus 2618 Nageln isolierte er 866 Hefestamme (138 Cnndida) und aus 1383 Vulva- und Vaginalabstrichen 418 Hefestamme (314 Candida).

Genau wie bei der Quantitat ist auch fur die Qualitat der Hautflora der Beruf oft bestimmend. Wir haben ein- ma1 Hautabklatsch-Kulturen von der Beugeseite des rechten Unterarms bei je 10 Versuchspersonen dreier Be- rufsgruppen angelegt, wobei die in Tab. 3 wiederge- gebenen Keimarten festgestellt werden kannten.

Tabelle 3

H ~ i r t f l i ~ n w r ~ ~ h i i d r n r r He? u/sgriiPPen Pl i t - Stall-

Keimart Arzte terinnen arbeiter

Micrococcus epidermidis + Micrococcus pyogenes aur. Micrococcus pyogenes alb. Sarcina Corynebakterien Bacillen E. coli Enterokokken Pseudomonas aeruginosa Proteus Hefen

++ + + t + + ++ ++ + i- ++ t f + -t t

(-t) - - -

+++ +++ +++

++ ++ i- + + .t- -t -t + + i- +++ + + -t -t + +

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Pathogenitiit der auf der Haut gefundenen Keime Wenn man eine Hautabklatsch-Kultur betrachtet, so

taucht die Frage auf, ob man die apathogenen Keime von den pathogenen trennen kann. Eine Trennung ist bei den verschiedenen Streptokokken-Arten und dem Gros der Hautflora, namlich den verschiedenen Mikro- kokken-Arten, heute durchaus moglich. An dieser Stelle sollen nur die Diff erenzierungsmoglichkeiten fur die Mikrokokken-Arten aufgefiihrt werden: Plasma-Koagu- lase, Plasma-Agglutination, Hyaluronidase, Fibrinolysin, Phosphatase und Tierversuch.

Wir haben 500 Mikrokokken-Stamme von gesunder und kranker Haut isoliert und ihre Pathogenitat nach den eben skizzierten Merkmalen gepriift. Danach sind die weiflen Varianten, die in erster Liniie von Micrococ- cus epidermidis gestellt werden, zu 96 O/o apathogen, wahrend die gelben Varianten aus Pyodermien im gleichen Prozentsatz pathogen sind.

Es war schon kurz auf den Hospitalismus hingewiesen worden, der in der vorbakteriologischen Ara als unver- meidliches Ubel eines Hospital-Aufenthaltes bekannt und gefiirchtet war. Man versteht bekanntlich darunter die- jenigen Infektionen mit Eitererregern, die erst wahrend eines Klinik-Aufenthaltes aquiriert wurden. Mit der Entwicklung der Chemotherapie und Einfuhrung der Antibiotika schien der Hospitalismus der medizinischen Vergangenheit anzugehoren. Durch Resistenz-Entwicklung hauptsachlich von Micrococcus pyogenes gegenuber Peni- cillin und anderen Antibiotika ist diese Gefahr aber wieder akut geworden. Zweifellos diirfen diese Er- scheinungen nicht iiberwertet werden, da heute eine gro8e Reihe neuer Antibiotika mit verschiedenartigen Wirkungsmechanismen zur Verfugung steht. Sollte der Zustand einer Resistenz-Entwicklung gegeniiber den Antibiotika jedoch einmal eintreten, dann konnte sich dieser neue Hospitalismus verheerend auswirken. Die Hautflora wurde dabei eine wichtige Rolle spielen.

Einflufl von desinfiziererzden M a flnahmen auf die Haut- flora Mit Hilfe einer Normalseife - von der rein mechanisch

bedingten Keimreduzierung abgesehen - ist es nicht mog- lich, die Quantitat der Keime mafigeblich zu beeinflussen; ebenso wird auch die Qualitat der Hautflora nicht ver- andert. Anders ist es rnit desinfizierenden Mafinahmen; auch hier bestehen Parallelen zur Quantitatsminderung durch Waschungen mit hexachlorophenhaltiger Seife - wie sie z. B. in der 8 x 4-Seife vorliegt - oder durch Waschungen mit Desinfektionsmitteln. So konnte auf

Kinder-Abteilungen die Zahl der pyodermischen Haut- infektionen allein durch tagliches Baden der Kinder rnit Hexachlorophen-Seife von 6.5 "/(I auf 0.6 n/e reduziert werden.

Man sollte stets bedenken, dal3 es nur gelingt, die Haut iiber eine kurze Zeitspanne, aber niemals absolut keimfrei zu machen. Durch Untersuchungen von Riickl ist bekannt, da8 sich die Reservoirs der normalen Mikroben- flora der Haut im stratum rorneum und unter Umstan- den in den Follikelostien befinden. Durch Schwitzen kommt es zu einer erheblichen Auflockerung der Hoi n- schicht und damit zur Freisetzung der intracornealen Keimdepots. Waschungen zur Erzielung ainer keimarmen Hautoberflache miissen daher - wenn sie sinnvoll sein sollen - wiederholt durchgefiihrt werden.

Beeinflussung der Hautflora durch Antibiotika Man konnte meinen, da8 auch die Hautflora durch

eine antibiotische Therapie vollig verandert werden kann. Nach Untersuchungen von Storck und auch nach eigenen Erfahrungen ist dies bei parenteraler antibio- tischer Behandlung nur bedingt der Fall. Eine bakterio- logisch nachgewiesene Sanierung der Hautflora in den Ekzemherden geht mit dem klinischen Befund nicht un- bedingt parallel. Nun kann man auch nicht erwarten, da8 solch trage Reaktionen wie Schuppung, Infiltration, Lichenifikation sich gkichzeitig mit dem Verschwinden der vorher in Massen vorhandenen Keime zuriickbilden. Man denke an die Pneumonie, wo es unter Antibiotika- Einwirkung zum Erloschen der Infektion kommt, wo sich der physikalische Befund jedoch erst in Tagen bzw. Wochen zuriickbildet.

Man mui3 allerdings Unterschiede zwischen parenteraler und ortlicher Antibiotika-Applikation machen. Bei ort- licher Anwendung von Tetracyclinen, Chloromycetin, Neomycin oder anderen nicht sensibilisierenden Antibio- tika in Salben, Puder oder Losungen kommt das Anti- biotikum mit den Mikroben der Haut in Konzentrationen in Kontakt, wie sie in dieser Hohe auf dem Umweg iiber die Blutbahn nie erzielt werden konnen. Werden Haut- abklatsche nach Tetracyclinsalben-Behandlung oder nach Applikation antihiotikahaltiger Schiittelmixturen abge- nommen, so findet man in der Regel sterile Kulturen, falls die Keime gegen das applizierte Antibiotikum nicht resistent sind. Von der Resistenz-Entwicklung bleiben bekanntlich auch die cutanen Mikrokokken-Stamme nicht verschont; sie konnen ein ganzes Resistenz-Spek- trum zeigen. Man mu8 dieses Problem im Auge halten. wenngleich es fur den Bereich der Dermatologie zur Zeit noch eine untergeordnete Rolle spielt.

Qualitative Mikro-Untersuchung von Carbonyl-Verbindungen durch Radial-Chromatographie ihrer Hydrazone

Da die bisher ublichen Methoden zur Bestimmung der Carbonyl-Verbindungen in pflanzlichen Materialien (z. B. athe- rischen Ulenl betrachtliche Mengen Extrakt erfordern, wurde von L. Peyronl eine Mikromethode entwickelt, bei der zum Nachweis der Hauptbestandteile nur einige Bliiten oder Blatter erforderlich sind, zum Nachweis von nur in geringer Menge vorliegenden Bestandteilen etwa 10 g. Diese Methode eignet

* Referat des Vortrages von L. Peyron anlafllich des ,,II. Con- grks International des Huiles Essentielles" in Grasse, vom 23. bis 25. Juli 1959. L. Peyron, La France et ses Parfums 11, H. 12 [1959].

sich daher besonders zur Untersuchung der Bildung von Carbonyl-Verbindungen im Verlauf der Vegetationsperiode und des Einflusses auberer Faktoren wie Bodenbeschaff enheit. Einstrahlung usw. und zur Unterscheidung verschiedener Varic- taten der gleichen Familie.

Zur quantitativen Extraktion der Carbonyl-Verbindungen wird das Pflanzenmaterial mit der IOfachen Menge Methylen- chlorid (carbonylfrei) extrahiert, da dieses Losungsmittel wegen des hohen Dipolmomentes (1.55) die quantitative Ex- traktion im Vergleich zu dem iiblichen Benzol erleichtert. Zur Oberfiihrung der Carbonyl-Verbindungen in wasserlosliche

62. Jahrgong Nr. 2 19GO FETTE S E I F E N A N S T R I C H M I T T E L

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